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„Grete Schickedanz“ – Versionsunterschied

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'''Grete Schickedanz''' (* [[20. Oktober]] [[1911]] als ''Grete Lachner'' in [[Fürth]]; † [[23. Juli]] [[1994]] ebenda) war eine [[Deutschland|deutsche]] [[Unternehmerin]]. Sie leitete das Versandhaus [[Quelle GmbH|Quelle]].
Grete Schickedanz (1911-1994):<br>
Die "First Lady der deutschen Wirtschaft"


== Jugend ==
Ihr Leben klingt wie ein Märchen: Sie machte eine Traumkarriere vom armen Lehrmädchen bis zur Chefin des größten Versandhauses Europas. Der Aufstieg zur "Grande Dame" des deutschen Versandhandels gelang ihr dank ihres Fleißes und ihrer Intelligenz. Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker bezeichnete sie einmal als "First Lady der deutschen Wirtschaft". Die ungewöhnlich tüchtige Frau, von der hier die Rede ist, war die fränkische Unternehmerin Grete Schickedanz (1911-1994), geborene Lachner.<br>
Grete Lachner kam am 20. Oktober 1911 als Tochter einer kinderreichen Familie in Fürth bei Nürnberg (Bayern) zur Welt. In der Volksschule war sie die Klassenbeste, durfte aber trotzdem nicht in eine höhere Schule wechseln und ein Studium beginnen, weil ihre Eltern eine solche Ausbildung nicht finanzieren konnten.<br>
Grete Lachners Familie war kinderreich. In der Volksschule soll sie die Klassenbeste gewesen sein, durfte aber trotzdem nicht in eine höhere Schule wechseln oder gar studieren, weil ihre Eltern eine solche Ausbildung nicht finanzieren konnten.

Wegen der Einkommensverhältnisse ihrer Eltern verzichtete Grete Lachner später auch auf ihren Berufswunsch, Kindergärtnerin zu werden. Statt dessen trat sie im Januar 1927 mit 15 Jahren als fünftes kaufmännisches Lehrmädchen in die am 7. Dezember 1922 von Gustav Schickedanz (1895-1977) gegründete Großhandlung für Kurz-, Weiß- und Wollwaren in der Moststraße 35 von Fürth ein.<br>
Wegen der Einkommensverhältnisse ihrer Eltern verzichtete Grete Lachner später auch auf ihren Berufswunsch, Kindergärtnerin zu werden. Stattdessen trat sie im Januar 1927 mit 15 Jahren als fünftes kaufmännisches Lehrmädchen in die am 7. Dezember 1922 von [[Gustav Schickedanz]] (1895–1977) gegründete Großhandlung für Kurz-, Weiß- und Wollwaren in der Moststraße 35 in Fürth ein.
Im November 1927 eröffnete Gustav Schickedanz in Fürth das Versandgeschäft "Quelle" in der Königswarterstraße 10 (heute: Fürther Freiheit). Die Einstellung von Grete Lachner erwies sich als Glücksfall für den kleinen Betrieb. Das "Fräulein Grete" arbeitete fleißig an sechs Tagen in der Woche von sieben Uhr früh am Morgen bis spät in die Nacht sowie häufig auch an Sonn- und Feiertagen. Nach offiziellem Geschäftsschluss ging es noch lange nicht nach Hause, denn dann wurden erst die tagsüber versandfertig gemachten Pakete mit Leiterwagen zur Post oder zur Bahn gebracht. Außerdem betreute Grete immer öfter die beiden Kinder Leo und Louise des Ehepaares Schickedanz.<br>

Ein schwerer Schicksalsschlag traf Gustav Schickedanz am Samstag, 13. Juli 1929: Bei einem tragischen Autounfall erlitten seine erst 33 Jahre alte Frau Anna, sein fünfjähriger Sohn Leo und sein Vater Leo tödliche und er selbst schwere Verletzungen. Nur die vierjährige Tochter Louise blieb wie durch ein Wunder unversehrt.<br>
Im November 1927 eröffnete Gustav Schickedanz in Fürth das Versandgeschäft ''Quelle'' in der Königswarterstraße 10 (heute: Fürther Freiheit). Nachdem im Juli 1929 Gustav Schickedanz’ Frau Anna, sein fünfjähriger Sohn Leo und sein Vater Leo bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren, kümmerte sich Grete Lachner um die kleine Tochter Louise.
Als Helferin in der Not erwies sich damals Liesl Kießling (1893-1978), die kaufmännisch ausgebildete Schwester von Gustav Schickedanz. Sie leitete bis zur Genesung ihres Bruders dessen Unternehmen und richtete ihn allmählich seelisch wieder auf. Die fast schon ausgelernte Grete Lachner kümmerte sich liebevoll um die kleine Tochter Louise.<br>

