„Hengill“ – Versionsunterschied
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[[Bild:Hengill_behind_Hveragerdi.jpg|thumb|Der Hengill von der Passhöhe oberhalb Hveragerði gesehen]] |
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{{Infobox Berg |
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'''Hengill''' (isl., gesprochen ''henjidl'') ist ein Vulkansystem im Südwesten von [[Island]]. Dessen [[Zentralvulkan]] wird ebenfalls ''Hengill'' bezeichnet. |
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|BILD= Þingvellir Iceland 034.JPG |
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|BILDBESCHREIBUNG= Hengill jenseits des Sees Þingvallavatn |
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|HÖHE= 803 |
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|HÖHE-BEZUG= IS |
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|LAGE= [[Island]] |
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|BREITENGRAD= 64/05/08/N |
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|LÄNGENGRAD= 21/18/49/W |
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|REGION-ISO= IS |
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|TYP= [[Zentralvulkan]] mit eigenem [[Vulkansystem|Spaltensystem]] |
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|GESTEIN= v. a. [[Palagonit]] und [[Kissenlava|Kissenlaven]] |
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|ALTER= [[Saale-Kaltzeit]] |
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|LETZTE ERUPTION= um die [[v. Chr.|Zeitenwende]] (aktiv) |
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|ERSTBESTEIGUNG= |
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|ERSCHLIESSUNG= |
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|NORMALWEG= von der Westseite |
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|BESONDERHEITEN= |
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|BILD1= Þingvallavatn Iceland 010.JPG |
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|BILD1-BESCHREIBUNG= Krater und Inseln des Hengill-Systems im Vorder- und Mittelgrund |
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'''Hengill''' ({{isS}}, [{{IPA|ˈheiɲcɪtl̥|}}]) ist ein [[Vulkansystem]] im Südwesten von [[Island]]. Im Grunde umfasst das Gebiet drei aktive [[Zentralvulkan]]e. Der eine, auf dem Gemeindegebiet von [[Ölfus]] und [[Grímsnes og Grafningur]] liegend, wird ebenfalls als ''Hengill'' bezeichnet, der andere heißt [[Hrómundartindur]], ein dritter befindet sich im [[Grensdalur]]. |
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Man bezeichnet die Gegend in der [[Vulkanologie]] auch als Hengill-[[Triple Junction|Tripelpunkt]], weil hier die Reykjanes-Rift-Zone mit der Westisländischen aktiven Vulkanzone ({{enS|Western Volcanic Zone}}) zusammentrifft und beide außerdem auf die südisländische Verwerfungs- und Bruchzone ({{enS|South Icelandic seismic transform Zone}}) stoßen.<ref>[http://hraun.vedur.is/ja/skyrslur/contgps/node18.html Übersicht über den Hengill-Tripelpunkt.] Meteorol. Inst., Island; abgerufen am 22. Januar 2011</ref> |
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== Das Vulkansystem == |
== Das Vulkansystem == |
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=== Einflussbereich === |
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Das [[Vulkan]]system Hengill erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 100 km². Sein Einflussgebiet reicht von [[Selvogur]] bis unterhalb des Gletschers [[Langjökull]]. |
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Das [[Vulkan]]system Hengill erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 100 km Länge bei 3 bis 16 km Breite. Sein Einflussgebiet reicht von [[Selvogur]] bis unterhalb des Gletschers [[Langjökull]]. Damit wäre dies das bedeutendste Vulkansystem auf der [[Reykjanesskagi|Reykjanes-Halbinsel]],<ref>Ari Trausti Guðmundsson: ''Lebende Erde. Facetten der Geologie Islands.'' Reykjavík 2007, S. 192</ref> falls man es noch zu dieser zählt. |
