„Kurt von Hammerstein-Equord“ – Versionsunterschied
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'''Kurt Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Hammerstein-Equord''' (* [[26. September]] [[1878]] in [[Woldegk|Hinrichshagen]], [[Mecklenburg-Strelitz]], † [[24. April]] [[1943]] in [[Berlin]]) war ein deutscher [[General]] und gehörte zum militärischen Widerstand gegen [[Adolf Hitler]]. |
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'''Kurt (Curt) Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Hammerstein-Equord''' (* [[26. September]] [[1878]] in [[Woldegk|Hinrichshagen]], [[Mecklenburg-Strelitz]]; † [[24. April]] [[1943]] in [[Berlin]]) war ein deutscher Heeresoffizier (seit 1934 [[Generaloberst]]). Er war von 1930 bis 1933 Chef der Heeresleitung und gehörte zum [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|militärischen Widerstand]] gegen [[Adolf Hitler]]. |
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== Herkunft und militärische Laufbahn == |
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=== Kaiserreich und Erster Weltkrieg === |
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Hammerstein-Equord entstammte der [[Adel]]sfamilie derer [[Hammerstein (Adelsgeschlecht)|von Hammerstein]], die bereits einige bekannte Offiziere hervorgebracht hatte.<ref name="Enzensberger 2008">Hans Magnus Enzensberger: ''Hammerstein oder Der Eigensinn. Eine deutsche Geschichte.'' Frankfurt am Main, Suhrkamp 2008, ISBN 978-3-518-41960-1.</ref> Seine Eltern waren der [[Mecklenburg-Strelitz|Großherzoglich Mecklenburg-Strelitzische]] Oberförster Heino von Hammerstein und dessen Ehefrau Ida, geborene [[Gustedt|von Gustedt]]. Nach seiner schulischen Ausbildung trat Hammerstein-Equord 1888 mit zehn Jahren in das [[Kadettenanstalt|Kadettenkorps]] [[Plön]] ein und kam über die [[Preußische Hauptkadettenanstalt|Hauptkadettenanstalt Lichterfelde]] (Eintritt 1893) zum preußischen [[3. Garde-Regiment zu Fuß]], wo er am 15. März 1898 zum [[Leutnant|Secondelieutenant]] befördert wurde.<ref>Thilo Vogelsang: [https://www.deutsche-biographie.de/gnd123634202.html#ndbcontent Hammerstein-Equord, Kurt Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Generaloberst, * 26.9.1878 Hinrichshagen (Mecklenburg-Strelitz), † 24.4.1943 Berlin-Dahlem. (evangelisch)], in: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, S. 596 f. ISBN 3-428-00188-5.</ref> |
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{| class="toccolours" style="float: right; margin-left: 1em; margin-right: 0; font-size: 85%; background: #F5F5F5; width: 40em; max-width: 33%;" cellspacing="5" |
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Hammerstein-Equord, der einer alten Soldatenfamilie entstammte, wurde als Zwanzigjähriger [[Leutnant]] im 3. Garderegiment zu Fuß und nahm am [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] als [[Generalstabsoffizier]] teil. Auch nach der deutschen Niederlage von [[1918]] blieb er im Heer tätig und wurde [[1929]] als [[Generalleutnant]] zum Chef des [[Truppenamt]]es ernannt. Das Truppenamt fungierte als Nachfolger des von den Alliierten im [[Vertrag von Versailles|Versailler Vertrag]] verbotenen Großen Generalstabs. [[1930]] ernannte ihn [[Reichspräsident]] [[Paul von Hindenburg]] zum General der Infanterie und [[Chef der Heeresleitung]], er folgte damit [[Generaloberst]] [[Wilhelm Heye]]. [[1931]] suchte Adolf Hitler das Gespräch mit Hammerstein-Equord, um die Möglichkeiten einer Verständigung mit der Reichswehrführung auszuloten. |
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'''Auszeichnungen'''<ref name="Rangliste1930">''Rangliste des Deutschen Reichsheeres'' (Hrsg.): ''[[Reichswehrministerium]]'', Mittler & Sohn Verlag, Berlin 1930, S. 106.</ref> |
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* [[Eisernes Kreuz]] (1914) II. und I. Klasse |
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* [[Königlicher Hausorden von Hohenzollern|Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern]] mit Schwertern |
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* [[Dienstauszeichnungskreuz|Preußisches Dienstauszeichnungskreuz]] |
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* [[Militärverdienstorden (Bayern)|Bayerischer Militärverdienstorden]] IV. Klasse mit Schwertern |
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* [[Albrechts-Orden|Ritterkreuz I. Klasse des Albrechts-Ordens]] mit Schwertern |
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* [[Kreuz für Auszeichnung im Kriege]] I. Klasse |
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* [[Friedrich-August-Kreuz]] I. Klasse |
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* [[Hanseatenkreuz]] Lübeck |
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* [[Österreichisches Militärverdienstkreuz]] III. Klasse mit Kriegsdekoration |
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In dieser Einheit diente zu dieser Zeit auch der spätere [[Reichskanzler]] [[Kurt von Schleicher]] (1882–1934). Die beiden Männer standen sich bald sehr freundschaftlich gegenüber. Von 1905 bis 1907 war Hammerstein in [[Kassel]] eingesetzt. Von 1907 bis 1910 besuchte er die [[Preußische Kriegsakademie]] und wurde 1911 in der Aufmarschabteilung des [[Großer Generalstab|Großen Generalstabes]] eingesetzt. 1909 wurde er zum [[Oberleutnant]] befördert. 1913 diente er als [[Hauptmann (Offizier)|Hauptmann]] im [[Generalstab]]. |
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Nach der Machtergreifung Hitlers war es Hammerstein-Equords Ziel, eine politisch unabhängige Reichswehr zu erhalten. Da er mit seinen Bemühungen letztlich erfolglos blieb, erklärt er am [[27. Dezember]] [[1933]] seinen Rücktritt zum [[31. Januar]] [[1934]]; Nachfolger wurde Generalleutnant [[Werner Freiherr von Fritsch]]. |
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Während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] diente er zuerst als [[Adjutant]] des [[Generalquartiermeister]]s und danach als [[Generalstab]]soffizier in verschiedenen Truppenteilen (1915 [[Erster Generalstabsoffizier]] des [[VIII. Reserve-Korps (Deutsches Kaiserreich)|VIII. Reserve-Korps]], 1916 im Großen Generalstab, 1918 [[Erster Generalstabsoffizier|Ia]] im Generalstab der Generalkommandos). Dabei verfasste er 1914 die ersten Heeresberichte aus dem [[Großes Hauptquartier|Großen Hauptquartier]]. Zwischenzeitlich führte er 1914 eine [[Kompanie (Militär)|Kompanie]] in [[Flandern]] und wurde in dieser Funktion mit dem [[Eisernes Kreuz|Eisernen Kreuz]] ausgezeichnet. 1917 wurde er zum [[Major]] befördert. |
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Zum Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Hammerstein-Equord reaktiviert und befehligte im Range eines Generaloberst ab dem [[9. September]] [[1939]] die Armeeabteilung A, die in [[Köln]] stationiert war. Um eine Ausweitung des Krieges zu verhindern, plante er, den Diktator zu einem Frontbesuch seiner Armee nach Köln zu locken, ihn dort festzunehmen und zu töten, was jedoch misslang. |
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=== Weimarer Republik === |
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Hammerstein-Equord wurde noch im September 1939 in den endgültigen Ruhestand versetzt, blieb jedoch über den Kaufmann [[Nikolaus Christoph von Halem]] mit [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandsgruppen]] in Verbindung. Er starb [[1943]] an Krebs. |
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In der Weimarer Republik wurde Hammerstein in die [[Reichswehr]] übernommen. 1919 diente er unter seinem Schwiegervater General [[Walther von Lüttwitz]] im Generalstab des [[Freikorps|Korps]] Lüttwitz. 1920 wurde er zum [[Oberstleutnant]] befördert. Im selben Jahr weigerte er sich, an dem von Lüttwitz unterstützten [[Kapp-Putsch]] teilzunehmen, und wechselte als Chef zum Stab des [[Gruppenkommando]]s II in Kassel. 1922 übernahm er eine Stelle als [[Bataillon]]skommandeur im Raum [[München]]. 1924 erfolgte seine Versetzung zum Stab des [[Wehrkreis]]es III ([[Berlin]]). Nach einer kurzen Verwendung im Gruppenkommando I (1929) wurde er am 1. Oktober 1929 als [[Generalmajor]] zum Chef des [[Generalstab#Weimarer Republik|Truppenamtes]] ernannt, der Nachfolgeorganisation des von den Alliierten im [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrag]] verbotenen Großen Generalstabs. Dort löste er General [[Werner von Blomberg]] ab. Dieser war mit der [[Reichsregierung (Weimarer Republik)|Reichsregierung]] in Konflikt geraten, weil er die deutschen Chancen eines Zweifrontenkrieges mit Frankreich und Polen als günstig beurteilt hatte. Dagegen schätzten [[Reichswehrministerium|Reichswehrminister]] [[Wilhelm Groener]] und [[Reichskanzler]] [[Heinrich Brüning]] die Abneigung Hammersteins gegenüber politischem Extremismus und militärischen Risiken. Hammerstein erarbeitete im Truppenamt zunächst taktische Konzepte für die Reichswehr, die bei einem Angriff eine hinhaltende Verteidigung vorsahen, bis der [[Völkerbund]] eingreifen würde. 1930 entstand dagegen unter seiner Leitung der erste [[Mobilmachung]]splan seit 1923, der eine Verdreifachung der sieben [[Infanterie]]divisionen auf 21 vorsah. Als 1930 der Chef der [[Reichswehrministerium|Heeresleitung]], Generaloberst [[Wilhelm Heye]], auf Betreiben Schleichers aus dem Amt schied, setzte Schleicher (inzwischen Reichswehrminister) mit Unterstützung durch Brüning Hammerstein als Nachfolger durch. Am 1. November 1930 trat er den Posten unter gleichzeitiger Beförderung zum [[General der Infanterie]] an. Er erstellte dort ein Aufrüstungsprogramm der Reichswehr, das die Aufstellung von mindestens 42 [[Division (Militär)|Divisionen]] vorsah. |
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=== „Drittes Reich“ === |
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[[Kategorie:Mann|Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von]] |
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[[Datei:Gedenktafel Breisacher Str 19 (Dahl) Kurt Freiherr von Hammerstein-Equord.JPG|mini|Gedenktafel am Haus Breisacher Straße 19, in [[Berlin-Dahlem]]]] |
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[[Kategorie:Deutscher|Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von]] |
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Hammerstein sorgte dafür, dass die durch [[Hans von Seeckt]] 1921 und 1923 erlassene Heeresdienstvorschrift H.DV. 487 „Führung und Gefecht der verbundenen Waffen“ (FuG)<ref>[http://www.superborg.de/hdv485.htm ''Verzeichnis Heeres-Druckvorschriften (H.Dv.) Nr. 485–499'']</ref> durch die Heeresdienstvorschrift H.Dv. 300/1 „Truppenführung“ (T.F. 1933, auch: „Beck-Vorschrift“) abgelöst wurde,<ref>[http://www.superborg.de/hdv300.htm ''Verzeichnis Heeres-Druckvorschriften (H.Dv.) Nr. 300–399'']</ref> die seit 1931 federführend von General [[Ludwig Beck (General)|Ludwig Beck]] unter Mitarbeit von Oberst [[Carl-Heinrich von Stülpnagel]] erarbeitet worden war, indem er die T.F. 1933 am 17. Oktober 1933 mit einem „Eingangs-Erlaß“ versehen in Kraft setzte.<ref name="Hdb dt MG">[[Militärgeschichtliches Forschungsamt]]: ''Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, 1648–1939.'' Bd. 9, Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen</ref> |
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[[Kategorie:Geboren 1878|Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von]] |
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[[Kategorie:Gestorben 1943|Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von]] |
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[[Kategorie:Militärperson (Weimarer Republik)|Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von]] |
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[[Kategorie:Militärperson (3. Reich, Heer)|Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von]] |
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Nach dieser Vorschrift wurde Widerstand im Fall der Unterlegenheit nur so lange verlangt, wie er als sinnvoll anzusehen war. Anders als bisher wurden hierzu nun in bestimmten Fällen das „hinhaltende Gefecht“ und der „Rückzug“ als prinzipiell mögliche Lösungen zugelassen. Neben das Halten trat somit das Ausweichen – konzeptionell der endgültige Durchbruch vom [[Stellungskrieg]] zum [[Bewegungskrieg]]. Ebenfalls im Oktober 1933 reichte Hammerstein bei [[Reichspräsident]] [[Paul von Hindenburg]] sein Abschiedsgesuch ein. Dieser teilte ihm am 23. Dezember 1933 mit, dass sein Abschied zum 31. Januar 1934, verbunden mit der abschließenden Ernennung zum Generaloberst und der „Berechtigung zum Tragen der Uniform des Generalstabs mit Generalsabzeichen“, bewilligt sei. |
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{{Personendaten| |
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NAME=Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von |
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Im Rahmen der allgemeinen Mobilmachung zu Beginn des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] wurde Hammerstein reaktiviert. Zunächst war er etwa zwei Wochen in Breslau nahe der damaligen polnischen Grenze als Stellvertretender Befehlshaber des [[Wehrkreis VIII (Breslau)|Wehrkreises VIII]] ([[Schlesien]]) stationiert. Anschließend war er ab dem 9. September 1939 zwei Wochen nahe der [[Westwall|deutschen Westgrenze]] in [[Köln]] als Oberbefehlshaber der Armeeabteilung A eingesetzt. Zum Schluss wurde er für einige Tage erneut nach Breslau versetzt. Dort wurde er am 24. September 1939 ohne Kampfeinsatz auf persönliche Weisung Hitlers „wegen seiner negativen Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus“ endgültig in den Ruhestand versetzt.<ref name="Enzensberger 2008" /><ref name="Wheeler-Bennett 1954">John W. Wheeler-Bennett: ''Die Nemesis der Macht. Die deutsche Armee in der Politik, 1918–45.'' Droste-Verlag, 1954.</ref> |
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|ALTERNATIVNAMEN= |
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|KURZBESCHREIBUNG=deutscher [[General]] und Teil des militärischen Widerstandes gegen [[Adolf Hitler]] |
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== Politisches Denken und Handeln == |
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|GEBURTSDATUM=[[26. September]] [[1878]] |
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Die Berichte von Beteiligten und Zeitzeugen und andere Dokumente aus jener Zeit sind widersprüchlich. Dies ist einerseits der verworrenen damaligen Lage geschuldet, andererseits spiegelt dies die unterschiedliche Interessenlage der Autoren, aber auch das wechselhafte Abwägen und Handeln der Beteiligten wider.<ref name="bpb ZdD">Reinhard Stumm: [http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/dossier-nationalsozialismus/39537/zerstoerung-der-demokratie?p=all ''Dossier Nationalsozialismus – Zerstörung der Demokratie.''] [[Bundeszentrale für politische Bildung]]</ref> Außerdem sind die widersprüchlichen Berichte aus jener Zeit unvermeidlich auch durch die unterschiedlichen Interessen und Voreinstellungen der Berichtenden geprägt.<ref name="Holborn 1971">Hajo Holborn: ''Das Zeitalter des Imperialismus (1871–1945).'' In: ''Deutsche Geschichte in der Neuzeit.'' Oldenbourg Verlag, 1971, 663 Seiten, ISBN 3-486-43251-6.</ref><ref name="Hürter 1993">Johannes Hürter: ''Wilhelm Groener. Reichswehrminister am Ende der Weimarer Republik (1928–1932).'' In: ''Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte.'' Bd. 39, Oldenbourg Verlag, 1993, 401 Seiten, ISBN 3-486-55978-8.</ref> |
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|GEBURTSORT=[[Hinrichshagen]], [[Mecklenburg-Strelitz]] |
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|STERBEDATUM=[[24. April]] [[1943]] |
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=== Weimarer Republik === |
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|STERBEORT=[[Berlin]] |
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Schon anlässlich des [[Hitlerputsch|nationalsozialistischen Putschversuches]] 1923 hatte Hammerstein, damals Bataillonskommandeur an der [[Infanterieschule der Reichswehr|Münchner Infanterieschule]], vor seinen Soldaten bemerkt: „In München ist ein Gefreiter Hitler verrückt geworden“, und einem seiner Leutnants auf die Bitte um Verhaltensmaßregeln telegrafiert: „Preußischen Vorgesetzten gehorchen!“<ref name="KJM 1969">Klaus Jürgen Müller: ''Das Heer und Hitler.'' In: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): ''Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte.'' Bd. 10, Deutsche Verlags-Anstalt, 1969, 711 S.</ref> Es wäre allerdings falsch, daraus den Schluss zu ziehen, Hammerstein sei in seinen Vorstellungen vom Staat republikanisch gewesen. Zwar hatte er Vorbehalte gegenüber den Nationalsozialisten; wie die Mehrheit der Reichswehr befürwortete er aber eine konservative, gemäßigte Politik und machte dies auch wiederholt öffentlich. |
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So kam Hammerstein am 12. September 1931 auf Bitten Hitlers, des Vorsitzenden der damals erstarkenden NSDAP, zu einer Rede Hitlers und anschließender Diskussion ins Haus des Schriftführers der Vereinigung ehemaliger Offiziere des 3. Garderegiments zu Fuß, Major a. D. von Eberhardt. Hammerstein sagte abschließend: „Wir wollen’s langsamer. Sonst sind wir eigentlich einer Meinung.“<ref name="FfH 1956">[[Eugen Kogon]] und [[Walter Dirks]] (Hrsg.): ''[[Frankfurter Hefte]]: Zeitschrift für Kultur und Politik.'' Neue Verlagsgesellschaft der Frankfurter Hefte, Bd. 11, 1956</ref> |
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Am 27. Februar 1932 schilderte Hammerstein während einer Kommandeur-Besprechung die allgemeine politische Einstellung innerhalb der Reichswehr, machte aber auch klar, wer nach seiner Auffassung für die chaotische politische Situation im damaligen Deutschland verantwortlich war:<ref name="Hillgruber 1960">Andreas Hillgruber: ''Die Auflösung der Weimarer Republik.'' In: ''Hefte zum Zeitgeschehen.'' Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, 1960, 72 S.</ref> |
