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„Kurt Schumacher“ – Versionsunterschied

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Gert Lauken (Diskussion | Beiträge)
Erster Oppositionsführer der Bundesrepublik, 1946–1952: keine Ahnung, was im Beleg steht, aber es war das Bein
 
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[[Bild:2_DM_Kopseite_Kurt_Schumacher.jpg|thumb|Kurt Schumacher auf der 2 DM-Münze]]
[[Datei:K.Schumacher.jpg|mini|Kurt Schumacher (zwischen 1945 und 1948)]]
'''Kurt''' (amtlich Curt) '''Ernst Carl Schumacher''' (* [[13. Oktober]] [[1895]] in [[Chełmno|Culm]], [[Westpreußen]]; † [[20. August]] [[1952]] in [[Bonn]]) war ein [[deutsche]]r [[Politiker]], von 1946 bis 1952 Parteivorsitzender der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] sowie von 1949 bis 1952 [[Oppositionsführer]] im [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestag]]. Schumacher war von 1945 bis 1949 maßgeblich am Wiederaufbau der SPD in [[Westdeutschland]] beteiligt und der große Gegenspieler [[Konrad Adenauer]]s. Auch wenn Schumacher sich in der Opposition langfristig mit seinen politischen Vorstellungen zum größten Teil nicht durchsetzen konnte, gehörte er zu den [[Gründerväter]]n der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]]. Hervorzuheben ist seine strikte Ablehnung der [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands]] (SED), wodurch er das Profil der [[Sozialdemokratie]] in der Bundesrepublik entscheidend prägte.


[[Datei:Kurt Schumacher.jpg|mini|100-Pf-Briefmarke zum 100. Geburtstag (1995)]]
'''Kurt Schumacher''' (* [[13. Oktober]] [[1895]] in [[Chelmno nad Wisla|Culm]], [[Westpreußen]] ; † [[20. August]] [[1952]] in [[Bonn]]) war Parteivorsitzender der [[SPD]] von [[1946]]-[[1952]] und SPD-Fraktionsvorsitzender im ersten [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestag]] von [[1949]]-1952.


== Leben ==
Kurt Schumacher war in der Zeit von [[1945]] bis 1949 maßgeblich am Wiederaufbau der [[SPD]] in Westdeutschland beteiligt. In den ersten Jahren der Bundesrepublik war Schumacher der große Gegenspieler [[Konrad Adenauer]]s. Auch wenn Schumacher langfristig mit seinen politischen Vorstellungen zum größten Teil scheiterte, gehört er doch zu den Gründervätern der [[Bundesrepublik Deutschland]].
=== Kindheit und Schulzeit, 1895–1914 ===
[[Datei:Chełmno, ul. św. Ducha 1 (Kurt Schumacher birth house).jpg|mini|Geburtshaus Schumachers<br />in [[Chełmno|Culm]] (heute Chełmno)]]


Schumacher wurde als viertes Kind und einziger Sohn des evangelischen Kaufmanns Carl Schumacher und seiner Frau Gertrud geb. Meseck am 13. Oktober 1895 im westpreußischen [[Chełmno|Culm]] geboren, 30 km von der Grenze des [[Weichselland|russischen Teils Polens]] entfernt. Der Eintrag im Standesamt lautete auf ''Curt Ernst Carl'' Schumacher. Sein Vater war nicht nur geschäftlich erfolgreich, sondern auch politisch aktiv. Der Anhänger der linksliberalen [[Deutsche Freisinnige Partei|Deutschen Freisinnigen Partei]] übte viele Jahre das Amt des Culmer Stadtverordnetenvorstehers aus; höchstwahrscheinlich (genaue Daten sind nicht überliefert) unterstützten ihn dabei auch die polnischen Abgeordneten. Die Schumachers hatten weitverzweigte verwandtschaftliche Beziehungen in der Führungselite der Stadt.
==Leben==


Seit 1911 war sein Vater auch Kreistagsabgeordneter, 1914 und 1917 vertrat er Culm bei den Verhandlungen des [[Deutscher Städte- und Gemeindebund#Geschichte|Reichsverbandes deutscher Städte]]. Kurt Schumacher las in dieser Zeit die ''[[Sozialistische Monatshefte|Sozialistischen Monatshefte]]''&nbsp;– die Zeitschrift des [[Revisionismus|revisionistischen Flügels]] der SPD&nbsp;– und den ''[[März (Zeitschrift)|März]]'', eine [[Liberalismus|linksliberale]], von [[Hermann Hesse]] und [[Ludwig Thoma]] herausgegebene Zeitschrift. Der Junge aus gutbürgerlichem Haus galt in der Schule als überzeugter Sozialdemokrat, litt aber unter der Vereinsamung, die eine solche Haltung innerhalb der westpreußischen Gesellschaft mit sich brachte.
Schumacher stellt nach seiner Promotion in Rechtswissenschaften sein gesamtes Leben aktiv in den Dienst der [[SPD]]. Vor [[1933]] ist er zunächst Redakteur einer Parteizeitung, dann Landtags- und Reichtagsabgeordneter. Den größten Teil der [[Zeit des Nationalsozialismus]] muss er im [[Konzentrationslager|KZ]] verbringen. Nach 1945 wird er unumstrittener Parteiführer und eine der prägenden Gestalten der frühen Bundesrepublik.


[[Datei:Wedding Kurt-Schumacher-Haus Gedenktafeln (cropped).jpg|mini|Gedenkplatte, Kurt-Schumacher-Haus,<br />[[Berlin-Wedding]]]]
Im Gegensatz zum "Fuchs" [[Konrad Adenauer|Adenauer]] beschreibt sein Biograf [[Peter Merseburger]] ihn in Anlehnung an [[Niccolo Macchiavelli|Machiavellis]] Terminologie als "Löwen". Ausgesprochen, willensstark, polemisch und scheinbar unbeirrbar in seinen Vorstellungen bildet er das in der Wahrnehmung der Zeitgenossen ebenso charismatische Gegenbild zum ersten Kanzler. Der [[Preußen|preußische]] [[Sozialismus|Sozialist]] Schumacher ist in den ersten Jahren der Bundesrepublik in der [[Öffentliche Meinung|öffentlichen Meinung]] der klar dominierende Politiker Westdeutschlands. Erst durch die Wahl des [[Rheinland|rheinischen]] [[Römisch-Katholische Kirche|Katholiken]] Adenauers zum Kanzler und den fast zeitgleich einsetzenden endgültigen körperlichen Verfall Schumachers wandelt sich dieses Bild.


In einem Selbstporträt, das Schumacher 1924 zur Bewerbung bei einem [[Doktorvater]] anfertigte, schrieb er: „Mein Interesse für historische und politische sowie philosophische Dinge brachte mich sehr frühe dem Sozialismus nahe. Die üble und ungünstige Umgebung, die eine ostmärkische Kleinstadt für solche Interessen nun einmal ist, hat mich notgedrungen sehr frühzeitig zu einer Schablonisierung meiner Ansichten gebracht&nbsp;– spätestens seit meinem 15. Jahre zählte ich mich innerlich zur Sozialdemokratischen Partei. Allerdings fehlte diesen ‚Schablonen‘ dadurch manches ihrer Gefährlichkeit, dass ich durch die Lektüre Bernsteins (was mir heute etwas sehr sonderbar vorkommt) Sozialdemokrat im Parteisinn geworden bin.“ Die Prägung durch [[Eduard Bernstein]] und dessen Stellung gegen den orthodoxen [[Marxismus]] begleitete Schumacher sein ganzes Leben lang.
Seine Forderungen trägt Schumacher mit leidenschaftlicher Radikalität vor. Einen Arm verliert er im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] verloren, sein linkes Bein muss [[1948]] amputiert werden; die Zeit im Konzentrationslager schadete seiner Gesundheit schwer. Ausgemergelt und körperlich beschädigt, ist der Kettenraucher doch mit einem scheinbar bis zum Starrsinn reichenden unbeugsamen Willen versehen und wirkt auf viele seiner Zeitgenossen und Gesprächspartner wie ein lebendes Symbol moralischer Aufrichtigkeit und des unbeugsamen Kampfes für einen freiheitlichen Sozialismus.


Schumachers Mitschüler waren zum größten Teil [[Polen in Deutschland#Geschichte|ethnische Polen]]&nbsp;– in seiner Abschlussklasse befanden sich 8 Deutsche und 14 Polen. Am Gymnasium in Culm war einige Jahre vor Schumachers Einschulung der Gebrauch der polnischen Sprache verboten worden; ein Verbot, das jährlich rituell in einer großen Versammlung wiederholt wurde. Durch seinen Mitschüler und Freund [[Franciszek Raszeja]] wurde Schumacher in die traditionsreiche, aber verbotene [[Philomathenbund|Philomathenvereinigung]] der Polen aufgenommen und lernte so deren Einstellungen sowie die polnische Kultur kennen.
== Zeit bis 1945 ==


=== Kriegsfreiwilliger, 1914 ===
===Kindheit und Schulzeit===
Bei der ersten möglichen Gelegenheit meldete sich Schumacher kurz nach Beginn des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkriegs]] am 2. August 1914 als Kriegsfreiwilliger&nbsp;– ohne zu ahnen, wie sich dies auf seine Schullaufbahn auswirken würde. Sein Entschluss fiel unter anderem aus der Überlegung, die Grenzstadt Culm sei in akuter Gefahr, Frontstadt und Opfer einer Belagerung zu werden. Er kehrte noch einmal kurz zur Schule zurück, um das [[Notabitur]] abzulegen. Sein (nicht selbst gewähltes) Aufsatzthema im Abitur bezog sich zeitgemäß auf das [[Friedrich Schiller|Schiller]]-Thema: „Will, ruf’ ich aus, das Schicksal mit uns enden, So stirbt sich’s schön, die Waffe in den Händen.“ Schumacher war noch Jahrzehnte später tief beeindruckt davon, dass sich in den darauf folgenden Tagen auch die meisten seiner polnischen Mitschüler auf deutscher Seite als Kriegsfreiwillige meldeten&nbsp;– vor allem aus der Motivation heraus, gegen Russland zu kämpfen.


