„BDSM“ – Versionsunterschied
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[[Datei:BDSM collar side.jpg|mini|Halsband und [[Ring der O]] sind gebräuchliche Symbole des BDSM]] |
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'''BDSM''' ist die |
'''BDSM''' ist die Sammelbezeichnung für eine Gruppe von [[Sexualpräferenz]]en, die oft unschärfer auch als '''[[Sadomasochismus]]''' (kurz '''SM''' oder '''Sado-Maso''') bezeichnet werden. Das mehrschichtige [[Akronym]] wird aus den Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnungen '''B'''ondage & '''D'''iscipline, Dominance & Submission und '''S'''adism & '''M'''asochism gebildet. |
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Der Begriff |
Der Begriff umfasst eine Gruppe von [[Sexualität|sexuellen]] oder sexualisierten Verhaltensweisen, die unter anderem mit [[Dominanz (Psychologie)|Dominanz]] und [[Unterwürfigkeit|Unterwerfung]], spielerischer Bestrafung sowie [[Algolagnie|Lustschmerz]] oder [[Bondage|Fesselspielen]] in Zusammenhang stehen. Er entstand in den 1990er Jahren zunächst in der Alltagskultur und wird inzwischen auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet. |
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In der [[subkultur]]ellen Szene der Praktizierenden haben sich bestimmte Verhaltensregeln, eine eigene „Sprache“, Sicherheitskonventionen und Symbole etabliert. Die Szene trifft sich beispielsweise bei Stammtischen und SM-Partys, inzwischen spielt auch das Internet für die Kommunikation innerhalb der Subkultur eine wichtige Rolle. BDSM wird manchmal mit [[Sexualisierte Gewalt|sexueller Gewalt]] und einer [[stereotyp]]en weiblichen Rolle assoziiert, weshalb sowohl innerhalb der Subkultur wie auch aus dem [[Feminismus]] zum Teil heftige Kritik formuliert wird. Diese Verbindung zeigt sich auch in der rechtlichen Bewertung, die länderübergreifend sehr unterschiedlich ausfällt. |
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Weitere mögliche Bezeichnungen für BDSM sind beispielsweise ''Kinky Sex'' oder ''Ledersex''. |
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Es ist unklar, wie viele Menschen tatsächlich BDSM praktizieren oder von solchen Praktiken fantasieren; die empirischen Untersuchungen reichen von 2 bis 62 % der Bevölkerung.<ref name="deneef">{{Literatur |Autor=Nele De Neef, Violette Coppens, Wim Huys, Manuel Morrens |Titel=Bondage-Discipline, Dominance-Submission and Sadomasochism (BDSM) From an Integrative Biopsychosocial Perspective: A Systematic Review |Sammelwerk=Sexual Medicine |Band=7 |Nummer=2 |Datum=2019-06 |ISSN=2050-1161 |Seiten=129–144 |DOI=10.1016/j.esxm.2019.02.002 |PMC=6525106 |PMID=30956128}}</ref> Einvernehmlicher [[Sadismus]] und [[Masochismus]] werden heute nur noch unter bestimmten Umständen in medizinische Klassifikationssysteme eingeordnet. Seit der Veröffentlichung des [[DSM-5]] im Jahr 2013 schreibt die Fachwelt [[Paraphilie]]n nicht mehr grundsätzlich Krankheitswert zu. |
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== Grundzüge == |
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[[Bild:Floggers.JPG|250px|thumb|Drei weiche Lederpeitschen („Flogger“), wie sie oft bei BDSM-Spielen verwendet werden.]]Alle Varianten des BDSM haben gemeinsam, dass sich die Beteiligten freiwillig aus ihrer [[Gleichberechtigung]] in ein sehr ausgeprägtes Machtgefälle begeben. Der devote Partner gibt einen bestimmten Teil seiner [[Autonomie]] auf und übergibt sie dem [[Dominanz (Psychologie)|dominanten]] Partner (''Power Exchange''). Beide Beteiligten erzielen daraus einen Lustgewinn. Der dominante Partner wird auch ''Dom'' oder [[Top_(BDSM)|Top]] genannt, der devote Partner auch ''Sub'' oder [[Bottom]]. BDSM-Handlungen finden während einer festen Zeitspanne meist in Form eines [[Erotisches Rollenspiel|erotischen Rollenspiels]] statt; ein einzelnes BDSM-Spiel wird Session genannt. Viele der innerhalb von BDSM ausgeübten Praktiken wie Schmerzzufügung, Erniedrigung oder Unterwerfung würden ohne den Zusammenhang zur speziellen sexuellen Vorliebe als unangenehm empfunden werden. [[Geschlechtsverkehr]] wie etwa [[Oralsex|Oral-]], [[Analsex|Anal-]] oder [[Vaginalsex]] kann innerhalb einer Session vorkommen, ist jedoch nicht essentiell. |
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Inzwischen hält eine interdisziplinäre Betrachtung (z. B. unter dem Einbezug moderner [[Neurowissenschaften|neurowissenschaftlicher]] Verfahren) Einzug in die Erforschung und frühere [[Psychopathologie|psychopathologische]] [[Ätiologie (Medizin)|Ätiologiemodelle]] weichen einem [[Biopsychosoziale Medizin|biopsychosozialen]] Modell ohne [[Pathologisierung]].<ref name="deneef" /> Die BDSM-Szene arbeitet in verschiedenen Vereinigungen und mit Öffentlichkeitsarbeit gegen Stigmatisierung an und wirbt um mehr Verständnis für diese speziellen Vorlieben. Soziologische Untersuchungen beschäftigen sich unter anderem auch mit der Verteilung der einzelnen Präferenzen und deren Ausgestaltung in verschiedenen Gruppen der Subkultur. |
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Die grundlegende Basis für die Ausübung von BDSM ist, dass es prinzipiell von ''mündigen Partnern'' ''freiwillig'' und ''unter gegenseitigem Einverständnis'' ''in einem sicheren Maße'' praktiziert wird. Diese Grundprinzipien werden seit den 1990er Jahren unter der englischen Bezeichnung „[[SSC (BDSM)|safe, sane and consensual]]“, kurz ''SSC'' zusammengefasst. Dies bedeutet soviel wie „sicher, mit klarem Verstand und in gegenseitigem Einverständnis“. Die ''Freiwilligkeit'', das heißt die Einvernehmlichkeit zwischen den Beteiligten grenzt BDSM von Vergehen oder Verbrechen gegen die [[Sexuelle Selbstbestimmung|sexuelle Selbstbestimmung]] und von Gewaltmissbrauch sowohl rechtlich als auch ethisch ab.</br> |
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Historische Bezüge zu sadomasochistischen Praktiken reichen weit zurück, ab Mitte des 20. Jahrhunderts entstand langsam die Subkultur aus der [[Lederszene]] und begann, sich selbst ab den 1970er Jahren auch als solche zu definieren. In der Literatur gibt es zahlreiche Beispiele für sadomasochistische Praktiken. Zu den bekanntesten Autoren gehören [[Donatien Alphonse François de Sade|Marquis de Sade]] und [[Leopold von Sacher-Masoch|Sacher-Masoch]], von denen auch die Begriffe ''Sadismus'' und ''Masochismus'' abgeleitet wurden. BDSM-Bezüge finden sich in der zeitgenössischen Musik, in Film, Fernsehen, im Theater und Marketing. BDSM als Thema in der Kunst ist häufig mit [[Sexueller Fetischismus|Fetischismus]] verbunden; es gibt viele Comics, Fotografien und Zeichnungen, die beide Themen porträtieren. |
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Einige Anhänger des BDSM bevorzugen einen etwas anderen Verhaltenskodex mit der englischen Bezeichnung ''RACK'' (''risk aware consensual kink''), was etwa soviel bedeutet wie ''risikobewusstes einvernehmliches sexuelles Handeln'' und wollen damit die das Risikopotenzial betreffende Eigenverantwortung der beteiligten Partner stärker betonen. |
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== Grundlagen == |
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Die ''Freiwilligkeit'' als entscheidendes Kriterium gilt aber auch hier. Die Einwilligung zu einem einvernehmlichen sadomasochistischen Geschehen kann nur geben, wer die Folgen seiner Zustimmung hinreichend abschätzen kann. Für seine Entscheidungsfindung muss der Einwilligende ausreichend Informationen und die notwendigen geistigen Fähigkeiten besitzen. Generell muss es dem Einwilligenden freistehen, die Einwilligung jederzeit widerrufen zu können, beispielsweise mit einem vorher vereinbarten Signalwort, einem sogenannten [[Safeword]]. |
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BDSM ist ein Sammelbegriff für bestimmte Arten sexuellen Verhaltens und Erlebens. Unter dem Begriff vereinigen sich verschiedene [[Subkultur]]en, die zum Teil sehr unterschiedliche Begriffe und eine eigene „Sprache“ verwenden. Alle Varianten des BDSM haben gemeinsam, dass sich die Beteiligten freiwillig aus ihrer [[Gleichberechtigung]] in ein verändertes Machtgefüge begeben. Der [[Hingabe#Sexuelle Hingabe|devote]] Partner gibt dabei einen bestimmten Teil seiner [[Autonomie]] ab und überlässt sie dem [[Dominanz (Psychologie)|dominanten]] Partner ''(Power Exchange)''.<ref>David M. Ortmann, Richard A. Sprott: ''Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities.'' Rowman & Littlefield, 2013, ISBN 978-1-4422-1736-2, S. 15–16 (englisch)</ref> |
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=== Verhaltenskodex === |
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Die Freiwilligkeit als entscheidendes Kriterium gilt grundsätzlich bei allen sexuellen Handlungen. Um bei potenziell risikobehafteten Aktivitäten Einvernehmlichkeit zwischen den Beteiligten sicherzustellen und damit die verwendeten Praktiken von strafbarer [[Sexualisierte Gewalt|sexueller Gewalt]] klar abzugrenzen, gibt es in der BDSM-Szene weitgehend akzeptierte Verhaltensregeln. Die Einvernehmlichkeit zwischen den Beteiligten grenzt BDSM sowohl rechtlich als auch [[ethisch]] von Vergehen oder Verbrechen gegen die [[sexuelle Selbstbestimmung]] und von Gewalt und Missbrauch ab. Die Einwilligung zu einem sadomasochistischen Geschehen kann demnach nur geben, wer die Folgen seiner Zustimmung hinreichend abschätzen kann. Generell muss es möglich sein, die Einwilligung jederzeit widerrufen zu können, beispielsweise mit einem vorher vereinbarten Signalwort, einem sogenannten ''[[Safeword]]''.<ref name="Easton-Hardy" /> |
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[[Bild:Riding crop.JPG|250px|thumb|Die Reitgerte wird häufig als eines der klassischen Symbole für Dominanz im Rahmen von BDSM angesehen. Ihr sicherer Einsatz erfordert motorisches Können und anatomisches Basiswissen.]]Neben den allgemeinen Empfehlungen für [[Safer Sex]] erfordern BDSM-Sessions im Regelfall wesentlich weitergehende Sicherheitsmaßnahmen als typischer [[Vanilla (Sex)|Vanilla-Sex]], d. h. als ein Sexualverhalten ohne BDSM-Elemente. |
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Diese Grundprinzipien werden seit den 1990er Jahren unter der englischen Bezeichnung ''[[Safe, Sane, Consensual|safe, sane and consensual (SSC)]]'' zusammengefasst. Dies bedeutet so viel wie „sicher, mit klarem Verstand und in gegenseitigem Einverständnis“. Einige Anhänger des BDSM bevorzugen einen etwas anderen Verhaltenskodex mit der englischen Bezeichnung RACK ''([[Safe, Sane, Consensual#RACK|risk-aware consensual kink]])'', was etwa so viel bedeutet wie „risikobewusstes, einvernehmliches sexuelles Handeln“; sie wollen damit stärker die das Risikopotenzial betreffende Eigenverantwortung der beteiligten Partner betonen.<ref>Craig J. Forsyth, Heith Copes: ''Encyclopedia of Social Deviance.'' SAGE Publications, 2014, ISBN 978-1-4522-4033-6, S. 609.</ref> |
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Damit die Handlungen stets in dem von den Teilnehmern gewünschten Rahmen bleiben, haben sich in der BDSM-Szene eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen und -konventionen etabliert. |
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Trotz der umfangreichen Konventionen im Bereich Sicherheit kommt es auch im BDSM-Bereich zu Übergriffen. Eine 2015 veröffentlichte Studie der [[National Coalition for Sexual Freedom]] mit 4598 Personen aus den USA ergab, dass 29 % der Befragten im Zusammenhang mit BDSM eine Verletzung der vereinbarten Rahmenbedingungen erlebt hatten. 8,9 % der Befragten wurden ohne ihre Einwilligung oral, anal oder vaginal penetriert (12,5 % Frauen, 3 % Männer, 10,6 % [[Queer]] und 8,7 % [[Transgender]]). Nur 29 Personen brachten diese Vorfälle zur Anzeige, obwohl 96 von ihnen eine Verletzung erlitten hatten, die medizinische Hilfe erforderte.<ref>[[National Coalition for Sexual Freedom]]: [https://secureservercdn.net/198.71.233.68/9xj.1d5.myftpupload.com/wp-content/uploads/2019/12/Consent-Violations-Survey.pdf ''Consent Violations Survey'', 2015] (PDF; 767 kB) abgerufen am 30. Mai 2020 (englisch)</ref> |
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Um die unabdingbare Einvernehmlichkeit (Konsensualität) der Praktiken sicherzustellen wird – besonders zwischen unbekannten Partnern – generell zu einem intensiven Vorgespräch über die Wünsche der Beteiligten und den Verlauf sowie die Grenzen der geplanten Aktivitäten geraten. Entsprechende Gespräche sind ein typisches Alleinstellungsmerkmal von BDSM-Sessions und allgemein üblich. Zusätzlich wird in der Regel auch ein [[Safeword]] vereinbart, bei dessen Nennung die Handlung zu jeder Zeit unmittelbar abgebrochen werden muss. Für den Fall, dass die Sprachfähigkeit des sich unterwerfenden Partners eingeschränkt wird, sind Augenkontakt oder Handzeichen die einzigen Verständigungsmittel und daher von ganz entscheidender Bedeutung für die Sicherheit der Session. Der effiziente und vertrauensvolle Umgang mit Safewords ist eine der absolut notwendigen Voraussetzungen für BDSM.[[Bild:Erotic electrostimulation.jpg|thumb|right|180px|Ein stationäres Gerät zur [[Erotische Elektrostimulation|Erotischen Elektrostimulation]]. Entsprechende Vorrichtungen werden zur direkten Nervenreizung eingesetzt.]] |
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=== Weitverbreitete Rollenmodelle === |
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Das sehr breite Spektrum unterschiedlichster BDSM-„Spielzeuge“ sowie angewandter physischer Manipulations- und Kontrolltechniken macht häufig ein umfangreiches, zur jeweiligen Session passendes Detailwissen aus so unterschiedlichen Gebieten wie [[Anatomie]], [[Physik]] oder auch [[Psychologie]] notwendig. Praktische Sicherheitsaspekte sind generell von entscheidender Bedeutung. So ist es beispielsweise bei Fesselungen wichtig zu wissen, an welchen Stellen die Gefahr der [[Quetschung]] von Gefäßen oder Nerven bzw. die deutlicher Narbenbildung besteht. Beim Einsatz von [[Gerte]]n oder [[Peitsche]]n kann das motorische Können und das anatomische Wissen den Unterschied zwischen einer befriedigenden Session, äußerst unangenehmen Erfahrungen und schweren körperlichen Schäden ausmachen. |
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{{Hauptartikel|BDSM-Rollen}} |
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Um einen psychologischen ''Absturz'' des Bottoms frühzeitig zu erkennen und nach Möglichkeit zu vermeiden bzw. um ihn nach einem solchen Absturz „aufzufangen“, ist es wichtig, dessen Reaktionen [[Empathie|einfühlsam]] zu verfolgen und entsprechend zu reagieren. |
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==== Top und Bottom ==== |
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== Teilaspekte == |
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[[Datei:Collar 01.JPG|mini|hochkant=0.85|Halsband, wie es häufig von Bottoms getragen wird. Es dient als Symbol der Unterwerfung]] |
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[[Image:Bondage Mitten.jpg|thumb|right|180px|Vollfäustlinge werden im Rahmen von Bondage zur Fixierung der Hände verwendet.]] |
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Das mehrschichtige [[Akronym]] BDSM steht für mehrere unter diesem Oberbegriff zusammengefassten physischen und psychischen Teilaspekte: |
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Im BDSM nennt man den Partner ''Top'' (engl. oben) oder ''Dom'', der die aktive Rolle in einer meist durch die Ausübung von Schmerz, Erniedrigung oder Unterwerfung geprägten BDSM-Handlung hat. Der als ''Bottom'' (engl. unten) oder ''Sub'' bezeichnete Partner setzt sich für eine bestimmte Zeit freiwillig solchen Handlungen aus und ist der sogenannte passive Teil. Häufig ist der ''Bottom'' derjenige, der zum Beispiel durch seine Festlegung von Grenzen und Tabus die Handlung im Wesentlichen bestimmt. Dieser Rahmen wird im Allgemeinen durch ausgiebige Kommunikation im Vorfeld der eigentlichen Handlung bestimmt, bei der auch sicherheitsrelevante Aspekte wie Safeword, gesundheitliche Einschränkungen etc. besprochen werden.<ref>David M. Ortmann, Richard A. Sprott: ''Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities.'' Rowman & Littlefield, 2013, ISBN 978-1-4422-1736-2, S. 38 ff.</ref><ref name="Wiseman.47" /> |
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* ''B & D'' ''Bondage and Discipline'' (Fesselung und Disziplinierung) |
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* ''D & S'' ''Domination and Submission'' (Beherrschung und Unterwerfung) |
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* ''S & M'' ''Sadism and Masochism'' (Sadismus und Masochismus) |
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==== Switch ==== |
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Dieses Modell zur Differenzierung dreier Aspekte des BDSM ist heute in der Literatur zunehmend gebräuchlich, stellt aber lediglich den Versuch einer phänomenologischen Trennung dar. In der individuellen Ausprägung sexueller Vorlieben überschneiden sich die hier getrennten Aspekte häufig. |
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Einige BDSM-Anhänger [[Switch (BDSM)|switchen]], das bedeutet, sie übernehmen sowohl die dominante als auch die devote Rolle. Sie praktizieren dies entweder innerhalb einer einzigen Handlung oder nehmen diese unterschiedlichen Rollen in unterschiedlichen Sessions mit demselben oder mit unterschiedlichen Partnern ein.<ref>David M. Ortmann, Richard A. Sprott: ''Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities.'' Rowman & Littlefield, 2013, ISBN 978-1-4422-1736-2, S. 20.</ref> |
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=== Session === |
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BDSM-Handlungen finden während einer festen Zeitspanne meist in Form eines [[Erotisches Rollenspiel|erotischen Rollenspiels]] statt; ein einzelnes BDSM-Spiel wird ''Session'' genannt. Viele der innerhalb von BDSM ausgeübten Praktiken wie Schmerzzufügung, [[Erotische Demütigung|Erniedrigung]] oder Unterwerfung würden ohne den Zusammenhang zur speziellen sexuellen Vorliebe als unangenehm empfunden werden. [[Geschlechtsverkehr]] wie etwa [[Oralverkehr|Oral]]-, [[Vaginalverkehr|Vaginal]]- oder auch [[Analverkehr]] kann innerhalb einer Session vorkommen, ist jedoch nicht essenziell.<ref name="Miller-Devon-Granzig.55" /> |
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Bondage und Discipline sind zwei Aspekte des BDSM, die miteinander nicht zwingend zu tun haben, jedoch auch gemeinsam vorkommen. |
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== Sicherheit == |
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'''Bondage''' |
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[[Datei:Suspension bondage.jpg|mini|hochkant|Um eine solche Hängebondage sicher durchzuführen, ist neben theoretischem Wissen auch praktische Erfahrung notwendig]] |
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Neben den allgemeinen Empfehlungen für [[Safer Sex]] erfordern BDSM-Sessions im Regelfall weitergehende Sicherheitsmaßnahmen als sogenannter „[[Vanillasex]]“, d. h. als ein Sexualleben ohne BDSM-Elemente.<ref name="Wiseman.305" /> Damit die Handlungen stets in dem von den Teilnehmern gewünschten Rahmen bleiben, haben sich in der BDSM-Szene eine Reihe von Sicherheitskonventionen etabliert.<ref name="Stein" /> Dieses [[Dogma]] der Sicherheit wird damit erklärt, dass BDSMler versuchen, sich damit von der [[inhärent]]en [[Konnotation]] von Sex und Gewalt zu lösen. Sie wenden sich damit gegen die Unterstellung, dass BDSM grundsätzlich gefährlich, krankhaft und missbräuchlich sei.<ref>Meg Barker, Alessandra Iantaffi, Camel Gupta: ''Kinky clients, kinky counselling? The challenges and potentials of BDSM.'' In: Lindsey Moon (Hrsg.): ''Feeling Queer or Queer Feelings: Radical Approaches to Counselling: Sex, Sexualities and Genders.'' Routledge, London 2007, ISBN 978-0-415-38521-3, S. 106–124 (englisch)</ref> |
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''Hauptartikel: [[Bondage]]'' |
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[[Bild:Daumenschellen (Thumbcuffs Bondage) Model Ina.jpg|180px|thumb|Neben Hand- finden auch Daumenschellen im Rahmen von Bondage Verwendung.]] |
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Um die Einvernehmlichkeit der Praktiken sicherzustellen, wird – besonders zwischen unbekannten Partnern – generell zu einem intensiven Vorgespräch über die Wünsche der Beteiligten und den Verlauf sowie die Grenzen der geplanten Aktivitäten geraten.<ref>Jill D. Weinberg: ''Consensual Violence.'' Univ of California Press, 2016, ISBN 978-0-520-29066-2 Negotiated Consent, S. 54 ff.</ref> Entsprechende detaillierte Gespräche sind allgemein üblich,<ref>Bill Henkin, Sybil Holiday: ''Consensual Sadomasochism: How to Talk About It and How to Do It Safely.'' Daedalus Publishing Company 1996, ISBN 1-881943-12-7, S. 80–94 (englisch)</ref> meist werden diese im Laufe einer Beziehung zunehmend informeller.<ref>David M. Ortmann, Richard A. Sprott: ''Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities.'' Rowman & Littlefield Publishers, 2012, ISBN 978-1-4422-1735-5, S. 38 ff. (englisch)</ref> |
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Der englische Begriff ''Bondage'' (Fesselung) bezeichnet Praktiken der Fesselung zur Erregung und Steigerung sexueller Lust. Bondage ist eine sehr beliebte Spielart aus dem großen Variationsbereich von BDSM, wird vom BDSM teilweise aber auch abgegrenzt. Studien in den USA kamen zum Ergebnis, dass etwa die Hälfte aller Männer und viele Frauen Bondagespiele für erotisch halten. |
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Zusätzlich wird in der Regel auch ein Safeword vereinbart, bei dessen Nennung die Handlung zu jeder Zeit unmittelbar abgebrochen werden muss. Bei realen Treffen virtuell angebahnter Kontakte stellen einige BDSM-Organisationen und -Websites [[Cover (BDSM)|Cover]]-Möglichkeiten zur Verfügung, die als Schutz bei [[Blinddate]]s dienen.<ref>[[Datenschlag]]–[http://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/covern.html Der Papiertiger: ''Covern''] vgl. [[SMJG]] – [https://www.smjg.org/angebote/covern/ Covern]</ref> |
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Das breite Spektrum unterschiedlichster BDSM-„[[Sexspielzeug|Spielzeuge]]“ sowie angewandter physischer und psychischer Manipulations- und Kontrolltechniken macht häufig Detailwissen aus unterschiedlichen Gebieten wie [[Anatomie]], [[Physik]] oder [[Psychologie]] notwendig. Praktische Sicherheitsaspekte sind generell von entscheidender Bedeutung.<ref name="Hoffmann.Sadomasochismus.42" /><ref name="Miller-Devon-Granzig.95ff" /> Etliche verwendete Techniken lassen sich nicht intuitiv anwenden und erfordern neben Wissen auch Übung und Anleitung. Dies kann z. B. in speziellen Workshops oder durch die Anleitung erfahrener BDSMler erreicht werden. In einer Studie von 2009 gaben 85 % der befragten 1405 praktizierenden BDSMler (überwiegend US-Amerikaner) an, einen [[Mentoring|Mentor]] zu haben und mit diesem sowohl praktisches wie auch theoretisches Wissen ausgetauscht zu haben.<ref>David M. Ortmann, Richard A. Sprott: ''Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities.'' Rowman & Littlefield Publishers, 2012, ISBN 978-1-4422-1735-5, S. 38, Studie durchgeführt von CARAS (Community-Academic Consortium for Research on Alternative Sexualities), 2009 (englisch)</ref> |
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Bondage im engeren Sinn meint das Fesseln des Partners durch das Zusammenbinden der Gliedmaßen, beispielsweise durch die Verwendung von Handschellen, oder auch das Festbinden des Partners an Gegenständen. Auch das Spreizen der Gliedmaßen kann durch Bondage erreicht werden, beispielsweise durch Fesseln an ein [[Andreaskreuz]], [[Strappado]] oder Spreizstangen. |
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Ebenfalls im Bereich Sicherheit verortet wird die Nachsorge des ''Bottoms''. Nach einer ''Session'' ist es aufgrund der Ausschüttung von [[Opioidpeptid]]en, insbesondere [[Endorphin]]en bei intensivem Erleben, durchaus möglich, dass der ''Bottom'' einige Minuten oder auch Stunden braucht, um seine körperlichen Bedürfnisse wieder voll wahrnehmen zu können.<ref>David M. Ortmann, Richard A. Sprott: ''Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities.'' Rowman & Littlefield Publishers, 2012, ISBN 978-1-4422-1735-5, S. 38 ff. (englisch)</ref> |
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'''Discipline''' |
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In dieser Phase der Erholung wird es als Pflicht des ''Tops'' betrachtet, sich um den ''Bottom'' zu kümmern und entsprechend zu reagieren. Dies gilt ebenso für ''Sessions'', die abgebrochen werden, weil sich der ''Bottom'' mental oder körperlich überfordert fühlt (sog. Absturz).<ref name="Wiseman.111" /><ref>Gavin Brown, Jason Lim, Kath Browne: ''Geographies of Sexualities: Theory, Practices and Politics.'' Ashgate Publishing, 2012, ISBN 978-0-7546-7852-6, S. 97 (englisch)</ref> |
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== Teilaspekte == |
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Unter ''Discipline'' versteht man im Bereich des BDSM die Disziplinierung des Partners durch Schläge mit der Hand oder „Züchtigungsinstrumenten“, aus deren Ausübung oder Empfang der erotische Lustgewinn der Beteiligten entspringt. Hierbei kann die Intensität der Schläge stark variieren. |
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[[Datei:Triskelion (black and grey).svg|mini|hochkant|Das [[BDSM-Emblem|BDSM-Triskele]] repräsentiert die drei Teilbereiche B&D, D&S und S&M]] |
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Das mehrschichtige [[Akronym]] BDSM steht für mehrere unter diesem Oberbegriff zusammengefasste physische und psychische Teilaspekte. |
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Eine Verschmelzung mit Praktiken aus dem Bereich von Bondage ist häufig, aber nicht zwingend und die Abgrenzung zu rein schmerzbetontem BDSM manchmal schwierig. Neben Schlägen kommen gelegentlich auch andere Arten von [[Körperstrafe]]n zum Einsatz, beispielsweise beim [[Figging]]. |
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* ''B & D'' ''Bondage and Discipline'' (Fesselung und [[Disziplinierung]]) |
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* ''D & S'' ''Dominance and Submission'' (Beherrschung und Unterwerfung) |
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* ''S & M'' ''Sadism and Masochism'' (Sadismus und Masochismus) |
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Dieses Modell zur Differenzierung dreier Aspekte des BDSM ist heute in der Literatur zunehmend gebräuchlich, stellt aber lediglich den Versuch einer [[Phänomenologie|phänomenologischen]] Trennung dar. In der individuellen Ausprägung sexueller Vorlieben überschneiden sich die hier getrennten Aspekte häufig. |
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Häufig wird der Begriff ''Discipline'' auch fälschlich gebraucht, um [[Erziehungsspiel]]e aus dem Bereich ''Domination and Submission'' zu beschreiben. Eine Vermischung beider Bereiche kommt häufig vor, der eindeutige Schwerpunkt in der Bedeutung von ''Discipline'' ist jedoch die Verabreichung von Schlägen. |
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=== Bondage/Discipline === |
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Eine andere Bedeutung von ''Discipline'' ist die (Selbst-)Disziplin, das Bewusstsein der Verantwortung im Umgang mit dem Partner und der Respekt vor seiner Rolle unabhängig von deren Typus, ebenso die Beachtung der Grundsätze [[Safe, Sane, Consensual|SSC]]. |
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==== Bondage ==== |
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{{Hauptartikel|Bondage}} |
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Der englische Begriff ''Bondage'' (Fesselung) bezeichnet Praktiken der Fesselung zur Erregung und Steigerung sexueller Lust.<ref name="Grimme" /> Bondage spielt in allen Bereichen des BDSM eine mehr oder weniger wichtige Rolle, kann aber auch losgelöst von den anderen Spielarten des BDSM als eine eigenständige Praktik ausgeübt werden. Sexualität und Erotik sind wichtige Aspekte innerhalb des Bondage, allerdings sind sie häufig nicht Selbstzweck. Weitere Schwerpunkte können wie z. B. beim japanisch inspirierten [[Shibari]] in der Ästhetik, der Empfindung und der Konzentration liegen. |
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==== Domination and Submission ==== |
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[[Bild:Strappado - Model Jassi.jpg|thumb|right|180px|[[Strappado]] mit Handschellen und Ketten. Praktik mit einen deutlichen Immobilisierungs- und Schmerzeffekt.]] |
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Das Begriffspaar ''Domination'' und ''Submission'' kommt aus dem Englischen und bedeutet ''Herrschaft'' und ''Dominanz'' sowie ''Unterwerfung'' und ''Unterordnung''. Man bezeichnet damit eine ungleiches Machtverhältnis zwischen Partnern, das bewusst angenommen und angestrebt wird. ''Domination and Submission'' benennt somit eher psychische Komponente des BDSM. Obwohl dies auch in vielen Partnerschaften der Fall ist, die sich selbst nicht als sadomasochistisch auffassen, gilt es bewusst gelebt als Teilbereich des BDSM. Die Variationsbreite der individuellen Ausprägungen ist dabei groß. |
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1985 durchgeführte Studien in den USA kamen zum Ergebnis, dass etwa die Hälfte aller Männer und viele Frauen Bondagespiele für erotisch halten.<ref>{{Literatur |Autor=Norman Breslow, Linda Evans, Jill Langley |Titel=On the Prevalence and Roles of Females in the Sadomasochistic Subculture: Report of an Empirical Study |Sammelwerk=Archives of Sexual Behavior |Band=14 |Datum=1985 |Seiten=303–317 |Sprache=en}}</ref> 1996 gaben bei der Befragung von US-amerikanischen Studenten 24 % der Befragten an, sexuelle Phantasien zu haben, die von Bondage handelten, angeführt von [[Homosexualität|homo]]- und [[Bisexualität|bisexuellen]] Männern mit 40 %, [[lesbisch]]e und bisexuelle Frauen folgten mit 32 %, während die Zahl bei heterosexuellen Frauen auf 24 % und bei heterosexuellen Männern auf 21 % abfiel. Praktische Erfahrungen mit Bondage hatten 48 % der lesbischen und bisexuellen Frauen, 34 % der homo- und bisexuellen Männer und 25 % aller Heterosexuellen.<ref>{{Literatur |Autor=Leland Elliott, Cynthia Brantley |Titel=Sex on Campus: The Naked Truth about the Real Sex Lives of College Students |Verlag=Random House |Ort=New York |Datum=1997 |ISBN=0-679-74630-7 |Sprache=en}}</ref> |
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[[Image:Nippleclamps.jpg|thumb|right|180px|Kette mit justierbaren Krokodil-Brustklammern.]] |
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Speziell psychisch orientierte Praktiken sind z. B. ''Erziehungsspiele'', bei denen der dominante dem devoten Partner bestimmte Verhaltensweisen abverlangt. Sonderformen sind hierbei erotische Rollenspiele wie beispielsweise das [[Ageplay]] - bei dem ein gespielter Altersunterschied als Hintergrund fungiert - oder das [[Petplay]]. Die gezielt eingesetzte sexuelle Zurückweisung des Partners kann ebenfalls Teil von ''Domination and Submission'' sein (siehe auch [[Cuckold]]). Die bekannteste und wohl klischeebehaftetste Form von ''Domination and Submission'' ist die von ''Herrschaft und Sklaventum''. Diese kann für die kurze Dauer eines „Spiels“ ansonsten gleichberechtigter Partner umgesetzt werden, aber auch permanent in den Alltag integriert werden („[[24/7]]“) und reicht bei wenigen Partnerschaften bis hin zur völligen Unterwerfung eines Partners im Sinne des [[Total Power Exchange]]. Ausgleichende Elemente für Beherrschung und Unterwerfung sind dabei Fürsorge und Hingabe, die sich jeweils ergänzen und so stabile Beziehungen ermöglichen können. |
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==== Discipline ==== |
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Die Unterwerfung des Sub wird von diesem manchmal durch Symbole wie ein besitzanzeigendes [[Halsband]], besondere [[Tätowierung|Tätowierungen]], [[Piercing|Intimschmuck]] oder sehr kurzgeschnittene Haare oder Glatzen nach außen hin demonstriert. Vereinzelt wird in längeren Beziehungen das Machtverhältnis in sogenannten ''Sklavenverträge'' schriftlich fixiert. Diese symbolische Handlung soll die innige Verbundenheit der Partner und ihre gemeinsamen Vorstellungen „verbindlich“ festhalten. Rechtlich sind die entsprechenden Schriftstücke in keiner Weise verbindlich, da sie nach allgemeiner Auffassung gegen die guten Sitten verstoßen. In der Vergangenheit führte die Existenz derartiger Schriftstücke in verschiedenen Zusammenhängen immer wieder zu drastischen Schlagzeilen in der Boulevardpresse, da in ihnen das [[Innenverhältnis]] und vereinbarte Praktiken sehr detailliert aufgeführt werden. Bei uninformierten Dritten führen derartige aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gelöste Informationen regelmäßig zu starker Ablehnung und einer Verurteilung der dem Schriftstück zugrundeliegenden Beziehung. |
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Unter ''Discipline'' versteht man im Bereich des BDSM die Disziplinierung des ''Bottoms'', um sein Verhalten mit Regeln und Ritualen an die Wünsche des ''Tops'' anzupassen. Dabei kann ein System aus [[Körperstrafe]]n und Belohnungen durch den ''Top'' eingesetzt werden.<ref>E.L Discipline: ''The Seduction of Discipline.'' AuthorHouse, 2017, ISBN 978-1-5246-9603-0. Siehe ''Introduction'' (englisch)</ref> Eine Verschmelzung mit Praktiken aus dem Bereich des ''Bondage'' ist häufig, die Abgrenzung zu rein schmerzbetontem Sadomasochismus manchmal schwierig. Der Begriff ''Discipline'' wird oft auch fälschlich verwendet, um [[Erziehungsspiel]]e aus dem Bereich ''Dominance and Submission'' zu beschreiben. |
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<!-- Auf diesen Abschnitt wird von einigen anderen Artikel verlinkt. Bitte beim Ändern der Überschrift auch die Links anpassen. --> |
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=== Dominance and Submission === |
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[[Datei:Strappado - Model Jassi.jpg|mini|hochkant|[[Strappado]] mit Handschellen und Ketten; Praktik mit einem deutlichen Immobilisierungs- und Schmerzeffekt]] |
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Mit ''Sadomasochismus'' wird oft – im Gegensatz zu ''Domination and Submission'' – die eher physische Seite von BDSM bezeichnet. Konkret sind hier alle Praktiken einzuordnen, deren Zweck das Zufügen oder Empfinden von Schmerzen ist. |
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Das Begriffspaar ''Dominance'' und ''Submission'' (D/s) kommt ebenfalls aus dem Englischen und bedeutet Herrschaft/Dominanz sowie Unterwerfung/Unterordnung. Man bezeichnet damit ein angestrebtes ungleiches Machtverhältnis oder eine spielerische Änderung des sozialen Status zwischen Partnern. Obwohl dies auch in anderen Partnerschaften der Fall sein kann, die sich selbst nicht als sadomasochistisch auffassen, gilt es bewusst gelebt als Teilbereich des BDSM. Die Variationsbreite der individuellen Ausprägungen ist dabei groß. Die angestrebte Wirkung kann beispielsweise durch [[Erziehungsspiel|Erziehungs-]] oder Statusspiele geschehen.<ref>[[Datenschlag]]: ''[https://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/ds.html Papiertiger – DS]''</ref> Zu diesen Spielarten gehören u. a. Rollenspiele wie [[Ageplay]], bei dem ein gespielter Altersunterschied das Machtgefälle betont, ebenso wie das [[Petplay]],<ref>vgl. Pets-Bibliothek: ''[http://www.pets-and-owners.de/lib/feeling/index.html Spielgefühl]''</ref> bei dem der Statusunterschied zwischen Halter und Tier nachgestellt wird, oder Varianten der [[Keuschhaltung]]. In der BDSM-Szene werden mit D/s auch häufig die Begriffspaare Herr/Sklave oder Dom/Sub verbunden. |
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''Discipline'' weist sadomasochistische Züge auf. Im Gegensatz zu ''Discipline'' spielen Schläge bei Sadomasochisten aber eine eher untergeordnete Rolle, und es gibt eine Vielzahl anderer Praktiken, die verwendet werden, um Schmerzen zu erzeugen. Sadomasochismus wird vergleichsweise selten eigenständig praktiziert; eine Vermischung mit anderen Aspekten des BDSM ist häufig. |
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D/s kann ohne weitere BDSM-Elemente ausgelebt werden oder andere als wesentliches Element einschließen; die Dauer der Machtverschiebung reicht von einzelnen Sessions über die Integration ins Alltagsleben (sog. [[24/7]]) bis hin zu einer permanenten Unterwerfung eines Partners im Sinne des [[Total Power Exchange]] (engl. „totaler Machtaustausch“).<ref>Peter L. Dancer, [[Peggy J. Kleinplatz]], [[Charles Moser]]: ''24/7 SM slavery.'' In: ''Journal of Homosexuality.'' Band 50, Heft 2–3, 2006, S. 81–101, {{DOI|10.1300/J082v50n02_05}} (englisch)</ref> Ausgleichende Elemente für Beherrschung und Unterwerfung sind dabei Fürsorge und Hingabe, die sich jeweils ergänzen und so stabile Beziehungen ermöglichen. |
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==== Physische Aspekte ==== |
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Das Verhältnis zwischen Top und Bottom wird gelegentlich mit sogenannten „Sklavenverträgen“ besiegelt, die zwar keinerlei rechtliche Bedeutung besitzen, aber für die Beteiligten eine große emotionale und symbolische Bedeutung haben können.<ref>[[Datenschlag]]: ''{{Webarchiv |url=https://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/Sklavenvertrag.html |text=Papiertiger – Sklavenvertrag |wayback=20210117192849 |archiv-bot=2022-10-07 05:07:26 InternetArchiveBot}}''</ref><ref>Steeltoys: [https://www.steeltoyz.de/inspiration/bdsm/anleitungen-ratgeber/der-sklavenvertrag-als-muster-so-kann-er-aussehen Beispiel eines Sklavenvertrags]</ref> |
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[[Image:Wax play on back.jpg|thumb|250px|Ein mit unterschiedlichen bunten Wachsen bedeckter Rücken.]] Betrachtet man BDSM auf einer rein körperlichen Ebene, lässt sich feststellen, dass es teilweise mit der gezielten Zufügung von physischen Schmerzen und anderen intensiver Sinneseindrücke verbunden ist. Die hierdurch freigesetzten [[Endorphine]] werden in ihren Auswirkungen von BDSM-Anhängern häufig mit dem sogenannten [[Runner's High]] oder den Nachwirkungen eines [[Orgasmus]] verglichen. Dieser Zustand wird teilweise auch als [[Trance (Zustand)|tranceähnlicher]] „[[Subspace]]“ bezeichnet und wiederholt als sehr angenehm geschildert. Diese Erfahrung von [[Lustschmerz]] ist eine wichtige, aber nicht die einzige Motivation für viele BDSM-Praktizierende. Es gibt eine Minderheit von BDSM-Anhängern, die an Sessions teilnehmen, aus denen sie selbst keinerlei (körperliche) Befriedigung ziehen. Sie begeben sich ausschließlich in solche Situationen, um ihrem Partner eine Gelegenheit zu bieten, seine eigenen Bedürfnisse und/oder [[Fetischismus (Psychologie)|Fetische]] auszuleben. |
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[[Bild:Wartenbergwheel.jpg|250px|thumb|Ein typisches zur Nervenreizung verwendetes [[Wartenbergrad]].]] |
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In einigen Varianten des BDSM-Spiels setzt der dominantere Partner den Sub unterschiedlichsten Sinneseindrücken aus, indem er ihn beispielsweise kneift, beißt, mit Fingernägeln kratzt, ihm den Hintern „versohlt“ oder so unterschiedliche Instrumente wie [[Gerte|Gerten]], [[Peitsche|Peitschen]], flüssiges [[Wachs]], Eiswürfel, [[Wartenbergrad|Wartenbergräder]], [[Erotische Elektrostimulation|EMS]] oder ähnliches an ihm benutzt. Die Fixierung durch [[Seil|Seile]], [[Handschellen]] oder auch [[Kette|Ketten]] wird ebenfalls häufig eingesetzt. Die Auswahl geeigneter „Spielzeuge“ ist nur durch den Einfallsreichtum der beiden Spielpartner begrenzt; hierbei werden teilweise auch Alltagsgegenstände wie [[Wäscheklammer|Wäscheklammern]], [[Kochlöffel]] oder [[Stretchfolie|Stretchfolien]] neuen Bestimmungen zugeführt. |
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=== Sadomasochismus === |
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Häufig wird davon ausgegangen, dass eine lustvolle BDSM-Erfahrung sehr stark von Kompetenz und Erfahrung des Tops und der „psychologischen Tagesform“ des Bottom abhängig ist. Vertrauen und sexuelle Erregung helfen den Partnern, sich in die zielführende Stimmung zu versetzen. Einige BDSM-Anhänger vergleichen entsprechende Sinneseindrücke mit musikalischen Kompositionen und Aufführungen, bei denen die einzelnen Sinneseindrücke quasi die musikalischen „Noten“ der Situation darstellen. Aus dieser Sicht werden unterschiedlichste sinnliche Erfahrungen kombiniert, um so eine Gesamterfahrung zu schaffen, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt. |
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Im Teilbereich Sadomasochismus werden Praktiken angewendet, die dazu dienen, Schmerzen zu empfangen ([[Algolagnie|Lustschmerz]]) oder zuzufügen. Sadomasochismus kann eigenständig ausgeübt werden, aber wie bei den anderen Teilbereichen sind Vermischungen häufig. |
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Betrachtet man Sadomasochismus auf einer körperlichen Ebene, lässt sich feststellen, dass es mit der gezielten Zufügung von physischen Schmerzen und anderen intensiven Sinneseindrücken verbunden ist. Die hierdurch ausgeschütteten [[Endocannabinoide]] werden in ihren Auswirkungen von BDSM-Anhängern häufig mit dem sogenannten ''[[Runner’s High]]'' oder den Nachwirkungen eines [[Orgasmus]] verglichen.<ref>David M. Ortmann, Richard A. Sprott: ''Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities.'' Rowman & Littlefield Publishers, 2012, ISBN 978-1-4422-1735-5, S. 39 (englisch)</ref> |
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In einer qualitativen, explorativen Studie mit neun masochistischen Personen beschrieben diese unter anderem eine Verbindung von körperlichem Schmerz mit Hochgefühl und den Wunsch, die masochistische Erfahrung zu wiederholen. Die Autoren sahen darin ein suchtartiges Verhalten und zogen Parallelen zu Drogen- und Glücksspielsucht.<ref>Kurt & Ronel: '' Addicted to Pain.'' In: ''International Journal of Offender Therapy and Comparative Criminology.'' Ausgabe 61, Nummer 15, November 2017. PMID 26847638. [[doi:10.1177/0306624X15627804]] (englisch).</ref> |
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== Beziehungsarten == |
== Beziehungsarten == |
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[[Datei:CSD 2006 Cologne BDSM 06 (cropped).jpg|mini|Top/Bottom-Paar auf dem [[Christopher-Street-Day|CSD]] Köln 2006]] |
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=== Spielbeziehungen === |
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[[Image:Sling.jpg|thumb|250px|BDSM-typische, „Sling“ genannte Schaukel.]]Viele Anhänger des BDSM betrachten die Ausübung von BDSM in ihrem Sexualleben als [[erotisches Rollenspiel]] und sprechen in diesem Zusammenhang daher auch von ''Spiel'' und ''spielen''. Die Durchführung eines solchen Spieles bezeichnet man als „Session“, und bezogen auf den Inhalt und die Umstände des Spiels spricht man von ''Scene'' (englisch für Szene, meint auch Inszenierung). |
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Wie in der Gesamtbevölkerung gibt es innerhalb der BDSM-Szene alle denkbaren Arten von Beziehungen, die von Gelegenheitssex über Ehe bis hin zu [[Polyamorie|polyamor]] ausgelebten Beziehungsgeflechten reichen. Unterschieden werden diese Beziehungen häufig aufgrund des Anteils oder der Qualität des BDSM innerhalb der Gesamtgestaltung der Beziehung. |
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Analog dazu spricht man auch von ''Spielbeziehungen'' und meint damit zweierlei: Zum einen bezeichnet man mit diesem Begriff gewöhnliche gleichberechtigte Partnerschaften, in denen BDSM Teil oder Vorspiel der Sexualität ist. Bestehen mehrere Partnerschaften mit intensiven emotionalen Bindungen über eine längere Zeit hinweg, so kann eine Überschneidung mit der Praxis der [[Polyamorie]] bestehen. Es können mit dem Begriff ''Spielbeziehungen'' aber auch Partnerschaften gemeint sein, die ausschließlich gelegentliches gemeinsames Ausleben bestimmter sexueller Fantasien zum Ziel haben und in denen sonst kein weiteres partnerschaftliches Verhältnis besteht. |
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=== Spielbeziehungen === |
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==== Weitverbreitete Rollenmodelle ==== |
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Es gibt keine feststehende Definition dieses Begriffs. Analog zum erotischen Rollenspiel spricht man von Spielbeziehungen und meint zum einen gleichberechtigte Partnerschaften, in denen BDSM Teil oder Vorspiel der Sexualität ist, zum anderen können mit dem Begriff Spielbeziehungen aber auch [[Casual Sex|Sexbeziehungen]] gemeint sein, die ausschließlich das gemeinsame Ausleben bestimmter sexueller Fantasien zum Ziel haben. |
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=== Langfristige Beziehungen === |
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'''[[Top (BDSM)|Tops]] und [[Bottom (BDSM)|Bottom]]s''' |
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Frühe Schriften aus dem wissenschaftlichen Bereich und der BDSM-Szene erwähnen kaum langfristige Beziehungen. Die schwule [[Lederszene]] sah kurzfristige Spielbeziehungen als den einzig möglichen Weg an, um BDSM auszuleben, und empfahl, zu heiraten und die Neigung außerhalb der Ehe in Spielbeziehungen zu befriedigen. Die erste Studie, die zeigte, dass langfristig funktionierende Beziehungen mit BDSM-Elementen unter BDSM praktizierenden Personen existieren, erschien 2003. Dabei wurden 17 heterosexuelle Paare untersucht. Sie beschrieben ihr Interesse an ihren Neigungen als einen andauernden Prozess und zeigten Flexibilität und Adaption an die Interessen des Partners. |
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[[Image:Collar 01.JPG|180px|right|thumb|Vorderansicht eines typischen Halsbandes. Solche oder ähnliche Modelle werden sehr häufig von Subs getragen und dienen als Symbol der Bereitschaft zur Unterwerfung.]] Im Bereich BDSM nennt man den Partner einen ''Top'', der die ''aktive'', d.h. ''kontrollierende'' Rolle in einer häufig durch die Ausübung von Schmerz, Erniedrigung oder Unterwerfung geprägten Session hat. Der als ''Bottom'', häufiger als ''Sub'' bezeichnete Partner setzt sich für die Dauer der Session freiwillig solchen Handlungen aus und ist der ''passive'' Teil. |
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Eine perfekte Übereinstimmung bei den sexuellen Vorlieben war dabei selten, die meisten Probanden mussten einige eigene Vorlieben zurückstellen oder einige ihres Partners annehmen. Dabei gaben die meisten Paare an, nicht genug Zeit zu haben, um ihre dominante oder submissive Rolle auch im Alltag innerhalb einer sogenannten [[24/7]]-Beziehung (24 Stunden / 7 Tage pro Woche) auszuleben.<ref>Bert Cutler: ''Partner selection, power dynamics, and sexual bargaining in self-defined BDSM couples.'' The Institute for Advanced Study of Human Sexuality, San Francisco 2003 (englisch)</ref> Im Falle dieser Beziehungen geht BDSM über einen rein sexuellen Aspekt hinaus und reicht in das nicht erotisch konnotierte Alltagsleben eines Paares hinein. |
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Wenn auch der Top häufig der dominante Teil und der Bottom der devote, d.h. der unterwürfige Partner ist, muss dem nicht unbedingt so sein. Der Top ist manchmal derjenige, der den Anweisungen folgt, d.h. er „toppt“ den Bottom nach dessen Wünschen und auf eine Art und Weise, die dieser ausdrücklich verlangt hat. Eine Person, die in einer Session in diesem Sinne nur scheinbar die Kontrolle ausübt, sich in Wirklichkeit jedoch strikt an die Anweisungen des Bottoms hält, nennt man im angelsächsischen Sprachraum ''Service Top''. Im Gegensatz zum ''Service Top'' steht der rein dominante Top, der dem devoten Partner innerhalb der Session Befehle erteilen oder ihn unter Verwendung körperlicher oder psychologischer Kontrolltechniken unterwerfen kann. Wenn er es wünscht, kann er den devoten Partner auch anweisen, eine entsprechende Kontrolle vorübergehend auch über ihn selbst auszuüben. |
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=== Professionelle Dienstleistungen === |
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Ähnliches gilt umgekehrt auch für Bottoms und devote Partner. Hierbei stehen am einen Ende des [[Image:Spreader bar with cuffs.jpg|180px|thumb|Verstellbare Spreizstange mit Ledermanschetten. Spreizstangen dienen häufig der Fixierung der Extremitäten des bespielten Bottom.]]Spektrums devote Partner, die es genießen, Befehle zu empfangen und auszuführen, dem Empfang körperlicher Stimulationen jedoch gleichgültig bis ablehnend gegenüberstehen. Am anderen Ende des Spektrums steht der Bottom, der körperliche und psychologische Stimulationen genießt, sich aber der Person, die ihm diese zufügt, nicht unterwirft. Der Bottom ist häufig der Partner, der die Rahmenbedingungen festlegt und im Vorfeld Anweisungen direkt oder indirekt erteilt, während der Top sich nach diesen Anleitungen richtet. Trotzdem existiert eine sehr puristische ''Schule'' innerhalb des BDSM, die ein solches ''Topping from the Bottom'' als unvereinbar mit den hohen ethischen Standards betrachtet, die aus ihrer Sicht an BDSM-Beziehungen anzulegen sind. |
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{{Hauptartikel|Domina (BDSM)}} |
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Als Domina wird eine Frau bezeichnet, die gegen Entgelt dominante und/oder sadistische BDSM-Praktiken anbietet. Laut Prostitutionsgesetz gilt die Tätigkeit von Dominas als [[Prostitution]], weil sie zwar in der Regel keinen Geschlechtsverkehr mit ihren Kunden praktizieren, aber eine sexuelle Dienstleistung anbieten.<ref>FUMA: Fachstelle Gender und Diversität: [https://www.gender-nrw.de/sexarbeit/ ''Sexarbeit''], abgerufen am 26. Mai 2020.</ref> Die männliche Entsprechung der Domina wird als „Sado“ bezeichnet. Im selben Umfeld arbeiten professionelle Bottoms, die als „Sklavia“ oder „Zofe“ bezeichnet werden. Australische Wissenschaftler stellten fest, dass mit der Legalisierung der Prostitution in ihrem Land der Anteil BDSM-bezogener Dienstleistungen gestiegen ist.<ref>C. Seib, M. P. Dunne, J. Fischer, J. M. Najman: ''Commercial sexual practices before and after legalization in Australia.'' In: ''Arch Sex Behav.'' Band 39, Nr. 4, Aug 2010, S. 979–989. Epub 2008 Dec 30. PMID 19115101 (englisch)</ref> |
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'''[[Switch (BDSM)|Switcher]]''' |
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[[Image:Folsom 2003 bondage demo.jpg|right|thumb|300px|Demonstration mehrerer [[Shibari]]-Bondages auf einem Straßenfest.]] |
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Einige BDSM-Anhänger ''switchen'', das bedeutet, sie spielen beide sowohl die dominante als auch die devote Rolle. Sie praktizieren dies entweder innerhalb einer einzigen Session oder nehmen diese unterschiedlichen Rollen in unterschiedlichen Sessions mit unterschiedlichen Partnern ein. Die Gründe hierfür können beispielsweise darin liegen, dass sich ein ''Switcher'' in einer Partnerschaft befindet, in der sein Partner die gleiche primäre Ausrichtung wie er selbst hat (beispielsweise zwei Tops), so dass das ''Switchen'' die einzige Möglichkeit darstellt, innerhalb der Beziehung alle BDSM-Bedürfnisse erfüllen zu können. Einige Personen wechseln die Rollen, ohne sich selbst als ''Switcher'' zu betrachten, da sie es nur sehr unregelmäßig oder nur unter bestimmten Bedingungen tun. |
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== Szene, Subkultur und Gesellschaft == |
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=== Außererotischer BDSM === |
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Es existiert eine BDSM-Szene, in der sich gleichgesinnte Menschen über BDSM-relevante Themen und Probleme austauschen können. Diese Szene hat den Charakter einer [[Subkultur]], weil BDSM von der Öffentlichkeit und den Medien noch immer meist als „bizarr“, „pervers“ oder „krank“ betrachtet wird.<ref>T. E. Murray, T. R. Murrell: ''The Language of Sadomasochism: A Glossary and Linguistic Analysis.'' Greenwood, 1989, ISBN 0-313-26481-3, S. 4–6 (englisch)</ref> Da sie Unverständnis und Ausgrenzung fürchten, verbergen viele Menschen ihre Neigung vor der Gesellschaft. |
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Im Gegensatz zu solchen ''Spielbeziehungen'' stehen partnerschaftliche Beziehungen, die auch über den erotischen Bereich hinaus klar von Vorstellungen aus dem Bereich BDSM bestimmt sind. Die beteiligten Partner pflegen dabei ein entsprechendes Machtverhältnis zueinander und machen Aspekte des BDSM gemeinsam zu ihrem Lebensstil - womit man BDSM nicht mehr als rein sexuelles Phänomen bezeichnen kann. Man spricht dann von ''[[24/7]]-Beziehungen,'' hergeleitet von 24 Stunden täglich, 7 Tage in der Woche. |
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Diese Szene zeigt sich vor allem im [[Internet]] in Communitys wie [[FetLife]] oder der [[Sklavenzentrale]], in Szenemedien wie Zeitschriften und auf Veranstaltungen wie SM-Partys, Stammtischen und der Messeveranstaltung [[BoundCon]] sowie auf einigen [[Erotikmesse]]n. Mit der jährlich in Berlin stattfindenden ''[[Folsom Europe|Folsom-Europe-Parade]]'' gibt es in Deutschland eine aus der Leder-Subkultur hervorgegangene Veranstaltung, die BDSM im Rahmen öffentlicher Straßenveranstaltungen thematisiert. Auch bei den zahlreichen [[Christopher Street Day|CSD-Paraden]] ist die Szene mit Gruppen vertreten. |
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=== Professionelle Dienstleistungen === |
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[[Image:Gags bit 01.JPG|180px|thumb|Typischer im Bereich BDSM eingesetzter [[Knebel]] aus Leder, Stahl und Holz.]]Eine [[Domina (BDSM)|Domina]] bietet sexuelle Dienstleistungen aus dem Bereich BDSM entgeltlich an. Viele Dominas verstehen sich dennoch nicht als [[Prostituierte]], da es im Regelfall nicht zum Geschlechtsverkehr zwischen Domina und Kunden kommt. Die männliche Entsprechung der Domina, vorwiegend im Umfeld männlicher Homosexueller, heißt [[Sado (BDSM)|Sado]], ''Master'' oder auch ''Dominus''. |
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=== Symbole === |
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Weitaus seltener können auch die Dienste einer professionellen ''Sklavin'' oder ''Zofe'' in Anspruch genommen werden. Eine ''Zofe'' duldet gegen Bezahlung und nach Absprache dominantes Verhalten, verbale Demütigungen und dergleichen, eine ''Sklavin'' auch Fesselungen und schmerzhafte Praktiken wie [[Spanking]], Nadelung und teilweise weniger verbreitete Praktiken wie Spiele mit Kot und Urin sowie [[Analverkehr]] oder [[Anilingus]]. Beide dulden teilweise auch den Geschlechtsverkehr. |
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[[Datei:Ring der o.jpg|mini|hochkant|Der [[Ring der O]]]] |
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Zu den am weitesten verbreiteten Symbole der BDSM-Szene gehören Halsband und eine Abwandlung der [[Triskele]] innerhalb eines Kreises.<ref>Misty Luminais: ''{{Webarchiv |url=https://research.wsulibs.wsu.edu/xmlui/bitstream/handle/2376/4093/Luminais_wsu_0251E_10404.pdf?sequence=1 |text=In the Habit of Being Kinky: Practice and Resistance in a BDSM Community Texas |wayback=20141110081425 |archiv-bot=2023-03-12 23:58:27 InternetArchiveBot}}''(PDF), Washington State University, 2010, S. 121, abgerufen am 29. Mai 2020 (englisch)</ref> |
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Im nichtkommerziellen BDSM-Bereich ist der Begriff Domina unüblich. Eine Frau mit dominanten Neigungen wird als [[FemDom]], umgangssprachlich häufig auch als ''Domse'' bezeichnet. |
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Die Triskele hatte im Laufe der Zeit viele verschiedene Bedeutungen in vielen Kulturen; ihre Verwendung leitet sich im BDSM von der Beschreibung des [[Ring der O|Ringes der O]] in dem Buch ''[[Geschichte der O]]'' ab.<ref>The Emblem Projekt: ''[http://emblemproject.sagcs.net/history.html History]'' (englisch), abgerufen am 29. Mai 2020.</ref> Insbesondere in Europa ist der Ring der O als Schmuck getragenes Symbol der Zugehörigkeit zur BDSM-Szene verbreitet,<ref>[[Datenschlag]]: ''[https://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/ring_der_o.html Papiertiger – Ring der O]''</ref> findet sich aber auch in der [[Gothic (Kultur)|Gothic]]-Szene und als Modeschmuck wieder. |
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Die [[Leather-Pride-Flagge]] ist ein Symbol, das ursprünglich aus der Lederbewegung stammt, aber auch in der ganzen Szene Verwendung findet. Auf Grundlage dieser Fahne entstand die BDSM-Rights-Flagge, die in der Mitte eine Triskele trägt. Sie soll die Überzeugung ausdrücken, dass Menschen, die in ihrer Sexualität oder Beziehung Elemente des BDSM ausleben, die gleichen Grundrechte haben und nicht für den einvernehmlich praktizierten BDSM diskriminiert werden sollen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.bdsmrights.com/ |text=BDSMRIGHTS.com |wayback=20110510022233}} (englisch)</ref> |
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== Szene, Subkultur und Öffentlichkeit == |
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[[Bild:Partial suspension folsom.jpg|right|thumb|250px|Demonstration einer teilweisen Hängebondage.]] |
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Es existiert eine BDSM-Szene, in der sich gleichgesinnte Menschen über BDSM-relevante Themen und Probleme austauschen können. Diese Szene hat den Charakter einer [[Subkultur]], da BDSM von der Öffentlichkeit und den Medien noch immer meist als „bizarr“, „pervers“ oder „krank“ betrachtet wird. Weil sie Unverständnis und Ausgrenzung fürchten, verbergen viele Menschen ihre Neigung vor der Gesellschaft. |
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BDSM- und Fetisch-Motive haben sich im Alltagsleben der westlichen Gesellschaften durch so unterschiedliche Faktoren wie avantgardistische [[Mode]], [[Rap]], [[Hip-Hop]], [[Heavy Metal]], [[Science-Fiction]]-Fernsehserien und [[Spielfilm]]e immer weiter ausgebreitet und werden von vielen Menschen bereits nicht mehr bewusst mit ihren BDSM-Wurzeln in Verbindung gebracht.<ref>[[Thomas Hecken]], [[Marcus S. Kleiner]] (Hrsg.): ''Handbuch Popkultur.'' Springer, 2007, ISBN 978-3-476-05601-6, S. 87–92 (englisch)</ref><ref>Lewis Call: ''BDSM in American Science Fiction and Fantasy.'' Palgrave Macmillan, 2013, ISBN 978-0-230-34804-2, S. 28–58 (englisch)</ref> |
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Diese Szene zeigt sich vor allem im [[Internet]], in Szenemedien wie Zeitschriften und auf Veranstaltungen wie SM-Partys, Stammtischen und Erotikmessen. Mit der jährlich in Berlin stattfindenden ''[[Folsom Street Fair|Folsom-Europe-Parade]]'' gibt es in Deutschland eine aus der Leder-Subkultur hervorgegangene Veranstaltung, die BDSM im Rahmen öffentlicher Straßenveranstaltungen thematisiert. |
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=== Soziologische Aspekte === |
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Wie in den meisten Subkulturen existiert ein spezifisches Vokabular, das sich oft erst mit einigen Erläuterungen erschließt. Grundsätzlich nennt man BDSM-praktizierende Menschen „BDSMler“, „SMler“ oder „Sadomasochisten“. Neben der Unterscheidung zwischen ''Tops'' und ''Bottoms'' werden nur innerhalb bestimmter Vorstellungen aus dem Bereich ''Domination and Submission'' auch die Bezeichnung ''Sklave'' oder ''Sklavin'' gebraucht. Ebenfalls vorwiegend im Bereich ''Domination and Submission'' werden analog zu den diesen Begriffen die Begriffe ''Dom'' (bzw. ''FemDom'') und ''Sub'' verwendet. Die meisten anderen verwendeten Bezeichnungen beziehen sich zumeist auf bestimmte Gegenstände (z.B. Flogger, Andreaskreuz oder Sling) oder Praktiken (z.B. Wachsspiel, Atemkontrolle oder Bondage) und sind häufig englischsprachig. |
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==== Vorkommen ==== |
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[[Datei:Man Cuffed to Bedrail.png|mini|hochkant=0.85|Erotische Fesselspiele werden auch von Paaren praktiziert, die sich selbst nicht als BDSMler verstehen]] |
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BDSM wird von allen Schichten der Gesellschaft und allen sexuell aktiven Altersgruppen praktiziert und kommt bei jeder [[Sexuelle Orientierung|sexuellen Orientierung]] bei allen [[Geschlechtsidentität#Binäre Geschlechtsidentität|binären]] und [[Nichtbinäre Geschlechtsidentität|nichtbinären Geschlechtsidentitäten]] in unterschiedlichsten Ausprägungen und Intensitäten vor.<ref>T. E. Murray, T. R. Murrell: ''The Language of Sadomasochism: A Glossary and Linguistic Analysis.'' Greenwood, 1989, ISBN 0-313-26481-3, S. 4–5 (englisch)</ref> Diese reichen von „Fesselspielchen“ szenefremder Paare im heimischen Schlafzimmer, die sich selbst mit dem Begriff BDSM nicht bewusst in Verbindung bringen, bis hin zu inszenierten Vorführungen bei öffentlichen Großveranstaltungen, wie beispielsweise auf den international in mehreren Großstädten stattfindenden Folsom-Paraden. |
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Zur Unterscheidung von dominanten und devoten Personen werden vor allem im Internet die Namen ([[Pseudonym]]e, [[Nickname]]s) häufig in großen (für dominant) und kleinen (für submissiv) Anfangsbuchstaben geschrieben. Dadurch wird symbolisch der dominante Part hervorgehoben und der submissive, devote unter den dominanten gestellt. |
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Neuere Untersuchungen zum Thema Verbreitung von BDSM-Fantasien und -Praktiken schwanken erheblich in der Bandbreite ihrer Ergebnisse. Zusammenfassend lässt sich jedoch feststellen, dass die Autoren davon ausgehen, dass zwischen 2 % und 62 % der Bevölkerung regelmäßig Sexualpraktiken ausüben, die mit der Lust an Schmerzen bzw. mit Macht und Ohnmacht oder entsprechenden Fantasien zusammenhängen. Die niedrigste Zahl stammt aus einer australischen Studie mit 19.307 an BDSM interessierten Teilnehmern, von denen 2,2 % der Männer und 1,3 % der Frauen angaben, im letzten Jahr an BDSM-bezogen Aktivitäten beteiligt gewesen zu sein.<ref>Richters, Visser, Rissel, Grulich, Smith: ''Demographic and Psychosocial Features of Participants in Bondage and Discipline, “Sadomasochism” or Dominance and Submission (BDSM): Data from a National Survey.'' In: ''Journal of Sexual Medicine.'' Ausgabe 5, 2008, S. 1660–1668 online verfügbar unter [https://www.researchgate.net/publication/5521485_Demographic_and_Psychosocial_Features_of_Participants_in_Bondage_and_Discipline_Sadomasochism_or_Dominance_and_Submission_BDSM_Data_from_a_National_Survey Researchgate.net] (englisch)</ref> Der Bevölkerungsanteil mit entsprechenden Phantasien lag in einer kanadischen Studie von 2015 bei 62 %; 64,6 % der Frauen und 53,3 % der Männer hatten Fantasien, in denen sie sexuell dominiert wurden, 46,7 % der Frauen und 59,6 % der Männer gaben an, davon zu fantasieren, jemanden sexuell zu dominieren.<ref>Joyal: ''What Exactly Is an Unusual Sexual Fantasy?'' In: ''Journal of Sexual Medicine.'' Band 12, Nr. 2, 2015, S. 328–340 online verfügbar unter [https://www.researchgate.net/publication/267627883_What_Exactly_Is_an_Unusual_Sexual_Fantasy Researchgate.net] (englisch)</ref><ref>Eine weitere ausführliche Sammlung unterschiedlichster wissenschaftlicher Studien findet sich unter [http://www.daten-schlag.org/txt/statistik.html ''Datenschlag: Nackte Fakten – Statistik für Zahlenfetischisten.'']</ref> |
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===Symbole=== |
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[[Bild:Ring_der_o.jpg|right|thumb|180px|[[Ring der O]] als ''Finger-Ring''.]] |
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BDSM- und Fetisch-Motive haben sich im Alltagsleben der westlichen Gesellschaften durch so unterschiedliche Faktoren wie avantgardistische [[Mode]], [[Rap]], [[Hip-Hop]], [[Heavy Metal]], [[Science Fiction]]-TV-Serien und [[Spielfilm]]e immer weiter ausgebreitet und werden von vielen Menschen bereits nicht mehr bewusst mit ihren BDSM-Wurzeln in Verbindung gebracht. Die Verwendung von [[Piercing|Intimpiercings]] ist mittlerweile, nachdem sie noch in den 80er Jahren überwiegend auf die [[Punk]]- und BDSM-Szene beschränkt war, ebenfalls nicht mehr rein szenentypisch, sondern in weiten Bevölkerungskreisen verbreitet. |
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Laut einer Konsumentenbefragung 2005 von 317.000 Personen in 41 Ländern verwendeten rund 20 % der weltweit Befragten bereits einmal Masken, Augenbinden oder sonstige Bondage-Utensilien, 5 % bekannten sich ausdrücklich zu Sadomasochismus; im Jahr zuvor bekannten sich weltweit 19 % der Befragten zu praktiziertem Spanking und 22 % zum Gebrauch von Augenbinden und/oder Handschellen.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.durex.com/cm/gss2005results.asp |text=''Durex Global Sex Survey 2005'' |wayback=20090315002702}}, S. 15 (englisch)</ref><ref>{{Webarchiv |url=http://www.durex.com/cm/gss2004result.pdf |text=''Durex Global Sex Survey 2004'' |wayback=20060409075701}}, S. 14 (englisch)</ref> Insbesondere das Erscheinen des Buches ''[[Shades of Grey|50 Shades of Grey]]'' 2011 führte zu einem gesteigerten Interesse an BDSM-Praktiken. |
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Die ''Leather-Pride-Flagge'' ist ein Symbol, das neben der Lederbewegung auch immer häufiger für die BDSM-Szene – ''neben dem Ring der O'' – steht. Das im angelsächsischen Raum verbreitete [[Triskelion]] ist in den deutschsprachigen Ländern hingegen eher selten anzutreffen, hat aber auch gerade auf Grund dieser geringeren Verbreitung eine höhere Signalwirkung als der beispielsweise auch in der [[Gothic]]-Szene und als Modeschmuck verbreitete ''Ring der O''. |
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Vor der Premiere der Verfilmung im Jahre 2015 warnte die Londoner Feuerwehr vor dem ''Shades-of-Grey-Effekt'' und rechnete mit einem Anstieg der Einsätze, um Menschen aus Handschellen oder ähnlichen Notlagen zu befreien. Die Sexunfälle dokumentierte die Feuerwehr unter dem Hashtag ''Shades of Red''.<ref>Tagesspiegel.de vom 13. Februar 2015: [https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/feuerwehr-von-london-erwartet-sexunfaelle-der-fifty-shades-of-grey-effekt/11371662.html ''Feuerwehr erwartet Sexunfälle''], abgerufen am 1. Juni 2020.</ref> Englische Baumärkte bereiteten sich ebenfalls auf eine verstärkte Nachfrage vor und stockten ihre Vorräte an Kabelbindern, Seilen und Klebeband auf. Zusätzlich gaben sie ihren Mitarbeitern eine Handreichung, um auf Anfragen dieser speziellen Kundengruppe antworten zu können.<ref>[https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/fifty-shades-of-grey-und-die-folgen-baumarktmitarbeiter-in-england-zur-hoeflichkeit-angehalten/11352738.html ''50 Shades of Grey und die Folgen: Baumarktmitarbeiter zur Höflichkeit angehalten.''] tagesspiegel.de, 10. Februar 2015, abgerufen am 1. Juni 2020.</ref> |
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==== Teilgruppen nach Orientierung ==== |
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Entgegen dem von vielen BDSMlern gepflegten Ideal einer toleranten, inkludierenden und pansexuellen Szene, die es in einigen virtuellen und lokalen Communities tatsächlich gibt, trennt sich die Subkultur in verschiedene Teilgruppen.<ref>Davy, Santos, Bertone, Thoreson, Wieringa: ''The SAGE Handbook of Global Sexualities.'' SAGE, 2020, ISBN 978-1-5264-2412-9. Vgl. Abschnitt Subsets of BDSM Communities (englisch)</ref> So ist eine deutliche Trennlinie zwischen hetero- und homosexuell ausgelebten Orientierungen sichtbar, die bei Veranstaltungen ersichtlich wird, an denen überwiegend Heterosexuelle oder aber Schwule und Lesben teilnehmen, gemischte Gruppen jedoch viel seltener vorkommen. |
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[[Bild:Piercing-Barbell-Nipple.jpg|thumb|180px|Brustwarzenpiercing. Intimpiercings sind mittlerweile nicht mehr nur im BDSM-Bereich verbreitet.]] Es existieren zahlreiche Vorurteile, Klischees und Stereotypen bezüglich des BDSM in der Öffentlichkeit. |
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Dies zeigt eine deutlich wahrnehmbare Unterscheidung der Szene in [[heteronormativ]]e Lebensstile und eine Marginalisierung der alternativen [[LGBT]]I*-Community innerhalb der BDSM-Szene. In ihrer historischen Entwicklung haben schwul-lesbische und [[queer]]e BDSMler eigene, auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Subkulturen entwickelt und möchten diese nicht zugunsten einer anderen, heterosexuell zentrierten Teilgruppe aufgeben. Einige BDSMler bewegen sich zwischen diesen Teilgruppen, aber in der Praxis erscheint die als neutral definierte BDSM-Szene als überwiegend auf Heterosexuelle ausgerichtet.<ref>Margot Weiss: ''Techniques of Pleasure: BDSM and the Circuits of Sexuality.'' Duke University Press, 2011, ISBN 978-0-8223-5159-7 (englisch)</ref><ref>Staci Newmahr: ''Playing on the Edge: Sadomasochism, Risk, and Intimacy.'' Indiana University Press, 2011, ISBN 978-0-253-22285-5 (englisch)</ref> |
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Keine Seltenheit sind Missverständnisse, die daraus resultieren, dass „Vanillas“ nicht wie BDSMler zwischen dem wirklichen Leben und dem Praktizieren von BDSM unterscheiden. So gehen manche davon aus, dass Submissive im BDSM auch im sonstigen Leben gerne Schmerz und Erniedrigung erfahren würden, und dass Dominante im Alltagsleben auch wie im BDSM dominant sein würden. Umgekehrt behauptet ein anderer Mythos, Submissive und Dominante würden im BDSM genau das Gegenteil ihres echten Lebens praktizieren - so wären die Kunden von Dominas meist erfolgreiche Geschäftsmänner. Beide Positionen sind jedoch falsch, zwischen der Stellung im Alltag und im BDSM-Spiel besteht meist kein Zusammenhang. |
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[[Bild:Ponygirl folsom2005.jpg|thumb|180px|Pony-Girl vor einem Wagen, ''[[Petplay]]'' auf der ''Folsom Parade'' 2005.]] |
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Aus der BDSM-Praxis kennen viele Personen vor allem das Erkaufen sadomasochistischer Dienstleistungen von Dominas durch männliche Kunden, hieraus entspringen ebenfalls viele Klischees. Ein weiteres verbreitetes Klischee geht davon aus, dass innerhalb des BDSM Frauen grundsätzlich den Mann dominieren, was jedoch nicht zwingend der Fall ist; ebenso wird BDSM häufig auf körperlichen Schmerz meist grober Natur reduziert, ohne den vielen unterschiedlichen Spielweisen gerecht zu werden, die auf anderen Effekten beruhen. Neben dem Klischee der peitscheschwingenden Domina stellt der in Leder gekleidete Sadomasochist ein ebenfalls weitverbreitetes Rollenklischee dar. |
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==== Geschlechterverteilung und -unterschiede ==== |
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Während es immer wieder zu Überschneidungen mit unterschiedlichsten Formen des Fetischismus kommen kann, besteht entgegen landläufiger Meinung kein zwangsläufiger Zusammenhang zwischen BDSM und Fetischen wie zum Beispiel Latex, Lack und Leder. Das häufige Vorkommen derartiger Kleidungsstücke lässt sich teilweise mit der Funktion als quasi-formalisierter Dresscode erklären. Die relative Offenheit gegenüber alternativen sexuellen Lebensstilen führt dazu, dass Fetischismus im Umfeld von BDSM häufig wesentlich offener ausgelebt wird als in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen. |
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Die Geschlechterunterschiede und persönlichen Merkmale von BDSMlern wurden in jüngerer Zeit untersucht. Wismeijer und van Assens Studie von 2013 zeigten, dass die Identifizierung mit der Rolle und dem Geschlecht stark und bedeutsam sind. Dabei waren nur 8 % der Frauen, die sich als dominant verstanden, im Gegensatz zu 75 %, die sich als submissiv definierten.<ref>Wismeijer, van Assen: ''Psychological Characteristics of BDSM Practitioners'' in The Journal of Sexual Medicine, 2013, Ausgabe 10 Band 8, S. 1943–1952 [[doi:10.1111/jsm.12192]]. PMID 23679066 (englisch)</ref> In der Studie von Hébert und Weaver von 2014 zeigten sich ähnliche Anteile, hier waren 9 % der Frauen dominant und 88 % der Frauen submissiv,<ref>Hébert, Weaver: ''An examination of personality characteristics associated with BDSM orientations.'' In: ''The Canadian Journal of Human Sexuality.'' Ausgabe 24, Nr. 1, 2004, S. 49–62. [[doi:10.3138/cjhs.2467]] (englisch)</ref> während 2017 bei Weierstall und Giebel 19 % der Frauen dominant und 74 % der Frauen submissiv waren. |
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Sie schlossen daraus, dass Männer häufiger zu dominanten Praktiken neigen, während Frauen die submissive Rolle bevorzugen.<ref>Roland Weierstall, Gilda Giebel: ''The Sadomasochism Checklist: A Tool for the Assessment of Sadomasochistic Behavior.'' In: ''Archives of Sexual Behavior.'' Band 46, Ausgabe 3, 2017, S. 735–745. PMID 27488306 (englisch)</ref> Diese Folgerung deckt sich mit einer Studie von 2015, die zeigte, dass Frauen insgesamt dominante Männer bevorzugen; und für kurzfristige Beziehungen und Sex nicht nur dominante, sondern darüber hinaus sogar aggressive Partner wählen. Ebenso zeigten Untersuchungen der Unterschiede der sexuellen Fantasien, dass Frauen submissive und passive gegenüber dominanten und aktiven Fantasien vorziehen; die Fantasien haben dabei häufig Zwang und Vergewaltigung zum Inhalt.<ref>Wilson: ''The Sex Fantasy Questionnaire: An update.'' In: ''Sexual and Relationship Therapy.'' Ausgabe 25, Nummer 1, 2010, S. 68–72 (englisch)</ref> |
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==== Frauen und Masochismus ==== |
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Ein weiteres weitverbreitetes Vorurteil ergibt sich daraus, dass man im BDSM nur die Ausübung körperlicher und geistiger Gewalt sieht, während eine tiefe emotionale Verbundenheit zwischen den beteiligten Partnern für viele Außenstehende angesichts einer oberflächlich als bloße Gewalt erscheinenden Handlung zunächst nicht vorstellbar erscheint. |
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Während die meisten Außenstehenden annehmen, dass Frauen sich selbst überproportional häufig als submissiv oder masochistisch definieren, kam [[Roy Baumeister]] in einer Studie von 2010 zu anderen Ergebnissen; seiner Ansicht nach sollten keine Vermutungen bezüglich [[Gender]] und der masochistischen Rolle im BDSM gemacht werden. Eine Erklärung dafür, dass die Gesellschaft solche Vorstellungen annimmt, sind kulturelle und soziale Vorstellungen der Weiblichkeit. Masochismus kann sogar einige dieser typischerweise weiblichen Stereotype durch die [[Feminisierung (BDSM)|Feminisierung]] von Männern oder durch betont weibliche Kleidung annehmen. Solche Vorstellungen der submissiven, masochistischen Rolle sollten jedoch nicht als Verbindung zwischen derselben und einer stereotypischen weiblichen Rolle interpretiert werden; masochistische Rollen beinhalten keine dieser Vorstellungen.<ref>[[Roy Baumeister]]: ''Gender differences in masochistic scripts.'' In: ''Journal of Sex Research.'' Band 25, Ausgabe 4, 1988, S. 478–499 (englisch)</ref> |
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Die Psychologin und Anthropologin Prior argumentiert, dass, auch wenn Frauen sich anscheinend in traditionellen und submissiven Rollen bewegen, BDSM es ihnen und den dominanten Frauen erlaubt, ihre eigene Stärke durch ihre sexuelle Identität auszudrücken und zu erleben. In einer Studie von 2013 definierte sich die Mehrzahl der Frauen als ''Bottom'', ''Sub'', Gefangene oder (Sex-)Sklavin, ohne dass dies einen Bruch mit ihrer feministischen Haltung darstellte. Tatsächlich hätten die Frauen die Wahrnehmung, dass ihre feministische Identität durch ihre gewählte Rolle noch bestärkt wurde. Für sie sind diese Rollen sexuell und emotional befriedigend. Prior stellte fest, dass die [[Feminismus#Dritte Welle|dritte Welle des Feminismus]] es ermöglichte, dass BDSMlerinnen ihre Sexualität ausdrücken können, ohne den Idealen des Feminismus zu widersprechen; sie empfinden sich selbst als integrierte, ausgeglichene und starke Frauen.<ref>Prior: ''Women’s Perspectives of BDSM Power Exchange.'' In: ''Electronic Journal of Human Sexuality.'' Ausgabe 16, 2013 (englisch)</ref> |
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Da der Begriff BDSM mehrere, in ihren möglichen Ausprägungen zum Teil sehr unterschiedliche Teilaspekte umfasst und diese bei Einzelnen in sehr verschiedenen Schwerpunkten vorkommen, ist das Spektrum der auftretenden Interessen und Persönlichkeiten sehr groß und ausgesprochen uneinheitlich. Aufgrund mangelnder Informationen in der Gesamtbevölkerung führt dies, zusammen mit weitverbreiteten Vorurteilen immer wieder häufig dazu, dass Handlungen und Aussagen einzelner BDSM-Praktizierender zugleich allen anderen zugeschrieben werden. |
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=== Vorurteile und Kritik === |
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[[Datei:Dtrix.jpg|mini|hochkant|Stereotypische Darstellung einer Domina]] |
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''Hauptartikel: [[Coming-out]]'' |
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Wie bei allen anderen sexuellen Minderheiten existieren zahlreiche Vorurteile, Klischees und Stereotype bezüglich BDSM in der Gesellschaft. Diese Vorurteile werden insbesondere durch eine [[Wertkonservatismus|wertkonservative Haltung]] begünstigt, die BDSM mit Kriminalität, Krankheit und nicht heteronormativen Verhaltensweisen verbinden. Ebenfalls kann die Ablehnung nicht-reproduktiver Sexualität zu solchen Vorstellungen führen.<ref>Carmen M. Cusack: ''Criminal Justice Handbook on Masculinity, Male Aggression, and Sexuality.'' Charles C Thomas Publisher, 2015, ISBN 978-0-398-08146-1, S. 44 (englisch)</ref> |
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[[Image:Bondage cuffs (metal) photomodel Ina.jpg|thumb|180px|An einer Kette befestigtes Bondagearmband aus Leder und Stahl.]][[Bild:BDSM-triskele.png|right|thumb|180px|Das BDSM-Triskelion dient vor allem im US-amerikanischen Raum häufig als Erkennungssymbol.]] Bei einigen Personen, die sich von durch den Begriff BDSM umschriebenen Situationen angezogen fühlen, kommt es im Laufe ihres Lebens zum so genannten Coming-out. Während sich Homosexuelle auch in der Öffentlichkeit zunehmend zu ihrer sexuellen Ausrichtung bekennen, halten sich Sadomasochisten noch immer vergleichsweise bedeckt. Obwohl je nach Erhebungsbasis etwa 5 bis 25 Prozent der US-amerikanischen Bevölkerung entsprechende Neigungen aufweisen<ref>Janus, Samuel S. / Janus, Cynthia L., 1993 ''The Janus Report on Sexual Behavior'', Wiley, New York</ref> <ref name="elliott">Elliott, Leland / Brantley, Cynthia, ''Sex on Campus'', 1997, Random House, New York</ref>, sind abgesehen von einigen Künstlern so gut wie keine Prominenten als Sadomasochisten bekannt. |
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Ein typisches Problem ist zum Beispiel, dass es für Außenstehende häufig nicht erkennbar ist, ob es sich um einvernehmlich ausgeübte Sexualpraktik oder Gewalt handelt.<ref>Victor Canning: ''QuerVerbindungen.'' LIT Verlag, 2008, ISBN 978-3-8258-8879-4, S. 85.</ref> Es ist auch durch bloßes Ansehen einer Handlung, beispielsweise einer Vorführung oder einer Filmszene, nicht möglich zu erkennen, ob es sich für die Beteiligten um eine Inszenierung mit abgesprochenen Regeln handelt oder nicht.<ref>R. Chamberlain: ''“Prejudice” in Sex and Society.'' Marshall Cavendish Corporation, 2010, ISBN 978-0-7614-7905-5, S. 736 (englisch)</ref> |
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Ein entsprechendes Bekanntwerden der eigenen Neigungen kann für Sadomasochisten noch immer verheerende berufliche und gesellschaftliche Auswirkungen haben ([[Persona Non Grata]]). Die Ursache hierzu sehen einige Autoren in einer Mischung aus mangelnder Aufklärung der Öffentlichkeit, reißerischer Berichterstattung in den Medien und der massiven Kritik seitens einiger [[Feminismus|Feministinnen]], deren Aufrufe zu Gesetzesverschärfungen Anhänger von BDSM beispielsweise in der Schweiz an den Rand der Legalität drängen. Innerhalb feministischer Kreise lässt sich die Auseinandersetzung zwischen ''sadophoben'' und solchen Feministinnen mit einer BDSM gegenüber neutralen bis positiven Grundhaltung bis in die 1970er Jahre zurückverfolgen (vgl.[[Samois]]). Auch Beispiele wie der [[Spanner Case]] in Großbritannien zeigen, dass eine [[Stigmatisierung]] der Betroffenen als Illegale möglich ist. Hier ist ein wichtiger Unterschied zu der nur ansatzweise vergleichbaren Situation Homosexueller zu sehen. Der im Einzelfall entstehende Leidensdruck wird in der Regel öffentlich weder thematisiert noch zur Kenntnis genommen, führt jedoch oft zu einer schwierigen psychologischen Situation, in der die Betroffenen einem hohen emotionalen Stress ausgesetzt sind.<ref name="moser">Charles Moser, in ''Journal of Social Work and Human Sexuality'' 1988, (7;1, S.43-56)</ref> |
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Viele Menschen kennen aus den Medien und Pornofilmen das Erkaufen sadomasochistischer Dienstleistungen von Dominas durch männliche Kunden; hieraus entspringen ebenfalls viele Klischees, beispielsweise das des erfolgreichen Mannes, der sich nachts von einer Domina quälen lässt.<ref>Womenshealth ''[https://www.womenshealth.de/love/sex/eine-domina-erklaert-was-bdsm-wirklich-ist/ Eine Domina erklärt…]'' 1. Juni 2018, abgerufen am 31. Mai 2020.</ref> Neben dem Klischee der peitschenschwingenden Domina stellt der in Leder gekleidete Sadomasochist ein ebenfalls weitverbreitetes Rollenklischee dar, das vor allem aus Filmszenen und Bildern der Lederszene herrührt. |
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Die erste Phase des „Sich-bewusst-Werdens“ oder das „Sich-Selbst-Eingestehens“ stellt die Erkenntnis oder aber auch die Entscheidung dar, dass man für BDSM-Szenarien offen ist, bzw. entsprechende Bedürfnisse klar für sich selbst einordnen kann. Sie wird auch als inneres Coming-out bezeichnet. Bei zwei durchgeführten Befragungen kommen die Autoren voneinander unabhängig zu dem Ergebnis, dass sich 58 Prozent <ref>Spengler, Andreas: ''Sadomasochisten und ihre Subkulturen'', Campus Verlag, 1979, Frankfurt am Main / New York</ref>, bzw. 67% <ref> http://www.datenschlag.org/umfrage/dpb1_ergebnisse.html</ref> |
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der Gesamtstichprobe bis zum 19. Lebensjahr über ihrer sexuelle Veranlagung bewusst geworden waren. Andere Befragungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. |
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Tatsächlich wurde in einer 2008 durchgeführten Studie mit 3058 Mitgliedern der BDSM-Szene aus verschiedenen Ländern ermittelt, dass 37,5 % der Teilnehmenden schon ein- oder mehrmals Opfer von Diskriminierung, Belästigung oder Vorurteilen wurden.<ref>Susan Wright: ''[https://secureservercdn.net/198.71.233.68/9xj.1d5.myftpupload.com/wp-content/uploads/2019/12/Violence-Discrimination-Against-Sexual-Minorities-Survey.pdf Second National Survey of Violence & Discrimination Against Sexual Minorities 2008]'' (PDF; 308 kB) (englisch)</ref> |
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Unabhängig vom Alter kann das Coming-out manchmal in eine Lebenskrise führen, die sich bis hin zu Selbsttötungsabsichten oder realisierter [[Suizid|Selbsttötung]] steigern kann. Im Gegensatz zu den durch Homosexuelle in jahrzehntelanger Arbeit aufgebauten Netzwerken existiert ein rein sadomasochistisches Beratungsnetz in Deutschland erst<ref>vgl. Eva Daschek und Axel Konrad: ''Empirische Untersuchung über den Zusammenhang zwischen ausgewählten Faktoren und inklinierendem sexuellem Sadomasochismus'', online unter [http://www.schlagabtausch-hd.de/sm-studie.php sm-studie]</ref> in Ansätzen, auch hier spielt das Internet als erste Anlaufstelle eine wichtige Rolle. Die Situation in den USA zeigt, dass das Internet auch hier einen wichtigen Beitrag zur Vernetzung der Beteiligten spielt. Die dortige Organisation Kink Aware Professionals (KAP) bietet hilfesuchenden BDSM-Anhängern die Möglichkeit, Kontakte zu Ärzten, Psychologen und Juristen zu finden, die mit den Besonderheiten der Thematik vertraut sind und dem Thema offen gegenüberstehen. |
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==== Feministische Kritik ==== |
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Auch in Deutschland finden sich mittlerweile erste entsprechende Vernetzungen, beispielsweise über die entsprechende Initiative des BDSM Berlin e.V. Auch die von SMart Rhein-Ruhr e.V. und maydaySM e.V. angebotenen BDSM-Notfalltelefone bietet Menschen, die im Zusammenhang mit BDSM in Not geraten sind, erste Hilfestellung und Beratung. Jugendlichen die sich für die Thematik BDSM interessieren steht in vielen deutschen Städten die auf Jugendarbeit spezialisierte Gruppe [[Smjg|SMJG]] als Ansprechpartner zur Verfügung. |
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In den 1970er Jahren entstand in den USA die [[Feminismus#Radikalfeminismus|radikalfeministische]], anti-pornografische Aktivistinnengruppe [[Women Against Violence in Pornography and Media]] (dt. ''Frauen gegen Gewalt in Pornografie und Medien''), die BDSM als ritualisierte Gewalt gegen Frauen zutiefst ablehnte und bekämpfte.<ref>[http://content.cdlib.org/view?docId=tf1v19n4tx&doc.view=entire_text ''Guide to the Women Against Violence in Pornography and the Media Records, 1977–1983.''] The Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender Historical Society, 1999 (englisch)</ref> Diese standen [[Samois]] gegenüber, einer Organisation, die sich für die Rechte lesbischer BDSMlerinnen einsetzte.<ref>Zur generellen Rolle von Frauen in der sadomasochistischen Subkultur vgl. z. B. die ausführliche Darstellung bei Breslow u. a.: ''On the Prevalence and Roles of Females in the Sadomasochistic Subculture: Report of an Empirical Study.'' In: ''Archives of Sexual Behaviour.'' 14/1985, S. 303–317. Nachgedruckt in Thomas S. Weinberg (Hrsg.): '' S&M – Studies in Dominance and Submission.'' Prometheus Books, New York 1995, ISBN 0-87975-978-X (englisch)</ref> |
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Die heftig geführten Auseinandersetzungen zwischen den Radikalfeministinnen und den [[Sex-positiver Feminismus|sex-positiven Feministinnen]] mündeten in den [[Feminist Sex Wars]] (dt. ''Sex-Krieg der Feministinnen''),<ref>Emma Healey: ''Lesbian Sex Wars.'' Virago, 1996, ISBN 1-86049-230-4 (englisch)</ref> die bis heute andauern (vgl. hierzu auch [[Femdom|Feminismus und Femdom]]). Im deutschsprachigen Raum wurde die radikalfeministische Position gegen Pornografie und Gewalt u. a. von [[Alice Schwarzer]] aufgegriffen, die 1987 die [[PorNO-Kampagne]] initiierte. Sie kritisiert die Vermischung von Sexualität und Gewalt und lehnt jede Form des BDSM strikt ab.<ref>[[Alice Schwarzer]]: ''Weiblicher Masochismus ist Kollaboration!'' In: ''EMMA.'' Band 2, 1991.</ref> Diese Position, die auch von anderen Feministinnen geteilt wird, wird kritisiert, weil sie zum einen die Existenz [[Femdom|weiblicher Dominanz]] negiert und zum anderen sadomasochistische Frauen von der Frauenbewegung entfremdet hat.<ref>Kathrin Passig, Ira Strübel: ''Die Wahl der Qual.'' Rowohlt Verlag, 2000, ISBN 3-499-60944-4, Kapitel 5 ''Dürfen die das? – Die Rechtsablage'', Abschnitt ''Exkurs: Die PorNO-Kampagne in Deutschland.''</ref> Die Kampagne wird immer wieder neu aufgelegt, zuletzt 2007. |
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==== BDSM und Faschismus ==== |
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Nachdem sich in den USA und in Großbritannien mit der ''National Coalition for Sexual Freedom (NCSF)'', bzw. der ''Sexual Freedom Coalition (SFC)'' erste Interessenvertretungen gebildet haben, die es sich zur Aufgabe machen, proaktive Öffentlichkeitsarbeit zum Thema BDSM zu betreiben, zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung auch im deutschsprachigen Raum ab. Hierbei treten nach außen hin häufig die größeren regionalen Vereine wie BDSM Berlin und SMart Rhein-Ruhr, aber auch die 2003 gegründete [[Bundesvereinigung Sadomasochismus e.V.]] mit der Entwicklung von Informationsmaterial und Pressearbeit in Erscheinung. Mit der seit 1996 betriebenen Website und Mailingliste [[Datenschlag]] entstand im Internet die weltweit größte [[Bibliographie]], sowie eine der ausführlichsten historischen Quellensammlungen zum Thema BDSM. |
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Verschiedene Historiker, darunter [[William L. Shirer]], sahen eine Verbindung zwischen dem [[Nationalsozialismus]] und sexueller [[Devianz]]; so beschreibt er in ''[[Aufstieg und Fall des Dritten Reiches]]'' den Verleger des ''[[Der Stürmer|Stürmer]]'' [[Julius Streicher]] als einen notorischen Perversen und verdorbenen Sadisten, der ständig eine Peitsche bei sich trug. Am anderen Ende des sadomasochistischen Spektrums verortet er [[Adolf Hitler]] mit einer masochistischen Neigung, von einer liebenden Frau beherrscht zu werden.<ref>Laura Frost: ''Sex Drives: Fantasies of Fascism in Literary Modernism.'' Cornell University Press, 2002, ISBN 0-8014-3894-2, S. 28 ff. (englisch).</ref> Insbesondere in der feministischen lesbischen Betrachtung des BDSM wird eine Verbindung zwischen Sadomasochismus und [[Faschismus]] diskutiert. |
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Ausgelöst wurde diese Diskussion durch den 1975 erschienenen Beitrag ''Fascinating Fascism'' von [[Susan Sontag]],<ref>[[Susan Sontag]]: [http://marcuse.faculty.history.ucsb.edu/classes/33d/33dTexts/SontagFascinFascism75.htm ''Fascinating Fascism.''] In: ''ucsb.edu.'' 6. Februar 1975, abgerufen am 30. September 2020 (englisch; Kopie).</ref> in dem sie sich unter anderem mit der sexualisierten Erotik in [[Leni Riefenstahl]]s Werk beschäftigt. Sontag sieht eine natürliche Verbindung zwischen BDSM und Faschismus. Irene Reti argumentiert später, dass BDSM-Techniken wie Bestrafung, Disziplinierung und Erniedrigung direkt von angewandten [[Nationalsozialismus|Nazi]]-Praktiken importiert wurden.<ref>Ariane Cruz: ''The Color of Kink: Black Women, BDSM, and Pornography.'' New York University Press, 2016, ISBN 978-1-4798-2746-6, S. 40–49 (englisch).</ref> |
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Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in Israel der von dem Auschwitz-Überlebenden [[Yehiel Feiner]] geschriebene Roman ''House of Dolls'' (dt. Haus der Puppen), in dem weibliche Lagerhäftlinge zu sexuellen Diensten gezwungen werden. Der Erfolg des Buches gilt als literarischer Türöffner für die semipornografischen Stalagim, ein [[Naziploitation]]-Genre, in dem insbesondere erotisch sexualisierte Brutalitäten durch weibliche SS-Lagerwachen betont werden. 1969 wurde mit ''Love Camp 7'' der erste Naziploitation-Film in den USA gedreht, es folgten Filme wie ''[[Ilsa, She Wolf of the SS]]'' (1975). |
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=== SM-Partys === |
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Die Kritikerin Lynn Rapport bezeichnet dieses Genre als ''Holocaust Pornography'' und weist darauf hin, dass in solchen Filmen die Verbindung zwischen Nazi-Ikonographie, politischer Ideologie und Gewalt mit Sexualität hergestellt wird.<ref name="Pollard 2019:xxx">Tom Pollard: ''Sadomasochism, Popular Culture and Revolt, A Pornography of Violence.'' Routledge, 2019, ISBN 978-0-367-21759-4, S. ?? (englisch).</ref><!--SEITE ?--><ref>Isabel Kershner: [https://www.nytimes.com/2007/09/06/world/middleeast/06stalags.html ''Jerusalem Journal Israel’s Unexpected Spinoff From a Holocaust Trial.''] In: ''[[The New York Times]].'' 6. September 2007, abgerufen am 30. September 2020 (englisch).</ref> |
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[[Bild:Andreaskreuz mit Model Monique.jpg|right|thumb|BDSM-Szene: Junge Frau am Andreaskreuz.]] SM-Partys sind Veranstaltungen, auf denen sich gleichgesinnte BDSM-Anhänger und Interessierte treffen, um zu feiern und zu „spielen“. |
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In dem 1975 von [[Pier Paolo Pasolini]] inszenierten Film ''[[Die 120 Tage von Sodom (Film)|120 Tage von Sodom]]'', einer Verfilmung des gleichnamigen Buchs von de Sade, wird durch die Ansiedlung der Handlung in einem fiktiven faschistischen Staat eine direkte Verbindung von Folter, Vergewaltigung und Mord mit sadomasochistischen Motiven hergestellt.<ref>Kriss Ravetto: ''Unmaking of Fascist Aesthetics.'' University of Minnesota Press, Minneapolis 2001, ISBN 0-8166-3743-1, S. 120–127 (englisch).</ref> Innerhalb der Szene werden diese Assoziationen weitgehend negiert, dennoch gibt es, insbesondere in Verbindung mit Uniformfetischen, erotische Nazi-Rollenspiele und Pornografie, in der diese Fantasien thematisiert werden.<ref>Adam Geczy, Vicki Karaminas: ''Queer Style.'' Bloomsbury Academic, 2013, ISBN 978-1-84788-736-8, Kapitel ''Military Uniforms and the Gestapo'' (englisch).</ref><ref>Alison M. Moore: ''Sexual Myths of Modernity: Sadism, Masochism, and Historical Teleology.'' Lexington Books, 2015, ISBN 978-0-7391-3077-3, S. 176–177 (englisch).</ref> |
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==== Kontroversen innerhalb der Subkultur ==== |
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SM-Partys haben oft die Gestalt von Partys der [[Schwarze Szene|Schwarzen Szene]], mit mehr oder minder striktem Dress-Code, d.h., Zutritt haben nur Personen, deren Outfit den Vorgaben des Veranstalters entspricht. In der Regel versteht dieser darunter frivole Kleidung bzw. Teilbekleidung aus Lack (PVC), Leder, Latex, Vinyl, Lycra usw., die körperbetonend wirkt bzw. die sekundären Geschlechtsmerkmale besonders betont. Ziel solcher Dresscodes ist, eine erotisierende Stimmung zu erzeugen und sich mit dem Thema BDSM nur schwach identifizierende Spanner fernzuhalten. [[Minderjährigkeit|Minderjährige]] haben keinen Zutritt. |
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Innerhalb der BDSM-Szene gibt es einige kontrovers geführte Diskussionen, insbesondere geht es dabei um Begrifflichkeiten, Abgrenzungen und Rollenbilder. Beispielsweise wird die Frage, ob es sich bei sadomasochistischen Praktiken um [[Gewalt]] handelt oder nicht, unterschiedlich beantwortet. Manche BDSMler sehen dies, analog zu medizinischen Eingriffen, die auch bei Einwilligung eine Körperverletzung darstellen, immer als sexualisierte Gewalt an. Andere BDSMler sehen die Praktiken hingegen als eine theaterähnliche Darstellung an, in der die Gewalt nicht real ist.<ref>R. Chamberlain: ''Prejudice'' in Sex and Society, Marshall Cavendish Corporation, 2010, ISBN 978-0-7614-7905-5, S. 736 (englisch)</ref> |
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Für einen Teil der Szene stellt bereits die Fragestellung eine unzulässige Vermischung von Sexualstraftat und einvernehmlichem BDSM dar, sie sehen BDSM als die sozialverträgliche Variante der sexuellen Gewalt an. Die Diskussion wurde unter anderem auch von der [[Feminismus|feministischen]] Kritik am BDSM geprägt. Trotz Einvernehmlichkeit, SSC und Gesetzeslage bleibt die Grenzziehung zwischen legitimer und illegitimer Gewalt letztlich nicht einfach.<ref>Elisabeth Wagner: ''Grenzbewusster Sadomasochismus: SM-Sexualität zwischen Normbruch und Normbestätigung.'' transcript Verlag, 2014, ISBN 978-3-8376-2870-8, S. 109–115.</ref> |
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Ebenfalls diskutiert wird die Verwendung des Begriffs [[Sklaverei]]. Einige BDSMler finden die Bezugnahme auf die historische reale Grausamkeit der Sklaverei befremdlich, die sich vor allem durch die Verwendung des Begriffspaares Herr/Sklave zeigt. [[People of Color]], die in der Szene deutlich unterrepräsentiert sind, beschreiben neben Ablehnung unter anderen auch Schuldgefühle bei ihrer Anwendung im BDSM.<ref>Biman Basu: ''The Commerce of Peoples: Sadomasochism and African American Literature'' Lexington, 2012, ISBN 978-0-7391-6743-4 Kap. 8 ''Neoslave Narratives and Sadomasochism'', S. 139 ff. (englisch)</ref> |
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BDSM wird auf diesen Partys öffentlich, beispielsweise auf einer [[Bühne]] oder quasi privat in sogenannten [[Darkroom]]s ausgelebt. Geschlechtsverkehr steht hierbei nicht im Mittelpunkt der Aktivitäten. Ein Grund für die relativ große Verbreitung dieser Art von Veranstaltungen ist das Vorhandensein von „Spielgeräten“, für die es in den meisten Wohnungen keinen Platz gibt, wie beispielsweise Andreaskreuze, Strafböcke oder Käfige. Weiterhin gibt es im Allgemeinen kein Problem durch Lärmbelästigung wie im privatem Rahmen. Solche Partys bieten sowohl [[Exhibitionismus|Exhibitionisten]] als auch [[Voyeur]]en ein Forum, ihre Neigung ohne soziale Ablehnung auszuleben. |
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SM-Partys gibt es mittlerweile in jeder größeren Stadt. Die soziale Kontrolle auf diesen Partys ist in der Regel weitaus besser als in einer normalen Diskothek. Auf Konsensualität bei öffentlichen SM-Spielen wird strikt geachtet. Zu unterscheiden sind privat organisierte Partys bzw. nicht oder nur mäßig kommerzielle Partys, die von SM-Gruppen organisiert werden, sowie kommerzielle Partys. |
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=== Coming-out === |
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== Empirie und Psychologie == |
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{{Hauptartikel|Coming-out}} |
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=== Vorkommen === |
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[[Datei:Bondage cuffs (metal) photomodel Ina.jpg|mini|hochkant|Etwa 57 % der BDSMler stehen offen zu ihren Neigungen wie Bondage]] |
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BDSM wird von allen Schichten der Gesellschaft praktiziert und kommt sowohl bei heterosexuellen als auch bei homosexuellen Männern, Frauen und [[Transgender|Transgendern]] in unterschiedlichesten Ausprägungen und Intensitäten vor. Diese reichen von „Fesselspielchen“ szenefremder Paare im heimischen Schlafzimmer, die sich selbst mit dem Begriff BDSM nicht bewusst in Verbindung bringen, bis hin zu öffentlich inszenierten „Klinikspielen“ und Vorführungen auf Partys und öffentlichen Großveranstaltungen, wie beispielsweise auf den international in mehreren Großstädten stattfindenden ''Folsom-Paraden''. |
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Bei einigen Personen, die sich von durch den Begriff BDSM umschriebenen Situationen angezogen fühlen, kommt es im Laufe ihres Lebens zum so genannten Coming-out. Während sich Homosexuelle auch in der Öffentlichkeit zunehmend zu ihrer sexuellen Ausrichtung bekennen, halten sich Sadomasochisten noch immer vergleichsweise bedeckt. Obwohl je nach Erhebungsbasis etwa 5 bis 25 % der US-amerikanischen Bevölkerung entsprechende Neigungen aufweisen,<ref name="Janus" /><ref name="elliott" /> sind abgesehen von einigen Künstlern so gut wie keine Prominenten als Sadomasochisten bekannt. Ein entsprechendes Bekanntwerden der eigenen Neigungen kann für Sadomasochisten noch immer verheerende berufliche und gesellschaftliche Auswirkungen haben. |
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Der Frauenanteil liegt merklich höher als bei den meisten anderen ehemals als [[Paraphilie]] eingeordneten Verhaltensweisen. Die Schätzungen über den Anteil sexueller Vorlieben aus dem Bereich BDSM in der Bevölkerung reichen von 5 bis 25 Prozent, je nach der Art der Fragestellung. Eine fragebogenbasierende Untersuchung der Gewohnheiten US-amerikanischer Studenten kam zu dem Ergebnis, dass 15 Prozent der homosexuellen Männer, 21 Prozent der lesbischen und bisexuellen Frauen, 11 Prozent der heterosexuellen Männer und 9 Prozent der heterosexuellen Frauen BDSM-Phantasien haben <ref name="elliott" />. Praktische Erfahrungen mit BDSM hatten in allen Gruppen um die 6 Prozent der Befragten. In der Gruppe der bisexuellen und lesbischen Frauen lag die Quote mit 21 Prozent erheblich höher. Unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung waren etwa 12 Prozent aller Männer, 16 Prozent der bisexuellen und lesbischen Frauen und 8 Prozent der heterosexuellen Frauen an Spanking interessiert. Erfahrung mit dieser sexuellen Praktik hatten 30 Prozent der heterosexuellen Männer, 33 Prozent der bisexuellen und lesbischen Frauen, sowie 24 Prozent der schwulen und bisexuellen Männer und der heterosexuellen Frauen. <ref name="elliott" /> |
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Dennoch gaben in einer 2008 veröffentlichten Studie 57 % der befragten 3098 BDSMler an, offen zu ihren Neigungen zu stehen.<ref>[[National Coalition for Sexual Freedom]]: [https://secureservercdn.net/198.71.233.68/9xj.1d5.myftpupload.com/wp-content/uploads/2019/12/Violence-Discrimination-Against-Sexual-Minorities-Survey.pdf Survey of ''Violence & Discrimination Against Sexual Minorities''] 2008 (PDF; 308 kB) abgerufen am 30. Mai 2020 (englisch)</ref> |
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Dass das Bekanntwerden privaten Engagements in diesem Bereich noch immer zu erheblichen beruflichen Problemen und einer [[Stigmatisierung]] der Betroffenen führen kann, zeigen exemplarisch die Fälle des UN-Waffeninspekteurs [[Jack McGeorge]] aus dem Jahr 2003 und der [[R v Brown|Spanner Case]] in Großbritannien. Hier ist ein wichtiger Unterschied zu der nur ansatzweise vergleichbaren Situation Homosexueller zu sehen. Der im Einzelfall entstehende Leidensdruck wird in der Regel öffentlich weder thematisiert noch zur Kenntnis genommen, führt jedoch oft zu einer schwierigen psychologischen Situation, in der die Betroffenen einem hohen emotionalen Stress ausgesetzt sind.<ref name="moser">{{Literatur |Autor=Charles Moser |Titel=''Sadomasochism'' |Sammelwerk=Journal of Social Work & Human Sexuality |Band=7 |Nummer=1 |Verlag=[[Taylor & Francis]] |Datum=1988-01 |ISSN=0276-3850 |Seiten=43–56 |Sprache=en}}</ref> Unabhängig vom Alter kann das Coming-out manchmal in eine Lebenskrise führen, die sich bis hin zu Selbsttötungsabsichten oder realisierter [[Suizid|Selbsttötung]] steigern kann. |
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=== Öffentlichkeitsarbeit === |
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Auch wenn diese US-amerikanische Studie mit einer Erhebungsbasis von 1.752 Teilnehmern keinen Anspruch auf allgemeine Repräsentativität erheben kann, weisen andere Untersuchungen auf ähnliche Größenordnungen in verschiedenen befragten Gruppen hin. <ref>Brokmann, Angela: ''Macht und Erotik'', 1996, Sexologisches Institut e.V. Hamburg, Hamburg)</ref> <ref>Person, Ethel S. / Terestman, Nettie / Myers, Wayne A. / Goldberg, Eugene L. / Salvadori, Carol: ''Gender differences in sexual behaviors and fantasies in a college population'', 1989, erschienen in: ''Journal of Sex and Marital Therapy'', Bd. 15, Nr. 3, 1989, S. 187-198</ref> <ref>Breslow, Norman: ''[http://www.sexuality.org/l/nb/nbres.html SM Research Report, v1.1]'', 1999</ref> |
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Nachdem sich in den USA 1997 und in Großbritannien 1996 mit der ''[[National Coalition for Sexual Freedom]] (NCSF)''<ref>NCSF: [https://ncsfreedom.org/who-we-are/the-history-of-the-ncsf/ History of the NCSF] (englisch) abgerufen am 20. Juni 2020.</ref> bzw. der ''Sexual Freedom Coalition (SFC)''<ref>SFC: [http://www.sfc.org.uk/about-2/history/ ''History''] (englisch) abgerufen am 20. Juni 2020.</ref> erste Interessenvertretungen gebildet haben, die es sich zur Aufgabe machen, proaktive Öffentlichkeitsarbeit zum Thema BDSM zu betreiben, zeichnete sich eine ähnliche Entwicklung auch im deutschsprachigen Raum ab. Hierbei treten nach außen hin häufig die größeren regionalen Vereine wie der 1999 gegründete BDSM Berlin und 1992 gegründete SMart Rhein-Ruhr, aber auch die 2003 gegründete [[Bundesvereinigung Sadomasochismus]] mit der Entwicklung von Informationsmaterial und Pressearbeit in Erscheinung. Mit der seit 1996 betriebenen Website und Mailingliste [[Datenschlag]] entstand im Internet eine der größten [[Bibliografie]]n sowie eine der ausführlichsten historischen Quellensammlungen zum Thema BDSM.<ref>Elisabeth Wagner: ''Grenzbewusster Sadomasochismus: SM-Sexualität zwischen Normbruch und Normbestätigung.'' transcript Verlag, 2014, ISBN 978-3-8376-2870-8, S. 117.</ref> |
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Durch eine gesteigerte Medienberichterstattung seit ungefähr Mitte der [[1990er]] Jahre sind einige Elemente des BDSM popularisiert worden. So finden sich sowohl schwarze Lederbekleidung als auch sexuelle Spiele wie Fesseln und Dominanz-Rollenspiele zunehmend auch außerhalb von BDSM-Bezügen wieder. Laut einer Befragung von 317.000 Personen in 41 Ländern verwendeten rund 20 Prozent der weltweit Befragten bereits einmal Masken, Augenbinden oder andere Formen des Bondages, 5 Prozent bekannten sich ausdrücklich zu Sadomasochismus<ref>Durex Global Sex Survey 2005, S.15 Online unter [http://www.durex.com/cm/gss2005results.asp Durex Global Sex Survey 2005]</ref>, im Jahr zuvor bekannten sich weltweit 19 Prozent der Befragten zu praktiziertem Spanking und 22 Prozent zum Gebrauch von Augenbinden und/oder Handschellen.<ref>Durex Global Sex Survey 2004, S.14 Online unter [http://www.durex.com/cm/gss2004result.pdf Durex Global Sex Survey 2004]</ref> Einige BDSM-Accessoires wie den Ring der O kann man mittlerweile auch in den Schmuckkollektionen bekannter internationaler Designer wie [[Calvin Klein]] finden. |
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=== SM-Partys und -Clubs === |
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SM-Partys sind Veranstaltungen, auf denen sich BDSM-Anhänger und Interessierte treffen, um zu kommunizieren, Erfahrungen und Erlebnisse auszutauschen und zu „spielen“. Die Partys ähneln oft denen der [[Schwarze Szene|Schwarzen Szene]] mit mehr oder minder striktem [[Kleiderordnung|Dress-Code]]; in der Regel ist das frivole Kleidung bzw. Teilbekleidung aus Lack (Vinyl, PVC), Leder, Latex, Lycra o. Ä., die deutlich körperbetonend wirkt bzw. die primären oder sekundären Geschlechtsmerkmale besonders hervorhebt. Ziel solcher Dresscodes ist es, eine erotisierende Stimmung zu erzeugen und Spanner fernzuhalten.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.daten-schlag.org/txt/smpabes.html |titel=Datenschlag: Papiertiger – ''SM-Partys'' |abruf=2010-11-11}}</ref> |
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Früher wurden viele der innerhalb von BDSM gelebten Praktiken dem [[Sadismus]] oder dem [[Masochismus]] zugerechnet und im Sinne einer Triebstörung seitens der Psychiatrie als krankhaft eingeschätzt. |
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BDSM wird auf diesen Partys öffentlich, beispielsweise auf einer Bühne, oder mehr oder weniger privat in Separees ausgelebt.<ref>{{Literatur |Autor=Dossie Easton, Janet W. Hardy |Titel=''The New Topping Book'' |Datum=2002 |Seiten=163 |Sprache=en}}</ref> Geschlechtsverkehr steht hierbei nicht im Mittelpunkt der Aktivitäten. Ein Grund für die verhältnisweise große Verbreitung dieser Art von Veranstaltungen ist das dortige Angebot von „Spielgeräten“, wie beispielsweise [[Andreaskreuz#BDSM-Szene|Andreaskreuze]], [[Prügelbock|Strafböcke]] oder Käfige. Solche Partys bieten sowohl [[Exhibitionismus|exhibitionistisch]] als auch [[Voyeurismus|voyeuristisch]] Veranlagten ein Forum, ihre Neigung ohne soziale Ablehnung auszuleben. BDSM-Partys gibt es in jeder größeren Stadt. |
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So gilt ''Sadomasochismus'' nach [[ICD-10]] als „Störung der Sexualpräferenz“ (Schlüssel F65.5), die dort wie folgt beschrieben wird: ''Es werden sexuelle Aktivitäten mit Zufügung von Schmerzen, Erniedrigung oder Fesseln bevorzugt. Wenn die betroffene Person diese Art der Stimulation erleidet, handelt es sich um Masochismus; wenn sie sie jemand anderem zufügt, um Sadismus. Oft empfindet die betroffene Person sowohl bei masochistischen als auch sadistischen Aktivitäten sexuelle Erregung.''<ref>ICD-10-GM Version 2005</ref> |
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BDSM-Clubs (wie der Hamburger [[Club de Sade]]) bieten mit einem mehr oder weniger regelmäßigen Programm Themen-Partys und themenfreie „Spielabende“, analog zum Geschäftsbetrieb herkömmlicher Diskotheken. Die soziale Kontrolle auf diesen Partys bzw. in den Clubs ist jedoch in der Regel weitaus höher als in Diskotheken. Auf [[Safe, Sane, Consensual|Konsensualität]] bei öffentlichen SM-Spielen wird strikt geachtet. Auch gibt es privat organisierte bzw. nicht oder nur mäßig gewinnorientierte Partys, die von BDSM-Gruppen und Einzelpersonen organisiert werden. Minderjährige haben weder zu Partys noch in Clubs Zutritt. |
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Erst mit dem Erscheinen des [[DSM 4|DSM IV]] im Jahr 1994 wurden Diagnosekriterien veröffentlicht, nach denen BDSM eindeutig nicht mehr als Störung der Sexualpräferenz angesehen wird. |
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== Medizin und Psychologie == |
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Die Diagnose Sadismus oder Masochismus darf demnach hinsichtlich der sexuell motivierten Ausprägung dieser Störungen nur noch gestellt werden, wenn der Betroffene anders als durch die Ausübung sadistischer oder masochistischer Praktiken keine sexuelle Befriedigung erlangen kann, oder seine eigene sadistisch oder masochistisch geprägte Sexualpräferenz selbst ablehnt und sich in seinen Lebensumständen eingeschränkt fühlt oder anderweitig darunter leidet. Eine Überlagerung von sexuellen Präferenzstörungen und der Ausübung von BDSM-Praktiken kommt jedoch vor. |
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=== Medizinische Einordnung === |
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Früher wurden viele der innerhalb von BDSM gelebten Praktiken generell dem [[Sadismus]] oder dem [[Masochismus]] zugerechnet und im Sinne einer Triebstörung seitens der Psychiatrie als krankhaft eingeschätzt und als Störung der Sexualpräferenz ([[Paraphilie]]) katalogisiert. Aufgrund einer veränderten Wahrnehmung und einer Verschiebung sozialer Normen wird BDSM in der Medizin nur noch dann als Problem gesehen, wenn der Betroffene anders als durch die Ausübung sadistischer oder masochistischer Praktiken keine sexuelle Befriedigung erlangen kann, oder seine eigene sadistisch oder masochistisch geprägte Sexualpräferenz selbst ablehnt und sich in seinen Lebensumständen eingeschränkt fühlt oder anderweitig darunter leidet. |
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==== ICD ==== |
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Neuere Untersuchungen zum Thema Verbreitung von BDSM-Phantasien und -Praktiken schwanken erheblich in der Bandbreite ihrer Ergebnisse. Zusammenfassend lässt sich jedoch feststellen, dass die überwiegende Mehrheit der Autoren davon ausgeht, dass zwischen 5 und 25 Prozent der Bevölkerung regelmäßig Sexualpraktiken praktiziert, die mit der Lust an Schmerzen, bzw. Macht und Ohnmacht in Verbindung stehen. Der Bevölkerungsanteil mit entsprechenden Phantasien wird sogar regelmäßig höher beziffert.<ref>Eine entsprechende ausführliche Sammlung unterschiedlichster wissenschaftlicher Studien findet sich unter http://www.datenschlag.org/txt/statistik.html</ref> |
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Mit der seit 2022 gültigen [[ICD-11]] wird einvernehmliche Ausübung sadomasochistischer Praktiken nicht als krankhaft eingestuft. Als Variante der individuellen sexuellen Erregung ist eine Behandlung weder indiziert noch wird sie nachgesucht. Neigungen zu BDSM werden nur noch als pathologisch eingestuft, wenn sie zwanghaft ausgeübt werden, mit bedeutenden gesundheitlichen Schäden oder dem Tod einhergehen oder der Ausübende selbst darunter leidet.<ref>[https://icd.who.int/browse11/l-m/en#/http://id.who.int/icd/entity/2110604642 ICD-11 – Mortality and Morbidity Statistics – Paraphilic disorders]</ref><ref>[https://icd.who.int/browse11/l-m/en#/http://id.who.int/icd/entity/1890228613 ICD-11 for Mortality and Morbidity Statistics – 6D33 Coercive sexual sadism disorder] abgerufen am 27. Mai 2020.</ref> |
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Vor 2022 handelte es sich nach [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD-10]] es sich um eine „Störung der Sexualpräferenz“ (Schlüssel F65.5), die dort wie folgt beschrieben wurde: {{" |Es werden sexuelle Aktivitäten mit Zufügung von Schmerzen, Erniedrigung oder Fesseln bevorzugt. Wenn die betroffene Person diese Art der Stimulation erleidet, handelt es sich um Masochismus; wenn sie sie jemand anderem zufügt, um Sadismus. Oft empfindet die betroffene Person sowohl bei masochistischen als auch sadistischen Aktivitäten sexuelle Erregung.}}<ref>ICD-10-GM Version 2005.</ref> |
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Es existieren nur wenige Studien, die psychologische Aspekte des Themas BDSM unter Berücksichtung moderner wissenschaftlicher Standards betrachten. Eine zentrale Untersuchung zu dem Thema stammt von dem US-amerikanischen Sexualwissenschaftler [[Charles Moser]] und wurde 1988 im ''Journal of Social Work and Human Sexuality''<ref name="moser" /> veröffentlicht. Er kommt zu dem Schluss, [[Image:Gags inflatable.jpg|right|thumb|180px|Aufblasbare Knebel lassen sich individuell anpassen.]]dass es generell an Daten über die psychologischen Probleme von BDSM-Anhängern fehlt, sich aber dennoch einige grundsätzliche Tatsachen herauskristallisieren. Er betont, dass es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass BDSM-Anhänger gemeinsame Symptome oder irgendeine gemeinsame Psychopathologie haben und auch aus der klinischen Literatur kein konsistentes Bild von BDSM-Anhängern hervorgegangen ist. Moser weist darauf hin, dass nicht nachgewiesen werden kann, dass BDSM-Anhänger überhaupt irgendwelche besonderen psychiatrischen oder gar auf ihren Vorlieben beruhenden, spezifisch nur bei ihnen auftretende Probleme haben, die im direkten Zusammenhang mit ihrer Orientierung stehen. |
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Die Organisation [[ReviseF65]] arbeitete seit Mitte der 1990er Jahre daran, die Unterschlüssel F65.0, F65.1 und F65.5 (Fetischismus, Transvestitismus und Sadomasochismus) aus dem ICD und den verschiedenen Klassifikationssystemen zu entfernen. Am 24. April 1995 entfernte [[Dänemark]] als erster Mitgliedsstaat der [[Europäische Union|Europäischen Union]] Sadomasochismus vollkommen aus seinem nationalen Klassifikationssystem für Krankheitsbilder, im Januar 2009 folgte Schweden.<ref>Vergl. hierzu {{Webarchiv |url=http://www.revisef65.org/denmark.html |text=revisef65.org |wayback=20080509200513 |archiv-bot=2023-03-12 23:58:27 InternetArchiveBot}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Rex Wockner |url=http://www.sfbaytimes.com/index.php?sec=article&article_id=9530 |titel=Gay Declaration to be Presented To UN General Assembly |werk=San Francisco Bay Times |datum=2008-11-27 |sprache=en |abruf=2009-06-25 |zitat=Sweden’s National Board of Health and Welfare will strike […] sadomasochism […] from the list.}}</ref> |
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Norwegen und Finnland entschieden sich in den Jahren 2009 und 2010 ebenfalls zur Streichung.<ref>[[ReviseF65]] ''{{Webarchiv |url=http://www.revisef65.org/friskmelding_eng.html |text=Norway |wayback=20100206222549 |archiv-bot=2023-03-12 23:58:27 InternetArchiveBot}}'' abgerufen am 27. Mai 2020.</ref><ref>[[ReviseF65]] {{Webarchiv |url=http://www.revisef65.org/finland_eng.html |text=''Finland'' |wayback=20110621034733 |archiv-bot=2023-03-12 23:58:27 InternetArchiveBot}} abgerufen am 27. Mai 2020.</ref> |
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Die Arbeitsgruppe der WHO zur Revision der ICD stellte 2017 fest, dass die Stigmatisierung und Diskriminierung von Fetischisten und BDSMlern nicht mit den Menschenrechten vereinbar sei, wie sie die [[UN|Vereinten Nationen]] und die [[World Health Organisation]] für grundlegend erachten, und strebte die Entfernung aus dem Register an.<ref>Richard B. Krueger, Geoffrey M. Reed, Michael B. First, Adele Marais, Eszter Kismodi, Peer Briken: ''Proposals for Paraphilic Disorders in the International Classification of Diseases and Related Health Problems, Eleventh Revision (ICD-11).'' In: ''Archives of Sexual Behavior.'' Band 46, Nr. 5, 2017, S. 1529–1545. {{PMC|5487931}}</ref> |
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Probleme treten teilweise in Bezug auf die Einordnung der eigenen Neigungen durch die Betroffenen auf. So ist die Frage nach der eigenen „Normalität“ gerade in der Phase des eigenen ''Coming-Out'' (siehe auch dort) häufig. Gerade in Beziehungen mit Vanillas ''kann'' das Entdecken entsprechender Neigungen nach Moser die Furcht vor einer Zerstörung der aktuellen Beziehung nach sich ziehen. Dies, zusammen mit der Furcht vor Diskriminierung im Alltag, führt bei einigen BDSM-Anhängern zu einem teilweise sehr belastenden Doppelleben. Zugleich kann das Verleugnen von BDSM-Neigungen jedoch auch zu Stress und Unzufriedenheit mit dem sogenannten „Vanilla“-Lebensstil führen und erweckt bei einigen Betroffenen die Befürchtung, keinen Partner finden. Hierzu stellt Moser fest, dass BDSM-Anhänger, die Probleme beklagen, BDSM-Partner zu finden, zumeist auch Probleme haben, Nicht-BDSM-Partner zu finden. Der Wunsch, die entsprechenden Neigungen abzulegen ist ein weiterer möglicher Grund für psychologische Probleme der Betroffenen, da dies in der Regel nicht möglich ist. Der Wissenschaftler stellt in seiner Arbeit abschließend fest, dass BDSM-Anhänger nur selten Gewalttaten begehen. Aus seiner Sicht steht die eventuelle Beteiligung von BDSM-Anhängern an gewaltsamen Handlungen meist in keinem Zusammenhang mit der in ihrem Leben vorhandenen BDSM-Komponente. |
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==== DSM ==== |
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Moser kommt in seiner Arbeit zusammenfassend zu dem Schluss, dass keinerlei wissenschaftliche Grundlage existiert, die es begründen könnte, dieser Gruppe Arbeits- oder Sicherheitsbescheinigungen, Adoptionsmöglichkeiten, Sorgerechte oder anderen gesellschaftlichlichen Rechte oder Privilegien zu verwehren. |
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In der Vergangenheit wurde BDSM vom [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders]] (DSM), das der [[American Psychiatric Association]] ihre diagnostischen Leitlinien vorgibt, als Störung der Sexualpräferenz betrachtet.<ref>Merissa Nathan Gerson: [https://www.theatlantic.com/health/archive/2015/01/bdsm-versus-the-dsm/384138/ ''BDSM Versus the DSM. A history of the fight that got kink de-classified as mental illness.''] [[The Atlantic]], 13. Januar 2015.</ref> |
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Nach Kampagnen verschiedener Organisationen, darunter der [[National Coalition for Sexual Freedom]], die sich für die Entpathologisierung des BDSM einsetzt, kam es ab 1994 zur Änderung dieser Kriterien. Mit Erscheinen des DSM IV im Jahr 1994 wurden neue Diagnosekriterien veröffentlicht, nach denen BDSM eindeutig nicht mehr als krankhaft kategorisiert wurde. |
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Im aktuellen [[DSM-5]] (2013) wird [[Paraphilie|abweichendem sexuellen Verhalten]] wie sadomasochistischen Präferenzen nicht mehr grundsätzlich Krankheitswert zugeschrieben, sondern nur noch dann, wenn sie bei der betroffenen Person mit Leidensdruck einhergehen oder nicht sozialverträglich sind, also die Gesellschaft schädigen.<ref>Justin Lehmiller: [https://www.lehmiller.com/blog/2013/6/10/what-the-dsm-5-means-for-the-diagnosis-and-treatment-of-sexu.html ''What The DSM-5 Means For The Diagnosis And Treatment Of Sexual Issues.''] Sex & Psychology, 10. Juni 2013, abgerufen am 27. Mai 2020.</ref> Eine Überlagerung von sexuellen Präferenzstörungen und der Ausübung von BDSM-Praktiken kann jedoch vorkommen. |
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== Geschichte == |
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=== Historische Wurzeln === |
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[[Bild:Sm2.jpg|right|thumb|180px|Kupferstich ca. 1780]]Eines der ältesten Zeugnisse sadomasochistischer Praktiken stammt aus einem [[Etrusker|etruskischen]] Grab in [[Tarquinia]]. In der [[Tomba della Fustigazione]] (''Grab der Züchtigung'', Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr.) sind zwei Männer dargestellt, wie sie eine Frau beim Liebesspiel mit einer Rute und mit der Hand schlagen [http://www.canino.info/inserti/monografie/etruschi/tombe_tarquinia/Fustigazione/slides/Fustigazione.htm siehe Bild]. Ein anderes Zeugnis über [[Flagellation]] findet sich im 6. Buch der ''Satiren'' des antiken römischen Dichters [[Juvenal]] (1. bzw. 2. Jahrhundert), ein weiteres Zeugnis findet sich im ''Satyricon'' von [[Publius Petronius Niger|Petronius]], wo zur sexuellen Erregung eines Delinquenten gepeitscht wird. |
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=== Psychologische Einordnung === |
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Anekdotische Erzählungen über Menschen, die sich im Rahmen des Vorspiels oder als Ersatz für Sex freiwillig fesseln oder auspeitschen ließen, reichen bis ins 3. und 4. Jahrhundert zurück. |
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==== Psychoanalytische Entstehungstheorien ==== |
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[[Datei:Sigmund Freud LIFE.jpg|mini|hochkant|Sigmund Freuds Theorien dominierten die psychoanalytische Betrachtung des Sadomasochismus über Jahrzehnte (Fotografie von [[Max Halberstadt]], 1921)]] |
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Es gab und gibt zahlreiche psychoanalytische Theorien zur Erklärung, wieso Menschen einen Lustgewinn aus Schmerz, Schmerzzufügung, Erniedrigung, Demütigung und anderen Aspekten des BDSM ziehen. Dabei wurde von den meisten frühen Sexualwissenschaftlern, Psychiatern und Psychoanalytikern davon ausgegangen, dass derartiges Verhalten überwiegend bei Männern vorkomme. Inzwischen ist bekannt, dass der Frauenanteil merklich höher liegt als bei den anderen als [[Paraphilie]] eingeordneten Verhaltensweisen. |
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Bereits im [[Kamasutra]] werden vier Schlagarten beim Liebesspiel, die für Schläge zulässigen Trefferzonen des menschlichen Körpers und die Arten der lusterfüllten Schmerzenslaute des Bottoms dargestellt. Die Textsammlung weist ausdrücklich darauf hin, dass Schlagspiele genauso wie Kneifen und Beißen beim Geschlechtsverkehr nur in gegenseitiger Übereinstimmung stattfinden dürfen, da sie nicht von allen Frauen als lustvoll empfunden werden. Aus dieser Sicht dürfte das Kamasutra den ersten schriftlich überlieferten Text über SM-Praktiken und -Sicherheitsregeln darstellen. Weitere Texte mit sadomasochistischen Bezügen tauchten im Laufe der Jahrhunderte weltweit immer wieder auf. |
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Eine der frühesten Entstehungstheorien ist das von [[Bénédict Augustin Morel]] im Jahre 1857 formulierte Degenerationsmodell.<ref>[[Bénédict Augustin Morel]]: ''Traité des dégénérescences physiques, intellectuelles et morales de l’espèce humaine et des causes qui produisent ces varitétés maladives.'' Paris 1857 (französisch; zu Deutsch: „Abhandlung über die physischen, intellektuellen und moralischen Entartungen des Menschengeschlechts […]“)</ref> Er gab psychischen Störungen eine religiöse Deutung. Seiner Ansicht nach handelte es sich um Abweichungen vom gottgewollten Menschenbild infolge des [[Sündenfall]]s.<ref>H. Schott, R. Tölle: ''Geschichte der Psychiatrie: Krankheitslehren, Irrwege, Behandlungsformen.'' Beck, München 2006, ISBN 3-406-53555-0, S. 102: ''Das Degenerationsmodell in der Psychiatrie''.</ref> |
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[[Bild:Paddle.jpg|250px|thumb|Hölzerne Paddel werden häufig für [[Spanking]] eingesetzt.]]Einige Autoren sehen das mittelalterliche Phänomen der [[Minne|höfischen Liebe]] in all seiner sklavischen Unterwerfung und Hingabe als weiteren, zumindest teilweisen Vorläufer von BDSM. Andere Quellen sehen BDSM als eine spezielle Art des Sexualverhaltens, welche ihren Ursprung am Anfang des 18. Jahrhunderts hat, als es in den westlichen Gesellschaften üblich wurde, Sexualverhalten medizinisch und juristisch zu kategorisieren (vgl. [http://de.wikipedia.org/wiki/BDSM#Begriffsgeschichte Begriffsgeschichte]). Berichte über auf Flagellation spezialisierte Bordelle reichen sogar bis zum Jahr 1769 zurück, und in [[John Cleland]]s Roman ''[[Fanny Hill]]'' aus dem Jahre 1749 werden ebenfalls Flagellationsszenen beschrieben. |
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[[Richard von Krafft-Ebing]] erläutert in seinem 1886 erschienenen Werk [[Psychopathia sexualis (Krafft-Ebing)|Psychopathia sexualis]] alle damals bekannten Perversionen und Anomalien des Sexuallebens. Er kategorisierte die Störungen in neue Begriffe wie Masochismus und Sadismus.<ref>{{Digitalisat |IA=b21272104 |SZ=n4 |LT=''Psychopathia sexualis.''}} 13. vermehrte Ausgabe, Stuttgart 1907.</ref> Für ihn war für die Beurteilung der Pathologie eines Verhaltens das bürgerliche Verständnis „naturgegebener Geschlechtscharaktere“ entscheidend; ein sadistischer Mann und eine masochistische Frau waren im Sinne einer reproduktiven Sexualität als nahe der Norm einzustufen und entsprachen dem Rollenverständnis der damaligen Zeit, wohingegen eine sadistische Frau und ein masochistischer Mann als „Verkehrung der seelisch-sexuellen Natur“ am weitesten von der Norm entfernt sind.<ref>Elisabeth Wagner: ''Grenzbewusster Sadomasochismus: SM-Sexualität zwischen Normbruch und Normbestätigung.'' Transcript, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2870-8, S. 59–60.</ref> |
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Andere Quellen verwenden eine wesentlich weiter gehende Definition und schildern BDSM-ähnliches Verhalten in noch früheren Epochen und aus ganz anderen Kulturräumen, beispielsweise die mittelalterlichen [[Flagellanten]] oder die [[Gottesgericht]]e einiger amerikanischer [[Indianer|Indianervölker]]. |
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In seinen ab 1897 erschienenen Werk ''Studies of the Psychology of Sex'' differenziert [[Havelock Ellis]] erstmals zwischen einvernehmlichen sadomasochistischen Praktiken, die er als [[Algolagnie]] bezeichnete, und allgemeiner Grausamkeit und betonte die emotionale Verbindung zwischen den Beteiligten.<ref>[[Havelock Ellis]]: ''Studies in the Psychology of Sex.'' University Press, London/Watford 1897 (englisch).</ref><ref name="Benecke 2009:26–27">Lydia Benecke: ''Ist das Persönlichkeitskonstrukt „Experience Seeking“ bei Sadomasochisten stärker ausgeprägt als bei Nicht-Sadomasochisten?'' Psychologische Diplomarbeit Universität Bochum 2009, S. 26–27 ([https://www.benecke-psychology.com/files/DIPLOMARBEIT_LYDIA_BENECKE_GEB_WAWRZYNIAK.PDF#page=26 PDF: 1,1 MB, 180 Seiten] auf benecke-psychology.com).</ref> Seine Ansichten wurden nicht allgemein geteilt und gingen im wissenschaftlichen Diskurs unter. |
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Obwohl die Namen Marquis de Sade und Leopold von Sacher-Masoch eng mit den Begriffen Sadismus and Masochismus verbunden sind, bleibt die Frage offen, ob sich deren Biographien und Verhaltensweisen mit dem für das moderne Verständniss des heutigen BDSMs ganz wesentlichen Begriff der ''Freiwilligkeit'' in Übereinstimmung bringen lassen. |
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[[Bild:Tawse_2.jpg|thumb|180px|Aus vollem Leder gearbeitete [[Tawse|Tawses]] dienen ebenfalls als Spankinginstrumente.]] |
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[[Sigmund Freud]] veröffentlichte 1905 seine ''Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie,'' in denen er die Entstehung von Sadismus und Masochismus als eine Störung der Entwicklung in der frühkindlichen Sexualität begriff (vergleiche [[Infantile Sexualität]]).<ref>[[Sigmund Freud]]: ''Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie.'' 1905 (2. Auflage von 1909 online: [http://www.psychanalyse.lu/Freud/FreudDreiAbhandlungen.pdf PDF] auf psychanalyse.lu).</ref> Seiner Ansicht nach beginnt die sexuelle Entwicklung eines Menschen bei der Geburt, und sofern sich dieser Mensch gesund entwickle, würde er am Ende seiner Sexualentwicklung eine gesunde und reife Sexualität erreicht haben. Störungen dieser Entwicklung zeigen sich nach Freud in Fehlentwicklungen wie Paraphilien oder Sadismus und Masochismus. 1915 ergänzte er diese Erklärungen mit der [[Triebtheorie]],<ref>Sigmund Freud: ''Triebe und Triebschicksale.'' 1915 (''Psychologie des Unbewußten.'' Studienausgabe, Band III, Fischer, Frankfurt am Main, Sonderausgabe 2000, ISBN 3-596-50360-4).</ref> nach der der Sadismus ein Teil der natürlichen Ausstattung des Mannes sei. Er orientiert sich hier an Krafft-Ebing, der Männern einen natürliche aggressive Geschlechterrolle zuschrieb.<ref>G. Stumm, A. Pritz (Hrsg.): ''Wörterbuch der Psychotherapie.'' 2009, ISBN 978-3-211-99130-5, Kapitel ''Sadismus''.<!--SEITE ?--></ref><ref>Elisabeth Wagner: ''Grenzbewusster Sadomasochismus: SM-Sexualität zwischen Normbruch und Normbestätigung.'' Transcript, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2870-8, S. 64–67.</ref> Freuds Zeitgenosse und Schüler [[Isidor Sadger]] prägte 1913 schließlich die Bezeichnung „Sado-Masochismus“.<ref>{{Literatur |Autor=[[Isidor Sadger]] |Titel=Über den sado-masochistischen Komplex. |Sammelwerk=Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen |Band=5 |Datum=1913 |Seiten=157–232}}</ref> Freuds Theorien dominierten den wissenschaftlichen Diskurs über Jahrzehnte. |
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Die Wurzeln der modernen BDSM-Kultur liegen im Dunkeln. BDSM-Motive und Bilder haben während des gesamten 20. Jahrhunderts an den Rändern der westlichen Kultur existiert. [[Robert Bienvenu]] sieht die Wurzeln des modernen BDSM in drei wesentlichen Quellen, die er als „europäischen Fetisch“ (seit 1928), „amerikanischen Fetisch“ (seit 1934) und „schwule Lederbewegung“ (seit den 50er Jahren) bezeichnet. Eine andere Wurzel sind die in Bordellen ausgeübten Sexualpraktiken, die bis ins 19. Jahrhundert, wenn nicht noch früher zurückreichen. Während den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts produzierte [[Irving Klaw]] die ersten Reklamefilme und Fotografien mit BDSM-Motiven und veröffentlichte erstmals [[Comics]] der heute berühmten [[Bondage]]-Künstler [[John Willie]] und [[Eric Stanton]]. Sein Modell [[Bettie Page]] wurde zugleich eines der ersten erfolgreichen Modelle im Bereich Fetischfotografie und eines der berühmtesten Pinup-Girls des US-amerikanischen Mainstreams. Der von Willie inspirierte italienische Graphiker und Autor [[Guido Crepax]] prägte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts endscheidend den Stil europäischer Erwachsenencomics. Die Künstler [[Helmut Newton]] und [[Robert Mapplethorpe]] sind die prominentesten Beispiele für die zunehmende Verwendung von BDSM-Motiven in der modernen Fotografie und die sich hieraus noch immer ergebende öffentliche Diskussion. |
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Einen weiteren psychoanalytisch geprägten Ansatz verfolgten [[Eberhard Schorsch|Schorsch]] und Becker in den 1970er Jahren.<ref>[[Eberhard Schorsch]], Nikolaus Becker: ''Angst, Lust, Zerstörung. Sadismus als soziales und kriminelles Handeln. Zur Psychodynamik sexueller Tötungen.'' In: ''Beiträge zur Sexualforschung.'' Band 78.</ref> Sie sahen im Sadismus eine Störung in der frühkindlichen Entwicklung, die im Verlauf eine brüchige männliche Identität und ein angst- und konfliktbeladenes Verhältnis zu Frauen auslösen könne. Laut Schorsch und Becker überwindet der sadistische Mann damit die Angst vor Unterwerfung, während der masochistische Mann Kastrationsängste bewältigt.<ref>[[Volkmar Sigusch]]: ''Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion.'' Campus Verlag, 2005, ISBN 3-593-37724-1, Kap. ''Erlebens- und Verlaufsformen.''</ref><ref>[[Volkmar Sigusch]]: ''Geschichte der Sexualwissenschaft,'' 2008, ISBN 978-3-593-38575-4, S. 479 ff.</ref> |
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=== Lederbewegung === |
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Frauen fehlen in der Betrachtung. Ebenfalls von Freud beeinflusst war die Theorie von [[Robert Stoller]] (''[[Perversion – Die erotische Form von Hass]]'', 1975), die Entwicklung des Sadomasochismus einer kindlichen Frustration zuschrieb.<ref>{{Literatur |Autor=Robert J. Stoller |Titel=Perversion. The erotic form of hatred |Verlag=Pantheon Books |Ort=New York |Datum=1975 |ISBN=0-394-49777-5 |Sprache=en}}</ref> Er beschrieb SM zunächst als sexualisierten Hass, revidierte jedoch seine Meinung 1991 nach einer Neubetrachtung seiner Studien und warb für Verständnis und eine alternative Betrachtungsweise des Sadomasochismus.<ref>Vgl. Zusammenfassung im letzten Kapitel von [[Robert Stoller]]: ''Pain & Passion. A Psychoanalyst Explores the World of S & M.'' Springer, 1991, ISBN 1-4899-6068-6 (englisch)</ref> [[Fritz Morgenthaler]] beschrieb ab 1974<ref>[[Fritz Morgenthaler]]: ''Die Stellung der Perversionen in Metapsychologie und Technik.'' In: ''Psyche.'' Jahrgang 28, Heft 12, Klett-Cotta/Psychosozial-Verlag, 1974 und ''Homosexualität, Heterosexualität, Perversion.'' Campus Verlag, 1994, ISBN 3-593-35037-8.</ref> abweichendes sexuelles Verhalten, zu dem er neben SM auch Homosexualität zählte, als „Plombe“, mit der der Riss durch in der narzisstischen Entwicklung erlittene Traumata repariert werden solle. Im Gegensatz zu anderen Forschern war Morgenthaler mit therapeutischen Empfehlungen wegen der damit verbundenen Risiken zurückhaltend.<ref>[[Volkmar Sigusch]], Günter Grau (Hrsg.): ''Personenlexikon der Sexualforschung,'' 2009, ISBN 978-3-593-39049-9, S. 534–539.</ref> |
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[[Image:Flogging demo folsom 2004.jpg|thumb|[[Flagellantismus|Flogging]]-Vorführung auf der aus der Lederbewegung hervorgegangenen [[Folsom Street Fair]] 2004, San Francisco.]] Weite Teile des heutigen BDSM-Gedankenguts lassen sich auf die männliche homosexuelle Leder-Subkultur, die sich nach dem 2. Weltkrieg aus der US-amerikanischen Motorradfahrer-Subkultur entwickelte, zurückführen.<ref> Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung von Robert Bienvenu, ''The Development of Sadomasochism as a Cultural Style in the Twentieth-Century United States'', 2003, Online als PDF unter [http://www.americanfetish.net/ Sadomasochism as a Cultural Style ] </ref> |
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==== Erklärungsmodelle anderer Denkschulen ==== |
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In seinem 1972 veröffentlichten Buch ''Leatherman's Handbook'' fasste [[Larry Townsend]] diese Ideen, die man später als „[[Old Guard]]“-Lederbewegung bezeichnen sollte, zusammen. Der in diesem Werk beschriebene Verhaltenskodex basierte auf strengen Formvorschriften und festgeschriebenen Rollen in Bezug auf das Verhalten der Beteiligten (beispielsweise kein Switchen) und hatte noch keinen echten Bezug zu Lesben und Heterosexuellen. |
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Neben den psychoanalytischen Erklärungstheorien gibt es weitere Modelle, die versuchen, die Entstehung von sadomasochistischen Präferenzen zu erklären. Dazu gehört das [[Lerntheorie|lerntheoretische]] Erklärungsmodell, bei dem davon ausgegangen wird, dass durch klassische und [[operante Konditionierung]] ursprünglich nicht sexuelle [[Reiz]]e zu sexuell erregenden Reizen werden; genauso wie bei der traditionellen Sexualität wird ihrer Ansicht nach die abweichende Sexualität erlernt.<ref>W. L. Marshall, D. R. Laws: ''A conditioning theory of the etiology and maintenance of deviant sexual preference and behavior.'' In: W. L. Marshall, D. R. Laws, H. E. Barbaree u. a. (Hrsg.): ''Applied clinical psychology. Handbook of sexual assault: Issues, theories, and treatment of the offender.'' Plenum Press, 1990, ISBN 1-4899-0917-6, S. 209–229 (englisch)</ref> |
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Andere Modelle sind zum Beispiel der biologisch-kulturelle Erklärungsansatz von Ford und Beach (1951),<ref>C. S. Ford, F. A. Beach: ''Patterns of Sexual Behavior.'' Harper & Brothers, 1951, ISBN 978-0-06-131913-6 (englisch)</ref> die Lovemaps – innerpsychische Schemata für Sexualität von [[John Money]] (1986)<ref>John Money: ''Lovemaps: Clinical Concepts of Sexual/Erotic Health and Pathology, Paraphilia, and Gender Transposition in Childhood, Adolescence, and Maturity (New Concepts in Sexuality).'' Prometheus Books, 1986, ISBN 0-87975-456-7 (englisch).</ref> – und Masochismus als Kompensation der Alltagsbelastung von [[Roy Baumeister]] (1988).<ref>Baumeister: ''Masochism as escape from self.'' In: ''The Journal of Sex Research.'' Band 25, Nr. 1, 1988 (englisch)</ref> |
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==== Psychologische Aspekte ==== |
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Erst der 1981 in den USA von der lesbisch-feministischen BDSM-Organisation [[Samois]] veröffentlichte Titel ''Coming to Power'' führte schließlich auch in der lesbischen Gemeinschaft zu einer höheren Akzeptanz und zu mehr Verständnis des Themas BDSM. In Deutschland vertraten die entsprechenden Vertreterinnen auch innerhalb der [[Frauenbewegung]] die Auffassung, dass BDSM und [[Feminismus]] miteinander vereinbar sind. Sie gerieten hierbei mit dem fundamentalistischeren Teil der Bewegung um [[Alice Schwarzer]] in Konflikt, der in BDSM die Grundlage von Frauenhass und Gewaltpornographie sieht. |
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Es existieren nur wenige Studien, die psychologische Aspekte des Themas BDSM unter Berücksichtigung moderner wissenschaftlicher Standards betrachten. Eine zentrale Untersuchung zu dem Thema stammt von dem US-amerikanischen Sexualwissenschaftler [[Charles Moser]] und wurde 1988 im ''Journal of Social Work and Human Sexuality'' veröffentlicht.<ref name="moser" /> Er kommt zu dem Schluss, dass es generell an Daten über die psychischen Probleme von BDSM-Anhängern fehlt, sich aber dennoch einige grundsätzliche Tatsachen herauskristallisieren. Er betont, dass es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass BDSM-Anhänger gemeinsame Symptome oder irgendeine gemeinsame Psychopathologie haben, und auch aus der klinischen Literatur kein konsistentes Bild von BDSM-Anhängern hervorgegangen ist. Moser weist darauf hin, dass nicht nachgewiesen werden kann, dass BDSM-Anhänger überhaupt irgendwelche besonderen psychiatrischen oder gar auf ihren Vorlieben beruhenden, spezifisch nur bei ihnen auftretende Probleme haben, die im direkten Zusammenhang mit ihrer Orientierung stehen. Moser kommt in seiner Arbeit zusammenfassend zu dem Schluss, dass keinerlei wissenschaftliche Grundlage existiert, die es begründen könnte, Personen dieser Gruppe Arbeits- oder Sicherheitsbescheinigungen, Adoptionsmöglichkeiten, Sorgerechte oder andere gesellschaftliche Rechte oder Privilegien zu verwehren.<ref name="moser" /> |
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Eine australische Umfragestudie mit über 19.000 Antwortfragebögen kam 2008 zu dem Schluss, dass eine BDSM-Neigung und die Auslebung derer als reguläre sexuelle Spielart einer Minderheit anzusehen sei. Ein Zusammenhang mit psychologischen Traumata und Problemen mit Sexualität bestehe nicht.<ref>J. Richters, R. O. de Visser u. a.: ''Demographic and psychosocial features of participants in bondage and discipline, “sadomasochism” or dominance and submission (BDSM): data from a national survey.'' In: ''[[J Sex Med]].'' Band 5, Nr. 7, Jul 2008, PMID 18331257, S. 1660–1668 (englisch).</ref> |
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Die Lederbewegung wird heute meistens eher als Teilmenge der BDSM-Kultur als aus der Schwulenkultur stammende Entwicklung betrachtet, obwohl in der Vergangenheit ein großer Teil der organisierten BDSM-Subkultur tatsächlich homosexuell war. Die sogenannte [[New Guard]]-Lederbewegung entstand in den 1990er Jahren als Reaktion auf die der Old Guard-Lederbewegung zugrunde liegenden Beschränkungen. Diese neue Ausrichtung begrüßte das ''Switchen'' und begann einerseits, geistige Aspekte in ihr Spiel zu integrieren und andererseits zunehmend die strikte Rollenauffassung und Ablehnung von Heterosexuellen und Frauen durch die alte Bewegung aufzugeben. |
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Eine Untersuchung aus demselben Jahr bestätigte einen Zusammenhang zwischen dem Persönlichkeitsmerkmal [[Sensation Seeking|Experience Seeking]] (Bedürfnis nach neuen und starken Reizen) und tatsächlich praktiziertem BDSM.<ref name="Benecke 2009">Lydia Benecke: ''Ist das Persönlichkeitskonstrukt „Experience Seeking“ bei Sadomasochisten stärker ausgeprägt als bei Nicht-Sadomasochisten?'' Psychologische Diplomarbeit Universität Bochum 2009 ([https://www.benecke-psychology.com/files/DIPLOMARBEIT_LYDIA_BENECKE_GEB_WAWRZYNIAK.PDF PDF: 1,1 MB, 180 Seiten] auf benecke-psychology.com).</ref> |
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2013 führten Wismeijer und van Assen eine Vergleichsstudie zu den psychologischen Charakteristika praktizierender BDSMler durch. Die Ergebnisse zeigten, dass BDSMler weniger neurotisch, extrovertierter, offener gegenüber neuen Erfahrungen, weniger anfällig für Zurückweisung, weniger unsicher innerhalb ihrer Beziehung sind und ein subjektiv höheres Wohlbefinden empfinden als die Vergleichsgruppe ohne BDSM-Präferenzen. Innerhalb der einzelnen Gruppen sind diese positiven Aspekte innerhalb der dominanten Personengruppe stärker ausgeprägt als bei den submissiven. Die übernommene Rolle lässt laut Wismeijer auch Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zu; Menschen, die oft den dominanten Part übernehmen, erscheinen mental stärker. |
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=== Internet === |
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Sie sind innerhalb der Gruppe am ausgeglichensten, Switcher bewegen sich in der Mitte. Submissive bilden zwar innerhalb der Gruppe das Schlusslicht, schneiden aber laut der Studie immer noch besser ab als die Personen, die keine BDSM-Sexualpraktiken praktizieren. Wismeijer gab an, dass eine Studie allein nicht darüber bestimmen sollte, ob BDSM als Krankheit im DSM kategorisiert werden sollte, aber zusammen mit anderen Studien würden diese neueren Ergebnisse nahelegen, dass BDSM eher eine Wahl des Lebensstils sei, wenn auch möglicherweise eine seltsame.<ref>A. A. J. Wismeijer, M. A. L. M. van Assen: ''Psychological Characteristics of BDSM Practitioners.'' In: ''Journal of Sexual Medicine.'' Band 10, Nr. 8, August 2013, S. 1943–1952 (englisch)</ref> |
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[[Image:Leather, Latex, and BDSM pride.png|thumb|250px|Die [[Leather-Pride-Flagge]], ein Symbol für die BDSM- und Fetischsubkultur.]] In der Mitte der 90er Jahre bot erstmals das Internet die Gelegenheit, rund um die Welt, aber gerade auch in den jeweiligen lokalen Regionen andere Menschen mit speziellen sexuellen Vorlieben zu finden und sich anonym mit ihnen auszutauschen. Dies führte geradezu zu einer Explosion in der Verbreitung von Informationen und dem Interesse am Thema BDSM. In dieser frühen Phase spielte die insbesondere die [[Usenet]]-Gruppe ''alt.sex.bondage'' eine Pionierrolle. |
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Neben herkömmlichen [[Erotikshop|Sexshops]] begannen in der Folgezeit immer mehr Anbieter in Online-Sexshops auch BDSM-Spielzeug in ihr Sortiment aufzunehmen oder sich gleich ausschließlich auf die sich immer klarer abzeichnende „neue“ Zielgruppe zu spezialisieren. |
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Da je nach Operationalisierung (z. B. Identifikation als „BDSM-practicioner“ VS der Frage nach einzelnen konkreten Praktiken wie Fesseln oder körperliche Überwältigung im sexuellen Kontext) 2 bis 62 Prozent der Bevölkerung in der einen oder anderen Form BDSM zuzurechnenden Sexualpraktiken nachgehen, ist die Einordnung als „seltsam“ oder ungewöhnlich jedoch in Frage zu stellen<ref>{{Literatur |Autor=Christian C. Joyal, Amélie Cossette, Vanessa Lapierre |Titel=What exactly is an unusual sexual fantasy? |Sammelwerk=The Journal of Sexual Medicine |Band=12 |Nummer=2 |Datum=2015-02 |ISSN=1743-6109 |Seiten=328–340 |DOI=10.1111/jsm.12734 |PMID=25359122}}</ref><ref name="deneef" />. In der Psychoanalyse entstanden verschiedene Theorien zur Entstehung der als Paraphilien bezeichneten Präferenzen. Die moderne Psychologie untersucht in diesem Zusammenhang vor allem, ob es bei den Praktizierenden gemeinsame Charakter- oder Persönlichkeitsmerkmale gibt, die möglicherweise eine Erklärung für die Vorlieben liefern. Inzwischen hält eine interdisziplinäre Betrachtung (z. B. unter dem Einbezug moderner neurowissenschaftlicher Verfahren) Einzug in die Erforschung und frühere psychopathologische Ätiologiemodelle weichen einem biopsychosoziales Modell ohne Pathologisierung.<ref name="deneef" /> |
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Das ehemalige Nischensegment entwickelte sich so zu einem festen Bestandteil des Geschäfts mit Erotikzubehör. Heute führen praktisch alle wichtigen deutschen Anbieter von Sexspielzeug Artikel, die ursprünglich überwiegend in der BDSM-Subkultur Verwendung fanden. Gepolsterte Handschellen, Latex-, Lack- und Lederbekleidung sowie exotischere Gegenstände wie beispielsweise Streichel-Peitschen und Reizstromgeräte zur erotischen Elektrostimulation finden sich in Angebotskatalogen, die sich an eine klassische ''Vanilla''-Zielgruppe wenden und zeigen so, dass sich einige Grenzen zunehmend verschieben. |
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== Geschichte == |
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Die moderne BDSM-Subkultur ist vielfältig und weit verbreitet. In den meisten europäischen und nordamerikanischen Großstädten finden sich Clubs und BDSM-Spielpartys, aber auch Informationsveranstaltungen in Form von Stammtischen und sogenannten ''Munches'', auf denen sich auch Interessierte und Neulinge informieren können. |
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=== Begriffsentwicklung === |
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[[Datei:Sade (van Loo).png|mini|hochkant=0.85|''Porträt des [[Donatien Alphonse François de Sade|Marquis de Sade]]'' von Charles-Amédée-Philippe van Loo, 1761]] |
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Die Entwicklung des Begriffs BDSM ist vielschichtig. Ursprünglich waren Sadismus und Masochismus reine Fachausdrücke für psychologische Erscheinungen, die als psychische Erkrankung eingestuft wurden. Die Begriffe leiten sich von den Autoren [[Donatien Alphonse François de Sade|Marquis de Sade]] und [[Leopold von Sacher-Masoch]] ab. 1843 veröffentlichte der ungarische Arzt [[Heinrich Kaan]] unter der Bezeichnung ''Psychopathia sexualis'' eine Schrift, in der er die Sündenvorstellungen des Christentums in medizinische Diagnosen umwandelt. Die ursprünglich theologischen Begriffe „Perversion“, „Aberration“ und „Deviation“ wurden so erstmals Teil der Wissenschaftssprache. Der deutsche Psychiater [[Richard von Krafft-Ebing]] führte in seiner Schrift ''Neue Forschungen auf dem Gebiet der Psychopathia sexualis'' 1890 die Begriffe „Sadismus“ und „Masochismus“ erstmals in die Medizin ein.<ref>Zu der Entwicklung des theoretischen Konstrukts „Perversion“ durch Krafft-Ebing und dessen Bezug zu diesen Begriffen, |
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=== Begriffsgeschichte === |
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{{Literatur |Autor=Andrea Beckmann |Titel=Deconstructing Myths: The Social Construction of „Sadomasochism“ versus „Subjugated Knowledges“ of Practitioners of Consensual "SM" |Sammelwerk=Journal of Criminal Justice and Popular Culture |Band=8 |Nummer=2 |Datum=2001 |ISSN=1070-8286 |Seiten=66–95 |Sprache=en |Online=http://www.albany.edu/scj/jcjpc/vol8is2/beckmann.html<!-- Quelle für den Inhalt des Feldes „ISSN“ ist folgende Webseite: http://www.albany.edu/scj/jcjpc/index.html-->}}</ref> |
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[[Bild:Sade (van Loo).png|right|thumb|180px|''Portrait des Marquis de Sade'' von Charles-Amédée-Philippe van Loo (1761).]]Die Entwicklung des Begriffs BDSM ist vielschichtig. Ursprünglich waren Sadismus und Masochismus reine Fachausdrücke für psychologische Erscheinungen, die als psychische Erkrankung eingestuft wurden. Die Begriffe leiten sich von den Autoren [[Marquis de Sade]] und [[Leopold von Sacher-Masoch]] ab. |
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Nachdem [[Sigmund Freud]] 1905 in seinen ''Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie'' Sadismus und Masochismus als aus einer fehlerhaften Entwicklung der kindlichen Psyche entstehende Krankheiten dargestellt hatte und so die weitere Beurteilung des Themas auf Jahrzehnte hinaus grundlegend beeinflusste, prägte schließlich 1913 der Wiener Psychoanalytiker [[Isidor Sadger]] in seinem Artikel ''Über den sado-masochistischen Komplex'' erstmals den zusammengesetzten Begriff „Sado-Masochismus“.<ref>{{Literatur |Autor=[[Isidor Sadger]] |Titel=Über den sado-masochistischen Komplex. |Sammelwerk=Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen |Band=5 |Datum=1913 |Seiten=157–232}}</ref> |
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[[Erwin J. Haeberle]], Präsident der [[Deutsche Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung|DGSS]], problematisierte diese ursprünglich von singulären historischen Figuren abgeleiteten Begrifflichkeiten, die zugleich einen [[Pathologie|pathologischen]] Bezug beinhalteten. Masoch protestierte vergeblich dagegen, dass sein Name für eine simplifizierende Schublade herhalten musste. Nach Haeberle hätten Benennungen für [[Homosexualität]] als „[[Leonardo da Vinci|Leonardismus]]“, „[[Michelangelo|Michelangelismus]]“ oder „[[Pjotr Iljitsch Tschaikowski|Tschaikowskyismus]]“ nicht den Diskurs versachlicht, sondern nur die jeweilige historische Persönlichkeit herabgewürdigt.<ref>Thomas A. Wetzstein u. a.: ''Sadomasochismus – Szenen und Rituale.'' Rowohlt, Reinbek 1993, S. 10.</ref> |
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1843 veröffentlichte der ungarische Arzt Heinrich Kaan unter der Bezeichnung ''Psychopathia sexualis'' eine Schrift, in der er die Sündenvorstellungen des Christentums in medizinische Diagnosen umwandelt. Die ursprünglich theologischen Begriffe „Perversion“, „Aberration“ und „Deviation“ wurden so erstmals Teil der Wissenschaftssprache. Der deutsche Psychiater [[Richard von Krafft-Ebing]] führte in seiner Schrift ''Neue Forschungen auf dem Gebiet der Psychopathia sexualis'' 1890 die Begriffe „Sadismus“ und „Masochismus“ erstmals in die Medizin ein.<ref> Zu der Entwicklung des theoretischen Konstrukts „Perversion“ durch Krafft-Ebing und dessen Bezug zu diesen Begriffen, vgl. Andrea Beckmann, ''Journal of Criminal Justice and Popular Culture'', 8(2) (2001) 66-95 online unter [http://www.albany.edu/scj/jcjpc/vol8is2/beckmann.html Deconstructing Myths]</ref> |
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Nachdem [[Sigmund Freud]] 1905 in seinen ''Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie'' Sadismus und Masochismus als aus einer fehlerhaften Entwicklung der kindlichen Psyche entstehende Krankheiten dargestellt hatte und so die weitere Beurteilung des Themas auf Jahrzehnte hinaus grundlegend beeinflusste, prägte schließlich 1913 der Wiener Psychoanalytiker [[Isidor Isaak Sadger]] in seinem Artikel ''Über den sado-masochistischen Komplex'' erstmals den zusammengesetzten Begriff „Sado-Masochismus“.<ref>Ders. in ''Über den sado-masochistischen Komplex.'' In: Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen, Bd. 5, 1913, S. 157-232</ref> |
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Die BDSM-Szene distanziert sich heute stark von de Sade, da dessen [[Amoralismus|amoralische]] Philosophie nicht mit den moralischen Prinzipien [[Safe, Sane, Consensual#RACK|RACK]] oder [[Safe, Sane, Consensual|SSC]] vereinbar ist. Die BDSM-Szene versuchte sich mit dem Ausdruck „B&D“ für Bondage und Discipline von dem [[Pejorativum|pejorativ]] [[Konnotation|konnotierten]] Begriff „S&M“ abzugrenzen. Die Abkürzung BDSM wurde wahrscheinlich in den frühen 1990er Jahren in der Subkultur um die [[Newsgroup]] ''alt.sex.bondage'' geprägt. Sie ist dort im Juli 1991 zum ersten Mal nachweisbar. Später wurde auch der Bereich ''Dominance and Submission'' in den Bedeutungsumfang von BDSM integriert, wodurch das heute gebräuchliche<ref>{{Literatur |Autor=Stephan Dressler, Christoph Zink |Titel=[[Pschyrembel (Medizinisches Wörterbuch)|Pschyrembel]] Wörterbuch Sexualität |Verlag=de Gruyter |Datum=2003 |ISBN=3-11-016965-7 |Seiten=40}}</ref> mehrschichtige [[Akronym]] entstand. |
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Einige BDSM-Anhänger wandten sich in der Vergangenheit wiederholt gegen eben diese ursprünglich von singulären historischen Figuren abgeleiteten Begrifflichkeiten, die zugleich einen [[Pathologie|pathologischen]] Bezug beinhalteten. Sie argumentierten, dass es sinnlos sei, ein so komplexes Phänomen wie BDSM auf zwei einzelne Menschen zurückzuführen, genauso gut könne man statt von [[Homosexualität]] von „[[Leonardo da Vinci|Leonardismus]]“ sprechen. |
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=== Historische Bezüge === |
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Die BDSM-Szene versuchte sich mit dem Ausdruck „B&D“ für Bondage und Discipline von dem [[pejorativ]] [[konnotiert]]en Begriff „S&M“ abzugrenzen. Die Abkürzung BDSM wurde wahrscheinlich in den frühen 1990er Jahren in der Subkultur um die [[Newsgroup]] news://alt.sex.bondage geprägt. Sie ist dort im Juli 1991 zum ersten Mal nachweisbar. Später wurde auch der Bereich ''Domination and Submission'' in den Bedeutungsumfang von BDSM integriert, wodurch das heute gebräuchliche mehrschichtige [[Akronym]] entstand. |
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[[Datei:Tomba Della Fustigazione.jpg|mini|hochkant=0.85|Tomba della Fustigazione]] |
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Sadomasochistische Praktiken werden bereits auf einigen der ältesten [[Tontafel|Keilschrifttafeln]] der Welt beschrieben, verbunden mit Ritualen zu Ehren der Göttin [[Inanna]]. Diese belegen, dass die frühen sumerischen Stadt-Könige Rituale durchführten, in welchen sie sich der Göttin (bzw. deren Priesterin als Manifestation der Göttin) unterzuordnen hatten. Es wird auch auf alte Schriften wie Inanna und Ebih verwiesen, in welchen Rituale erwähnt werden, welche „von Schmerz und Ekstase durchdrungen“, was zur Initiation des Ensis (Stadtfürsten) und zu Reisen mit veränderten Bewusstseinszuständen führte.<ref>Anne O. Nomis: ''The History & Arts of the Dominatrix.'' Mary Egan Publishing & Anna Nomis, 2013, ISBN 978-0-9927010-0-0, S. 59–60 (englisch)</ref><ref>[http://etcsl.orinst.ox.ac.uk/section4/tr4073.htm ''Lady of the Largest Heart'' oder ''A Hymn to Inana (Inana C).''] The Electronic Text Corpus of Sumerian Literature, University of Oxford, Zeilen 80–90 (englisch)</ref> |
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== Rechtlicher Status == |
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Seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. wurde in [[Artemis Orthia]] – einer der bedeutendsten religiösen Stätten der antiken griechischen Stadt Sparta – mit dem Kult der Orthia eine prä[[Griechische Mythologie#Olympische Götter|olympische]] Religion praktiziert. Hierbei kam es zu regelmäßigen rituellen [[Auspeitschung|Flagellationen]]. Diese ''diamastigosis'' genannten Auspeitschungen wurden von den Priesterinnen an jungen heranwachsenden Männern durchgeführt. Diese Rituale werden von einer Reihe antiker Autoren erwähnt, darunter auch [[Pausanias]].<ref>Theoi.com [https://www.theoi.com/Text/Pausanias 3B.html#16 Pausianias]{{Toter Link |url=https://www.theoi.com/Text/Pausanias |date=2022-10 |archivebot=2022-10-07 05:07:26 InternetArchiveBot}} III, 16: 10-11 Übersetzung aus dem Griechischen (englisch)</ref> |
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Es hängt sehr von der Rechtslage einzelner Staaten ab, ob Praktiken aus dem BDSM keine rechtliche Relevanz haben oder eine Straftat darstellen können. Eine eventuelle Strafbarkeit einvernehmlich ausgeführter BDSM-Praktiken resultiert zumeist daraus, dass Praktiken wie Schlagen, Fesseln u.ä. normalerweise die Persönlichkeitsrechte verletzen, weswegen sie grundsätzlich immer bestraft werden. |
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Eines der ältesten grafischen Zeugnisse sadomasochistischer Praktiken stammt aus einem [[Etrusker|etruskischen]] Grab in [[Tarquinia]]. In der [[Tomba della Fustigazione]] (Grab der Züchtigung, Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr.) sind zwei Männer dargestellt, wie sie eine Frau beim Liebesspiel mit einer Rute und mit der Hand schlagen.<ref>[http://www.canino.info/inserti/monografie/etruschi/tombe_tarquinia/Fustigazione/index.htm Bilder der Grabkammer] (italienisch)</ref><ref>[[Mario Moretti (Archäologe)|Mario Moretti]], [[Leonard von Matt]]: ''Etruskische Malerei in Tarquinia.'' Köln 1974, ISBN 3-7701-0541-9, S. 90, Abb. 762–763.</ref> |
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In [[Deutschland]], den [[Niederlande]]n, in [[Japan]] und in den skandinavischen Ländern stellen diese Praktiken grundsätzlich keine Straftat dar. In [[Österreich]] gibt es keine gefestigte Rechtslage, während in der [[Schweiz]] BDSM-Praktiken nur teilweise strafbar sein können. Spektakuläre Fälle wie der amerikanische Skandal um [[People v. Jovanovic]] und der britische [[Spanner Case]] zeigen, in welche schwierigen Grenzbereiche das Thema Beteiligte und Behörden führen kann. |
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Ein anderes Zeugnis über Flagellation findet sich im 6. Buch der ''Satiren'' des antiken römischen Dichters [[Juvenal]] (1. bzw. 2. Jahrhundert n. Chr.) sowie im ''Satyricon'' von [[Titus Petronius|Petronius]], in dem zur sexuellen Erregung eines Delinquenten gepeitscht wird.<ref>[http://www.thelatinlibrary.com/juvenal/6.shtml Juvenal, Satiren 6, Zeilen 474–511] (lat.)</ref><ref>[http://www.fordham.edu/halsall/ancient/juvenal-satvi.html Juvenal, Satiren 6, Zeilen 474–511] (englisch)</ref><ref>[http://www.thelatinlibrary.com/petronius.html Petronius, Satyricon] (lat.)</ref> |
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Im [[Kamasutra]] werden vier Schlagarten beim Liebesspiel, die für Schläge zulässigen Trefferzonen des menschlichen Körpers und die Arten der lusterfüllten Schmerzenslaute des Bottoms dargestellt. Die Textsammlung weist ausdrücklich darauf hin, dass Schlagspiele genauso wie Kneifen und Beißen beim Geschlechtsverkehr nur in gegenseitiger Übereinstimmung stattfinden dürfen, da sie nicht von allen Frauen als lustvoll empfunden werden. Aus dieser Sicht dürfte das Kamasutra den ersten schriftlich überlieferten Text über SM-Praktiken und -Sicherheitsregeln darstellen.<ref>Mallanaga Vatsyayana: ''Kamasutra.'' translated by Wendy Doniger. Oxford University Press, 2003, ISBN 0-19-283982-9 zweites Buch: Kapitel 4,5,7,8, S. 45–64 (englisch)</ref> Andere Quellen verwenden eine wesentlich weiter gehende Definition und schildern BDSM-ähnliches Verhalten in noch früheren Epochen und aus ganz anderen Kulturräumen, beispielsweise die mittelalterlichen [[Flagellanten]] oder die [[Gottesurteil|Gottesgerichte]] einiger amerikanischer [[Indianer]]völker.<ref>[http://www.fordham.edu/halsall/source/ordeals1.html ''Europäische Gottesurteile im Mittelalter'']</ref> |
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=== Deutschland === |
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Mit gegenseitigem Einverständnis sind partnerschaftlich ausgeübte Praktiken aus dem Bereich BDSM in Deutschland im Regelfall nicht strafbar. |
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Einige Autoren sehen das mittelalterliche Phänomen der [[Minne|höfischen Liebe]] in all seiner sklavischen Unterwerfung und Hingabe als einen zumindest teilweisen Vorläufer von D/s.<ref>{{Literatur |Autor=Denis de Rougemont |Titel=Love in the Western World: Describing the ideal of chast love influenced by the Cathar doctrines |Datum=1956 |Sprache=en}}</ref> Das erste gedruckte Werk zum Flagellantismus ist der 1639 erschienene ''[[Tractus de usu flagrorum in re Medica et Veneria]]'' (lat. für ''Eine Abhandlung zum Gebrauch der Peitsche in Medizin und Sexualität'') des deutschen Arztes [[Heinrich Meibom (Mediziner)|Ioannes Henricus Meibomius]].<ref>Übersetzung des lateinischen Originals: John Henry Meibom: [https://www.daten-schlag.org/bisam/meibom/mei18.html A treatise of the use of flogging in venerial affairs] E. Curll, London (englisch)</ref> 1749 erschien [[John Cleland (Schriftsteller)|John Clelands]] Roman ''[[Fanny Hill]]'', in dem ebenfalls Flagellationsszenen beschrieben werden. Mit Erscheinen des Buches wurde die Flagellation auch europaweit als sexuelle Spielart bekannt; die Franzosen bezeichneten die erotische Flagellation als ''le vice anglais'', die englische Sünde.<ref>{{Literatur |Autor=John Cleland |Titel=Fanny Hill: Memoirs of a Woman of Pleasure |Verlag=Penguin Classics |Datum=1986 |ISBN=0-14-043249-3 |Seiten=180 ff. |Sprache=en}}</ref> |
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Im Rahmen von Handlungen aus dem Bereich BDSM können folgende Straftatbestände relevant werden: |
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Berichte über auf Flagellation spezialisierte Bordelle reichen bis zum Jahr 1769 zurück. Das erste bekannte SM-Möbelstück ist das [[Theresa Berkley#Das Berkley Horse|Berkley-Horse]],<ref>Åke E. Andersson, Nils-Eric Sahlin: ''The Complexity of Creativity''. Springer, 1997, ISBN 0-7923-4346-8, S. 59 (englisch)</ref> das 1828 von der Londoner Domina [[Theresa Berkley]] entworfen wurde<ref>Autumn Stanley: ''Mothers and Daughters of Invention: Notes for a Revised History of Technology.'' Rutgers University Press, 1995, ISBN 0-8135-2197-1, S. 585–586 (englisch)</ref> und ihr ein Vermögen einbrachte.<ref>G. L. Simons: ''The Illustrated Book of Sexual Records''. Putnam Pub Group, 1983, ISBN 0-933328-63-X (englisch)</ref> |
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=== Entwicklung des modernen BDSM === |
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* [[Sexuelle Nötigung]] (§ 177 StGB) |
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Die Wurzeln der modernen BDSM-Kultur liegen im Dunkeln. BDSM-Motive und Bilder haben während des gesamten 20. Jahrhunderts an den Rändern der westlichen Kultur existiert. Robert Bienvenu sieht die Wurzeln des modernen BDSM in drei wesentlichen Quellen, die er als „europäischen Fetisch“ (seit 1928), „amerikanischen Fetisch“ (seit 1934) und „schwule Lederbewegung“ (seit den 1950er Jahren) bezeichnet.<ref>{{Internetquelle |autor=Robert Bienvenu |url=http://www.americanfetish.net/sexresearch.us/Dissertation.html |titel=The Development of Sadomasochism as a Cultural Style in the Twentieth-Century United States |sprache=en |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20100316215717/http://www.americanfetish.net/sexresearch.us/Dissertation.html |archiv-datum=2010-03-16 |abruf=2010-11-11}}</ref> Eine andere Quelle sind die in Bordellen ausgeübten Sexualpraktiken, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. |
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* [[Sexueller Missbrauch]] widerstandsunfähiger Personen (§ 179 StGB) |
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* [[Beleidigung]] und Tätliche Beleidigung (§ 185 StGB) |
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* [[Körperverletzung]] (§ 223 StGB) |
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* [[Gefährliche Körperverletzung]] (§ 224 StGB) |
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* [[Freiheitsberaubung]] (§ 239 StGB) |
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* [[Nötigung]] (§ 240 StGB) |
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=== Lederbewegung === |
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Für die Verwirklichung des Tatbestands der Nötigung muss die Anwendung von Gewalt oder die Drohung mit einem „empfindlichen Übel“ gegeben sein, im Falle der Sexuellen Nötigung die Drohung mit einer Gefährdung für Leib und Leben. Sofern die Fortdauer der Handlung durch den Gebrauch eines Safewords unverzüglich beendet werden kann, sind beide Tatbestände nicht zu verwirklichen. |
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{{Hauptartikel|Lederszene}} |
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[[Datei:Leather, Latex, and BDSM pride - Light.svg|mini|Die [[Leather-Pride-Flagge]], ein Symbol für die BDSM- und homosexuelle ''Leder-Subkultur'']] |
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Weite Teile des heutigen BDSM-Gedankenguts lassen sich auf die Subkultur der männlichen homosexuellen Lederszene zurückführen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus der US-amerikanischen Motorradfahrer-Subkultur entwickelte.<ref>Hierzu die ausführliche Darstellung von {{Internetquelle |autor=Robert Bienvenu |url=http://www.americanfetish.net/sexresearch.us/Dissertation.html |titel=The Development of Sadomasochism as a Cultural Style in the Twentieth-Century United States |datum=2003 |sprache=en |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20100316215717/http://www.americanfetish.net/sexresearch.us/Dissertation.html |archiv-datum=2010-03-16 |abruf=2010-11-11}}</ref><ref>Eine sehr ausführliche Darstellung zu der historischen Entwicklung der Homosexualität in den Vereinigten Staaten unter besonderer Berücksichtigung der Lederszene findet sich unter der {{Webarchiv |url=http://www.leatherarchives.org/exhibits/deblase/timeline.htm |text=Timeline |archive-is=20140528}} des [[Leather Archives and Museum]].</ref> |
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Ähnliches gilt für den Tatbestand des Sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen. Danach ist zu bestrafen, wer unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an einem anderen vornimmt. Solange der nötige Widerstand, die Fortdauer der Handlung zu unterbrechen, durch den Gebrauch des Safewords aufgebracht werden kann, ist der Tatbestand nicht zu verwirklichen, da eine echte Widerstandslosigkeit nicht besteht. |
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In seinem 1972 veröffentlichten Buch ''Leatherman’s Handbook'' fasste [[Larry Townsend]] diese Ideen zusammen, die man später als „[[Old Guard]]“-Lederbewegung bezeichnen sollte.<ref>[[Datenschlag]]: [https://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/old_guard Papiertiger – Old Guard]{{Toter Link |url=https://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/old_guard |date=2022-10 |archivebot=2022-10-07 05:07:26 InternetArchiveBot}}</ref> Der in diesem Werk beschriebene Verhaltenskodex basierte auf strengen Formvorschriften und festgeschriebenen Rollen in Bezug auf das Verhalten der Beteiligten. Die Lederbewegung wird heute meistens eher als Teilmenge der BDSM-Kultur betrachtet, anstatt als eine aus der Schwulenkultur stammende Entwicklung, obwohl in der Vergangenheit ein großer Teil der organisierten BDSM-Subkultur tatsächlich homosexuell war. Die sogenannte [[Old Guard|New-Guard]]-Lederbewegung entstand in den 1990er Jahren als Reaktion auf die der Old-Guard-Lederbewegung zugrunde liegenden Beschränkungen.<ref>[[Datenschlag]]: [https://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/new_guard Papiertiger – New Guard]{{Toter Link |url=https://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/new_guard |date=2022-10 |archivebot=2022-10-07 05:07:26 InternetArchiveBot}}</ref> Diese Bewegung war dem Switchen gegenüber positiv eingestellt, akzeptierte ein viel breiteres Spektrum erotischer Spielarten und beförderte die Anzahl der pansexuellen Clubs. |
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Eine Beleidigung kann gemäß § 194 StGB nur auf Antrag des Beleidigten verfolgt werden. |
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=== Internet === |
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Eine Freiheitsberaubung ist verwirklicht, wenn das Opfer gemäß objektiver Betrachtung in der Freiheit der Wahl seines Aufenthaltsortes eingeschränkt wird. |
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Ab Mitte der 1990er Jahre bot erstmals das Internet die Gelegenheit, in weiten Teilen der Welt, aber gerade auch in den jeweiligen lokalen Regionen, andere Menschen mit speziellen sexuellen Vorlieben zu finden und sich anonym mit ihnen auszutauschen. Dies führte geradezu zu einem massiven Anstieg in der Verbreitung von Informationen und dem Interesse am Thema BDSM.<ref>Gavin Brown, Jason Lim, Kath Browne: ''Geographies of Sexualities: Theory, Practices and Politics.'' Taylor & Francis, 2009, ISBN 978-0-7546-7852-6, S. 97–98 (englisch)</ref> In dieser frühen Phase spielte insbesondere die [[Usenet]]-Gruppe ''alt.sex.bondage'' eine Pionierrolle.<ref>[[Datenschlag]]–[http://www.daten-schlag.org/papiertiger/lexikon/altsexbondage.html Der Papiertiger: ''alt.sex.bondage'']</ref> In der Folgezeit begannen, neben herkömmlichen [[Sexshop]]s, immer mehr Anbieter in Online-Sexshops, auch BDSM-Spielzeug in ihr Sortiment aufzunehmen oder sich gleich ausschließlich auf diese Zielgruppe zu spezialisieren. Das ehemalige Nischensegment entwickelte sich so zu einem festen Bestandteil des Geschäfts mit Erotikzubehör. |
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Das Internet schuf außerdem neue Möglichkeiten der Interaktion zwischen Top und Bottom, insbesondere über [[Chat]], [[E-Mail]] und [[Videokonferenz]].<ref>Rebecca S. Randall, Alan McKee: ''Becoming BDSM in an online environment''. In: Paul G. Nixon, Isabel K. Düsterhöft (Hrsg.): ''Sex in the Digital Age.'' Routledge 2017, ISBN 978-1-138-21431-6 ([https://www.taylorfrancis.com/chapters/edit/10.4324/9781315446240-16/becoming-bdsm-online-environment-rebecca-randall-alan-mckee Abstract]).</ref> Mit der [[Findom|Finanziellen Dominanz]] entstand eine neue Spielart des BDSM, welche überwiegend online praktiziert wird.<ref>Rosey McCracken, Belinda Brooks‑Gordon: ''[https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s13178-021-00609-3.pdf Findommes, Cybermediated Sex Work, and Rinsin.]'' In: ''Sexuality Research and Social Policy'', Jahrgang 18 (2021), S. 837–854.</ref> |
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Nach § 228 StGB handelt derjenige, der eine Körperverletzung mit Einwilligung der verletzten Person vornimmt, nur dann rechtswidrig, wenn die Tat trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt. Am 26. Mai 2004 hat der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes [http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2004-5&Seite=0&client=12&nr=29672&pos=19&anz=244&Blank=1.pdf entschieden], dass sadomasochistisch motivierte Körperverletzungen nicht an sich sittenwidrig sind und damit § 228 StGB gilt. Allerdings ist das ''Urteil über die Sittenwidrigkeit im Einzelfall abhängig vom Grad der Rechtsgutverletzung,'' mit anderen Worten von den drohenden gesundheitlichen Folgen der Körperverletzung. Die Grenze zur [[Sittenwidrigkeit]] ist laut BGH auf jeden Fall überschritten, wenn „bei vorausschauender objektiver Betrachtung aller maßgeblichen Umstände der Einwilligende durch die Körperverletzungshandlung in konkrete Todesgefahr gebracht wird.“ In dem [[Grundsatzurteil]] hob der BGH ein Urteil des [[Landgericht]]s Kassel auf, in dem ein Mann, der seine Partnerin auf deren Wunsch gewürgt und dabei unwillentlich erwürgt hatte, wegen [[fahrlässige Tötung|fahrlässiger Tötung]] zu einer [[Bewährungsstrafe]] verurteilt worden war. Eine Verurteilung wegen [[Körperverletzung mit Todesfolge]] hatte das Landgericht abgelehnt, da die Tat seiner Auffassung nach mit Einwilligung des Opfers geschehen sei. |
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== Rechtlicher Status == |
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{{Hauptartikel|Rechtslage von BDSM}} |
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[[Bild:Rattan_cane.jpg|thumb|70px|[[Rohrstock]] aus Rattan. Verbreitetes Züchtigungs-</br>mittel beim BDSM.]]Nach § 90 StGB ist eine Körperverletzung (§§ 83, 84 StGB) oder eine Gefährdung der körperlichen Sicherheit (§ 89 StGB) nicht strafbar, wenn das „Opfer“ einwilligt und die Verletzung oder Gefährdung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist eine Körperverletzung nur sittenwidrig und somit strafbar, wenn sie eine ''schwere Verletzung'' (das ist eine Gesundheitsschädigung oder eine Berufsunfähigkeit, die länger als 24 Tage dauert) oder den ''Tod'' des „Opfers“ zur Folge hat. Eine ''leichte Verletzung'' ist ''bei Einwilligung'' des „Opfers“ grundsätzlich ''erlaubt''. Bei der Gefährdung der körperlichen Sicherheit kommt es darauf an, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Verletzung auch tatsächlich eintritt. Ist die schwere Verletzung oder gar der Tod wahrscheinlich, so ist die Gefährdung jedenfalls strafbar. |
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Es hängt von der Rechtslage einzelner Staaten ab, ob Praktiken aus dem BDSM eine rechtliche Relevanz haben oder eine Straftat darstellen können. In [[Deutschland]] bleiben BDSM-Praktiken grundsätzlich straffrei, solange eine Einwilligung vorliegt. Nur wenn schwere Verletzungen oder Lebensgefahr drohen, ist eine Einwilligung nicht möglich.<ref>Vgl. hierzu § 228 StgB und [http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2004-5&Seite=0&nr=29672&pos=19&anz=244&Blank=1.pdf Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Mai 2004, 2 StR 505/03] (PDF), abgerufen am 4. Juni 2020.</ref> |
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Zum konkreten Fall der Körperverletzung durch Handlungen im BDSM-Bereich gibt es allerdings keine gefestigte Rechtsprechung. Es kann durchaus sein, dass der Oberste Gerichtshof im BDSM-Bereich auch leichte Körperverletzung als sittenwidrig und somit als strafbar ansieht. Ob eine Handlung gegen die guten Sitten verstößt hängt in Österreich nämlich davon ab, ob einem vorbildlichen Menschen die Sorge um die Gesundheit des „Opfers“ wichtiger wäre als die Rücksicht auf dessen Wünsche. Es besteht also keine Rechtssicherheit. |
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In den [[Niederlande]]n, in [[Japan]], in [[Kanada]]<ref>The Star vom 27. Mai 2011: ''[https://www.thestar.com/news/canada/2011/05/27/woman_cant_consent_to_sex_while_unconscious_supreme_court_rules.html Women can't consent while unconcious Supreme court rules]'' (englisch), abgerufen am 4. Juni 2020.</ref><ref>Barker, Iantaffi, Gupta: ''Kinky clients, kinky counselling? The challenges and potentials of BDSM.'' In: Moon: ''Feeling Queer or Queer Feelings: Radical Approaches to Counselling:Sex, Sexualities and Genders'' Routledge, 2007, S. 106–124 (englisch)</ref> und in den skandinavischen Ländern stellen diese Praktiken in der Regel keine Straftat dar, solange in die Handlung eingewilligt wurde und die Beteiligten bei Bewusstsein sind, um diese Einwilligung auch weiterhin zu signalisieren. |
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=== Schweiz === |
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In [[Österreich]] und [[Italien]]<ref>Vgl. hierzu Caputo, Bruzzone: ''Criminologia dei sex offender. Aspetti psicopatologici, investigativi e giuridici.'' Giuffrè, 2019, ISBN 978-88-288-1572-3 (italienisch)</ref> gibt es keine gefestigte Rechtslage, während in der [[Schweiz]] BDSM-Praktiken teilweise strafbar sein können.<ref>IG BDSM: ''[https://ig-bdsm.ch/vortrag-bdsm-und-recht/ Vortrag BDSM und Recht]'' vom 24. November 2016, abgerufen am 4. Juni 2020.</ref> |
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Die sexuelle Mündigkeit beginnt in der Schweiz mit 16 Jahren, was auch für BDSM-Spiele gilt. Selbst Kinder (d. h. unter 16-jährige) machen sich nicht strafbar, sofern der Altersunterschied zwischen den Beteiligten unter drei Jahren liegt. Gewisse Praktiken erfordern jedoch die Einwilligung zur leichten Körperverletzung und sind deshalb erst ab 18 Jahren erlaubt. |
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In den [[Vereinigte Staaten von Amerika|USA]] ist die Rechtslage uneinheitlich,<ref>National Coalition of Sexual Freedom: ''[https://ncsfreedom.org/incident-reporting-response/ Incident Reporting Response]''; in den Unterabschnitten werden u. a. die einzelnen Reaktionen in verschiedenen Bundesstaaten erfasst (englisch), abgerufen am 4. Mai 2020.</ref> im [[Vereinigtes Königreich|Vereinigten Königreich]] sind auch einvernehmliche Praktiken verboten.<ref>The Spanner Trust: ''[http://www.spannertrust.org/documents/sexualoffencesreview.asp Sexual Offences Review]'' Abschnitt ''Current Law'' (englisch)</ref> Auch in Ländern, in denen einvernehmliche BDSM-Praktiken gesetzlich erlaubt sind, können [[Pornografie|pornografische]] Darstellungen aus dem Bereich BDSM (wie pornografische Literatur, Comics, Zeichnungen, Fotografien oder Videos) unter den Begriff „[[Gewaltpornografie]]“ fallen und damit strafbar sein, in Deutschland beispielsweise unter {{§|184a|stgb|juris}} [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]]. |
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Seit der Verschärfung des Schweizerischen Strafgesetzbuches Art. 135 und 197 am 1.4.2002 ist in der Schweiz der Besitz von „Gegenständen oder Vorführungen [...] die sexuelle Handlungen mit Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben“ strafbar. |
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Dieses Gesetz kommt einer pauschalen Kriminalisierung von Sadomasochisten nahe, da bei so gut wie jedem Sadomasochisten Medien zu finden sind, die diesen Kriterien entsprechen. Kritiker bemängeln weiterhin, das Sadomasochisten nach dem Wortlaut des Gesetzes in die Nähe von [[Pädophilie|Pädophilen]] und [[Päderast]]en gestellt werden. |
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== BDSM in Kultur, Kunst und Medien == |
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=== Großbritannien === |
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=== Literatur === |
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Das britische Strafrecht kennt keine Einwilligung in Körperverletzung, entsprechende Handlungen sind auch einvernehmlich unter Erwachsenen illegal, diese Rechtslage wird auch durchgesetzt. Dies führt zu der etwas skurrilen Situation, dass Großbritannien und insbesondere London als Weltzentrum der eng verwandten Fetischismus-Szene gelten, es aber für die BDSM-Szene fast ausschließlich private und keine mit der deutschen ''Spielparty''-Szene vergleichbaren Veranstaltungen gibt. Dieser Umstand wird z. B. in dem Film „Preaching to the Perverted“ (1997) komödiantisch gelungen aufs Korn genommen. Aufmerksamkeit erreichten vor allem mehrere Gerichtsverfahren die unter der Bezeichnung [[Spanner Case]] zusammengefasst werden und als Vorlage für diesen Film gelten. Im Verlauf dieser Verfahren wurde eine Anzahl homosexuellen BDSMler wegen der Ausübung einvernehmlicher sadomasochistischer Praktiken in Großbritannien verurteilt. Am 19. Februar 1997 urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bezüglich dieser Verfahren, dass jeder Staat eigene Gesetze gegen Körperverletzung erlassen darf, unabhängig davon, ob die Körperverletzung einvernehmlich ist oder nicht. |
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{{Hauptartikel|Sadomasochistische Literatur}} |
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[[Datei:Juliette Sade Dutch.jpg|mini|hochkant=0.85|Illustration einer niederländischen Ausgabe von ''Juliette'' von de Sade, ca. 1800]] |
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In der Belletristik ist vor allem Sadomasochismus ein wiederkehrendes Motiv und hat einige Klassiker hervorgebracht, z. B. ''Die [[Geschichte der O]]'' von [[Dominique Aury]] (unter dem Pseudonym Pauline Réage), ''[[Justine]]'' von Marquis de Sade, ''[[Venus im Pelz]]'' von Leopold von Sacher-Masoch oder die Kultcomics von [[Eric Stanton]]. Als literarisches Kuriosum zu erwähnen ist Marthas Brief an Leopold Bloom in ''[[Ulysses]]'' von [[James Joyce]]. Der 1978 erschienene Roman ''9½ Wochen. Erinnerungen an eine Liebesaffäre'' von Elizabeth McNeill bildete die inhaltliche Grundlage für die sehr erfolgreiche Hollywoodverfilmung [[9½ Wochen]]; zusammen mit der von der bekannten US-amerikanischen Autorin [[Anne Rice]] unter dem [[Pseudonym]] A. N. Roquelaure veröffentlichten drei Bände umfassenden ''Dornröschen-Trilogie'' (1983–1985) zeigte sich auch internationales Interesse an der Thematik. Eine moderne deutschsprachige sadomasochistische Autobiografie ist ''Dezemberkind'' von [[Leander Sukov]] aus dem Jahr 2005. |
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== BDSM in Kultur und Medien == |
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Im Jahr 2011 erschien mit dem ersten Band der Trilogie ''[[Shades of Grey]]'' der britischen Autorin [[E. L. James]] einer der kommerziell erfolgreichsten Titel des Genres, der zum Weltbestseller und in 52 Sprachen übersetzt wurde.<ref>[[Random House (Verlag)|Random House]]: [https://www.randomhouse.de/Autor/E-L-James/p489056.rhd Autorenporträt E.L. James’ mit Angaben zu Verkäufen und Übersetzungen], abgerufen am 3. Juni 2020.</ref> Diese Trilogie und die dazu erschienenen Filme werden von vielen BDSMlern abgelehnt, weil sie keinen einvernehmlichen BDSM darstellen, sondern die Unterwerfung der Protagonistin deutliche Züge von häuslicher und sexueller Gewalt trägt.<ref>Vgl. hierzu: Melusine Ginst: {{Webarchiv |url=https://www.woman.at/a/sm-profis-fifty-shades-grey |text=''SM-Profis ist Shades of Grey zu hart'' |wayback=20191221232053 |archiv-bot=2023-05-07 05:17:59 InternetArchiveBot}}. Women.at, 13. August 2014, und [https://www.ruhrbarone.de/lydia-benecke-shades-of-grey-ist-sexuelle-gewalt/138760 ''Lydia Benecke: Shades of Grey ist sexuelle Gewalt.''] Ruhrbarone.de, 9. Februar 2017, abgerufen am 8. Juni 2020.</ref> |
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=== Presse und TV === |
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In der deutschen Presse überwiegt eine einseitige Berichterstattung über BDSM bzw. über Personen und Ereignisse aus diesem Bereich. Die Redaktionen benutzen vor allem immer wieder das Schlagwort ''Sado-Maso'' - häufig auf der Titelseite auch großer Publikationen. Während sich ein gesellschaftlicher Konsens herausgebildet hat, das Thema Homosexualität in den Medien behutsamer und ausgewogener zu behandeln, dienen Begriffe aus dem BDSM-Bereich regelmäßig dazu, Vorurteile und diffuse Ängste in weiten Bevölkerungskreisen zu schüren. Die Darstellung ist oft einseitig und undifferenziert und konzentriert sich mehr auf die extremen (Lustmord) und die glamourösen Aspekte (SM-Partys), statt tatsächlich über das Thema zu informieren. Insbesondere die äußerst geringen Kenntnisse über das Konzept des ''Safe, Sane, Consensual'' bieten einigen Redakteuren einen weiten Spielraum, der es erlaubt, das Thema fast beliebig zu instrumentalisieren. |
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In der Sachliteratur gilt das im November 1981 von der US-amerikanischen feministischen Lesben-Gruppe [[Samois]] veröffentlichte Buch ''Coming to Power: Writing and graphics on Lesbian S/M'', in dem sich Kurzgeschichten mit konkreten Hinweisen und Handlungsanleitungen abwechselten, als weltweit erstes BDSM-Handbuch. Sein Konzept wurde weltweit von vielen späteren Publikationen übernommen. |
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In den Jahren 2004/05 gab es für dieses Vorgehen mehrere prägnante Beispiele:[[Bild:Folsom 2004 Janus Booth.jpg|thumb|250px| Spankingvorführung auf der Folsom Street Fair 2004 in San Francisco.]] |
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Seit spätestens Ende der neunziger Jahre gibt es auch in Deutschland entsprechende Literatur, die sich sowohl an hetero- als auch an homosexuelle Lesergruppen richtet. Die bekannteste dieser Veröffentlichungen im deutschsprachigen Raum ist wahrscheinlich ''Das SM-Handbuch'' von [[Matthias T. J. Grimme]]. Mit dem Sachbuch ''Die Wahl der Qual'' von [[Kathrin Passig]] und Ira Strübel ist seit 2000 erstmals auch eine Veröffentlichung auf dem Markt, die sich nicht an Personen aus der BDSM-Subkultur wendet, sondern weiten Bevölkerungskreisen eine breite Wissensbasis zum Themenbereich BDSM vermitteln und so Vorurteile abbauen will. Neben den Sachbüchern mit konkretem Praxisbezug gibt es eine umfangreiche Literatur zu mit dem Thema verbundenen wissenschaftlichen Publikationen (siehe [[#Literatur|Literatur]]). |
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=== Musik === |
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* Einige Medien wie die [[Berliner Zeitung]] berichteten polemisch über den Regierenden Bürgermeister und bekennenden Homosexuellen [[Klaus Wowereit]] unter der Überschrift „Wowereit und das Sado-Maso-Fest“, nachdem dieser ein Grußwort zur ''Folsom-Europe-Parade'' verfasst hatte. Die Redaktionen sprachen beispielsweise von einer „echt harten Nummer“, nachdem die lokale [[CDU]] das Grußwort Wowereits als „mit der Würde des hohen Amtes nicht vereinbar“ bezeichnet hatte und Flugblätter aufgetaucht waren, in denen behauptet wurde, Wowereit „verharmlose rassistische Vergewaltigungspornographie als Lebensfreude pur“. |
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{{Hauptartikel|Liste der Lieder mit Bezug zu BDSM}} |
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[[Datei:2014 WGT 265 Umbra Et Imago.jpg|mini|hochkant|BDSM-Performance während eines Auftritts von Umbra et Imago auf dem [[Wave-Gotik-Treffen|WGT]] 2014]] |
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* Die Münchner Abendzeitung titelte im Oktober 2005 „Aufstand gegen Sado-Maso-Party“ und berichtete im Innenteil unter der Schlagzeile „Sado-Maso-Party erregt Allgäuer“ über die Anmietung eines Schlosses durch einen Veranstalter von SM-Partys. Zitate wie „Es war ein gigantischer Sündenpfuhl mit 150 Leuten“ trugen dazu bei, Vorurteile zu schüren, während lokale Zeitungen berichteten, nach außen hin sei es bei der Veranstaltung so gesittet wie bei einer Familienfeier zugegangen. Bereits im Jahr zuvor hatte eine RTL-Kamerateam ohne Drehgenehmigung und mit versteckter Kamera Aufnahmen auf der gleichen Veranstaltung gemacht. Der Sender verglich damals die Party auf seiner Webseite mit dem Film ''Eyes Wide Shut''. |
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Bereits im Jahr 1967 veröffentlichte die experimentelle Rockband [[The Velvet Underground]] das Lied ''[[Venus in Furs (The-Velvet-Underground-Lied)|Venus in Furs]]'', das, inspiriert durch die Novelle ''Venus im Pelz'' von Leopold von Sacher-Masoch, zahlreiche Anspielungen auf BDSM-Praktiken enthält. Die britische [[Synthie Pop|Synthie-Pop]]-Gruppe [[Depeche Mode]] veröffentlichen 1984 auf ihrem Album ''[[Some Great Reward]]'' den Song ''[[Master and Servant]]''. Es folgten weitere Stücke mit BDSM-Bezug wie ''[[Strangelove (Lied)|Strangelove]]'' (1987) und ''In Your Room'' (1993). |
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* Im Fall des als ''Kannibale von Rotenburg'' bekanntgewordenen [[Armin Meiwes]] kam es in vielen Boulevardblättern und TV-Sendungen wochenlang immer wieder zu Hinweisen auf die angeblichen Sado-Maso-Spiele des Täters mit seinem Opfer. |
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Mit dem Lied ''Sweet Sweet Gwendoline'' schrieben [[Die Ärzte]] 1986 eine [[Hommage]] an die Kunstfigur ''[[Sweet Gwendoline]]'' des Bondagekünstlers [[John Willie]]. Zwei Jahre später folgt das Lied ''[[Bitte bitte]]'', das Wünsche eines männlichen Sub beschreibt. In dem über siebenminütigen „Domina-Mix“, der im Jahr 1994 auf dem Best of ''[[Das Beste von kurz nach früher bis jetze]]'' erschien, erläutert eine befreundete Domina BDSM-Begriffe. |
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* Die Schlagzeile „Michael Jacksons Anwalt als SMler enttarnt“ stellte indirekt eine weitere, wenn auch falsche, so doch sehr publikumswirksame Assoziation zwischen BDSM und Pädophilie her. |
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* Die von der Feministin Alice Schwarzer herausgegebene Zeitschrift ''EMMA'' setzte ihre [[PorNO-Kampagne]] gegen ''Frauenhass'' und ''Gewaltpornographie'' fort. In ihr vertritt Schwarzer unter anderem die Auffassung, dass sado-masochistische Praktiken generell mit verurteilenswerter Gewalt gegenüber Frauen gleichzusetzen sind. Der Fotograf [[Helmut Newton]] wurde in der Publikation erneut der „Pornografisierung der Modefotografie“ und „seiner darin ungehemmt ausgelebten sado-masochistischen Obsessionen“ beschuldigt.<ref>vgl. die ausführlich kritische Betrachtung hierzu unter [http://www.datenschlag.org/papiertiger/lexikon/emma.html Papiertiger#Emma] </ref> |
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Das 1988 erschienene Album ''God in Three Persons'' der Band [[The Residents]] greift inhaltlich sowohl BDSM-Themen als auch nichtkonsensuelle Praktiken auf.<ref>{{Internetquelle |autor=Canada Choate |url=https://www.artforum.com/music/canada-choate-on-the-residents-god-in-three-persons-82064 |titel=Canada Choate on the Residents’ God in Three Persons |werk=Artforum |datum=2020-01-31 |sprache=en |abruf=2023-03-08}}</ref> |
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Ganz allgemein finden sich nur wenige Journalisten, die über das Thema BDSM vorurteilslos und ausgewogen berichten und so zu einer Aufklärung in der deutschen Öffentlichkeit beitragen. |
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Das 1992 von den [[Nine Inch Nails]] veröffentlichte Lied ''[[Happiness in Slavery]]'' leiht sich Titel und [[Refrain]] von dem von [[Jean Paulhan]] verfassten Vorwort zur ''Geschichte der O''. Die [[Neue Deutsche Härte|NDH]]-Band [[Rammstein]] kokettiert in ihren Liedern mehrfach mit einem BDSM-Bezug, so z. B. in ''Feuerräder'', ''Bestrafe mich'', ''Bück dich'' (alle 1997) sowie ''[[Ich tu dir weh]]'' (2009). Auch Künstler wie [[Madonna (Künstlerin)|Madonna]] (''[[Erotica (Lied)|Erotica]]'', 1992), die Rockband [[Aerosmith]] (''Falling in Love (Is hard on the knees), 1997)'', [[Janet Jackson]] (''Discipline'', 2008), [[Rihanna]] (''[[S&M (Lied)|S&M]]'' 2010) setzten sich in ihrer Musik mit BDSM auseinander. |
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Nachdem im Rahmen des ''Spanner Case'' deutlich wurde, das BDSM-relevante Nachrichteninhalte in den Mainstreammedien teilweise vollkommen unberücksichtigt bleiben, wurde unter dem Namen „Schlagworte“ im Frühjahr 1997 eine geschlossene, nicht-moderierte Mailingliste gegründet, um aktuelle Ereignisse zeitnah zu publizieren. Ziel ist es, eine Multiplikatorwirkung vergleichbar mit einem Schneeballsystem zu erzielen. Die Website www.sm-news.de gilt ebenfalls als spezialisierte Nachrichtenquelle. |
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Mit [[Umbra et Imago]], [[Ordo Rosarius Equilibrio]], [[Die Form]], [[Genitorturers]] und [[Grausame Töchter]] gibt es aus dem Umfeld der [[Schwarze Szene|Schwarzen Szene]] auch BDSM-Konzeptbands, die in Bühnenshows BDSM-Elemente bis hin zu ganzen BDSM-Performances verwendeten. Der Schweizer Musiker [[Carlos Perón]], der mit der Band [[Yello]] bekannt wurde, hat mit den sog. „Fetishsoundtracks“ ''Terminatrix'' (1993), ''La salle blanche'' (1994), ''La salle noire'' (1996) und ''La salle violette'' (2002) mehrere BDSM-[[Konzeptalbum|Konzeptalben]] komponiert. |
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=== Belletristik === |
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[[Bild:SLeopold Sacher-Masoch.jpg|right|thumb|180px|Leopold Ritter von Sacher-Masoch.]] |
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''Hauptartikel: [[Sadomasochistische Literatur]]'' |
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=== Theater und Kabarett === |
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In der Literatur ist vor allem Sadomasochismus ein Dauerbrenner und hat einige Klassiker hervor gebracht, z. B. ''Die [[Geschichte der O]]'' von Anne Declos (unter dem Pseudonym [[Pauline Réage]]), ''[[Justine]]'' von Marquis de Sade, ''[[Venus im Pelz]]'' von Leopold von Sacher-Masoch oder die Kultcomics von [[Eric Stanton]]. Als literarisches Kuriosum zu erwähnen ist Marthas Brief an Leopold Bloom in ''[[Ulysses (Roman)|Ulysses]]'' von [[James Joyce]]. Der 1978 erschienene Roman ''9 1/2 Wochen. Erinnerungen an eine Liebesaffäre'' von Elizabeth McNeill bildete die inhaltliche Grundlage für die sehr erfolgreiche Hollywoodverfilmung [[9 1/2 Wochen]]. Eine moderne deutschsprachige sadomasochistische Autobiografie ist ''[[Dezemberkind]]'' von [[Leander Sukov]] aus dem Jahr 2005.</br> |
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Es gibt zwar einige Inszenierungen, in denen sadomasochistische Praktiken auch im klassischen Theater als Stilmittel verwendet wurden, aber nur sehr wenige Theaterstücke beschäftigen sich mit BDSM selbst. Beispiele hierfür sind das österreichische „Worauf sich Körper kaprizieren“, eine von [[Peter Kern (Schauspieler)|Peter Kern]] geschriebene und inszenierte Adaption von [[Jean Genet]]s Film [[Un chant d’amour]]<ref>[[Der Standard]], Ausgabe vom 18. September 2006 online verfügbar unter [https://www.derstandard.at/story/2572471/worauf-sich-koerper-kaprizieren ''Worauf sich Körper kaprizieren''] abgerufen am 5. Juni 2020.</ref> und das deutsche „Ach, Hilde“ von Anne Schwemmer, in dem mit dem Bild der Domina gespielt wird.<ref>[[BILD-Zeitung]], Berlín, 15. März 1998.</ref> [[Axel Tüting]] ist ein deutscher Kabarettist und BDSM-Pantomime, der mit erotischem SM-Kabarett auftritt. |
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=== Zeichnung, Comic und Fotografie === |
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Zusammen mit der von der bekannte US-amerikanische Autorin [[Anne Rice]] unter dem [[Pseudonym]] ''A. N. Roquelaure'' veröffentlichten drei Bände umfassenden ''Dornröschen-Trilogie'' (''The Claiming of Sleeping Beauty'' (1983), ''Beauty's Punishment'' (1984) und ''Beauty's Release'' (1985) zeigt sich hier, dass das Thema BDSM mittlerweile in lange Zeit unvorstellbarer Offenheit in der internationalen Literatur angekommen ist. |
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[[Datei:Le Rêve d'un flagellant by George Topfer.jpg|mini|hochkant|''Le Rêve d’un flagellant'' von George Töpfer]] |
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Zeichnungen und seltener Malerei zu sadomasochistischen Themen gibt es seit mehreren Jahrhunderten, auch wenn diese nicht zwingend mit dem heutigen Verständnis von BDSM konform gehen. Viele Zeichnungen zeigen deutlich die Ära, in der sie entstanden, beispielsweise [[Rudolf Schlichter]], ein Vertreter der [[Neue Sachlichkeit (Kunst)|Neuen Sachlichkeit]], der überwiegend weiblich dominierte Sujets malte, [[Raphael Kirchner]], der dem Jugendstil zugerechnet wird, sowie [[Pierre Mac Orlan]], der eine Reihe von Künstlernamen verwendete und das Buch „Les Grandes Flagellées“ illustrierte, oder [[Georges Töpfer]], der eine Leidenschaft für Flagellation und Züchtigung hatte. Neben diesen Künstlern gibt es analog zu Film und Fernsehen auch viele ausgesprochen explizite und pornographische Darstellungen aus dem Bereich, z. B. von Joseph Farrell, DeMentia (Tom Sutton) oder Namio Harukawa.<ref>Alle Biographien aus BDSM-Artzone (englisch)</ref><!-- Keine Verlinkung wegen sehr expliter und teilweise verstörender Darstellungen --> |
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Obwohl den Klassikern der SM-Literatur de Sade und Sacher-Masoch ein Hang zu der Sexualität, die sie beschrieben haben, nicht abgesprochen werden kann, so ist doch zwischen den realen sexuellen Handlungen und den in Literatur umgesetzten Phantasievorstellungen zu unterscheiden. Es wäre eine unsinnige Forderung an die Authentizität von Literatur, dass der Autor praktizieren müsse, was er beschreibt. Tagebuchaufzeichnungen, Interviews und Erlebnisberichte bleiben Fiktion des Gelebten. So haben die sadomasochistischen Rituale als theatralische Inszenierungen zwar Fetischcharakter, nicht jedoch ist der Fetisch die Literatur. SM-Literatur beinhaltet auch keine besondere Philosophie oder Moral, sondern stellt wie jede andere Literaturgattung dem jeweiligen Zeitgeist ihrer Epoche dar. Mag sie in der Vergangenheit auch größerer Verfolgung ausgesetzt worden sein und mögen in ihr deshalb besondere Strategien gegen Zensurmaßnahmen entwickelt worden sein, spätestens in der Gegenwart setzt sich, trotz weiter vorherrschender Behinderungen, zumindest bei den Autoren die Einsicht durch, dass SM-Literatur keiner besonderen Rechtfertigung mehr bedarf. |
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Nach heute eher unbeholfen wirkenden pornographischen Darstellungen der frühen Fotografie, produzierte während der 1950er und 1960er Jahre [[Irving Klaw]] die ersten Reklamefilme und Fotografien mit BDSM-Motiven und veröffentlichte erstmals [[Comic]]s der heute berühmten [[Bondage]]-Künstler [[John Willie]] und [[Eric Stanton]]. Sein Modell [[Bettie Page]] wurde zugleich eines der ersten erfolgreichen Modelle im Bereich Fetischfotografie und eines der berühmtesten Pinup-Girls des US-amerikanischen Mainstreams. |
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=== Sachbücher === |
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Der von Willie inspirierte italienische Graphiker und Autor [[Guido Crepax]] prägte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend den Stil europäischer Erwachsenencomics. Die Künstler [[Helmut Newton]]<ref>{{Webarchiv |url=http://user.tninet.se/~ryk484d/newton/newton.htm |text=Fotografien von Newton inklusive Bildern mit Bezug zu Fetisch und BDSM |wayback=20060826171534}}</ref> und [[Robert Mapplethorpe]] sind die prominentesten Beispiele für die zunehmende Verwendung von BDSM-Motiven in der modernen Fotografie und die sich hieraus noch immer ergebende öffentliche Diskussion.<ref>{{Webarchiv |url=http://www.uce.ac.uk/mapplethorpe/ |text=University of Central England in Birmingham: Versuchte Konfiszierung eines Mapplethorpe-Buches wegen Obszönität, 1997 |wayback=20021112205909}} (englisch)</ref> |
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[[Bild:Chastity belt.jpg|thumb|right|Moderne [[Keuschheitsgürtel]] finden im Bereich BDSM z.B. bei [[Erotisches Rollenspiel|Rollenspielen]] Verwendung.]] |
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Ausstellungen zu den eng miteinander verwandten Genres BDSM- und Fetischkunst finden weltweit in Erotik- und Sexmuseen wie dem [[Erotic Art Museum Hamburg]] oder dem [[Erotic Museum]] in Amsterdam, als Wanderausstellungen oder als Beiprogramm entsprechender Messen statt. Ein ausdrücklich dem BDSM und der Lederbewegung gewidmetes Museum ist das [[Leather Archives and Museum]] in Chicago mit einer Niederlassung in Amsterdam.<ref>Offizielle Webseite des [https://leatherarchives.org/ Leather Archives and Museum]</ref> |
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''Hauptartikel: [[Sadomasochistische Literatur]]'' |
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=== Film und Fernsehen === |
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Im November 1981 veröffentlichte die US-amerikanische feministische Lesben-Gruppe [[Samois]] unter dem Titel ''Coming to Power: Writing and graphics on Lesbian S/M'' ein Buch, in dem sich Kurzgeschichten mit konkreten Hinweisen und Handlungsanleitungen abwechselten; es gilt als weltweit erstes BDSM-Handbuch. Sein Konzept wurde weltweit von vielen späteren Publikationen übernommen. Seit spätestens Ende der neunziger Jahre gibt es auch in Deutschland entsprechende Literatur, die sich sowohl an hetero- als auch an homosexuelle Lesergruppen richtet. Die bekannteste dieser Veröffentlichungen im deutschsprachigen Raum ist wahrscheinlich ''Das SM-Handbuch'' von Matthias T.J. Grimme. </br> |
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{{Hauptartikel|Liste von Filmen mit Bezug zu BDSM}} |
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Nach der sexuellen Revolution wurden ab den 1960er Jahren literarische Werke wie beispielsweise die ''[[Die Geschichte der O (Film)|Die Geschichte der O]]'' (1975) und ''[[Venus im Pelz (1969, Dallamano)|Venus im Pelz]]'' (1969) sehr explizit verfilmt. Darunter waren auch der Kostümfilm ''[[Marquis de Sade: Justine]] ''(1969), das Sittengemälde ''de Sade'' (1969) oder die direkte Sade-Adaption ''[[Justine (1972)|Justine – Schreie hinter Klostermauern]]'' (1972).<ref>K. Ritzenhoff, K. Randell: ''Screening the Dark Side of Love: From Euro-Horror to American Cinema.'' Palgrave Macmillan, 2016, ISBN 978-1-349-34440-6, S. 135 ff. (englisch)</ref> |
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Mit dem Sachbuch ''Die Wahl der Qual'' von Kathrin Passig und Ira Strübel ist erstmals auch eine Veröffentlichung auf dem Markt, die sich nicht an Personen aus der BDSM-Subkultur wendet, sondern weiten Bevölkerungskreisen eine breite Wissensbasis zum Themenbereich BDSM vermitteln und so Vorurteile abbauen will. Neben den Sachbüchern mit konkretem Praxisbezug gibt es eine umfangreiche Literatur zu mit dem Thema verbundenen wissenschaftlichen Publikationen. |
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Aber auch sadomasochistische Bildwelten und Rituale fanden Eingang in ästhetisch anspruchsvollere Filme oder Autorenfilme wie ''[[Der letzte Tango in Paris]]'' (1972), ''[[Maîtresse (Film)|Maîtresse]]'' (1975), ''[[Der Käfig (1985)|Der Käfig]]'' (1985), ''[[Lulu (1990)|Lulu]]'' (1990) oder ''[[Tokio Dekadenz]] ''(1992). Neosurrealistisch-absurd aufgearbeitet wurden ''[[Fando und Lis]]'' (1968) nach [[Fernando Arrabal|Arrabals]] Theaterstück oder das vom [[Roland Topor]] geschriebene Drehbuch zu dem bizarren Puppenfilm ''[[Marquis (1989)|Marquis]]'' (1989); zu diesem Genre gehören auch ''[[Dorotheas Rache]]'' (1974) oder ''[[Die grausame Frau]]'' (1985), eine Adaption von Sacher-Masochs Venus im Pelz. |
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Unerfüllte erotische Machtfantasien aus der Literatur dienten als Vorlage für das Inquisitionsdrama ''[[Der Hexenjäger]]'' (1968) oder ''[[Die Teufel (Film)|Die Teufel]]'' (1971) auf Grundlage des Romans von [[Aldous Huxley]], bei denen nicht einvernehmliche Grausamkeiten dargestellt werden. Missverständlich adaptierte sadomasochistische Szenen kennzeichnet die Gruppe der Sadiconazista-Filme der 1970er Jahre, sie implizieren eine direkte Verbindung zwischen politischer Barbarei und sexueller Perversion; zu diesen Filmen gehören beispielsweise der Film noir ''[[Der Nachtportier]]'' (1974) und das SS-Bordell in ''[[Salon Kitty]]'' (1976). |
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'''Deutschsprachige Sachbücher''' |
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Wesentlich tiefer in das dominant-devote Seelenleben der Protagonisten tauchen Filme wie ''[[The Image]]'' (1975), ''[[Im Reich der Sinne]]'' (1976) oder ''[[Die Klavierspielerin (Film)|Die Klavierspielerin]]'' nach der Buchvorlage von [[Elfriede Jelinek]] ein.<ref>Wigmoore: ''Sex, Violence and Schubert'' in Amsterdamer Beitrage Zur Neueren Germanistik: ''Processes of Transposition: German Literature and Film'', Band 63, Editions Rodopi B.V., 2007, ISBN 978-90-420-2284-3 (englisch)</ref> |
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* Kathrin Passig und Ira Strübel: ''Die Wahl der Qual.'' Rowohlt-Verlag 2004, ISBN 3-499-61692-0 (Ein informatives Buch für Personen, die sich erstmalig mit der Thematik BDSM auseinandersetzen wollen.) |
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* Matthias T. J. Grimme: ''Das SM-Handbuch.'' Charon-Verlag 2002, ISBN 3-931406-01-6 (Ein eher technisches Handbuch mit Schwerpunkten bei der Erklärung von Praktiken und Sicherheitshinweisen) |
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* Thomas A. Wetzstein et. al. : ''Sadomasochismus. Szenen und Rituale'', Reinbek bei Hamburg, rororo 1994, ISBN 3-499-19632-8 (Basiert auf Auseinandersetzung einer soziologischen Forschergruppe der Universität Trier mit Szenen und Ritualen des Sadomasochismus) |
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* Olaf May: ''Strafrecht und Sadomasochismus'', Shaker Verlag 1997, ISBN: 3-826-555-953 |
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* Norbert Elb: ''SM-Sexualität. Selbstorganisation einer sexuellen Subkultur'', Psychosozial-Verlag 2006, ISBN: 3898064700 |
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Dokumentarisch oder biographisch geprägte Filme waren zunächst eine Seltenheit, wie der Film ''[[Exhibition No. 2]]'' (1978), der das Verhältnis einer Domina und ihrem Sklaven untersucht. Ab den späten 1990er Jahren gelang es Filmen wie ''[[Preaching to the Perverted]]'' (1997), kommerziellen Anspruch und Authentizität miteinander zu verbinden. Mit ''[[SICK: The Life and Death of Bob Flanagan, Supermasochist]]'' (1997), der Doku-Serie ''[[KinK]]'' (2001) und ''[[Wir leben … SM!]]'' (2004) entwickelte sich ein weiterer filmischer Zugang zur Thematik, der sich gezielt auch an breite Zuschauergruppen wendet. [[Rosa von Praunheim]] drehte ein klassisches [[Dokudrama]] über das Leben der Berliner Domina Lady MacLaine mit dem Titel ''[[Dreißig Jahre an der Peitsche]]'' (2024)<ref>{{Internetquelle |url=https://www.missingfilms.de/index.php/filme/10-filme-neu/397-30-jahre-an-der-peitsche|titel=Dreißig Jahre an der Peitsche|hrsg=missingFilms|abruf=2024-10-26}}</ref> |
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'''Englischsprachige Sachbücher''' |
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* Jay Wiseman: ''SM 101: A Realistic Introduction.'' Greenery Press (CA) 1998, ISBN 0-9639763-8-9 (umfangreiches Nachschlagewerk inklusive einiger Schwerpunkte wie „BDSM als Lebensstil“ und „BDSM in der Schwangerschaft“) |
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* William A. Granzig (Vorwort), u. a.: ''Screw the Roses, Send Me the Thorns: The Romance and Sexual Sorcery of Sadomasochism.'' Mystic Rose Books 1995, ISBN 0-9645960-0-8 (Ein reichbebildertes und umfangreiches Handbuch mit Schwerpunkten bei der Erklärung von Praktiken und Sicherheitshinweisen) |
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* Dossie Easton, Janet W. Hardy: ''The New Topping Book.'' Greenery Press (CA) 2002, ISBN 1-890159-36-0 (Praktische und theoretische Einführung für Tops mit Schwerpunkt auf psychologischen Aspekten, praktischen und technischen Fragen, sowie detaillierten Tipps zur Partnersuche) |
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* Dossie Easton, Janet W. Hardy: ''The New Bottoming Book.'' Greenery Press (CA) 1998, ISBN 1-890159-35-2 (Praktische und theoretische Einführung für Bottoms mit Schwerpunkt auf psychologischen Aspekten, praktischen und technischen Fragen, sowie detaillierten Tips zur Partnersuche) |
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* Pat Califia (Hrgs.), Robin Sweeney (Hrgs.):''The Second Coming: A Leatherdyke Reader.'' Alyson Pubns 1996, ISBN: 1555832814 (Fortsetzung des lesbisch-feministischen BDSM-Klassikers ''Coming to Power'') |
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Publikumserfolge wie ''[[9½ Wochen]]'' (1986), ''[[Secretary (Film)|Secretary]]'' (2002) und die Trilogie ''[[Fifty Shades of Grey (Film)|Fifty Shades of Grey]]'' (ab 2015) haben neben einer ästhetischen glatten Aufarbeitung gemein, dass sie insbesondere idealisierte heteronormative Beziehungen darstellen und erotische bürgerliche Macht-/Ohnmachtsfantasien im Sinne eines „sauberen Sado-Maso-Märchens“<ref>Elmar Krekeler: ''[https://www.welt.de/kultur/kino/article137352489/Ein-Film-der-nach-pH-neutralem-Duschgel-riecht.html Ein Film, der nach pH-neutralem Duschgel riecht].'' In: welt.de Abgerufen am 4. Juni 2020.</ref> befriedigen.<ref>Insbesondere zur weiblich-masochistischen Rolle in Filmen vgl. McPhee: ''Female Masochism in Film: Sexuality, Ethics and Aesthetics (Film Philosophy at the Margins).'' Taylor and Francis, 2014, ISBN 978-1-4724-1316-1, S. 85 ff. (englisch)</ref> |
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=== Film und Fernsehen === |
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Nachdem BDSM zunächst unterschwellig als Motiv in einigen Filmproduktionen auftauchte, wurden Anfang der 1960er Jahre bedeutende literarische Werke wie beispielsweise die [[Geschichte der O]] und [[Venus im Pelz]] zum Teil sehr explizit verfilmt. Spätestens mit der Verfilmung von [[9 1/2 Wochen]] wurde das Thema BDSM auch sehr publikumswirksam und kommerziell erfolgreich breiten Zuschauerschichten nahegebracht, wobei hierbei auf eine ästhetische Massenkompatibilität geachtet wurde. Seit den späten 1990er Jahren gelang es Filmen wie ''Preaching to the Perverted'' und [[Secretary]], kommerziellen Anspruch und Authentizität zunehmend miteinander zu verbinden. |
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Neben diesen eher ästhetisch orientierten Filmen existiert ein breiter Markt für sadomasochistische [[Pornografie]] in Form von [[Pornofilm]]en. Der spanische [[Regisseur]] [[Jess Franco]] schuf als typischer Vertreter des [[Exploitationfilm|Exploitation]]-Genres eine große Anzahl Filme, die unter anderem auf Werken des Marquis de Sade basieren und in Deutschland teilweise indiziert sind. |
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Mit der Entwicklung von dokumentarisch geprägten Produktionen wie ''SICK: The Life & Death of Bob Flanagan, Supermasochist'' und ''Wir leben ... SM!'' entwickelt sich mittlerweile ein weiterer filmischer Zugang zur Thematik, der sich gezielt auch an breite Zuschauergruppen wendet. |
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=== Marketing === |
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Nachdem im deutschen Fernsehen Filme mit BDSM-Thematik wie beispielsweise ''9 1/2 Wochen'', ''Tokio Dekadenz'' (auch bekannt als ''Nightlife in Tokio'') oder ''Secretary'' regelmäßig gezeigt werden, gibt es seit dem Jahr 2001 mit der kanadischen Produktion ''Kink'' erstmals auch eine eigenständige TV-Serie, die BDSM zum Inhalt hat. Sie ist bisher in Deutschland nicht ausgestrahlt worden. |
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Seit Anfang der 1990er Jahre werden Motive des BDSM immer wieder im Rahmen größerer [[Marketing]]kampagnen gezielt eingesetzt. Bekannte Beispiele im deutschsprachigen Raum sind Plakatmotive der Zigarettenmarken [[R. J. Reynolds Tobacco Company|Camel]] und [[West (Zigarettenmarke)|West]], die ein in „typische“ Lederkleidung drapiertes Kamel beziehungsweise eine Domina mit Peitsche zum Inhalt haben. Während West das damalige Motiv wegen „Verstoßes gegen die guten Sitten“ noch zurückziehen musste, fanden BDSM-Motive in den folgenden Jahren immer wieder Verwendung.<ref>{{Literatur |Hrsg=Roland Seim, Josef Spiegel |Titel=„Ab 18“ – zensiert, diskutiert, unterschlagen. Beispiele aus der Kulturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland |Verlag=Telos Verlag |Ort=Münster |Datum=2002 |ISBN=3-933060-01-X |Seiten=109}}</ref> |
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So bewarb beispielsweise im März 2007 die Modekette [[Hennes & Mauritz|H&M]] den Verkauf einer von [[Madonna (Künstlerin)|Madonna]] zusammengestellten Modekollektion mit einem Werbevideo im deutschen Fernsehen. Dieses zeigte die Künstlerin, die für die Verwendung sadomasochistischer Sujets wiederholt kritisiert wurde, als dominante Lifestyle-Ikone,<ref>{{Internetquelle |autor=Stern.de |url=http://www.stern.de/lifestyle/leute/:H&M-Mode-Madonna/578068.html |titel=H&M: Mode made by Madonna |datum=2007-02-15 |abruf=2010-11-11}}<!-- und {{cite web| author = Vogue.com| title = Die gezähmte Madonna| url= http://www.vogue.de/vogue/6/content/09614/index.php| accessdate=2010-11-11}} --></ref> die einer unpassend gekleideten Schülerin unter dem Knallen ihrer Gerte Modeweisheiten wie „Don’t think it – you need to know it“ verpasst, um sie anschließend modisch komplett umrüsten zu lassen. |
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In Kanada präsentiert Mini 2005 <!-- war's 2004/2005 oder 2005/2006? -->die Winterausstattung des Mini Cooper in Form einer interaktiven BDSM-Session, in der der User mit Unterstützung einer virtuellen Domina unterschiedlichste Schlagwerkzeuge auf dem Fahrzeug austesten kann und dabei die optionalen Sonderausstattungen erläutert bekommt. Der deutsche Dübelhersteller Fischer nutzt in einem [[Persiflage|persiflierenden]] Videoclip ebenfalls sadomasochistische Sujets zur Darstellung der Qualität seiner Produkte. |
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Das Spektrum der im Verlauf der vergangenen vier Jahrzehnte entstandenen Produktionen ist sehr groß und zeigt, dass BDSM-Themen mittlerweile fest im filmischen [[Mainstream]] verankert sind: [[Image:Armbinder.jpg|250px|thumb|Weiblicher Bottom in Bondage durch ledernem Monohandschuh.]] |
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In den USA tritt [[Anheuser-Busch Companies|Anheuser-Busch]] als Sponsor der Folsom Street Fair auf,<ref>{{Internetquelle |autor=Heather Cassell |url=http://www.edgeboston.com/food_drink////50499/lgbt_advocates_offer_mixed_reaction_to_miller,_coors_merger |titel=LGBT advocates offer mixed reaction to Miller, Coors merger |hrsg=EDGE |sprache=en |abruf=2010-11-11}}</ref> und die Jeansmarke [[Diesel (Modelabel)|Diesel]] schaltete in den letzten Jahren wiederholt sadomasochistische Anzeigenmotive in Modemagazinen. Die Markenanbieter persiflieren hierbei teilweise weitverbreitete Klischees. |
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* 1966: [[Belle de jour – Schöne des Tages]], Louis Bunuel [http://www.herner-netz.de/Luis-Bunuel-020605/luis-bunuel-020605.html IMDb] |
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* 1969: Venus im Pelz, [http://german.imdb.com/title/tt0064626/ IMDb] |
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* 1975: Geschichte der O, [http://german.imdb.com/title/tt0073115/ IMDb] und [[Geschichte der O|diverse weitere „Geschichte der O“-Verfilmungen]] |
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* 1976: Im Reich der Sinne (Ai no corrida), [http://www.imdb.com/title/tt0074102/ IMDb] |
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* 1976: Maîtresse, [http://www.imdb.com/title/tt0074883/ IMDb] (nur Englisch) |
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* 1976: The Punishment of Anne, [http://www.imdb.com/title/tt0073589/ IMDb] (nur Englisch) |
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* 1985: Verführung: Die grausame Frau, [http://german.imdb.com/title/tt0090252/ IMDb] |
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* 1986: [[Blue Velvet]], [http://german.imdb.com/title/tt0090756/ IMDb] |
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* 1986: [[9 1/2 Wochen]], [http://german.imdb.com/title/tt0091635/ IMDb] (nur Englisch) |
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* 1987: Personal Services, [http://www.imdb.com/title/tt0093727/ IMDb] (nur Englisch) (Komödie über ein britisches BDSM-Bordell basierend auf den Geschehnissen um Cynthia Payne) |
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* 1993: Tokio Dekadenz, [http://german.imdb.com/title/tt0105622/ IMDb] |
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* 1994: Exit to Eden, [http://german.imdb.com/title/tt0109758/ IMDb] |
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* 1994: Venus in Furs, [http://german.imdb.com/title/tt0111602/ IMDb] (nur Englisch) (Neuverfilmung) |
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* 1996: Fetishes (''Die Peitsche der Pandora''), [http://german.imdb.com/title/tt0116298/ IMDb] |
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* 1997: Preaching to the Perverted, BRD: The Fetish Club [http://www.preachingtotheperv.com/ Website], [http://german.imdb.com/title/tt0119935/ IMDb] (nur Englisch) (Der Film wird allgemein als Reaktion auf den [[Spanner Case]] angesehen) |
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* 1997: SICK: The Life & Death of Bob Flanagan, Supermasochist [http://www.imdb.com/title/tt0120126/ IMDb] (nur Englisch) (Interviews mit dem sterbenden Performancekünstler [[Bob Flanagan]]) |
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* 1999: Wildly Available, [http://www.imdb.com/title/tt0118170/ IMDb] |
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* 1999: Moonlight Whispers, [http://www.imdb.com/title/tt0208178/ IMDb] (nur Englisch) |
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* 2000: Dirty Pictures [http://www.imdb.com/title/tt0217363/ IMDb] (nur Englisch) (Der Film beruht auf dem Verfahren um die [[Robert Mapplethorpe|Mapplethorpe]]-Ausstellung in Cincinnati) |
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* 2001: Kink, [http://imdb.com/title/tt0254686/ IMDb] (Kanadische Serie) (nur Englisch) |
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* 2001: [[Die Klavierspielerin]], [http://imdb.com/title/tt0254686/ IMDb] |
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* 2002: [[Secretary]], [http://german.imdb.com/title/tt0274812/ IMDb] |
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* 2003: Wir leben ... SM!, [http://german.imdb.com/title/tt0768246/ IMDb] (Dokumentar- und Coming- Out-Film) |
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* 2004: Bettie Page: Dark Angel [http://www.imdb.com/title/tt0397039/ IMDB] |
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* 2005: Extasy in Berlin 1926 von [[Maria Beatty]] |
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* 2006: [[24/7 The Passion of Life]] [http://www.imdb.com/title/tt0450233 IMDb] [http://www.24-7derfilm.de Website] |
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* 2006: [[Psychopathia sexualis]] [http://www.imdb.com/title/tt0419081 IMDb] [http://www.kino.com/psychopathia Website mit mehreren Trailern] (nur Englisch) |
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== Literatur == |
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Neben diesen eher ästhetisch orientierten Filmen existiert natürlich ein breiter Markt für sadomasochistische [[Pornografie]] in Form von [[Pornofilm]]en. |
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=== Deutschsprachig === |
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* {{Literatur |
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|Hrsg=[[Ada Borkenhagen]], [[Elmar Brähler]] |
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|Titel=Wer liebt, der straft? SM- und BDSM-Erotik zwischen Pathologisierung und Anerkennung |
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|Sammelwerk=[[Beiträge zur Sexualforschung]] |
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|Band=105 |
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|Verlag=Psychosozial-Verlag |
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|Ort=Gießen |
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|Datum=2016 |
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|ISBN=978-3-8379-2574-6}} |
|||
* {{Literatur |
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|Autor=Norbert Elb |
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|Titel=SM-Sexualität. Selbstorganisation einer sexuellen Subkultur |
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|Verlag=Psychosozial-Verlag |
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|Ort=Gießen |
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|Datum=2006 |
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|ISBN=3-89806-470-0}} |
|||
* Gisela Fux Wolf: ''BDSM und Psychotherapie. Eine Handreichung auf dem Weg zum kinkrespektvollen Arbeiten''. Reihe Geschlechter und Sexualitäten in Psychotherapie und Beratung. [[Edition assemblage|Edition Assemblage]], Münster 2023, ISBN 978-3-96042-161-0. |
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* {{Literatur |
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|Autor=[[Matthias T. J. Grimme]] |
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|Titel=Das SM-Handbuch |
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|Auflage=14. |
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|Verlag=Charon-Verlag |
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|Ort=Hamburg |
|||
|Datum=2018 |
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|ISBN=978-3-931406-01-1}} |
|||
* [[Arne Hoffmann]]: ''Lexikon des Sadomasochismus.'' Lexikon Imprint Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-89602-290-3. |
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* {{Literatur |
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|Autor=Olaf May |
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|Titel=Strafrecht und Sadomasochismus |
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|Verlag=Shaker Verlag |
|||
|Ort=Aachen |
|||
|Datum=1997 |
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|ISBN=3-8265-5595-3 |
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|Kommentar=zugl. [[Dissertation|Diss.]] [[Christian-Albrechts-Universität zu Kiel|Univ. Kiel]] 1996}} |
|||
* {{Literatur |
|||
|Autor=Kathrin Passig, Ira Strübel |
|||
|Titel=Die Wahl der Qual |
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|Auflage=3. |
|||
|Verlag=Rowohlt |
|||
|Ort=Reinbek bei Hamburg |
|||
|Datum=2009 |
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|ISBN=978-3-499-62408-7}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Elisabeth Wagner |
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|Titel=Grenzbewusster Sadomasochismus: SM-Sexualität zwischen Normbruch und Normbestätigung |
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|Verlag=transcript Verlag |
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|Ort=Bielefeld |
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|Datum=2014 |
|||
|ISBN=978-3-8376-2870-8}} |
|||
* {{Literatur |
|||
|Autor=Thomas A. Wetzstein u. a. |
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|Titel=Sadomasochismus. Szenen und Rituale |
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|Verlag=Rowohlt |
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|Ort=Reinbek bei Hamburg |
|||
|Datum=1993 |
|||
|ISBN=3-499-19632-8}} |
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=== |
=== Englischsprachig === |
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* {{Literatur |
|||
* [http://www.sm-news.de www.sm-news.de] – ''SM-News,'' Lumehr Verlag, Rathausstr. 116, 85757 Karlsfeld. {{ISSN|1613-4567}} (Print), {{ISSN|1612-944X}} (Web) |
|||
|Autor=Ariane Cruz |
|||
<!-- Die ISSNs stehen so auf der Website, sie sind nicht in der Zeitschriftendatenbank (ZDB), aber im OPAC der DDB (http://opac.dbf.ddb.de:30080/) verzeichnet--> |
|||
|Titel=The Color of Kink: Black Women, BDSM, and Pornography |
|||
* [http://www.schlagzeilen.com www.schlagzeilen.com] – ''Schlagzeilen,'' Charon-Verlag Grimme KG, Simon-von-Utrecht-Str. 4c, 20359 Hamburg. {{ISSN|0948-6941}}. |
|||
|Verlag=New York University Press |
|||
|Ort=New York |
|||
|Datum=2016 |
|||
|ISBN=978-1-4798-2746-6}} |
|||
* {{Literatur |
|||
|Autor=Dossie Easton, Janet W. Hardy |
|||
|Titel=The New Bottoming Book |
|||
|Verlag=Greenery Press |
|||
|Ort=San Francisco |
|||
|Datum=2001 |
|||
|ISBN=1-890159-35-2}} |
|||
* {{Literatur |
|||
|Autor=Dossie Easton, Janet W. Hardy |
|||
|Titel=The New Topping Book |
|||
|Verlag=Greenery Press |
|||
|Ort=Oakland |
|||
|Datum=2002 |
|||
|ISBN=1-890159-36-0}} |
|||
* {{Literatur |
|||
|Autor=Robin Ruth Linden |
|||
|Titel=Against Sadomasochism: A Radical Feminist Analysis |
|||
|Verlag=Frog in the Well |
|||
|Datum=1983 |
|||
|ISBN=0-9603628-3-5}} |
|||
* {{Literatur |
|||
|Autor=David M. Ortmann, Richard A. Sprott |
|||
|Titel=Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities |
|||
|Verlag=Rowman & Littlefield |
|||
|Ort=Lanham |
|||
|Datum=2013 |
|||
|ISBN=978-1-4422-1736-2}} |
|||
* {{Literatur |
|||
|Autor=[[Jay Wiseman]] |
|||
|Titel=SM 101: A Realistic Introduction |
|||
|Auflage=2., überarb. u. erweiterte |
|||
|Verlag=Greenery Press |
|||
|Ort=San Francisco |
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|Datum=1998 |
|||
|ISBN=0-9639763-8-9}} |
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== Siehe auch == |
== Siehe auch == |
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{{Portal|BDSM und Fetisch}} |
|||
*[[Fetischismus (Psychologie)|Fetischismus]] |
|||
*[[Sexualität]] |
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*[[Violet Wand]] |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Wiktionary}} |
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{{Commons|Category:BDSM|{{PAGENAME}}}} |
|||
{{Wikibooks|Shibari}} |
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{{Commonscat}} |
|||
'''Aufklärungsseiten zum Thema''' |
|||
'''Deutschsprachige, nicht-kommerzielle Websites''' |
|||
* [https://www.daten-schlag.org/index.html daten-schlag.org] – [[Datenschlag]], ältestes deutschsprachiges Aufklärungsprojekt |
|||
*[http://www.bvsm.de www.bvsm.de] – Bundesvereinigung Sadomasochismus e. V. |
|||
*[http://www. |
* [http://www.sm-outing.de/ SM-Outing.de] – Ratgeber in Sachen [[Outing]] und eventuell damit verbundener Probleme |
||
*[http://www.ig-bdsm.ch www.ig-bdsm.ch] – BDSM in der Schweiz |
|||
*[http://www.smjg.org www.smjg.org] – BDSM-Jugendgruppe |
|||
*[http://www.smikipedia.org www.smikipedia.org] – Ein [[Wiki]]-Projekt. Freie Enzyklopädie des BDSM |
|||
*[http://www.sub-mission.de www.sub-mission.de] – Informationen über die passive Seite des BDSM |
|||
*[http://www.schlagabtausch-hd.de www.schlagabtausch-hd.de] – Informationen zu Sicherheit und Recht |
|||
'''Vereinigungen''' |
|||
'''Englischsprachige, nicht-kommerzielle Websites''' |
|||
* [http://www. |
* [http://www.bdsm.at/ bdsm.at] – BDSM in Österreich |
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* [http://www.ig-bdsm.ch/ ig-bdsm.ch] – BDSM in der Schweiz |
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* [http://www.wipipedia.org www.wipipedia.org] - Ein [[Wiki]]-Projekt. Freie Enzyklopädie des BDSM und Fetischismus |
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* [http://www.maydaysm.de/ maydaySM.de] – Krisenintervention und Adressenvermittlung in Notfällen |
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* [http://spankingart.wikia.com/wiki/Main_Page Spanking Art wiki] - Ein [[wikia]]-Projekt. Sammlung von Quellen zum Thema Spanking aus Kunst, Film und Literatur |
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* [http://www.smjg.org/ smjg.org] – SMJG e. V. (BDSM Jugendvereinigung bis 27 Jahre) |
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* [http://www.leatherarchives.org Leder Archiv und Museum, Chicago] - eine Sammlung von Medien, Ausstellungsstücken und Literatur zur Geschichte der Lederbewegung |
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* [http://www.ds-arts.com/siteindex.html D/s ARts: SMBD] Darstellung der asiatischen Perspektive von D/s |
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'''Englischsprachige Websites''' |
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'''Hilfe- und Notfall-Telefonnummern''' |
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* [http://www.wipipedia.org/ wipipedia.org] – Ein [[Wiki]]-Projekt. Freie Enzyklopädie des BDSM und Fetischismus |
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*[http://www.smart-rhein-ruhr.de www.smart-rhein-ruhr.de] - Smart Rhein-Ruhr |
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*[http://www.bdsm-berlin.de www.bdsm-berlin.de] - BDSM Berlin |
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*[http://www.sm-outing.de www.sm-outing.de] - Hilfe bei unfreiwilligem Outing |
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== Einzelnachweise == |
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|Autor=Arne Hoffmann |
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|Titel=Das Lexikon des Sadomasochismus. Der Inside-Führer zur dunklen Erotik: Praktiken und Instrumente, Personen und Institutionen, Literatur und Film, Politik und Philosophie. |
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Aktuelle Version vom 7. April 2025, 13:43 Uhr

