Zum Inhalt springen

„Jomo Kenyatta“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Entfernung von Vandalismus
K Bot: http → https
 
(225 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Jomo Kenyatta 1978.jpg|mini|hochkant=1.2|Jomo Kenyatta, 1978]]
'''Jomo Kenyatta''' (* [[20. Oktober]] [[1893]] in [[Ichaweri]], † [[22. August]] [[1978]] in [[Mombasa]]) wurde [[1963]] mit der Unabhängigkeit [[Kenia]]s erster Ministerpräsident des Landes. 1964 wurde er nach der Proklamation Kenias zur Republik deren erster Staatspräsident.
'''Jomo Kenyatta''' (* Ende des 19. Jahrhunderts in [[Britisch-Ostafrika]] ''als Johnstone Kamau''; † [[22. August]] [[1978]] in [[Mombasa]]) wurde 1963 mit der Unabhängigkeit [[Kenia]]s erster [[Ministerpräsident]] des Landes. 1964 wurde er nach der Proklamation Kenias zur [[Republik]] deren erster Staatspräsident.

== Überblick: Taa ya Kenya (Licht Kenias) ==
Eine zufrieden stellende Übersetzung seines erst spät angenommenen Namens „Kenyatta“ existiert nicht. Da der Name „Kenya“ selbst eine Anglisierung des ursprünglichen Wortes "Kiri nijaga" ([[Mount Kenya]], "Der strahlende Berg", kurz: "Kinja") ist, kann Kenyatta auch kein genuin afrikanischer Name sein. Am ehesten trägt der Name die Bedeutung „der Kenianer“. Die manchmal anzutreffende Ausweitung auf alle Bewohner von Kenia (Kenianer = Kenyatten) ist falsch.

Kenyattas Leben und Werk wird von der übergroßen Rolle und ehrenden Anerkennung durch sein Volk als „Vater der Nation“ überstrahlt. Manche Biographien oder Darstellungen sind eher als [[Hagiographie]] zu bezeichnen, z.B. in der englischen Wikipedia. So sind auch nicht alle Daten und Ereignisse immer zweifelsfrei zu belegen. Kenyatta war hoch respektiert, aber in manchen seiner Positionen und Handlungen auch höchst umstritten.

Seine Anrede war "Mzee" (sprich: Mseeh). In Kisuaheli ist „mzee“ die Anrede für jeden ehrwürdigen älteren Mann. Er aber war DER "MZEE". So wird er z.B. auch auf den alten Schilling-Münzen des Landes genannt. Kenyatta rief unter dem Slogan [[Harambee]], was auf [[Kisuaheli]] etwa so viel heißt wie: „Lasst uns alle zusammen an einem Strick ziehen!“, eine noch heute wichtige gesellschaftliche Selbsthilfebewegung ins Leben.

Eine der immer wieder gestellten und letztlich wahrscheinlich nicht umfassend zu beantwortenden Fragen, ist die Frage nach seiner Rolle im [[Mau-Mau]]-Freiheitskampf. Dafür wurde er schließlich zu sieben Jahre Gefängnis und späterem Hausarrest verurteilt. Fest steht, dass er weder operativer noch heimlicher Führer dieses militärischen Kampfes war. Er war nicht mit den Methoden dieses Kampfes einverstanden, stand aber auch diesem Teil seines Volkes nahe, denn diese Kämpfer wollten ebenfalls die Kolonialherrschaft der Briten beenden. Insofern hatte man gemeinsame Ziele, aber nicht die gleichen Wege. Er verstand es, die Übergriffe der Mau-Mau-Kämpfer politisch zu nutzen, wodurch z.B. der Widerstandswille der Bevölkerung auch nach dem Zusammenbruch des Mau-Mau nicht erlahmte. Die Mau-Mau-Kämpfer wurden später jedoch nie in irgendeiner Form kompensiert oder von Kenyatta an der Macht beteiligt.

Ihm gelang es, durch eine maßvolle Landreform die weißen Siedler im Land zu behalten. Ökonomisch versuchte man sich mit einer ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, gemeinsam mit [[Milton Obote]], Staatschef von [[Uganda]], und [[Julius Nyerere]], Präsident der Republik [[Tansania]] (die heute in einigen Bereichen zum Teil wieder hergestellt wird). Diese Gemeinschaft zerbrach aber bis zum Jahr 1978 an ideologischen Differenzen und führte zu langjährigen Drohgebärden und Abschottungen der Länder. Auch wenn Kenyatta offiziell eine blockfreie Politik verfolgte, entwickelte sich Kenia zu einem wirtschaftlich erfolgreichen Afrikanischen staat, der auch ausländische Investoren anzog. Kenia wurde auch unter seiner Amtszeit Mitglied der [[United Nations]].

Kenyatta gilt nach einem jahrelangen Freiheitskampf, in dem er die Nation wirklich einte, nach wissenschaftlicher und journalistischer Arbeit, nach persönlichem Leiden in Gefängnis bzw. Verbannung und überzeugender politischer Führerschaft vielen Menschen als „Taa ya Kenya“ (Kisuaheli = das Licht Kenias) und einer der großen Führer Afrikas in der Unabhängigkeitsphase.

Dieser großartigen Lebensleistung stehen aber auch Schattenseiten gegenüber, so sein immer autoritärer werdender Führungsstil und der immer wieder erhobene Vorwurf, sich an Land, Elfenbein und Bodenschätzen bereichert zu haben. Sein Sicherheitsapparat drangsalierte politische Opponenten. Dieser Apparat wurde auch mit Mordfällen an politischen Gegnern in Verbindung gebracht, z.B. im Mordfall [[Josiah Mwangi Kariuki]] .

Kenyatta war viermal verheiratet, hat aus allen Ehen Kinder. Mit seiner letzten Frau [[Ngina Kenyatta]] , genannt ([[Mama Ngina]]), die er 1951 heiratete, hatte er vier Kinder:
*[[Christine Wambui Pratt]] (* September 1952),
*[[Uhuru Kenyatta]] (* 1961), (Uhuru war 2002 der unterlegene Präsidentschaftskandidat)
*Anna Nyokabi und
*[[Muhoho Kenyatta]] (* 1964).

Der internationale Flughafen in [[Nairobi]] wurde nach dem „Vater der Nation“ „Jomo Kenyatta International Airport“ (JKIA) benannt, aber auch viele Schulen und andere Institutionen.

Sein Leben lässt sich gut anhand seiner verschiedenen Namen einteilen und betrachten. Seine Lebensgeschichte ist weitgehend deckungsgleich mit der Kolonial-Geschichte seines Landes.


== Leben ==
== Leben ==
=== Kindheit und Jugend: Kamau wa Ngengi ===
=== Kindheit und Jugend ===
[[Datei:Jomo Kenyatta.jpg|mini|hochkant|Jomo Kenyatta, 1966]]
Kenyattas Geburtsjahr ist nicht sicher; es liegt zwischen 1889 und 1895. Der kleine Kamau wa Ngengi lebt bei seinem Vater Muigai und seiner Mutter Wambui in Ng'enda, einem Dörfchen in der [[Gatundu]]-Division des [[Kiambu]]-Distrikts. Dieser Heimatgegend bleibt er ein Leben lang treu verbunden und seine politischen Vertrauten wurden später gern als der “Kiambu-Clan” oder etwas stärker als die „Kiambu-Mafia“ bezeichnet.
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F021917-0014, Kenia, Staatsbesuch Bundespräsident Lübke.jpg|mini|Jomo Kenyatta und Heinrich Lübke, 1966]]
Kenyattas Geburtsjahr ist nicht sicher; es liegt zwischen 1889 und 1895. Sein Geburtsname war ''Kamau wa Ngengi'' und er lebte zunächst mit seinen Eltern aus dem Volk der [[Kikuyu (Volk)|Kikuyu]] in Ng'enda, einem Dörfchen im [[Kiambu]]-Distrikt. Dieser Heimatgegend blieb er ein Leben lang treu verbunden, weshalb seine politischen Vertrauten später als der „Kiambu-Clan“ oder als „Kiambu-Mafia“ bezeichnet worden sind. Kenyattas Großmutter väterlicherseits war [[Massai]]. Die Familie pflegte auch in späteren Generationen verwandtschaftliche Kontakte mit den Massai, und Kenyatta verbrachte mehrere Monate unter seinen Massai-Verwandten.<ref>Jomo Kenyatta: ''Facing Mount Kenya'', London 1961, S. 210.</ref>


Sein Vater Muigai stirbt und seine Mutter Wambui wird von Muigai's jüngerem Bruder Ngengi “übernommen”. Kurz darauf schenkt sie James Muigai das Leben, verlässt aber das Haus des neuen Ehemannes, um zu ihren Eltern zurückzukehren, wo sie bald stirbt. Kamau verlässt Ng'enda und zieht zu seinem Großvater Kongo wa Magana, der ein ''arathi'' (Seher oder weiser Mann) ist. Diese Seher hören die Botschaften [[Ngai]]s (der Gott auf dem [[Mount Kenya]]) und geben sie an das Volk weiter.
Nach dem Tod des Vaters Muigai kehrte seine Mutter Wambui zu ihren Eltern zurück, wo sie bald darauf starb. Daraufhin verließ Kamau Ng'enda und zog zu seinem Großvater Kongo wa Magana, der in seiner Dorfgemeinschaft als ''arathi'', also als Seher oder weiser Mann, anerkannt war. Diese Seher hören die Botschaften [[Ngai]]s und geben sie an das Volk weiter.


Jomo wird 1909 Mitglied der „Church of Scotland Mission“ in [[Thogoto]], wo er eine Grundschulausbildung erhält und die Schreinerei erlernt. Er beendet 1912 die Grundschule und wird Schreiner. Im Nyongara-Flüsschens bei der Thogoto-Mission wird er 1913 beschnitten und Mitglied der Kihiu Mwiri/Mebengi-Altersklasse.
Kamau wurde 1909 Mitglied der „Church of Scotland Mission“ in [[Thogoto]], wo er bis 1912 eine Grundschulausbildung erhielt und danach das Schreinerhandwerk erlernte.


=== Erwachsen: Johnstone Kamau ===
=== Erste politische Aktivitäten ===
Im August 1914 lässt er sich christlich taufen und erhält den Namen John Peter Kamau, den er bald darauf in Johnstone Kamau ändert. Um Arbeit zu finden, reist er ins nahe [[Nairobi]].
Im August 1914 ließ er sich christlich taufen und erhielt den Namen ''John Peter Kamau'', den er bald darauf in ''Johnstone Kamau'' änderte. Um Arbeit zu finden, reiste er in das nahegelegene [[Nairobi]]. Auf einer [[Sisal-Agave|Sisalfarm]] in [[Thika]] stellte ihn der Ingenieur John Cook, der ihm aus seiner Zeit in Thogoto bekannt war, 1915 als Aushilfsschreiner und Landarbeiter ein.