Als Soldat wurde Schumacher bereits am 2. Dezember 1914 bei Bielawy westlich von [[Łowicz]] in [[Kongreßpolen|Polen]] [[Deutsche Kriegsversehrte im 20. Jahrhundert|schwer verwundet]],<ref>Bataillon Bansa (Ers.-Bataillon Infanterie-Regiment Nr. 21), 3. Kompagnie: Musk. Kurt Schumacher – Culm – verwundet; Preußische Verlustliste Nr. 142, S.&nbsp;4709/Deutsche Verlustliste (5. Februar 1915).</ref> so dass ihm der rechte Arm amputiert werden musste. Der 1,85&nbsp;m große Schumacher magerte in den folgenden Monaten von 72 auf 43&nbsp;kg ab und litt an der [[Dysenterie|Ruhr]]. Am 10. Oktober 1915 wurde Schumacher offiziell aus dem Militär entlassen. Für den Verlust seines rechten Arms erhielt er das [[Eisernes Kreuz|Eiserne Kreuz]] zweiter Klasse sowie eine monatliche Rente von 33,75 Mark zuzüglich einer Kriegszulage von 15 Mark und der einfachen Verstümmelungszulage von 27 Mark.
Schumacher wird als viertes Kind und einziger Sohn der evangelischen Kaufleute Carl Schumacher und Gertrud geb. Meseck geboren, der Eintrag im Standesamt lautet auf "Curt Ernst Carl" Schumacher. Sein Vater Carl ist nicht nur geschäftlich erfolgreich, sondern auch politisch aktiv. Der Anhänger des linksliberalen [[Deutsche Freisinnige Partei|Freisinns]] übt für viele Jahre das Amt des Culmer Stadtverordnetenvorstehers aus; höchstwahrscheinlich (genaue Daten sind nicht überliefert) unterstützen ihn dabei auch die polnischen Abgeordneten. Die Schumachers haben weitverzweigte verwandtschaftliche Beziehungen in die Führungselite der Stadt.


Schumachers Heimatstadt Culm musste nach dem Ersten Weltkrieg am 22. Januar 1920 aufgrund der Bestimmungen des [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrags]] zum Zweck der Einrichtung des [[Polnischer Korridor|Polnischen Korridors]] an die wiedergegründete [[Zweite Polnische Republik|Republik Polen]] abgetreten werden. Diese Entscheidung war von heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Stadt begleitet. Teile seiner Familie zogen ins verbliebene Deutsche Reich, andere blieben in Polen. Schumacher erlebte die Ereignisse zum größten Teil vor Ort, da er gerade sein [[Referendariat]] am Amtsgericht Culm ableistete.
Seit [[1911]] ist Carl auch Kreistagsabgeordneter, [[1914]] und [[1917]] vertritt er Culm bei den Verhandlungen des Reichsverbandes deutscher Städte. Kurt Schumacher liest in dieser Zeit die [[Sozialistische Monatshefte|Sozialistischen Monatshefte]] - die Zeitschrift des [[Revisionismus|revisionistischen Flügels]] der SPD und den [[März (Zeitschrift)|März]], eine [[Liberalismus|linksliberale]] von [[Hermann Hesse]] und [[Ludwig Thoma]] herausgegebene Zeitschrift. Der junge aus gutbürgerlichem Haus gilt innerhalb der Schule als überzeugter Sozialdemokrat, leidet aber unter der Vereinsamung, die eine solche Haltung innerhalb der westpreußischen Gesellschaft bringt.


=== Studium und Promotion, 1915–1926 ===
In einem Selbstportrait, das Schumacher [[1924]] zur Bewerbung bei einem Doktorvater anfertigt schreibt er: ''Mein Interesse für historische und politische sowie philosophische Dinge brachte mich sehr frühe dem Sozialismus nahe. Die üble und ungünstige Umgebung, die eine ostmärkische Kleinstadt für solche Interessen nun einmal ist, hat mich notgedrungen sehr frühzeitig zu einer Schablonisierung meiner Ansichten gebracht - spätestens seit meinem 15. Jahre zählte ich mich innerlich zur Sozialdemokratischen Partei. Allerdings fehlte diesen "Schablonen" dadurch manches ihrer Gefährlichkeit, dass ich durch die Lektüre [[Eduard Bernstein|Bernsteins]] (was mir heute etwas sehr sonderbar vorkommt) Sozialdemokrat im Parteisinn geworden bin.'' Die Prägung durch Bernstein und dessen Stellung gegen den orthodoxen [[Marxismus]] begleitet Schumacher sein ganzes Leben lang.
1915 begann er ein Studium der [[Rechtswissenschaft]] und der [[Nationalökonomie]] an der [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg]], [[Universität Leipzig]] und seit 1917 in [[Berlin]]. Auf die Zeit in [[Halle (Saale)]] und [[Leipzig]] angesprochen, äußerte er sich später laut seiner Mitarbeiterin und engen Vertrauten [[Annemarie Renger]] sowohl in politischer als auch persönlicher Hinsicht sehr zurückhaltend.


Er beendete sein Studium 1919 mit dem juristischen [[Staatsexamen]] und wurde Mitarbeiter im [[Reichsarbeitsministerium]]. Da er in Berlin keinen [[Doktorvater]] fand, wurde er 1926 an der [[Westfälische Wilhelms-Universität Münster|Westfälischen Wilhelms-Universität Münster]] zum Dr. jur. promoviert. Sein Doktorvater war der Staatswissenschaftler [[Johann Plenge]], der während des Ersten Weltkrieges der nationalkonservativen [[Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe]] innerhalb der SPD nahestand. Das Thema seiner mit ''[[Promotion (Doktor)|magna cum laude]]'' abgeschlossenen [[Dissertation]] lautete: ''Der Kampf um den Staatsgedanken in der deutschen Sozialdemokratie.''
Culm liegt nur 30 Kilometer von der Grenze des damals zaristischen [[Russland]]s entfernt. Seine Mitschüler sind zum größten Teil [[Polen]], in seiner Abschlussklasse befinden sich acht Deutsche und 14 Polen. Am Gymnasium in Culm war einige Jahre vor Schumachers Schulbeginn der Gebrauch der polnischen Sprache verboten wurden, ein Verbot das jährlich rituell in einer großen Versammlung wiederholt wurde. Durch seinen Mitschüler und Freund Franz Raszeja wird Schumacher in die traditionsreiche aber verbotene Philomatenvereinigung der Polen aufgenommen und lernt so deren Einstellungen, die polnische Kultur und ihr ausgeprägtes Nationalbewußtsein kennen.


Schumachers Dissertation ist von vielen Kommentatoren als inhaltliche Bekenntnisschrift zur SPD aufgefasst worden. Die bis zur [[Novemberrevolution]] bekämpfte wurde zur tragenden Partei im Staat und musste mit dem Staatsapparat arbeiten. Schumacher versuchte, diese problematische Lage in seiner Dissertationsarbeit anzugehen. Darin stellte er die beiden Theoretiker der Sozialdemokratie, [[Ferdinand Lassalle]] und [[Karl Marx]], nebeneinander, die für Schumacher „Haupttypen aller sozialistischen Politiker“ darstellten: Marx, der „den Staat aus dem Endziel hinwegphilosophiert“ habe, um den „Mythus des emanzipierten Individuums“ zu schaffen, während Lassalle im „Arbeiterstaat“ das „höchste Menschheitsideal“ sehe. Schumacher entschied sich in der Situation eindeutig für die [[Sozialdemokratie]] als „Staatspartei“&nbsp;– er beschrieb die seiner Ansicht nach bestehende Notwendigkeit der Eingliederung der Arbeiter „in das Staatsganze“, er forderte die Notwendigkeit „der Festigung der Staatsgesinnung und der Stärkung des Abwehrwillens, vor allem gegen Russland.“
===Kriegsfreiwilliger===


==== In der SPD ====
Am [[2. August]] [[1914]], bei der ersten möglichen Gelegenheit, als einer von zwei Schülern des Gymnasiums Culm und noch völlig im unklaren wie sich dies auf seine Schullaufbahn auswirkt, trägt sich Schumacher in der Situation des Augenblicks als Kriegsfreiwilliger ein. Sein Entschluß fällt unter anderem aus der Überlegung, dass für die Grenzstadt Culm die akute Gefahr besteht zur Frontstadt und Opfer einer Belagerung zu werden. Er kehrt noch einmal kurz zur Schule zurück, um das [[Notabitur]] abzulegen. Sein - nicht selbstgewähltes - Aufsatzthema im Abitur bezieht sich zeitgemäß auf das [[Friedrich Schiller|Schiller]]-Thema. ''Will. ruf' ich aus, das Schicksal mit uns enden, So stirbt sich's schön, die Waffe in den Händen.'' Schumacher ist noch Jahrzehnte später tief beeindruckt davon, dass sich in den darauffolgenden Tagen auch der größte Teil seiner polnischen Mitschüler auf deutscher Seite, vor allem aus der Motivation heraus gegen Russland zu kämpfen, als Kriegsfreiwillige melden.
In seiner Leipziger und Hallenser Zeit hielt Schumacher zur Partei Abstand. Die Städte waren Hochburgen der [[Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands|USPD]], der damalige außerparlamentarische und auf den [[Politischer Streik|politischen Streik]] hin ausgelegte Politikstil stieß ihn ab.


1917 trat er in den SPD-nahen ''[[Sozialverband Deutschland|Bund der Kriegsteilnehmer und Kriegsbeschädigten]]'' ein. Sein Mitgliedsausweis trug die Nummer 116 einer Organisation, die bereits 1920 über 650.000 Mitglieder hatte.
Als Soldat im Infanterie-Regiment Nr. 21 wird er bereits am 2. Dezember 1914 in Wloclawek bei [[Lodz|Łódź]] (Polen) schwer verwundet. Schumacher, getroffen durch zwei Querschläger durch den Oberarm und zwei Schüsse durch die Hand, bleibt 26 Stunden auf dem Feld liegen; in dieser Zeit wird er von weiteren Granatsplittern am Oberschenkel getroffen, bevor er auf einem Holzwagen ins 50 km entfernte Feldlazarett geschleppt wird. Ihm dwird er rechte Arm amputiert und Schumacher wird aus dem Kriegsdienst entlassen. Der 1,85 m große Schumacher fällt in den folgenden Monaten, zusätzlich auch noch von der [[Ruhr (Medizin)|Ruhr]] befallen, von 72 kg auf 43 kg im Gewicht. Am [[10. Oktober]] [[1915]] wird Schumacher offiziell aus dem Militär entlassen. Dafür, seinen rechten Arm im Krieg gelassen zu haben, erhielt er eine monatliche Rente von 33,75 Mark zusätzlich einer Kriegszulage von 15 Mark und der einfachen Verstümmelungszulage von 27 Mark sowie das [[Eisernes Kreuz|Eiserne Kreuz]] Zweiter Klasse.