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=== Eruptionsgeschichte === |
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Zuletzt fand am Hengill vor 2000 Jahren ein Vulkanausbruch statt. Südlich vom Berg erschien die jüngste [[Lava]] auf der [[Hellisheiði]] und gleichzeitig das Lavafeld ''Nesjavallahraun'' nördlich des Hengill. Zur selben Zeit entstand auch die Insel ''Sandey'' im See [[Þingvallavatn]]. |
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Vier Spalteneruptionen sind im Hengill seit der Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren belegt. Sie fanden vor allem an der Nordseite des Vulkansystems statt. Bei der letzten Eruption vor ca. 1.900 Jahren entstanden aber auch die Inseln auf der Ostseite des Zentralvulkans im See [[Þingvallavatn]], etwa die größte der Inseln im See, ''Sandey''. Außerdem liegt hier der Ursprung der Lavafelder bei [[Nesjavellir]], des sogenannten ''Nesjahraun''.<ref>Thor Thordarsson, Armann Hoskuldsson: ''Iceland – Classic Geology in Europe 3.'' Harpenden 2002, S. 76</ref> Südlich vom Berg erschien die jüngste [[Lava]] auf der [[Hellisheiði (Ölfus)|Hellisheiði]]. |
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=== Aktives Vulkansystem === |
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Das Gebiet ist immer noch vulkanisch aktiv, wie man an den zahlreichen heißen Quellen und dampfenden Stellen in der Umgebung erkennen kann. Es handelt sich dabei um ein [[Hochtemperaturgebiet]]. So befindet sich etwa im Innstidalur zwischen Hengill und Skarðsmýrarfjall eine der ergiebigsten Dampfquellen des Landes. |
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Das Gebiet ist immer noch vulkanisch aktiv, wie man an den zahlreichen heißen Quellen und [[Fumarole]]n in der Umgebung erkennen kann. Es handelt sich dabei um ein [[Hochtemperaturgebiet]]. So befindet sich etwa im ''Innstidalur'' zwischen Hengill und Skarðsmýrarfjall eine der ergiebigsten Dampfquellen des Landes. |
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Zwischen 1994 und 2002 stellte man eine ungewöhnlich hohe Zahl von Erdbeben im Bereich des Hengill-Tripelpunkts fest. Außerdem belegten GPS-Messungen eine signifikante Aufwölbung zwischen den Hrómundartindar- und Grensdalur-Systemen. Diese Anzeichen von Magmainjektionen ließen sich allerdings nach 2002 nicht mehr nachweisen.<ref>[http://hraun.vedur.is/ja/skyrslur/contgps/node18.html hraun.vedur.is] abgerufen am 12. Februar 2011</ref> |
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Auch die kleine Stadt [[Hveragerði]] mit ihren heißen Quellen wird zum Hengill-Gebiet gerechnet. |
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[[Bild:Hengill_Herbst_2004-1.jpg|thumb|Der See Þingvallavatn gesehen vom Hengillgebiet bei Nesjavellir]] |
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=== Angrenzende Vulkansysteme === |
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==Der Berg Hengill== |
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Zwei weitere ältere Vulkansysteme, die früher als weitere Teile zum Hengillsystem gezählt wurden, grenzen im Osten an das des Hengill. [[Hrómundartindur]] mit seinem Hochtemperaturgebiet unter dem Vulkan ''Tjarnarhnjúkur'' und am ''Ölkelduháls'' liegt im Nordosten von ihm auf der [[Hellisheiði (Ölfus)|Hellisheiði]]. Die kleine Stadt [[Hveragerði]] mit ihren heißen Quellen liegt etwa 10 km östlich des Hengill im Gebiet des [[Grensdalur]]-Vulkans. |
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Das Bergmassiv des Hengill liegt im Südwesten des Sees [[Þingvallavatn]]. Es handelt sich um einen der höchsten Berge in der Nähe von Islands Hauptstadt [[Reykjavík]]. Sein höchster Gipfel, Skeggi, erhebt sich 803 m über dem Meer. |
