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„Liedermacher“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Reinhard-Mey-Jahrhunderthalle-Frankfurt-02.jpg|mini|hochkant|Typisches Beispiel für einen Liedermacher: [[Reinhard Mey]], 2014]]
Der Begriff '''Liedermacher''' bezeichnet im deutschsprachigen Raum einen [[Gesang|Sänger]], der [[Musik]] und/oder [[Text]]e seines Programms überwiegend selbst geschrieben oder originär bearbeitet hat. Der Vortrag basiert im Kern auf eigener Interpretation und Begleitung, auch wenn Darbietungen oft auch mit Begleitband erfolgen. Der ''[[Singer-Songwriter]]'' (engl.) im Verständnis Dylans ist vom Begriff des Liedermachers vor allem regional ([[Nordamerika|nordamerikanischer]] Raum) und stilistisch abzugrenzen. Es gibt darüber hinaus den [[Chanson|''chansonnier'']] (frz.) und der ''cantautore'' (ital.). Die Inhalte haben in der Regel Bezug zur Erfahrungswelt des Liedermachers und sind persönlich oder auch politisch geprägt.


Als '''Liedermacher''' wird ein [[Gesang|Sänger]] im [[deutschsprachig]]en Raum bezeichnet, der [[Musik]] und [[Text]]e seines Programms überwiegend selbst geschrieben oder originär bearbeitet hat. Er begleitet sich musikalisch selbst, tritt aber manchmal auch mit einer [[Begleitband (Musik)|Begleitband]] auf.
Der Begriff '''Liedermacher''' wurde von [[Wolf Biermann]] geprägt, in Anlehnung an [[Bertolt Brecht]], der sich selbst ''Stückeschreiber'' nannte. Tatsächlich zeichnet sich das Genre durch eine Vielzahl unterschiedlicher musikalischer und textlicher Stile aus, die vom Geschichtenerzähler ([[Gerhard Schöne]], [[Manfred Maurenbrecher]]) über lyrische Vertonungen ([[Hans-Eckard Wenzel]], [[Barbara Thalheim]]) bis hin zu gesellschaftskritischen, politischen Liedern ([[Wolf Biermann]], [[Bettina Wegner]]) reicht.


== Zum Begriff ==
In den letzten 10-15 Jahren hat sich eine neue Form, das sogenannte "Liedermaching" entwickelt. Die Vertreter dieser Gattung setzen sich textlich sowie musikalisch deutlich vom klassischen Liedermacher ab.
Der Begriff Liedermacher tauchte vereinzelt bereits lange vor dem 20. Jahrhundert auf,<ref>[https://www.dwds.de/r?corpus=dta;q=Liedermacher Liedermacher] im deutschen Textarchiv</ref><ref name="Rosenfelder"/> so bezeichnete sich zum Beispiel die Dichterin [[Anna Louisa Karsch]] (1722–1791) in einem Brief selbst als „liedermacherin“.<ref>[https://www.zeit.de/1981/21/sie-wars ''Sie war’s''.] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 21/1981</ref> Die heutige Verwendung und Popularisierung des Begriffes entstand jedoch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und geht auf [[Wolf Biermann]] zurück.<ref name="Rosenfelder">Andreas Rosenfelder: [https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/deutschlands-liedermacher-wortmoerder-ahoi-1304313-p3.html ''Deutschlands Liedermacher – Wortmörder ahoi!''] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung|FAZ]]'', 17. Januar 2006 </ref><ref>Matthias Konzett (Hrsg.): ''Encyclopedia of German Literature''. Routledge, 2015, ISBN 9781135941222, S. [https://books.google.de/books?id=5uE4CQAAQBAJ&pg=PA653 653] </ref> Er betont die sozialromantische Identifikation der Sänger mit dem arbeitenden Volk und setzte sich im Zuge der [[68er-Bewegung]] durch. Bis dahin sprach man in der Bundesrepublik, etwa im Zusammenhang mit den [[Burg-Waldeck-Festivals]], eher von ''Sänger-Poeten''.<ref>Ulrich Morgenstern: ''Ritual — Epos — Tanz: Die deutsche Anti-AKW-Bewegung aus ethnomusikologischer Sicht.'' In: ''Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture'', 54 (2009), S. 273–310, hier S. 279, Anm. 15.</ref>


== Verhältnis zu Songwriting und Chansons ==
Bekannte Liedermacher sind beispielsweise [[Hannes Wader]], [[Konstantin Wecker]], [[Reinhard Mey]], [[Wolf Biermann]] und [[Wolfgang Ambros]]. Alle in der Wikipedia verzeichneten Liedermacher finden sich in der [[Kategorie:Liedermacher|Kategorie "Liedermacher"]]
Der [[Singer-Songwriter]] ([[englisch]]) im Verständnis [[Bob Dylan]]s ist vom Begriff des Liedermachers vor allem regional ([[nordamerika]]nischer Raum) und stilistisch abzugrenzen. Es gibt darüber hinaus neben dem deutschen Liedermacher den ''[[Chanson]]nier'' ([[französisch]]), den ''[[Cantautore]]'' ([[italienisch]]) bzw. ''Cantautor'' ([[spanisch]]) sowie den ''Bard'' ([[russisch]]). Die Inhalte haben in der Regel Bezug zur Erfahrungswelt des Liedermachers und sind persönlich oder auch politisch geprägt.