Nach einem für Schumacher äußerst ungewöhnlichen mehrjährigen Zögern trat er am 8. Januar 1918, also noch zu Zeiten des Kaiserreiches und Monate vor der Novemberrevolution, in die [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]] ein. Als Akademiker in der SPD gehörte er sowohl bei den Sozialdemokraten als auch in akademischen Kreisen einer deutlichen, auf beiden Seiten nicht eben beliebten Minderheit an. Während der Revolution war er, unter anderem zusammen mit [[Otto Braun]], Mitglied des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates. 1920 wurde die SPD auch sein Arbeitgeber, verbunden mit einem Umzug nach Stuttgart:<ref>{{Internetquelle |autor=Michael Kitzing |url=https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/bf3e6d43-75c9-44b4-ac4c-c31877175535/1/Kurt_Schumacher_%281895-1952%29.html |titel=Kurt Schumacher (1895-1952) |werk=Stadtlexikon Stuttgart |hrsg=Stadtarchiv Stuttgart |datum=2022-08-19 |sprache=de |abruf=2022-11-17}}</ref> Er wurde politischer Redakteur der sozialdemokratischen Stuttgarter Zeitung ''[[Schwäbische Tagwacht]]''. In [[Stuttgart]] fiel Schumacher als leidenschaftlicher Redner und früher Gegner der Nationalsozialisten auf. 1924 wurde er Stuttgarter Vorsitzender des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold]]. 1930 wurde er Vorsitzender der SPD in Stuttgart, dem mitgliederstärksten Kreisverband der württembergischen SPD.
Culm fällt nach dem ersten Weltkrieg an Polen. Die Entscheidung ist von heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Stadt begleitet. Teile seiner Familie ziehen ins verbleibende Deutsche Reich, andere bleiben in Polen. Er erlebt die Ereignisse zum görßten Teil vor Ort, da er gerade sein Referendariat am Amtsgericht Culm ableistet.


=== Studium und Promotion ===
==== Kommunisten und Nationalsozialisten ====
Schon früh begann Schumacher, sich sowohl mit [[Kommunismus|Kommunisten]] als auch [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]]&nbsp;– die er beide entschieden ablehnte&nbsp;– auseinanderzusetzen. Schumachers Einschätzung nach hatten die Aktionen der späteren [[Kommunistische Partei Deutschlands|Kommunistischen Partei Deutschlands]] (KPD) und die dadurch verursachten Reaktionen der politischen Rechten maßgeblich dazu beigetragen, den Spielraum für eine wirkliche demokratische Revolution verhängnisvoll einzuengen. Die KPD bekämpfte nach ihrer [[Bolschewismus|Bolschewisierung]] die SPD als ihren „Hauptfeind“ und setzte Sozialdemokratie und [[Faschismus]] als „Zwillingsbrüder“ (→&nbsp;[[Sozialfaschismusthese]]) gleich.<ref>Zur „Sozialfaschismusthese“ [[Heinrich August Winkler]]: ''Der Schein der Normalität. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1924 bis 1930''. J.H.W. Dietz Nachf., Berlin 1985, ISBN 3-8012-0094-9, S. 679–685, Stalin-Zitat S. 679.</ref> Schumacher dagegen hielt der in seinem Stuttgarter Umfeld vergleichsweise starken KPD vor, dass sie über keinerlei innerparteiliche Demokratie verfüge und vollkommen aus Moskau gesteuert sei, ihr Verhältnis zur Demokratie und zur Gewalt sei dem der NSDAP gleich. Eine Zusammenarbeit mit der KPD war für Schumacher daher nicht vorstellbar.


Mit der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] setzte sich Schumacher erstmals 1923 näher auseinander. Seiner Auffassung nach sei der [[Geschichte des Antisemitismus bis 1945|Antisemitismus]] das einzige Band, das die Bewegung zusammenhalte, der Nationalsozialismus glaube allein an die Gewalt, und das postulierte Selbstbestimmungsrecht des Volkes werde dadurch zur Farce.
=== Halle, Leipzig, Berlin ===


=== Abgeordneter in Land- und Reichstag, 1924–1932 ===
[[1915]] beginnt er ein Studium der [[Rechtswissenschaft]] und der [[Nationalökonomie]] an den Universitäten [[Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg|Halle]], [[Universität Leipzig|Leipzig]] und seit 1917 in [[Berlin]]. Auf die Zeit in Halle und Leipzig angesprochen äußert er sich später laut seiner Mitarbeiterin und engen Vertrauten [[Annemarie Renger]] sowohl in politischer als auch persönlicher Hinsicht sehr zurückhaltend. In Leipzig lernt er seine Cousine Dora kennen, mit der er - von der Zeit im KZ abgesehen - eine lebenslange Liebesbeziehung aufrecht erhält. Eine Heirat mit ihr lehnt er allerdings ab. ''Ich habe mich nie an Menschen geklammert'' sagt er später aus - allerdings dürfen diese dann auch keine Ansprüche an ihn stellen.
1924 wurde er Mitglied des [[Landtag des freien Volksstaates Württemberg|Landtages]] von [[Volksstaat Württemberg|Württemberg]]. Hier war er seit 1928 Mitglied im Vorstand der SPD-[[Fraktion (Politik)|Fraktion]]. 1931 schied er aus dem Landtag aus. Schumacher gehörte damit zu den wenigen führenden Politikern in der SPD, deren sozialdemokratische [[Sozialisation]] primär in der Weimarer Republik stattfand; er zog in der politischen Beurteilung der Situation weniger Parallelen zum Kaiserreich als die meisten seiner Kollegen und hatte dadurch ein offeneres Auge für die neuen Entwicklungen in der Weimarer Zeit.


Bei der [[Reichstagswahl 1928|Reichstagswahl am 20. Mai 1928]] fehlten Schumacher wenige Stimmen; bei der [[Reichstagswahl 1930|Wahl am 14. September 1930]] wurde er zum ersten Mal in den [[Reichstag (Weimarer Republik)|Deutschen Reichstag]] gewählt. Er trat als entschiedener Gegner der Tolerierungspolitik gegenüber dem Kabinett Brüning auf (siehe: [[Kabinett Brüning I]] = 1930–1931; [[Kabinett Brüning II]] = 1931–1932).
Er beendet sein Studium [[1919]] mit dem juristischen [[Staatsexamen]]. Er wird Mitarbeiter im Reichsarbeitsministerium. Da er in Berlin keinen Doktorvater findet, promoviert er [[1926]] an der [[Westfälische Wilhelms-Universität|Westfälischen Wilhelms-Universität]] in [[Münster]] zum Dr. jur. Das Thema seiner mit "magna cum laude" abgeschlossenen Dissertation lautet: "Der Kampf um den Staatsgedanken in der deutschen Sozialdemokratie."
Seit 1932 war er Mitglied des SPD-Fraktionsvorstands. Er hielt im [[Reichstag (Weimarer Republik)|Reichstag]] nur eine einzige Rede, nämlich am 23. Februar 1932. In dieser inzwischen berühmten Rede griff er vor allem die [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] scharf an:<ref>{{Internetquelle |url=https://library.fes.de/fulltext/historiker/00781a20.htm |titel=00781a01.htm . - Teil 19 |abruf=2024-07-17}}</ref>
Die Dissertation ist von vielen Kommentatoren als inhaltliche Bekenntnisschrift Schumachers aufgefasst worden. Nach der [[Novemberrevolution]] war die SPD zur tragenden Partei im Staat geworden. Wurde sie von diesem bis 1918 vor allem bekämpft, musste sie nun mit dem Staatsapparat arbeiten. Schumacher versucht das Problem in seiner Dissertationsarbeit anzugehen. Darin stellt er die beiden bedeutenden Theoretiker der Sozialdemokratie [[Ferdinand Lasalle]] und [[Karl Marx]] nebeneinander, die für Schumacher ''Haupttypen aller sozialistischen Politiker'' darstellen: Marx, der ''den Staat aus dem Endziel hinwegphilosophiert'' habe, um den ''Mythus des emanzipierten Individuums'' zu schaffen, während Lasalle im Arbeiterstaat das ''höchste Menschheitsideal'' sah. Schumacher entscheidet sich in der Situation eindeutig für die Sozialdemokratie als ''Staatspartei'' - er beschreibt die Notwendigkeit der Eingliederung der Arbeiter in ''das Staatsganze'', er fordert die Notwendigkeit ''der Festigung der Staatsgesinnung und der Stärkung des Abwehrwillens, vor allem gegen Russland.''


{{Zitat
=== In der SPD ===
|Text=Die ganze nationalsozialistische Agitation ist ein dauernder Appell an den inneren Schweinehund im Menschen; und wenn wir irgendetwas beim Nationalsozialismus anerkennen, dann ist es die Anerkennung, dass ihm zum ersten Mal in der deutschen Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen ist.
|Autor=Kurt Schumacher, Reichstagsrede vom 23. Februar 1932
}}


Spätestens ab dem 20. Juli 1932, dem Tag des [[Preußenschlag]]s, sah sich Schumacher in unbedingter Opposition zur fortschreitenden politischen Entwicklung.
In seiner Leipziger und Hallenser Zeit hält sich Schumacher zur organisierten Partei auf Abstand. Die Städte sind Hochburgen der [[USPD]], der damalige außerparlamentarische und auf den [[Politischer Streik|politischen Streik]] hin ausgelegter Politikstil stößt ihn ab.


=== Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, 1933 ===
1917 tritt er in den SPD-nahen ''Bund der Kriegsteilnehmer und Kriegsbeschädigten'' ein. Sein Mitgliedausweis trägt die Nummer 116 einer Organisation, die bereits 1920 über 650 000 Mitglieder hatte.
Wie viele Zeitgenossen unterschätzte Schumacher den Nationalsozialismus lange Zeit. So war er noch im Februar 1933 davon überzeugt, dass der DNVP-Vorsitzende [[Alfred Hugenberg]] das eigentliche Machtzentrum der Regierung Hitler sei: „Hitler hat den Schein der Macht für sich in Deutschland“, schrieb Schumacher am 4. Februar 1933. „Das Kabinett heißt Adolf Hitler, aber das Kabinett ist Alfred Hugenberg. Adolf Hitler darf reden, Alfred Hugenberg wird handeln“.<ref>Zit. nach: [[Michael Grüttner]], ''Das Dritte Reich. 1933–1939'' (=&nbsp;[[Handbuch der deutschen Geschichte]], Band 19), Klett-Cotta, Stuttgart 2014, S.&nbsp;499–506, Zitat: S. 48. Die Rede ist gekürzt u. a. abgedruckt in: [[Günter Wollstein]] (Hrsg.): Quellen zur deutschen Innenpolitik 1933–1939, Darmstadt 2001 (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe. Begründet von Rudolf Buchner und fortgeführt von Winfried Baumgart. Band XXXIII), S.&nbsp;38–41, hier: S. 38.</ref>
Nach dem für Schumacher äußerst ungewöhnlichen mehrjährigem Zögern, tritt er am [[8. Januar]] [[1918]], also noch zu Zeiten des Kaiserreiches und Monate vor der Novemberrevolution, in die [[SPD]] ein. Als Akademiker in der SPD gehört er somit sowohl bei den Sozialdemokraten als auch in akademischen Kreisen einer deutlichen, und auf beiden Seiten nicht eben beliebten, Minderheit an. Während der Revolution ist er, unter anderem zusammen mit [[Otto Braun]], Mitglied des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates. 1920 wird die SPD auch sein Arbeitgeber, er wird politischer Redakteur der Stuttgarter sozialdemokratischen Zeitung "Schwäbische Tagwacht". In [[Stuttgart]] fällt Schumacher als leidenschaftlicher Redner und als früher Gegner der Nationalsozialisten auf. 1924 wird er Stuttgarter Vorsitzender des [[Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold|Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold]]. [[1930]] wird er Vorsitzender der SPD in [[Stuttgart]], dem Mitgliederstärksten Kreisverband der Württemberger SPD.


Schumacher gehörte auch nach den [[Reichstagswahl März 1933|Reichstagswahlen vom 5. März 1933]] weiterhin dem Reichstag an. Er war einer der wenigen Parlamentarier, die mit an der Rede [[Otto Wels]]’ arbeiteten, mit dem sich die SPD dem [[Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933]] entgegenstellte. Die Kernaussage, „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht“, bestimmte Schumachers gesamtes Verhalten in der Zeit des Nationalsozialismus. Am 10. Juni plädierte er auf einer Sitzung der SPD-Reichstagsfraktion für die illegale Arbeit der Partei, ebenso am 19. Juni auf einer SPD-Reichskonferenz. Im Gegensatz zur Parteiführung, die glaubte, es könne nicht schlimmer werden als zu Zeiten von Bismarcks [[Sozialistengesetz]], war er Vertreter einer unnachgiebigen Haltung gegenüber den Nationalsozialisten. Vom 13. Juni 1933 an wurde Schumacher steckbrieflich gesucht.
[[1924]] wird er Mitglied des [[Landtag]]es von [[Württemberg]]. Hier ist er seit [[1928]] Mitglied im Vorstand der SPD-[[Fraktion (Politik)|Fraktion]]. [[1931]] scheidet er aus dem Landtag aus. Schumacher gehört damit zu den wenigen führenden Politikern in der SPD, deren sozialdemokratische Sozialisation primär in der Weimarer Republik stattfindet; er zieht in der politischen Beurteilung der Situation weniger Parallellen zum Kaiserreich als die meisten seiner Kollegen und hat dadurch ein offeneres Auge für die neuen Entwicklungen in der Weimarer Zeit.


=== Inhaftierung, Konzentrationslager, 1933–1945 ===
Nachdem Schumacher bei der Wahl 1928 nur um wenige Stimmen scheitert, wird er [[1930]] zum ersten Mal in den [[Reichstag (Deutsches Reich)|Deutschen Reichstag]] gewählt. Er tritt als entschiedener Gegner der Tolerierungspolitik gegenüber dem Kabinett [[Heinrich Brüning]] auf. Seit [[1932]] ist er hier Mitglied des SPD-Fraktionsvorstands. Da der Reichstag nach 1930 kaum noch arbeitsfähig ist, hält Schumacher hier eine einzige Rede. Im Februar 1932 greift er vor allem die NSDAP an. Der Nationalsozialismus ''ist der dauernde Appell an den inneren Schweinehund im Menschen'', zum ersten mal sei ihm ''in der deutschen Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen''. Spätestens ab dem 20. Juli 1932, dem Datum des [[Preußenschlag]]s sieht sich Schumacher in unbedingter Opposition zur fortschreitenden politischen Entwicklung.
Am 6. Juli 1933, gut zwei Wochen nach dem Verbot der SPD, wurde Schumacher in Berlin verhaftet, nachdem er an einem geheimen sozialdemokratischen Treffen im [[Schwarzwald]] teilgenommen hatte. Schumacher bekam die Chance, eine Verzichtserklärung auf politische Betätigung zu unterschreiben und sich damit seine Freiheit zu erkaufen. Im Gegensatz zu [[Fritz Bauer]] und sieben anderen politischen Gefangenen weigerte er sich, sie zu unterschreiben.<ref>[[Ronen Steinke]] ''Fritz Bauer. The Jewish Prosecutor Who Brought Eichmann and Auschwitz to Trial'', Indiana University Press, Bloomington 2020, ISBN 978-0-253-04689-5, S. 66.</ref> Daraufhin wurde er über einen Zeitraum von neun Jahren, neun Monaten und neun Tagen in verschiedenen [[Konzentrationslager]]n gefangen gehalten, zunächst bis Dezember 1933 im [[Lager Heuberg|KZ Heuberg]], danach bis Juli 1935 im [[KZ Oberer Kuhberg]] in [[Ulm]], anschließend im [[KZ Dachau]] und zeitweilig im [[KZ Flossenbürg]].<ref name=spell>Hartmut Spell ''Für ein neues Deutschland'', [[Damals]], Bd. 44, Nr. 8, 2012, S. 10–13.</ref>


Schumacher konnte zwar als Weltkriegsveteran auf etwas Schonung hoffen, riskierte aber durch mehrfachen Widerspruch und sogar einen [[Hungerstreik]] mehrmals sein Leben. Er lehnte im Konzentrationslager jeglichen Kontakt zu kommunistischen Gefangenen ab, da er sie für mitschuldig an der Machtübernahme der Nationalsozialisten hielt.
Er gehört auch dem nach der [[Machtergreifung]] [[Hitler]]s unter erschwerten Bedingungen gewählten Reichstag an. Er gehört zu den wenigen Parlamentariern, die mit an der Rede [[Otto Wels]]' arbeiten, mit der dieser das Nein der SPD zum [[Ermächtigungsgesetz]] formuliert. Die Kernaussage ''Freiheit und Leben könne man den Sozialdemokraten nehmen, nicht aber ihre Ehre'' bestimmt Schumachers gesamtes Verhalten in der Zeit des Nationalsozialimus. Am 10. Juni plädiert er auf einer Sitzung der SPD-Reichstagsfraktion für die illegale Arbeit der Partei, ebenso am 19. Juni auf einer SPD-Reichskonferenz. Er ist im Gegensatz zur Parteiführung, die glaubt es könne nicht schlimmer als zu Zeiten von Bismarcks Sozialistengesetzen werden, Vertreter einer unnachgiebigen Haltung gegenüber den Nationalsozialisten. Vom 13. Juni 1933 an wird Schumacher steckbrieflich gesucht.


Am 16. März 1943 wurde er als schwerkranker Mann nach [[Hannover]] entlassen, wo eine seiner Schwestern lebte und er sich zwangsweise aufhalten musste. Er wurde vom Arbeitsamt den [[Ferdinand Sichel|Sichel-Werken]] in Hannover als Buchhalter für die Lagerverwaltung zugewiesen.<ref>Manfred Schöne: ''100 Jahr Sichel. Spezialist für Kleb- und Dichtstoffe''. Henkel AG, Düsseldorf 1989, ISBN 3-923324-77-4. S. 68f.</ref> Nach dem [[Attentat vom 20. Juli 1944]] wurde Schumacher vom 24. August bis 20. September 1944 erneut inhaftiert, zunächst im Gestapo-Gefängnis in der früheren [[Israelitische Gartenbauschule Ahlem|Israelitischen Gartenbauschule Ahlem]], später im [[KZ Neuengamme]]. Danach arbeitete Schumacher weiterhin in den Sichel-Werken in Hannover, bis die Stadt am 10. April 1945 durch alliierte Truppen befreit wurde.<ref name=spell/>
===Kommunisten und Nationalsozialisten===


=== Wiederaufbau der SPD, 1946 ===
Schon früh begann Schumacher sich sowohl mit Kommunisten als auch Nationalsozialisten - die er beide gleichermaßen entschieden ablehnte - auseinanderzusetzen. Schumachers Einschätzung nach hatte die Aktionen der späteren KPD - und die dadurch verursachten Reaktionen der politischen Rechten - maßgeblich dazu beigetragen, den Spielraum für eine wirkliche demokratische Revolution verhängnisvoll einzuengen. Er hält die in seinem Stuttgarter Wahlkreis vergleichsweise starke KPD für eine vollkommen aus Moskau gesteuerte Partei - die KPD verfüge über keinerlei innerparteiliche Demokratie, ihr Verhältnis zur Demokratie und zur Gewalt sei gleich dem der NSDAP. Eine Zusammenarbeit mit der KPD war für Schumacher zu keiner Zeit auch nur vorstellbar.
[[Datei:Kurt Schumacher Iserlohn 1946.jpg|mini|Kundgebung in Iserlohn 1946]]
Unmittelbar nach Kriegsende und der Befreiung Deutschlands vom [[Nationalsozialismus]] begann Kurt Schumacher mit dem Wiederaufbau der [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]. Wie [[August Bebel]] wurde Schumacher als ''wahrer Volkstribun, mitreißender Redner, Führer, an den glaubte, wer zur SPD gehörte'' ([[Peter Lösche]]) beschrieben. Seine Genossen spornte er immer an weiterzumachen, auch wenn es sich nicht mehr zu lohnen schien. Zur Jugend in der SPD hatte er ein gutes Verhältnis; diese bewunderte ihn wegen seiner strikten Ablehnung des Nationalsozialismus.


Bereits am 6. Mai 1945 – zu einem Zeitpunkt, als die Bildung politischer Parteien von der britischen Besatzungsmacht noch verboten war&nbsp;– wurde Schumacher von etwa 130 sozialdemokratischen Funktionären in Hannover zum lokalen Vorsitzenden gewählt.
Mit der [[NSDAP]] setzt sich Schumacher erstmals 1923 näher auseinander. Seiner Auffassung nach ist der [[Antisemitismus]] das einzige Band, das die Bewegung zusammenhalte, der Nationalsozialismus glaube allein an die Gewalt und das postulierte Selbstbestimmungsrecht des Volkes werde dadurch zur Farce.