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Auf der Halbinsel Reykjanesskagi grenzt südöstlich an das Hengill-Vulkansystem dasjenige der [[Brennisteinsfjöll]]. Die Bohrlöcher liegen teilweise nur 1–2 km voneinander entfernt auf der Hellisheiði etwa am Reykjafjall (Hengill) bzw. jenseits der [[Hringvegur|Ringstraße]] beim Tafelvulkan ''Stóri-Metill'' (Brennisteinsfjöll). |
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Der Hengill selbst ist ein [[Tafelberg]], der hauptsächlich aus [[Tuffstein]] besteht. Ihn umgeben [[Palagonit]]- und [[Kissenlava]]rücken. In einem Nebengipfel, dem Sleggja, findet man auch [[Rhyolith|Liparit]]. |
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== Das Gebirgsmassiv Hengill == |
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Auf dem Gebiet des Hengill liegt ein junger [[Stratovulkan]]. Man fand unter ihm eine Magmakammer. Ein anderer Zentralvulkan befindet sich südlich des Hrómundertindur, aber dieser gilt als erkaltet. |
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Das langgestreckte, von Südwesten nach Nordosten ausgerichtete Bergmassiv des Hengill, gleichzeitig [[Zentralvulkan]] des gleichnamigen Vulkansystems, liegt im Südwesten des Sees [[Þingvallavatn]].<ref>Ari Trausti Guðmundsson, Pétur Þórleifsson: ''Íslensk fjöll. Gönguleiðir á 151 tind.'' Reykjavík 2004, S. 102.</ref> Es handelt sich um einen der höchsten Berge in der Nähe von Islands Hauptstadt [[Reykjavík]]. Sein höchster Gipfel, ''Skeggi'', erhebt sich 803 m über das Meer. |
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Der Hengill selbst ist ein [[Tafelvulkan]], der großenteils während der Eiszeit unter einem Gletscher entstand und hauptsächlich aus [[Palagonit]] besteht. Ihn umgeben Palagonit- und [[Kissenlava]]rücken. Die obersten Lagen sind [[Olivinbasalt]].<ref>''Íslandshandbókin. 2.bindi.'' 1989 S. 796.</ref> Neuere Forschungen ergaben, dass der Berg vor allem in zwei glazialen Perioden entstanden ist: Der untere Teil stammt vermutlich aus der vorletzten Eiszeit ([[Saale-Kaltzeit]]), der obere ist in subglazialen Ausbrüchen in der letzten Kaltzeit ([[Weichsel-Kaltzeit]]) entstanden.<ref>Daher Elmi: ''Geothermal resource assessment through well and production response modelling.'' Msc. Thesis. Dep. of Mechanical and Industrial Engineering. Univ. of Iceland. April 2008, S. 30</ref> |
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In einem Nebengipfel, dem Sleggja, findet man auch [[Rhyolith|Liparit]].<ref>''Íslandshandbókin. 2.bindi.'' 1989 S. 796</ref> |
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Ein anderer Zentralvulkan befindet sich südlich des Hrómundartindur. |
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Die Gegend mit ihren Bergen und heißen Quellen ist ein bekanntes Wandergebiet und daher gut mit Wanderwegen erschlossen. |
Die Gegend mit ihren Bergen und heißen Quellen ist ein bekanntes Wandergebiet und daher gut mit Wanderwegen erschlossen. |
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== Geothermale Nutzung == |
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Der Hengill-Vulkan ist ein wichtiger Energielieferant für den Süden des Landes. Besonders im Kraftwerk von [[Nesjavellir]] wird dies genutzt, das zusammen mit dem Svartsengi-Kraftwerk auf der [[Reykjanes]]-Halbinsel Reykjavík mit Energie versorgt. Das Kraftwerk von Nesjavellir befindet sich am Westufer des Sees Þingvallavatn. Außerdem wird gerade ein weiteres Kraftwerk auf der [[Hellisheiði]] gebaut, das ebenfalls die beträchtliche Energiequelle Hengill nützen soll. |
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Der Hengill-Vulkan ist ein wichtiger Energielieferant für den Süden des Landes. |