Im Zuge des Weltkriegs zog die britische Kolonialmacht etwa 200.000 Kenianer als Soldaten und Träger ein und schickte sie nach [[Tanganjika]], um dort gegen die Deutschen zu kämpfen, wobei 50.000 ihr Leben verloren. Dem drohenden Einzug zum Militärdienst entzog sich Kamau durch die Absetzung ins [[Maassai]]-Land zu Verwandten nach [[Narok (Kenia)|Narok]]. Dort arbeitete er für einen indischen Bauunternehmer. Nach Kriegsende 1918 kehrte er auf der Suche nach anderer Arbeit nach Nairobi zurück, wo er im Kramladen von Stephen Ellis als Verkäufer Anstellung fand und in seiner Freizeit die christliche Abendschule besuchte.
Auf einer Sisalfarm in [[Thika]] stellt ihn der Ingenieur John Cook 1915 ein, der ihn noch aus seiner Zeit in Thogoto kennt.


1924 wurde Jomo Kenyatta Mitglied der von [[James Beauttah]] und [[Joseph Kang'ethe]] geführten [[Kikuyu Central Association]]. Die KCA war die wichtigste Interessengruppe der schwarzen Bevölkerung. Sie setzte sich für Steuersenkung und Landrückgabe ein, gleichzeitig kämpfte sie gegen die von christlichen Missionaren angestrebte Ächtung der [[Beschneidung weiblicher Genitalien]]; in den Bestrebungen der Missionare sah die KCA einen inakzeptablen Eingriff in die Kikuyu-Kultur.<ref name="Finke">Jens Finke: [https://www.bluegecko.org/kenya/tribes/kikuyu/history2.htm Kikuyu - Colonial History], abgerufen am 13. November 2023 (englisch)</ref>
Von einer schweren Erkrankung heilen ihn 1916 ein Missionsarzt und sein Freund Charles Stokes, der ihn in sein Haus in [[Tumutumu]] aufnimmt.
Ebenfalls zu dieser Zeit machte er sich selbständig und baute einen Teil seines Hauses in [[Dagoretti]] zum Kramladen namens „Kenyatta Store“ um, der bald darauf zu einem beliebten Anlaufpunkt für Schwarze aus allen Stämmen wurde.


Seine Englischkenntnisse erlaubten es ihm ab 1926, Briefe für die KCA zu entwerfen und zu übersetzen. Kurz darauf wurde er zum Geschäftsführer des KCA ernannt. Im Mai begann er das Kikuyu-Wochenmagazin „Muigwithania“ (Der Versöhner) herauszugeben, das in einer indischen Druckerei hergestellt wurde, und reiste auf seinem Motorrad landauf landab und gründete KCA-Stützpunkte. 1929 wurde er von KCA nach London entsandt, um vor dem [[Colonial Office]] Klage zu erheben. Am 17.&nbsp;Februar startete Kenyatta von [[Mombasa]] aus und erreichte am 8. März London. Unter dem Motto „Gebt uns unser Land zurück“ publizierte Kenyatta zur Unterstützung der Klage verschiedene Artikel in den englischen Zeitungen [[The Times]] und [[The Manchester Guardian]]. Am 24.&nbsp;September 1930 kehrte er wieder zurück nach Mombasa und arbeitete im Anschluss für die „Kikuyu Independent School“ in Githunguri. An diesen unabhängigen Schulen wurde auch Englisch gelehrt, woran die weißen Siedler – im Gegensatz zum Colonial Office in London – nicht sonderlich interessiert waren. Öffentlich wendete er sich nun gegen die [[Beschneidung weiblicher Genitalien|weibliche Beschneidung]] beziehungsweise Genitalverstümmelung.
Im Jahr 1917 entzieht er sich dem drohenden Einzug zum Militär durch die Absetzung ins [[Maassai]]-Land zu Verwandten nach [[Narok]]. Die britische Kolonialmacht zog etwa 200.000 Kenianer als Soldaten und Träger ein und schickte sie nach [[Tanganjika]], um dort gegen die Deutschen zu kämpfen. Etwa 50.000 verloren dabei ihr Leben. Die Afrikaner hatten hier aber erstmals die Erfahrung gemacht, dass Weiße bekämpft werden und sterben können. In Narok arbeitet Kenyatta für einen indischen Bauunternehmer. Er trägt jetzt einen perlengeschmückten Maassai-Gürtel, auf den „Kinyata“ eingraviert ist.


Am 2. Mai 1931 begann er seine zweite Reise nach London, wo er eine Petition der KCA vor einer Parlamentskommission vortragen sollte. Weil ihn die Kommission nicht vorließ, schrieb er sich im Quäker-Kolleg [[Woodbrooke]] in [[Birmingham]] als Student ein. Zu Ostern 1932 wurde ihm endlich erlaubt, vor der [[Carter Land Commission]] auszusagen und danach beendete er sein Studium in Woodbrooke. Im August 1932 besuchte Kenyatta die [[UdSSR]] und besuchte auf Einladung von [[George Padmore]], eines radikalen Westinders aus [[Trinidad (Insel)|Trinidad]], die [[KUTW]] in Moskau.<ref>{{Literatur |Autor=Woodford McClellan |Titel=Africans and Black Americans in the Comintern Schools, 1925–1934 |Sammelwerk=The International Journal of African Historical Studies |Band=26 |Nummer=2 |Verlag=Boston University African Studies Centre |Ort=Boston |Datum=1993 |Sprache=en |ISSN=0361-7882 |DOI=10.2307/219551 |Seiten=371–390 |JSTOR=219551}}</ref> Padmore überwarf sich 1933 mit den Russen, woraufhin auch Kenyatta nach Großbritannien zurückkehren musste.
Er kehrt 1918 auf der Suche nach anderer Arbeit nach Nairobi zurück, wo er im Kramladen von Stephen Ellis Anstellung findet. Abends besucht er die christliche Abendschule.


Von 1934 bis 1938 widmete er sich dem Studium am [[University College London]] und arbeitete mit am „Barlow’s Kikuyu Dictionary“ (Barlows Kikuyu-Wörterbuch). 1935 begann Kenyatta ein [[Sozialanthropologie]]-Studium an der [[London School of Economics and Political Science]] bei [[Bronisław Malinowski]]; seine Magisterarbeit wurde 1938 unter dem Titel „[[Facing Mount Kenya]]“ und unter seinem neuen Namen Jomo Kenyatta publiziert.
Nach Kikuyu-Tradition heiratet er 1919 [[Grace Wahu]].


=== Der Weg zur Unabhängigkeit ===
1920 wird Kenia britische Kolonie. Man beruft Kenyatta zum Übersetzer an ein Gericht von Nairobi, wo eine Klage um das Land von Sub-Chief Kioi verhandelt wird. Am 22. Oktober wird er vor den christlichen Ältestenrat gerufen, weil er ohne christlichen Ritus geheiratet habe und Alkohol tränke. Man fordert ihn auf offiziell zu heiraten. Auch ohne kirchlichen Segen wird am 20. November sein erster Sohn [[Peter Muigai Kenyatta]] geboren.
Ab 1940 schlug er sich als Gelegenheitsarbeiter, als Darsteller im Film ''Sanders of the River'' (mit [[Paul Robeson]]) und als Farmarbeiter durch.


Im Februar 1945 organisierte Kenyatta den Weltgewerkschaftskongress in London und im Oktober auch den 5. [[Pan-Afrikanischer Kongress|Pan-Afrikanischen-Kongress]] in Manchester, den bedeutendsten dieser seit 1919 stattfindenden Kongress-Reihe. Die Wahlsprüche lauteten: „Freiheit jetzt“ und „Afrika den Afrikanern“. Folglich gründete er 1946 mit [[Kwame Nkrumah]] die multinationale [[Pan-African Federation]] und im September kehrte er als Leiter des [[Kenya Teachers College]] in [[Githunguri]] nach Kenia zurück.
Am 8. November 1922 heiratet er Grace Wahu in einer Ziviltrauung. Er verdient monatlich 250 Schillinge als Verkäufer, arbeitet aber gleichzeitig als Wasseruhren-Ableser für die Gemeinde Nairobi. Dafür kauft er sich ein Fahrrad. [[Harry Thuku]], der Führer der [[Young Kikuyu Association]] wird verhaftet, verurteilt und für elf Jahre in Verbannung geschickt. Blutige Aufstände brechen aus. Kenytta wird Mitglied in der [[Kikuyu Central Association]] ([[KCA]], der wichtigsten schwarzen Interessengruppe, die sich für die Reduzierung der Steuern, die Landrückgabe, aber auch für die weibliche Beschneidung kämpfte. Letzteres wurde als inakzeptabler Eingriff der Missionare und Briten in die Kikuyu-Kultur empfunden.


Nachdem [[Juntas Gichuru]] zurückgetreten war, wurde Kenyatta am 1. Juni 1947 Präsident der [[Kenya African Union]]. In der KAU standen sich Radikale wie [[Dedan Kimathi]] und Real-Politiker scharf gegenüber. Kenyatta gehörte zu den moderaten „Realos“, dennoch misstrauten ihm die Briten. Zu dieser Zeit erhielt er Morddrohungen von weißen Siedlern. Seit seinem Aufenthalt in [[Moskau]] vermutete man außerdem, er sei [[Kommunist]]. Von 1948 bis 1950 bereiste Kenyatta Kenia. Auf zahllosen Versammlungen verlangte er sowohl die Unabhängigkeit für sein Land innerhalb von drei Jahren als auch die Rückgabe des Landes durch die weißen Siedler. Gleichzeitig rief er seine Landsleute auf, hart zu arbeiten, und verdammte den herrschenden [[Tribalismus]], die Untätigkeit sowie die Kriminalität.
Nachdem er 1923 versprochen hat, dem Alkohol zu entsagen, wird er wieder in die Kirche aufgenommen. Einen Teil seines Hauses in [[Dagoretti]] baut er zum Kramladen namens „Kenyatta Store“ um, der bald darauf zu einem beliebten Anlaufpunkt für Schwarze aus allen Stämmen wird.


Kenyatta nahm 1950 an einem gemeinsamen Treffen von KAU und dem [[Kenya Indian Congress]] teil, auf der eine Resolution des Gewerkschafters [[Makhan Singh]] zur Freiheit Ostafrikas angenommen wurde. Im Mai 1951 traf sich Kenyatta mit [[James Griffiths (Politiker)|James Griffiths]], dem Britischen Staatssekretär für Kolonialangelegenheiten, und forderte eine Verfassungskonferenz noch vor Mai 1953.
Die politischen Aktivitäten der KCA-Führer [[James Beauttah]] und [[Joseph Kang'ethe]] beginnen ihn 1924 zu interessieren.