Schumacher bewies im [[Nachkriegszeit in Deutschland|Nachkriegschaos]] großes organisatorisches Geschick und stieg in kurzer Zeit zur unangefochtenen Führungsfigur der Sozialdemokratie in den westlichen Besatzungszonen auf. Im Juli 1945 beauftragten elf westdeutsche Parteibezirke „den früheren Reichstagsabgeordneten Dr. Kurt Schumacher mit der organisatorischen und politischen Führung der Partei im gesamten Reich“. Schumacher agitierte heftig gegen die [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] und erklärte sie zur reinen Interessenvertretung einer „auswärtigen Macht“. Diese Macht nannte er stets Russland und sprach von einem „Zusammenstoß so ganz andersartiger Kulturen“. Damit wandte er sich gegen die damals auch in den [[Trizone|Westzonen]] verbreiteten Bestrebungen zur Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Kommunisten.<ref>Ulla Plener: ''SPD 1945–49.'' S. 63, 68; Frank Moraw: ''Die Parole der „Einheit“.'' S. 78, 122 ff.</ref>


Nach zwölfjähriger Gewaltherrschaft wurde die SPD auf der [[Wennigser Konferenz]] vom 5.&nbsp;bis 7.&nbsp;Oktober&nbsp;1945 wiedergegründet. Auf dem als ''erste zentrale Zusammenkunft von Sozialdemokraten'' bezeichneten Treffen kamen im Bahnhofs-Hotel Petersen in [[Wennigsen (Deister)]] Sozialdemokraten aus den SPD-Bezirken der Westzonen, Vertreter des Berliner [[Zentralausschuss der SPD|Zentralausschusses der SPD]] (darunter [[Otto Grotewohl]]) für die [[Berlin#Geteilte Stadt|Viersektorenstadt Berlin]] und die [[Sowjetische Besatzungszone]] (SBZ) sowie des [[Sopade|Londoner Exilvorstands]] zusammen. Die britische Besatzungsmacht setzte jedoch durch, dass die Vertreter aus der britischen Zone und aus London getrennt von den anderen tagen mussten. Nur Schumacher durfte auf beiden Versammlungen sprechen. Erst nach einem heftigen Tumult ließ man auch Grotewohl als Redner zu.<ref>Frank Moraw: ''Die Parole der „Einheit“.'' S. 121, 124 ff. Bericht des amerikan. Geheimdienstes FIS. In: U. Borsdorf, L. Niethammer (Hrsg.): ''Zwischen Befreiung und Besatzung''. Wuppertal 1976, S. 208–228.</ref> Die Versammlung beauftragte Schumacher mit der Leitung des [[Wiederaufbau]]s der SPD in den drei westlichen [[Besatzungszone]]n. Ende 1945 setzte Schumacher den endgültigen Bruch zwischen der SPD in den Westzonen und dem von Grotewohl geführten Berliner Zentralausschuss der SPD durch.
===Im Konzentrationslager===


Am 10. Mai 1946, vier Wochen nach der von ihm heftig bekämpften Beseitigung der Sozialdemokratie in der SBZ durch die [[Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED|Zwangsvereinigung von SPD und KPD]] zur SED, wurde Schumacher mit 244 von 245 Stimmen zum Parteivorsitzenden der SPD gewählt. Das ''[[Büro Dr. Schumacher]]'' in Hannover entwickelte sich zur faktischen Parteizentrale, seine Mitarbeiter wie [[Erich Ollenhauer]], Annemarie Renger, [[Egon Franke]], [[Alfred Nau]], [[Herbert Kriedemann]] und [[Herta Gotthelf]] bildeten das organisatorische Grundgerüst der SPD.
Am [[6. Juli]] [[1933]], gut zwei Wochen nach dem Verbot der SPD, wird Schumacher in Berlin verhaftet, nachdem er an einem geheimen sozialdemokratischen Treffen im Schwarzwald teilgenommen hatte. Schumacher hatte die Chance, einen Verzichtserklärung auf politische Betätigung zu unterschreiben und sich damit seine Freiheit zu erkaufen. Er lehnte ab. Daraufhin wurde er über einen Zeitraum von neun Jahren, neun Monaten und neun Tagen in verschiedenen [[Konzentrationslager]]n gefangen gehalten, zunächst bis Dezember 1933 im [[KZ Heuberg]], danach bis Juli 1935 im [[KZ Oberer Kuhberg]] in [[Ulm]], anschließend im [[KZ Dachau]] und zeitweilig im [[KZ Flossenbürg]]. Er lehnt dort jeglichen Kontakt zu kommunistischen Gefangenen ab, da er sie für mitschuldig an der Machtübernahme der Nazis hält. Durch einen [[Hungerstreik]] erreicht Schumacher es zwischenzeitlich, dass er nicht mehr im Steinbruch arbeiten muss.


[[Datei:Kurt Schumacher3.jpg|mini|hochkant|[[Kurt-Schumacher-Haus (Berlin)|Kurt-Schumacher-Haus]], Berlin-Wedding]]
Am [[16. März]] [[1943]] wird er als schwerkranker Mann nach [[Hannover]] entlassen, wo er sich zwangsweise bis zur Befreiung am 10. April 1945 aufhalten muss.


Schumacher wollte die Fehler der [[Weimarer Republik]] vermeiden und griff in seinen inhaltlichen Konzepten auf Überlegungen aus der Weimarer Zeit und auf die der Sozialdemokraten im Exil zurück. Sein Einfluss auf die Entwicklung der SPD weg von der Klassenpartei mit marxistisch geprägtem Programm hin zur pluralistischen linken Volkspartei war widersprüchlich. Zum einen entstammte er keinem typischen SPD-Hintergrund, gehörte gegenüber den Führern der Weimarer Republik einer neuen Generation an und hatte sich theoretisch fundiert von jeglichen vom Marxismus geprägten Revolutionsaussichten verabschiedet. Für ihn war die Partei nicht in erster Linie eine ''Arbeiterpartei'', sondern eine Partei von Freiheit und Gerechtigkeit. Die Arbeiter sollten zwar eine gleichberechtigte Rolle im Staat einnehmen, Schumacher aber strebte keinen ''Arbeiterstaat'' mehr an. Seine Positionen, insbesondere sein Patriotismus, öffneten der SPD auch Wähler- und Mitgliederkreise, die ihr bisher verschlossen gewesen waren. Andererseits erstickte er auch innerparteiliche Diskussionen, die immer wieder beispielsweise von [[Carlo Schmid]] angeregt wurden, im Keim. Die Anregungen, die so insbesondere durch den Aufenthalt vieler Sozialdemokraten im Exil entstanden, brauchten dadurch Jahre länger, um innerparteilich wirksam zu werden.
Nach dem Attentat am [[20. Juli]] [[1944]] wird er erneut inhaftiert, vom [[24. August]] - [[20. September]] 1944 im [[KZ Neuengamme]], allerdings nach kurzer Zeit wieder freigelassen.


==== Autoritärer Führungsstil ====
== Wiederaufbau der SPD ==
Schumacher sah die [[Politische Partei|Partei]] als wichtigste Trägerin des politischen Systems an. Angesichts der großen Aufgaben im Nachkriegschaos, denen sich die frühe bundesdeutsche Politik stellen musste, sicher aber auch persönlichkeitsbedingt, war für ihn die Einheit der Partei eines der wichtigsten Ziele.


Zu den oft kritisierten Eigenschaften Kurt Schumachers gehörte sein autoritärer Führungsstil. Der in dieser Hinsicht vollkommen gegensätzlich gelagerte [[Willy Brandt]] charakterisierte ihn in seinem Buch ''Links und frei'' so: „Ich begriff&nbsp;– etwas widerstrebend&nbsp;– die magnetische Wirkung, die er auf viele ausübte. Er bat nicht, er forderte. Er wog nicht Argumente gegeneinander ab, sondern schleuderte das Ergebnis seines Nachdenkens in den Zuhörerkreis&nbsp;– und dies mit erheblichem Stimmaufwand.“
Unmittelbar nach Kriegsende und der Befreiung Deutschlands vom [[Nationalsozialismus]] begann Kurt Schumacher mit dem Wiederaufbau der [[SPD]]. Wie [[August Bebel]] auch, wird Schumacher als ''wahrer Volkstribun, mitreißender Redner, Führer an den glaubte, wer zur SPD gehörte'' ([[Peter Lösche]]) beschrieben.


Schumacher verlangte von den Mitgliedern der SPD eine eiserne [[Parteidisziplin]] und war Verfechter des [[Fraktionszwang]]s. Innerhalb der SPD gab es nur wenige, die ihm widersprachen, geschweige denn seinen Führungsanspruch in Frage stellten. Das Fraktionsmitglied [[Heinrich Ritzel]] erklärte die Tatsache, dass Schumacher auch in parteiinternen Diskussionen kaum Widerspruch erntete, mit der scharfen Art von Schumachers Argumentation, die viele bereits „frühzeitig verstummen ließ“; andere „schwiegen gegenüber dem Mann, der durch seine physischen Leiden so etwas wie Unantastbarkeit ausstrahlte.“ Einer der wenigen, die Schumachers Stil offen kritisierten, war der ehemalige Reichstagspräsident [[Paul Löbe]]. In einem Brief an Schumacher schrieb er: „Du weißt, wie sehr wir Dich alle schätzen […] daß aber nun überhaupt keine andere Meinung in der Partei laut werden soll als die Deine, scheint mir etwas zu viel verlangt […] wohl zehnmal haben Genossen mich schon gefragt, ist denn niemand da, der Kurt das einmal offen sagt. Ja, ja, es gibt Leute, die sich davor zu fürchten scheinen. Schließlich aber kann eine gesunde Politik nicht nur dadurch betrieben werden, daß man die anderen rechts und links dreimal täglich vor den Kopf stößt.“
Er wollte die Fehler der [[Weimarer Republik]] vermeiden und griff in seinen inhaltlichen Konzepten auf Überlegungen schon aus der Weimarer Zeit und auf die der Sozialdemokraten im Exil zurück. Zum ersten mal in der Geschichte der SPD gelang es ihm, einen breiten Konsens darüber herzustellen, die SPD zu einer pluralistischen linken [[Volkspartei (Parteityp)|Volkspartei]] auszubauen, die programmatisch einen demokratischen Sozialismus propagierte. Er bahnte somit den Weg für das [[Godesberger Programm]], trieb die programmatische Entwicklung der Partei zu den späteren Grundsätzen jenes 1959 verabschiedeten Programms nicht nur voran, sondern erstickte auch innerparteiliche Diskussionen, die immer wieder beispielsweise von Carlo Schmid angeregt wurden, im Keim.