BDSM ist die Sammelbezeichnung für eine Gruppe von Sexualpräferenzen, die oft unschärfer auch als Sadomasochismus (kurz SM oder Sado-Maso) bezeichnet werden. Das mehrschichtige Akronym wird aus den Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnungen Bondage & Discipline, Dominance & Submission und Sadism & Masochism gebildet.
Der Begriff umfasst eine Gruppe von sexuellen oder sexualisierten Verhaltensweisen, die unter anderem mit Dominanz und Unterwerfung, spielerischer Bestrafung sowie Lustschmerz oder Fesselspielen in Zusammenhang stehen. Er entstand in den 1990er Jahren zunächst in der Alltagskultur und wird inzwischen auch in der wissenschaftlichen Literatur verwendet.
In der subkulturellen Szene der Praktizierenden haben sich bestimmte Verhaltensregeln, eine eigene „Sprache“, Sicherheitskonventionen und Symbole etabliert. Die Szene trifft sich beispielsweise bei Stammtischen und SM-Partys, inzwischen spielt auch das Internet für die Kommunikation innerhalb der Subkultur eine wichtige Rolle. BDSM wird manchmal mit sexueller Gewalt und einer stereotypen weiblichen Rolle assoziiert, weshalb sowohl innerhalb der Subkultur wie auch aus dem Feminismus zum Teil heftige Kritik formuliert wird. Diese Verbindung zeigt sich auch in der rechtlichen Bewertung, die länderübergreifend sehr unterschiedlich ausfällt.
Es ist unklar, wie viele Menschen tatsächlich BDSM praktizieren oder von solchen Praktiken fantasieren; die empirischen Untersuchungen reichen von 2 bis 62 % der Bevölkerung.[1] Einvernehmlicher Sadismus und Masochismus werden heute nur noch unter bestimmten Umständen in medizinische Klassifikationssysteme eingeordnet. Seit der Veröffentlichung des DSM-5 im Jahr 2013 schreibt die Fachwelt Paraphilien nicht mehr grundsätzlich Krankheitswert zu.
Inzwischen hält eine interdisziplinäre Betrachtung (z. B. unter dem Einbezug moderner neurowissenschaftlicher Verfahren) Einzug in die Erforschung und frühere psychopathologische Ätiologiemodelle weichen einem biopsychosozialen Modell ohne Pathologisierung.[1] Die BDSM-Szene arbeitet in verschiedenen Vereinigungen und mit Öffentlichkeitsarbeit gegen Stigmatisierung an und wirbt um mehr Verständnis für diese speziellen Vorlieben. Soziologische Untersuchungen beschäftigen sich unter anderem auch mit der Verteilung der einzelnen Präferenzen und deren Ausgestaltung in verschiedenen Gruppen der Subkultur.
Historische Bezüge zu sadomasochistischen Praktiken reichen weit zurück, ab Mitte des 20. Jahrhunderts entstand langsam die Subkultur aus der Lederszene und begann, sich selbst ab den 1970er Jahren auch als solche zu definieren. In der Literatur gibt es zahlreiche Beispiele für sadomasochistische Praktiken. Zu den bekanntesten Autoren gehören Marquis de Sade und Sacher-Masoch, von denen auch die Begriffe Sadismus und Masochismus abgeleitet wurden. BDSM-Bezüge finden sich in der zeitgenössischen Musik, in Film, Fernsehen, im Theater und Marketing. BDSM als Thema in der Kunst ist häufig mit Fetischismus verbunden; es gibt viele Comics, Fotografien und Zeichnungen, die beide Themen porträtieren.
Grundlagen
BDSM ist ein Sammelbegriff für bestimmte Arten sexuellen Verhaltens und Erlebens. Unter dem Begriff vereinigen sich verschiedene Subkulturen, die zum Teil sehr unterschiedliche Begriffe und eine eigene „Sprache“ verwenden. Alle Varianten des BDSM haben gemeinsam, dass sich die Beteiligten freiwillig aus ihrer Gleichberechtigung in ein verändertes Machtgefüge begeben. Der devote Partner gibt dabei einen bestimmten Teil seiner Autonomie ab und überlässt sie dem dominanten Partner (Power Exchange).[2]
Verhaltenskodex
Die Freiwilligkeit als entscheidendes Kriterium gilt grundsätzlich bei allen sexuellen Handlungen. Um bei potenziell risikobehafteten Aktivitäten Einvernehmlichkeit zwischen den Beteiligten sicherzustellen und damit die verwendeten Praktiken von strafbarer sexueller Gewalt klar abzugrenzen, gibt es in der BDSM-Szene weitgehend akzeptierte Verhaltensregeln. Die Einvernehmlichkeit zwischen den Beteiligten grenzt BDSM sowohl rechtlich als auch ethisch von Vergehen oder Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung und von Gewalt und Missbrauch ab. Die Einwilligung zu einem sadomasochistischen Geschehen kann demnach nur geben, wer die Folgen seiner Zustimmung hinreichend abschätzen kann. Generell muss es möglich sein, die Einwilligung jederzeit widerrufen zu können, beispielsweise mit einem vorher vereinbarten Signalwort, einem sogenannten Safeword.[3]
Diese Grundprinzipien werden seit den 1990er Jahren unter der englischen Bezeichnung safe, sane and consensual (SSC) zusammengefasst. Dies bedeutet so viel wie „sicher, mit klarem Verstand und in gegenseitigem Einverständnis“. Einige Anhänger des BDSM bevorzugen einen etwas anderen Verhaltenskodex mit der englischen Bezeichnung RACK (risk-aware consensual kink), was etwa so viel bedeutet wie „risikobewusstes, einvernehmliches sexuelles Handeln“; sie wollen damit stärker die das Risikopotenzial betreffende Eigenverantwortung der beteiligten Partner betonen.[4]
Trotz der umfangreichen Konventionen im Bereich Sicherheit kommt es auch im BDSM-Bereich zu Übergriffen. Eine 2015 veröffentlichte Studie der National Coalition for Sexual Freedom mit 4598 Personen aus den USA ergab, dass 29 % der Befragten im Zusammenhang mit BDSM eine Verletzung der vereinbarten Rahmenbedingungen erlebt hatten. 8,9 % der Befragten wurden ohne ihre Einwilligung oral, anal oder vaginal penetriert (12,5 % Frauen, 3 % Männer, 10,6 % Queer und 8,7 % Transgender). Nur 29 Personen brachten diese Vorfälle zur Anzeige, obwohl 96 von ihnen eine Verletzung erlitten hatten, die medizinische Hilfe erforderte.[5]
Weitverbreitete Rollenmodelle
Top und Bottom
Im BDSM nennt man den Partner Top (engl. oben) oder Dom, der die aktive Rolle in einer meist durch die Ausübung von Schmerz, Erniedrigung oder Unterwerfung geprägten BDSM-Handlung hat. Der als Bottom (engl. unten) oder Sub bezeichnete Partner setzt sich für eine bestimmte Zeit freiwillig solchen Handlungen aus und ist der sogenannte passive Teil. Häufig ist der Bottom derjenige, der zum Beispiel durch seine Festlegung von Grenzen und Tabus die Handlung im Wesentlichen bestimmt. Dieser Rahmen wird im Allgemeinen durch ausgiebige Kommunikation im Vorfeld der eigentlichen Handlung bestimmt, bei der auch sicherheitsrelevante Aspekte wie Safeword, gesundheitliche Einschränkungen etc. besprochen werden.[6][7]
Switch
Einige BDSM-Anhänger switchen, das bedeutet, sie übernehmen sowohl die dominante als auch die devote Rolle. Sie praktizieren dies entweder innerhalb einer einzigen Handlung oder nehmen diese unterschiedlichen Rollen in unterschiedlichen Sessions mit demselben oder mit unterschiedlichen Partnern ein.[8]
Session
BDSM-Handlungen finden während einer festen Zeitspanne meist in Form eines erotischen Rollenspiels statt; ein einzelnes BDSM-Spiel wird Session genannt. Viele der innerhalb von BDSM ausgeübten Praktiken wie Schmerzzufügung, Erniedrigung oder Unterwerfung würden ohne den Zusammenhang zur speziellen sexuellen Vorliebe als unangenehm empfunden werden. Geschlechtsverkehr wie etwa Oral-, Vaginal- oder auch Analverkehr kann innerhalb einer Session vorkommen, ist jedoch nicht essenziell.[9]
Sicherheit