== Liedermaching ==
Seit den 1990er Jahren entwickelte sich im deutschsprachigen Raum das sogenannte „Liedermaching“, deren Vertreter sich textlich und musikalisch vom Liedermacher absetzen möchten. Als Mitbegründer gilt das [[Bonn]]er Duo [[Joint Venture (Liedermacher)|Joint Venture]] (1993–2000).<ref> Stephan Hammer: ''Mani Matter und die Liedermacher: zum Begriff des „Liedermachers“ und zu Matters Kunst des Autoren-Liedes''. Peter Lang, 2010, ISBN 9783034303071, S. 53 </ref> Ein weiterer Vertreter sind die [[Monsters of Liedermaching]] (seit 2003).

== Rechtsextremistische Liedermacher ==
Waren ab den 1960er Jahren politische Liedermacher zunächst fast ausschließlich dem linken Spektrum zuzuordnen, so gibt es ungefähr seit den späten 1980er Jahren auch rechte bis [[Rechtsextremismus |rechtsextremistische]] Liedermacher. Nach Angaben von ''[[Blick nach Rechts]]'' listete das [[Bundesamt für Verfassungsschutz]] 2003 in einer internen Studie unter anderem die folgenden „rechtsextremistischen Liedermacher“ auf: [[Jörg Hähnel]], [[Veit (Liedermacher)|Veit]], [[Annett Müller|Annett]] und [[Michael Müller (Rechtsextremist)|Michael Müller]] sowie [[Frank Rennicke]]. Einige davon sind wegen [[Volksverhetzung]] vorbestraft und inhaftiert, manche ihrer Aufnahmen sind auf der [[Liste der jugendgefährdenden Medien]]. Einige haben der Szene mittlerweile aber auch den Rücken gekehrt.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.bnr.de/archiv/jahrgang2003/ausgabe182003/meldungen-3/ | wayback=20070311044109 | text=Blick nach Rechts 2003}}</ref><ref>[https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/63244/Verfassungsschutzbericht_2005_de.pdf Verfassungsschutzbericht 2005] des Bundesministeriums des Innern, (PDF) S. 64</ref>


== Literatur ==
== Literatur ==
* Robert v. Zahn (Hrsg.): ''Folk & Liedermacher an Rhein und Ruhr''. agenda-Verlag Münster 2002.
* Robert von Zahn (Hrsg.): ''Folk & Liedermacher an Rhein und Ruhr''. Agenda, Münster 2002, ISBN 978-3-89688-125-0.
* Lutz Kirchenwitz: ''Folk, Chanson und Liedermacher in der DDR''. Dietz, Berlin 1993, ISBN 3-320-01807-8.

* Lutz Kirchenwitz: ''Der Liedermacher – Ende einer Legende''. In: ''FOLKER!'' 2.06.
== Siehe auch ==
* Stephan Hammer: ''Mani Matter und die Liedermacher. Zum Begriff des ‚Liedermachers‘ und zu Matters Kunst des Autoren-Liedes''. Peter Lang, Bern u. a. 2010, ISBN 978-3-0343-0307-1.
* [[Liedermacher (international)]]
* Marc Sygalski: ''Das „politische Lied“ in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1964 und 1989 am Beispiel von [[Franz Josef Degenhardt]], [[Hannes Wader]] und [[Reinhard Mey]].'' (= ''eScripta. Göttinger Schriftenreihe für studentische Germanistik.'' Band 1, {{ISSN|2192-0559}}), eScripta, Göttingen 2011, {{DNB|1013004485}}. [[Magisterarbeit]] an der [[Georg-August-Universität Göttingen]], Seminar für Deutsche Philologie, 2011, [http://www.escripta.de/wp-content/uploads/Marc_Sygalski_Das_politische_Lied1.pdf escripta.de] (PDF; 1&nbsp;MB; 177 S.).
* [[Politrock]]
* [[Simone Burel]]: ''Politische Lieder der 68er, eine linguistische Analyse kommunikativer Texte'', herausgegeben vom [[Institut für Deutsche Sprache]] (= ''Arbeiten und Materialien zur deutschen Sprache,'' Band 46), IDS, Mannheim 2013, ISBN 978-3-937241-42-5 (Zugleich [[Dissertation]] an der [[Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg]] 2013).
* [[Krätzchensänger]]
* Thomas Rothschild: ''Liedermacher: 23 Porträts''. Fischer Taschenbuch, 1980, ISBN 9783596229598.
* [[italienische Liedermacher]]
* Dietmar Elflein: ''In Germany After The War: Broadening the Discourse on the Liedermacher''. In: Isabelle Marc (Hrsg.), Stuart Green (Hrsg.): ''The Singer-Songwriter in Europe: Paradigms, Politics and Place''. Routledge, 2016, ISBN 9781317016069, S. 109–122.
* [[Schweizer Liedermacher]]
* David Robb (Hrsg.): ''Protest Song in East and West Germany since the 1960s.'' Camden House, 2007, ISBN 9781571132819.
* [[Singer-Songwriter]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* {{DNB-Portal|4035673-5}}
* [http://www.detlev-mahnert.de/waldeck.html Entwicklung der Liedermacherei 1 Vom Kriegsende bis zur Burg Waldeck] im Westen Deutschlands
* [http://www.detlev-mahnert.de/popmusik2.htm Entwicklung der Liedermacherei 2 Entwicklung ab 1970]