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|Text=[[Alfred Hugenberg|Hugenberg]] hat Sache zum zweiten Mal sabotiert. Daraus der jetzige innerpolitische Trümmerhaufen. Verbrechen und Dummheit, in dieser außenpolitischen Lage Reichspräsidentenfrage so zu behandeln! Zu verurteilen Führer! Wir alle stehen der Gesinnung nach rechts, aber wir müssen uns klarmachen, durch wessen Schuld Trümmerhaufen entstanden. Das sind die Führer der Rechtsparteien.}} |
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Hammerstein scheute sich auch nicht, Hitler 1932 ins Gesicht zu sagen, dass er unter bestimmten Umständen direkte Gewalt gegen ihn einsetzen würde: „Herr Hitler, wenn Sie legal zur Macht kommen, soll es mir recht sein. Im andern Fall würde ich schießen.“<ref name="Rosenberg 1955">Alfred Rosenberg: ''Letzte Aufzeichnungen. Ideale und Idole der nationalsozialistischen Revolution.'' [[Waldemar Schütz|Plesse Verlag]], 1955, 343 S.</ref> |
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Hiermit übereinstimmend gab der damalige österreichische General [[Edmund Glaise-Horstenau]] an, 1937 habe ihm Hitler erzählt, Hammerstein habe ihm in seiner Zeit als Chef der Heeresleitung erklärt, „es täte ihm leid, wenn er auf die Nationalsozialisten schießen müßte; aber im äußersten Notfall würde er es tun“.<ref name="Horstenau 1983">Kommission für Neuere Geschichte Österreichs: ''Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau.'' Böhlau Verlag Wien, 1983, 712 S., ISBN 3-205-08743-7.</ref> |
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Hitler wird in einem seiner Monologe am 21. Mai 1942 so zitiert: Einige Generäle wie Schleicher hätten sich in jeder Hinsicht querzulegen versucht. „Der engste Mitarbeiter Schleichers und Oberbefehlshaber des Heeres, General von Hammerstein, habe sich nicht einmal entblödet, bei ihm anzurufen und ihm mitzuteilen, daß die Reichswehr seine Kanzlerschaft unter keinen Umständen billigen könne.“<ref name="FfH 1956" /> |
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Als die NSDAP in der [[Reichstagswahl Juli 1932|Reichstagswahl im Juli 1932]] die absolute Mehrheit verfehlte, Hitler aber eine Koalitionsregierung mit gemäßigt rechten Kräften ablehnte, sondern stattdessen erfolglos von Hindenburg für die NSDAP die „Führung einer Regierung und die Staatsführung in vollem Umfange“ verlangte, also ohne [[Franz von Papen|von Papen]] und Schleicher, stärkte das die Position der in der Reichswehr gegenüber den Nationalsozialisten kritisch eingestellten Offiziere, zu denen wie die meisten älteren auch Hammerstein gehörte. Hammerstein soll daher im August 1932 geäußert haben,<ref name="Pünder Vogelsang 1961">Hermann Pünder, Thilo Vogelsang: ''Politik in der Reichskanzlei. Aufzeichnungen aus den Jahren 1929–1932.'' In: ''Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.'' Deutsche Verlags-Anstalt, 1961.</ref> |
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{{Zitat |
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|Text=daß er erst jetzt wieder ruhig schlafen könne, da er jetzt wisse, daß er der Truppe eventuell wieder befehlen könne, auf die Nazis zu schießen. Bei der Armee herrsche jetzt […] eine außerordentliche Wut gegen die Nazis. Insofern habe die jetzige Regierungspolitik noch ihr Gutes gehabt.}} |
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Diese Berichte machen klar, dass Hammerstein es sich bereits vor 1933 vorbehielt, ohne Auftrag durch den Reichspräsidenten und den Reichstag zur Gewalt zu greifen, um einem Verfassungsbruch durch andere (hier: Hitler) zu begegnen. Hammerstein stand damit im Einklang mit der bisherigen demokratisch nicht legitimierten Tradition und besonderen [[Ebert-Groener-Pakt|Rechtslage der Weimarer Reichswehr]] als einem [[Staat im Staate]]. |
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Auf Grund der großen Gewinne der Nationalsozialisten in den Wahlen auf Reichs- und Landesebene ab Mitte 1932 setzte sich allerdings allmählich die Überzeugung durch, dass es zu schweren Unruhen bis hin zum Bürgerkrieg kommen könne, wenn diese politische Richtung von der Reichsregierung ausgeschlossen würde: |
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Die [[Reichstagswahl November 1932|Reichstagswahl von November 1932]] machte zwar die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] zum zweiten Mal in Folge zur stärksten Fraktion, aber nun hatten die rechten Parteien nicht mehr die Mehrheit, sondern die extrem rechten und linken, für die eine Koalition nicht in Frage kam. In ganz Deutschland nahmen die Auseinandersetzungen zwischen Rechts und Links auf der Straße und in den Parlamenten an Heftigkeit zu. Während sich SPD und KPD als Vertreter der Linken auch gegenseitig bekämpften, stellten die Nationalsozialisten eine vergleichsweise geschlossene Macht dar. So gewann die Vorstellung, einen Bürgerkrieg dadurch abzuwenden, dass die Nationalsozialisten unter der Aufsicht anderer Parteien in eine Koalitionsregierung eingebunden und so „gezähmt“ werden könnten, beim Reichspräsidenten, den gemäßigt rechten Parteien und in der Reichswehr immer mehr an Zustimmung. |
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Sofern daher Hammerstein, Schleicher und andere in der nächsten Zeit einräumten, dass eine Kanzlerschaft Hitlers vielleicht nicht zu vermeiden sei, so erklärten sie, dies sei „das geringere Übel“, und sie versuchten, die Gefahren dieser Lösung als beherrschbar darzustellen. Als beispielsweise der Chef des Heerespersonalamtes [[Erich von dem Bussche-Ippenburg|von dem Bussche]] in einem Gespräch mit seinem Vorgesetzten Schleicher seine Sorgen wegen einer möglichen Regierung Hitler äußerte, soll Schleicher zunächst dem Sinne nach entgegnet haben: |
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„Da können Sie ganz ruhig sein; das duldet die Wehrmacht nicht“, dann aber Hammerstein hinzugebeten haben. Dieser habe bekräftigt:<ref name="Weingartner 1970">Thomas Weingartner: ''Stalin und der Aufstieg Hitlers. Die Deutschlandpolitik der Sowjetunion und der Kommunistischen Internationale.'' In: ''Beiträge zur auswärtigen und internationalen Politik.'' Band 4. Verlag de Gruyter, 1970.</ref> |
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{{Zitat |
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|Text=Sie können völlig sicher sein. Die Reichswehr und ich selber werden uns nie von einem Narren befehlen lassen. Wenn er kommt und darauf besteht, uns Befehle zu geben, werden wir ihn festnehmen lassen.}} |
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Allerdings kamen in der nächsten Zeit Regierungen, in denen die Nationalsozialisten als Juniorpartner durch gemäßigte Parteien hätten kontrolliert werden können, schon deswegen nicht zustande, weil stets zumindest einer der Beteiligten sich verweigerte: |
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So hatte Hitler bis November 1932 zwei Mal gegenüber Hindenburg den Eintritt in eine nicht von ihm geführte Koalitionsregierung abgelehnt.<ref name="bpb ZdD" /> Am 1. Dezember 1932 unterbreitete Schleicher über den Leiter der Wehrmachtsabteilung im Reichswehrministerium, [[Eugen Ott (Generalmajor)|Eugen Ott]], Hitler ein weiteres solches Angebot, in diesem Fall, als [[Vizekanzler (Deutschland)|Vizekanzler]] in ein etwaiges Kabinett Schleicher einzutreten. Hitler lehnte ab. [[Franz von Papen]], Gegenspieler Schleichers und sein Amtsvorgänger als Reichskanzler, versuchte Ende 1932, Hindenburg dazu zu bewegen, eine von ihm geführte Regierung Papen-Hitler zu ernennen. Dieses Mal lehnte Hindenburg ab. |
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Unbestritten kam es in der Zeit zwischen dem 26. und 27. Januar 1933 auch zwischen Hammerstein und Hindenburg zum Gespräch über eine Kanzlerschaft Hitlers. Von verschiedenen Autoren werden hierfür aber unterschiedliche Zeitpunkte, Teilnehmer und Inhalte geltend gemacht. Zur Erklärung für die Unstimmigkeiten nimmt eine Autorin nach detaillierter Darstellung der gesicherten Fakten und umstrittenen Berichte an, dass es in Wahrheit in dieser Zeit zwei Vorsprachen Hammersteins in unterschiedlicher Begleitung bei Hindenburg gegeben habe.<ref name="Strenge 2009">Irene Strenge: ''Ferdinand von Bredow. Notizen vom 2.2.1933 bis 31.12.1933. Tägliche Aufzeichnungen vom 1.1.1934 bis 28.6.1934.'' In: ''Zeitgeschichtliche Forschungen.'' Bd. 39, Verlag Duncker & Humblot, 2009, 259 S., ISBN 3-428-52960-X.</ref> |
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Hammerstein machte zwar in seinen Notizen geltend, er habe Hindenburg gebeten, Hitler ''nicht'' zum Kanzler zu ernennen, und der Reichspräsident habe ihn mit der Bestätigung entlassen, er „dächte gar nicht daran, den österreichischen Gefreiten zum Wehrminister oder Reichskanzler zu machen“. |
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Der Abgleich der bekannten Fakten und Berichte lässt die Autorin aber zu einem anderen Schluss kommen: Hammerstein könnte bei einem (möglicherweise ersten) Gespräch mit Hindenburg am 26. Januar 1933 der Meinung gewesen sein, Hitler solle wegen der ansonsten bestehenden Gefahr eines Bürgerkriegs Kanzler werden, so wie er dies zwei Tage später, am 28. Januar 1933, nach den Tagebuchaufzeichnungen seines Vertrauten [[Ferdinand von Bredow]] diesem kundtat. Das möglicherweise zweite Treffen Hammersteins mit Hindenburg wäre dann in Begleitung durch von dem Bussche am 27. Januar 1933 erfolgt. Letzterer soll dabei gegen Hammerstein (erneut) für eine Kanzlerschaft Hitlers plädiert haben. |
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Andere glaubten, die instabile politische Lage sei nur durch eine [[Präsidialdiktatur]] zu beruhigen – erlangt auf politischem Wege oder durch einen [[Putsch|Staatsstreich]], insbesondere einen Militärputsch. So wurde Anfang 1933 vermutet: „[[Walter von Reichenau]] erwägt Putschpläne, weil er fürchtet, Hindenburg würde Hitler nicht berufen.“<ref name="Böll Balzer 1978">Heinrich Böll, Bernd Balzer: ''Werke: Interviews I, 1961–1978.'' Bd. 10, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 1978, 745 S., ISBN 3-462-01259-2.</ref> |
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Es gibt widersprüchliche und mehrdeutige zeitgenössische Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt Hammerstein den Eintritt Hitlers in eine Reichsregierung ablehnte oder – sofern auf legalem Weg – befürwortete. Einige Autoren stellen dar, dass seine Auffassung zu einer Kanzlerschaft Hitlers stets ablehnend, andere, dass sie stets befürwortend gewesen sei. Aus widersprüchlichen Angaben schließen einige, dass nur eine der Darstellungen „richtig“ sein könne.<ref name="Keil Kellerhoff 2006">Lars-Broder Keil, Sven Felix Kellerhoff: ''Gerüchte machen Geschichte. Folgenreiche Falschmeldungen im 20. Jahrhundert.'' Ch. Links Verlag, 2006, 320 S., ISBN 3-86153-386-3.</ref> |
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Dagegen kommen besonders Autoren, die widersprüchliche Quellen zitieren und dann quellenkritisch argumentieren, zu dem Schluss, dass Hammerstein ähnlich wie etwa Schleicher in dieser Frage hin- und hergerissen war und so zu verschiedenen Zeiten auch bei Hammerstein gegensätzliche Auffassungen, Äußerungen und Handlungen wenn nicht zu belegen, so doch als wahrscheinlich anzunehmen sind. Sie halten es auch für plausibel, dass im Laufe einer Besprechung einige Teilnehmer unter dem Eindruck der Argumente und Machtverhältnisse ihre Meinung änderten.<ref name="Strenge 2009" /><ref name="Davidson 1997">Eugene Davidson: ''The Making of Adolf Hitler. The Birth and Rise of Nazism.'' University of Missouri Press, 1997, 419 S., ISBN 0-8262-1117-8.</ref> |
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Hinsichtlich der Einstellung Hammersteins zu einem Kanzler Hitler ist das eine Extrem, Schleicher (also ''nicht nur'' Hammerstein und andere) habe am Vormittag des 29. Januar 1933 im Büro Hammersteins im [[Bendlerblock]] in Zusammenarbeit mit Hammerstein beabsichtigt, Adolf Hitler, Paul von Hindenburg, dessen Sohn sowie Paul von Hindenburgs Vertrauten und Leiter des Büros des Reichspräsidenten [[Otto Meissner]] mit der Begründung des Verfassungsbruchs festzunehmen.<ref name="Golecki 1986">Anton Golecki (Hrsg.): ''Das Kabinett von Schleicher. 3. Dezember 1932 bis 30. Januar 1933.'' Bd. 14, Oldenbourg Verlag, 1986, 361 S., ISBN 3-7646-1858-2.</ref> |
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Andere berichten, in der Besprechung vom 29. Januar 1933 mit Hammerstein, Reichswehrminister Schleicher, dem Chef des Ministeramts der Reichswehr Ferdinand von Bredow, Eugen Ott, dem Staatssekretär im Reichswehrministerium [[Erwin Planck]] und von dem Bussche sei es Hammerstein gewesen, der zunächst gefordert habe, Hindenburg für unzurechnungsfähig zu erklären und auf Grund dieser Präsidialkrise den Ausnahmezustand auszurufen, Hitler zu verhaften und die Potsdamer Garnison in Alarm zu versetzen. Schleicher dagegen habe eingewandt, dass durch ein solches Vorgehen reichsweite Unruhen bis hin zum Bürgerkrieg ausgelöst werden könnten, und den Plan abgelehnt. Da sei Hitler als neuer Kanzler im Vergleich zu einem Bürgerkrieg ''das kleinere Übel.'' Hammerstein habe sich dieser Ansicht schließlich angeschlossen und seinen Vorschlag zurückgezogen. Sicher ist, dass Schleicher nach dieser Unterredung den Reichspräsidenten Hindenburg aufsuchte, den Rücktritt seiner Regierung erklärte und die Ernennung Hitlers zum Kanzler empfahl.<ref name="Enzensberger 2008" /><ref name="Strenge 2009" /><ref name="Keil Kellerhoff 2006" /> |
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Nach den Notizen von [[Henry Picker]] machte Hitler zu dieser Besprechung am Vortag seines Regierungsantritts in einem seiner Monologe am 21. Mai 1942 sehr konkrete Angaben: „Am späten Nachmittag des 29. Januar 1933 sei man durch die Nachricht von einem geradezu tollen Vorhaben der Schleicherclique überrascht worden: General von Hammerstein hatte die Potsdamer Garnison alarmiert und mit Schießbefehl versehen. Außerdem beabsichtigte man, Reichspräsident Hindenburg nach Ostpreußen abzuschieben und dadurch sein Einschreiten gegen die Vereitlung der Machtübernahme der NSDAP durch Mobilmachung der Reichswehr zu verhindern.“ Und damit übereinstimmend gab [[Hermann Göring]] vor dem [[Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher|Nürnberger Gerichtshof]] an: „Es drohte damals, was wenig bekannt war, ein Putsch seitens Schleicher–Hammerstein mit der Potsdamer Garnison.“<ref name="Kellerhoff 2007">Sven Felix Kellerhoff: [https://www.welt.de/kultur/article1402520/Der-rote-General-sollte-Hitler-aufhalten.html?config=print ''Der „rote General“ sollte Hitler aufhalten''], ''[[Die Welt]]'', 27. Juli 2007</ref> |
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Allerdings können Aussagen weder von Hitler noch von Göring als stets zuverlässige historische Quelle gelten. So wenden andere gegen die Annahme von Putsch-Vorbereitungen Ende Januar 1933 ein, es gebe weder im [[Bundesarchiv-Militärarchiv|Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg]] noch beim [[Militärgeschichtliches Forschungsamt|Militärgeschichtlichen Forschungsamt]] Potsdam irgendwelche Erkenntnisse über eine Alarmierung des in Potsdam stationierten [[Infanterie-Regiment 9 (Wehrmacht)|Infanterieregiments]] oder der dortigen [[Kavallerie]][[schwadron]]. Irgendwelche Befehle oder Erinnerungen hätten erhalten sein müssen, wenn entsprechende Befehle ergangen wären.<ref name="Keil Kellerhoff 2006" /> |
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Andere Autoren heben die damalige Schlüsselfunktion Hammersteins hervor und räumen ein, ein Putsch durch Hammerstein hätte eine Kanzlerschaft Hitlers zwar tatsächlich verhindern können. Sie stimmen der damaligen Auffassung aber zu, dass dadurch ein Bürgerkrieg ausgelöst worden wäre: „Der einzige Mann mit einer politischen Alternative am 30. Januar war von Hammerstein. Es war die Alternative Hitler oder Bürgerkrieg.“<ref name="Böll Balzer 1978" /> |
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Sicher ist, dass diese Sorge vor einem Bürgerkrieg bei Hammerstein und anderen in den Wochen vor dem 30. Januar 1933 allmählich die Oberhand über die Sorge vor einer Kanzlerschaft Hitlers gewann. So resümierte Hammerstein in seinen 1935 verfassten Notizen:<ref name="Keil Kellerhoff 2006" /><ref name="Blasius 2005">[[Dirk Blasius]]: ''Weimars Ende.'' Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2005, 188 S., ISBN 3-525-36279-X.</ref> |
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{{Zitat |
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|Text=Wir waren uns einig, daß nur Hitler als zukünftiger Reichskanzler möglich sei. Jede andere Wahl müsse zum Generalstreik, wenn nicht zum Bürgerkrieg führen und damit zu einem äußerst unerwünschten Einsatz der Armee im Inneren gegen zwei Seiten, gegen die Nationalsozialisten und die Linke.}} |
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Und auch der spätere [[Reichsfinanzministerium|Reichsfinanzminister]] [[Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk|Schwerin von Krosigk]] sah in seinem Tagebuch voraus, dass ein „Kabinett Papen ohne Nazis […] in kürzester Frist zum Generalstreik führen werde“. |
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Als Konsequenz aus der Besprechung vom Vormittag bat Hammerstein im Einvernehmen mit Schleicher Hitler um ein Gespräch. Dieses fand wenige Stunden später am frühen Nachmittag des 29. Januar 1933 im Hause des beiden Seiten bekannten Klavierfabrikanten [[Edwin Bechstein]] statt. Hitler sicherte Hammerstein wahrheitswidrig zu, an Schleicher als Wehrminister festhalten zu wollen, Hammerstein notierte: „Ich habe ihm meine Sorgen erklärt und gefragt, ob er glaube, dass mit ihm über die Regierungsübernahme ernsthaft oder nur zum Schein verhandelt würde. Wenn letzteres der Fall sei, so wollte ich, um schweres Unglück für das Vaterland zu verhindern, versuchen, die Dinge zu beeinflussen.“<ref name="Enzensberger 2008" /><ref name="Kellerhoff 2007" /> |
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Hammerstein hatte offenkundig am Vorabend von Hitlers Regierungsantritt die politische Lage nicht mehr für sonderlich brisant gehalten, insbesondere keinen Militärputsch mehr geplant: Gleich nach dem Gespräch mit Hitler besuchte er ein Reitturnier und dann zwischen 9 und 10 Uhr abends Schleicher.<ref name="Kunrat 1963">Kunrat von Hammerstein-Equord: ''Spähtrupp.'' Verlag H. Goverts, 1963, 311 S.</ref> |