1952 hatte sich in [[Kiambu]], einem Aufruf der KAU folgend, eine große Menge versammelt, um Kenyatta zu hören. Daraufhin erklärte die Kolonialregierung am 20. Oktober den Ausnahmezustand. Kenyatta wurde umgehend zusammen mit 182 anderen Führungspersönlichkeiten verhaftet und am 18. November wegen Anstiftung zum Aufstand angeklagt. Trotz Verteidigung durch mehrere Anwälte wurde Kenyatta am 8. April 1953 wegen des [[Mau-Mau-Aufstand]]s zu sieben Jahren Zwangsarbeit und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war er 60 Jahre alt. Er wurde in das Gefängnis von [[Lokitaung]] verbracht. Alle Rechtsmittel, die sein Anwalt bis 1954 dagegen einlegte, blieben ohne Wirkung.
Seine Englischkenntnisse erlauben es ihm 1926, Briefe für die KCA zu entwerfen und zu übersetzen. Zum Lohn wird er Geschäftsführer der KCA.


Am 14. April 1959 wurde er zwar aus dem Gefängnis entlassen, aber in [[Lodwar]] unter Hausarrest gestellt. Im Dezember 1960 wurde der Ausnahmezustand aufgehoben und die [[Kenya African National Union]] (KANU) wählte Kenyatta in Abwesenheit zum Vorsitzenden. Als am 14. August 1961 die Verbannung aufgehoben wurde, ging Kenyatta nach [[Gatundu]] und in weitere Orte, wo ihm überall ein jubelnder Empfang bereitet wurde. Am 28. Oktober erfolgte die offizielle Ernennung zum KANU-Präsidenten. Somit konnte er die Delegation zur ersten wichtigen [[Lancaster-Konferenz]] nach London anführen. Mitglieder der Konferenz waren u.&nbsp;a. der junge Gewerkschafter [[Tom Mboya]] und der radikale [[Oginga Odinga]], beide [[Luo (Volk)|Luo]], sowie [[Ronald Ngala]] und der spätere Präsident [[Daniel arap Moi]]. Während der Konferenz wurde eine neue Verfassung entworfen. Kenia wurde darin als Land bezeichnet, das den Afrikanern gehört. Schwarzen Kenianern wurde der Zugang zu den „[[White Highlands]]“ garantiert. Viele weiße Siedler verkauften daraufhin ihren Besitz und verließen Kenia.
Am 28. Februar 1928 begleitet er KCA-Vertreter, die vor der britischen [[Hilton-Young-Commission]] aussagen müssen. Seine erste Tochter [[Margaret Wambui Kenyatta]], später die Oberbürgermeisterin von Nairobi, wird geboren. Im Mai beginnt er das Kikuyu-Wochenmagazin „Muigwithania“ (Der Versöhner) herauszugeben, das in einer indischen Druckerei hergestellt wird:


Kenyatta wurde 1962 Mitglied des [[Legislativrat von Kenia|Legislativrates]] und Minister für Verfassung und Wirtschaft in einer Koalitionsregierung aus Weißen, Indern und afrikanischen Ureinwohnern. Im Mai 1963 schließlich errang die KANU einen grandiosen Wahlsieg, bei dem Kenyattas Partei 83 der 124 Wahlkreise für sich gewinnen konnte.
1928 reist er auf seinem Motorrad landauf landab und gründet KCA-Stützpunkte.


=== Präsidentschaft ===
1929 trifft er eine wichtige Entscheidung: Die KCA schickt ihn nach London, um vor dem Colonial Office Klage zu erheben. Der indische Politiker und Mitglied des [[Legco]] (Legislative Council) [[Isher Dass]], in dem 11 Weiße, aber auch 5 Inder mit britischem Pass und ein Araber (jedoch keine Afrikaner) saßen, sammelt Geld für die Schiffsreise. Am 17. Februar starten Kenyatta und Isher Dass, der eine ähnliche Petition für die indische Gemeinde übergeben will von [[Mombasa]] aus und erreichen am 8. März London. Kenyatta beginnt sogleich in englischen Zeitungen wie [[The Times]] und [[The Manchester Guardian]] zu publizieren mit dem Tenor „Gebt uns unser Land zurück“. Und er reist auch nach Moskau.
Am 1. Juni 1963 wurde Kenyatta Premierminister. Er berief sein Kabinett ein; dieser Tag wurde zum Nationalfeiertag, dem [[Madaraka Day]], das bedeutet auf [[Swahili (Sprache)|Swahili]] „Selbstverwaltung“. Er sprach öfter versöhnlich und vertrauensbildend vor weißen Siedlern. Am 12. August überzeugte er in seiner berühmten Rede in [[Nakuru]] die weißen Siedler, im Lande zu bleiben. Beide Seiten sollten vergeben und vergessen. In der Folge stützte sich Kenyatta tatsächlich weiterhin auf weiße Beamten und Richter. Er enteignete kein weißes Land. Siedler, die ihr Land aufgaben, wurden mit Hilfe der britischen Regierung kompensiert. Die [[Landreform]] ließ viele landlos, machte sie zu Landlosen auf dem Land schwarzer Besitzer. Viele von ihnen zogen in die Städte, bevorzugt in die Slums von Nairobi. Das Land ging an schwarze Großgrundbesitzer, und Kenyatta gehörte zu ihnen. Diese Gruppe der Reichen nennt der Volksmund treffend „Wabenzi“, nach der Automobilmarke Benz, die ihr Statussymbol geworden ist. Bis auf den heutigen Tag sind einige britische Truppen in Kenia stationiert. In der Nähe von [[Nanyuki]] unterhalten sie ein großes Trainingslager.


Mit Hilfe britischer Truppen wurde sowohl eine [[Shifta-Krieg|somalische Attacke]] als auch eine eigene [[Kenya Defence Forces|Armee]]-Revolte niedergeschlagen. KADU und KANU gingen am 10. November 1964 zusammen und das Land wurde praktisch Einparteienstaat. Am 12. Dezember 1964, dem ersten Jahrestag der Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich, wurde Jomo Kenyatta der erste Präsident der Republik Kenia. 1966 erlitt er einen [[Herzinfarkt]]. Es kam zu weiteren Grenzzwischenfällen mit Somalia. Das Landprogramm wurde offiziell für beendet erklärt. Die KANU spaltete sich. Ihr Vizepräsident [[Oginga Odinga]] gründete mit 29 [[Nationalversammlung (Kenia)|Abgeordneten]] eine sozialistische Partei, die [[Kenya People’s Union]], die KPU. Kenyatta versuchte dieser Bewegung, die vorgab, für die arme Masse zu sprechen, durch Gesetzes- und Verfassungsänderungen Herr zu werden. Die Mitglieder der KPU wurden von Kenyattas Sicherheitsdienst immer wieder verfolgt. In den Zeiten des Kalten Kriegs wurde dies vom Westen mehr oder weniger toleriert. Der smarte Tom Mboya, dem allgemein zugetraut wurde, einmal Kenyattas Nachfolger zu werden, stand fest an der Seite Kenyattas und des Westens. Odinga gab seinen Posten als Vizepräsident auf, ihm folgte für kurze Zeit der schöngeistige [[Joseph Murumbi]], der sich aber bald enttäuscht aus der Politik zurückzog und auf diesem Wege Platz für Daniel arap Moi machte.
Er wendet sich 1930 an das Colonial Office, weil er fürchtet, nach seiner Rückkehr nach Kenia verhaftet zu werden. Am 24. September ist er wieder in Mombasa und wird von Beauttah und seiner Frau Wahu willkommen geheißen. Er arbeitet nun für die „Kikuyu Independent School“ in Githunguri. Diese unabhängigen Schulen versuchten ihren schwarzen Kindern auch Englisch zu lehren, woran die weißen Siedler - im Gegensatz zum Colonial Office in London - nicht sonderlich interessiert waren. Öffentlich wendet er sich gegen die weibliche [[Beschneidung]], bzw. Genitalverstümmelung.


Kenyatta versuchte 1967 in einer ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ([[East African Community|EAC]]) mit [[Milton Obote]], [[Uganda]], und [[Julius Nyerere]], [[Tansania]], z.&nbsp;B. Bahn, Post und Fluggesellschaften gemeinsam zu führen.
Am 2. Mai 1931 beginnt seine zweite Reise nach London, wo er eine Petition der KCA vor einer Parlamentskommission vortragen will. Da die ihn nicht vorlässt, schreibt er sich im Quäker-Kolleg [[Woodbrooke]] in [[Birmingham]] als Student ein.


Seine Biographie erschien 1968 und trägt den Titel ''Suffering Without Bitterness''.
Zu Ostern 1932 beendet er sein Studium in Woodbrooke, sagt vor der [[Carter Land Commission]] aus und besucht im August erneut die UdSSR. Diesmal belegt er auf Einladung von [[George Padmore]], eines radikalen Westinders aus [[Trinidad (Insel)|Trinidad]], Ökonomie an der Universität von Moskau.


Am 5. Juli 1969 wurde Tom Mboya in Nairobi auf offener Straße von einem Kikuyu niedergeschossen und starb. Der Mörder Mboyas kam vor ein Gericht und wurde später [[Erhängen|gehängt]]. Bisher lässt sich keinerlei Verwicklung von höheren Stellen nachweisen, aber der Tod Mboyas brachte die Luo, die sich so von der Macht ferngehalten sehen, auf Jahre in Rage, es kam zum bitteren Zwist mit den Kikuyu. Als Kenyatta einen Versöhnungsbesuch in Kisumu abstattete – die gesamte Luo-Führung war anwesend – drohte die Situation aufgrund der wütenden Menge zu eskalieren, so dass die Polizei scharf schoss: mindestens 10 Tote sind zu beklagen. Die KPU wurde verboten, obwohl die Verfassung Oppositionsparteien erlaubte. Odinga wurde ohne Gerichtsurteil verbannt. Paramilitärische Polizeitruppen aus Kikuyu und loyalen verwandten Stämmen, [[General Service Unit]] (GSU), wurden zum Schutz der Regierungsinteressen geformt.
Padmore überwirft sich 1933 mit den Russen, woraufhin auch Kenyatta nach Großbritannien zurückkehren muss.


Am 29. Januar 1970 wurde Kenyatta für die zweite Amtszeit als Präsident vereidigt. Die Tourismus-Industrie blühte auf.
Von 1934 bis 1938 widmet er sich dem Studium am [[University College, London]]. Er arbeitet am „ Barlow's Kikuyu Dictionary“ (Barlows Kikuyu-Wörterbuch). Studium an der [[London School of Economics and Political Science]] bei Professor [[Bronislaw Malinowski]], bei dem er Anthropologie hört. Er arbeitet über sein Volk, die Kikuyus. Publiziert und hält überall Vorträge im Land.