SPD-Politiker, die öffentlich eine abweichende Meinung vertraten, wurden von ihm scharf angegriffen, so zum Beispiel [[Wilhelm Hoegner]] und [[Wilhelm Kaisen]]. Im Fall Hoegner geriet der fast schon militante Zentralist mit dem ebenso vehementen bayerischen Föderalisten aneinander. Während Hoegner Schumachers „Diktator-Allüren“ kritisierte, sah Schumacher in Hoegner einen Separatisten, der mit der [[Bayernpartei]] darüber wetteifere, wer der überzeugtere Bayer sei. Mit Hilfe seines Büros, der bayerischen SPD (die Hoegners Positionen ebenfalls für weit übertrieben hielt) und des ehemaligen Londoner Emigranten [[Waldemar von Knoeringen]] gelang es Schumacher schließlich, Hoegner innerhalb der SPD zu isolieren. Im Fall Paul Löbe begründete Schumacher seine Einstellung wie folgt: „Die individuelle Meinungsfreiheit ist auch in der Öffentlichkeit gesichert. Wenn aber einmal Entschlüsse vorliegen, dann müssen sie auch respektiert werden. Es kann auch nicht nach Beschlussfassung die Diskussion in jedem Moment von neuem beginnen.“ Die „demokratische Freiheit“ lag für Schumacher „in der Einordnung in die große Idee, deren praktische Gestaltung demokratisch fixiert ist.“
Bereits am [[6. Mai]] [[1945]], zu einem Zeitpunkt als die Bildung politischer Parteien von der britischen Besatzungsmacht noch verboten war, wurde Schumacher von etwa 130 sozialdemokratischen Funktionären in Hannover zum lokalen Vorsitzenden gewählt.


Im Gegensatz aber zu möglichen Kontrahenten hatte Schumacher die Vorteile klar auf seiner Seite. Er besaß ein kohärentes politisches Konzept für die Nachkriegszeit, er hatte die Achtung und den Respekt der Parteimitglieder, den politischen Durchsetzungswillen sowie eine Organisation, um diesen Willen auch durchzusetzen&nbsp;– alles Faktoren, die den anderen fehlten.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Peter Brandt (Historiker)|Peter Brandt]] |url=http://library.fes.de/fulltext/historiker/00574004.htm#LOCE9E4 |titel=Demokratischer Sozialismus – Deutsche Einheit – Europäische Friedensordnung: Kurt Schumacher in der Nachkriegspolitik (1945–1952) |werk=fes.de |datum=1995 |abruf=2020-10-13}}</ref>
Schumacher bewies in dem Nachkriegschaos großes organisatorisches Geschick und stieg in kurzer Zeit zur unangefochtenen Führungsfigur der Sozialdemokratie in den westlichen Besatzungszonen auf. Im [[Juli]] 1945 gaben ihm elf westdeutsche Parteibezirke die Vollmacht, "den früheren Reichtagsabgeordneten Dr. Kurt Schumacher mit der organisatorischen und politischen Führung der Partei im gesamten Reich" zu beauftragen. Am [[10. Mai]] [[1946]], vier Wochen nach der von ihm heftig bekämpften Zwangsvereinigung von [[KPD]] und [[SPD]] zur [[SED]] in der [[Sowjetische Besatzungszone|sowjetischen Zone]] wurde Schumacher schließlich mit 244 von 245 Stimmen zum Parteivorsitzenden der SPD in den drei westlichen Besatzungszonen gewählt. Das "Büro Dr. Schumacher" in Hannover entwickelte sich zur faktischen Parteizentrale, seine Mitarbeiter wie [[Erich Ollenhauer]], [[Egon Franke]], [[Alfred Nau]], [[Herbert Kriedemann]] und [[Herta Gotthelf]] bildeten das organisatorische Grundgerüst der SPD.


=== Erster Oppositionsführer der Bundesrepublik, 1946–1952 ===
===Autoritärer Führungsstil===
Schumacher lehnte 1946 das Angebot der [[Alliierte]]n ab, Ministerpräsident [[Württemberg-Baden]]s zu werden, da er sich nicht regional in seinen Aktionen beschränken wollte. Er wurde stattdessen im selben Jahr zum Vorsitzenden des [[Zonenbeirat]]s in der [[Britische Besatzungszone|Britischen Besatzungszone]] gewählt.


[[Datei:Wahl1949.png|mini|Stimmenverteilung Bundestagswahl 1949]]
Schumacher sah die [[Politische Partei|Partei]] als wichtigste Trägerin des politischen Systems an. Im Nachkriegschaos, angesichts der großen Aufgaben, denen sich die frühe bundesdeutsche Politik stellen musste, sicher aber auch persönlichkeitsbedingt, war für ihn die Einheit der Partei eines der wichtigsten Ziele.


Bei der [[Bundestagswahl 1949]] wurde Kurt Schumacher als Abgeordneter des [[Bundestagswahlkreis Stadt Hannover II|Wahlkreises Hannover-Süd]] mit 55,1 % der dort abgegebenen gültigen Stimmen in den ersten [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestag]] gewählt. Bundesweit unterlag die SPD nach anfänglich gegenteiligen Prognosen mit 29,2 % der Stimmen gegenüber [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]/[[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]], die 31,0 % der Stimmen auf sich vereinigen konnten.
Zu den Schattenseiten Kurt Schumachers gehört sein [[autoritärer Führungsstil]]. Der in seinem Führungsstil vollkommen gegenstzlich gelagerte [[Willy Brandt]] charakterisierte ihn in seinem Buch "Links und frei": ''Ich begriff - etwas widerstrebend - die magnetische Wirkung, die er auf viele ausübte. Er bat nicht, er forderte. Er wog nicht Argumente gegeneinander ab, sondern schleuderte das Ergebnis seines Nachdenkens in den Zuhörerkreis - und dies mit erheblichem Stimmaufwand.''


Im Gegensatz zu vielen anderen in der SPD, namentlich etwa den Landespolitikern [[Wilhelm Kaisen]] (Bremen), [[Max Brauer]] (Hamburg) und [[Hermann Lüdemann (Politiker)|Hermann Lüdemann]] (Schleswig-Holstein), sprach Schumacher sich entschieden gegen eine [[große Koalition]] und damit für eine Oppositionsrolle der SPD aus. Die beiden unumstrittenen Parteiführer der großen Parteien waren gegen starke innerparteiliche Opposition für eine klare Richtungsentscheidung durch die Wahlen. Auch persönlich wären sowohl ein Minister Schumacher in einem Kabinett [[Konrad Adenauer|Adenauer]] als auch die umgekehrte Konstellation nur schwer vorstellbar gewesen. Bereits auf einer Wahlversammlung im Oktober 1946 sah Schumacher die Rolle der SPD in der Opposition als Möglichkeit. Die Sozialdemokraten fürchteten sich „auch nicht vor einem gefährlichen Leben in der Opposition, denn wir Sozialdemokraten sagen uns, es ist besser für uns und die Welt, wenn die Opposition einmal von einer internationalistischen demokratischen Partei als von Chauvinisten und Nationalisten und allen Reaktionären, die ja augenblicklich bei der CDU untergekrochen sind, soweit sie nicht im Osten des Reiches bei der SED sind.“
Schumacher verlangte von den Mitgliedern der SPD eine eiserne [[Parteidisziplin]] und war Verfechter des [[Fraktionszwang]]s. SPD-Politiker, die öffentlich eine abweichende Meinung vertraten, wurden von ihm scharf angegriffen (z.B. [[Wilhelm Hoegner]] und [[Wilhelm Kaisen]]). Im Fall Hoegner geriet der fast schon militante Zentralist mit dem ebenso vehementen bayerischen Föderalisten aneinander. Während Hoegner Schumachers ''Diktator-Allüren'' kritisierte, sah Schumacher in Hoegner nicht ganz zu unrecht einen Separatisten, der mit der [[Bayernpartei]] darüber wetteiferte, wer der überzeugtere Bayer sei. Mit Hilfe seines Büros, der bayerischen SPD, die von Hoegners Positionen ebenfalls für weit übertrieben hielt, und des ehemaligen Londoner Emigranten [[Waldemar von Knoeringen]] gelang es Schumacher schließlich, Hoegner innerhalb der SPD zu isolieren.


Konrad Adenauer wurde erster [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]] und Kurt Schumacher als erster [[Opposition (Politik)|Oppositionsführer]] sein Gegenspieler im Bundestag. Im Gegensatz zur Praxis in der [[Weimarer Republik]] begriff er die Oppositionsrolle stets als konstruktiv. Die Opposition sollte nach Schumachers Meinung nicht in erster Linie die Regierung kritisieren, sondern selbst in der Lage sein, bessere oder zumindest gleichwertige Lösungsvorschläge zu liefern. Mit dieser parlamentarischen Stiländerung hinterließ er vielleicht sein wichtigstes Vermächtnis für das [[Politisches System Deutschlands|politische System der Bundesrepublik]]. In der Gegenüberstellung mit dem „Fuchs“ Adenauer beschreibt sein Biograf [[Peter Merseburger]] ihn in Anlehnung an [[Niccolò Machiavelli|Machiavellis]] Terminologie als „Löwen“. Ausgesprochen willensstark, polemisch und scheinbar unbeirrbar in seinen Vorstellungen, bildete er das in der Wahrnehmung der Zeitgenossen ebenso charismatische Gegenbild zum ersten Bundeskanzler. Der [[Preußen|preußische]] [[Sozialismus|Sozialist]] Schumacher war in den ersten Nachkriegsjahren in der [[Öffentliche Meinung|öffentlichen Meinung]] der klar dominierende Politiker Westdeutschlands. Erst durch die Wahl des [[Rheinland|rheinischen]] [[römisch-katholische Kirche|Katholiken]] Adenauer zum Kanzler und den fast gleichzeitig einsetzenden endgültigen körperlichen Verfall Schumachers wandelte sich dieses Bild.
Im Fall [[Paul Löbe]] begründete Schumacher: ''Die individuelle Meinungsfreiheit ist auch in der Öffentlichkeit gesichert. Wenn aber einmal Entschlüsse vorliegen, dann müssen sie auch respektiert werden. Es kann auch nicht nach Beschlussfassung die Diskussion in jedem Moment von neuem beginnen.'' Die ''demokratische Freiheit'' lag für Schumacher ''in der Einordnung in die große Idee, deren praktische Gestaltung demokratisch fixiert ist.''