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Wenige Stunden vor Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ernannte Hindenburg [[Werner von Blomberg|General von Blomberg]] als Nachfolger Schleichers zum Reichswehrminister. Dies war verfassungswidrig, da ein Reichspräsident nur auf Vorschlag des Reichskanzlers einen Minister ernennen konnte. Blomberg erhielt somit als Reichswehrminister die politische Befehlsgewalt über Hammerstein. |
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=== „Drittes Reich“ === |
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==== Kaltstellung ==== |
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Am Tag nach der [[Machtergreifung]] erklärte Hammerstein: „Wir haben einen Kopfsprung in den Faschismus gemacht“, „98 Prozent des deutschen Volkes sind eben besoffen“.<ref name="Enzensberger 2008" /> |
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Zwar war Hitler am 30. Januar 1933 legal zur Macht gekommen, wie Hammerstein dies seit 1932 zur Bedingung einer Tolerierung durch die Reichswehr gemacht hatte. Mit der [[Reichstagsbrandverordnung]] und dem [[Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933]] schaffte dann die NSDAP demokratische Grundrechte zu Gunsten des [[Führerprinzip]]s ab; Hitler setzte neben legalen zunehmend auch illegale Mittel ein, um einen totalitären Staat einzurichten, in dem auch die Reichswehr sich dem Regime zu unterwerfen hatte. |
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Die Reichswehr war schon vor der Machtergreifung nicht mehr der [[monolith]]ische Block wie einst unter Seeckt. Zwar stand die Führung den [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] weitgehend ablehnend gegenüber (und neigte vereinzelt sogar wie etwa [[Werner von Fritsch|Fritsch]] zu monarchistischen Zielen), sie hatte aber das [[Offizierskorps]] nicht mehr geschlossen hinter sich, da sich vor allem jüngere Offiziere zunächst für nationalsozialistische Ziele begeistern ließen, so etwa [[Claus von Stauffenberg]] und [[Henning von Tresckow]], die später ihr Leben für den Widerstand einsetzten.<ref name="Messerschmidt 1969">Manfred Messerschmidt: ''Die Wehrmacht im NS-Staat. Zeit der Indoktrination. Soldatische Menschenführung in der deutschen Militärgeschichte, Truppe und Verwaltung.'' Verlag R. v. Decker, 1969.</ref> |
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Hammerstein als [[Repräsentation (Politik)|Repräsentant]] der eher ablehnenden Spitze der Reichswehr wurde seit der Machtergreifung Schritt für Schritt von seinen bisherigen Funktionen abgeschnitten. Eine der Voraussetzungen hierfür hatte Hitler schon vor seiner Ernennung zum Kanzler durch den Austausch des Reichswehrministers Schleicher durch Blomberg geschaffen.<ref name="Meinck 1959">Gerhard Meinck: ''Hitler und die deutsche Aufrüstung 1933–1937.'' In: ''Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz: Abteilung Universalgeschichte.'' Verlag Steiner, 1959.</ref> Das Verhältnis der beiden Generäle war schon durch die Vorgeschichte von 1929 belastet. Blomberg erwies sich zudem im Gegensatz zu Hammerstein als offen gegenüber dem Bestreben Hitlers, die Reichswehr entgegen ihrer bisherigen Tradition unter strikte politische Kontrolle zu bringen, und ließ die Truppe systematisch mit [[Nationalsozialistische Propaganda|NS-Propaganda]] indoktrinieren. |
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Hammerstein lud Hitler für den 3. Februar 1933 zu einem Abendessen in seiner Privatwohnung ein, das wahrscheinlich anlässlich des 60. Geburtstages von [[Auswärtiges Amt|Reichsaußenminister]] [[Konstantin von Neurath]] stattfand<ref name="Wirsching523">Andreas Wirsching: [http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2001_3_5_wirsching.pdf#page=523 ''„Man kann nur Boden germanisieren“. Eine neue Quelle zu Hitlers Rede vor den Spitzen der Reichswehr am 3. Februar 1933.''] (PDF; 1,5 MB) In: ''[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]].'' 49, 2001, Heft 3, S. 517–550, hier S. 523.</ref> und zu dem auch die höheren Generäle eingeladen waren, die sich wegen einer Befehlshaberbesprechung am selben Tag in Berlin aufhielten. Während der Befehlshaberbesprechung am Vormittag im [[Reichswehrministerium]] im [[Bendlerblock]] hatte der mit dem [[Kabinett Hitler]] neu ernannte Reichswehrminister Werner von Blomberg sich selbst und seine Anschauungen vorgestellt.<ref name="Vogelsang432ff">Thilo Vogelsang: [http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1954_4_5_vogelsang.pdf#page=432 ''Neue Dokumente zur Geschichte der Reichswehr 1930–1933.''] (PDF; 1,8 MB) In: ''Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.'' 2, 1954, Heft 4, S. 397–436, hier S. 432–434 (Dokument Nr. 7: ''1933 Februar 3, Berlin. Ausführungen des Reichswehrministers von Blomberg vor den Gruppen- und Wehrkreisbefehlshabern im Reichswehrministerium. Handschr. Aufzeichnungen des Gen.Lt. Liebmann als Grundlage für spätere Kommandeurbesprechungen. München, Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, Nr. 167/51, fol. 37–38.'').</ref> Dabei hatte er die Kontinuität zur Politik seines Amtsvorgängers (und kurzzeitigen Reichskanzlers) [[Kurt von Schleicher]] betont, die er fortzuführen gedenke. Er gab an, die Reichswehr als überparteiliches Machtmittel zu erhalten. Gleichzeitig sollte sie auf die „Wehrhaftmachung“ des Volkes drängen, und schließlich zu einem machtvollen Instrument der Sicherheitspolitik gemacht werden.<ref>Michael Salewski: ''Die bewaffnete Macht im Dritten Reich 1933–1939.''</ref> |
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Beim Abendessen in der Wohnung Hammersteins versuchte Hitler dann, die [[Generalität]] für sich zu gewinnen. Die über diese Veranstaltung [[Liebmann-Aufzeichnung|bekannt gewordenen stenografischen Protokolle und Berichte]] weichen deutlich voneinander ab, selbst die Angaben über die Gäste widersprechen einander.<ref name="Enzensberger 2008" /> Unstrittig ist, dass Hammerstein seinen Gast recht kühl als „den Herrn Reichskanzler Hitler“ vorstellte und Hitler dann in einer zweieinhalbstündigen Rede seine außen-, militär-, innen- und wirtschaftspolitischen Pläne darstellte. Es sei der „Aufbau der Wehrmacht wichtigste Voraussetzung“ für die „Wiedergewinnung der politischen Macht“, also der Wiederherstellung der [[Souveränität]] durch Wegfall des [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrags]]. Danach gelte es, „neuen [[Lebensraum im Osten]]“ zu erobern und diesen „rücksichtslos zu germanisieren“ und dies „äußerstenfalls auch durch offensiv geführte Kriege durchzusetzen“.<ref name="Hildebrand 2009">Klaus Hildebrand: ''Das Dritte Reich.'' In: ''Grundriss der Geschichte.'' Band 17. Oldenbourg Verlag, 2009, ISBN 3-486-59200-9.</ref><ref name="Hürter 2007">Johannes Hürter: ''Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42.'' In: ''Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte.'' Band 66. Oldenbourg Verlag, 2007, ISBN 3-486-58341-7.</ref> Umstritten ist, welche Resonanz Hitlers Rede damals bei den Zuhörern fand. Zeitgenössische Schilderungen sprechen eher von Zustimmung, solche nach 1945 von Zurückhaltung. Nach den Erinnerungen [[Curt Liebmann]]s nahmen die Generäle den neuen Reichskanzler nicht allzu ernst: In Anlehnung an eine Zeile von [[Friedrich Schiller]] habe einer der Anwesenden Hitlers Ansprache nach dessen Abreise nach München mit „Stets war die Rede kecker als die Tat“<ref name="Vogelsang436">Thilo Vogelsang: [http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1954_4_5_vogelsang.pdf#page=436 ''Neue Dokumente zur Geschichte der Reichswehr 1930–1933.''] (PDF; 1,8 MB) In: ''Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.'' 2, 1954, Heft 4, S. 397–436, hier S. 436.</ref> kommentiert. Hitler selbst äußerte später, er habe damals das Gefühl gehabt, gegen eine Wand zu reden.<ref name="Fabry 1979">Philipp W. Fabry: ''Mutmassungen über Hitler. Urteile von Zeitgenossen.'' Droste-Taschenbücher Geschichte 7227, Verlag Athenäum, 1979, ISBN 3-7610-7227-9.</ref> |
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Ende April 1933 ernannte Hitler Blomberg zusätzlich zum Oberbefehlshaber der Reichswehr. Damit wurde Blomberg auch militärischer Vorgesetzter Hammersteins, hatte also neben der politischen „Befehls-“ nun auch militärische „Kommandogewalt“ über ihn. Hammerstein zeigte gleichwohl „Eigensinn“ und äußerte sich weiterhin auch in der Öffentlichkeit kritisch zu den neuen Machthabern. So berichtet sein Schwager General [[Smilo von Lüttwitz]], Hammerstein habe „seine Ablehnung der NS-Bewegung […] schon immer sehr klar zum Ausdruck gebracht“; nach den Herbstmanövern von 1933 habe er im Beisein auch vor ihm nicht nahestehenden Persönlichkeiten und ausländischen Offizieren wiederholt „von der Verbrecherbande und den Schweinigels“ gesprochen. Der letztgenannte Begriff spielte auf die Berichte über homosexuelle Praktiken in der SA an.<ref name="KJM 1969" /><ref name="Fest 1994">Joachim C. Fest: ''Staatsstreich.'' Verlag Bertelsmann-Club, 1994.</ref> |
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Hammersteins Einfluss auf die Reichswehr nahm schon wegen seiner neuen Vorgesetzten nun stetig ab. Einige Autoren werfen ihm vor, das habe zumindest auch an Bequemlichkeit und mangelndem Interesse an organisatorischer Tätigkeit gelegen, so [[Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk|Schwerin von Krosigk]]: „Hammerstein ließ die Zügel allzusehr schleifen und schwächte dadurch die Stellung des Chefs der Heeresleitung gegenüber dem neuen Reichswehrminister Blomberg.“<ref name="Krosigk 1951">Lutz Schwerin von Krosigk: ''Es geschah in Deutschland. Menschenbilder unseres Jahrhunderts.'' Rainer Wunderlich Verlag, 1951.</ref> General [[Hermann Foertsch]] kritisierte: Hammerstein habe seinen Abschied eingereicht zum einen wegen „politische(r) Gründe, Gegner der Nationalsozialisten aus einer richtigen Erkenntnis der Maßlosigkeit der Bewegung. Dann kam dazu, daß Hammerstein ein Mann war, der jede normale Arbeit scheute. Er war genial, klug, lässig auch in äußerer Erscheinung, sehr kritisch, leicht pessimistisch (stinkfaul), so daß die sich anbahnenden Aufgaben hinsichtlich des Heeres eine andere Persönlichkeit erforderten.“<ref name="Enzensberger 2008" /> |
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Im Oktober 1933 reichte Hammerstein sein Abschiedsgesuch bei Hindenburg ein. Blomberg verhängte nach dem Ausscheiden Hammersteins zum 31. Januar 1934 einen gesellschaftlichen [[Boykott]] über ihn: Den Abteilungschefs des Reichswehrministeriums wurde klargemacht, dass sie mit beruflichen Nachteilen zu rechnen hatten, falls bekannt würde, dass sie ihn besuchten.<ref name="Bracher Maurer 1980">[[Karl Dietrich Bracher]], Ilse Maurer (Hrsg.): ''Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Politik und Wirtschaft in der Krise 1930–1932. Quellen zur Ära Brüning.'' Band 4. Verlag Droste, 1980, ISBN 3-7700-5106-8.</ref> |
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==== Röhm-Putsch ==== |
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{{Hauptartikel|Röhm-Putsch}} |
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Ab dem 30. Juni 1934 setzte Hitler unter dem Vorwand eines drohenden Putsches durch [[Sturmabteilung|SA]]-Chef [[Ernst Röhm|Röhm]] mit einer groß angelegten Verhaftungs- und Mordaktion die Einschüchterung und Beseitigung vermuteter und bekannter Gegner fort. Die Aktion stieß innerhalb der Reichswehr insoweit auf Zustimmung, als damit die zahlenmäßig inzwischen deutlich größere SA als Konkurrent ausgeschaltet, die Reichswehr also wieder zum alleinigen „Waffenträger der Nation“ wurde, und sie war insoweit nicht nur mit General [[Walter von Reichenau|Reichenau]] und anderen Teilen der Reichswehr abgesprochen, sondern teilweise erfolgten Festnahmen und Morde auch durch die Reichswehr, in Abstimmung mit ihr oder zumindest mit ihrer Ausrüstung. |
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Einige prominente Gegner wie Hammerstein und Papen waren von dieser Gewaltaktion nicht betroffen, was von einigen Autoren darauf zurückgeführt wird, dass Hindenburg dies verlangt habe. Nach einem Bericht [[Kommunismus|kommunistischer]] Agenten dagegen sei Hammerstein „in diesen Tagen Mittelpunkt der Berliner Offizierskreise gewesen; Kameraden aus dem Ministerium hätten ihn beschützt, da man jeden Augenblick seine Verhaftung befürchtet habe“.<ref name="Enzensberger 2008" /> |
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Allerdings gehörten zu den Ermordeten die Generäle Schleicher und Bredow. Das führte in der Reichswehr zu einigen – insgesamt folgenlosen – Versuchen einer Aufklärung und rechtlichen Ahndung, auch wenn die Taten durch ein von Hitler am 3. Juli 1934 verfassungswidrig erlassenes „Staatsnotwehrgesetz“ rückwirkend straffrei gestellt worden waren und Reichswehrminister Blomberg Hitler zum erfolgreichen Abschluss der Aktion beglückwünscht hatte. |
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[[Erwin von Witzleben|General von Witzleben]] aber verlangte zusammen mit den Generälen [[Wilhelm Ritter von Leeb|von Leeb]] und [[Gerd von Rundstedt|von Rundstedt]] bei General Fritsch, nunmehr Chef der Heeresleitung, eine kriegsgerichtliche Untersuchung der Ermordung Schleichers und Bredows.<ref name="KJM GDW">Klaus-Jürgen-Müller: {{Webarchiv |url=http://www.gdw-berlin.de/fileadmin/bilder/publ/beitraege/B07.pdf |text=''Witzleben – Stülpnagel – Speidel: Offiziere im Widerstand'' |wayback=20141031184107}} (PDF; 3,2 MB). In: [[Gedenkstätte Deutscher Widerstand]] Berlin (Hrsg.): ''Beiträge zum Widerstand 1933–1945.'' Heft 7, {{ISSN|0175-3592}}</ref> Zu denen, die Protest gegen die Ermordung ihrer Kameraden einlegten, gehörte auch Major [[Hans Oster]].<ref name="bpb DN">[http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/dossier-nationalsozialismus/39564/der-20-juli-1944 ''Dossier Nationalsozialismus.''] [[Bundeszentrale für politische Bildung]]</ref> |
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Hammerstein und [[Generalfeldmarschall]] [[August von Mackensen]] versuchten wegen der Massaker zunächst Hindenburg persönlich zu erreichen. Als ihnen dies nicht gelang, sandten sie ihm eine Denkschrift, die ihm nach einem Bericht am 18. Juli 1934 in einem blauen Aktendeckel übergeben worden sein soll und daher auch „Blaubuch“ genannt wurde,<ref name="Weltbühne 30">''Die Weltbühne'', Bd. 30, Ausg. 27–52, S. 1601–1603.</ref> ihn nach anderen Quellen aber bis zu seinem Tod am 2. August 1934 nicht mehr erreichte.<ref>[http://de.verschwoerungstheorien.wikia.com/wiki/Röhm-Putsch ''Der Röhm-Putsch.''] Auf dem Portal Verschwörungstheorien Wiki</ref> |
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Jedenfalls wurde der wenige Seiten umfassende Text nach dem Tode Hindenburgs vervielfältigt und an alle höheren Offiziere verteilt. Die Abschnitte tragen die Überschriften „Beklagenswerte Spaltung“, „England kein Verbündeter Deutschlands“, „Polen – ein zweites Oesterreich-Ungarn“, „Frankreich und die Sowjetunion“ und vor allem: „Ein Direktorium zur Kriegsvorbereitung“. Die Autoren empfahlen darin, die Regierung Hitler durch ein von Hindenburg geführtes [[Präsidialkabinett|Direktorium]] zu ersetzen, in dem Hammerstein als Reichswehrminister vorgesehen war. Schon angesichts der weithin bekannten Hinfälligkeit des hochbetagten Hindenburg war dieser Vorschlag allerdings wenig zukunftsträchtig.<ref name="Enzensberger 2008" /> Einige Monate später tauchte die Denkschrift in der Öffentlichkeit auf, dieses Mal allerdings illegal herausgegeben von der Exil-KPD unter dem Tarntitel „Englische Grammatik“ mit der fiktiven Verlagsangabe Leipzig. Diese Ausgabe entsprach weitgehend einem „[[Braunbuch#Braunbuch 1933|Braunbuch]]“, das zuvor in Paris durch [[Willi Münzenberg]] veröffentlicht worden war. 1935 wurde das Blaubuch dann als Teil eines „[[Weißbuch]]es“ in Moskau erneut veröffentlicht.<ref>[http://d-nb.info/993482406 ''Weissbuch über die Erschießungen am 30. Juni 1934: Authentische Darstellung der deutschen Bartholomäusnacht.''] Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter in der UdSSR, Moskau/Leningrad 1935.</ref> |
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Parallel zu dieser schriftlichen Eingabe an Hindenburg bedrängten Hammerstein und Mackensen die Generäle Blomberg sowie Fritsch, sich für die [[postum]]e Rehabilitierung ihrer zu Unrecht beschuldigten Kameraden einzusetzen. |
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Am 13. Juli 1934 versuchte Hitler in einer Reichstagsrede, die Gewaltaktionen zu rechtfertigen. Die Rede wurde im Rundfunk übertragen, um auch aus der breiten Bevölkerung kommenden Fragen zu entgegnen. Hitler beschuldigte namentlich Schleicher und Bredow der subversiven Zusammenarbeit mit Röhm und der Verschwörung mit dem Ausland zum Zwecke eines „national-bolschewistischen Umsturzes“. Daraufhin wurden Wehrkreiskommandeure und Befehlshaber bei Blomberg vorstellig und beschwerten sich, dass Blomberg nichts gegen diese Diffamierung unternehme. Blomberg verteidigte die Behauptung Hitlers und versprach eine Dokumentation. Offenbar war aber die Empörung innerhalb der Reichswehr so deutlich, dass Hitler schließlich nachgab: In einer geschlossenen Versammlung der Spitzen von Regierung, Partei und Reichswehr zu einem anderen Thema gab er am Ende seiner Rede bekannt, „Untersuchungen“ hätten ergeben, dass die Generäle von Schleicher und von Bredow „irrtümlich“ erschossen worden seien. Um dem Andenken der beiden unschuldig Erschossenen Genugtuung zu geben, sollten sie auf die Ehrentafeln ihrer Regimenter gesetzt werden. Allerdings durfte diese Erklärung nicht veröffentlicht werden und kein Offizier an den Beisetzungen teilnehmen – woran Hammerstein sich nicht hielt: Als einziger General ging er zu Schleichers Beerdigung.<ref name="Wheeler-Bennett 1954" /> |
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Unmittelbar nach dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 ließ Reichenau den [[Fahneneid]] der [[Wehrmacht]] zu einem [[Führereid]] abändern, den [[Rekrut]]en ab sofort auf „Adolf Hitler, [[Oberbefehlshaber]] der Wehrmacht“ zu leisten hatten. |