Neben den allgemeinen Empfehlungen für Safer Sex erfordern BDSM-Sessions im Regelfall weitergehende Sicherheitsmaßnahmen als sogenannter „Vanillasex“, d. h. als ein Sexualleben ohne BDSM-Elemente.[10] Damit die Handlungen stets in dem von den Teilnehmern gewünschten Rahmen bleiben, haben sich in der BDSM-Szene eine Reihe von Sicherheitskonventionen etabliert.[11] Dieses Dogma der Sicherheit wird damit erklärt, dass BDSMler versuchen, sich damit von der inhärenten Konnotation von Sex und Gewalt zu lösen. Sie wenden sich damit gegen die Unterstellung, dass BDSM grundsätzlich gefährlich, krankhaft und missbräuchlich sei.[12]
Um die Einvernehmlichkeit der Praktiken sicherzustellen, wird – besonders zwischen unbekannten Partnern – generell zu einem intensiven Vorgespräch über die Wünsche der Beteiligten und den Verlauf sowie die Grenzen der geplanten Aktivitäten geraten.[13] Entsprechende detaillierte Gespräche sind allgemein üblich,[14] meist werden diese im Laufe einer Beziehung zunehmend informeller.[15] Zusätzlich wird in der Regel auch ein Safeword vereinbart, bei dessen Nennung die Handlung zu jeder Zeit unmittelbar abgebrochen werden muss. Bei realen Treffen virtuell angebahnter Kontakte stellen einige BDSM-Organisationen und -Websites Cover-Möglichkeiten zur Verfügung, die als Schutz bei Blinddates dienen.[16]
Das breite Spektrum unterschiedlichster BDSM-„Spielzeuge“ sowie angewandter physischer und psychischer Manipulations- und Kontrolltechniken macht häufig Detailwissen aus unterschiedlichen Gebieten wie Anatomie, Physik oder Psychologie notwendig. Praktische Sicherheitsaspekte sind generell von entscheidender Bedeutung.[17][18] Etliche verwendete Techniken lassen sich nicht intuitiv anwenden und erfordern neben Wissen auch Übung und Anleitung. Dies kann z. B. in speziellen Workshops oder durch die Anleitung erfahrener BDSMler erreicht werden. In einer Studie von 2009 gaben 85 % der befragten 1405 praktizierenden BDSMler (überwiegend US-Amerikaner) an, einen Mentor zu haben und mit diesem sowohl praktisches wie auch theoretisches Wissen ausgetauscht zu haben.[19]
Ebenfalls im Bereich Sicherheit verortet wird die Nachsorge des Bottoms. Nach einer Session ist es aufgrund der Ausschüttung von Opioidpeptiden, insbesondere Endorphinen bei intensivem Erleben, durchaus möglich, dass der Bottom einige Minuten oder auch Stunden braucht, um seine körperlichen Bedürfnisse wieder voll wahrnehmen zu können.[20] In dieser Phase der Erholung wird es als Pflicht des Tops betrachtet, sich um den Bottom zu kümmern und entsprechend zu reagieren. Dies gilt ebenso für Sessions, die abgebrochen werden, weil sich der Bottom mental oder körperlich überfordert fühlt (sog. Absturz).[21][22]
Teilaspekte