Nach Abschluss ihrer Lehrzeit arbeitete Grete Lachner im Einkauf, den sie wegen ihres besonderen Geschicks bald leitete. Allmählich entwickelte sie sich zur engsten Mitarbeiterin des Chefs, den sie auch bei Geschäftsreisen immer öfter begleitete.<br>
Nach Abschluss ihrer Lehrzeit arbeitete Grete Lachner im Einkauf, den sie bald leitete. Allmählich entwickelte sie sich zur engsten Mitarbeiterin des Chefs, den sie auch bei Geschäftsreisen immer öfter begleitete.
Seit dem Erwerb des Areals einer Schuhfabrik in Fürth 1932 nahm die Eigenfertigung von "Quelle"-Artikeln merklich zu. Im gleichen Jahr erregte Gustav Schickedanz in ganz Deutschland Aufsehen, als er für 9,95 Mark eine komplette Herrenausstattung mit Hose, Hemd, Pullover, Gürtel und Strümpfen anbot, was sonst nirgends für diesen günstigen Preis zu haben war. 1936 gab es bereits eine Million "Quelle"-Kunden und 500 Mitarbeiter.<br>

Die 30-jährige Grete Lachner und der 47 Jahre alte Gustav Schickedanz heirateten am 8. Juni 1942 in der St.-Pauls-Kirche in Fürth. Ein Jahr später, im August 1943, wurde das Unternehmensgebäude durch einen Bombenangriff zerstört. Am 20. Oktober 1943 brachte Grete Schickedanz im Bunker der Nürnberger Frauenklinik ihre Tochter Madeleine zur Welt.<br>
== Heirat und erste unternehmerische Tätigkeit ==
Ab 1943 lebte die Familie Schickedanz auf einem eigentlich nur für Wochenendaufenthalte erworbenen Anwesen auf dem Michelsberg in Hersbruck unweit von Nürnberg. Nach Kriegsende erhielt Gustav Schickedanz, der im "Dritten Reich" dem Stadtrat von Fürth angehörte, Berufsverbot, verlor sein Haus und lebte danach mit seiner Familie in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Hersbruck.<br>
Am 8. Juni 1942 heirateten die 30-jährige Grete Lachner und der 47 Jahre alte Gustav Schickedanz in der St.-Pauls-Kirche in Fürth. Im August 1943 wurde das Unternehmensgebäude durch einen Bombenangriff zerstört. Am 20. Oktober 1943 brachte Grete Schickedanz im Bunker der Nürnberger Frauenklinik ihre Tochter [[Madeleine Schickedanz|Madeleine]] zur Welt.
1946 eröffnete Grete Schickedanz in der Hersbrucker Braugasse einen Textilladen und besuchte mit einem alten Lastwagen, den ein Fahrer steuerte, frühere Lieferanten, während zwei ehemalige Mitarbeiterinnen aus Fürth den Verkauf besorgten. 1948 zog der Laden in größere Räume am Eisenhüttlein um. Damals lag der Umsatz bei etwa 315000 Mark.<br>

Im April 1949 kehrte Gustav Schickedanz, dessen Berufsverbot aufgehoben wurde, in die Firma zurück. Die Eheleute Schickedanz wagten nun gemeinsam einen Neubeginn für das Versandhaus "Quelle". 1954 erreichten sie bereits einen Umsatz von 260 Millionen Mark. Damals wurde Grete Schickedanz Generalbevollmächtigte und Mitglied des Konzernbeirats.<br>
In Gustav Schickedanz’ Gesamtvermögen in Höhe von 9.331.735 [[Reichsmark]] waren laut der Klageschrift der Berufungskammer Nürnberg-Fürth vom 25. Februar 1949 über 7&nbsp;Millionen Reichsmark aus jüdischem Besitz geflossen. Wie sich Anfang 1948 herausstellte, hatte er die die durch [[Arisierung]] in seinen Besitz gelangten Grundstücke zwischen 1943 und 1945 auf seine Frau Grete und seine Tochter Madeleine übertragen.<ref>Peter Zinke: ''„Er drohte wieder mit der Gauleitung“. Gustav Schickedanz und die „Arisierungen“.'' In: ''nurinst 2008. Jahrbuch des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts 2008.'' ISBN 978-3-938286-34-0, S. 63.</ref>
1974 betrug der Umsatz der "Quelle" schon 6,4 Milliarden Mark, und die Zahl der Mitarbeiter kletterte auf 36000. Anfang 1975 trat Grete Schickedanz als persönlich haftende Gesellschafterin in die neugebildete "Gustav und Grete Schickedanz Holding KG" ein.