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Besonders im Kraftwerk von [[Geothermale Energie in Island#Nesjavellir-Kraftwerk|Nesjavellir]] wird dies genutzt, das zusammen mit dem Svartsengi-Kraftwerk auf der [[Reykjanesskagi|Reykjanes]]-Halbinsel Reykjavík mit Energie versorgt. Das Kraftwerk von Nesjavellir befindet sich am Westufer des Sees Þingvallavatn. |
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==Sagen und Gesetzlose== |
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Außerdem wurde ein weiteres noch größeres Kraftwerk auf der [[Hellisheiði (Ölfus)|Hellisheiði]] gebaut, [[Heillisheiðarvirkjun|Hellisheiði-Kraftwerk]], das ebenfalls die beträchtliche Energiequelle Hengill nutzt. Es wurde 2008 in Betrieb genommen und verfügt über eine Leistung von 303 MW und 400MWth. |
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== Sagen und Gesetzlose == |
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In früheren Zeiten sollen Gesetzlose in den Höhlen oberhalb des ''Innstidalur'' gehaust haben. |
In früheren Zeiten sollen Gesetzlose in den Höhlen oberhalb des ''Innstidalur'' gehaust haben. |
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Auch einige Sagen spielen in der Gegend, so die Volkssage um die [[Troll]] |
Auch einige Sagen spielen in der Gegend, so die Volkssage um die [[Troll (Mythologie)|Trollfrau]] ''Jóra''. Sie soll die Angewohnheit gehabt haben, unschuldigen Reisenden auf dem Weg über die ''Dyrafjöll'' aufzulauern, um sie zu verspeisen. Sie wurde aber schließlich von einem Bauern im Schlaf erschlagen. |
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== Fotogalerie == |
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{{Panorama|2008-05-25 15 Nesjavellir.jpg|1000|Heiße Quellen am Hengill bei Nesjavellir am 25. Mai 2008}} |
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{{Panorama|2008-05-25 14 Road 435 at Nesjavellir.jpg|1000|Straße 435 bei Nesjavellir am 25. Mai 2008}} |
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Hellisheiði Geothermal Plant.jpg|Hellisheiði-Kraftwerk |
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2006-05-22-114517 Iceland Hveragerði.jpg|Hochtemperaturgebiet am Hengill |
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NesjavellirPowerPlant.jpg|Nesjavellir-Kraftwerk |
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Hellisheiði Geothermal Plant 26.05.2006 18-14-54.jpg|Fumarolen am Hengill |
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2006-05-22-112523 Iceland Hveragerði.jpg|Hengill von der Ostseite aus gesehen |
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== Siehe auch == |
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* [[Geothermale Energie in Island]] |
* [[Geothermale Energie in Island]] |
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* [[Vulkane |
* [[Vulkane in Island]] |
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* [[Liste von Bergen und Erhebungen in Island]] |
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== Weblinks == |
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=== Fotos und Videos === |
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=== Wissenschaftliche Beiträge === |
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* {{GVP|371050|}} |
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* M. Krumbholz: [http://wwwuser.gwdg.de/~bleiss2/AbstractsPDF/Krumbholz-etal.pdf Fluidtransport entlang Störungen und Klüften im Gebiet des Hengill-Vulkans.] (PDF; 473 kB) gwdg.de/~bleiss2 |
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* [http://notendur.hi.is/oi/geology_of_thingvellir.htm Geologie der Gegend von Þingvellir.] notendur.hi.is |
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* Amy Clifton: [http://www.norvol.hi.is/~amy/ReykjanesFieldTrip.pdf Zur Reykjanes-Halbinsel.] (PDF; 1,2 MB) Univ. Island (englisch). |
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* [http://hraun.vedur.is/ja/skyrslur/contgps/node18.html Übersicht über den Hengill-Tripelpunkt.] Meteorol. Inst., Island (englisch). |