Das mehrschichtige Akronym BDSM steht für mehrere unter diesem Oberbegriff zusammengefasste physische und psychische Teilaspekte.
- B & D Bondage and Discipline (Fesselung und Disziplinierung)
- D & S Dominance and Submission (Beherrschung und Unterwerfung)
- S & M Sadism and Masochism (Sadismus und Masochismus)
Dieses Modell zur Differenzierung dreier Aspekte des BDSM ist heute in der Literatur zunehmend gebräuchlich, stellt aber lediglich den Versuch einer phänomenologischen Trennung dar. In der individuellen Ausprägung sexueller Vorlieben überschneiden sich die hier getrennten Aspekte häufig.
Bondage/Discipline
Bondage
Der englische Begriff Bondage (Fesselung) bezeichnet Praktiken der Fesselung zur Erregung und Steigerung sexueller Lust.[23] Bondage spielt in allen Bereichen des BDSM eine mehr oder weniger wichtige Rolle, kann aber auch losgelöst von den anderen Spielarten des BDSM als eine eigenständige Praktik ausgeübt werden. Sexualität und Erotik sind wichtige Aspekte innerhalb des Bondage, allerdings sind sie häufig nicht Selbstzweck. Weitere Schwerpunkte können wie z. B. beim japanisch inspirierten Shibari in der Ästhetik, der Empfindung und der Konzentration liegen.
1985 durchgeführte Studien in den USA kamen zum Ergebnis, dass etwa die Hälfte aller Männer und viele Frauen Bondagespiele für erotisch halten.[24] 1996 gaben bei der Befragung von US-amerikanischen Studenten 24 % der Befragten an, sexuelle Phantasien zu haben, die von Bondage handelten, angeführt von homo- und bisexuellen Männern mit 40 %, lesbische und bisexuelle Frauen folgten mit 32 %, während die Zahl bei heterosexuellen Frauen auf 24 % und bei heterosexuellen Männern auf 21 % abfiel. Praktische Erfahrungen mit Bondage hatten 48 % der lesbischen und bisexuellen Frauen, 34 % der homo- und bisexuellen Männer und 25 % aller Heterosexuellen.[25]
Discipline
Unter Discipline versteht man im Bereich des BDSM die Disziplinierung des Bottoms, um sein Verhalten mit Regeln und Ritualen an die Wünsche des Tops anzupassen. Dabei kann ein System aus Körperstrafen und Belohnungen durch den Top eingesetzt werden.[26] Eine Verschmelzung mit Praktiken aus dem Bereich des Bondage ist häufig, die Abgrenzung zu rein schmerzbetontem Sadomasochismus manchmal schwierig. Der Begriff Discipline wird oft auch fälschlich verwendet, um Erziehungsspiele aus dem Bereich Dominance and Submission zu beschreiben.
Dominance and Submission