Energisch engagierte sich Grete Schickedanz für soziale Verbesserungen in ihrem Unternehmen. Auf ihre Initiative gehen unter anderem der Bau eines Altersheims und eines Kindergartens in Fürth zurück. Außerdem setzte sie für die "Quelle"-Mitarbeiter und
Fast 5 Millionen [[Deutsche Mark|DM]] musste Schickedanz 1951 allein an die drei Erben des mittlerweile verstorbenen [[Oskar Rosenfelder]] und dessen Bruder Emil auszahlen.<ref>Peter Zinke: ''„Er drohte wieder mit der Gauleitung“. Gustav Schickedanz und die „Arisierungen“.'' In: ''nurinst 2008. Jahrbuch des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts 2008.'' ISBN 978-3-938286-34-0, S. 68.</ref>
-Mitarbeiterinnen eine fortschrittliche Altersruhegeldregelung durch, wie sie erst Jahre später gesetzlich verankert wurde.<br>

Als Gustav Schickedanz am 27. März 1977 starb, übernahm seine Witwe die Firmenleitung des Versandhauses "Quelle". Selbst als Chefin kümmerte sie sich noch um alles. Sie entschied nicht nur über Investitionen in Millionenhöhe, sondern suchte bei Musterungen die Pullover für den nächsten Katalog aus, gab Fotografen Tipps für Aufnahmen von Kleidungsstücken, band Managern auf Geschäftsreisen wärmende Schals um und versorgte ihre Jet-Piloten mit Butterbroten.
Nach Kriegsende erhielt Gustav Schickedanz, der seit dem 1. November 1932 Mitglied der [[NSDAP]] war und als NSDAP-Funktionär dem Stadtrat von Fürth angehört hatte, [[Berufsverbot (Deutschland)|Berufsverbot]], verlor sein Haus und lebte danach mit seiner Familie zunächst in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in [[Hersbruck]].
Für sich selbst hatte Grete Schickedanz stets wenig Zeit. In ihrer Chefetage brannte oft bis spät in die Nacht noch das Licht, während ringsum schon längst alles finster war. Sogar mitten im privaten Kreis oder im Gespräch mit Freunden griff sie nicht selten zum Telefon, um einen Mitarbeiter, auch zu spätester Stunde, wegen eines Problems oder einer Idee anzurufen. Ihre erstaunliche Fitness bis ins reifere Alter verdankte sie außer ihrer Arbeit auch dem Skifahren und dem Schwimmen.<br>