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Hammerstein, der der Reserve der Streitkräfte angehörte, stellte zunächst für das Regime keine akute Gefahr mehr dar, zumal er nach Möglichkeit weiter isoliert wurde und sich in der Öffentlichkeit politisch zurückhielt. Er blieb aber schon wegen der Aktivitäten seiner Kinder und wegen seiner privaten Kontakte mit nicht linientreuen Personen im Blick der staatlichen Überwachung. So war die [[Geheime Staatspolizei|Gestapo]] auf der Suche nach der undichten Stelle, durch welche die Rede Hitlers vom 3. Februar 1933 vor der Spitze der Reichswehr innerhalb weniger Tage nach Moskau gelangen konnte, über [[Werner Scholem]] auf dessen Bekannte gestoßen, Hammersteins Tochter [[Marie Luise von Hammerstein|Marie Luise]], die daraufhin im August 1935 verhört wurde. Die Sache hatte damit aber ihr Bewenden.<ref name="HIS 2001">[[Ralf Hoffrogge]]: ''Werner Scholem – Eine politische Biographie (1895–1940).'' UVK Verlag, Konstanz 2014, S. 395–409 sowie [[Reinhard Müller (Soziologe, 1944)|Reinhard Müller]]: ''Hitlers Rede vor der Reichswehr- und Reichsmarineführung am 3. Februar 1933.'' In: ''Mittelweg 36.'' Hamburger Institut für Sozialforschung, Heft 4/2000.</ref> |
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Die Vorladung seiner Tochter durch die Gestapo mag für Hammerstein eine Warnung gewesen sein, dass seine persönliche Sicherheit und die Unverletzlichkeit seiner Wohnung inzwischen weniger sicher waren als noch vor dem Tode Hindenburgs. Jedenfalls ließ er 1935 seine Aufzeichnungen nach Großbritannien in einen Tresor bringen. Nach dem Krieg nahm sein Sohn Kunrat sie in Besitz und wertete sie aus.<ref name="Kunrat 1963" /><ref name="Kunrat 1956">Kunrat von Hammerstein: ''Schleicher, Hammerstein und die Machtübernahme 1933.'' In: ''Frankfurter Hefte.'' 1956, Heft 11</ref> |
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==== 1938: September-Verschwörung ==== |
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Als durch Hitlers außenpolitische Forderungen im September 1938 im Rahmen der [[Sudetenkrise]] ein Krieg drohte, wurde Hammerstein in Pläne aus dem [[Oberkommando der Wehrmacht]] im Bendlerblock einbezogen, die federführend von General Oster mit Unterstützung durch [[Wilhelm Adam (General, 1877)|General Adam]], Witzleben, [[Franz Halder|Halder]] und (im Ruhestand) Beck entwickelt wurden. Ein etwaiger Krieg sollte durch einen Putsch gegen Hitler beendet und Hammerstein hierfür als Oberbefehlshaber des Armeekommandos 4 reaktiviert werden. Dieser „[[September-Verschwörung]]“ wurde jedoch durch das [[Münchner Abkommen]] die Grundlage entzogen.<ref name="Enzensberger 2008" /> Hammerstein sagte aber nach Erinnerungen Brünings im Frühjahr 1939 seine weitere Unterstützung zu: „Gebt mir nur eine Truppe, dann wird’s an mir nicht fehlen.“<ref name="Pechel 1947">Rudolf Pechel: ''Deutscher Widerstand.'' Verlag Erlenbach, Zürich 1947S.</ref> Als im Mai 1939 Groener verstarb, erschien Hammerstein, wie 1934 bei Schleichers Beerdigung, trotz entsprechenden Verbots in voller Uniform zur Beisetzung seines früheren Vorgesetzten. |
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==== 1939: Westwall-Verschwörung ==== |
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Nach seiner Reaktivierung war Hammerstein seit dem 9. September 1939 Oberbefehlshaber der [[Armeeabteilung A (Wehrmacht)|Armeeabteilung A]] an der Westgrenze. Einige zeitgenössische Berichte schildern, von dort aus habe er Hitler mehrfach empfohlen, seiner im Westen stehenden Armee einen Besuch abzustatten – vorgeblich, um ihm die Stärke der Westfront zu demonstrieren, in Wahrheit, um ihn festzunehmen.<ref name="FfH 1956" /><ref name="Zentner 1975">Kurt Zentner: ''Illustrierte Geschichte des Zweiten Weltkrieges.'' Ausg. 11, Südwest Verlag, 1975, ISBN 3-517-00020-5.</ref><ref name="van Roon 1987">Ger van Roon: ''Widerstand im Dritten Reich. Ein Überblick.'' Beck’sche Reihe, Band 191, Verlag C. H. Beck, 1987, ISBN 3-406-31900-9.</ref><ref name="Schlabrendorff ua 1994">Fabian von Schlabrendorff, Walter Bussmann, Gero von Gaevernitz: ''Offiziere gegen Hitler.'' In: ''Deutscher Widerstand 1933 bis 1945.'' Band 5, Siedler Buch Band 12861 bei Goldmann, Verlag Siedler, 1994, ISBN 3-442-12861-7.</ref> Vertrauten Oppositionellen wie Beck kündigte Hammerstein sogar an, wenn Hitler seine Einheit besuche, werde es zu einem „tödlichen Zwischenfall“ kommen, er werde Hitler „ein für alle Mal unschädlich machen“.<ref name="Mitcham 2008">[[Samuel W. Mitcham]]: ''The Rise of the Wehrmacht. The German Armed Forces and World War II.'' Band 1, Praeger Security International, 2008, ISBN 0-275-99659-X.</ref><ref name="Kane 2008">Robert B. Kane: ''Disobedience and Conspiracy in the German Army, 1918–1945.'' Verlag McFarland, 2008, ISBN 0-7864-3744-8.</ref> Hitler allerdings folgte den Einladungen Hammersteins nicht, er suchte den [[Westwall]] während des [[Überfall auf Polen|Überfalls auf Polen]] nie auf. Im September 1939 wurde Hammerstein nach Schlesien und am 24. September 1939 dauerhaft in den Ruhestand versetzt. |
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==== 1939: Verschwörung von Zossen ==== |
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Um diese Zeit allerdings kam es zur „Verschwörung von Zossen“, an der Hammerstein ebenfalls beteiligt war: Am 27. September 1939 hatte Hitler der Spitze der Wehrmacht seinen Entschluss bekanntgegeben, unverzüglich nach Ende des Überfalls auf Polen die Westmächte anzugreifen. Daraufhin waren der Oberbefehlshaber des Heeres [[Walther von Brauchitsch|von Brauchitsch]], sein Stabschef Halder, Admiral [[Wilhelm Canaris]], die Generäle [[Georg Thomas (General)|Thomas]], [[Wilhelm Ritter von Leeb|von Leeb]], von Reichenau, Oberst [[Helmuth Groscurth|Groscurth]] und andere Offiziere sowie Reservisten wie Hammerstein und Beck und Zivilisten wie [[Hans von Dohnanyi|von Dohnanyi]], [[Hans Bernd Gisevius|Gisevius]], [[Ulrich von Hassell|von Hassell]] und [[Carl Friedrich Goerdeler|Goerdeler]] zunächst entschlossen, den deutschen [[Westfeldzug|Angriff auf Frankreich]] zu verhindern, weil ihnen eine militärische Niederlage Deutschlands als sicher erschien. Die Pläne umfassten, das Ausland zu warnen und durch Reaktion der ausländischen Kräfte den deutschen Angriff zu verhindern, aber auch, Hitler festzunehmen. Der Angriff auf Frankreich wurde allerdings mehrfach verschoben, was den deutschen Kräften Zeit für eine bessere Vorbereitung gab. Der Pessimismus der höheren Generäle wich allmählich wachsender Zuversicht; im Februar 1940 wurden die Pläne aufgegeben.<ref name="van Roon 1987" /><ref>Harald C. Deutsch: ''Wir werden am Galgen enden! Die Widerstandsgruppe des Generals Oster.'' In: ''[[Der Spiegel]]'', Hefte vom [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45741547.html 5. Mai 1969], [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45741441.html 12. Mai 1969] [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45702272.html 19. Mai 1969] und [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45741267.html 26. Mai 1969]</ref> |
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=== Der rote General und seine Kontakte zum deutschen Widerstand === |
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Während der Weimarer Republik hatte die Reichswehr umfangreiche, wenngleich gegenüber den Vertragsstaaten der Versailler Verträge nach Möglichkeit getarnte Kontakte u. a. mit der [[Geheime Fliegerschule und Erprobungsstätte der Reichswehr|Geheimen Fliegerschule und Erprobungsstätte der Reichswehr]] sowie der [[Panzerschule Kama]] zur [[Sowjetarmee]]. Hammerstein kannte aus dieser Zeit zahlreiche hohe Offiziere der Sowjetarmee wie [[Michail Nikolajewitsch Tuchatschewski|Tuchatschewski]] und [[Kliment Jefremowitsch Woroschilow|Woroschilow]] und pflegte zu manchen von ihnen auch persönliche Kontakte. Dass Hammerstein bereits in der Weimarer Republik gelegentlich als „der rote General“ bezeichnet wurde, soll auf diesen Kontakten zur Sowjetarmee beruhen. Andere Autoren machen hierfür auch geltend, dass Hammerstein aus damaliger Sicht „gemäßigte soziale“ Ansichten und persönliche Beziehungen zu einigen Gewerkschaftsvertretern hatte. |
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Dass Hammerstein Töchter hatte, deren linke Ideen und Kontakte er offenkundig nicht unterband, blieb damals nicht unbekannt. Zu seinem Glück unentdeckt blieb dagegen eine private Bekanntschaft: In der Zeit von 1930 bis 1937 gehörte die Österreicherin [[Ruth von Mayenburg]] zu seinen engen Freunden. Selbst als sie sich in Deutschland nur noch mit falschen Papieren aufhalten konnte, war sie wiederholt Gast in seinem Haus, so zu seinem Geburtstag 1936. Mit ihr, die unter dem Decknamen Lena und Ruth Wieden als Kurierin und Agentin der [[Komintern]] und der Spionage der Sowjetarmee arbeitete, führte Hammerstein zahlreiche Gespräche, und über sie tauschte er konspirativ Nachrichten etwa mit dem damaligen Verteidigungsminister Woroschilow aus.<ref name="Mayenburg 1969">Ruth von Mayenburg: ''Blaues Blut und rote Fahnen. Revolutionäres Frauenleben zwischen Wien, Berlin und Moskau.'' Verlag Promedia, 1969, ISBN 3-900478-72-4.</ref><ref>[http://www.hrono.ru/biograf/bio_h/hammerstein.html ''Биографический Указатель, 1878–1943''.] Würdigung Kurt von Hammersteins auf einer russischen Website (russisch)</ref> |
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Außerdem hatte Hammerstein nach seinem Abschied immer wieder Mitglieder des zivilen und militärischen Widerstands zu Besuch in seinem Haus, von denen viele dem rechtskonservativen bis monarchischen Spektrum zuzuordnen waren. Zu den bekanntesten Gesprächspartnern gehörten Beck, Canaris, [[Otto Geßler|Geßler]], Goerdeler, [[Nikolaus Christoph von Halem|von Halem]], [[Martin Niemöller]], [[Rudolf Pechel|Pechel]] und [[Erwin von Witzleben|Witzleben]]. Die nationalsozialistischen Behörden erfuhren hiervon. So räumte Pechel nach seiner Verhaftung am 8. April 1942 während der Vernehmung im [[Reichssicherheitshauptamt]] ein, er habe Ende 1941 von Hammerstein den Auftrag erhalten, General von Witzleben aufzusuchen.<ref name="Schäfer 1975">Rosemarie Schäfer: ''Rudolf Pechel und die „Deutsche Rundschau“ 1946–1961. Zeitgeschehen und Zeitgeschichte im Spiegel einer konservativen politischen Zeitschrift. Eine Studie zur konservativen Publizistik in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.'' Verlag Göttingen, 1975, 438 S.</ref> Hammerstein versuchte offenbar, diesen Besuchen eine unverfängliche Begründung zu geben. So erfolgte der erste Besuch Goerdelers im Januar 1942 unter dem Vorwand, Hammerstein wolle sich von ihm in wirtschaftlicher Hinsicht beraten lassen.<ref name="Jacobsen 1984">Hans Adolf Jacobsen (Hrsg.): ''Spiegelbild einer Verschwörung. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SD-Berichterstattung.'' Bd. 2, Verlag Seewald, 1984, 1013 S., ISBN 3-512-00657-4.</ref> Das volle Ausmaß der Kontakte Hammersteins wurde den Behörden vermutlich erst nach dessen Tod klar: So gab [[Werner von Alvensleben (Politiker, 1875)|Werner von Alvensleben]] nach einem Bericht des [[Chef der Sicherheitspolizei und des SD|Chefs der Sicherheitspolizei und des SD]] [[Ernst Kaltenbrunner]] vom 29. Juli 1944 an [[Reichsleiter]] [[Martin Bormann]] bei seiner Vernehmung preis, er wisse von einem Herrenabend, der im Februar 1942 bei Hammerstein stattgefunden habe, an dem Beck, Goerdeler, Geßler und Pechel teilgenommen hätten. |
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== Menschenbild und Führungsstil == |
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Von den meisten Zeitgenossen wurde Hammerstein als kluger und begabter Generalstäbler beschrieben, der aber im beruflichen Umgang skeptisch, spöttisch, kühl und überlegen wirkte. Er machte keinen Hehl daraus, dass ihn das Militärisch-Handwerkliche wenig interessierte, weil er dessen Beherrschung als gegeben voraussetzte. Dementsprechend schrieb der nachmalige Generalfeldmarschall [[Erich von Manstein]] ihm den Spruch zu: „Gefechtsregeln sind für die Dummen“.<ref name="Melvin 2010">[[Mungo Melvin]]: ''Manstein: Hitler’s Greatest General.'' Verlag Hachette UK, 2010, 300 S., ISBN 0-297-85844-0.</ref> |
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Zur Unterscheidung und Eignung von [[Offizier]]en meinte Hammerstein:<ref name="Poller 2010">Horst Poller: ''Bewältigte Vergangenheit. Das 20. Jahrhundert, erlebt, erlitten, gestaltet.'' Verlag Olzog, 2010, 432 S., ISBN 3-7892-8372-X.</ref> |
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{{Zitat |
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|Text=Ich unterscheide vier Arten. Es gibt kluge, fleißige, dumme und faule Offiziere. Meist treffen zwei Eigenschaften zusammen. Die einen sind klug und fleißig, die müssen in den [[Generalstab]]. Die nächsten sind dumm und faul; sie machen in jeder Armee 90 % aus und sind für Routineaufgaben geeignet. Wer klug ist und gleichzeitig faul, qualifiziert sich für die höchsten Führungsaufgaben, denn er bringt die geistige Klarheit und die Nervenstärke für schwere Entscheidungen mit. Hüten muss man sich vor dem, der gleichzeitig dumm und fleißig ist; dem darf man keine Verantwortung übertragen, denn er wird immer nur Unheil anrichten.}} |
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Den von ihm empfohlenen Führungsstil schilderte er so:<ref name="KJM 1969" /> |
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{{Zitat |
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|Text=Machen Sie sich frei von Kleinarbeit. Dazu halten Sie sich einige wenige kluge Leute. Lassen Sie sich aber viel Zeit, sich Gedanken zu machen und sich vor sich selbst ganz klar zu werden. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Gedanken ausgeführt werden. Nur so können Sie richtig führen.}} |
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== Ehe und Nachkommen == |
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Kurt (Curt) Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Hammerstein („Hako“, „Papus“), evangelisch, heiratete 1907 in [[Karlsruhe]] die Maria (Luise) Freiin von [[Lüttwitz]] („Ama“, „Mietze“), * 11. März 1886 in [[Schweidnitz]]; † 9. März 1970 in [[Mutlangen]], katholisch, Tochter des Generals [[Walther von Lüttwitz]] und Schwester des späteren Generals [[Smilo von Lüttwitz]]. Aus dieser [[Interkonfessionelle Ehe|gemischtkonfessionellen Ehe]] gingen sieben Kinder hervor: |
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* [[Marie Luise von Hammerstein|Marie Luise]] (1908–1999) ⚭ I. [[Mogens von Harbou]]; II. [[Ernst-Friedemann von Münchhausen der Jüngere|Ernst-Friedemann Freiherr von Münchhausen]] |
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* [[Maria Paasche|Maria Therese]] (1909–2000) ⚭ Joachim Paasche |
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* [[Helga von Hammerstein-Equord|Helga]] (1913–2005) ⚭ [[Walter Rossow]] |
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* [[Kunrat von Hammerstein-Equord|Kunrat]] (1918–2007) ⚭ Ingrid Freiin von Lüttwitz |
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* [[Ludwig von Hammerstein-Equord|Ludwig]] (1919–1996) ⚭ Dorothée Claessen |
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* [[Franz Freiherr von Hammerstein-Equord|Franz]] (1921–2011) ⚭ Verena Rordorf |
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* Hildur (1923–2012) ⚭ Ralph Zorn |
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== Erkrankung, Tod, Sippenhaftung == |
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[[Datei:Steinhorst Kurt.jpg|mini|Grabstein]] |
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Hammerstein hatte unterhalb des linken Ohrs einen seit Jahren an Größe zunehmenden Tumor, dem er keine Aufmerksamkeit schenkte, bis [[Ferdinand Sauerbruch]] ihn schließlich für inoperabel erklärte. Die letzten Wochen seines Lebens litt er unter erheblichen Schmerzen. |
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Am 24. April 1943 starb Hammerstein in seinem Haus in [[Berlin-Dahlem]]. Die Beisetzung fand auf dem Familienfriedhof im niedersächsischen [[Steinhorst (Niedersachsen)|Steinhorst]] statt.<ref>{{Internetquelle |autor=Hans-Hartmuth Müller |url=https://steinhorster.de/2022/01/familienfriedhof-hammerstein-in-steinhorst.html |titel=Familienfriedhof " Hammerstein " in Steinhorst |werk=Heideort Steinhorst Niedersachsen |datum=2022-01-25 |sprache=de-DE |abruf=2023-03-24}}</ref> Eine Beisetzung auf dem Berliner [[Invalidenfriedhof]] lehnte die Familie ab, da dann der Sarg mit der [[Reichskriegsflagge]] und dem [[Hakenkreuz]] hätte bedeckt werden müssen. Hitler ließ einen Kranz mit Schleife zusenden, diese wurde jedoch von den Angehörigen in der U-Bahn „vergessen“.<ref name="Enzensberger 2008" /> |
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Drei Wochen nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 durchsuchte die [[Gestapo]] das Berliner Haus der Hammersteins und verhörte Maria von Hammerstein im [[Prinz-Albrecht-Palais]], außerdem begann die Fahndung nach Kunrat und Ludwig. Franz wurde im [[Ruhrgebiet]] verhaftet, vergeblich nach seinen Brüdern ausgefragt und nach Berlin ins [[Justizvollzugsanstalt Moabit|Gefängnis Moabit]] verlegt. Helga wurde ebenfalls ergebnislos verhört, aber nach zwei Wochen Haft wieder entlassen; Marie Luise blieb auf dem Gut ihres Mannes unbehelligt, Maria Therese war in [[Japan]] außer Reichweite. |
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Mutter Hammerstein und Tochter Hildur wurden am 1. Dezember 1944 ebenfalls in der Hoffnung auf Auskunft über Kunrat und Ludwig verhaftet.<ref name="Enzensberger 2008" /> Am 1. März 1945 wurden Mutter Maria, Franz und Hildur im Rahmen der [[Sippenhaftung]] zunächst von Berlin ins [[KZ Buchenwald|Konzentrationslager Buchenwald]] transportiert. General [[Smilo von Lüttwitz]], Bruder von Maria, versuchte durch eine Eingabe bei Generalfeldmarschall [[Wilhelm Keitel|Keitel]] vergeblich, eine Entlassung seiner Schwester und der Kinder aus der Sippenhaftung zu erreichen.<ref name="Pantenius 2002">Hans Jürgen Pantenius: ''Letzte Schlacht an der Ostfront. Von Döberitz bis Danzig 1944/1945. Erinnerung und Erfahrung eines jungen Regimentskommandeurs.'' Verlag Mittler, 2002, 371 S., ISBN 3-8132-0741-2.</ref> Allmählich fand sich in Buchenwald eine Gruppe von über 100 Häftlingen ein. Am 3. April 1945 erfolgte der Transport ins [[KZ Dachau]], dann am 17. April 1945 nach [[Innsbruck]]. Franz blieb dort zurück, Mutter Maria und Hildur wurden in einem Treck von 141 Häftlingen in die [[Dolomiten]] in [[Südtirol]] transportiert. |
