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„Peristaltik“ – Versionsunterschied

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Der Begriff '''Peristaltik''' (v. [[Griechische Sprache|griech.]]: ''peri'' = herum + ''stellein'' = in Gang bringen) bezeichnet die Muskeltätigkeit der Hohlorgane [[Speiseröhre]] (Ösophagus), [[Magen]] und [[Darm]].
Der Begriff '''Peristaltik''' (von {{grcS|περιστέλλω ‎ |peristéllō}} „rings umhüllen; umhersenden“) bezeichnet die Muskeltätigkeit verschiedener Hohlorgane:
* [[Speiseröhre]] (''Ösophagus''), [[Magen]] und [[Darm]] (Darmmotorik)
* [[Harnleiter]] (''Ureter''), [[Eileiter]] und [[Gebärmutter|Uterus]]
* einfache [[Insekten#Blutkreislauf|Herzformen]] bei Tieren (Insekten, Fische) bzw. während der [[Herz#Entwicklung|Entwicklung des Herzens]] (kardiale Genese).


== Formen ==
Die Peristaltik des [[Dünndarm]]s ist im Vergleich zum [[Dickdarm]] ausgeprägter nachweisbar. Sie ist als Funktion der [[Glatte Muskulatur|glatten Muskulatur]] nur indirekt willkürlich beeinflussbar. Mangelhafte oder fehlende Peristalik verursacht bei der Speiseröhre Schluckstörungen (siehe [[Achalasie]]) und beim Darm [[Verdauungsstörung]]en im Bauch. Durch abwechselndes Zusammenziehen (= Kontrahieren) und Erschlaffen kommt es zu einer fortlaufenden Schnürwelle, die den Speisebrei vorwärts bewegt.
=== Propulsive Peristaltik ===
[[Datei:Peristalsis.gif|mini|Animation der propulsiven Peristaltik]]
Bei der propulsiven Peristaltik handelt es sich um ringförmig einschnürende [[Muskelkontraktion|Kontraktionen]] der [[glatte Muskulatur|glatten Muskulatur]], die sich in eine Richtung fortsetzen und auf diese Weise dem Transport des Inhalts dienen. Die Peristaltik beruht zum Teil auf einem Eigenrhythmus der Muskulatur (besonders an Magen und Harnleiter) und teilweise auf lokalen [[Reflex]]en (besonders im Darm: [[Peristaltischer Reflex]]). Zusätzlich wird die Peristaltik durch den [[Parasympathikus]] gefördert und durch den [[Sympathikus]] gehemmt.


=== Nicht-propulsive Peristaltik ===
Die Peristaltik ist eine langsame, wellenartige Bewegung. Bei der Speiseröhre wird Peristaltik durch [[Manometrie]] gemessen, wenn man beim Darm der Muskelbewegung mit dem [[Ultraschall]] zuschauen will, braucht man etwas Geduld. Meistens wird das Wort nur für die Muskelbewegungen des [[Magen]]-[[Darm]]-Traktes gebraucht. Allgemeiner kann man darunter auch jede autonome (durch den Willen nicht beeinflussbare) Kontraktionstätigkeit der glatten [[Muskulatur]] in Hohlorganen verstehen.
Die nicht-propulsive Peristaltik des Darmes, auch als „Segmentationen“ bezeichnet, dient insbesondere der Durchmischung des Darminhalts.


== Wie kann man die Peristaltik untersuchen? ==
=== Retrograde Peristaltik ===
Eine [[Antiperistaltik|retrograde Peristaltik]] findet sich als Transportbewegung in die umgekehrte Richtung in der Speiseröhre bei [[Erbrechen]] sowie bei [[Wiederkäuer]]n, physiologischerweise aber auch im Dickdarm, wo sie der Stuhlspeicherung dient.
* Man hört mit dem Ohr am Bauch und hört es Glucksen und Rumoren
* Man hört mit dem Stethoskop am Bauch
* Man schaut sich die Peristaltik mit einem Ultraschallgerät an.
* Man schaut sich die Peristaltik nach einem Schluck Röntgen-Kontrastmittel mit dem [[Röntgen]]-Durchleuchtungsgerät an.
* Im Magen kann man der Peristaltik direkt mit dem Endoskop zuschauen.
* Bei einer Operation am offenen Bauch kann man der Peristaltik direkt zuschauen.