Im Frühjahr 1983 legte Grete Schickedanz ihre Führungs- und Aufsichtsämter nieder. Für ihre großartigen Leistungen als Unternehmerin erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Man verlieh ihr unter anderem das "Große Bundesverdienstkreuz" (1976) mit Stern (1981) und Schulterband (1991), den "Bayerischen Verdienstorden" (1979), die Ehrensenatorwürde der Universität Tübingen (1978), die Professorenwürde der Republik Österreich (1981), die "Goldene Bürgermedaille" von Fürth (1978) sowie die Ehrenbürgerwürde von Fürth (1981) und Hersbruck (1981). Zudem war nach dem Tod ihres Mannes dessen Titel als griechischer Wahlkonsul auf sie übergegangen.<br>
1946 eröffnete Grete Schickedanz an der Hersbrucker Braugasse einen Textilladen und hielt die alten Geschäftsverbindungen mit großen Herstellern aufrecht.<ref>Christian Keun: ''Die reichsten Deutschen. Ein christliches Unternehmen.'' In: ''[[Der Spiegel]]'' vom 8. Juli 2001. ([https://www.spiegel.de/wirtschaft/die-reichsten-deutschen-ein-christliches-unternehmen-a-143692.html online], abgerufen am 9. Mai 2024)</ref> 1948 zog der Laden in größere Räume am Eisenhüttlein um. Nach der [[Währungsreform 1948 (Westdeutschland)|Währungsreform am 20. Juni 1948]] begann in der [[Trizone]] ein langanhaltender Wirtschaftsaufschwung, das sogenannte „[[Wirtschaftswunder]]“.
Das Leben und das Werk der Fürther Unternehmerin sind mehrfach in Büchern gewürdigt worden. Anlässlich ihres 75. Geburtstages erschien die Firmendokumentation "Grete Schickedanz. Ein Leben für die Quelle" (1986). Lebensläufe von Grete Schickedanz sind unter anderem in "Bavarias Töchter. Frauenporträts aus fünf Jahrhunderten" (1997), "Frauen, die Spitze sind. 35 Porträts aus Chefetagen" (1986) und "Superfrauen 4 - Wirtschaft und Verkehr" (2001) enthalten.<br>

Grete Schickedanz starb am 23. Juli 1994 im Alter von 82 Jahren in Fürth. Nach ihrem Tod ging die Schickedanz-Gruppe in die Hände ihrer Tochter Madeleine Schickedanz sowie ihrer Stieftochter Louise Dedi, geborene Schickedanz, über.
== Unternehmen Quelle ==
Im April 1949 kehrte Gustav Schickedanz, dessen Berufsverbot aufgehoben worden war, in das Unternehmen zurück. Die Eheleute Schickedanz bauten nun erneut das Versandhaus ''Quelle'' auf. 1954 sollen sie bereits 260 Millionen DM umgesetzt haben. Damals wurde Grete Schickedanz [[Generalvollmacht|Generalbevollmächtigte]] und Mitglied des [[Unternehmensbeirat]]s. 1974 soll ''Quelle'' schon 6,4 Milliarden DM Umsatz gemacht haben, und die Zahl der Mitarbeiter kletterte auf 36.000. Anfang 1975 trat Grete Schickedanz als persönlich haftende Gesellschafterin in die neugebildete ''Gustav und Grete Schickedanz [[Holding]] KG'' ein.

Grete Schickedanz engagierte sich für soziale Verbesserungen in ihrem Unternehmen. Auf ihre Initiative gehen unter anderem der Bau eines [[Altenheim]]s und eines [[Kindergarten]]s in Fürth zurück. Außerdem setzte sie für die Quelle-Mitarbeiter eine fortschrittliche [[Altersruhegeld]]regelung durch, wie sie erst Jahre später gesetzlich verankert wurde.

Als Gustav Schickedanz am 27. März 1977 starb, übernahm seine Witwe die Unternehmensleitung des Versandhauses ''Quelle''. Im Frühjahr 1983 legte sie ihre Ämter nieder.

== Ehrungen ==
Für ihre Leistungen als Unternehmerin erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Man verlieh ihr unter anderem das [[Bundesverdienstkreuz]] 1. Klasse (1971), das Große Bundesverdienstkreuz (1976) mit Stern (1981) und Schulterband (1991), die [[Bayerische Staatsmedaille für soziale Verdienste]] (1977), den [[Bayerischer Verdienstorden|Bayerischen Verdienstorden]] (1979), die Ehrensenatorwürde der [[Eberhard Karls Universität Tübingen]] (1978), die [[Titularprofessor|Titularprofessur]] der [[Republik Österreich]] (1981), die [[Goldene Bürgermedaille der Stadt Fürth]] (1978) sowie die [[Ehrenbürgerwürde]] von Fürth (1981) und Hersbruck (1981). Zudem war nach dem Tod ihres Mannes dessen Titel als griechischer [[Honorarkonsul]] auf sie übergegangen.