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Am 30. April 1945 wurden sie dort durch den Offizier [[Wichard von Alvensleben (Offizier)|Wichard von Alvensleben]] aus der Gewalt der [[Schutzstaffel|SS]] in [[Niederdorf (Südtirol)|Niederdorf]] während der [[Befreiung der SS-Geiseln in Südtirol]] vor der Ermordung gerettet – nachdem dieser durch Oberst [[Bogislaw von Bonin]] alarmiert worden war, der sich ebenfalls in dieser Gruppe befand. Am 4. Mai 1945 wurde diese Gruppe von US-Truppen aus deutscher Hand übernommen und bis Ende Juni 1945 auf [[Capri]] untergebracht.<ref name="Richardi H H 2005">Hans-Günter Richardi, Caroline M. Heiss, Hans Heiss: ''SS-Geiseln in der Alpenfestung. Die Verschleppung prominenter KZ-Häftlinge aus Deutschland nach Südtirol.'' Edition Raetia, Bozen 2005, 312 S., ISBN 88-7283-229-2.</ref> |
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== Sonstiges == |
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Hammerstein-Equord war Ehrenritter der Brandenburgischen Provinzial-Genossenschaft des [[Johanniterorden]]s. |
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Am 7. Mai 2017 ordnete der [[Generalinspekteur der Bundeswehr]] [[Volker Wieker]] die Untersuchung aller Bundeswehrkasernen nach sogenannten [[Wehrmacht]]s-[[Devotionalien]] an.<ref>[http://www.badische-zeitung.de/bundeswehr-durchsucht-kasernen-nach-weiteren-wehrmachtsandenken#kommentare ''Bundeswehr durchsucht Kasernen nach weiteren Wehrmachtsandenken''.] [[badische-zeitung.de]], 7. Mai 2017</ref> Damit sollten die vorhandenen Bilder und Ausstellungsstücke auf ihre Übereinstimmung mit den gültigen Erlassen, insbesondere dem sogenannten [[Traditionserlass]] der Bundeswehr, überprüft, mögliche Verstöße festgestellt und Mängel beseitigt werden. In einem [[Offizierskasino]] wurde in der Folge ein Bild von Kurt von Hammerstein-Equord entfernt.<ref>{{Internetquelle |autor=Jan Fleischhauer |url=http://www.spiegel.de/politik/deutschland/ursula-von-der-leyen-und-die-bundeswehr-saeuberung-kolumne-a-1148774.html |titel=Perverse Sex-Nazis endlich verboten! |werk= [[Spiegel Online]] |abruf=2017-05-26}}</ref> Unklar blieb zu diesem Zeitpunkt allerdings, ob überhaupt ein Verstoß gegen die Erlasslage vorlag. |
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== Literatur == |
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* [[Hans Friedrich von Ehrenkrook]], [[Jürgen Thiedicke von Flotow]], Detlev Freiherr von Hammerstein-Retzow, Carola von Ehrenkrook geb. von Hagen: Genealogisches Handbuch der Freiherrlichen Häuser / A (Uradel) 1952, Band I, Band 4 der Gesamtreihe [[Genealogisches Handbuch des Adels|GHdA]], Hrsg. [[Deutscher Adelsrechtsausschuß|Ausschuss für adelsrechtliche Fragen der deutschen Adelsverbände]] in Gemeinschaft mit dem [[Deutsches Adelsarchiv|Deutschen Adelsarchiv]], C. A. Starke, Glücksburg/Ostsee 1952, S. 194–196. {{ISSN|0435-2408}} (Mit Portrait) |
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* [[Thilo Vogelsang]]: [https://www.deutsche-biographie.de/gnd123634202.html#ndbcontent Hammerstein-Equord, Kurt Gebhard Adolf Philipp Freiherr von.], in: Neue Deutsche Biographie ([[Neue Deutsche Biographie|NDB]]). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, [https://daten.digitale-sammlungen.de/0001/bsb00016325/images/index.html?seite=610 S. 596 f.] ISBN 3-428-00188-5. |
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* Reinhard von Plessen: ''Über das Widerstehen – Hammerstein – Eine Familie gegen den Nationalsozialismus.'' in: ''Information für die Truppe.'' 7 (Juli 1994), S. 40–47. |
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* [[Hans Magnus Enzensberger]]: ''Hammerstein oder Der Eigensinn. Eine deutsche Geschichte''. 3. Auflage, Suhrkamp Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-7632-5938-0. |
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* Harald Jähner: ''Annäherung an ein Gesicht. [[Hans Magnus Enzensberger]]s Buch über den eigensinnigen General Kurt von Hammerstein''. in: ''[[Berliner Zeitung]]'', Berliner Verlag, Berlin 11. Januar 2008. {{ISSN|0947-174X}} |
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* {{Literatur |Autor=Gottfried Paasche |Titel=Hammersteins Töchter. Eine Adelsfamilie zwischen Tradition und Widerstand |Verlag=[[Metropol Verlag]] |Ort=Berlin |Datum=2022 |ISBN=978-3-86331-650-1 |Sprache=de}} |
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== Weitere Literatur == |
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* Rainer Wohlfeil: ''Reichswehr und Politik 1918–1933.'' Deutsche Militärgeschichte VI, München 1983. |
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* [[Walter Görlitz]]: ''Geschichte des deutschen Generalstabs von 1650–1945.'' Bechtermünz, Augsburg 1997, ISBN 3-86047-918-0. |
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* [[Ralf Hoffrogge]]: ''Werner Scholem – Eine politische Biographie (1895–1940)''. UVK Verlag, Konstanz 2014, ISBN 978-3-86764-505-8. |
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== Weblinks == |
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* {{DNB-Portal|123634202|TEXT=Literatur über}} |
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* {{Pressemappe|FID=pe/007041}} |
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* {{LBMV PPN|350777454}} |
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* [http://www.suhrkamp.de/hammerstein/Hammerstein_Nachtraege.pdf Nachträge und Ergänzungen zu Hammerstein oder der Eigensinn] (PDF) |
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* [[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/kultur/article1402520/Der-rote-General-sollte-Hitler-aufhalten.html ''Der „rote General“ sollte Hitler aufhalten''.] [[Die Welt|Welt Online]], 27. November 2007 |
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* {{Deutsche Biographie |GND=123634202 |Name=Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von}} |
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* [https://invenio.bundesarchiv.de/invenio/direktlink/eeeb683d-7ba6-447c-8f74-a348e6754859/ Nachlass Bundesarchiv N 26] |
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== Einzelnachweise == |
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[[en:Kurt von Hammerstein-Equord]] |
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{{Personendaten |
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|NAME=Hammerstein-Equord, Kurt von |
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|ALTERNATIVNAMEN=Hammerstein-Equord, Kurt Gebhard Adolf Philipp Freiherr von |
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|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Generaloberst und Teil des militärischen Widerstandes gegen Adolf Hitler |
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|GEBURTSDATUM=26. September 1878 |
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|GEBURTSORT=[[Woldegk|Hinrichshagen]], Mecklenburg-Strelitz |
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|STERBEDATUM=24. April 1943 |
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|STERBEORT=[[Berlin]] |
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Aktuelle Version vom 12. Mai 2025, 18:43 Uhr


Kurt (Curt) Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Hammerstein-Equord (* 26. September 1878 in Hinrichshagen, Mecklenburg-Strelitz; † 24. April 1943 in Berlin) war ein deutscher Heeresoffizier (seit 1934 Generaloberst). Er war von 1930 bis 1933 Chef der Heeresleitung und gehörte zum militärischen Widerstand gegen Adolf Hitler.
Herkunft und militärische Laufbahn
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kaiserreich und Erster Weltkrieg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hammerstein-Equord entstammte der Adelsfamilie derer von Hammerstein, die bereits einige bekannte Offiziere hervorgebracht hatte.[1] Seine Eltern waren der Großherzoglich Mecklenburg-Strelitzische Oberförster Heino von Hammerstein und dessen Ehefrau Ida, geborene von Gustedt. Nach seiner schulischen Ausbildung trat Hammerstein-Equord 1888 mit zehn Jahren in das Kadettenkorps Plön ein und kam über die Hauptkadettenanstalt Lichterfelde (Eintritt 1893) zum preußischen 3. Garde-Regiment zu Fuß, wo er am 15. März 1898 zum Secondelieutenant befördert wurde.[2]
Auszeichnungen[3]
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In dieser Einheit diente zu dieser Zeit auch der spätere Reichskanzler Kurt von Schleicher (1882–1934). Die beiden Männer standen sich bald sehr freundschaftlich gegenüber. Von 1905 bis 1907 war Hammerstein in Kassel eingesetzt. Von 1907 bis 1910 besuchte er die Preußische Kriegsakademie und wurde 1911 in der Aufmarschabteilung des Großen Generalstabes eingesetzt. 1909 wurde er zum Oberleutnant befördert. 1913 diente er als Hauptmann im Generalstab.
Während des Ersten Weltkriegs diente er zuerst als Adjutant des Generalquartiermeisters und danach als Generalstabsoffizier in verschiedenen Truppenteilen (1915 Erster Generalstabsoffizier des VIII. Reserve-Korps, 1916 im Großen Generalstab, 1918 Ia im Generalstab der Generalkommandos). Dabei verfasste er 1914 die ersten Heeresberichte aus dem Großen Hauptquartier. Zwischenzeitlich führte er 1914 eine Kompanie in Flandern und wurde in dieser Funktion mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. 1917 wurde er zum Major befördert.
Weimarer Republik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Weimarer Republik wurde Hammerstein in die Reichswehr übernommen. 1919 diente er unter seinem Schwiegervater General Walther von Lüttwitz im Generalstab des Korps Lüttwitz. 1920 wurde er zum Oberstleutnant befördert. Im selben Jahr weigerte er sich, an dem von Lüttwitz unterstützten Kapp-Putsch teilzunehmen, und wechselte als Chef zum Stab des Gruppenkommandos II in Kassel. 1922 übernahm er eine Stelle als Bataillonskommandeur im Raum München. 1924 erfolgte seine Versetzung zum Stab des Wehrkreises III (Berlin). Nach einer kurzen Verwendung im Gruppenkommando I (1929) wurde er am 1. Oktober 1929 als Generalmajor zum Chef des Truppenamtes ernannt, der Nachfolgeorganisation des von den Alliierten im Versailler Vertrag verbotenen Großen Generalstabs. Dort löste er General Werner von Blomberg ab. Dieser war mit der Reichsregierung in Konflikt geraten, weil er die deutschen Chancen eines Zweifrontenkrieges mit Frankreich und Polen als günstig beurteilt hatte. Dagegen schätzten Reichswehrminister Wilhelm Groener und Reichskanzler Heinrich Brüning die Abneigung Hammersteins gegenüber politischem Extremismus und militärischen Risiken. Hammerstein erarbeitete im Truppenamt zunächst taktische Konzepte für die Reichswehr, die bei einem Angriff eine hinhaltende Verteidigung vorsahen, bis der Völkerbund eingreifen würde. 1930 entstand dagegen unter seiner Leitung der erste Mobilmachungsplan seit 1923, der eine Verdreifachung der sieben Infanteriedivisionen auf 21 vorsah. Als 1930 der Chef der Heeresleitung, Generaloberst Wilhelm Heye, auf Betreiben Schleichers aus dem Amt schied, setzte Schleicher (inzwischen Reichswehrminister) mit Unterstützung durch Brüning Hammerstein als Nachfolger durch. Am 1. November 1930 trat er den Posten unter gleichzeitiger Beförderung zum General der Infanterie an. Er erstellte dort ein Aufrüstungsprogramm der Reichswehr, das die Aufstellung von mindestens 42 Divisionen vorsah.
„Drittes Reich“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hammerstein sorgte dafür, dass die durch Hans von Seeckt 1921 und 1923 erlassene Heeresdienstvorschrift H.DV. 487 „Führung und Gefecht der verbundenen Waffen“ (FuG)[4] durch die Heeresdienstvorschrift H.Dv. 300/1 „Truppenführung“ (T.F. 1933, auch: „Beck-Vorschrift“) abgelöst wurde,[5] die seit 1931 federführend von General Ludwig Beck unter Mitarbeit von Oberst Carl-Heinrich von Stülpnagel erarbeitet worden war, indem er die T.F. 1933 am 17. Oktober 1933 mit einem „Eingangs-Erlaß“ versehen in Kraft setzte.[6]
Nach dieser Vorschrift wurde Widerstand im Fall der Unterlegenheit nur so lange verlangt, wie er als sinnvoll anzusehen war. Anders als bisher wurden hierzu nun in bestimmten Fällen das „hinhaltende Gefecht“ und der „Rückzug“ als prinzipiell mögliche Lösungen zugelassen. Neben das Halten trat somit das Ausweichen – konzeptionell der endgültige Durchbruch vom Stellungskrieg zum Bewegungskrieg. Ebenfalls im Oktober 1933 reichte Hammerstein bei Reichspräsident Paul von Hindenburg sein Abschiedsgesuch ein. Dieser teilte ihm am 23. Dezember 1933 mit, dass sein Abschied zum 31. Januar 1934, verbunden mit der abschließenden Ernennung zum Generaloberst und der „Berechtigung zum Tragen der Uniform des Generalstabs mit Generalsabzeichen“, bewilligt sei.
Im Rahmen der allgemeinen Mobilmachung zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Hammerstein reaktiviert. Zunächst war er etwa zwei Wochen in Breslau nahe der damaligen polnischen Grenze als Stellvertretender Befehlshaber des Wehrkreises VIII (Schlesien) stationiert. Anschließend war er ab dem 9. September 1939 zwei Wochen nahe der deutschen Westgrenze in Köln als Oberbefehlshaber der Armeeabteilung A eingesetzt. Zum Schluss wurde er für einige Tage erneut nach Breslau versetzt. Dort wurde er am 24. September 1939 ohne Kampfeinsatz auf persönliche Weisung Hitlers „wegen seiner negativen Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus“ endgültig in den Ruhestand versetzt.[1][7]
Politisches Denken und Handeln
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Berichte von Beteiligten und Zeitzeugen und andere Dokumente aus jener Zeit sind widersprüchlich. Dies ist einerseits der verworrenen damaligen Lage geschuldet, andererseits spiegelt dies die unterschiedliche Interessenlage der Autoren, aber auch das wechselhafte Abwägen und Handeln der Beteiligten wider.[8] Außerdem sind die widersprüchlichen Berichte aus jener Zeit unvermeidlich auch durch die unterschiedlichen Interessen und Voreinstellungen der Berichtenden geprägt.[9][10]
Weimarer Republik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schon anlässlich des nationalsozialistischen Putschversuches 1923 hatte Hammerstein, damals Bataillonskommandeur an der Münchner Infanterieschule, vor seinen Soldaten bemerkt: „In München ist ein Gefreiter Hitler verrückt geworden“, und einem seiner Leutnants auf die Bitte um Verhaltensmaßregeln telegrafiert: „Preußischen Vorgesetzten gehorchen!“[11] Es wäre allerdings falsch, daraus den Schluss zu ziehen, Hammerstein sei in seinen Vorstellungen vom Staat republikanisch gewesen. Zwar hatte er Vorbehalte gegenüber den Nationalsozialisten; wie die Mehrheit der Reichswehr befürwortete er aber eine konservative, gemäßigte Politik und machte dies auch wiederholt öffentlich.
So kam Hammerstein am 12. September 1931 auf Bitten Hitlers, des Vorsitzenden der damals erstarkenden NSDAP, zu einer Rede Hitlers und anschließender Diskussion ins Haus des Schriftführers der Vereinigung ehemaliger Offiziere des 3. Garderegiments zu Fuß, Major a. D. von Eberhardt. Hammerstein sagte abschließend: „Wir wollen’s langsamer. Sonst sind wir eigentlich einer Meinung.“[12]
Am 27. Februar 1932 schilderte Hammerstein während einer Kommandeur-Besprechung die allgemeine politische Einstellung innerhalb der Reichswehr, machte aber auch klar, wer nach seiner Auffassung für die chaotische politische Situation im damaligen Deutschland verantwortlich war:[13]
„Hugenberg hat Sache zum zweiten Mal sabotiert. Daraus der jetzige innerpolitische Trümmerhaufen. Verbrechen und Dummheit, in dieser außenpolitischen Lage Reichspräsidentenfrage so zu behandeln! Zu verurteilen Führer! Wir alle stehen der Gesinnung nach rechts, aber wir müssen uns klarmachen, durch wessen Schuld Trümmerhaufen entstanden. Das sind die Führer der Rechtsparteien.“
Hammerstein scheute sich auch nicht, Hitler 1932 ins Gesicht zu sagen, dass er unter bestimmten Umständen direkte Gewalt gegen ihn einsetzen würde: „Herr Hitler, wenn Sie legal zur Macht kommen, soll es mir recht sein. Im andern Fall würde ich schießen.“[14]
Hiermit übereinstimmend gab der damalige österreichische General Edmund Glaise-Horstenau an, 1937 habe ihm Hitler erzählt, Hammerstein habe ihm in seiner Zeit als Chef der Heeresleitung erklärt, „es täte ihm leid, wenn er auf die Nationalsozialisten schießen müßte; aber im äußersten Notfall würde er es tun“.[15]
Hitler wird in einem seiner Monologe am 21. Mai 1942 so zitiert: Einige Generäle wie Schleicher hätten sich in jeder Hinsicht querzulegen versucht. „Der engste Mitarbeiter Schleichers und Oberbefehlshaber des Heeres, General von Hammerstein, habe sich nicht einmal entblödet, bei ihm anzurufen und ihm mitzuteilen, daß die Reichswehr seine Kanzlerschaft unter keinen Umständen billigen könne.“[12]
Als die NSDAP in der Reichstagswahl im Juli 1932 die absolute Mehrheit verfehlte, Hitler aber eine Koalitionsregierung mit gemäßigt rechten Kräften ablehnte, sondern stattdessen erfolglos von Hindenburg für die NSDAP die „Führung einer Regierung und die Staatsführung in vollem Umfange“ verlangte, also ohne von Papen und Schleicher, stärkte das die Position der in der Reichswehr gegenüber den Nationalsozialisten kritisch eingestellten Offiziere, zu denen wie die meisten älteren auch Hammerstein gehörte. Hammerstein soll daher im August 1932 geäußert haben,[16]
„daß er erst jetzt wieder ruhig schlafen könne, da er jetzt wisse, daß er der Truppe eventuell wieder befehlen könne, auf die Nazis zu schießen. Bei der Armee herrsche jetzt […] eine außerordentliche Wut gegen die Nazis. Insofern habe die jetzige Regierungspolitik noch ihr Gutes gehabt.“
Diese Berichte machen klar, dass Hammerstein es sich bereits vor 1933 vorbehielt, ohne Auftrag durch den Reichspräsidenten und den Reichstag zur Gewalt zu greifen, um einem Verfassungsbruch durch andere (hier: Hitler) zu begegnen. Hammerstein stand damit im Einklang mit der bisherigen demokratisch nicht legitimierten Tradition und besonderen Rechtslage der Weimarer Reichswehr als einem Staat im Staate.