Im Gegensatz zu der gleichmäßigeren Peristaltik des Dünndarmes wird der Dickdarminhalt durch periodische Massenbewegungen angetrieben. Sie treten etwa ein- bis dreimal pro Tag im Dickdarm auf und treiben den Darminhalt zum [[Mastdarm|Rektum]] voran. Diese Massenbewegungen sind durch den [[gastrokolischer Reflex|gastrokolischen Reflex]] auslösbar.
Bis jetzt gibt es keine Methode einer Langzeitaufzeichnung der Peristaltik, beispielsweise mit Mikrophonen über 24 Stunden. Hier findet sich eine Lücke der medizinischen Diagnostik


== Hormone und Neurotransmitter ==
== Wann ist die Peristaltik reduziert? ==
[[Hormon]]e und [[Neurotransmitter]], die die Peristaltik beeinflussen sind:
* [[Acetylcholin]],
* [[Bombesin]]
* [[Cholecystokinin]], stimuliert die [[Propulsion|propulsive]] Motorik von Dünndarm und Dickdarm und die Kontraktion und damit Entleerung der Gallenblase
* [[Endothelin]] 1-3
* [[Galanin]]
* [[Gastrin]], führt zu [[Muskeltonus|tonischen]] Kontraktionen von Magen (Korpus- und Antrum) und unterem Ösophagus[[sphinkter]], bewirkt somit eine schnellere Magenentleerung und eine gesteigerte [[Motilität]] von Dünn- und Dickdarm
* [[Gastrin Releasing Peptide]]
* [[Histamin]]
* [[Inulin]]
* [[Neurokinin A]] und [[Neurokinin B]]
* [[Pankreatisches Polypeptid]]
* [[Prostaglandin E]] und [[Prostaglandin F]]
* [[Serotonin]] regt die Darmperistaltik an
* [[Substanz P]]


== Untersuchungsmethoden ==
* Wenn der Körper auf Leistung konzentriert ist, schaltet er die Magendarmtätigkeit weitgehend ab ([[Marathonlauf]])
* Mit dem Ohr am Bauch hört man Glucksen und Rumoren (Darmgeräusch, „Darmknurren“).
* [[Adrenalin]] schaltet die Peristaltik ab
* Mit dem [[Stethoskop]] am Bauch hört man die Darmgeräusche verstärkt.
* Entzündungen in der Bauchhöhle ([[Peritonitis]]) lähmen die Darmmuskulatur
* Mit einem [[Sonografie|Ultraschallgerät]] sieht man die Bewegung.
* bei der Gabe von [[Buscopan]] oder [[Glukagon]]
* Nach einem Schluck Röntgen-Kontrastmittel sieht man die Bewegung mit dem Röntgengerät.
* [[Magnetic Marker Monitoring]]


== Wann wird die Peristaltik vermehrt? ==
== Verringerte Peristaltik ==
Die Peristaltik ist reduziert und es liegt eine '''Motilitätsstörung''' vor,
* wenn der Körper auf Leistung konzentriert ist, dann schaltet er die Magendarmtätigkeit weitgehend ab (hauptsächlich durch Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin)
* wenn Entzündungen in der Bauchhöhle ([[Peritonitis]]) die Darmmuskulatur lähmen
* bei der Gabe von [[Butylscopolaminbromid]] (z. B. ''Buscopan'') oder [[Glucagon]].
Symptome einer Motilitätsstörung des Darmes<ref>Harald Genzwürker, Jochen Hinkebein: ''Fallbuch Anästhesie, Intensivmedizin und Notfallmedizin.'' Georg Thieme, Stuttgart/New York 2005, ISBN 3-13-139311-4, S. 19 und 136 f.</ref> sind unter anderem Erbrechen, geblähter Bauch und ausbleibender Stuhlgang. Bei vollständigem Erliegen der Peristaltik spricht man von einem [[Darmverschluss|paralytischen Ileus]] (Syn. Darmatonie).


== Vermehrte Peristaltik ==
* Eine Nahrungsaufnahme über den Mund führt über Nervenverschaltung und eine Hormonausschüttung zu einer Steigerung der Peristaltik vor allem des Dickdarmes.
Die Peristaltik ist vermehrt:
( sogenannte Massenbewegungen des Dickdarmes ab dem [[Transversum]])
* bei Nahrungsaufnahme über den Mund (diese führt über einen Reflexbogen und eine Hormonausschüttung zu einer Steigerung)
* In Ruhephasen ist die Peristaltik gesteigert
* in Ruhephasen
* beim [[Verdauungsspaziergang|Spazierengehen]]
* beim langsamen Spazierengehen
* ein mechanisches Hindernis am Darm führt zu einer verstärkten Peristaltik davor.
* ein mechanisches Hindernis im Darm führt zu einer verstärkten Peristaltik im Bereich davor
* bei der Gabe von [[Mestinon]]
* nach der Gabe von [[Pyridostigmin]]
* durch [[Koffein]] (Espresso und andere [[Digestif]]s)
* nach der Einnahme von [[Coffein]]
* [[Erythromycin]] hat als Nebenwirkung eine Anregung der Peristaltik


== Weitere Begriffe ==
== Siehe auch ==
[[Antiperistaltik]], [[Schlauchpumpe|Peristaltikpumpe]]


== Weblinks ==
* ''Antiperistaltik'' und ''Retroperistaltik'' bezeichnen eine rückwärts laufende Kontraktionswelle.
* [https://www.menne-biomed.de/swallow/jswallow3d.html 3D-Schlucke]
* ''Stenoseperistaltik'' bezeichnet vermehrte Peristaltik an einer Engstelle im Verdauungssystem.