Das Begriffspaar Dominance und Submission (D/s) kommt ebenfalls aus dem Englischen und bedeutet Herrschaft/Dominanz sowie Unterwerfung/Unterordnung. Man bezeichnet damit ein angestrebtes ungleiches Machtverhältnis oder eine spielerische Änderung des sozialen Status zwischen Partnern. Obwohl dies auch in anderen Partnerschaften der Fall sein kann, die sich selbst nicht als sadomasochistisch auffassen, gilt es bewusst gelebt als Teilbereich des BDSM. Die Variationsbreite der individuellen Ausprägungen ist dabei groß. Die angestrebte Wirkung kann beispielsweise durch Erziehungs- oder Statusspiele geschehen.[27] Zu diesen Spielarten gehören u. a. Rollenspiele wie Ageplay, bei dem ein gespielter Altersunterschied das Machtgefälle betont, ebenso wie das Petplay,[28] bei dem der Statusunterschied zwischen Halter und Tier nachgestellt wird, oder Varianten der Keuschhaltung. In der BDSM-Szene werden mit D/s auch häufig die Begriffspaare Herr/Sklave oder Dom/Sub verbunden.
D/s kann ohne weitere BDSM-Elemente ausgelebt werden oder andere als wesentliches Element einschließen; die Dauer der Machtverschiebung reicht von einzelnen Sessions über die Integration ins Alltagsleben (sog. 24/7) bis hin zu einer permanenten Unterwerfung eines Partners im Sinne des Total Power Exchange (engl. „totaler Machtaustausch“).[29] Ausgleichende Elemente für Beherrschung und Unterwerfung sind dabei Fürsorge und Hingabe, die sich jeweils ergänzen und so stabile Beziehungen ermöglichen. Das Verhältnis zwischen Top und Bottom wird gelegentlich mit sogenannten „Sklavenverträgen“ besiegelt, die zwar keinerlei rechtliche Bedeutung besitzen, aber für die Beteiligten eine große emotionale und symbolische Bedeutung haben können.[30][31]
Sadomasochismus
Im Teilbereich Sadomasochismus werden Praktiken angewendet, die dazu dienen, Schmerzen zu empfangen (Lustschmerz) oder zuzufügen. Sadomasochismus kann eigenständig ausgeübt werden, aber wie bei den anderen Teilbereichen sind Vermischungen häufig.
Betrachtet man Sadomasochismus auf einer körperlichen Ebene, lässt sich feststellen, dass es mit der gezielten Zufügung von physischen Schmerzen und anderen intensiven Sinneseindrücken verbunden ist. Die hierdurch ausgeschütteten Endocannabinoide werden in ihren Auswirkungen von BDSM-Anhängern häufig mit dem sogenannten Runner’s High oder den Nachwirkungen eines Orgasmus verglichen.[32]
In einer qualitativen, explorativen Studie mit neun masochistischen Personen beschrieben diese unter anderem eine Verbindung von körperlichem Schmerz mit Hochgefühl und den Wunsch, die masochistische Erfahrung zu wiederholen. Die Autoren sahen darin ein suchtartiges Verhalten und zogen Parallelen zu Drogen- und Glücksspielsucht.[33]
Beziehungsarten