Auf Grund der großen Gewinne der Nationalsozialisten in den Wahlen auf Reichs- und Landesebene ab Mitte 1932 setzte sich allerdings allmählich die Überzeugung durch, dass es zu schweren Unruhen bis hin zum Bürgerkrieg kommen könne, wenn diese politische Richtung von der Reichsregierung ausgeschlossen würde:
Die Reichstagswahl von November 1932 machte zwar die NSDAP zum zweiten Mal in Folge zur stärksten Fraktion, aber nun hatten die rechten Parteien nicht mehr die Mehrheit, sondern die extrem rechten und linken, für die eine Koalition nicht in Frage kam. In ganz Deutschland nahmen die Auseinandersetzungen zwischen Rechts und Links auf der Straße und in den Parlamenten an Heftigkeit zu. Während sich SPD und KPD als Vertreter der Linken auch gegenseitig bekämpften, stellten die Nationalsozialisten eine vergleichsweise geschlossene Macht dar. So gewann die Vorstellung, einen Bürgerkrieg dadurch abzuwenden, dass die Nationalsozialisten unter der Aufsicht anderer Parteien in eine Koalitionsregierung eingebunden und so „gezähmt“ werden könnten, beim Reichspräsidenten, den gemäßigt rechten Parteien und in der Reichswehr immer mehr an Zustimmung.
Sofern daher Hammerstein, Schleicher und andere in der nächsten Zeit einräumten, dass eine Kanzlerschaft Hitlers vielleicht nicht zu vermeiden sei, so erklärten sie, dies sei „das geringere Übel“, und sie versuchten, die Gefahren dieser Lösung als beherrschbar darzustellen. Als beispielsweise der Chef des Heerespersonalamtes von dem Bussche in einem Gespräch mit seinem Vorgesetzten Schleicher seine Sorgen wegen einer möglichen Regierung Hitler äußerte, soll Schleicher zunächst dem Sinne nach entgegnet haben: „Da können Sie ganz ruhig sein; das duldet die Wehrmacht nicht“, dann aber Hammerstein hinzugebeten haben. Dieser habe bekräftigt:[17]
„Sie können völlig sicher sein. Die Reichswehr und ich selber werden uns nie von einem Narren befehlen lassen. Wenn er kommt und darauf besteht, uns Befehle zu geben, werden wir ihn festnehmen lassen.“
Allerdings kamen in der nächsten Zeit Regierungen, in denen die Nationalsozialisten als Juniorpartner durch gemäßigte Parteien hätten kontrolliert werden können, schon deswegen nicht zustande, weil stets zumindest einer der Beteiligten sich verweigerte:
So hatte Hitler bis November 1932 zwei Mal gegenüber Hindenburg den Eintritt in eine nicht von ihm geführte Koalitionsregierung abgelehnt.[8] Am 1. Dezember 1932 unterbreitete Schleicher über den Leiter der Wehrmachtsabteilung im Reichswehrministerium, Eugen Ott, Hitler ein weiteres solches Angebot, in diesem Fall, als Vizekanzler in ein etwaiges Kabinett Schleicher einzutreten. Hitler lehnte ab. Franz von Papen, Gegenspieler Schleichers und sein Amtsvorgänger als Reichskanzler, versuchte Ende 1932, Hindenburg dazu zu bewegen, eine von ihm geführte Regierung Papen-Hitler zu ernennen. Dieses Mal lehnte Hindenburg ab.
Unbestritten kam es in der Zeit zwischen dem 26. und 27. Januar 1933 auch zwischen Hammerstein und Hindenburg zum Gespräch über eine Kanzlerschaft Hitlers. Von verschiedenen Autoren werden hierfür aber unterschiedliche Zeitpunkte, Teilnehmer und Inhalte geltend gemacht. Zur Erklärung für die Unstimmigkeiten nimmt eine Autorin nach detaillierter Darstellung der gesicherten Fakten und umstrittenen Berichte an, dass es in Wahrheit in dieser Zeit zwei Vorsprachen Hammersteins in unterschiedlicher Begleitung bei Hindenburg gegeben habe.[18]
Hammerstein machte zwar in seinen Notizen geltend, er habe Hindenburg gebeten, Hitler nicht zum Kanzler zu ernennen, und der Reichspräsident habe ihn mit der Bestätigung entlassen, er „dächte gar nicht daran, den österreichischen Gefreiten zum Wehrminister oder Reichskanzler zu machen“. Der Abgleich der bekannten Fakten und Berichte lässt die Autorin aber zu einem anderen Schluss kommen: Hammerstein könnte bei einem (möglicherweise ersten) Gespräch mit Hindenburg am 26. Januar 1933 der Meinung gewesen sein, Hitler solle wegen der ansonsten bestehenden Gefahr eines Bürgerkriegs Kanzler werden, so wie er dies zwei Tage später, am 28. Januar 1933, nach den Tagebuchaufzeichnungen seines Vertrauten Ferdinand von Bredow diesem kundtat. Das möglicherweise zweite Treffen Hammersteins mit Hindenburg wäre dann in Begleitung durch von dem Bussche am 27. Januar 1933 erfolgt. Letzterer soll dabei gegen Hammerstein (erneut) für eine Kanzlerschaft Hitlers plädiert haben.
Andere glaubten, die instabile politische Lage sei nur durch eine Präsidialdiktatur zu beruhigen – erlangt auf politischem Wege oder durch einen Staatsstreich, insbesondere einen Militärputsch. So wurde Anfang 1933 vermutet: „Walter von Reichenau erwägt Putschpläne, weil er fürchtet, Hindenburg würde Hitler nicht berufen.“[19]
Es gibt widersprüchliche und mehrdeutige zeitgenössische Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt Hammerstein den Eintritt Hitlers in eine Reichsregierung ablehnte oder – sofern auf legalem Weg – befürwortete. Einige Autoren stellen dar, dass seine Auffassung zu einer Kanzlerschaft Hitlers stets ablehnend, andere, dass sie stets befürwortend gewesen sei. Aus widersprüchlichen Angaben schließen einige, dass nur eine der Darstellungen „richtig“ sein könne.[20]
Dagegen kommen besonders Autoren, die widersprüchliche Quellen zitieren und dann quellenkritisch argumentieren, zu dem Schluss, dass Hammerstein ähnlich wie etwa Schleicher in dieser Frage hin- und hergerissen war und so zu verschiedenen Zeiten auch bei Hammerstein gegensätzliche Auffassungen, Äußerungen und Handlungen wenn nicht zu belegen, so doch als wahrscheinlich anzunehmen sind. Sie halten es auch für plausibel, dass im Laufe einer Besprechung einige Teilnehmer unter dem Eindruck der Argumente und Machtverhältnisse ihre Meinung änderten.[18][21]
Hinsichtlich der Einstellung Hammersteins zu einem Kanzler Hitler ist das eine Extrem, Schleicher (also nicht nur Hammerstein und andere) habe am Vormittag des 29. Januar 1933 im Büro Hammersteins im Bendlerblock in Zusammenarbeit mit Hammerstein beabsichtigt, Adolf Hitler, Paul von Hindenburg, dessen Sohn sowie Paul von Hindenburgs Vertrauten und Leiter des Büros des Reichspräsidenten Otto Meissner mit der Begründung des Verfassungsbruchs festzunehmen.[22]
Andere berichten, in der Besprechung vom 29. Januar 1933 mit Hammerstein, Reichswehrminister Schleicher, dem Chef des Ministeramts der Reichswehr Ferdinand von Bredow, Eugen Ott, dem Staatssekretär im Reichswehrministerium Erwin Planck und von dem Bussche sei es Hammerstein gewesen, der zunächst gefordert habe, Hindenburg für unzurechnungsfähig zu erklären und auf Grund dieser Präsidialkrise den Ausnahmezustand auszurufen, Hitler zu verhaften und die Potsdamer Garnison in Alarm zu versetzen. Schleicher dagegen habe eingewandt, dass durch ein solches Vorgehen reichsweite Unruhen bis hin zum Bürgerkrieg ausgelöst werden könnten, und den Plan abgelehnt. Da sei Hitler als neuer Kanzler im Vergleich zu einem Bürgerkrieg das kleinere Übel. Hammerstein habe sich dieser Ansicht schließlich angeschlossen und seinen Vorschlag zurückgezogen. Sicher ist, dass Schleicher nach dieser Unterredung den Reichspräsidenten Hindenburg aufsuchte, den Rücktritt seiner Regierung erklärte und die Ernennung Hitlers zum Kanzler empfahl.[1][18][20]
Nach den Notizen von Henry Picker machte Hitler zu dieser Besprechung am Vortag seines Regierungsantritts in einem seiner Monologe am 21. Mai 1942 sehr konkrete Angaben: „Am späten Nachmittag des 29. Januar 1933 sei man durch die Nachricht von einem geradezu tollen Vorhaben der Schleicherclique überrascht worden: General von Hammerstein hatte die Potsdamer Garnison alarmiert und mit Schießbefehl versehen. Außerdem beabsichtigte man, Reichspräsident Hindenburg nach Ostpreußen abzuschieben und dadurch sein Einschreiten gegen die Vereitlung der Machtübernahme der NSDAP durch Mobilmachung der Reichswehr zu verhindern.“ Und damit übereinstimmend gab Hermann Göring vor dem Nürnberger Gerichtshof an: „Es drohte damals, was wenig bekannt war, ein Putsch seitens Schleicher–Hammerstein mit der Potsdamer Garnison.“[23] Allerdings können Aussagen weder von Hitler noch von Göring als stets zuverlässige historische Quelle gelten. So wenden andere gegen die Annahme von Putsch-Vorbereitungen Ende Januar 1933 ein, es gebe weder im Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg noch beim Militärgeschichtlichen Forschungsamt Potsdam irgendwelche Erkenntnisse über eine Alarmierung des in Potsdam stationierten Infanterieregiments oder der dortigen Kavallerieschwadron. Irgendwelche Befehle oder Erinnerungen hätten erhalten sein müssen, wenn entsprechende Befehle ergangen wären.[20]
Andere Autoren heben die damalige Schlüsselfunktion Hammersteins hervor und räumen ein, ein Putsch durch Hammerstein hätte eine Kanzlerschaft Hitlers zwar tatsächlich verhindern können. Sie stimmen der damaligen Auffassung aber zu, dass dadurch ein Bürgerkrieg ausgelöst worden wäre: „Der einzige Mann mit einer politischen Alternative am 30. Januar war von Hammerstein. Es war die Alternative Hitler oder Bürgerkrieg.“[19]
Sicher ist, dass diese Sorge vor einem Bürgerkrieg bei Hammerstein und anderen in den Wochen vor dem 30. Januar 1933 allmählich die Oberhand über die Sorge vor einer Kanzlerschaft Hitlers gewann. So resümierte Hammerstein in seinen 1935 verfassten Notizen:[20][24]
„Wir waren uns einig, daß nur Hitler als zukünftiger Reichskanzler möglich sei. Jede andere Wahl müsse zum Generalstreik, wenn nicht zum Bürgerkrieg führen und damit zu einem äußerst unerwünschten Einsatz der Armee im Inneren gegen zwei Seiten, gegen die Nationalsozialisten und die Linke.“
Und auch der spätere Reichsfinanzminister Schwerin von Krosigk sah in seinem Tagebuch voraus, dass ein „Kabinett Papen ohne Nazis […] in kürzester Frist zum Generalstreik führen werde“.
Als Konsequenz aus der Besprechung vom Vormittag bat Hammerstein im Einvernehmen mit Schleicher Hitler um ein Gespräch. Dieses fand wenige Stunden später am frühen Nachmittag des 29. Januar 1933 im Hause des beiden Seiten bekannten Klavierfabrikanten Edwin Bechstein statt. Hitler sicherte Hammerstein wahrheitswidrig zu, an Schleicher als Wehrminister festhalten zu wollen, Hammerstein notierte: „Ich habe ihm meine Sorgen erklärt und gefragt, ob er glaube, dass mit ihm über die Regierungsübernahme ernsthaft oder nur zum Schein verhandelt würde. Wenn letzteres der Fall sei, so wollte ich, um schweres Unglück für das Vaterland zu verhindern, versuchen, die Dinge zu beeinflussen.“[1][23]
Hammerstein hatte offenkundig am Vorabend von Hitlers Regierungsantritt die politische Lage nicht mehr für sonderlich brisant gehalten, insbesondere keinen Militärputsch mehr geplant: Gleich nach dem Gespräch mit Hitler besuchte er ein Reitturnier und dann zwischen 9 und 10 Uhr abends Schleicher.[25]
Wenige Stunden vor Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ernannte Hindenburg General von Blomberg als Nachfolger Schleichers zum Reichswehrminister. Dies war verfassungswidrig, da ein Reichspräsident nur auf Vorschlag des Reichskanzlers einen Minister ernennen konnte. Blomberg erhielt somit als Reichswehrminister die politische Befehlsgewalt über Hammerstein.
„Drittes Reich“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kaltstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am Tag nach der Machtergreifung erklärte Hammerstein: „Wir haben einen Kopfsprung in den Faschismus gemacht“, „98 Prozent des deutschen Volkes sind eben besoffen“.[1]
Zwar war Hitler am 30. Januar 1933 legal zur Macht gekommen, wie Hammerstein dies seit 1932 zur Bedingung einer Tolerierung durch die Reichswehr gemacht hatte. Mit der Reichstagsbrandverordnung und dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 schaffte dann die NSDAP demokratische Grundrechte zu Gunsten des Führerprinzips ab; Hitler setzte neben legalen zunehmend auch illegale Mittel ein, um einen totalitären Staat einzurichten, in dem auch die Reichswehr sich dem Regime zu unterwerfen hatte.
Die Reichswehr war schon vor der Machtergreifung nicht mehr der monolithische Block wie einst unter Seeckt. Zwar stand die Führung den Nationalsozialisten weitgehend ablehnend gegenüber (und neigte vereinzelt sogar wie etwa Fritsch zu monarchistischen Zielen), sie hatte aber das Offizierskorps nicht mehr geschlossen hinter sich, da sich vor allem jüngere Offiziere zunächst für nationalsozialistische Ziele begeistern ließen, so etwa Claus von Stauffenberg und Henning von Tresckow, die später ihr Leben für den Widerstand einsetzten.[26]
Hammerstein als Repräsentant der eher ablehnenden Spitze der Reichswehr wurde seit der Machtergreifung Schritt für Schritt von seinen bisherigen Funktionen abgeschnitten. Eine der Voraussetzungen hierfür hatte Hitler schon vor seiner Ernennung zum Kanzler durch den Austausch des Reichswehrministers Schleicher durch Blomberg geschaffen.[27] Das Verhältnis der beiden Generäle war schon durch die Vorgeschichte von 1929 belastet. Blomberg erwies sich zudem im Gegensatz zu Hammerstein als offen gegenüber dem Bestreben Hitlers, die Reichswehr entgegen ihrer bisherigen Tradition unter strikte politische Kontrolle zu bringen, und ließ die Truppe systematisch mit NS-Propaganda indoktrinieren.
Hammerstein lud Hitler für den 3. Februar 1933 zu einem Abendessen in seiner Privatwohnung ein, das wahrscheinlich anlässlich des 60. Geburtstages von Reichsaußenminister Konstantin von Neurath stattfand[28] und zu dem auch die höheren Generäle eingeladen waren, die sich wegen einer Befehlshaberbesprechung am selben Tag in Berlin aufhielten. Während der Befehlshaberbesprechung am Vormittag im Reichswehrministerium im Bendlerblock hatte der mit dem Kabinett Hitler neu ernannte Reichswehrminister Werner von Blomberg sich selbst und seine Anschauungen vorgestellt.[29] Dabei hatte er die Kontinuität zur Politik seines Amtsvorgängers (und kurzzeitigen Reichskanzlers) Kurt von Schleicher betont, die er fortzuführen gedenke. Er gab an, die Reichswehr als überparteiliches Machtmittel zu erhalten. Gleichzeitig sollte sie auf die „Wehrhaftmachung“ des Volkes drängen, und schließlich zu einem machtvollen Instrument der Sicherheitspolitik gemacht werden.[30]
Beim Abendessen in der Wohnung Hammersteins versuchte Hitler dann, die Generalität für sich zu gewinnen. Die über diese Veranstaltung bekannt gewordenen stenografischen Protokolle und Berichte weichen deutlich voneinander ab, selbst die Angaben über die Gäste widersprechen einander.[1] Unstrittig ist, dass Hammerstein seinen Gast recht kühl als „den Herrn Reichskanzler Hitler“ vorstellte und Hitler dann in einer zweieinhalbstündigen Rede seine außen-, militär-, innen- und wirtschaftspolitischen Pläne darstellte. Es sei der „Aufbau der Wehrmacht wichtigste Voraussetzung“ für die „Wiedergewinnung der politischen Macht“, also der Wiederherstellung der Souveränität durch Wegfall des Versailler Vertrags. Danach gelte es, „neuen Lebensraum im Osten“ zu erobern und diesen „rücksichtslos zu germanisieren“ und dies „äußerstenfalls auch durch offensiv geführte Kriege durchzusetzen“.[31][32] Umstritten ist, welche Resonanz Hitlers Rede damals bei den Zuhörern fand. Zeitgenössische Schilderungen sprechen eher von Zustimmung, solche nach 1945 von Zurückhaltung. Nach den Erinnerungen Curt Liebmanns nahmen die Generäle den neuen Reichskanzler nicht allzu ernst: In Anlehnung an eine Zeile von Friedrich Schiller habe einer der Anwesenden Hitlers Ansprache nach dessen Abreise nach München mit „Stets war die Rede kecker als die Tat“[33] kommentiert. Hitler selbst äußerte später, er habe damals das Gefühl gehabt, gegen eine Wand zu reden.[34]
Ende April 1933 ernannte Hitler Blomberg zusätzlich zum Oberbefehlshaber der Reichswehr. Damit wurde Blomberg auch militärischer Vorgesetzter Hammersteins, hatte also neben der politischen „Befehls-“ nun auch militärische „Kommandogewalt“ über ihn. Hammerstein zeigte gleichwohl „Eigensinn“ und äußerte sich weiterhin auch in der Öffentlichkeit kritisch zu den neuen Machthabern. So berichtet sein Schwager General Smilo von Lüttwitz, Hammerstein habe „seine Ablehnung der NS-Bewegung […] schon immer sehr klar zum Ausdruck gebracht“; nach den Herbstmanövern von 1933 habe er im Beisein auch vor ihm nicht nahestehenden Persönlichkeiten und ausländischen Offizieren wiederholt „von der Verbrecherbande und den Schweinigels“ gesprochen. Der letztgenannte Begriff spielte auf die Berichte über homosexuelle Praktiken in der SA an.[11][35]
Hammersteins Einfluss auf die Reichswehr nahm schon wegen seiner neuen Vorgesetzten nun stetig ab. Einige Autoren werfen ihm vor, das habe zumindest auch an Bequemlichkeit und mangelndem Interesse an organisatorischer Tätigkeit gelegen, so Schwerin von Krosigk: „Hammerstein ließ die Zügel allzusehr schleifen und schwächte dadurch die Stellung des Chefs der Heeresleitung gegenüber dem neuen Reichswehrminister Blomberg.“[36] General Hermann Foertsch kritisierte: Hammerstein habe seinen Abschied eingereicht zum einen wegen „politische(r) Gründe, Gegner der Nationalsozialisten aus einer richtigen Erkenntnis der Maßlosigkeit der Bewegung. Dann kam dazu, daß Hammerstein ein Mann war, der jede normale Arbeit scheute. Er war genial, klug, lässig auch in äußerer Erscheinung, sehr kritisch, leicht pessimistisch (stinkfaul), so daß die sich anbahnenden Aufgaben hinsichtlich des Heeres eine andere Persönlichkeit erforderten.“[1]
Im Oktober 1933 reichte Hammerstein sein Abschiedsgesuch bei Hindenburg ein. Blomberg verhängte nach dem Ausscheiden Hammersteins zum 31. Januar 1934 einen gesellschaftlichen Boykott über ihn: Den Abteilungschefs des Reichswehrministeriums wurde klargemacht, dass sie mit beruflichen Nachteilen zu rechnen hatten, falls bekannt würde, dass sie ihn besuchten.[37]
Röhm-Putsch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ab dem 30. Juni 1934 setzte Hitler unter dem Vorwand eines drohenden Putsches durch SA-Chef Röhm mit einer groß angelegten Verhaftungs- und Mordaktion die Einschüchterung und Beseitigung vermuteter und bekannter Gegner fort. Die Aktion stieß innerhalb der Reichswehr insoweit auf Zustimmung, als damit die zahlenmäßig inzwischen deutlich größere SA als Konkurrent ausgeschaltet, die Reichswehr also wieder zum alleinigen „Waffenträger der Nation“ wurde, und sie war insoweit nicht nur mit General Reichenau und anderen Teilen der Reichswehr abgesprochen, sondern teilweise erfolgten Festnahmen und Morde auch durch die Reichswehr, in Abstimmung mit ihr oder zumindest mit ihrer Ausrüstung.