In Uganda putschte [[Idi Amin]] im Jahr 1971, und Kenyattas Tochter Jane (Jeni) heiratete 1973 [[Udi Gecaga]]. Am 5. November 1974 wurde er für die dritte Amtszeit als Präsident vereidigt.
=== Im reifen Mannesalter: Jomo Kenyatta ===
Sein berühmte Magisterarbeit wird 1938 unter dem Titel „Facing Mount Kenya“ – und unter seinem neuen Namen Jomo Kenyatta publiziert. Er ist jetzt 49 Jahre alt.


Es kam 1975 zum Mord an [[Josiah Mwangi Kariuki]], einem Kikuyu, Ex-Mau-Mau und Abgeordneten des Nyandarua North Wahlbezirks. Dagegen erhob sich Protest. Kritiker wurden unter Hausarrest gestellt. Die Landfrage verstummte unter diesem Druck auf Jahre. In Nairobi explodierten Bomben einer radikalen Gruppe (Poor’s People Liberation Group).
1940 lebt er von Gelegenheitsjobs als Filmschauspieler in ''Sanders of the River'' (mit [[Paul Robeson]]) und als Farmarbeiter.


Kenyatta erlitt im April 1977 erneut einen [[Herzinfarkt]]. Die EAC war am Ende, handstreichartig wurden die Flugzeuge, Güter und andere Transportmittel wie Schiffe und Lastwagen der Gemeinschaft konfisziert. Kenia sicherte sich den Löwenanteil. Die Spannungen zwischen den Ländern blieben über Jahre bestehen. Es kam immer wieder zu Übergriffen und Scharmützeln an der Grenze.
Die Liebe hat ihn 1942 eingeholt und er heiratet am 11. Mai in West Sussex die Engländerin Edna Clarke, die er später wieder verließ.


Am 14. August 1978 versammelte Kenyatta in seinem Haus in [[Mombasa]] seine ganze Familie um sich. Auch sein Sohn aus zweiter Ehe, Peter Mugaria samt Familie flog dazu aus Großbritannien ein. Am 22. August starb der „Vater der Nation“ in Anwesenheit seiner Frau Ngina und seines Sohnes Peter Muigai friedlich im Schlaf. Das Staatsbegräbnis fand am 31. August statt. Mzee Jomo Kenyatta wurde in einem eigenen Mausoleum vor dem Parlamentsgebäude von Nairobi beigesetzt.
Am 11. August 1943 wird Sohn [[Peter Mugaria Kenyatta]] geboren.


== Bedeutung für das kenianische Volk ==
Der erste Afrikaner [[Peter Mathu]] wird Mitglied 1944 im Legco. Die [[Kenya African Union]], [[KAU]], wird gegründet und [[Harry Thuku]] ihr erster Präsident.
[[Datei:JOMO KENYATTA.JPG|mini|Denkmal in [[Nairobi]] von [[James Walter Butler]], 1972]]


Eine zufriedenstellende Übersetzung seines erst spät angenommenen Namens „Kenyatta“ existiert nicht. Da der Name „Kenya“ selbst eine Anglisierung des ursprünglichen Wortes „Kiri nijaga“ ([[Mount Kenya]], „Der strahlende Berg“, kurz: „Kinja“) ist, kann Kenyatta auch kein genuin afrikanischer Name sein. Am ehesten trägt der Name die Bedeutung „der Kenianer“. Die manchmal anzutreffende Ausweitung auf alle Bewohner von Kenia (Kenianer = Kenyatten) ist falsch.
Im Februar 1945 organisiert Kenyatta den Weltgewerkschaftskongress in London. Im Oktober organisiert er auch den 5. [[Panafrikanischen Kongress]] in Manchester, [[Kwame Nkrumah]] nimmt teil. Die Slogans lauten: „Freiheit jetzt“ und „Afrika den Afrikanern“.


Kenyattas Leben und Werk wird von der übergroßen Rolle und ehrenden Anerkennung durch sein Volk als „Vater der Nation“ überstrahlt. Manche Biographien oder Darstellungen sind eher als [[Hagiographie]] zu bezeichnen. So sind auch nicht alle Daten und Ereignisse immer zweifelsfrei zu belegen. Kenyatta war hoch respektiert, aber in manchen seiner Positionen und Handlungen auch höchst umstritten. In der neueren Diskussion wird ihm der Titel des „Vaters der Nation“ manchmal sogar gänzlich abgesprochen.<ref>http://www.eastandard.net/InsidePage.php?id=1144001711&amp;cid=4{{Toter Link|date=2018-03 |archivebot=2018-03-26 09:58:04 InternetArchiveBot |url=http://www.eastandard.net/InsidePage.php?id=1144001711&cid=4 }};</ref> Seine Anrede war „Mzee“ (sprich ''Mseeh''). In Swahili ist „mzee“ die Anrede für jeden ehrwürdigen älteren Mann. Er aber war ''der'' „Mzee“. So wird er z.&nbsp;B. auch auf den alten Schilling-Münzen des Landes genannt. Kenyatta rief unter dem Slogan ''[[Harambee]]'', was auf Swahili etwa so viel heißt wie: „Lasst uns alle zusammen an einem Strick ziehen!“, eine noch heute wichtige gesellschaftliche Selbsthilfebewegung ins Leben.
1946 gründet er mit [[Kwame Nkrumah]] die [[Pan-African Federation]]. Im September kehrt er nach Kenia zurück und heiratet zum dritten Mal [[Grace Wanjiku Koinange]], die Schwester seines politischen Weggefährten [[Mbiyu Koinange]] und Tochter des verstorbenen Senior Chief [[Koinange]]. Er wird Principal (Leiter) des [[Kenya Teachers College]] in Githunguri.


Eine der immer wieder gestellten und letztlich wahrscheinlich nicht umfassend zu beantwortenden Fragen, ist die Frage nach seiner Rolle im [[Mau-Mau-Aufstand|Mau-Mau-Freiheitskampf]]. Dafür wurde er schließlich zu sieben Jahre Gefängnis und späterem Hausarrest verurteilt. Fest steht, dass er weder operativer noch heimlicher Führer dieses militärischen Kampfes war. Er war nicht mit den Methoden dieses Kampfes einverstanden, stand aber auch diesem Teil seines Volkes nahe, denn diese Kämpfer wollten ebenfalls die Kolonialherrschaft der Briten beenden. Insofern hatte man gemeinsame Ziele, aber nicht die gleichen Wege. Er verstand es, die Übergriffe der Mau-Mau-Kämpfer politisch zu nutzen, wodurch z.&nbsp;B. der Widerstandswille der Bevölkerung auch nach dem Zusammenbruch des Mau-Mau nicht erlahmte. Die Mau-Mau-Kämpfer wurden später jedoch nie in irgendeiner Form kompensiert oder von Kenyatta an der Macht beteiligt.
Er wird am 1. Juni 1947 Präsident der [[Kenya African Union]], nachdem [[Juntas Gichuru]] zurückgetreten war. Kenyatta erhält Morddrohungen von weißen Siedlern. In der KAU stehen sich Radikale (wie [[Dedan Kimathi]]) und Realos scharf gegenüber. Kenyatta gehört zu den moderaten Realos, aber die Siedler und die Briten trauen ihm nicht. Man hält ihn aufgrund seines Aufenthalts in Moskau für einen Kommunisten. Im Hintergrund formieren sich die Vorläufer der [[Mau-Mau]]-Bewegung.


Ihm gelang es, durch eine maßvolle Landreform die weißen Siedler im Land zu behalten. Ökonomisch versuchte man sich mit einer ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, gemeinsam mit [[Milton Obote]], Staatschef von [[Uganda]], und [[Julius Nyerere]], Präsident der Republik [[Tansania]] (die heute in einigen Bereichen zum Teil wiederhergestellt wird). Diese Gemeinschaft zerbrach aber bis zum Jahr 1978 an ideologischen Differenzen und führte zu langjährigen Drohgebärden und Abschottungen der Länder. Auch wenn Kenyatta offiziell eine blockfreie Politik verfolgte, entwickelte sich Kenia zu einem wirtschaftlich erfolgreichen afrikanischen Staat, der auch ausländische Investoren anzog. Kenia wurde auch unter seiner Amtszeit Mitglied der [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]].
Von 1948 bis 1950 bereist Kenyatta Kenia und fordert auf zahllosen Versammlungen von den weißen Siedlern das Land zurück. Er fordert das Unerhörte, die Unabhängigkeit für sein Land innerhalb von drei Jahren. Gleichzeitig ruft er seine Landsleute auf hart zu arbeiten und verdammt [[Tribalismus]], Nichtstun und Kriminalität.


Kenyatta gilt nach einem jahrelangen Freiheitskampf, in dem er die Nation wirklich einte, nach wissenschaftlicher und journalistischer Arbeit, nach persönlichem Leiden in Gefängnis beziehungsweise Verbannung und überzeugender politischer Führerschaft vielen Menschen als „Taa ya Kenya“ (Swahili: „das Licht Kenias“) und einer der großen Führer Afrikas in der Unabhängigkeitsphase.
Kenyatta nimmt 1950 an einem gemeinsamen Treffen von KAU und dem [[Kenya Indian Congress]] teil, auf der eine Resolution des Gewerkschafters [[Makhan Singh]] zur Freiheit Ostafrikas angenommen wird. Die junge Ehefrau Grace Wanjiku stirbt im Kindbett, die Tochter [[Jane Wambui Kenyatta]] überlebt.


Dieser großartigen Lebensleistung stehen aber auch Schattenseiten gegenüber, so sein immer autoritärer werdender Führungsstil und der immer wieder erhobene Vorwurf, sich an Land, Elfenbein und Bodenschätzen bereichert zu haben. Sein Sicherheitsapparat drangsalierte politische Opponenten. Dieser Apparat wurde auch mit Mordfällen an politischen Gegnern in Verbindung gebracht, z.&nbsp;B. im Mordfall [[Josiah Mwangi Kariuki]].
Im Mai 1951 trifft Kenyatta [[James Griffiths]], den Britischen Staatssekretär für Kolonialangelegenheiten und fordert eine Verfassungskonferenz noch vor Mai 1953. Die KAU wird verboten. Der [[Mau-Mau]]-Freiheitskampf beginnt. Im September heiratet er [[Ngina Muhoho]], die Tochter von Chief [[Muhoho]] und dessen Frau Nyokabi.