== Literatur ==
* Christian Böhmer: ''Grete Schickedanz. Vom Lehrmädchen zur Versandhauskönigin.'' Ullstein, Frankfurt am Main / Berlin 1996, ISBN 3-550-06919-7.
* Theo Reubel: ''Grete Schickedanz. Ein Leben für die Quelle''. Firmendokumentation zum 75. Geburtstag der Unternehmerin, Großversandhaus Quelle Gustav Schickedanz, Fürth 20. Oktober 1986.<!-- ohne ISBN -->
* {{NDB|22|729|729|Schickedanz, Grete|Richard Winkler|119207885}}

== Weblinks ==
* {{DNB-Portal|119207885}}
* [https://www.deutsche-biographie.de/sfz111913.html#ndbcontent Grete Schickedanz] in der [[Deutsche Biographie|Deutschen Biographie]]

== Einzelnachweise ==
<references />

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{{SORTIERUNG:Schickedanz, Grete}}
[[Kategorie:Unternehmer (Handel)]]
[[Kategorie:Unternehmer (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Honorarkonsul von Griechenland]]
[[Kategorie:Ehrenbürger von Fürth]]
[[Kategorie:Unternehmer (Fürth)]]
[[Kategorie:Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und Schulterband]]
[[Kategorie:Träger des Bayerischen Verdienstordens]]
[[Kategorie:Träger der Bayerischen Staatsmedaille für soziale Verdienste]]
[[Kategorie:Ehrensenator der Eberhard Karls Universität Tübingen]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1911]]
[[Kategorie:Gestorben 1994]]
[[Kategorie:Frau]]

{{Personendaten
|NAME=Schickedanz, Grete
|ALTERNATIVNAMEN=Grete Lachner
|KURZBESCHREIBUNG=deutsche Unternehmerin
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|STERBEORT=[[Fürth]]
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Aktuelle Version vom 23. Juli 2024, 15:21 Uhr

Grete Schickedanz (* 20. Oktober 1911 als Grete Lachner in Fürth; † 23. Juli 1994 ebenda) war eine deutsche Unternehmerin. Sie leitete das Versandhaus Quelle.

Grete Lachners Familie war kinderreich. In der Volksschule soll sie die Klassenbeste gewesen sein, durfte aber trotzdem nicht in eine höhere Schule wechseln oder gar studieren, weil ihre Eltern eine solche Ausbildung nicht finanzieren konnten.

Wegen der Einkommensverhältnisse ihrer Eltern verzichtete Grete Lachner später auch auf ihren Berufswunsch, Kindergärtnerin zu werden. Stattdessen trat sie im Januar 1927 mit 15 Jahren als fünftes kaufmännisches Lehrmädchen in die am 7. Dezember 1922 von Gustav Schickedanz (1895–1977) gegründete Großhandlung für Kurz-, Weiß- und Wollwaren in der Moststraße 35 in Fürth ein.

Im November 1927 eröffnete Gustav Schickedanz in Fürth das Versandgeschäft Quelle in der Königswarterstraße 10 (heute: Fürther Freiheit). Nachdem im Juli 1929 Gustav Schickedanz’ Frau Anna, sein fünfjähriger Sohn Leo und sein Vater Leo bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren, kümmerte sich Grete Lachner um die kleine Tochter Louise.

Nach Abschluss ihrer Lehrzeit arbeitete Grete Lachner im Einkauf, den sie bald leitete. Allmählich entwickelte sie sich zur engsten Mitarbeiterin des Chefs, den sie auch bei Geschäftsreisen immer öfter begleitete.

Heirat und erste unternehmerische Tätigkeit

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Am 8. Juni 1942 heirateten die 30-jährige Grete Lachner und der 47 Jahre alte Gustav Schickedanz in der St.-Pauls-Kirche in Fürth. Im August 1943 wurde das Unternehmensgebäude durch einen Bombenangriff zerstört. Am 20. Oktober 1943 brachte Grete Schickedanz im Bunker der Nürnberger Frauenklinik ihre Tochter Madeleine zur Welt.

In Gustav Schickedanz’ Gesamtvermögen in Höhe von 9.331.735 Reichsmark waren laut der Klageschrift der Berufungskammer Nürnberg-Fürth vom 25. Februar 1949 über 7 Millionen Reichsmark aus jüdischem Besitz geflossen. Wie sich Anfang 1948 herausstellte, hatte er die die durch Arisierung in seinen Besitz gelangten Grundstücke zwischen 1943 und 1945 auf seine Frau Grete und seine Tochter Madeleine übertragen.[1]

Fast 5 Millionen DM musste Schickedanz 1951 allein an die drei Erben des mittlerweile verstorbenen Oskar Rosenfelder und dessen Bruder Emil auszahlen.[2]

Nach Kriegsende erhielt Gustav Schickedanz, der seit dem 1. November 1932 Mitglied der NSDAP war und als NSDAP-Funktionär dem Stadtrat von Fürth angehört hatte, Berufsverbot, verlor sein Haus und lebte danach mit seiner Familie zunächst in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Hersbruck.