Wie in der Gesamtbevölkerung gibt es innerhalb der BDSM-Szene alle denkbaren Arten von Beziehungen, die von Gelegenheitssex über Ehe bis hin zu polyamor ausgelebten Beziehungsgeflechten reichen. Unterschieden werden diese Beziehungen häufig aufgrund des Anteils oder der Qualität des BDSM innerhalb der Gesamtgestaltung der Beziehung.
Spielbeziehungen
Es gibt keine feststehende Definition dieses Begriffs. Analog zum erotischen Rollenspiel spricht man von Spielbeziehungen und meint zum einen gleichberechtigte Partnerschaften, in denen BDSM Teil oder Vorspiel der Sexualität ist, zum anderen können mit dem Begriff Spielbeziehungen aber auch Sexbeziehungen gemeint sein, die ausschließlich das gemeinsame Ausleben bestimmter sexueller Fantasien zum Ziel haben.
Langfristige Beziehungen
Frühe Schriften aus dem wissenschaftlichen Bereich und der BDSM-Szene erwähnen kaum langfristige Beziehungen. Die schwule Lederszene sah kurzfristige Spielbeziehungen als den einzig möglichen Weg an, um BDSM auszuleben, und empfahl, zu heiraten und die Neigung außerhalb der Ehe in Spielbeziehungen zu befriedigen. Die erste Studie, die zeigte, dass langfristig funktionierende Beziehungen mit BDSM-Elementen unter BDSM praktizierenden Personen existieren, erschien 2003. Dabei wurden 17 heterosexuelle Paare untersucht. Sie beschrieben ihr Interesse an ihren Neigungen als einen andauernden Prozess und zeigten Flexibilität und Adaption an die Interessen des Partners.
Eine perfekte Übereinstimmung bei den sexuellen Vorlieben war dabei selten, die meisten Probanden mussten einige eigene Vorlieben zurückstellen oder einige ihres Partners annehmen. Dabei gaben die meisten Paare an, nicht genug Zeit zu haben, um ihre dominante oder submissive Rolle auch im Alltag innerhalb einer sogenannten 24/7-Beziehung (24 Stunden / 7 Tage pro Woche) auszuleben.[34] Im Falle dieser Beziehungen geht BDSM über einen rein sexuellen Aspekt hinaus und reicht in das nicht erotisch konnotierte Alltagsleben eines Paares hinein.
Professionelle Dienstleistungen
Als Domina wird eine Frau bezeichnet, die gegen Entgelt dominante und/oder sadistische BDSM-Praktiken anbietet. Laut Prostitutionsgesetz gilt die Tätigkeit von Dominas als Prostitution, weil sie zwar in der Regel keinen Geschlechtsverkehr mit ihren Kunden praktizieren, aber eine sexuelle Dienstleistung anbieten.[35] Die männliche Entsprechung der Domina wird als „Sado“ bezeichnet. Im selben Umfeld arbeiten professionelle Bottoms, die als „Sklavia“ oder „Zofe“ bezeichnet werden. Australische Wissenschaftler stellten fest, dass mit der Legalisierung der Prostitution in ihrem Land der Anteil BDSM-bezogener Dienstleistungen gestiegen ist.[36]
Szene, Subkultur und Gesellschaft
Es existiert eine BDSM-Szene, in der sich gleichgesinnte Menschen über BDSM-relevante Themen und Probleme austauschen können. Diese Szene hat den Charakter einer Subkultur, weil BDSM von der Öffentlichkeit und den Medien noch immer meist als „bizarr“, „pervers“ oder „krank“ betrachtet wird.[37] Da sie Unverständnis und Ausgrenzung fürchten, verbergen viele Menschen ihre Neigung vor der Gesellschaft.
Diese Szene zeigt sich vor allem im Internet in Communitys wie FetLife oder der Sklavenzentrale, in Szenemedien wie Zeitschriften und auf Veranstaltungen wie SM-Partys, Stammtischen und der Messeveranstaltung BoundCon sowie auf einigen Erotikmessen. Mit der jährlich in Berlin stattfindenden Folsom-Europe-Parade gibt es in Deutschland eine aus der Leder-Subkultur hervorgegangene Veranstaltung, die BDSM im Rahmen öffentlicher Straßenveranstaltungen thematisiert. Auch bei den zahlreichen CSD-Paraden ist die Szene mit Gruppen vertreten.
Symbole