== Einzelnachweise ==
==Siehe auch==
<references />


{{Normdaten|TYP=s|GND=4173798-2}}
*[[Schlauchpumpe|Peristaltikpumpe]]


[[Kategorie:Physiologie]]
[[Kategorie:Verdauungsphysiologie]]

[[en:Peristalsis]]
[[fr:Péristaltisme]]
[[nl:Peristaltiek]]
[[ru:Перистальтика]]
[[sk:Peristaltika]]
[[sv:Peristaltik]]
[[ta:சுற்றிழுப்பசைவு]]

Aktuelle Version vom 7. November 2024, 10:43 Uhr

Der Begriff Peristaltik (von altgriechisch περιστέλλω peristéllō „rings umhüllen; umhersenden“) bezeichnet die Muskeltätigkeit verschiedener Hohlorgane:

Propulsive Peristaltik

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Animation der propulsiven Peristaltik

Bei der propulsiven Peristaltik handelt es sich um ringförmig einschnürende Kontraktionen der glatten Muskulatur, die sich in eine Richtung fortsetzen und auf diese Weise dem Transport des Inhalts dienen. Die Peristaltik beruht zum Teil auf einem Eigenrhythmus der Muskulatur (besonders an Magen und Harnleiter) und teilweise auf lokalen Reflexen (besonders im Darm: Peristaltischer Reflex). Zusätzlich wird die Peristaltik durch den Parasympathikus gefördert und durch den Sympathikus gehemmt.

Nicht-propulsive Peristaltik

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Die nicht-propulsive Peristaltik des Darmes, auch als „Segmentationen“ bezeichnet, dient insbesondere der Durchmischung des Darminhalts.

Retrograde Peristaltik

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Eine retrograde Peristaltik findet sich als Transportbewegung in die umgekehrte Richtung in der Speiseröhre bei Erbrechen sowie bei Wiederkäuern, physiologischerweise aber auch im Dickdarm, wo sie der Stuhlspeicherung dient.

Im Gegensatz zu der gleichmäßigeren Peristaltik des Dünndarmes wird der Dickdarminhalt durch periodische Massenbewegungen angetrieben. Sie treten etwa ein- bis dreimal pro Tag im Dickdarm auf und treiben den Darminhalt zum Rektum voran. Diese Massenbewegungen sind durch den gastrokolischen Reflex auslösbar.

Hormone und Neurotransmitter

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Hormone und Neurotransmitter, die die Peristaltik beeinflussen sind:

Untersuchungsmethoden

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  • Mit dem Ohr am Bauch hört man Glucksen und Rumoren (Darmgeräusch, „Darmknurren“).
  • Mit dem Stethoskop am Bauch hört man die Darmgeräusche verstärkt.
  • Mit einem Ultraschallgerät sieht man die Bewegung.
  • Nach einem Schluck Röntgen-Kontrastmittel sieht man die Bewegung mit dem Röntgengerät.
  • Magnetic Marker Monitoring

Verringerte Peristaltik

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Die Peristaltik ist reduziert und es liegt eine Motilitätsstörung vor,

  • wenn der Körper auf Leistung konzentriert ist, dann schaltet er die Magendarmtätigkeit weitgehend ab (hauptsächlich durch Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin)
  • wenn Entzündungen in der Bauchhöhle (Peritonitis) die Darmmuskulatur lähmen
  • bei der Gabe von Butylscopolaminbromid (z. B. Buscopan) oder Glucagon.

Symptome einer Motilitätsstörung des Darmes[1] sind unter anderem Erbrechen, geblähter Bauch und ausbleibender Stuhlgang. Bei vollständigem Erliegen der Peristaltik spricht man von einem paralytischen Ileus (Syn. Darmatonie).

Vermehrte Peristaltik

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Die Peristaltik ist vermehrt:

  • bei Nahrungsaufnahme über den Mund (diese führt über einen Reflexbogen und eine Hormonausschüttung zu einer Steigerung)
  • in Ruhephasen
  • beim langsamen Spazierengehen
  • ein mechanisches Hindernis im Darm führt zu einer verstärkten Peristaltik im Bereich davor
  • nach der Gabe von Pyridostigmin
  • nach der Einnahme von Coffein

Antiperistaltik, Peristaltikpumpe

Einzelnachweise

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  1. Harald Genzwürker, Jochen Hinkebein: Fallbuch Anästhesie, Intensivmedizin und Notfallmedizin. Georg Thieme, Stuttgart/New York 2005, ISBN 3-13-139311-4, S. 19 und 136 f.