1946 eröffnete Grete Schickedanz an der Hersbrucker Braugasse einen Textilladen und hielt die alten Geschäftsverbindungen mit großen Herstellern aufrecht.[3] 1948 zog der Laden in größere Räume am Eisenhüttlein um. Nach der Währungsreform am 20. Juni 1948 begann in der Trizone ein langanhaltender Wirtschaftsaufschwung, das sogenannte „Wirtschaftswunder“.

Unternehmen Quelle

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Im April 1949 kehrte Gustav Schickedanz, dessen Berufsverbot aufgehoben worden war, in das Unternehmen zurück. Die Eheleute Schickedanz bauten nun erneut das Versandhaus Quelle auf. 1954 sollen sie bereits 260 Millionen DM umgesetzt haben. Damals wurde Grete Schickedanz Generalbevollmächtigte und Mitglied des Unternehmensbeirats. 1974 soll Quelle schon 6,4 Milliarden DM Umsatz gemacht haben, und die Zahl der Mitarbeiter kletterte auf 36.000. Anfang 1975 trat Grete Schickedanz als persönlich haftende Gesellschafterin in die neugebildete Gustav und Grete Schickedanz Holding KG ein.

Grete Schickedanz engagierte sich für soziale Verbesserungen in ihrem Unternehmen. Auf ihre Initiative gehen unter anderem der Bau eines Altenheims und eines Kindergartens in Fürth zurück. Außerdem setzte sie für die Quelle-Mitarbeiter eine fortschrittliche Altersruhegeldregelung durch, wie sie erst Jahre später gesetzlich verankert wurde.

Als Gustav Schickedanz am 27. März 1977 starb, übernahm seine Witwe die Unternehmensleitung des Versandhauses Quelle. Im Frühjahr 1983 legte sie ihre Ämter nieder.

Für ihre Leistungen als Unternehmerin erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. Man verlieh ihr unter anderem das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse (1971), das Große Bundesverdienstkreuz (1976) mit Stern (1981) und Schulterband (1991), die Bayerische Staatsmedaille für soziale Verdienste (1977), den Bayerischen Verdienstorden (1979), die Ehrensenatorwürde der Eberhard Karls Universität Tübingen (1978), die Titularprofessur der Republik Österreich (1981), die Goldene Bürgermedaille der Stadt Fürth (1978) sowie die Ehrenbürgerwürde von Fürth (1981) und Hersbruck (1981). Zudem war nach dem Tod ihres Mannes dessen Titel als griechischer Honorarkonsul auf sie übergegangen.

  • Christian Böhmer: Grete Schickedanz. Vom Lehrmädchen zur Versandhauskönigin. Ullstein, Frankfurt am Main / Berlin 1996, ISBN 3-550-06919-7.
  • Theo Reubel: Grete Schickedanz. Ein Leben für die Quelle. Firmendokumentation zum 75. Geburtstag der Unternehmerin, Großversandhaus Quelle Gustav Schickedanz, Fürth 20. Oktober 1986.
  • Richard Winkler: Schickedanz, Grete. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 22, Duncker & Humblot, Berlin 2005, ISBN 3-428-11203-2, S. 729 (Digitalisat).

Einzelnachweise

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  1. Peter Zinke: „Er drohte wieder mit der Gauleitung“. Gustav Schickedanz und die „Arisierungen“. In: nurinst 2008. Jahrbuch des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts 2008. ISBN 978-3-938286-34-0, S. 63.
  2. Peter Zinke: „Er drohte wieder mit der Gauleitung“. Gustav Schickedanz und die „Arisierungen“. In: nurinst 2008. Jahrbuch des Nürnberger Instituts für NS-Forschung und jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts 2008. ISBN 978-3-938286-34-0, S. 68.
  3. Christian Keun: Die reichsten Deutschen. Ein christliches Unternehmen. In: Der Spiegel vom 8. Juli 2001. (online, abgerufen am 9. Mai 2024)