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* [http://www.ipgp.fr/~dublanchet/Hengill.pdf Aufwölbung am Hengill-Tripelpunkt.] (PDF; 4,4 MB) ipgp.fr/~dublanchet (englisch). |
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* K.L. Feigl et al.: [http://wayback.vefsafn.is/wayback/20100402192613/www3.hi.is/~heidi/Data/Herdu-Askja-literature/Feigletal00.pdf ''Crustal deformation near Hengill volcano, Iceland, 1993-1998: Coupling between magmatic activity and faulting inferred from elastic modeling satellite radar inferograms''.] (PDF) In: ''Journal of Geophysical Research'', November 2000, Vol. 105, no. B11, 25, S. 655–25, 670 (englisch). |
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=== Wanderwege und Karten === |
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==Weblinks== |
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* [http://www.centrum.is/~ate/gonguleidir.htm Wanderwege mit Kartenmaterial und Photos.] (Text isländisch) |
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* [http://www.esri.com/mapmuseum/mapbook_gallery/volume20/mining.html Karte der Gegend] |
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* [http://www.fi.is/files/IMG_1792288074.pdf Wandern im Marardalur beim Skeggi.] (PDF; 12 kB) fi.is (isländisch) |
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* [http://www.iceland.de/index.php?id=5870 Wanderung am Hengill mit GPS-Daten und Fotos.] iceland.de (deutsch) |
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== Einzelnachweise == |
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[[Kategorie:Vulkan in Island]] |
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<references /> |
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[[Kategorie:Spaltenvulkan]] |
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[[en:Hengill]] |
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[[Kategorie:Geographie (Ölfus)]] |
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[[fr:Hengill]] |
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[[Kategorie:Geographie (Grímsnes og Grafningur)]] |
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[[Kategorie:Vulkanismus in Island]] |
Aktuelle Version vom 15. Mai 2023, 21:50 Uhr
Hengill | ||
---|---|---|
Hengill jenseits des Sees Þingvallavatn | ||
Höhe | 803 m | |
Lage | Island | |
Koordinaten | 64° 5′ 8″ N, 21° 18′ 49″ W | |
| ||
Typ | Zentralvulkan mit eigenem Spaltensystem | |
Gestein | v. a. Palagonit und Kissenlaven | |
Alter des Gesteins | Saale-Kaltzeit | |
Letzte Eruption | um die Zeitenwende (aktiv) | |
Normalweg | von der Westseite | |
Krater und Inseln des Hengill-Systems im Vorder- und Mittelgrund |
Hengill (isländisch, [ ]) ist ein Vulkansystem im Südwesten von Island. Im Grunde umfasst das Gebiet drei aktive Zentralvulkane. Der eine, auf dem Gemeindegebiet von Ölfus und Grímsnes og Grafningur liegend, wird ebenfalls als Hengill bezeichnet, der andere heißt Hrómundartindur, ein dritter befindet sich im Grensdalur.
Man bezeichnet die Gegend in der Vulkanologie auch als Hengill-Tripelpunkt, weil hier die Reykjanes-Rift-Zone mit der Westisländischen aktiven Vulkanzone (englisch Western Volcanic Zone) zusammentrifft und beide außerdem auf die südisländische Verwerfungs- und Bruchzone (englisch South Icelandic seismic transform Zone) stoßen.[1]
Das Vulkansystem
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einflussbereich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Vulkansystem Hengill erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 100 km Länge bei 3 bis 16 km Breite. Sein Einflussgebiet reicht von Selvogur bis unterhalb des Gletschers Langjökull. Damit wäre dies das bedeutendste Vulkansystem auf der Reykjanes-Halbinsel,[2] falls man es noch zu dieser zählt.
Eruptionsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vier Spalteneruptionen sind im Hengill seit der Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren belegt. Sie fanden vor allem an der Nordseite des Vulkansystems statt. Bei der letzten Eruption vor ca. 1.900 Jahren entstanden aber auch die Inseln auf der Ostseite des Zentralvulkans im See Þingvallavatn, etwa die größte der Inseln im See, Sandey. Außerdem liegt hier der Ursprung der Lavafelder bei Nesjavellir, des sogenannten Nesjahraun.[3] Südlich vom Berg erschien die jüngste Lava auf der Hellisheiði.
Aktives Vulkansystem
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gebiet ist immer noch vulkanisch aktiv, wie man an den zahlreichen heißen Quellen und Fumarolen in der Umgebung erkennen kann. Es handelt sich dabei um ein Hochtemperaturgebiet. So befindet sich etwa im Innstidalur zwischen Hengill und Skarðsmýrarfjall eine der ergiebigsten Dampfquellen des Landes.
Zwischen 1994 und 2002 stellte man eine ungewöhnlich hohe Zahl von Erdbeben im Bereich des Hengill-Tripelpunkts fest. Außerdem belegten GPS-Messungen eine signifikante Aufwölbung zwischen den Hrómundartindar- und Grensdalur-Systemen. Diese Anzeichen von Magmainjektionen ließen sich allerdings nach 2002 nicht mehr nachweisen.[4]
Angrenzende Vulkansysteme
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zwei weitere ältere Vulkansysteme, die früher als weitere Teile zum Hengillsystem gezählt wurden, grenzen im Osten an das des Hengill. Hrómundartindur mit seinem Hochtemperaturgebiet unter dem Vulkan Tjarnarhnjúkur und am Ölkelduháls liegt im Nordosten von ihm auf der Hellisheiði. Die kleine Stadt Hveragerði mit ihren heißen Quellen liegt etwa 10 km östlich des Hengill im Gebiet des Grensdalur-Vulkans.
Auf der Halbinsel Reykjanesskagi grenzt südöstlich an das Hengill-Vulkansystem dasjenige der Brennisteinsfjöll. Die Bohrlöcher liegen teilweise nur 1–2 km voneinander entfernt auf der Hellisheiði etwa am Reykjafjall (Hengill) bzw. jenseits der Ringstraße beim Tafelvulkan Stóri-Metill (Brennisteinsfjöll).
Das Gebirgsmassiv Hengill
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das langgestreckte, von Südwesten nach Nordosten ausgerichtete Bergmassiv des Hengill, gleichzeitig Zentralvulkan des gleichnamigen Vulkansystems, liegt im Südwesten des Sees Þingvallavatn.[5] Es handelt sich um einen der höchsten Berge in der Nähe von Islands Hauptstadt Reykjavík. Sein höchster Gipfel, Skeggi, erhebt sich 803 m über das Meer.
Der Hengill selbst ist ein Tafelvulkan, der großenteils während der Eiszeit unter einem Gletscher entstand und hauptsächlich aus Palagonit besteht. Ihn umgeben Palagonit- und Kissenlavarücken. Die obersten Lagen sind Olivinbasalt.[6] Neuere Forschungen ergaben, dass der Berg vor allem in zwei glazialen Perioden entstanden ist: Der untere Teil stammt vermutlich aus der vorletzten Eiszeit (Saale-Kaltzeit), der obere ist in subglazialen Ausbrüchen in der letzten Kaltzeit (Weichsel-Kaltzeit) entstanden.[7]
In einem Nebengipfel, dem Sleggja, findet man auch Liparit.[8]
Ein anderer Zentralvulkan befindet sich südlich des Hrómundartindur.
Die Gegend mit ihren Bergen und heißen Quellen ist ein bekanntes Wandergebiet und daher gut mit Wanderwegen erschlossen.