Der internationale Flughafen in Nairobi, [[Flughafen Jomo Kenyatta International|Jomo Kenyatta International Airport (JKIA)]], wurde nach ihm benannt, außerdem viele Schulen und andere Institutionen.
In [[Kiambu]] hat sich 1952 auf Aufruf der KAU hin eine große Menge versammelt, zu der Kenyatta spricht. Im September schenkt Mama Ngina ihrer Tochter [[Christine Wambui Kenyatta]] das Leben. Gouverneur Baring nimmt am 7. Oktober gemeinsam mit Kenyatta an den Begräbnisfeierlichkeiten für Chief Waruhiu teil, trotz wiederholter Morddrohungen durch weiße Siedler. Der im Untergrund operierende Mau-Mau gibt sich ein Zentral-Komitee, um fortan alle Aktivitäten organisieren zu können. Am 20. Oktober erklärt die Kolonialregierung den Ausnahmezustand. Kenyatta wird sofort mit 182 anderen schwarzen Führungspersönlichkeiten verhaftet und am 18. November Kapenguria wegen Anstiftung zum Mau-Mau-Aufstand angeklagt. Mehrere Anwälte verteidigen ihn.


== Privatleben ==
Am 8. April 1953 wird er – er ist 60 Jahre alt! – wegen Führung des [[Mau-Mau]]-Aufstands zu sieben Jahre schwerer Arbeit und anschließend unbegrenzter Verwahrung verurteilt. Er wird ins Gefängnis von [[Lokitaung]] verbracht, einem staubigen Nest im Nordwesten Kenias. Alle Rechtsmittel, die sein Anwalt bis 1954 dagegen einlegt, bleiben ohne Wirkung.
Kenyatta war viermal verheiratet, aus allen Ehen sind Kinder hervorgegangen. Nach Kikuyu-Tradition heiratete er 1919 Grace Wahu. Seine erste Tochter Margaret Wambui Kenyatta, später die Oberbürgermeisterin von Nairobi, wurde 1928 geboren. Im Mai 1942 heiratete er in West Sussex die Engländerin Edna Clarke, die er später wieder verließ. Am 11.&nbsp;August 1943 ist sein Sohn Peter Mugaria Kenyatta geboren. Im selben Jahr heiratete Kenyatta zum dritten Mal, diesmal Grace Wanjiku Koinange, die Schwester seines politischen Weggefährten Mbiyu Koinange und Tochter des verstorbenen Senior Chief Koinange. Die junge Ehefrau Grace Wanjiku starb im Kindbett, die Tochter Jane Wambui Kenyatta überlebte. Mit seiner letzten Frau [[Ngina Kenyatta]], genannt „Mama Ngina“, die er 1951 geheiratet hatte, bekam er vier Kinder:
* [[Kristina Wambui Kenyatta-Pratt]] (*&nbsp;September 1952)
* Anna Nyokabi Kenyatta (genannt „Jeni“)
* [[Uhuru Kenyatta]] (*&nbsp;1961), von März 2013 bis September 2022 4.&nbsp;Präsident der Republik Kenia
* Muhoho Kenyatta (*&nbsp;1964)


Sein Großneffe ist [[Tom Morello]], auch Gitarrist der US-Band [[Rage Against the Machine]].
Am 14. April 1959 kann er das Gefängnis zwar verlassen, wird aber nach [[Lodwar]] in die Verbannung geschickt. Hierhin folgt ihm seine Frau [[Ngina Kenyatta]].


== Werke ==
Ein Gefolgsmann [[Mahatma Gandhi]]s, der Inder [[Ambu Patel]], gründet 1960 ein Komitee zur Befreiung der politischen Gefangenen, das große Demonstrationen organisiert. In einer Petition mit mehr als einer Million Unterschriften wird die Freilassung Kenyattas gefordert. Am 14. Mai wählt in die KANU in Abwesenheit zum Präsidenten. Im Dezember wird der Ausnahmezustand aufgehoben. Die [[Kenya African National Union]] (KANU) wird gegründet, kurz darauf die moderate [[Kenya African Democratic Union]] (KADU) von [[Daniel arap Moi]], die Partei der kleinen Ethnien gegen die Kikuyu-Luo-Dominanz.
* ''[[Facing Mount Kenya]] – The Tribal Life of the Gikuyu'' (1938), Vintage Books USA, 1962, ISBN 0-394-70210-7
* ''My People of Kikuyu and the Life of Chief Wangombe.'' Oxford University Press, 1967, ISBN 0-19-680542-2
* ''Suffering Without Bitterness. The Founding of the Kenya Nation.'' (Autobiographie, 1968)
* ''The Challenge of Uhuru: The Progress of Kenya, 1968 to 1970.'' East African Publishing House, 1971 (Selected and prefaced extracts from the public speeches of His Excellency, Mzee Jomo Kenyatta, President of the Republic of Kenya)


== Literatur ==
Die Nachfolgeorganisationen der KAU, die KANU und die KADU, fordern 1961 Kenyattas Freilassung. Am 23. März erhält er in Lodwar Besuch von kenianischen Politikern, unter ihnen auch [[Daniel arap Moi]]. Er zieht am 11. April um nach [[Maralal]], seine Tochter Margaret stößt zu ihm. Er gibt erstmals seit acht Jahren wieder eine Pressekonferenz. Am 14. August wir er endlich freigelassen. Er geht nach Gatundu und anderen Orten, wo ihm überall ein jubelnder Empfang bereitet wird. Am 26. Oktober wird Sohn [[Uhuru Kenyatta]] geboren. Am 28. Oktober wird er offiziell KANU-Präsident. Er führt die KANU-Delegation zur wichtigen ersten [[Lancaster-Konferenz]] nach London, auf der die Mehrheit von Schwarzen im Legco beschlossen wird. Mitglieder im Legco werden der junge Gewerkschafter [[Tom Mboya]] und der radikale [[Ogiga Odinga]], beides [[Luo]]s sowie [[Ronald Ngala]] und [[Daniel arap Moi]]. Eine neue Verfassung wird entworfen, in der Kenia als Land bezeichnet wird, das den Afrikanern gehören wird. Der Zugang für Schwarze zu den [[White Highlands]] wird garantiert. Viele Siedler verkaufen daraufhin ihre Farmen und verlassen Kenia.
* Anais Angelo: ''Power and the Presidency in Kenya: The Jomo Kenyatta Years.'' Cambridge University Press, Cambridge 2019, ISBN 978-1-108-49404-5, [[doi:10.1017/9781108625166]].
* Githu Muigai: ''12. Jomo Kenyatta & the Rise of the Ethno-Nationalist State in Kenya.'' In Bruce Berman, Will Kymlicka, Dickson Eyoh (Hrsg.): ''Ethnicity and Democracy in Africa.'' James Currey, Woodbridge 2004, ISBN 0-85255-861-9, S. 200–217.


== Weblinks ==
Kenyatta wird 1962 ebenfalls Mitglied des [[Legislative Council]] und in einer Koalitionsregierung aus Weißen, Indern und Schwarzen (KANU/KADU) Minister mit weitem Portfolio – Verfassung und Wirtschaft. Er führt die KANU-Delegation zur zweiten [[Lancaster-Konferenz]] nach London. Der Wunsch nach einer föderativen Verfassung, den die KADU vorträgt, wird dort verschoben.
{{Commonscat}}
* [http://kenya.rcbowen.com/government/kenyatta.html Porträt] bei kenya.rcbowen.com (englisch)
* Axel Kämmerer, Andreas Haas: ''[https://www.lexikon-der-politischen-strafprozesse.de/glossar/kenyatta-jomo-johnstone/ Kenyatta, Jomo (Johnstone)]'', in: [[Kurt Groenewold]], Alexander Ignor, Arnd Koch (Hrsg.): ''[[Lexikon der Politischen Strafprozesse]]'', Online, Stand: August 2017.
* Matthias Wurms: [https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/jomo-kenyatta-kenia-100.html ''22.08.1978 – Der Todestag von Jomo Kenyatta''] [[WDR]] [[ZeitZeichen (Hörfunksendung)|ZeitZeichen]] vom 22. August 2013. (Podcast)
* [https://www.srf.ch/play/radio/redirect/detail/f4bfbbc2-850d-48ac-8b7d-42903addcb09 ''Ansprache von Kenias Präsident Jomo Kenyatta zur Erlangung der Unabhängigkeit im Uhuru-Stadion in Nairobi''], Schweizer Radio, 12. Dezember 1963 (33 sec, Original ohne Übersetzung)
* [http://www.britishpathe.com/video/kenya-now-republic/ Film der Vereidigung Kenyattas als erster Präsident], 17. Dezember 1964 (englisch)


== Einzelnachweise ==
Im Mai 1963 erringt die KANU einen grandiosen Wahlsieg. 83 der 124 Wahlkreise gehen an Kenyattas Partei.
<references />


{{NaviBlock
=== Präsident im Rentenalter: Mzee ===
|Navigationsleiste Staatsoberhäupter von Kenia
Am 1. Juni 1963 wird Kenyatta Premier-Minister. Er beruft sein Kabinett ein; dieser Tag wird zum Nationalfeiertag, dem [[Madaraka-Day]], d.h. auf Kisuaheli „Selbstverwaltung“. Er spricht öfter versöhnlich und vertrauensbildend vor weißen Siedlern. Am 12. August überzeugt er in seiner berühmten Rede in [[Nakuru]] die Weißen Siedler im Lande zu bleiben. Beide Seiten sollten vergeben und vergessen. In der Folge stützt sich Kenyatta tatsächlich weiterhin auf weiße Beamten und Richter. Er enteignet kein weißes Land. Siedler, die ihr Land aufgeben, werden mit Hilfe der britischen Regierung kompensiert. Die Landreform lässt viele landlos, macht sie zu Landlosen auf jetzt schwarzem Besitz. Viele von ihnen ziehen in die Städte, bevorzugt in die Slums von Nairobi. Das Land geht an schwarze Großgrundbesitzer und Kenyatta gehört zu ihnen. Diese Gruppe der Reichen nennt der Volksmund treffend „Wabenzi“, ist es doch die schwäbische Nobelkarosse die ihr Statussymbol geworden ist. Bis auf den heutigen Tag sind einige britische Truppen in Kenia stationiert. In der Nähe von [[Nanyuki]] unterhalten sie ein großes Trainingslager.
|Navigationsleiste Außenminister Kenias
}}


{{Normdaten|TYP=p|GND=122456963|LCCN=n80120826|VIAF=56581167}}
Sein Sohn [[Muhoho Kenyatta]] wird 1964 geboren. Mit Hilfe britischer Truppen wird sowohl eine somalische Attacke als auch eine eigene Armee-Revolte niedergeschlagen. KADU und KANU gehen am 10. November zusammen und das Land wird praktisch Einparteienstaat. Am 12. Dezember wird Jomo Kenyatta der erste Präsident der Republik Kenia. Er ist jetzt 71 Jahre alt. Nun ist nicht mehr die englische Königin Souverän, sondern ein Schwarzer.