Zu den am weitesten verbreiteten Symbole der BDSM-Szene gehören Halsband und eine Abwandlung der Triskele innerhalb eines Kreises.[38] Die Triskele hatte im Laufe der Zeit viele verschiedene Bedeutungen in vielen Kulturen; ihre Verwendung leitet sich im BDSM von der Beschreibung des Ringes der O in dem Buch Geschichte der O ab.[39] Insbesondere in Europa ist der Ring der O als Schmuck getragenes Symbol der Zugehörigkeit zur BDSM-Szene verbreitet,[40] findet sich aber auch in der Gothic-Szene und als Modeschmuck wieder.
Die Leather-Pride-Flagge ist ein Symbol, das ursprünglich aus der Lederbewegung stammt, aber auch in der ganzen Szene Verwendung findet. Auf Grundlage dieser Fahne entstand die BDSM-Rights-Flagge, die in der Mitte eine Triskele trägt. Sie soll die Überzeugung ausdrücken, dass Menschen, die in ihrer Sexualität oder Beziehung Elemente des BDSM ausleben, die gleichen Grundrechte haben und nicht für den einvernehmlich praktizierten BDSM diskriminiert werden sollen.[41]
BDSM- und Fetisch-Motive haben sich im Alltagsleben der westlichen Gesellschaften durch so unterschiedliche Faktoren wie avantgardistische Mode, Rap, Hip-Hop, Heavy Metal, Science-Fiction-Fernsehserien und Spielfilme immer weiter ausgebreitet und werden von vielen Menschen bereits nicht mehr bewusst mit ihren BDSM-Wurzeln in Verbindung gebracht.[42][43]
Soziologische Aspekte
Vorkommen

BDSM wird von allen Schichten der Gesellschaft und allen sexuell aktiven Altersgruppen praktiziert und kommt bei jeder sexuellen Orientierung bei allen binären und nichtbinären Geschlechtsidentitäten in unterschiedlichsten Ausprägungen und Intensitäten vor.[44] Diese reichen von „Fesselspielchen“ szenefremder Paare im heimischen Schlafzimmer, die sich selbst mit dem Begriff BDSM nicht bewusst in Verbindung bringen, bis hin zu inszenierten Vorführungen bei öffentlichen Großveranstaltungen, wie beispielsweise auf den international in mehreren Großstädten stattfindenden Folsom-Paraden.
Neuere Untersuchungen zum Thema Verbreitung von BDSM-Fantasien und -Praktiken schwanken erheblich in der Bandbreite ihrer Ergebnisse. Zusammenfassend lässt sich jedoch feststellen, dass die Autoren davon ausgehen, dass zwischen 2 % und 62 % der Bevölkerung regelmäßig Sexualpraktiken ausüben, die mit der Lust an Schmerzen bzw. mit Macht und Ohnmacht oder entsprechenden Fantasien zusammenhängen. Die niedrigste Zahl stammt aus einer australischen Studie mit 19.307 an BDSM interessierten Teilnehmern, von denen 2,2 % der Männer und 1,3 % der Frauen angaben, im letzten Jahr an BDSM-bezogen Aktivitäten beteiligt gewesen zu sein.[45] Der Bevölkerungsanteil mit entsprechenden Phantasien lag in einer kanadischen Studie von 2015 bei 62 %; 64,6 % der Frauen und 53,3 % der Männer hatten Fantasien, in denen sie sexuell dominiert wurden, 46,7 % der Frauen und 59,6 % der Männer gaben an, davon zu fantasieren, jemanden sexuell zu dominieren.[46][47]
Laut einer Konsumentenbefragung 2005 von 317.000 Personen in 41 Ländern verwendeten rund 20 % der weltweit Befragten bereits einmal Masken, Augenbinden oder sonstige Bondage-Utensilien, 5 % bekannten sich ausdrücklich zu Sadomasochismus; im Jahr zuvor bekannten sich weltweit 19 % der Befragten zu praktiziertem Spanking und 22 % zum Gebrauch von Augenbinden und/oder Handschellen.[48][49] Insbesondere das Erscheinen des Buches 50 Shades of Grey 2011 führte zu einem gesteigerten Interesse an BDSM-Praktiken. Vor der Premiere der Verfilmung im Jahre 2015 warnte die Londoner Feuerwehr vor dem Shades-of-Grey-Effekt und rechnete mit einem Anstieg der Einsätze, um Menschen aus Handschellen oder ähnlichen Notlagen zu befreien. Die Sexunfälle dokumentierte die Feuerwehr unter dem Hashtag Shades of Red.[50] Englische Baumärkte bereiteten sich ebenfalls auf eine verstärkte Nachfrage vor und stockten ihre Vorräte an Kabelbindern, Seilen und Klebeband auf. Zusätzlich gaben sie ihren Mitarbeitern eine Handreichung, um auf Anfragen dieser speziellen Kundengruppe antworten zu können.[51]
Teilgruppen nach Orientierung
Entgegen dem von vielen BDSMlern gepflegten Ideal einer toleranten, inkludierenden und pansexuellen Szene, die es in einigen virtuellen und lokalen Communities tatsächlich gibt, trennt sich die Subkultur in verschiedene Teilgruppen.[52] So ist eine deutliche Trennlinie zwischen hetero- und homosexuell ausgelebten Orientierungen sichtbar, die bei Veranstaltungen ersichtlich wird, an denen überwiegend Heterosexuelle oder aber Schwule und Lesben teilnehmen, gemischte Gruppen jedoch viel seltener vorkommen.
Dies zeigt eine deutlich wahrnehmbare Unterscheidung der Szene in heteronormative Lebensstile und eine Marginalisierung der alternativen LGBTI*-Community innerhalb der BDSM-Szene. In ihrer historischen Entwicklung haben schwul-lesbische und queere BDSMler eigene, auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Subkulturen entwickelt und möchten diese nicht zugunsten einer anderen, heterosexuell zentrierten Teilgruppe aufgeben. Einige BDSMler bewegen sich zwischen diesen Teilgruppen, aber in der Praxis erscheint die als neutral definierte BDSM-Szene als überwiegend auf Heterosexuelle ausgerichtet.[53][54]
Geschlechterverteilung und -unterschiede
Die Geschlechterunterschiede und persönlichen Merkmale von BDSMlern wurden in jüngerer Zeit untersucht. Wismeijer und van Assens Studie von 2013 zeigten, dass die Identifizierung mit der Rolle und dem Geschlecht stark und bedeutsam sind. Dabei waren nur 8 % der Frauen, die sich als dominant verstanden, im Gegensatz zu 75 %, die sich als submissiv definierten.[55] In der Studie von Hébert und Weaver von 2014 zeigten sich ähnliche Anteile, hier waren 9 % der Frauen dominant und 88 % der Frauen submissiv,[56] während 2017 bei Weierstall und Giebel 19 % der Frauen dominant und 74 % der Frauen submissiv waren. Sie schlossen daraus, dass Männer häufiger zu dominanten Praktiken neigen, während Frauen die submissive Rolle bevorzugen.[57] Diese Folgerung deckt sich mit einer Studie von 2015, die zeigte, dass Frauen insgesamt dominante Männer bevorzugen; und für kurzfristige Beziehungen und Sex nicht nur dominante, sondern darüber hinaus sogar aggressive Partner wählen. Ebenso zeigten Untersuchungen der Unterschiede der sexuellen Fantasien, dass Frauen submissive und passive gegenüber dominanten und aktiven Fantasien vorziehen; die Fantasien haben dabei häufig Zwang und Vergewaltigung zum Inhalt.[58]
Frauen und Masochismus
Während die meisten Außenstehenden annehmen, dass Frauen sich selbst überproportional häufig als submissiv oder masochistisch definieren, kam Roy Baumeister in einer Studie von 2010 zu anderen Ergebnissen; seiner Ansicht nach sollten keine Vermutungen bezüglich Gender und der masochistischen Rolle im BDSM gemacht werden. Eine Erklärung dafür, dass die Gesellschaft solche Vorstellungen annimmt, sind kulturelle und soziale Vorstellungen der Weiblichkeit. Masochismus kann sogar einige dieser typischerweise weiblichen Stereotype durch die Feminisierung von Männern oder durch betont weibliche Kleidung annehmen. Solche Vorstellungen der submissiven, masochistischen Rolle sollten jedoch nicht als Verbindung zwischen derselben und einer stereotypischen weiblichen Rolle interpretiert werden; masochistische Rollen beinhalten keine dieser Vorstellungen.[59]
Die Psychologin und Anthropologin Prior argumentiert, dass, auch wenn Frauen sich anscheinend in traditionellen und submissiven Rollen bewegen, BDSM es ihnen und den dominanten Frauen erlaubt, ihre eigene Stärke durch ihre sexuelle Identität auszudrücken und zu erleben. In einer Studie von 2013 definierte sich die Mehrzahl der Frauen als Bottom, Sub, Gefangene oder (Sex-)Sklavin, ohne dass dies einen Bruch mit ihrer feministischen Haltung darstellte. Tatsächlich hätten die Frauen die Wahrnehmung, dass ihre feministische Identität durch ihre gewählte Rolle noch bestärkt wurde. Für sie sind diese Rollen sexuell und emotional befriedigend. Prior stellte fest, dass die dritte Welle des Feminismus es ermöglichte, dass BDSMlerinnen ihre Sexualität ausdrücken können, ohne den Idealen des Feminismus zu widersprechen; sie empfinden sich selbst als integrierte, ausgeglichene und starke Frauen.[60]
Vorurteile und Kritik

Wie bei allen anderen sexuellen Minderheiten existieren zahlreiche Vorurteile, Klischees und Stereotype bezüglich BDSM in der Gesellschaft. Diese Vorurteile werden insbesondere durch eine wertkonservative Haltung begünstigt, die BDSM mit Kriminalität, Krankheit und nicht heteronormativen Verhaltensweisen verbinden. Ebenfalls kann die Ablehnung nicht-reproduktiver Sexualität zu solchen Vorstellungen führen.[61] Ein typisches Problem ist zum Beispiel, dass es für Außenstehende häufig nicht erkennbar ist, ob es sich um einvernehmlich ausgeübte Sexualpraktik oder Gewalt handelt.[62] Es ist auch durch bloßes Ansehen einer Handlung, beispielsweise einer Vorführung oder einer Filmszene, nicht möglich zu erkennen, ob es sich für die Beteiligten um eine Inszenierung mit abgesprochenen Regeln handelt oder nicht.[63]
Viele Menschen kennen aus den Medien und Pornofilmen das Erkaufen sadomasochistischer Dienstleistungen von Dominas durch männliche Kunden; hieraus entspringen ebenfalls viele Klischees, beispielsweise das des erfolgreichen Mannes, der sich nachts von einer Domina quälen lässt.[64] Neben dem Klischee der peitschenschwingenden Domina stellt der in Leder gekleidete Sadomasochist ein ebenfalls weitverbreitetes Rollenklischee dar, das vor allem aus Filmszenen und Bildern der Lederszene herrührt.
Tatsächlich wurde in einer 2008 durchgeführten Studie mit 3058 Mitgliedern der BDSM-Szene aus verschiedenen Ländern ermittelt, dass 37,5 % der Teilnehmenden schon ein- oder mehrmals Opfer von Diskriminierung, Belästigung oder Vorurteilen wurden.[65]
Feministische Kritik
In den 1970er Jahren entstand in den USA die radikalfeministische, anti-pornografische Aktivistinnengruppe Women Against Violence in Pornography and Media (dt. Frauen gegen Gewalt in Pornografie und Medien), die BDSM als ritualisierte Gewalt gegen Frauen zutiefst ablehnte und bekämpfte.[66] Diese standen Samois gegenüber, einer Organisation, die sich für die Rechte lesbischer BDSMlerinnen einsetzte.[67] Die heftig geführten Auseinandersetzungen zwischen den Radikalfeministinnen und den sex-positiven Feministinnen mündeten in den Feminist Sex Wars (dt. Sex-Krieg der Feministinnen),[68] die bis heute andauern (vgl. hierzu auch Feminismus und Femdom). Im deutschsprachigen Raum wurde die radikalfeministische Position gegen Pornografie und Gewalt u. a. von Alice Schwarzer aufgegriffen, die 1987 die PorNO-Kampagne initiierte. Sie kritisiert die Vermischung von Sexualität und Gewalt und lehnt jede Form des BDSM strikt ab.[69] Diese Position, die auch von anderen Feministinnen geteilt wird, wird kritisiert, weil sie zum einen die Existenz weiblicher Dominanz negiert und zum anderen sadomasochistische Frauen von der Frauenbewegung entfremdet hat.[70] Die Kampagne wird immer wieder neu aufgelegt, zuletzt 2007.
BDSM und Faschismus
Verschiedene Historiker, darunter William L. Shirer, sahen eine Verbindung zwischen dem Nationalsozialismus und sexueller Devianz; so beschreibt er in Aufstieg und Fall des Dritten Reiches den Verleger des Stürmer Julius Streicher als einen notorischen Perversen und verdorbenen Sadisten, der ständig eine Peitsche bei sich trug. Am anderen Ende des sadomasochistischen Spektrums verortet er Adolf Hitler mit einer masochistischen Neigung, von einer liebenden Frau beherrscht zu werden.[71] Insbesondere in der feministischen lesbischen Betrachtung des BDSM wird eine Verbindung zwischen Sadomasochismus und Faschismus diskutiert. Ausgelöst wurde diese Diskussion durch den 1975 erschienenen Beitrag Fascinating Fascism von Susan Sontag,[72] in dem sie sich unter anderem mit der sexualisierten Erotik in Leni Riefenstahls Werk beschäftigt. Sontag sieht eine natürliche Verbindung zwischen BDSM und Faschismus. Irene Reti argumentiert später, dass BDSM-Techniken wie Bestrafung, Disziplinierung und Erniedrigung direkt von angewandten Nazi-Praktiken importiert wurden.[73]
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in Israel der von dem Auschwitz-Überlebenden Yehiel Feiner geschriebene Roman House of Dolls (dt. Haus der Puppen), in dem weibliche Lagerhäftlinge zu sexuellen Diensten gezwungen werden. Der Erfolg des Buches gilt als literarischer Türöffner für die semipornografischen Stalagim, ein Naziploitation-Genre, in dem insbesondere erotisch sexualisierte Brutalitäten durch weibliche SS-Lagerwachen betont werden. 1969 wurde mit Love Camp 7 der erste Naziploitation-Film in den USA gedreht, es folgten Filme wie Ilsa, She Wolf of the SS (1975). Die Kritikerin Lynn Rapport bezeichnet dieses Genre als Holocaust Pornography und weist darauf hin, dass in solchen Filmen die Verbindung zwischen Nazi-Ikonographie, politischer Ideologie und Gewalt mit Sexualität hergestellt wird.[74][75] In dem 1975 von Pier Paolo Pasolini inszenierten Film 120 Tage von Sodom, einer Verfilmung des gleichnamigen Buchs von de Sade, wird durch die Ansiedlung der Handlung in einem fiktiven faschistischen Staat eine direkte Verbindung von Folter, Vergewaltigung und Mord mit sadomasochistischen Motiven hergestellt.[76] Innerhalb der Szene werden diese Assoziationen weitgehend negiert, dennoch gibt es, insbesondere in Verbindung mit Uniformfetischen, erotische Nazi-Rollenspiele und Pornografie, in der diese Fantasien thematisiert werden.[77][78]
Kontroversen innerhalb der Subkultur
Innerhalb der BDSM-Szene gibt es einige kontrovers geführte Diskussionen, insbesondere geht es dabei um Begrifflichkeiten, Abgrenzungen und Rollenbilder. Beispielsweise wird die Frage, ob es sich bei sadomasochistischen Praktiken um Gewalt handelt oder nicht, unterschiedlich beantwortet. Manche BDSMler sehen dies, analog zu medizinischen Eingriffen, die auch bei Einwilligung eine Körperverletzung darstellen, immer als sexualisierte Gewalt an. Andere BDSMler sehen die Praktiken hingegen als eine theaterähnliche Darstellung an, in der die Gewalt nicht real ist.[79] Für einen Teil der Szene stellt bereits die Fragestellung eine unzulässige Vermischung von Sexualstraftat und einvernehmlichem BDSM dar, sie sehen BDSM als die sozialverträgliche Variante der sexuellen Gewalt an. Die Diskussion wurde unter anderem auch von der feministischen Kritik am BDSM geprägt. Trotz Einvernehmlichkeit, SSC und Gesetzeslage bleibt die Grenzziehung zwischen legitimer und illegitimer Gewalt letztlich nicht einfach.[80]
Ebenfalls diskutiert wird die Verwendung des Begriffs Sklaverei. Einige BDSMler finden die Bezugnahme auf die historische reale Grausamkeit der Sklaverei befremdlich, die sich vor allem durch die Verwendung des Begriffspaares Herr/Sklave zeigt. People of Color, die in der Szene deutlich unterrepräsentiert sind, beschreiben neben Ablehnung unter anderen auch Schuldgefühle bei ihrer Anwendung im BDSM.[81]
Coming-out

Bei einigen Personen, die sich von durch den Begriff BDSM umschriebenen Situationen angezogen fühlen, kommt es im Laufe ihres Lebens zum so genannten Coming-out. Während sich Homosexuelle auch in der Öffentlichkeit zunehmend zu ihrer sexuellen Ausrichtung bekennen, halten sich Sadomasochisten noch immer vergleichsweise bedeckt. Obwohl je nach Erhebungsbasis etwa 5 bis 25 % der US-amerikanischen Bevölkerung entsprechende Neigungen aufweisen,[82][83] sind abgesehen von einigen Künstlern so gut wie keine Prominenten als Sadomasochisten bekannt. Ein entsprechendes Bekanntwerden der eigenen Neigungen kann für Sadomasochisten noch immer verheerende berufliche und gesellschaftliche Auswirkungen haben. Dennoch gaben in einer 2008 veröffentlichten Studie 57 % der befragten 3098 BDSMler an, offen zu ihren Neigungen zu stehen.[84] Dass das Bekanntwerden privaten Engagements in diesem Bereich noch immer zu erheblichen beruflichen Problemen und einer Stigmatisierung der Betroffenen führen kann, zeigen exemplarisch die Fälle des UN-Waffeninspekteurs Jack McGeorge aus dem Jahr 2003 und der Spanner Case in Großbritannien. Hier ist ein wichtiger Unterschied zu der nur ansatzweise vergleichbaren Situation Homosexueller zu sehen. Der im Einzelfall entstehende Leidensdruck wird in der Regel öffentlich weder thematisiert noch zur Kenntnis genommen, führt jedoch oft zu einer schwierigen psychologischen Situation, in der die Betroffenen einem hohen emotionalen Stress ausgesetzt sind.[85] Unabhängig vom Alter kann das Coming-out manchmal in eine Lebenskrise führen, die sich bis hin zu Selbsttötungsabsichten oder realisierter Selbsttötung steigern kann.
Öffentlichkeitsarbeit
Nachdem sich in den USA 1997 und in Großbritannien 1996 mit der National Coalition for Sexual Freedom (NCSF)[86] bzw. der Sexual Freedom Coalition (SFC)[87] erste Interessenvertretungen gebildet haben, die es sich zur Aufgabe machen, proaktive Öffentlichkeitsarbeit zum Thema BDSM zu betreiben, zeichnete sich eine ähnliche Entwicklung auch im deutschsprachigen Raum ab. Hierbei treten nach außen hin häufig die größeren regionalen Vereine wie der 1999 gegründete BDSM Berlin und 1992 gegründete SMart Rhein-Ruhr, aber auch die 2003 gegründete Bundesvereinigung Sadomasochismus mit der Entwicklung von Informationsmaterial und Pressearbeit in Erscheinung. Mit der seit 1996 betriebenen Website und Mailingliste Datenschlag entstand im Internet eine der größten Bibliografien sowie eine der ausführlichsten historischen Quellensammlungen zum Thema BDSM.[88]
SM-Partys und -Clubs
SM-Partys sind Veranstaltungen, auf denen sich BDSM-Anhänger und Interessierte treffen, um zu kommunizieren, Erfahrungen und Erlebnisse auszutauschen und zu „spielen“. Die Partys ähneln oft denen der Schwarzen Szene mit mehr oder minder striktem Dress-Code; in der Regel ist das frivole Kleidung bzw. Teilbekleidung aus Lack (Vinyl, PVC), Leder, Latex, Lycra o. Ä., die deutlich körperbetonend wirkt bzw. die primären oder sekundären Geschlechtsmerkmale besonders hervorhebt. Ziel solcher Dresscodes ist es, eine erotisierende Stimmung zu erzeugen und Spanner fernzuhalten.[89]
BDSM wird auf diesen Partys öffentlich, beispielsweise auf einer Bühne, oder mehr oder weniger privat in Separees ausgelebt.[90] Geschlechtsverkehr steht hierbei nicht im Mittelpunkt der Aktivitäten. Ein Grund für die verhältnisweise große Verbreitung dieser Art von Veranstaltungen ist das dortige Angebot von „Spielgeräten“, wie beispielsweise Andreaskreuze, Strafböcke oder Käfige. Solche Partys bieten sowohl exhibitionistisch als auch voyeuristisch Veranlagten ein Forum, ihre Neigung ohne soziale Ablehnung auszuleben. BDSM-Partys gibt es in jeder größeren Stadt.
BDSM-Clubs (wie der Hamburger Club de Sade) bieten mit einem mehr oder weniger regelmäßigen Programm Themen-Partys und themenfreie „Spielabende“, analog zum Geschäftsbetrieb herkömmlicher Diskotheken. Die soziale Kontrolle auf diesen Partys bzw. in den Clubs ist jedoch in der Regel weitaus höher als in Diskotheken. Auf Konsensualität bei öffentlichen SM-Spielen wird strikt geachtet. Auch gibt es privat organisierte bzw. nicht oder nur mäßig gewinnorientierte Partys, die von BDSM-Gruppen und Einzelpersonen organisiert werden. Minderjährige haben weder zu Partys noch in Clubs Zutritt.
Medizin und Psychologie
Medizinische Einordnung
Früher wurden viele der innerhalb von BDSM gelebten Praktiken generell dem Sadismus oder dem Masochismus zugerechnet und im Sinne einer Triebstörung seitens der Psychiatrie als krankhaft eingeschätzt und als Störung der Sexualpräferenz (Paraphilie) katalogisiert. Aufgrund einer veränderten Wahrnehmung und einer Verschiebung sozialer Normen wird BDSM in der Medizin nur noch dann als Problem gesehen, wenn der Betroffene anders als durch die Ausübung sadistischer oder masochistischer Praktiken keine sexuelle Befriedigung erlangen kann, oder seine eigene sadistisch oder masochistisch geprägte Sexualpräferenz selbst ablehnt und sich in seinen Lebensumständen eingeschränkt fühlt oder anderweitig darunter leidet.
ICD
Mit der seit 2022 gültigen ICD-11 wird einvernehmliche Ausübung sadomasochistischer Praktiken nicht als krankhaft eingestuft. Als Variante der individuellen sexuellen Erregung ist eine Behandlung weder indiziert noch wird sie nachgesucht. Neigungen zu BDSM werden nur noch als pathologisch eingestuft, wenn sie zwanghaft ausgeübt werden, mit bedeutenden gesundheitlichen Schäden oder dem Tod einhergehen oder der Ausübende selbst darunter leidet.[91][92]
Vor 2022 handelte es sich nach ICD-10 es sich um eine „Störung der Sexualpräferenz“ (Schlüssel F65.5), die dort wie folgt beschrieben wurde: „Es werden sexuelle Aktivitäten mit Zufügung von Schmerzen, Erniedrigung oder Fesseln bevorzugt. Wenn die betroffene Person diese Art der Stimulation erleidet, handelt es sich um Masochismus; wenn sie sie jemand anderem zufügt, um Sadismus. Oft empfindet die betroffene Person sowohl bei masochistischen als auch sadistischen Aktivitäten sexuelle Erregung.“[93] Die Organisation ReviseF65 arbeitete seit Mitte der 1990er Jahre daran, die Unterschlüssel F65.0, F65.1 und F65.5 (Fetischismus, Transvestitismus und Sadomasochismus) aus dem ICD und den verschiedenen Klassifikationssystemen zu entfernen. Am 24. April 1995 entfernte Dänemark als erster Mitgliedsstaat der Europäischen Union Sadomasochismus vollkommen aus seinem nationalen Klassifikationssystem für Krankheitsbilder, im Januar 2009 folgte Schweden.[94][95] Norwegen und Finnland entschieden sich in den Jahren 2009 und 2010 ebenfalls zur Streichung.[96][97]
Die Arbeitsgruppe der WHO zur Revision der ICD stellte 2017 fest, dass die Stigmatisierung und Diskriminierung von Fetischisten und BDSMlern nicht mit den Menschenrechten vereinbar sei, wie sie die Vereinten Nationen und die World Health Organisation für grundlegend erachten, und strebte die Entfernung aus dem Register an.[98]
DSM
In der Vergangenheit wurde BDSM vom Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM), das der American Psychiatric Association ihre diagnostischen Leitlinien vorgibt, als Störung der Sexualpräferenz betrachtet.[99] Nach Kampagnen verschiedener Organisationen, darunter der National Coalition for Sexual Freedom, die sich für die Entpathologisierung des BDSM einsetzt, kam es ab 1994 zur Änderung dieser Kriterien. Mit Erscheinen des DSM IV im Jahr 1994 wurden neue Diagnosekriterien veröffentlicht, nach denen BDSM eindeutig nicht mehr als krankhaft kategorisiert wurde.
Im aktuellen DSM-5 (2013) wird abweichendem sexuellen Verhalten wie sadomasochistischen Präferenzen nicht mehr grundsätzlich Krankheitswert zugeschrieben, sondern nur noch dann, wenn sie bei der betroffenen Person mit Leidensdruck einhergehen oder nicht sozialverträglich sind, also die Gesellschaft schädigen.[100] Eine Überlagerung von sexuellen Präferenzstörungen und der Ausübung von BDSM-Praktiken kann jedoch vorkommen.
Psychologische Einordnung
Psychoanalytische Entstehungstheorien