Schumacher war unumstrittener Führer der SPD-Fraktion. Obwohl er mit dem Plan scheiterte, den Fraktionszwang in die Geschäftsordnung schreiben zu lassen, übte er ihn praktisch konsequent aus. Gerade aus der Weimarer Erfahrung heraus war er der Ansicht, das Parlament benötige ebenso wie eine handlungsfähige Regierung eine geschlossene Opposition, die in der Lage wäre, die Regierung zu übernehmen. In der deutschen Tradition schuf er so erst das (inoffizielle) Amt des Oppositionsführers.
Innerhalb der [[SPD]] gab es wenige, die widersprachen, geschweige denn seinen Führungsanspruch in Frage stellten. Das Fraktionsmitglied [[Heinrich Ritzel]] erklärt die Tatsache, dass Schumacher auch in parteiinternen Diskussionen kaum widerspruch erntete, damit, dass die scharfe Art der Schumacherschen Argumentation viele bereits ''frühzeitig verstummen ließ'', andere ''schwiegen gegenüber dem Mann, der durch seine physischen Leiden so etwas wie Unantastbarkeit ausstrahlte.'' Einer der wenigen, die Schumachers Stil offen kritisierten, war Paul Löbe. In einem Brief an Schumacher schrieb er: ''... Du weißt wie sehr wir Dich alle schätzen ... daß aber nun überhaupt keine andere Meinung in der Partei laut werden soll als die Deine, scheint mir etwas zu viel verlangt ... wohl zehnmal haben Genossen mich schon gefragt, ist denn niemand da, der Kurt das einmal offen sagt. Ja, ja, es gibt Leute, die sich davor zu fürchten scheinen. Schließlich aber kann eine gesunde Politik nicht nur dadurch betrieben werden, daß man die anderen rechts und links dreimal täglich vor den Kopf stößt.''


Im September 1948 musste Schumachers linkes Bein aufgrund [[Periphere arterielle Verschlusskrankheit|arterieller Durchblutungsstörungen]] amputiert werden.
Im Gegensatz aber zu möglichen Kontrahenten hatte Schumacher die Vorteile klar auf seiner Seite. Er besaß ein kohärentes politische Konzept für die Nachkriegszeit, er hatte die Achtung und den Respekt der Parteimitglieder, den politischen Durchsetzungswillen und eine Organisation, um diesen Willen auch durchzusetzen - alles Faktoren, die den anderen fehlten.


1949 kandidierte Schumacher bei den [[Wahl des deutschen Bundespräsidenten 1949|Wahlen]] zum Amt des [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]], unterlag aber dem [[Freie Demokratische Partei|FDP]]-Kandidaten [[Theodor Heuss]], der auch von den Unionsparteien mitgetragen wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Alexander Kohnen |url=https://www.morgenpost.de/politik/article207665441/Wer-schon-alles-Bundespraesident-werden-wollte.html |titel=Wer schon alles Bundespräsident werden wollte |werk=[[Berliner Morgenpost|morgenpost.de]] |datum=2016-06-10 |abruf=2020-10-13}}</ref> Diese Kandidatur Schumachers war aber nicht im Sinne eines Rückzuges aus der aktiven Politik hin zur Übernahme einer repräsentativeren Aufgabe zu verstehen. Indem er sich selbst zur Wahl stellte, beugte Schumacher immer lauter werdenden Forderungen aus Koalitionskreisen vor, einen SPD-Politiker an die Spitze des Staates zu wählen.
== Erster Oppositionsführer der Bundesrepublik ==


=== Privatleben und Tod ===
Schumacher lehnt 1946 das Angebot der [[Alliierte]]n ab, Ministerpräsident [[Baden-Württemberg]]s zu werden, da er sich nicht regional in seinen Aktionen beschränken will. Er wird allerdings im selben Jahre zum Vorsitzenden des Zonenbeirats in der [[Britische Besatzungszone|Britischen Besatzungszone]] gewählt.
[[File:Kurt Schumacher Ehrengrab Ricklingen.jpg|mini|hochkant|Ehrengrab auf dem Stadtfriedhof Ricklingen]]
[[Datei:2025-04-23 Stolperstein für Kurt Schumacher,.jpg|mini|[[Stolpersteine|Stolperstein]] für Kurt Schumacher in Hannover-Südstadt]]


Als Jurastudent in Leipzig lernte er seine Cousine Dora kennen, mit der er&nbsp;– von der Zeit im KZ abgesehen&nbsp;– eine lebenslange Liebesbeziehung aufrechterhielt. Eine Heirat mit ihr lehnte er allerdings ab. „Ich habe mich nie an Menschen geklammert“, sagte er später&nbsp;– allerdings dürften diese dann auch keine Ansprüche an ihn stellen.
[[1949]] wird Kurt Schumacher in den ersten [[Bundestag|Deutschen Bundestag]] gewählt. Die SPD unterliegt nach anfänglich gegenteiligen Prognosen mit 29,2 % der Stimmen gegenüber [[CDU]]/[[CSU]], die 31,0 % der Stimmen auf sich vereinigen können.


Schumacher war [[Kettenraucher]] und erlitt 1951 einen [[Schlaganfall]]. Am 20. August 1952 starb der schwerkranke Politiker im Alter von 56 Jahren in Bonn.<ref>Volker Klimpel (2004), S. 323.</ref> Beigesetzt wurde er in [[Hannover]] auf dem [[Stadtfriedhof Ricklingen]] in einem [[Ehrengrab]]. An den Straßen zwischen Bonn und Hannover standen hunderttausende Menschen und erwiesen ihm die letzte Ehre. Die ''[[Süddeutsche Zeitung]]'' schrieb in ihrem Nachruf: „Wir brauchen Dich, obwohl Du unser Gegner bist, und wir wissen es.&nbsp;[…] Und das weitere Tröstliche ist darin enthalten, daß<!--sic--> es hier keiner mittelmäßigen und mittellauwarmen Persönlichkeit entgegenwallte, keinem ‚Wirte wundermild‘, sondern einem Strengen, Abweisenden, Unerbittlichen.“
Im Gegensatz zu vielen anderen in der SPD, namentlich den Landespolitikern [[Wilhelm Kaisen]] (Bremen), [[Max Brauer]] (Hamburg) und [[Hermann Lüdemann]] (Schleswig-Holstein) sprach er sich entschieden gegen eine [[Große Koalition]] und damit für eine Oppositionsrolle der SPD aus. Beide unumstrittene Parteiführer der großen Parteien sind gegen starke innerparteiliche Opposition für eine klare Richtungsentscheidung durch die Wahlen. Auch persönlich wäre sowohl ein Minister Schumacher in einem Kabinett Adenauer als auch die umgekehrte Konstellation nur schwer vorstellbar gewesen. Bereits auf einer Wahlversammlung im Oktober 1946 sah er die Rolle der SPD in der Opposition als Möglichkeit. Die Sozialdemokraten fürchteten sich ''auch nicht vor einem gefährlichen Leben in der Opposition, den wir Sozialdemokraten sagen uns, es ist besser für uns und die Welt, wenn die Opposition einmal von einer internationalistischen demokratischen Partei als von Chauvinisten und Nationalisten und allen Reaktionären, die ja augenblicklich bei der CDU untergekrochen sind, soweit sie nicht im Osten des Reiches bei der SED sind.''


Schumachers [[Totenmaske]] wurde 2018 aus dem Nachlass Annemarie Rengers an die [[Gedenkstätte Deutscher Widerstand]] weitergereicht. Im April 2025 wurde vor Schumachers ehemaligem Wohnhaus in Hannover ein [[Stolpersteine|Stolperstein]] verlegt. Dieser befindet sich an der Heinrich-Heine-Straße 4 im Stadtteil [[Südstadt (Hannover)|Südstadt]] (ehemals Memelerstraße 63).<ref>{{Internetquelle |url=https://www.hannover.de/Aus-Stadt-Region/Hannover-ehrt-Kurt-Schumacher-mit-einem-Stolperstein-einer-neuen-Stadttafel |titel=Hannover ehrt Kurt Schumacher mit einem Stolperstein & einer (neuen) Stadttafel |hrsg=Landeshauptstadt Hannover |datum=2025-04-24 |sprache=de |abruf=2025-04-24}}</ref>
[[Konrad Adenauer]] wird erster [[Bundeskanzler (Deutschland)|Bundeskanzler]], Kurt Schumacher wird als erster [[Opposition]]sführer sein Gegenspieler im Bundestag. Im Gegensatz zur Praxis in der [[Weimarer Republik]] begriff er die Oppositionsrolle stets als konstruktiv. Die Opposition sollte nicht in erster Linie die Regierung kritisieren, sondern selbst in der Lage sein, bessere oder zumindest gleichwertige Konzeptionen zu liefern. Mit dieser parlamentarischen Stiländerung hinterließ er vielleicht sein wichtigstes Vermächtnis für das [[Politisches System Deutschlands|Politische System der Bundesrepublik]].


== Politische Vorstellungen Schumachers ==
Schumacher war unumstrittener Führer der SPD-Fraktion; obwohl er mit dem Plan scheitert, den Fraktionszwang in die Geschäftsordnung schreiben zu lassen, übt er ihn praktisch konsequent aus. Er war, auch aus der Weimarer Erfahrung heraus, der Ansicht, dass das Parlament ebenso wie eine handlungsfähige Regierung eine geschlossene Opposition benötigte, die auch in der Lage wäre die Regierung zu übernehmen. In der deutschen Tradition schuf er so erst das Amt des Oppositionsführers.
Zentral für Schumachers politische Vorstellungen ist der Begriff des [[Volk]]es in seinen beiden Bedeutungsebenen: sowohl als Begriff für den [[Dritter Stand|dritten Stand]], die ausgebeuteten und unterdrückten Massen, als auch im Sinne eines Staatsvolkes. Kurt Schumacher wollte ein demokratisches und sozialistisches, ungeteiltes Deutschland, möglichst [[Deutsches Reich in den Grenzen vom 31. Dezember 1937|in den Grenzen von 1937]]. Deutschland sollte möglichst schnell seine [[Souveränität]] wiedererlangen und seinen Platz unter den freien Völkern Europas einnehmen. Er stand in der Tradition der [[Deutsche Revolution 1848/1849|Revolution von 1848]] und der [[Novemberrevolution]] von 1918, er kämpfte für einen unitarischen [[Verfassung]]sstaat, [[Wahl|freie Wahlen]], [[Parteiendemokratie]], [[Parlamentarismus]], die Überwindung des Obrigkeitsstaates und der [[Kapitalismus|kapitalistischen]] [[Soziale Klasse|Klassengesellschaft]]. Für ihn war die SPD die einzige Partei, die weder durch den Nationalsozialismus noch durch den [[Stalinismus]] belastet war. Die Sozialdemokraten seien deshalb als einzige in der Lage, ein freies Deutschland in ein freies Europa zu führen und so zum Spannungsabbau zwischen den [[Großmacht|Großmächten]] beizutragen.