{{SORTIERUNG:Kenyatta, Jomo}}
1966 erleidet er einen [[Herzinfarkt]]. Weitere Grenzzwischenfälle mit Somalia. Das Landprogramm wird offiziell für beendet erklärt. Die KANU spaltet sich. Ihr Vizepräsident [[Oginga Odinga]] gründet mit 29 Abgeordneten eine sozialistische Partei, die [[Kenya People´s Union]], die [[KPU]]. Kenyatta versucht dieser Bewegung, die vorgab für die arme Masse zu sprechen, durch Gesetzes- und Verfassungsänderungen Herr zu werden. Die Mitglieder der KPU werden von Kenyattas Sicherheitsdienst immer wieder verfolgt. In den Zeiten des Kalten Kriegs ist dies vom Westen mehr oder weniger toleriert. Der smarte Tom Mboya, dem allgemein zugetraut wird, einmal Kenyattas Nachfolger zu werden, steht fest an der Seite Kenyatta und des Westens. Odinga gibt seinen Posten als Vizepräsident auf, ihm folgt für kurze Zeit der schöngeistige [[Joseph Murumbi]], der aber bald enttäuscht vom Politikergeschäft zurücktritt und auf diesem Posten Platz für [[Daniel arap Moi]] macht.
[[Kategorie:Jomo Kenyatta| ]]
[[Kategorie:Panafrikanist]]
[[Kategorie:Staatspräsident (Kenia)]]
[[Kategorie:Außenminister (Kenia)]]
[[Kategorie:Abgeordneter (Kenia)]]
[[Kategorie:Person (Kikuyu)]]
[[Kategorie:Kenianer]]
[[Kategorie:Geboren im 19. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Gestorben 1978]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Personendaten
Kenyatta versucht 1967 in einer ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ([[EAU]]) mit [[Milton Obote]], [[Uganda]], und [[Julius Nyerere]], [[Tansania]], z.B. Bahn, Post und Fluggesellschaften gemeinsam zu führen.
|NAME=Kenyatta, Jomo

|ALTERNATIVNAMEN=Kamau, Johnstone
Seine Biographie erscheint 1968 und trägt den Titel ''Suffering Without Bitterness''.
|KURZBESCHREIBUNG=kenianischer Politiker, Ministerpräsident Kenias

|GEBURTSDATUM=zwischen 1889 und 1895
Am 5. Juli 1969 wird Tom Mboya in Nairobi auf offener Straße von einem Kikuyu nieder gestochen. Der Mörder Mboyas kommt vor ein Gericht und wird später (angeblich?) gehängt. Bisher lässt sich keinerlei Verwicklung von höheren Stellen nachweisen, aber der Tod Mboyas bringt die Luos, die sich so von den Fleischtöpfen der Macht ferngehalten sehen, auf Jahre in Rage und bitteren Zwist mit den Kikuyus. Als Kenyatta einen Versöhnungsbesuch in Kisumu abstattet – die gesamte Luo-Führung ist anwesend – droht die Situation aufgrund der wütenden Menge zu eskalieren, so dass die Polizei scharf schießt: mindestens 10 Tote sind zu beklagen. Die KPU wird verboten, obwohl die Verfassung Oppositionsparteien erlaubt. Odinga wird ohne Gerichtsurteil verbannt. Paramilitärische Polizeitruppen aus Kikuyus und loyalen verwandten Stämmen, [[General Service Unit]], [[GSU]], wurden zum Schutz der Regierungsinteressen geformt.
|GEBURTSORT=

|STERBEDATUM=22. August 1978
Am 29. Januar 1970 wird Kenyatta für die zweite Amtszeit als Präsident vereidigt. Die Tourismus-Industrie blüht auf.
|STERBEORT=[[Mombasa]], Kenia

In Uganda putscht [[Idi Amin]] im Jahr 1971 und seine Tochter Jane (Jeni) heiratet 1973 [[Udi Gecaga]]. Kenia scheint gegen andere afrikanische Staaten ein Hort der Sicherheit.

Am 5. November 1974 wird er für die dritte Amtszeit als Präsident vereidigt. Das Leben der einfachen Menschen verändert sich nur langsam zum besseren, für mache in den Slums auch gar nicht.

Es kommt 1975 zu einem weiteren Mord an [[Josiah Mwangi Kariuki]], einem Kikuyu, Ex-Mau-Mau und Abgeordneten des Nyandarua North Wahlbezirks. Dagegen erhebt sich Protest. Kritiker wurden unter Hausarrest gestellt. Die Landfrage verstummt unter dem Druck auf Jahre. In Nairobi explodieren Bomben einer radikalen Gruppe (Poor´s People Liberation Group).

Kenyatta erleidet im April 1977 erneut einen [[Herzinfarkt]]. Die EAU ist am Ende, handstreichartig werden die Flugzeuge, Güter und andere Transportmittel wie Schiffe und Lastwagen der Gemeinschaft konfisziert. Kenia sichert sich den Löwenanteil. Die Spannungen zwischen den Länder bleiben über Jahre bestehen. Es kommt immer wieder zu Übergriffen und Scharmützeln an der Grenze.

Am 14. August 1978 versammelt er in seinem Haus in [[Mombasa]] seine ganze Familie um sich. Auch sein Sohn aus zweiter Ehe, Peter Mugaria samt Familie, aus Großbritannien fliegt dazu ein. Am 22. August stirbt der „Vater der Nation“ in Anwesenheit seiner Frau Ngina und Sohn Peter Muigai friedlich im Schlaf, für die meisten Kenianer ein großer Schock, bei einigen aber keimt Hoffnung auf ein demokratischeres Morgen. Das Staatsbegräbnis findet am 31. August statt. Mzee Jomo Kenyatta wird in einem eigenen Mausoleum vor dem Parlamentsgebäude von Nairobi beigesetzt.

== Jomo Kenyattas Bücher ==
*Facing Mount Kenya - The Tribal Life of the Gikuyu (1938), Vintage Books USA, 1962, ISBN: 0394702107
*My People of Kikuyu and the Life of Chief Wangombe. Oxford University Press, 1967, ISBN: 0196805422
*Suffering Without Bitterness. The Founding of the Kenya Nation. (Biographie, 1968)

== Siehe auch ==
* [[Liste afrikanischer Schriftsteller]]

== Weblinka ==
* http://kenya.rcbowen.com/government/kenyatta.html

{{Navigationsleiste Präsidenten Kenias}}

[[Kategorie:Mann|Kenyatta, Jomo]]
[[Kategorie:Geboren 1893|Kenyatta, Jomo]]
[[Kategorie:Gestorben 1978|Kenyatta, Jomo]]
[[Kategorie:Politiker (Kenia)|Kenyatta, Jomo]]
[[Kategorie:Kenianer|Kenyatta, Jomo]]

{{Personendaten|
NAME=Kenyatta, Jomo
|ALTERNATIVNAMEN=
|KURZBESCHREIBUNG=Ministerpräsident Kenias
|GEBURTSDATUM=[[20. Oktober]] [[1893]]
|GEBURTSORT=Ichaweri
|STERBEDATUM=[[22. August]] [[1978]]
|STERBEORT=[[Mombasa]]
}}
}}

[[en:Jomo Kenyatta]]
[[es:Jomo Kenyatta]]
[[fi:Jomo Kenyatta]]
[[fr:Jomo Kenyatta]]
[[he:ג'ומו קניאטה]]
[[hr:Jomo Kenyatta]]
[[id:Jomo Kenyatta]]
[[it:Jomo Kenyatta]]
[[ko:조모 케냐타]]
[[nl:Jomo Kenyatta]]
[[no:Jomo Kenyatta]]
[[ro:Jomo Kenyatta]]
[[sv:Jomo Kenyatta]]
[[sw:Jomo Kenyatta]]

Aktuelle Version vom 15. Juni 2025, 01:38 Uhr

Jomo Kenyatta, 1978

Jomo Kenyatta (* Ende des 19. Jahrhunderts in Britisch-Ostafrika als Johnstone Kamau; † 22. August 1978 in Mombasa) wurde 1963 mit der Unabhängigkeit Kenias erster Ministerpräsident des Landes. 1964 wurde er nach der Proklamation Kenias zur Republik deren erster Staatspräsident.

Kindheit und Jugend

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jomo Kenyatta, 1966
Jomo Kenyatta und Heinrich Lübke, 1966

Kenyattas Geburtsjahr ist nicht sicher; es liegt zwischen 1889 und 1895. Sein Geburtsname war Kamau wa Ngengi und er lebte zunächst mit seinen Eltern aus dem Volk der Kikuyu in Ng'enda, einem Dörfchen im Kiambu-Distrikt. Dieser Heimatgegend blieb er ein Leben lang treu verbunden, weshalb seine politischen Vertrauten später als der „Kiambu-Clan“ oder als „Kiambu-Mafia“ bezeichnet worden sind. Kenyattas Großmutter väterlicherseits war Massai. Die Familie pflegte auch in späteren Generationen verwandtschaftliche Kontakte mit den Massai, und Kenyatta verbrachte mehrere Monate unter seinen Massai-Verwandten.[1]

Nach dem Tod des Vaters Muigai kehrte seine Mutter Wambui zu ihren Eltern zurück, wo sie bald darauf starb. Daraufhin verließ Kamau Ng'enda und zog zu seinem Großvater Kongo wa Magana, der in seiner Dorfgemeinschaft als arathi, also als Seher oder weiser Mann, anerkannt war. Diese Seher hören die Botschaften Ngais und geben sie an das Volk weiter.

Kamau wurde 1909 Mitglied der „Church of Scotland Mission“ in Thogoto, wo er bis 1912 eine Grundschulausbildung erhielt und danach das Schreinerhandwerk erlernte.

Erste politische Aktivitäten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im August 1914 ließ er sich christlich taufen und erhielt den Namen John Peter Kamau, den er bald darauf in Johnstone Kamau änderte. Um Arbeit zu finden, reiste er in das nahegelegene Nairobi. Auf einer Sisalfarm in Thika stellte ihn der Ingenieur John Cook, der ihm aus seiner Zeit in Thogoto bekannt war, 1915 als Aushilfsschreiner und Landarbeiter ein.

Im Zuge des Weltkriegs zog die britische Kolonialmacht etwa 200.000 Kenianer als Soldaten und Träger ein und schickte sie nach Tanganjika, um dort gegen die Deutschen zu kämpfen, wobei 50.000 ihr Leben verloren. Dem drohenden Einzug zum Militärdienst entzog sich Kamau durch die Absetzung ins Maassai-Land zu Verwandten nach Narok. Dort arbeitete er für einen indischen Bauunternehmer. Nach Kriegsende 1918 kehrte er auf der Suche nach anderer Arbeit nach Nairobi zurück, wo er im Kramladen von Stephen Ellis als Verkäufer Anstellung fand und in seiner Freizeit die christliche Abendschule besuchte.