Es gab und gibt zahlreiche psychoanalytische Theorien zur Erklärung, wieso Menschen einen Lustgewinn aus Schmerz, Schmerzzufügung, Erniedrigung, Demütigung und anderen Aspekten des BDSM ziehen. Dabei wurde von den meisten frühen Sexualwissenschaftlern, Psychiatern und Psychoanalytikern davon ausgegangen, dass derartiges Verhalten überwiegend bei Männern vorkomme. Inzwischen ist bekannt, dass der Frauenanteil merklich höher liegt als bei den anderen als Paraphilie eingeordneten Verhaltensweisen.
Eine der frühesten Entstehungstheorien ist das von Bénédict Augustin Morel im Jahre 1857 formulierte Degenerationsmodell.[101] Er gab psychischen Störungen eine religiöse Deutung. Seiner Ansicht nach handelte es sich um Abweichungen vom gottgewollten Menschenbild infolge des Sündenfalls.[102]
Richard von Krafft-Ebing erläutert in seinem 1886 erschienenen Werk Psychopathia sexualis alle damals bekannten Perversionen und Anomalien des Sexuallebens. Er kategorisierte die Störungen in neue Begriffe wie Masochismus und Sadismus.[103] Für ihn war für die Beurteilung der Pathologie eines Verhaltens das bürgerliche Verständnis „naturgegebener Geschlechtscharaktere“ entscheidend; ein sadistischer Mann und eine masochistische Frau waren im Sinne einer reproduktiven Sexualität als nahe der Norm einzustufen und entsprachen dem Rollenverständnis der damaligen Zeit, wohingegen eine sadistische Frau und ein masochistischer Mann als „Verkehrung der seelisch-sexuellen Natur“ am weitesten von der Norm entfernt sind.[104]
In seinen ab 1897 erschienenen Werk Studies of the Psychology of Sex differenziert Havelock Ellis erstmals zwischen einvernehmlichen sadomasochistischen Praktiken, die er als Algolagnie bezeichnete, und allgemeiner Grausamkeit und betonte die emotionale Verbindung zwischen den Beteiligten.[105][106] Seine Ansichten wurden nicht allgemein geteilt und gingen im wissenschaftlichen Diskurs unter.
Sigmund Freud veröffentlichte 1905 seine Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie, in denen er die Entstehung von Sadismus und Masochismus als eine Störung der Entwicklung in der frühkindlichen Sexualität begriff (vergleiche Infantile Sexualität).[107] Seiner Ansicht nach beginnt die sexuelle Entwicklung eines Menschen bei der Geburt, und sofern sich dieser Mensch gesund entwickle, würde er am Ende seiner Sexualentwicklung eine gesunde und reife Sexualität erreicht haben. Störungen dieser Entwicklung zeigen sich nach Freud in Fehlentwicklungen wie Paraphilien oder Sadismus und Masochismus. 1915 ergänzte er diese Erklärungen mit der Triebtheorie,[108] nach der der Sadismus ein Teil der natürlichen Ausstattung des Mannes sei. Er orientiert sich hier an Krafft-Ebing, der Männern einen natürliche aggressive Geschlechterrolle zuschrieb.[109][110] Freuds Zeitgenosse und Schüler Isidor Sadger prägte 1913 schließlich die Bezeichnung „Sado-Masochismus“.[111] Freuds Theorien dominierten den wissenschaftlichen Diskurs über Jahrzehnte.
Einen weiteren psychoanalytisch geprägten Ansatz verfolgten Schorsch und Becker in den 1970er Jahren.[112] Sie sahen im Sadismus eine Störung in der frühkindlichen Entwicklung, die im Verlauf eine brüchige männliche Identität und ein angst- und konfliktbeladenes Verhältnis zu Frauen auslösen könne. Laut Schorsch und Becker überwindet der sadistische Mann damit die Angst vor Unterwerfung, während der masochistische Mann Kastrationsängste bewältigt.[113][114] Frauen fehlen in der Betrachtung. Ebenfalls von Freud beeinflusst war die Theorie von Robert Stoller (Perversion – Die erotische Form von Hass, 1975), die Entwicklung des Sadomasochismus einer kindlichen Frustration zuschrieb.[115] Er beschrieb SM zunächst als sexualisierten Hass, revidierte jedoch seine Meinung 1991 nach einer Neubetrachtung seiner Studien und warb für Verständnis und eine alternative Betrachtungsweise des Sadomasochismus.[116] Fritz Morgenthaler beschrieb ab 1974[117] abweichendes sexuelles Verhalten, zu dem er neben SM auch Homosexualität zählte, als „Plombe“, mit der der Riss durch in der narzisstischen Entwicklung erlittene Traumata repariert werden solle. Im Gegensatz zu anderen Forschern war Morgenthaler mit therapeutischen Empfehlungen wegen der damit verbundenen Risiken zurückhaltend.[118]
Erklärungsmodelle anderer Denkschulen
Neben den psychoanalytischen Erklärungstheorien gibt es weitere Modelle, die versuchen, die Entstehung von sadomasochistischen Präferenzen zu erklären. Dazu gehört das lerntheoretische Erklärungsmodell, bei dem davon ausgegangen wird, dass durch klassische und operante Konditionierung ursprünglich nicht sexuelle Reize zu sexuell erregenden Reizen werden; genauso wie bei der traditionellen Sexualität wird ihrer Ansicht nach die abweichende Sexualität erlernt.[119] Andere Modelle sind zum Beispiel der biologisch-kulturelle Erklärungsansatz von Ford und Beach (1951),[120] die Lovemaps – innerpsychische Schemata für Sexualität von John Money (1986)[121] – und Masochismus als Kompensation der Alltagsbelastung von Roy Baumeister (1988).[122]
Psychologische Aspekte
Es existieren nur wenige Studien, die psychologische Aspekte des Themas BDSM unter Berücksichtigung moderner wissenschaftlicher Standards betrachten. Eine zentrale Untersuchung zu dem Thema stammt von dem US-amerikanischen Sexualwissenschaftler Charles Moser und wurde 1988 im Journal of Social Work and Human Sexuality veröffentlicht.[85] Er kommt zu dem Schluss, dass es generell an Daten über die psychischen Probleme von BDSM-Anhängern fehlt, sich aber dennoch einige grundsätzliche Tatsachen herauskristallisieren. Er betont, dass es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass BDSM-Anhänger gemeinsame Symptome oder irgendeine gemeinsame Psychopathologie haben, und auch aus der klinischen Literatur kein konsistentes Bild von BDSM-Anhängern hervorgegangen ist. Moser weist darauf hin, dass nicht nachgewiesen werden kann, dass BDSM-Anhänger überhaupt irgendwelche besonderen psychiatrischen oder gar auf ihren Vorlieben beruhenden, spezifisch nur bei ihnen auftretende Probleme haben, die im direkten Zusammenhang mit ihrer Orientierung stehen. Moser kommt in seiner Arbeit zusammenfassend zu dem Schluss, dass keinerlei wissenschaftliche Grundlage existiert, die es begründen könnte, Personen dieser Gruppe Arbeits- oder Sicherheitsbescheinigungen, Adoptionsmöglichkeiten, Sorgerechte oder andere gesellschaftliche Rechte oder Privilegien zu verwehren.[85]
Eine australische Umfragestudie mit über 19.000 Antwortfragebögen kam 2008 zu dem Schluss, dass eine BDSM-Neigung und die Auslebung derer als reguläre sexuelle Spielart einer Minderheit anzusehen sei. Ein Zusammenhang mit psychologischen Traumata und Problemen mit Sexualität bestehe nicht.[123] Eine Untersuchung aus demselben Jahr bestätigte einen Zusammenhang zwischen dem Persönlichkeitsmerkmal Experience Seeking (Bedürfnis nach neuen und starken Reizen) und tatsächlich praktiziertem BDSM.[124]
2013 führten Wismeijer und van Assen eine Vergleichsstudie zu den psychologischen Charakteristika praktizierender BDSMler durch. Die Ergebnisse zeigten, dass BDSMler weniger neurotisch, extrovertierter, offener gegenüber neuen Erfahrungen, weniger anfällig für Zurückweisung, weniger unsicher innerhalb ihrer Beziehung sind und ein subjektiv höheres Wohlbefinden empfinden als die Vergleichsgruppe ohne BDSM-Präferenzen. Innerhalb der einzelnen Gruppen sind diese positiven Aspekte innerhalb der dominanten Personengruppe stärker ausgeprägt als bei den submissiven. Die übernommene Rolle lässt laut Wismeijer auch Rückschlüsse auf die Persönlichkeit zu; Menschen, die oft den dominanten Part übernehmen, erscheinen mental stärker. Sie sind innerhalb der Gruppe am ausgeglichensten, Switcher bewegen sich in der Mitte. Submissive bilden zwar innerhalb der Gruppe das Schlusslicht, schneiden aber laut der Studie immer noch besser ab als die Personen, die keine BDSM-Sexualpraktiken praktizieren. Wismeijer gab an, dass eine Studie allein nicht darüber bestimmen sollte, ob BDSM als Krankheit im DSM kategorisiert werden sollte, aber zusammen mit anderen Studien würden diese neueren Ergebnisse nahelegen, dass BDSM eher eine Wahl des Lebensstils sei, wenn auch möglicherweise eine seltsame.[125]
Da je nach Operationalisierung (z. B. Identifikation als „BDSM-practicioner“ VS der Frage nach einzelnen konkreten Praktiken wie Fesseln oder körperliche Überwältigung im sexuellen Kontext) 2 bis 62 Prozent der Bevölkerung in der einen oder anderen Form BDSM zuzurechnenden Sexualpraktiken nachgehen, ist die Einordnung als „seltsam“ oder ungewöhnlich jedoch in Frage zu stellen[126][1]. In der Psychoanalyse entstanden verschiedene Theorien zur Entstehung der als Paraphilien bezeichneten Präferenzen. Die moderne Psychologie untersucht in diesem Zusammenhang vor allem, ob es bei den Praktizierenden gemeinsame Charakter- oder Persönlichkeitsmerkmale gibt, die möglicherweise eine Erklärung für die Vorlieben liefern. Inzwischen hält eine interdisziplinäre Betrachtung (z. B. unter dem Einbezug moderner neurowissenschaftlicher Verfahren) Einzug in die Erforschung und frühere psychopathologische Ätiologiemodelle weichen einem biopsychosoziales Modell ohne Pathologisierung.[1]
Geschichte
Begriffsentwicklung

Die Entwicklung des Begriffs BDSM ist vielschichtig. Ursprünglich waren Sadismus und Masochismus reine Fachausdrücke für psychologische Erscheinungen, die als psychische Erkrankung eingestuft wurden. Die Begriffe leiten sich von den Autoren Marquis de Sade und Leopold von Sacher-Masoch ab. 1843 veröffentlichte der ungarische Arzt Heinrich Kaan unter der Bezeichnung Psychopathia sexualis eine Schrift, in der er die Sündenvorstellungen des Christentums in medizinische Diagnosen umwandelt. Die ursprünglich theologischen Begriffe „Perversion“, „Aberration“ und „Deviation“ wurden so erstmals Teil der Wissenschaftssprache. Der deutsche Psychiater Richard von Krafft-Ebing führte in seiner Schrift Neue Forschungen auf dem Gebiet der Psychopathia sexualis 1890 die Begriffe „Sadismus“ und „Masochismus“ erstmals in die Medizin ein.[127] Nachdem Sigmund Freud 1905 in seinen Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie Sadismus und Masochismus als aus einer fehlerhaften Entwicklung der kindlichen Psyche entstehende Krankheiten dargestellt hatte und so die weitere Beurteilung des Themas auf Jahrzehnte hinaus grundlegend beeinflusste, prägte schließlich 1913 der Wiener Psychoanalytiker Isidor Sadger in seinem Artikel Über den sado-masochistischen Komplex erstmals den zusammengesetzten Begriff „Sado-Masochismus“.[128]
Erwin J. Haeberle, Präsident der DGSS, problematisierte diese ursprünglich von singulären historischen Figuren abgeleiteten Begrifflichkeiten, die zugleich einen pathologischen Bezug beinhalteten. Masoch protestierte vergeblich dagegen, dass sein Name für eine simplifizierende Schublade herhalten musste. Nach Haeberle hätten Benennungen für Homosexualität als „Leonardismus“, „Michelangelismus“ oder „Tschaikowskyismus“ nicht den Diskurs versachlicht, sondern nur die jeweilige historische Persönlichkeit herabgewürdigt.[129]
Die BDSM-Szene distanziert sich heute stark von de Sade, da dessen amoralische Philosophie nicht mit den moralischen Prinzipien RACK oder SSC vereinbar ist. Die BDSM-Szene versuchte sich mit dem Ausdruck „B&D“ für Bondage und Discipline von dem pejorativ konnotierten Begriff „S&M“ abzugrenzen. Die Abkürzung BDSM wurde wahrscheinlich in den frühen 1990er Jahren in der Subkultur um die Newsgroup alt.sex.bondage geprägt. Sie ist dort im Juli 1991 zum ersten Mal nachweisbar. Später wurde auch der Bereich Dominance and Submission in den Bedeutungsumfang von BDSM integriert, wodurch das heute gebräuchliche[130] mehrschichtige Akronym entstand.
Historische Bezüge

Sadomasochistische Praktiken werden bereits auf einigen der ältesten Keilschrifttafeln der Welt beschrieben, verbunden mit Ritualen zu Ehren der Göttin Inanna. Diese belegen, dass die frühen sumerischen Stadt-Könige Rituale durchführten, in welchen sie sich der Göttin (bzw. deren Priesterin als Manifestation der Göttin) unterzuordnen hatten. Es wird auch auf alte Schriften wie Inanna und Ebih verwiesen, in welchen Rituale erwähnt werden, welche „von Schmerz und Ekstase durchdrungen“, was zur Initiation des Ensis (Stadtfürsten) und zu Reisen mit veränderten Bewusstseinszuständen führte.[131][132] Seit dem 9. Jahrhundert v. Chr. wurde in Artemis Orthia – einer der bedeutendsten religiösen Stätten der antiken griechischen Stadt Sparta – mit dem Kult der Orthia eine präolympische Religion praktiziert. Hierbei kam es zu regelmäßigen rituellen Flagellationen. Diese diamastigosis genannten Auspeitschungen wurden von den Priesterinnen an jungen heranwachsenden Männern durchgeführt. Diese Rituale werden von einer Reihe antiker Autoren erwähnt, darunter auch Pausanias.[133]
Eines der ältesten grafischen Zeugnisse sadomasochistischer Praktiken stammt aus einem etruskischen Grab in Tarquinia. In der Tomba della Fustigazione (Grab der Züchtigung, Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr.) sind zwei Männer dargestellt, wie sie eine Frau beim Liebesspiel mit einer Rute und mit der Hand schlagen.[134][135] Ein anderes Zeugnis über Flagellation findet sich im 6. Buch der Satiren des antiken römischen Dichters Juvenal (1. bzw. 2. Jahrhundert n. Chr.) sowie im Satyricon von Petronius, in dem zur sexuellen Erregung eines Delinquenten gepeitscht wird.[136][137][138]
Im Kamasutra werden vier Schlagarten beim Liebesspiel, die für Schläge zulässigen Trefferzonen des menschlichen Körpers und die Arten der lusterfüllten Schmerzenslaute des Bottoms dargestellt. Die Textsammlung weist ausdrücklich darauf hin, dass Schlagspiele genauso wie Kneifen und Beißen beim Geschlechtsverkehr nur in gegenseitiger Übereinstimmung stattfinden dürfen, da sie nicht von allen Frauen als lustvoll empfunden werden. Aus dieser Sicht dürfte das Kamasutra den ersten schriftlich überlieferten Text über SM-Praktiken und -Sicherheitsregeln darstellen.[139] Andere Quellen verwenden eine wesentlich weiter gehende Definition und schildern BDSM-ähnliches Verhalten in noch früheren Epochen und aus ganz anderen Kulturräumen, beispielsweise die mittelalterlichen Flagellanten oder die Gottesgerichte einiger amerikanischer Indianervölker.[140]
Einige Autoren sehen das mittelalterliche Phänomen der höfischen Liebe in all seiner sklavischen Unterwerfung und Hingabe als einen zumindest teilweisen Vorläufer von D/s.[141] Das erste gedruckte Werk zum Flagellantismus ist der 1639 erschienene Tractus de usu flagrorum in re Medica et Veneria (lat. für Eine Abhandlung zum Gebrauch der Peitsche in Medizin und Sexualität) des deutschen Arztes Ioannes Henricus Meibomius.[142] 1749 erschien John Clelands Roman Fanny Hill, in dem ebenfalls Flagellationsszenen beschrieben werden. Mit Erscheinen des Buches wurde die Flagellation auch europaweit als sexuelle Spielart bekannt; die Franzosen bezeichneten die erotische Flagellation als le vice anglais, die englische Sünde.[143] Berichte über auf Flagellation spezialisierte Bordelle reichen bis zum Jahr 1769 zurück. Das erste bekannte SM-Möbelstück ist das Berkley-Horse,[144] das 1828 von der Londoner Domina Theresa Berkley entworfen wurde[145] und ihr ein Vermögen einbrachte.[146]
Entwicklung des modernen BDSM
Die Wurzeln der modernen BDSM-Kultur liegen im Dunkeln. BDSM-Motive und Bilder haben während des gesamten 20. Jahrhunderts an den Rändern der westlichen Kultur existiert. Robert Bienvenu sieht die Wurzeln des modernen BDSM in drei wesentlichen Quellen, die er als „europäischen Fetisch“ (seit 1928), „amerikanischen Fetisch“ (seit 1934) und „schwule Lederbewegung“ (seit den 1950er Jahren) bezeichnet.[147] Eine andere Quelle sind die in Bordellen ausgeübten Sexualpraktiken, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen.
Lederbewegung

Weite Teile des heutigen BDSM-Gedankenguts lassen sich auf die Subkultur der männlichen homosexuellen Lederszene zurückführen, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg aus der US-amerikanischen Motorradfahrer-Subkultur entwickelte.[148][149]
In seinem 1972 veröffentlichten Buch Leatherman’s Handbook fasste Larry Townsend diese Ideen zusammen, die man später als „Old Guard“-Lederbewegung bezeichnen sollte.[150] Der in diesem Werk beschriebene Verhaltenskodex basierte auf strengen Formvorschriften und festgeschriebenen Rollen in Bezug auf das Verhalten der Beteiligten. Die Lederbewegung wird heute meistens eher als Teilmenge der BDSM-Kultur betrachtet, anstatt als eine aus der Schwulenkultur stammende Entwicklung, obwohl in der Vergangenheit ein großer Teil der organisierten BDSM-Subkultur tatsächlich homosexuell war. Die sogenannte New-Guard-Lederbewegung entstand in den 1990er Jahren als Reaktion auf die der Old-Guard-Lederbewegung zugrunde liegenden Beschränkungen.[151] Diese Bewegung war dem Switchen gegenüber positiv eingestellt, akzeptierte ein viel breiteres Spektrum erotischer Spielarten und beförderte die Anzahl der pansexuellen Clubs.
Internet
Ab Mitte der 1990er Jahre bot erstmals das Internet die Gelegenheit, in weiten Teilen der Welt, aber gerade auch in den jeweiligen lokalen Regionen, andere Menschen mit speziellen sexuellen Vorlieben zu finden und sich anonym mit ihnen auszutauschen. Dies führte geradezu zu einem massiven Anstieg in der Verbreitung von Informationen und dem Interesse am Thema BDSM.[152] In dieser frühen Phase spielte insbesondere die Usenet-Gruppe alt.sex.bondage eine Pionierrolle.[153] In der Folgezeit begannen, neben herkömmlichen Sexshops, immer mehr Anbieter in Online-Sexshops, auch BDSM-Spielzeug in ihr Sortiment aufzunehmen oder sich gleich ausschließlich auf diese Zielgruppe zu spezialisieren. Das ehemalige Nischensegment entwickelte sich so zu einem festen Bestandteil des Geschäfts mit Erotikzubehör.
Das Internet schuf außerdem neue Möglichkeiten der Interaktion zwischen Top und Bottom, insbesondere über Chat, E-Mail und Videokonferenz.[154] Mit der Finanziellen Dominanz entstand eine neue Spielart des BDSM, welche überwiegend online praktiziert wird.[155]
Rechtlicher Status
Es hängt von der Rechtslage einzelner Staaten ab, ob Praktiken aus dem BDSM eine rechtliche Relevanz haben oder eine Straftat darstellen können. In Deutschland bleiben BDSM-Praktiken grundsätzlich straffrei, solange eine Einwilligung vorliegt. Nur wenn schwere Verletzungen oder Lebensgefahr drohen, ist eine Einwilligung nicht möglich.[156]
In den Niederlanden, in Japan, in Kanada[157][158] und in den skandinavischen Ländern stellen diese Praktiken in der Regel keine Straftat dar, solange in die Handlung eingewilligt wurde und die Beteiligten bei Bewusstsein sind, um diese Einwilligung auch weiterhin zu signalisieren. In Österreich und Italien[159] gibt es keine gefestigte Rechtslage, während in der Schweiz BDSM-Praktiken teilweise strafbar sein können.[160] In den USA ist die Rechtslage uneinheitlich,[161] im Vereinigten Königreich sind auch einvernehmliche Praktiken verboten.[162] Auch in Ländern, in denen einvernehmliche BDSM-Praktiken gesetzlich erlaubt sind, können pornografische Darstellungen aus dem Bereich BDSM (wie pornografische Literatur, Comics, Zeichnungen, Fotografien oder Videos) unter den Begriff „Gewaltpornografie“ fallen und damit strafbar sein, in Deutschland beispielsweise unter § 184a StGB.
BDSM in Kultur, Kunst und Medien
Literatur

In der Belletristik ist vor allem Sadomasochismus ein wiederkehrendes Motiv und hat einige Klassiker hervorgebracht, z. B. Die Geschichte der O von Dominique Aury (unter dem Pseudonym Pauline Réage), Justine von Marquis de Sade, Venus im Pelz von Leopold von Sacher-Masoch oder die Kultcomics von Eric Stanton. Als literarisches Kuriosum zu erwähnen ist Marthas Brief an Leopold Bloom in Ulysses von James Joyce. Der 1978 erschienene Roman 9½ Wochen. Erinnerungen an eine Liebesaffäre von Elizabeth McNeill bildete die inhaltliche Grundlage für die sehr erfolgreiche Hollywoodverfilmung 9½ Wochen; zusammen mit der von der bekannten US-amerikanischen Autorin Anne Rice unter dem Pseudonym A. N. Roquelaure veröffentlichten drei Bände umfassenden Dornröschen-Trilogie (1983–1985) zeigte sich auch internationales Interesse an der Thematik. Eine moderne deutschsprachige sadomasochistische Autobiografie ist Dezemberkind von Leander Sukov aus dem Jahr 2005. Im Jahr 2011 erschien mit dem ersten Band der Trilogie Shades of Grey der britischen Autorin E. L. James einer der kommerziell erfolgreichsten Titel des Genres, der zum Weltbestseller und in 52 Sprachen übersetzt wurde.[163] Diese Trilogie und die dazu erschienenen Filme werden von vielen BDSMlern abgelehnt, weil sie keinen einvernehmlichen BDSM darstellen, sondern die Unterwerfung der Protagonistin deutliche Züge von häuslicher und sexueller Gewalt trägt.[164]
In der Sachliteratur gilt das im November 1981 von der US-amerikanischen feministischen Lesben-Gruppe Samois veröffentlichte Buch Coming to Power: Writing and graphics on Lesbian S/M, in dem sich Kurzgeschichten mit konkreten Hinweisen und Handlungsanleitungen abwechselten, als weltweit erstes BDSM-Handbuch. Sein Konzept wurde weltweit von vielen späteren Publikationen übernommen. Seit spätestens Ende der neunziger Jahre gibt es auch in Deutschland entsprechende Literatur, die sich sowohl an hetero- als auch an homosexuelle Lesergruppen richtet. Die bekannteste dieser Veröffentlichungen im deutschsprachigen Raum ist wahrscheinlich Das SM-Handbuch von Matthias T. J. Grimme. Mit dem Sachbuch Die Wahl der Qual von Kathrin Passig und Ira Strübel ist seit 2000 erstmals auch eine Veröffentlichung auf dem Markt, die sich nicht an Personen aus der BDSM-Subkultur wendet, sondern weiten Bevölkerungskreisen eine breite Wissensbasis zum Themenbereich BDSM vermitteln und so Vorurteile abbauen will. Neben den Sachbüchern mit konkretem Praxisbezug gibt es eine umfangreiche Literatur zu mit dem Thema verbundenen wissenschaftlichen Publikationen (siehe Literatur).
Musik

Bereits im Jahr 1967 veröffentlichte die experimentelle Rockband The Velvet Underground das Lied Venus in Furs, das, inspiriert durch die Novelle Venus im Pelz von Leopold von Sacher-Masoch, zahlreiche Anspielungen auf BDSM-Praktiken enthält. Die britische Synthie-Pop-Gruppe Depeche Mode veröffentlichen 1984 auf ihrem Album Some Great Reward den Song Master and Servant. Es folgten weitere Stücke mit BDSM-Bezug wie Strangelove (1987) und In Your Room (1993).
Mit dem Lied Sweet Sweet Gwendoline schrieben Die Ärzte 1986 eine Hommage an die Kunstfigur Sweet Gwendoline des Bondagekünstlers John Willie. Zwei Jahre später folgt das Lied Bitte bitte, das Wünsche eines männlichen Sub beschreibt. In dem über siebenminütigen „Domina-Mix“, der im Jahr 1994 auf dem Best of Das Beste von kurz nach früher bis jetze erschien, erläutert eine befreundete Domina BDSM-Begriffe.
Das 1988 erschienene Album God in Three Persons der Band The Residents greift inhaltlich sowohl BDSM-Themen als auch nichtkonsensuelle Praktiken auf.[165]
Das 1992 von den Nine Inch Nails veröffentlichte Lied Happiness in Slavery leiht sich Titel und Refrain von dem von Jean Paulhan verfassten Vorwort zur Geschichte der O. Die NDH-Band Rammstein kokettiert in ihren Liedern mehrfach mit einem BDSM-Bezug, so z. B. in Feuerräder, Bestrafe mich, Bück dich (alle 1997) sowie Ich tu dir weh (2009). Auch Künstler wie Madonna (Erotica, 1992), die Rockband Aerosmith (Falling in Love (Is hard on the knees), 1997), Janet Jackson (Discipline, 2008), Rihanna (S&M 2010) setzten sich in ihrer Musik mit BDSM auseinander.
Mit Umbra et Imago, Ordo Rosarius Equilibrio, Die Form, Genitorturers und Grausame Töchter gibt es aus dem Umfeld der Schwarzen Szene auch BDSM-Konzeptbands, die in Bühnenshows BDSM-Elemente bis hin zu ganzen BDSM-Performances verwendeten. Der Schweizer Musiker Carlos Perón, der mit der Band Yello bekannt wurde, hat mit den sog. „Fetishsoundtracks“ Terminatrix (1993), La salle blanche (1994), La salle noire (1996) und La salle violette (2002) mehrere BDSM-Konzeptalben komponiert.
Theater und Kabarett
Es gibt zwar einige Inszenierungen, in denen sadomasochistische Praktiken auch im klassischen Theater als Stilmittel verwendet wurden, aber nur sehr wenige Theaterstücke beschäftigen sich mit BDSM selbst. Beispiele hierfür sind das österreichische „Worauf sich Körper kaprizieren“, eine von Peter Kern geschriebene und inszenierte Adaption von Jean Genets Film Un chant d’amour[166] und das deutsche „Ach, Hilde“ von Anne Schwemmer, in dem mit dem Bild der Domina gespielt wird.[167] Axel Tüting ist ein deutscher Kabarettist und BDSM-Pantomime, der mit erotischem SM-Kabarett auftritt.
Zeichnung, Comic und Fotografie

Zeichnungen und seltener Malerei zu sadomasochistischen Themen gibt es seit mehreren Jahrhunderten, auch wenn diese nicht zwingend mit dem heutigen Verständnis von BDSM konform gehen. Viele Zeichnungen zeigen deutlich die Ära, in der sie entstanden, beispielsweise Rudolf Schlichter, ein Vertreter der Neuen Sachlichkeit, der überwiegend weiblich dominierte Sujets malte, Raphael Kirchner, der dem Jugendstil zugerechnet wird, sowie Pierre Mac Orlan, der eine Reihe von Künstlernamen verwendete und das Buch „Les Grandes Flagellées“ illustrierte, oder Georges Töpfer, der eine Leidenschaft für Flagellation und Züchtigung hatte. Neben diesen Künstlern gibt es analog zu Film und Fernsehen auch viele ausgesprochen explizite und pornographische Darstellungen aus dem Bereich, z. B. von Joseph Farrell, DeMentia (Tom Sutton) oder Namio Harukawa.[168]
Nach heute eher unbeholfen wirkenden pornographischen Darstellungen der frühen Fotografie, produzierte während der 1950er und 1960er Jahre Irving Klaw die ersten Reklamefilme und Fotografien mit BDSM-Motiven und veröffentlichte erstmals Comics der heute berühmten Bondage-Künstler John Willie und Eric Stanton. Sein Modell Bettie Page wurde zugleich eines der ersten erfolgreichen Modelle im Bereich Fetischfotografie und eines der berühmtesten Pinup-Girls des US-amerikanischen Mainstreams. Der von Willie inspirierte italienische Graphiker und Autor Guido Crepax prägte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entscheidend den Stil europäischer Erwachsenencomics. Die Künstler Helmut Newton[169] und Robert Mapplethorpe sind die prominentesten Beispiele für die zunehmende Verwendung von BDSM-Motiven in der modernen Fotografie und die sich hieraus noch immer ergebende öffentliche Diskussion.[170]
Ausstellungen zu den eng miteinander verwandten Genres BDSM- und Fetischkunst finden weltweit in Erotik- und Sexmuseen wie dem Erotic Art Museum Hamburg oder dem Erotic Museum in Amsterdam, als Wanderausstellungen oder als Beiprogramm entsprechender Messen statt. Ein ausdrücklich dem BDSM und der Lederbewegung gewidmetes Museum ist das Leather Archives and Museum in Chicago mit einer Niederlassung in Amsterdam.[171]
Film und Fernsehen
Nach der sexuellen Revolution wurden ab den 1960er Jahren literarische Werke wie beispielsweise die Die Geschichte der O (1975) und Venus im Pelz (1969) sehr explizit verfilmt. Darunter waren auch der Kostümfilm Marquis de Sade: Justine (1969), das Sittengemälde de Sade (1969) oder die direkte Sade-Adaption Justine – Schreie hinter Klostermauern (1972).[172] Aber auch sadomasochistische Bildwelten und Rituale fanden Eingang in ästhetisch anspruchsvollere Filme oder Autorenfilme wie Der letzte Tango in Paris (1972), Maîtresse (1975), Der Käfig (1985), Lulu (1990) oder Tokio Dekadenz (1992). Neosurrealistisch-absurd aufgearbeitet wurden Fando und Lis (1968) nach Arrabals Theaterstück oder das vom Roland Topor geschriebene Drehbuch zu dem bizarren Puppenfilm Marquis (1989); zu diesem Genre gehören auch Dorotheas Rache (1974) oder Die grausame Frau (1985), eine Adaption von Sacher-Masochs Venus im Pelz.
Unerfüllte erotische Machtfantasien aus der Literatur dienten als Vorlage für das Inquisitionsdrama Der Hexenjäger (1968) oder Die Teufel (1971) auf Grundlage des Romans von Aldous Huxley, bei denen nicht einvernehmliche Grausamkeiten dargestellt werden. Missverständlich adaptierte sadomasochistische Szenen kennzeichnet die Gruppe der Sadiconazista-Filme der 1970er Jahre, sie implizieren eine direkte Verbindung zwischen politischer Barbarei und sexueller Perversion; zu diesen Filmen gehören beispielsweise der Film noir Der Nachtportier (1974) und das SS-Bordell in Salon Kitty (1976). Wesentlich tiefer in das dominant-devote Seelenleben der Protagonisten tauchen Filme wie The Image (1975), Im Reich der Sinne (1976) oder Die Klavierspielerin nach der Buchvorlage von Elfriede Jelinek ein.[173]
Dokumentarisch oder biographisch geprägte Filme waren zunächst eine Seltenheit, wie der Film Exhibition No. 2 (1978), der das Verhältnis einer Domina und ihrem Sklaven untersucht. Ab den späten 1990er Jahren gelang es Filmen wie Preaching to the Perverted (1997), kommerziellen Anspruch und Authentizität miteinander zu verbinden. Mit SICK: The Life and Death of Bob Flanagan, Supermasochist (1997), der Doku-Serie KinK (2001) und Wir leben … SM! (2004) entwickelte sich ein weiterer filmischer Zugang zur Thematik, der sich gezielt auch an breite Zuschauergruppen wendet. Rosa von Praunheim drehte ein klassisches Dokudrama über das Leben der Berliner Domina Lady MacLaine mit dem Titel Dreißig Jahre an der Peitsche (2024)[174]
Publikumserfolge wie 9½ Wochen (1986), Secretary (2002) und die Trilogie Fifty Shades of Grey (ab 2015) haben neben einer ästhetischen glatten Aufarbeitung gemein, dass sie insbesondere idealisierte heteronormative Beziehungen darstellen und erotische bürgerliche Macht-/Ohnmachtsfantasien im Sinne eines „sauberen Sado-Maso-Märchens“[175] befriedigen.[176]
Neben diesen eher ästhetisch orientierten Filmen existiert ein breiter Markt für sadomasochistische Pornografie in Form von Pornofilmen. Der spanische Regisseur Jess Franco schuf als typischer Vertreter des Exploitation-Genres eine große Anzahl Filme, die unter anderem auf Werken des Marquis de Sade basieren und in Deutschland teilweise indiziert sind.
Marketing
Seit Anfang der 1990er Jahre werden Motive des BDSM immer wieder im Rahmen größerer Marketingkampagnen gezielt eingesetzt. Bekannte Beispiele im deutschsprachigen Raum sind Plakatmotive der Zigarettenmarken Camel und West, die ein in „typische“ Lederkleidung drapiertes Kamel beziehungsweise eine Domina mit Peitsche zum Inhalt haben. Während West das damalige Motiv wegen „Verstoßes gegen die guten Sitten“ noch zurückziehen musste, fanden BDSM-Motive in den folgenden Jahren immer wieder Verwendung.[177] So bewarb beispielsweise im März 2007 die Modekette H&M den Verkauf einer von Madonna zusammengestellten Modekollektion mit einem Werbevideo im deutschen Fernsehen. Dieses zeigte die Künstlerin, die für die Verwendung sadomasochistischer Sujets wiederholt kritisiert wurde, als dominante Lifestyle-Ikone,[178] die einer unpassend gekleideten Schülerin unter dem Knallen ihrer Gerte Modeweisheiten wie „Don’t think it – you need to know it“ verpasst, um sie anschließend modisch komplett umrüsten zu lassen.
In Kanada präsentiert Mini 2005 die Winterausstattung des Mini Cooper in Form einer interaktiven BDSM-Session, in der der User mit Unterstützung einer virtuellen Domina unterschiedlichste Schlagwerkzeuge auf dem Fahrzeug austesten kann und dabei die optionalen Sonderausstattungen erläutert bekommt. Der deutsche Dübelhersteller Fischer nutzt in einem persiflierenden Videoclip ebenfalls sadomasochistische Sujets zur Darstellung der Qualität seiner Produkte. In den USA tritt Anheuser-Busch als Sponsor der Folsom Street Fair auf,[179] und die Jeansmarke Diesel schaltete in den letzten Jahren wiederholt sadomasochistische Anzeigenmotive in Modemagazinen. Die Markenanbieter persiflieren hierbei teilweise weitverbreitete Klischees.
Literatur
Deutschsprachig
- Wer liebt, der straft? SM- und BDSM-Erotik zwischen Pathologisierung und Anerkennung. In: Ada Borkenhagen, Elmar Brähler (Hrsg.): Beiträge zur Sexualforschung. Band 105. Psychosozial-Verlag, Gießen 2016, ISBN 978-3-8379-2574-6.
- Norbert Elb: SM-Sexualität. Selbstorganisation einer sexuellen Subkultur. Psychosozial-Verlag, Gießen 2006, ISBN 3-89806-470-0.
- Gisela Fux Wolf: BDSM und Psychotherapie. Eine Handreichung auf dem Weg zum kinkrespektvollen Arbeiten. Reihe Geschlechter und Sexualitäten in Psychotherapie und Beratung. Edition Assemblage, Münster 2023, ISBN 978-3-96042-161-0.
- Matthias T. J. Grimme: Das SM-Handbuch. 14. Auflage. Charon-Verlag, Hamburg 2018, ISBN 978-3-931406-01-1.
- Arne Hoffmann: Lexikon des Sadomasochismus. Lexikon Imprint Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-89602-290-3.
- Olaf May: Strafrecht und Sadomasochismus. Shaker Verlag, Aachen 1997, ISBN 3-8265-5595-3 (zugl. Diss. Univ. Kiel 1996).
- Kathrin Passig, Ira Strübel: Die Wahl der Qual. 3. Auflage. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2009, ISBN 978-3-499-62408-7.
- Elisabeth Wagner: Grenzbewusster Sadomasochismus: SM-Sexualität zwischen Normbruch und Normbestätigung. transcript Verlag, Bielefeld 2014, ISBN 978-3-8376-2870-8.
- Thomas A. Wetzstein u. a.: Sadomasochismus. Szenen und Rituale. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1993, ISBN 3-499-19632-8.
Englischsprachig
- Ariane Cruz: The Color of Kink: Black Women, BDSM, and Pornography. New York University Press, New York 2016, ISBN 978-1-4798-2746-6.
- Dossie Easton, Janet W. Hardy: The New Bottoming Book. Greenery Press, San Francisco 2001, ISBN 1-890159-35-2.
- Dossie Easton, Janet W. Hardy: The New Topping Book. Greenery Press, Oakland 2002, ISBN 1-890159-36-0.
- Robin Ruth Linden: Against Sadomasochism: A Radical Feminist Analysis. Frog in the Well, 1983, ISBN 0-9603628-3-5.
- David M. Ortmann, Richard A. Sprott: Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities. Rowman & Littlefield, Lanham 2013, ISBN 978-1-4422-1736-2.
- Jay Wiseman: SM 101: A Realistic Introduction. 2., überarb. u. erweiterte Auflage. Greenery Press, San Francisco 1998, ISBN 0-9639763-8-9.
Siehe auch
Weblinks
Aufklärungsseiten zum Thema
- daten-schlag.org – Datenschlag, ältestes deutschsprachiges Aufklärungsprojekt
- SM-Outing.de – Ratgeber in Sachen Outing und eventuell damit verbundener Probleme
Vereinigungen
- bdsm.at – BDSM in Österreich
- ig-bdsm.ch – BDSM in der Schweiz
- maydaySM.de – Krisenintervention und Adressenvermittlung in Notfällen
- smjg.org – SMJG e. V. (BDSM Jugendvereinigung bis 27 Jahre)
Englischsprachige Websites
- wipipedia.org – Ein Wiki-Projekt. Freie Enzyklopädie des BDSM und Fetischismus
Einzelnachweise
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- ↑ David M. Ortmann, Richard A. Sprott: Sexual Outsiders: Understanding BDSM Sexualities and Communities. Rowman & Littlefield, 2013, ISBN 978-1-4422-1736-2, S. 15–16 (englisch)
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- ↑ Tagesspiegel.de vom 13. Februar 2015: Feuerwehr erwartet Sexunfälle, abgerufen am 1. Juni 2020.
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- ↑ Hierzu die ausführliche Darstellung von Robert Bienvenu: The Development of Sadomasochism as a Cultural Style in the Twentieth-Century United States. 2003, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. März 2010; abgerufen am 11. November 2010 (englisch).
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- ↑ Vgl. hierzu § 228 StgB und Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Mai 2004, 2 StR 505/03 (PDF), abgerufen am 4. Juni 2020.
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