Einige prominente Gegner wie Hammerstein und Papen waren von dieser Gewaltaktion nicht betroffen, was von einigen Autoren darauf zurückgeführt wird, dass Hindenburg dies verlangt habe. Nach einem Bericht kommunistischer Agenten dagegen sei Hammerstein „in diesen Tagen Mittelpunkt der Berliner Offizierskreise gewesen; Kameraden aus dem Ministerium hätten ihn beschützt, da man jeden Augenblick seine Verhaftung befürchtet habe“.[1]
Allerdings gehörten zu den Ermordeten die Generäle Schleicher und Bredow. Das führte in der Reichswehr zu einigen – insgesamt folgenlosen – Versuchen einer Aufklärung und rechtlichen Ahndung, auch wenn die Taten durch ein von Hitler am 3. Juli 1934 verfassungswidrig erlassenes „Staatsnotwehrgesetz“ rückwirkend straffrei gestellt worden waren und Reichswehrminister Blomberg Hitler zum erfolgreichen Abschluss der Aktion beglückwünscht hatte.
General von Witzleben aber verlangte zusammen mit den Generälen von Leeb und von Rundstedt bei General Fritsch, nunmehr Chef der Heeresleitung, eine kriegsgerichtliche Untersuchung der Ermordung Schleichers und Bredows.[38] Zu denen, die Protest gegen die Ermordung ihrer Kameraden einlegten, gehörte auch Major Hans Oster.[39]
Hammerstein und Generalfeldmarschall August von Mackensen versuchten wegen der Massaker zunächst Hindenburg persönlich zu erreichen. Als ihnen dies nicht gelang, sandten sie ihm eine Denkschrift, die ihm nach einem Bericht am 18. Juli 1934 in einem blauen Aktendeckel übergeben worden sein soll und daher auch „Blaubuch“ genannt wurde,[40] ihn nach anderen Quellen aber bis zu seinem Tod am 2. August 1934 nicht mehr erreichte.[41]
Jedenfalls wurde der wenige Seiten umfassende Text nach dem Tode Hindenburgs vervielfältigt und an alle höheren Offiziere verteilt. Die Abschnitte tragen die Überschriften „Beklagenswerte Spaltung“, „England kein Verbündeter Deutschlands“, „Polen – ein zweites Oesterreich-Ungarn“, „Frankreich und die Sowjetunion“ und vor allem: „Ein Direktorium zur Kriegsvorbereitung“. Die Autoren empfahlen darin, die Regierung Hitler durch ein von Hindenburg geführtes Direktorium zu ersetzen, in dem Hammerstein als Reichswehrminister vorgesehen war. Schon angesichts der weithin bekannten Hinfälligkeit des hochbetagten Hindenburg war dieser Vorschlag allerdings wenig zukunftsträchtig.[1] Einige Monate später tauchte die Denkschrift in der Öffentlichkeit auf, dieses Mal allerdings illegal herausgegeben von der Exil-KPD unter dem Tarntitel „Englische Grammatik“ mit der fiktiven Verlagsangabe Leipzig. Diese Ausgabe entsprach weitgehend einem „Braunbuch“, das zuvor in Paris durch Willi Münzenberg veröffentlicht worden war. 1935 wurde das Blaubuch dann als Teil eines „Weißbuches“ in Moskau erneut veröffentlicht.[42]
Parallel zu dieser schriftlichen Eingabe an Hindenburg bedrängten Hammerstein und Mackensen die Generäle Blomberg sowie Fritsch, sich für die postume Rehabilitierung ihrer zu Unrecht beschuldigten Kameraden einzusetzen.
Am 13. Juli 1934 versuchte Hitler in einer Reichstagsrede, die Gewaltaktionen zu rechtfertigen. Die Rede wurde im Rundfunk übertragen, um auch aus der breiten Bevölkerung kommenden Fragen zu entgegnen. Hitler beschuldigte namentlich Schleicher und Bredow der subversiven Zusammenarbeit mit Röhm und der Verschwörung mit dem Ausland zum Zwecke eines „national-bolschewistischen Umsturzes“. Daraufhin wurden Wehrkreiskommandeure und Befehlshaber bei Blomberg vorstellig und beschwerten sich, dass Blomberg nichts gegen diese Diffamierung unternehme. Blomberg verteidigte die Behauptung Hitlers und versprach eine Dokumentation. Offenbar war aber die Empörung innerhalb der Reichswehr so deutlich, dass Hitler schließlich nachgab: In einer geschlossenen Versammlung der Spitzen von Regierung, Partei und Reichswehr zu einem anderen Thema gab er am Ende seiner Rede bekannt, „Untersuchungen“ hätten ergeben, dass die Generäle von Schleicher und von Bredow „irrtümlich“ erschossen worden seien. Um dem Andenken der beiden unschuldig Erschossenen Genugtuung zu geben, sollten sie auf die Ehrentafeln ihrer Regimenter gesetzt werden. Allerdings durfte diese Erklärung nicht veröffentlicht werden und kein Offizier an den Beisetzungen teilnehmen – woran Hammerstein sich nicht hielt: Als einziger General ging er zu Schleichers Beerdigung.[7]
Unmittelbar nach dem Tod Hindenburgs am 2. August 1934 ließ Reichenau den Fahneneid der Wehrmacht zu einem Führereid abändern, den Rekruten ab sofort auf „Adolf Hitler, Oberbefehlshaber der Wehrmacht“ zu leisten hatten.
Hammerstein, der der Reserve der Streitkräfte angehörte, stellte zunächst für das Regime keine akute Gefahr mehr dar, zumal er nach Möglichkeit weiter isoliert wurde und sich in der Öffentlichkeit politisch zurückhielt. Er blieb aber schon wegen der Aktivitäten seiner Kinder und wegen seiner privaten Kontakte mit nicht linientreuen Personen im Blick der staatlichen Überwachung. So war die Gestapo auf der Suche nach der undichten Stelle, durch welche die Rede Hitlers vom 3. Februar 1933 vor der Spitze der Reichswehr innerhalb weniger Tage nach Moskau gelangen konnte, über Werner Scholem auf dessen Bekannte gestoßen, Hammersteins Tochter Marie Luise, die daraufhin im August 1935 verhört wurde. Die Sache hatte damit aber ihr Bewenden.[43]
Die Vorladung seiner Tochter durch die Gestapo mag für Hammerstein eine Warnung gewesen sein, dass seine persönliche Sicherheit und die Unverletzlichkeit seiner Wohnung inzwischen weniger sicher waren als noch vor dem Tode Hindenburgs. Jedenfalls ließ er 1935 seine Aufzeichnungen nach Großbritannien in einen Tresor bringen. Nach dem Krieg nahm sein Sohn Kunrat sie in Besitz und wertete sie aus.[25][44]
1938: September-Verschwörung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als durch Hitlers außenpolitische Forderungen im September 1938 im Rahmen der Sudetenkrise ein Krieg drohte, wurde Hammerstein in Pläne aus dem Oberkommando der Wehrmacht im Bendlerblock einbezogen, die federführend von General Oster mit Unterstützung durch General Adam, Witzleben, Halder und (im Ruhestand) Beck entwickelt wurden. Ein etwaiger Krieg sollte durch einen Putsch gegen Hitler beendet und Hammerstein hierfür als Oberbefehlshaber des Armeekommandos 4 reaktiviert werden. Dieser „September-Verschwörung“ wurde jedoch durch das Münchner Abkommen die Grundlage entzogen.[1] Hammerstein sagte aber nach Erinnerungen Brünings im Frühjahr 1939 seine weitere Unterstützung zu: „Gebt mir nur eine Truppe, dann wird’s an mir nicht fehlen.“[45] Als im Mai 1939 Groener verstarb, erschien Hammerstein, wie 1934 bei Schleichers Beerdigung, trotz entsprechenden Verbots in voller Uniform zur Beisetzung seines früheren Vorgesetzten.
1939: Westwall-Verschwörung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach seiner Reaktivierung war Hammerstein seit dem 9. September 1939 Oberbefehlshaber der Armeeabteilung A an der Westgrenze. Einige zeitgenössische Berichte schildern, von dort aus habe er Hitler mehrfach empfohlen, seiner im Westen stehenden Armee einen Besuch abzustatten – vorgeblich, um ihm die Stärke der Westfront zu demonstrieren, in Wahrheit, um ihn festzunehmen.[12][46][47][48] Vertrauten Oppositionellen wie Beck kündigte Hammerstein sogar an, wenn Hitler seine Einheit besuche, werde es zu einem „tödlichen Zwischenfall“ kommen, er werde Hitler „ein für alle Mal unschädlich machen“.[49][50] Hitler allerdings folgte den Einladungen Hammersteins nicht, er suchte den Westwall während des Überfalls auf Polen nie auf. Im September 1939 wurde Hammerstein nach Schlesien und am 24. September 1939 dauerhaft in den Ruhestand versetzt.
1939: Verschwörung von Zossen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Um diese Zeit allerdings kam es zur „Verschwörung von Zossen“, an der Hammerstein ebenfalls beteiligt war: Am 27. September 1939 hatte Hitler der Spitze der Wehrmacht seinen Entschluss bekanntgegeben, unverzüglich nach Ende des Überfalls auf Polen die Westmächte anzugreifen. Daraufhin waren der Oberbefehlshaber des Heeres von Brauchitsch, sein Stabschef Halder, Admiral Wilhelm Canaris, die Generäle Thomas, von Leeb, von Reichenau, Oberst Groscurth und andere Offiziere sowie Reservisten wie Hammerstein und Beck und Zivilisten wie von Dohnanyi, Gisevius, von Hassell und Goerdeler zunächst entschlossen, den deutschen Angriff auf Frankreich zu verhindern, weil ihnen eine militärische Niederlage Deutschlands als sicher erschien. Die Pläne umfassten, das Ausland zu warnen und durch Reaktion der ausländischen Kräfte den deutschen Angriff zu verhindern, aber auch, Hitler festzunehmen. Der Angriff auf Frankreich wurde allerdings mehrfach verschoben, was den deutschen Kräften Zeit für eine bessere Vorbereitung gab. Der Pessimismus der höheren Generäle wich allmählich wachsender Zuversicht; im Februar 1940 wurden die Pläne aufgegeben.[47][51]
Der rote General und seine Kontakte zum deutschen Widerstand
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während der Weimarer Republik hatte die Reichswehr umfangreiche, wenngleich gegenüber den Vertragsstaaten der Versailler Verträge nach Möglichkeit getarnte Kontakte u. a. mit der Geheimen Fliegerschule und Erprobungsstätte der Reichswehr sowie der Panzerschule Kama zur Sowjetarmee. Hammerstein kannte aus dieser Zeit zahlreiche hohe Offiziere der Sowjetarmee wie Tuchatschewski und Woroschilow und pflegte zu manchen von ihnen auch persönliche Kontakte. Dass Hammerstein bereits in der Weimarer Republik gelegentlich als „der rote General“ bezeichnet wurde, soll auf diesen Kontakten zur Sowjetarmee beruhen. Andere Autoren machen hierfür auch geltend, dass Hammerstein aus damaliger Sicht „gemäßigte soziale“ Ansichten und persönliche Beziehungen zu einigen Gewerkschaftsvertretern hatte.
Dass Hammerstein Töchter hatte, deren linke Ideen und Kontakte er offenkundig nicht unterband, blieb damals nicht unbekannt. Zu seinem Glück unentdeckt blieb dagegen eine private Bekanntschaft: In der Zeit von 1930 bis 1937 gehörte die Österreicherin Ruth von Mayenburg zu seinen engen Freunden. Selbst als sie sich in Deutschland nur noch mit falschen Papieren aufhalten konnte, war sie wiederholt Gast in seinem Haus, so zu seinem Geburtstag 1936. Mit ihr, die unter dem Decknamen Lena und Ruth Wieden als Kurierin und Agentin der Komintern und der Spionage der Sowjetarmee arbeitete, führte Hammerstein zahlreiche Gespräche, und über sie tauschte er konspirativ Nachrichten etwa mit dem damaligen Verteidigungsminister Woroschilow aus.[52][53]
Außerdem hatte Hammerstein nach seinem Abschied immer wieder Mitglieder des zivilen und militärischen Widerstands zu Besuch in seinem Haus, von denen viele dem rechtskonservativen bis monarchischen Spektrum zuzuordnen waren. Zu den bekanntesten Gesprächspartnern gehörten Beck, Canaris, Geßler, Goerdeler, von Halem, Martin Niemöller, Pechel und Witzleben. Die nationalsozialistischen Behörden erfuhren hiervon. So räumte Pechel nach seiner Verhaftung am 8. April 1942 während der Vernehmung im Reichssicherheitshauptamt ein, er habe Ende 1941 von Hammerstein den Auftrag erhalten, General von Witzleben aufzusuchen.[54] Hammerstein versuchte offenbar, diesen Besuchen eine unverfängliche Begründung zu geben. So erfolgte der erste Besuch Goerdelers im Januar 1942 unter dem Vorwand, Hammerstein wolle sich von ihm in wirtschaftlicher Hinsicht beraten lassen.[55] Das volle Ausmaß der Kontakte Hammersteins wurde den Behörden vermutlich erst nach dessen Tod klar: So gab Werner von Alvensleben nach einem Bericht des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD Ernst Kaltenbrunner vom 29. Juli 1944 an Reichsleiter Martin Bormann bei seiner Vernehmung preis, er wisse von einem Herrenabend, der im Februar 1942 bei Hammerstein stattgefunden habe, an dem Beck, Goerdeler, Geßler und Pechel teilgenommen hätten.
Menschenbild und Führungsstil
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von den meisten Zeitgenossen wurde Hammerstein als kluger und begabter Generalstäbler beschrieben, der aber im beruflichen Umgang skeptisch, spöttisch, kühl und überlegen wirkte. Er machte keinen Hehl daraus, dass ihn das Militärisch-Handwerkliche wenig interessierte, weil er dessen Beherrschung als gegeben voraussetzte. Dementsprechend schrieb der nachmalige Generalfeldmarschall Erich von Manstein ihm den Spruch zu: „Gefechtsregeln sind für die Dummen“.[56]
Zur Unterscheidung und Eignung von Offizieren meinte Hammerstein:[57]
„Ich unterscheide vier Arten. Es gibt kluge, fleißige, dumme und faule Offiziere. Meist treffen zwei Eigenschaften zusammen. Die einen sind klug und fleißig, die müssen in den Generalstab. Die nächsten sind dumm und faul; sie machen in jeder Armee 90 % aus und sind für Routineaufgaben geeignet. Wer klug ist und gleichzeitig faul, qualifiziert sich für die höchsten Führungsaufgaben, denn er bringt die geistige Klarheit und die Nervenstärke für schwere Entscheidungen mit. Hüten muss man sich vor dem, der gleichzeitig dumm und fleißig ist; dem darf man keine Verantwortung übertragen, denn er wird immer nur Unheil anrichten.“
Den von ihm empfohlenen Führungsstil schilderte er so:[11]
„Machen Sie sich frei von Kleinarbeit. Dazu halten Sie sich einige wenige kluge Leute. Lassen Sie sich aber viel Zeit, sich Gedanken zu machen und sich vor sich selbst ganz klar zu werden. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Gedanken ausgeführt werden. Nur so können Sie richtig führen.“
Ehe und Nachkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kurt (Curt) Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Hammerstein („Hako“, „Papus“), evangelisch, heiratete 1907 in Karlsruhe die Maria (Luise) Freiin von Lüttwitz („Ama“, „Mietze“), * 11. März 1886 in Schweidnitz; † 9. März 1970 in Mutlangen, katholisch, Tochter des Generals Walther von Lüttwitz und Schwester des späteren Generals Smilo von Lüttwitz. Aus dieser gemischtkonfessionellen Ehe gingen sieben Kinder hervor:
- Marie Luise (1908–1999) ⚭ I. Mogens von Harbou; II. Ernst-Friedemann Freiherr von Münchhausen
- Maria Therese (1909–2000) ⚭ Joachim Paasche
- Helga (1913–2005) ⚭ Walter Rossow
- Kunrat (1918–2007) ⚭ Ingrid Freiin von Lüttwitz
- Ludwig (1919–1996) ⚭ Dorothée Claessen
- Franz (1921–2011) ⚭ Verena Rordorf
- Hildur (1923–2012) ⚭ Ralph Zorn
Erkrankung, Tod, Sippenhaftung
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Hammerstein hatte unterhalb des linken Ohrs einen seit Jahren an Größe zunehmenden Tumor, dem er keine Aufmerksamkeit schenkte, bis Ferdinand Sauerbruch ihn schließlich für inoperabel erklärte. Die letzten Wochen seines Lebens litt er unter erheblichen Schmerzen.
Am 24. April 1943 starb Hammerstein in seinem Haus in Berlin-Dahlem. Die Beisetzung fand auf dem Familienfriedhof im niedersächsischen Steinhorst statt.[58] Eine Beisetzung auf dem Berliner Invalidenfriedhof lehnte die Familie ab, da dann der Sarg mit der Reichskriegsflagge und dem Hakenkreuz hätte bedeckt werden müssen. Hitler ließ einen Kranz mit Schleife zusenden, diese wurde jedoch von den Angehörigen in der U-Bahn „vergessen“.[1]
Drei Wochen nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 durchsuchte die Gestapo das Berliner Haus der Hammersteins und verhörte Maria von Hammerstein im Prinz-Albrecht-Palais, außerdem begann die Fahndung nach Kunrat und Ludwig. Franz wurde im Ruhrgebiet verhaftet, vergeblich nach seinen Brüdern ausgefragt und nach Berlin ins Gefängnis Moabit verlegt. Helga wurde ebenfalls ergebnislos verhört, aber nach zwei Wochen Haft wieder entlassen; Marie Luise blieb auf dem Gut ihres Mannes unbehelligt, Maria Therese war in Japan außer Reichweite.