1924 wurde Jomo Kenyatta Mitglied der von James Beauttah und Joseph Kang'ethe geführten Kikuyu Central Association. Die KCA war die wichtigste Interessengruppe der schwarzen Bevölkerung. Sie setzte sich für Steuersenkung und Landrückgabe ein, gleichzeitig kämpfte sie gegen die von christlichen Missionaren angestrebte Ächtung der Beschneidung weiblicher Genitalien; in den Bestrebungen der Missionare sah die KCA einen inakzeptablen Eingriff in die Kikuyu-Kultur.[2] Ebenfalls zu dieser Zeit machte er sich selbständig und baute einen Teil seines Hauses in Dagoretti zum Kramladen namens „Kenyatta Store“ um, der bald darauf zu einem beliebten Anlaufpunkt für Schwarze aus allen Stämmen wurde.

Seine Englischkenntnisse erlaubten es ihm ab 1926, Briefe für die KCA zu entwerfen und zu übersetzen. Kurz darauf wurde er zum Geschäftsführer des KCA ernannt. Im Mai begann er das Kikuyu-Wochenmagazin „Muigwithania“ (Der Versöhner) herauszugeben, das in einer indischen Druckerei hergestellt wurde, und reiste auf seinem Motorrad landauf landab und gründete KCA-Stützpunkte. 1929 wurde er von KCA nach London entsandt, um vor dem Colonial Office Klage zu erheben. Am 17. Februar startete Kenyatta von Mombasa aus und erreichte am 8. März London. Unter dem Motto „Gebt uns unser Land zurück“ publizierte Kenyatta zur Unterstützung der Klage verschiedene Artikel in den englischen Zeitungen The Times und The Manchester Guardian. Am 24. September 1930 kehrte er wieder zurück nach Mombasa und arbeitete im Anschluss für die „Kikuyu Independent School“ in Githunguri. An diesen unabhängigen Schulen wurde auch Englisch gelehrt, woran die weißen Siedler – im Gegensatz zum Colonial Office in London – nicht sonderlich interessiert waren. Öffentlich wendete er sich nun gegen die weibliche Beschneidung beziehungsweise Genitalverstümmelung.

Am 2. Mai 1931 begann er seine zweite Reise nach London, wo er eine Petition der KCA vor einer Parlamentskommission vortragen sollte. Weil ihn die Kommission nicht vorließ, schrieb er sich im Quäker-Kolleg Woodbrooke in Birmingham als Student ein. Zu Ostern 1932 wurde ihm endlich erlaubt, vor der Carter Land Commission auszusagen und danach beendete er sein Studium in Woodbrooke. Im August 1932 besuchte Kenyatta die UdSSR und besuchte auf Einladung von George Padmore, eines radikalen Westinders aus Trinidad, die KUTW in Moskau.[3] Padmore überwarf sich 1933 mit den Russen, woraufhin auch Kenyatta nach Großbritannien zurückkehren musste.

Von 1934 bis 1938 widmete er sich dem Studium am University College London und arbeitete mit am „Barlow’s Kikuyu Dictionary“ (Barlows Kikuyu-Wörterbuch). 1935 begann Kenyatta ein Sozialanthropologie-Studium an der London School of Economics and Political Science bei Bronisław Malinowski; seine Magisterarbeit wurde 1938 unter dem Titel „Facing Mount Kenya“ und unter seinem neuen Namen Jomo Kenyatta publiziert.

Der Weg zur Unabhängigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ab 1940 schlug er sich als Gelegenheitsarbeiter, als Darsteller im Film Sanders of the River (mit Paul Robeson) und als Farmarbeiter durch.

Im Februar 1945 organisierte Kenyatta den Weltgewerkschaftskongress in London und im Oktober auch den 5. Pan-Afrikanischen-Kongress in Manchester, den bedeutendsten dieser seit 1919 stattfindenden Kongress-Reihe. Die Wahlsprüche lauteten: „Freiheit jetzt“ und „Afrika den Afrikanern“. Folglich gründete er 1946 mit Kwame Nkrumah die multinationale Pan-African Federation und im September kehrte er als Leiter des Kenya Teachers College in Githunguri nach Kenia zurück.

Nachdem Juntas Gichuru zurückgetreten war, wurde Kenyatta am 1. Juni 1947 Präsident der Kenya African Union. In der KAU standen sich Radikale wie Dedan Kimathi und Real-Politiker scharf gegenüber. Kenyatta gehörte zu den moderaten „Realos“, dennoch misstrauten ihm die Briten. Zu dieser Zeit erhielt er Morddrohungen von weißen Siedlern. Seit seinem Aufenthalt in Moskau vermutete man außerdem, er sei Kommunist. Von 1948 bis 1950 bereiste Kenyatta Kenia. Auf zahllosen Versammlungen verlangte er sowohl die Unabhängigkeit für sein Land innerhalb von drei Jahren als auch die Rückgabe des Landes durch die weißen Siedler. Gleichzeitig rief er seine Landsleute auf, hart zu arbeiten, und verdammte den herrschenden Tribalismus, die Untätigkeit sowie die Kriminalität.

Kenyatta nahm 1950 an einem gemeinsamen Treffen von KAU und dem Kenya Indian Congress teil, auf der eine Resolution des Gewerkschafters Makhan Singh zur Freiheit Ostafrikas angenommen wurde. Im Mai 1951 traf sich Kenyatta mit James Griffiths, dem Britischen Staatssekretär für Kolonialangelegenheiten, und forderte eine Verfassungskonferenz noch vor Mai 1953.

1952 hatte sich in Kiambu, einem Aufruf der KAU folgend, eine große Menge versammelt, um Kenyatta zu hören. Daraufhin erklärte die Kolonialregierung am 20. Oktober den Ausnahmezustand. Kenyatta wurde umgehend zusammen mit 182 anderen Führungspersönlichkeiten verhaftet und am 18. November wegen Anstiftung zum Aufstand angeklagt. Trotz Verteidigung durch mehrere Anwälte wurde Kenyatta am 8. April 1953 wegen des Mau-Mau-Aufstands zu sieben Jahren Zwangsarbeit und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war er 60 Jahre alt. Er wurde in das Gefängnis von Lokitaung verbracht. Alle Rechtsmittel, die sein Anwalt bis 1954 dagegen einlegte, blieben ohne Wirkung.

Am 14. April 1959 wurde er zwar aus dem Gefängnis entlassen, aber in Lodwar unter Hausarrest gestellt. Im Dezember 1960 wurde der Ausnahmezustand aufgehoben und die Kenya African National Union (KANU) wählte Kenyatta in Abwesenheit zum Vorsitzenden. Als am 14. August 1961 die Verbannung aufgehoben wurde, ging Kenyatta nach Gatundu und in weitere Orte, wo ihm überall ein jubelnder Empfang bereitet wurde. Am 28. Oktober erfolgte die offizielle Ernennung zum KANU-Präsidenten. Somit konnte er die Delegation zur ersten wichtigen Lancaster-Konferenz nach London anführen. Mitglieder der Konferenz waren u. a. der junge Gewerkschafter Tom Mboya und der radikale Oginga Odinga, beide Luo, sowie Ronald Ngala und der spätere Präsident Daniel arap Moi. Während der Konferenz wurde eine neue Verfassung entworfen. Kenia wurde darin als Land bezeichnet, das den Afrikanern gehört. Schwarzen Kenianern wurde der Zugang zu den „White Highlands“ garantiert. Viele weiße Siedler verkauften daraufhin ihren Besitz und verließen Kenia.

Kenyatta wurde 1962 Mitglied des Legislativrates und Minister für Verfassung und Wirtschaft in einer Koalitionsregierung aus Weißen, Indern und afrikanischen Ureinwohnern. Im Mai 1963 schließlich errang die KANU einen grandiosen Wahlsieg, bei dem Kenyattas Partei 83 der 124 Wahlkreise für sich gewinnen konnte.

Präsidentschaft

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. Juni 1963 wurde Kenyatta Premierminister. Er berief sein Kabinett ein; dieser Tag wurde zum Nationalfeiertag, dem Madaraka Day, das bedeutet auf Swahili „Selbstverwaltung“. Er sprach öfter versöhnlich und vertrauensbildend vor weißen Siedlern. Am 12. August überzeugte er in seiner berühmten Rede in Nakuru die weißen Siedler, im Lande zu bleiben. Beide Seiten sollten vergeben und vergessen. In der Folge stützte sich Kenyatta tatsächlich weiterhin auf weiße Beamten und Richter. Er enteignete kein weißes Land. Siedler, die ihr Land aufgaben, wurden mit Hilfe der britischen Regierung kompensiert. Die Landreform ließ viele landlos, machte sie zu Landlosen auf dem Land schwarzer Besitzer. Viele von ihnen zogen in die Städte, bevorzugt in die Slums von Nairobi. Das Land ging an schwarze Großgrundbesitzer, und Kenyatta gehörte zu ihnen. Diese Gruppe der Reichen nennt der Volksmund treffend „Wabenzi“, nach der Automobilmarke Benz, die ihr Statussymbol geworden ist. Bis auf den heutigen Tag sind einige britische Truppen in Kenia stationiert. In der Nähe von Nanyuki unterhalten sie ein großes Trainingslager.

Mit Hilfe britischer Truppen wurde sowohl eine somalische Attacke als auch eine eigene Armee-Revolte niedergeschlagen. KADU und KANU gingen am 10. November 1964 zusammen und das Land wurde praktisch Einparteienstaat. Am 12. Dezember 1964, dem ersten Jahrestag der Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich, wurde Jomo Kenyatta der erste Präsident der Republik Kenia. 1966 erlitt er einen Herzinfarkt. Es kam zu weiteren Grenzzwischenfällen mit Somalia. Das Landprogramm wurde offiziell für beendet erklärt. Die KANU spaltete sich. Ihr Vizepräsident Oginga Odinga gründete mit 29 Abgeordneten eine sozialistische Partei, die Kenya People’s Union, die KPU. Kenyatta versuchte dieser Bewegung, die vorgab, für die arme Masse zu sprechen, durch Gesetzes- und Verfassungsänderungen Herr zu werden. Die Mitglieder der KPU wurden von Kenyattas Sicherheitsdienst immer wieder verfolgt. In den Zeiten des Kalten Kriegs wurde dies vom Westen mehr oder weniger toleriert. Der smarte Tom Mboya, dem allgemein zugetraut wurde, einmal Kenyattas Nachfolger zu werden, stand fest an der Seite Kenyattas und des Westens. Odinga gab seinen Posten als Vizepräsident auf, ihm folgte für kurze Zeit der schöngeistige Joseph Murumbi, der sich aber bald enttäuscht aus der Politik zurückzog und auf diesem Wege Platz für Daniel arap Moi machte.

Kenyatta versuchte 1967 in einer ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (EAC) mit Milton Obote, Uganda, und Julius Nyerere, Tansania, z. B. Bahn, Post und Fluggesellschaften gemeinsam zu führen.