Geothermale Nutzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Hengill-Vulkan ist ein wichtiger Energielieferant für den Süden des Landes.
Besonders im Kraftwerk von Nesjavellir wird dies genutzt, das zusammen mit dem Svartsengi-Kraftwerk auf der Reykjanes-Halbinsel Reykjavík mit Energie versorgt. Das Kraftwerk von Nesjavellir befindet sich am Westufer des Sees Þingvallavatn.
Außerdem wurde ein weiteres noch größeres Kraftwerk auf der Hellisheiði gebaut, Hellisheiði-Kraftwerk, das ebenfalls die beträchtliche Energiequelle Hengill nutzt. Es wurde 2008 in Betrieb genommen und verfügt über eine Leistung von 303 MW und 400MWth.
Sagen und Gesetzlose
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In früheren Zeiten sollen Gesetzlose in den Höhlen oberhalb des Innstidalur gehaust haben.
Auch einige Sagen spielen in der Gegend, so die Volkssage um die Trollfrau Jóra. Sie soll die Angewohnheit gehabt haben, unschuldigen Reisenden auf dem Weg über die Dyrafjöll aufzulauern, um sie zu verspeisen. Sie wurde aber schließlich von einem Bauern im Schlaf erschlagen.
Fotogalerie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]-
Hellisheiði-Kraftwerk
-
Hochtemperaturgebiet am Hengill
-
Nesjavellir-Kraftwerk
-
Fumarolen am Hengill
-
Hengill von der Ostseite aus gesehen
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fotos und Videos
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wissenschaftliche Beiträge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hengill im Global Volcanism Program der Smithsonian Institution (englisch)
- M. Krumbholz: Fluidtransport entlang Störungen und Klüften im Gebiet des Hengill-Vulkans. (PDF; 473 kB) gwdg.de/~bleiss2
- Geologie der Gegend von Þingvellir. notendur.hi.is
- Amy Clifton: Zur Reykjanes-Halbinsel. (PDF; 1,2 MB) Univ. Island (englisch).
- Übersicht über den Hengill-Tripelpunkt. Meteorol. Inst., Island (englisch).
- Aufwölbung am Hengill-Tripelpunkt. (PDF; 4,4 MB) ipgp.fr/~dublanchet (englisch).
- K.L. Feigl et al.: Crustal deformation near Hengill volcano, Iceland, 1993-1998: Coupling between magmatic activity and faulting inferred from elastic modeling satellite radar inferograms. (PDF) In: Journal of Geophysical Research, November 2000, Vol. 105, no. B11, 25, S. 655–25, 670 (englisch).
Wanderwege und Karten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wanderwege mit Kartenmaterial und Photos. (Text isländisch)
- Wandern im Marardalur beim Skeggi. (PDF; 12 kB) fi.is (isländisch)
- Wanderung am Hengill mit GPS-Daten und Fotos. iceland.de (deutsch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Übersicht über den Hengill-Tripelpunkt. Meteorol. Inst., Island; abgerufen am 22. Januar 2011
- ↑ Ari Trausti Guðmundsson: Lebende Erde. Facetten der Geologie Islands. Reykjavík 2007, S. 192
- ↑ Thor Thordarsson, Armann Hoskuldsson: Iceland – Classic Geology in Europe 3. Harpenden 2002, S. 76
- ↑ hraun.vedur.is abgerufen am 12. Februar 2011
- ↑ Ari Trausti Guðmundsson, Pétur Þórleifsson: Íslensk fjöll. Gönguleiðir á 151 tind. Reykjavík 2004, S. 102.
- ↑ Íslandshandbókin. 2.bindi. 1989 S. 796.
- ↑ Daher Elmi: Geothermal resource assessment through well and production response modelling. Msc. Thesis. Dep. of Mechanical and Industrial Engineering. Univ. of Iceland. April 2008, S. 30
- ↑ Íslandshandbókin. 2.bindi. 1989 S. 796