== Einzelnachweise ==
*[http://www.detlev-mahnert.de/waldeck.html Entwicklung der Liedermacherei 1 - Vom Kriegsende bis zur Burg Waldeck]
<references />
*[http://www.detlev-mahnert.de/popmusik2.htm Entwicklung der Liedermacherei 2 - Entwicklung ab 1970]



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[[it:Cantautore]]
[[es:Cantautor]]

Aktuelle Version vom 22. April 2025, 22:22 Uhr

Typisches Beispiel für einen Liedermacher: Reinhard Mey, 2014

Als Liedermacher wird ein Sänger im deutschsprachigen Raum bezeichnet, der Musik und Texte seines Programms überwiegend selbst geschrieben oder originär bearbeitet hat. Er begleitet sich musikalisch selbst, tritt aber manchmal auch mit einer Begleitband auf.

Der Begriff Liedermacher tauchte vereinzelt bereits lange vor dem 20. Jahrhundert auf,[1][2] so bezeichnete sich zum Beispiel die Dichterin Anna Louisa Karsch (1722–1791) in einem Brief selbst als „liedermacherin“.[3] Die heutige Verwendung und Popularisierung des Begriffes entstand jedoch erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und geht auf Wolf Biermann zurück.[2][4] Er betont die sozialromantische Identifikation der Sänger mit dem arbeitenden Volk und setzte sich im Zuge der 68er-Bewegung durch. Bis dahin sprach man in der Bundesrepublik, etwa im Zusammenhang mit den Burg-Waldeck-Festivals, eher von Sänger-Poeten.[5]

Verhältnis zu Songwriting und Chansons

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Der Singer-Songwriter (englisch) im Verständnis Bob Dylans ist vom Begriff des Liedermachers vor allem regional (nordamerikanischer Raum) und stilistisch abzugrenzen. Es gibt darüber hinaus neben dem deutschen Liedermacher den Chansonnier (französisch), den Cantautore (italienisch) bzw. Cantautor (spanisch) sowie den Bard (russisch). Die Inhalte haben in der Regel Bezug zur Erfahrungswelt des Liedermachers und sind persönlich oder auch politisch geprägt.

Seit den 1990er Jahren entwickelte sich im deutschsprachigen Raum das sogenannte „Liedermaching“, deren Vertreter sich textlich und musikalisch vom Liedermacher absetzen möchten. Als Mitbegründer gilt das Bonner Duo Joint Venture (1993–2000).[6] Ein weiterer Vertreter sind die Monsters of Liedermaching (seit 2003).

Rechtsextremistische Liedermacher

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Waren ab den 1960er Jahren politische Liedermacher zunächst fast ausschließlich dem linken Spektrum zuzuordnen, so gibt es ungefähr seit den späten 1980er Jahren auch rechte bis rechtsextremistische Liedermacher. Nach Angaben von Blick nach Rechts listete das Bundesamt für Verfassungsschutz 2003 in einer internen Studie unter anderem die folgenden „rechtsextremistischen Liedermacher“ auf: Jörg Hähnel, Veit, Annett und Michael Müller sowie Frank Rennicke. Einige davon sind wegen Volksverhetzung vorbestraft und inhaftiert, manche ihrer Aufnahmen sind auf der Liste der jugendgefährdenden Medien. Einige haben der Szene mittlerweile aber auch den Rücken gekehrt.[7][8]

Wiktionary: Liedermacher – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Liedermacher im deutschen Textarchiv
  2. a b Andreas Rosenfelder: Deutschlands Liedermacher – Wortmörder ahoi! In: FAZ, 17. Januar 2006
  3. Sie war’s. In: Die Zeit, Nr. 21/1981
  4. Matthias Konzett (Hrsg.): Encyclopedia of German Literature. Routledge, 2015, ISBN 9781135941222, S. 653
  5. Ulrich Morgenstern: Ritual — Epos — Tanz: Die deutsche Anti-AKW-Bewegung aus ethnomusikologischer Sicht. In: Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, 54 (2009), S. 273–310, hier S. 279, Anm. 15.
  6. Stephan Hammer: Mani Matter und die Liedermacher: zum Begriff des „Liedermachers“ und zu Matters Kunst des Autoren-Liedes. Peter Lang, 2010, ISBN 9783034303071, S. 53
  7. Blick nach Rechts 2003 (Memento vom 11. März 2007 im Internet Archive)
  8. Verfassungsschutzbericht 2005 des Bundesministeriums des Innern, (PDF) S. 64