Seine Biographie erschien 1968 und trägt den Titel Suffering Without Bitterness.

Am 5. Juli 1969 wurde Tom Mboya in Nairobi auf offener Straße von einem Kikuyu niedergeschossen und starb. Der Mörder Mboyas kam vor ein Gericht und wurde später gehängt. Bisher lässt sich keinerlei Verwicklung von höheren Stellen nachweisen, aber der Tod Mboyas brachte die Luo, die sich so von der Macht ferngehalten sehen, auf Jahre in Rage, es kam zum bitteren Zwist mit den Kikuyu. Als Kenyatta einen Versöhnungsbesuch in Kisumu abstattete – die gesamte Luo-Führung war anwesend – drohte die Situation aufgrund der wütenden Menge zu eskalieren, so dass die Polizei scharf schoss: mindestens 10 Tote sind zu beklagen. Die KPU wurde verboten, obwohl die Verfassung Oppositionsparteien erlaubte. Odinga wurde ohne Gerichtsurteil verbannt. Paramilitärische Polizeitruppen aus Kikuyu und loyalen verwandten Stämmen, General Service Unit (GSU), wurden zum Schutz der Regierungsinteressen geformt.

Am 29. Januar 1970 wurde Kenyatta für die zweite Amtszeit als Präsident vereidigt. Die Tourismus-Industrie blühte auf.

In Uganda putschte Idi Amin im Jahr 1971, und Kenyattas Tochter Jane (Jeni) heiratete 1973 Udi Gecaga. Am 5. November 1974 wurde er für die dritte Amtszeit als Präsident vereidigt.

Es kam 1975 zum Mord an Josiah Mwangi Kariuki, einem Kikuyu, Ex-Mau-Mau und Abgeordneten des Nyandarua North Wahlbezirks. Dagegen erhob sich Protest. Kritiker wurden unter Hausarrest gestellt. Die Landfrage verstummte unter diesem Druck auf Jahre. In Nairobi explodierten Bomben einer radikalen Gruppe (Poor’s People Liberation Group).

Kenyatta erlitt im April 1977 erneut einen Herzinfarkt. Die EAC war am Ende, handstreichartig wurden die Flugzeuge, Güter und andere Transportmittel wie Schiffe und Lastwagen der Gemeinschaft konfisziert. Kenia sicherte sich den Löwenanteil. Die Spannungen zwischen den Ländern blieben über Jahre bestehen. Es kam immer wieder zu Übergriffen und Scharmützeln an der Grenze.

Am 14. August 1978 versammelte Kenyatta in seinem Haus in Mombasa seine ganze Familie um sich. Auch sein Sohn aus zweiter Ehe, Peter Mugaria samt Familie flog dazu aus Großbritannien ein. Am 22. August starb der „Vater der Nation“ in Anwesenheit seiner Frau Ngina und seines Sohnes Peter Muigai friedlich im Schlaf. Das Staatsbegräbnis fand am 31. August statt. Mzee Jomo Kenyatta wurde in einem eigenen Mausoleum vor dem Parlamentsgebäude von Nairobi beigesetzt.

Bedeutung für das kenianische Volk

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Denkmal in Nairobi von James Walter Butler, 1972

Eine zufriedenstellende Übersetzung seines erst spät angenommenen Namens „Kenyatta“ existiert nicht. Da der Name „Kenya“ selbst eine Anglisierung des ursprünglichen Wortes „Kiri nijaga“ (Mount Kenya, „Der strahlende Berg“, kurz: „Kinja“) ist, kann Kenyatta auch kein genuin afrikanischer Name sein. Am ehesten trägt der Name die Bedeutung „der Kenianer“. Die manchmal anzutreffende Ausweitung auf alle Bewohner von Kenia (Kenianer = Kenyatten) ist falsch.

Kenyattas Leben und Werk wird von der übergroßen Rolle und ehrenden Anerkennung durch sein Volk als „Vater der Nation“ überstrahlt. Manche Biographien oder Darstellungen sind eher als Hagiographie zu bezeichnen. So sind auch nicht alle Daten und Ereignisse immer zweifelsfrei zu belegen. Kenyatta war hoch respektiert, aber in manchen seiner Positionen und Handlungen auch höchst umstritten. In der neueren Diskussion wird ihm der Titel des „Vaters der Nation“ manchmal sogar gänzlich abgesprochen.[4] Seine Anrede war „Mzee“ (sprich Mseeh). In Swahili ist „mzee“ die Anrede für jeden ehrwürdigen älteren Mann. Er aber war der „Mzee“. So wird er z. B. auch auf den alten Schilling-Münzen des Landes genannt. Kenyatta rief unter dem Slogan Harambee, was auf Swahili etwa so viel heißt wie: „Lasst uns alle zusammen an einem Strick ziehen!“, eine noch heute wichtige gesellschaftliche Selbsthilfebewegung ins Leben.

Eine der immer wieder gestellten und letztlich wahrscheinlich nicht umfassend zu beantwortenden Fragen, ist die Frage nach seiner Rolle im Mau-Mau-Freiheitskampf. Dafür wurde er schließlich zu sieben Jahre Gefängnis und späterem Hausarrest verurteilt. Fest steht, dass er weder operativer noch heimlicher Führer dieses militärischen Kampfes war. Er war nicht mit den Methoden dieses Kampfes einverstanden, stand aber auch diesem Teil seines Volkes nahe, denn diese Kämpfer wollten ebenfalls die Kolonialherrschaft der Briten beenden. Insofern hatte man gemeinsame Ziele, aber nicht die gleichen Wege. Er verstand es, die Übergriffe der Mau-Mau-Kämpfer politisch zu nutzen, wodurch z. B. der Widerstandswille der Bevölkerung auch nach dem Zusammenbruch des Mau-Mau nicht erlahmte. Die Mau-Mau-Kämpfer wurden später jedoch nie in irgendeiner Form kompensiert oder von Kenyatta an der Macht beteiligt.

Ihm gelang es, durch eine maßvolle Landreform die weißen Siedler im Land zu behalten. Ökonomisch versuchte man sich mit einer ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, gemeinsam mit Milton Obote, Staatschef von Uganda, und Julius Nyerere, Präsident der Republik Tansania (die heute in einigen Bereichen zum Teil wiederhergestellt wird). Diese Gemeinschaft zerbrach aber bis zum Jahr 1978 an ideologischen Differenzen und führte zu langjährigen Drohgebärden und Abschottungen der Länder. Auch wenn Kenyatta offiziell eine blockfreie Politik verfolgte, entwickelte sich Kenia zu einem wirtschaftlich erfolgreichen afrikanischen Staat, der auch ausländische Investoren anzog. Kenia wurde auch unter seiner Amtszeit Mitglied der Vereinten Nationen.

Kenyatta gilt nach einem jahrelangen Freiheitskampf, in dem er die Nation wirklich einte, nach wissenschaftlicher und journalistischer Arbeit, nach persönlichem Leiden in Gefängnis beziehungsweise Verbannung und überzeugender politischer Führerschaft vielen Menschen als „Taa ya Kenya“ (Swahili: „das Licht Kenias“) und einer der großen Führer Afrikas in der Unabhängigkeitsphase.

Dieser großartigen Lebensleistung stehen aber auch Schattenseiten gegenüber, so sein immer autoritärer werdender Führungsstil und der immer wieder erhobene Vorwurf, sich an Land, Elfenbein und Bodenschätzen bereichert zu haben. Sein Sicherheitsapparat drangsalierte politische Opponenten. Dieser Apparat wurde auch mit Mordfällen an politischen Gegnern in Verbindung gebracht, z. B. im Mordfall Josiah Mwangi Kariuki.

Der internationale Flughafen in Nairobi, Jomo Kenyatta International Airport (JKIA), wurde nach ihm benannt, außerdem viele Schulen und andere Institutionen.

Kenyatta war viermal verheiratet, aus allen Ehen sind Kinder hervorgegangen. Nach Kikuyu-Tradition heiratete er 1919 Grace Wahu. Seine erste Tochter Margaret Wambui Kenyatta, später die Oberbürgermeisterin von Nairobi, wurde 1928 geboren. Im Mai 1942 heiratete er in West Sussex die Engländerin Edna Clarke, die er später wieder verließ. Am 11. August 1943 ist sein Sohn Peter Mugaria Kenyatta geboren. Im selben Jahr heiratete Kenyatta zum dritten Mal, diesmal Grace Wanjiku Koinange, die Schwester seines politischen Weggefährten Mbiyu Koinange und Tochter des verstorbenen Senior Chief Koinange. Die junge Ehefrau Grace Wanjiku starb im Kindbett, die Tochter Jane Wambui Kenyatta überlebte. Mit seiner letzten Frau Ngina Kenyatta, genannt „Mama Ngina“, die er 1951 geheiratet hatte, bekam er vier Kinder:

Sein Großneffe ist Tom Morello, auch Gitarrist der US-Band Rage Against the Machine.

  • Facing Mount Kenya – The Tribal Life of the Gikuyu (1938), Vintage Books USA, 1962, ISBN 0-394-70210-7
  • My People of Kikuyu and the Life of Chief Wangombe. Oxford University Press, 1967, ISBN 0-19-680542-2
  • Suffering Without Bitterness. The Founding of the Kenya Nation. (Autobiographie, 1968)
  • The Challenge of Uhuru: The Progress of Kenya, 1968 to 1970. East African Publishing House, 1971 (Selected and prefaced extracts from the public speeches of His Excellency, Mzee Jomo Kenyatta, President of the Republic of Kenya)
  • Anais Angelo: Power and the Presidency in Kenya: The Jomo Kenyatta Years. Cambridge University Press, Cambridge 2019, ISBN 978-1-108-49404-5, doi:10.1017/9781108625166.
  • Githu Muigai: 12. Jomo Kenyatta & the Rise of the Ethno-Nationalist State in Kenya. In Bruce Berman, Will Kymlicka, Dickson Eyoh (Hrsg.): Ethnicity and Democracy in Africa. James Currey, Woodbridge 2004, ISBN 0-85255-861-9, S. 200–217.
Commons: Jomo Kenyatta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Jomo Kenyatta: Facing Mount Kenya, London 1961, S. 210.
  2. Jens Finke: Kikuyu - Colonial History, abgerufen am 13. November 2023 (englisch)
  3. Woodford McClellan: Africans and Black Americans in the Comintern Schools, 1925–1934. In: The International Journal of African Historical Studies. Band 26, Nr. 2. Boston University African Studies Centre, 1993, ISSN 0361-7882, S. 371–390, doi:10.2307/219551, JSTOR:219551 (englisch).
  4. http://www.eastandard.net/InsidePage.php?id=1144001711&cid=4@1@2Vorlage:Toter Link/www.eastandard.net (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.;