Mutter Hammerstein und Tochter Hildur wurden am 1. Dezember 1944 ebenfalls in der Hoffnung auf Auskunft über Kunrat und Ludwig verhaftet.[1] Am 1. März 1945 wurden Mutter Maria, Franz und Hildur im Rahmen der Sippenhaftung zunächst von Berlin ins Konzentrationslager Buchenwald transportiert. General Smilo von Lüttwitz, Bruder von Maria, versuchte durch eine Eingabe bei Generalfeldmarschall Keitel vergeblich, eine Entlassung seiner Schwester und der Kinder aus der Sippenhaftung zu erreichen.[59] Allmählich fand sich in Buchenwald eine Gruppe von über 100 Häftlingen ein. Am 3. April 1945 erfolgte der Transport ins KZ Dachau, dann am 17. April 1945 nach Innsbruck. Franz blieb dort zurück, Mutter Maria und Hildur wurden in einem Treck von 141 Häftlingen in die Dolomiten in Südtirol transportiert.
Am 30. April 1945 wurden sie dort durch den Offizier Wichard von Alvensleben aus der Gewalt der SS in Niederdorf während der Befreiung der SS-Geiseln in Südtirol vor der Ermordung gerettet – nachdem dieser durch Oberst Bogislaw von Bonin alarmiert worden war, der sich ebenfalls in dieser Gruppe befand. Am 4. Mai 1945 wurde diese Gruppe von US-Truppen aus deutscher Hand übernommen und bis Ende Juni 1945 auf Capri untergebracht.[60]
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hammerstein-Equord war Ehrenritter der Brandenburgischen Provinzial-Genossenschaft des Johanniterordens.
Am 7. Mai 2017 ordnete der Generalinspekteur der Bundeswehr Volker Wieker die Untersuchung aller Bundeswehrkasernen nach sogenannten Wehrmachts-Devotionalien an.[61] Damit sollten die vorhandenen Bilder und Ausstellungsstücke auf ihre Übereinstimmung mit den gültigen Erlassen, insbesondere dem sogenannten Traditionserlass der Bundeswehr, überprüft, mögliche Verstöße festgestellt und Mängel beseitigt werden. In einem Offizierskasino wurde in der Folge ein Bild von Kurt von Hammerstein-Equord entfernt.[62] Unklar blieb zu diesem Zeitpunkt allerdings, ob überhaupt ein Verstoß gegen die Erlasslage vorlag.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hans Friedrich von Ehrenkrook, Jürgen Thiedicke von Flotow, Detlev Freiherr von Hammerstein-Retzow, Carola von Ehrenkrook geb. von Hagen: Genealogisches Handbuch der Freiherrlichen Häuser / A (Uradel) 1952, Band I, Band 4 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Ausschuss für adelsrechtliche Fragen der deutschen Adelsverbände in Gemeinschaft mit dem Deutschen Adelsarchiv, C. A. Starke, Glücksburg/Ostsee 1952, S. 194–196. ISSN 0435-2408 (Mit Portrait)
- Thilo Vogelsang: Hammerstein-Equord, Kurt Gebhard Adolf Philipp Freiherr von., in: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, S. 596 f. ISBN 3-428-00188-5.
- Reinhard von Plessen: Über das Widerstehen – Hammerstein – Eine Familie gegen den Nationalsozialismus. in: Information für die Truppe. 7 (Juli 1994), S. 40–47.
- Hans Magnus Enzensberger: Hammerstein oder Der Eigensinn. Eine deutsche Geschichte. 3. Auflage, Suhrkamp Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-7632-5938-0.
- Harald Jähner: Annäherung an ein Gesicht. Hans Magnus Enzensbergers Buch über den eigensinnigen General Kurt von Hammerstein. in: Berliner Zeitung, Berliner Verlag, Berlin 11. Januar 2008. ISSN 0947-174X
- Gottfried Paasche: Hammersteins Töchter. Eine Adelsfamilie zwischen Tradition und Widerstand. Metropol Verlag, Berlin 2022, ISBN 978-3-86331-650-1.
Weitere Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Rainer Wohlfeil: Reichswehr und Politik 1918–1933. Deutsche Militärgeschichte VI, München 1983.
- Walter Görlitz: Geschichte des deutschen Generalstabs von 1650–1945. Bechtermünz, Augsburg 1997, ISBN 3-86047-918-0.
- Ralf Hoffrogge: Werner Scholem – Eine politische Biographie (1895–1940). UVK Verlag, Konstanz 2014, ISBN 978-3-86764-505-8.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur über Kurt von Hammerstein-Equord im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Zeitungsartikel über Kurt von Hammerstein-Equord in den Historischen Pressearchiven der ZBW
- Literatur über Kurt von Hammerstein-Equord in der Landesbibliographie MV
- Nachträge und Ergänzungen zu Hammerstein oder der Eigensinn (PDF)
- Sven Felix Kellerhoff: Der „rote General“ sollte Hitler aufhalten. Welt Online, 27. November 2007
- Hammerstein-Equord, Kurt Freiherr von. In: Deutsche Biographie (Index-Eintrag).
- Nachlass Bundesarchiv N 26
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h i j k l Hans Magnus Enzensberger: Hammerstein oder Der Eigensinn. Eine deutsche Geschichte. Frankfurt am Main, Suhrkamp 2008, ISBN 978-3-518-41960-1.
- ↑ Thilo Vogelsang: Hammerstein-Equord, Kurt Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Generaloberst, * 26.9.1878 Hinrichshagen (Mecklenburg-Strelitz), † 24.4.1943 Berlin-Dahlem. (evangelisch), in: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, S. 596 f. ISBN 3-428-00188-5.
- ↑ Rangliste des Deutschen Reichsheeres (Hrsg.): Reichswehrministerium, Mittler & Sohn Verlag, Berlin 1930, S. 106.
- ↑ Verzeichnis Heeres-Druckvorschriften (H.Dv.) Nr. 485–499
- ↑ Verzeichnis Heeres-Druckvorschriften (H.Dv.) Nr. 300–399
- ↑ Militärgeschichtliches Forschungsamt: Handbuch zur deutschen Militärgeschichte, 1648–1939. Bd. 9, Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen
- ↑ a b John W. Wheeler-Bennett: Die Nemesis der Macht. Die deutsche Armee in der Politik, 1918–45. Droste-Verlag, 1954.
- ↑ a b Reinhard Stumm: Dossier Nationalsozialismus – Zerstörung der Demokratie. Bundeszentrale für politische Bildung
- ↑ Hajo Holborn: Das Zeitalter des Imperialismus (1871–1945). In: Deutsche Geschichte in der Neuzeit. Oldenbourg Verlag, 1971, 663 Seiten, ISBN 3-486-43251-6.
- ↑ Johannes Hürter: Wilhelm Groener. Reichswehrminister am Ende der Weimarer Republik (1928–1932). In: Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte. Bd. 39, Oldenbourg Verlag, 1993, 401 Seiten, ISBN 3-486-55978-8.
- ↑ a b c Klaus Jürgen Müller: Das Heer und Hitler. In: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte. Bd. 10, Deutsche Verlags-Anstalt, 1969, 711 S.
- ↑ a b c Eugen Kogon und Walter Dirks (Hrsg.): Frankfurter Hefte: Zeitschrift für Kultur und Politik. Neue Verlagsgesellschaft der Frankfurter Hefte, Bd. 11, 1956
- ↑ Andreas Hillgruber: Die Auflösung der Weimarer Republik. In: Hefte zum Zeitgeschehen. Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, 1960, 72 S.
- ↑ Alfred Rosenberg: Letzte Aufzeichnungen. Ideale und Idole der nationalsozialistischen Revolution. Plesse Verlag, 1955, 343 S.
- ↑ Kommission für Neuere Geschichte Österreichs: Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau. Böhlau Verlag Wien, 1983, 712 S., ISBN 3-205-08743-7.
- ↑ Hermann Pünder, Thilo Vogelsang: Politik in der Reichskanzlei. Aufzeichnungen aus den Jahren 1929–1932. In: Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Deutsche Verlags-Anstalt, 1961.
- ↑ Thomas Weingartner: Stalin und der Aufstieg Hitlers. Die Deutschlandpolitik der Sowjetunion und der Kommunistischen Internationale. In: Beiträge zur auswärtigen und internationalen Politik. Band 4. Verlag de Gruyter, 1970.
- ↑ a b c Irene Strenge: Ferdinand von Bredow. Notizen vom 2.2.1933 bis 31.12.1933. Tägliche Aufzeichnungen vom 1.1.1934 bis 28.6.1934. In: Zeitgeschichtliche Forschungen. Bd. 39, Verlag Duncker & Humblot, 2009, 259 S., ISBN 3-428-52960-X.
- ↑ a b Heinrich Böll, Bernd Balzer: Werke: Interviews I, 1961–1978. Bd. 10, Verlag Kiepenheuer & Witsch, 1978, 745 S., ISBN 3-462-01259-2.
- ↑ a b c d Lars-Broder Keil, Sven Felix Kellerhoff: Gerüchte machen Geschichte. Folgenreiche Falschmeldungen im 20. Jahrhundert. Ch. Links Verlag, 2006, 320 S., ISBN 3-86153-386-3.
- ↑ Eugene Davidson: The Making of Adolf Hitler. The Birth and Rise of Nazism. University of Missouri Press, 1997, 419 S., ISBN 0-8262-1117-8.
- ↑ Anton Golecki (Hrsg.): Das Kabinett von Schleicher. 3. Dezember 1932 bis 30. Januar 1933. Bd. 14, Oldenbourg Verlag, 1986, 361 S., ISBN 3-7646-1858-2.
- ↑ a b Sven Felix Kellerhoff: Der „rote General“ sollte Hitler aufhalten, Die Welt, 27. Juli 2007
- ↑ Dirk Blasius: Weimars Ende. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, 2005, 188 S., ISBN 3-525-36279-X.
- ↑ a b Kunrat von Hammerstein-Equord: Spähtrupp. Verlag H. Goverts, 1963, 311 S.
- ↑ Manfred Messerschmidt: Die Wehrmacht im NS-Staat. Zeit der Indoktrination. Soldatische Menschenführung in der deutschen Militärgeschichte, Truppe und Verwaltung. Verlag R. v. Decker, 1969.
- ↑ Gerhard Meinck: Hitler und die deutsche Aufrüstung 1933–1937. In: Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz: Abteilung Universalgeschichte. Verlag Steiner, 1959.
- ↑ Andreas Wirsching: „Man kann nur Boden germanisieren“. Eine neue Quelle zu Hitlers Rede vor den Spitzen der Reichswehr am 3. Februar 1933. (PDF; 1,5 MB) In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 49, 2001, Heft 3, S. 517–550, hier S. 523.
- ↑ Thilo Vogelsang: Neue Dokumente zur Geschichte der Reichswehr 1930–1933. (PDF; 1,8 MB) In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 2, 1954, Heft 4, S. 397–436, hier S. 432–434 (Dokument Nr. 7: 1933 Februar 3, Berlin. Ausführungen des Reichswehrministers von Blomberg vor den Gruppen- und Wehrkreisbefehlshabern im Reichswehrministerium. Handschr. Aufzeichnungen des Gen.Lt. Liebmann als Grundlage für spätere Kommandeurbesprechungen. München, Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, Nr. 167/51, fol. 37–38.).
- ↑ Michael Salewski: Die bewaffnete Macht im Dritten Reich 1933–1939.
- ↑ Klaus Hildebrand: Das Dritte Reich. In: Grundriss der Geschichte. Band 17. Oldenbourg Verlag, 2009, ISBN 3-486-59200-9.
- ↑ Johannes Hürter: Hitlers Heerführer. Die deutschen Oberbefehlshaber im Krieg gegen die Sowjetunion 1941/42. In: Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte. Band 66. Oldenbourg Verlag, 2007, ISBN 3-486-58341-7.
- ↑ Thilo Vogelsang: Neue Dokumente zur Geschichte der Reichswehr 1930–1933. (PDF; 1,8 MB) In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 2, 1954, Heft 4, S. 397–436, hier S. 436.
- ↑ Philipp W. Fabry: Mutmassungen über Hitler. Urteile von Zeitgenossen. Droste-Taschenbücher Geschichte 7227, Verlag Athenäum, 1979, ISBN 3-7610-7227-9.
- ↑ Joachim C. Fest: Staatsstreich. Verlag Bertelsmann-Club, 1994.
- ↑ Lutz Schwerin von Krosigk: Es geschah in Deutschland. Menschenbilder unseres Jahrhunderts. Rainer Wunderlich Verlag, 1951.
- ↑ Karl Dietrich Bracher, Ilse Maurer (Hrsg.): Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Politik und Wirtschaft in der Krise 1930–1932. Quellen zur Ära Brüning. Band 4. Verlag Droste, 1980, ISBN 3-7700-5106-8.
- ↑ Klaus-Jürgen-Müller: Witzleben – Stülpnagel – Speidel: Offiziere im Widerstand ( vom 31. Oktober 2014 im Internet Archive) (PDF; 3,2 MB). In: Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin (Hrsg.): Beiträge zum Widerstand 1933–1945. Heft 7, ISSN 0175-3592
- ↑ Dossier Nationalsozialismus. Bundeszentrale für politische Bildung
- ↑ Die Weltbühne, Bd. 30, Ausg. 27–52, S. 1601–1603.
- ↑ Der Röhm-Putsch. Auf dem Portal Verschwörungstheorien Wiki
- ↑ Weissbuch über die Erschießungen am 30. Juni 1934: Authentische Darstellung der deutschen Bartholomäusnacht. Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter in der UdSSR, Moskau/Leningrad 1935.
- ↑ Ralf Hoffrogge: Werner Scholem – Eine politische Biographie (1895–1940). UVK Verlag, Konstanz 2014, S. 395–409 sowie Reinhard Müller: Hitlers Rede vor der Reichswehr- und Reichsmarineführung am 3. Februar 1933. In: Mittelweg 36. Hamburger Institut für Sozialforschung, Heft 4/2000.
- ↑ Kunrat von Hammerstein: Schleicher, Hammerstein und die Machtübernahme 1933. In: Frankfurter Hefte. 1956, Heft 11
- ↑ Rudolf Pechel: Deutscher Widerstand. Verlag Erlenbach, Zürich 1947S.
- ↑ Kurt Zentner: Illustrierte Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Ausg. 11, Südwest Verlag, 1975, ISBN 3-517-00020-5.
- ↑ a b Ger van Roon: Widerstand im Dritten Reich. Ein Überblick. Beck’sche Reihe, Band 191, Verlag C. H. Beck, 1987, ISBN 3-406-31900-9.
- ↑ Fabian von Schlabrendorff, Walter Bussmann, Gero von Gaevernitz: Offiziere gegen Hitler. In: Deutscher Widerstand 1933 bis 1945. Band 5, Siedler Buch Band 12861 bei Goldmann, Verlag Siedler, 1994, ISBN 3-442-12861-7.
- ↑ Samuel W. Mitcham: The Rise of the Wehrmacht. The German Armed Forces and World War II. Band 1, Praeger Security International, 2008, ISBN 0-275-99659-X.
- ↑ Robert B. Kane: Disobedience and Conspiracy in the German Army, 1918–1945. Verlag McFarland, 2008, ISBN 0-7864-3744-8.
- ↑ Harald C. Deutsch: Wir werden am Galgen enden! Die Widerstandsgruppe des Generals Oster. In: Der Spiegel, Hefte vom 5. Mai 1969, 12. Mai 1969 19. Mai 1969 und 26. Mai 1969
- ↑ Ruth von Mayenburg: Blaues Blut und rote Fahnen. Revolutionäres Frauenleben zwischen Wien, Berlin und Moskau. Verlag Promedia, 1969, ISBN 3-900478-72-4.
- ↑ Биографический Указатель, 1878–1943. Würdigung Kurt von Hammersteins auf einer russischen Website (russisch)
- ↑ Rosemarie Schäfer: Rudolf Pechel und die „Deutsche Rundschau“ 1946–1961. Zeitgeschehen und Zeitgeschichte im Spiegel einer konservativen politischen Zeitschrift. Eine Studie zur konservativen Publizistik in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Verlag Göttingen, 1975, 438 S.
- ↑ Hans Adolf Jacobsen (Hrsg.): Spiegelbild einer Verschwörung. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SD-Berichterstattung. Bd. 2, Verlag Seewald, 1984, 1013 S., ISBN 3-512-00657-4.
- ↑ Mungo Melvin: Manstein: Hitler’s Greatest General. Verlag Hachette UK, 2010, 300 S., ISBN 0-297-85844-0.
- ↑ Horst Poller: Bewältigte Vergangenheit. Das 20. Jahrhundert, erlebt, erlitten, gestaltet. Verlag Olzog, 2010, 432 S., ISBN 3-7892-8372-X.
- ↑ Hans-Hartmuth Müller: Familienfriedhof " Hammerstein " in Steinhorst. In: Heideort Steinhorst Niedersachsen. 25. Januar 2022, abgerufen am 24. März 2023 (deutsch).
- ↑ Hans Jürgen Pantenius: Letzte Schlacht an der Ostfront. Von Döberitz bis Danzig 1944/1945. Erinnerung und Erfahrung eines jungen Regimentskommandeurs. Verlag Mittler, 2002, 371 S., ISBN 3-8132-0741-2.
- ↑ Hans-Günter Richardi, Caroline M. Heiss, Hans Heiss: SS-Geiseln in der Alpenfestung. Die Verschleppung prominenter KZ-Häftlinge aus Deutschland nach Südtirol. Edition Raetia, Bozen 2005, 312 S., ISBN 88-7283-229-2.
- ↑ Bundeswehr durchsucht Kasernen nach weiteren Wehrmachtsandenken. badische-zeitung.de, 7. Mai 2017
- ↑ Jan Fleischhauer: Perverse Sex-Nazis endlich verboten! In: Spiegel Online. Abgerufen am 26. Mai 2017.
Personendaten | |
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NAME | Hammerstein-Equord, Kurt von |
ALTERNATIVNAMEN | Hammerstein-Equord, Kurt Gebhard Adolf Philipp Freiherr von |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Generaloberst und Teil des militärischen Widerstandes gegen Adolf Hitler |
GEBURTSDATUM | 26. September 1878 |
GEBURTSORT | Hinrichshagen, Mecklenburg-Strelitz |
STERBEDATUM | 24. April 1943 |
STERBEORT | Berlin |
- Generaloberst (Heer der Wehrmacht)
- Generaloberst (Reichswehr)
- Major (Preußen)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Chef des Truppenamtes (Reichswehr)
- Absolvent der Preußischen Kriegsakademie
- Ehrenritter (Johanniterorden)
- Ritter des Königlichen Hausordens von Hohenzollern
- Träger des Bayerischen Militärverdienstordens (IV. Klasse)
- Träger des Österreichischen Militärverdienstkreuzes III. Klasse
- Träger des Friedrich-August-Kreuzes
- Träger des Albrechts-Ordens (Ritter 1. Klasse)
- Träger des Hanseatenkreuzes (Lübeck)
- Hammerstein-Equord
- Freiherr (Hammerstein)
- Deutscher
- Geboren 1878
- Gestorben 1943
- Mann