Schumacher besaß in seinen Politikkonzeptionen den Vor- und Nachteil, nie administrative Macht innegehabt zu haben. Ein Vorteil, weil er seine Vorstellungen so nie an der Realität messen musste, undurchführbare Pläne nicht offensichtlich wurden und innere Widersprüche weniger offensichtlich waren; ein Nachteil, da er so kaum einem Druck zum Lernen ausgesetzt war. Er konnte seine Positionen beibehalten, auch in einer weltgeschichtlichen Lage, die sich rapide änderte. So führte er die SPD in eine programmatische Isolation. Aus dieser Lage konnte sich die SPD bis in die späten 1950er Jahre nicht befreien.
1949 kandidiert Schumacher bei den Wahlen zum Amt des [[Bundespräsident (Deutschland)|Bundespräsidenten]], unterliegt aber dem [[FDP (Deutschland)|FDP]]-Kandidaten [[Theodor Heuss]], der auch von den Unionsparteien mitgetragen wird (s. [[Bundespräsidentenwahl 1949]]). Dieses Verhalten Schumachers ist aber nicht im Sinne eines Rückzuges aus der aktiven Politik hin zur Übernahme einer repräsentativeren Aufgabe zu verstehen. Dadurch daß er sich selbst zur Wahl stellte, beugte Schumacher immer lauter werdenden Forderungen aus Koalitionskreisen, einen SPD-Politiker an die Spitze des Staates zu wählen, vor.


Der Politikwissenschaftler [[Franz Walter (Politikwissenschaftler)|Franz Walter]] vertritt die Ansicht, Schumachers Person und insbesondere seine Rhetorik, die dem „unversöhnlichen, schrillen, verletzenden und apodiktischen Agitationsstil der 1920er-Jahre“ entsprungen sei, habe der SPD realpolitisch stark geschadet: „Schumachers Rechthaberei schloss zwar rasch die Reihen der Sozialdemokraten, vergraulte aber potenzielle Sympathisanten. Er führte die SPD in allen entscheidenden Fragen in eine Sackgasse. […] Die Sozialdemokraten saßen schmollend und phlegmatisch in ihrer Wagenburg und warteten auf die Krise der Erhard’schen Marktwirtschaft. Im Übrigen pflegten sie das sozialistische Brauchtum, führten am [[Erster Mai|Ersten Mai]] ihre roten Nelken spazieren und beschworen feierlich die Solidarität. Auf junge Leute übte das in den Aufbruchsjahren der jungen Republik keinen großen Reiz aus.“<ref>Franz Walter: ''Im Herbst der Volksparteien. Eine kleine Geschichte von Aufstieg und Rückgang politischer Massenintegration''. transcript Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1141-0, S. 64.</ref>
Am 20. August 1952 stirbt der schwerkranke Schumacher an den Spätfolgen der langen KZ-Haft in Bonn.


=== Sozialismus ===
Beigesetzt wird er in [[Hannover (Stadt)|Hannover]]. An den Straßen zwischen Bonn und Hannover stehen Hunderttausende Menschen und geben ihm die letzte Ehre. Die [[Süddeutsche Zeitung]] scheibt in ihrem Nachruf: ''Wir brauchen Dich, obwohl Du unser Gegner bist, und wir wissen es. ... Und das weitere Tröstliche ist darin enthalten, daß es hier keiner mittelmäßigen und mittellauwarmen Persönlichkeit entgegenwallte, keinem "Wirte wundermild", sondern einem Strengen, Abweisenden, Unerbittlichen."
Schumacher war vom programmatischen Erbe der Bebelschen SPD geprägt. Für ihn war die Überwindung des Klassenkampfes eines der zentralen Politikziele. Seiner Meinung nach könne dies nur durch die [[Verstaatlichung]] der Schlüsselindustrien geschehen. Ebenso tief war er vom Scheitern der [[Weimarer Republik]] beeinflusst und meinte, eine der Ursachen dafür in der mangelnden Demokratisierung der Wirtschaft zu finden. Insbesondere im Nachkriegschaos plädierte er –&nbsp;ähnlich wie die [[Labour]]-Party in Großbritannien, aber auch bedeutende Teile der CDU&nbsp;– für eine [[Planwirtschaft]], um die Versorgung der Bevölkerung mit dem Notwendigsten sicherzustellen.


=== Demokratie ===
== Politische Vorstellungen Schumachers ==
Demokratie und die Beteiligung des Volkes an der Macht ließen sich für Schumacher am besten mit freien und allgemeinen Wahlen durchsetzen. Wegen der zahlenmäßigen Überlegenheit des Volkes gegenüber den traditionellen Funktionseliten seien Wahlen der sicherste Weg, die Privilegien der Funktionseliten zu beseitigen. Konzeptionen wie die der [[Bolschewiki]], die die Volksherrschaft erst nach einer Zeit der [[Diktatur des Proletariats]] anvisierten, lehnte er ab. Für ihn führten nur demokratische Verfahrensweisen auch zu einer Volksherrschaft.


=== Antikommunismus ===
Zentral für Schumachers politische Vorstellungen war der Begriff des [[Volk]]es in seinen beiden Bedeutungsebenen, sowohl als Begriff für den [[Dritter Stand|dritten Stand]] der [[Französische Revolution|französischen Revolution]], die ausgebeuteten und unterdrückten Massen, als auch im Sinne eines Staatsvolkes. Kurt Schumacher wollte ein demokratisches und sozialistisches ungeteiltes Deutschland, möglichst in den Grenzen von [[1937]], das möglichst schnell seine Souveränität wiedererlangen und seinen Platz unter den freien Völkern Europas einnehmen sollte. Er stand in der Tradition der Revolutionen von [[1848]] und [[1918]], er kämpfte für einen unitarischen Verfassungsstaat, freie Wahlen, Parteiendemokratie, Parlamentarismus, die Überwindung des Obrigkeitsstaates und der kapitalistischen Klassengesellschaft. Für ihn war die SPD die einzige Partei, die weder durch den Nationalsozialismus noch durch den Stalinismus belastet war, und deshalb als einzige in der Lage, ein freies Deutschland in ein freies Europa zu leiten und so zum Spannungsabbau zwischen den Großmächten beizutragen. Schumacher besaß in seinen Politikkonzeptionen den Vor- und Nachteil, nie administrative Macht inne zu haben: Den Vorteil, weil er seine Vorstellungen so nie an der Realität messen musste, undurchführbare Pläne nicht offensichtlich wurden und innere Widersprüche weniger offensichtlich wurden; den Nachteil, dass er so kaum einem Druck zum Lernen ausgesetzt war. Er konnte die Positionen beibehalten auch in einer weltgeschichtlichen Lage, die sich rapide änderte. So führte er die SPD in eine programmatische Isolation, aus der sich wieder zu befreien sie lange Zeit, bis in die [[1960er]] hinein, braucht.
Bekannt ist Kurt Schumachers Entgegnung der kommunistischen [[Sozialfaschismusthese]], wonach Kommunisten nichts anderes „als rotlackierte [[Nazi]]s“ seien. Nachdem er diesen Ausdruck 1930 als „rotlackierte Doppelausgabe der Nationalsozialisten“ eingeführt hatte, verschärfte Schumacher im Mai 1946 den Ton, indem er von „rotlackierten [[Faschismus|Faschisten]]“ sprach. Geprägt von Erfahrungen in den frühen 1920er Jahren, als Schumacher sich über den [[Albert Leo Schlageter|Schlageter]]-Kurs der KPD und ihren Faschismus-Vorwurf gegen die SPD empört hatte, änderte sich seine grundlegende Haltung gegenüber der kommunistischen Partei danach nicht mehr. Er warf der KPD „Klassenverrat“ vor, da sie die Weimarer Republik untergraben habe, anstatt sie zu verteidigen. Dadurch habe sie den Aufstieg der Nationalsozialisten erst ermöglicht. Kommunistische Umsturzversuche in Ungarn, Italien und dem Balkan hätten demokratische Arbeiterschaft und demokratisches Bürgertum geschwächt, so dass in der Folge insbesondere faschistische Parteien von den neuen Kraftverhältnissen profitiert hätten.<ref name="Schmei253">[[Mike Schmeitzner]]: ''Der Totalitarismusbegriff Kurt Schumachers. Politische Intention und praktische Wirksamkeit.'' In: Mike Schmeitzner (Hrsg.): ''Totalitarismuskritik von links: deutsche Diskurse im 20. Jahrhundert''. Vandenhoeck & Ruprecht, 2007, ISBN 978-3-525-36910-4, S. 253–257.</ref>


Für Schumacher war die KPD auch bei ihrer Neugründung 1945 ein willenloses Vollstreckungsorgan der [[Sowjetunion|sowjetischen]] Außenpolitik; in ihren Beschwörungen von [[Demokratie]] und deutscher Einheit sah er bloße Taktik. Mit einer „neo-nationalistischen“ Sprache, die „gleich der des alten Nazismus“ sei, betreibe die KPD und später die SED eine „nationalrussische Politik mit nationaldeutschen Phrasen.“ Auf ein Verhandlungsangebot der [[Volkskammer]] reagierte er am 30. Januar 1951 im Bundestag so: „Die deutschen Demokraten können nur mit Deutschen über Deutschland verhandeln, aber nicht mit Gesinnungsrussen, deren Deutschtum eine bloße Äußerlichkeit ist.“
===Sozialismus===


Obwohl es in der SPD Stimmen gab, die ein Zusammengehen mit den Kommunisten befürworteten, vollzog Schumacher bereits im Sommer 1945 eine klare Trennung von der wenige Monate später zur Vereinigung mit der KPD bereiten Parteiführung der SPD in der SBZ unter Otto Grotewohl. Die von ihm durchgesetzte Abgrenzung der SPD vom Kommunismus bestimmte die Partei bis in die 1970er hinein; erst diese Abgrenzung isolierte den organisierten Kommunismus von seinen wichtigsten Ansprechpartnern, der SPD und den von ihr dominierten [[Gewerkschaft]]en, und verhinderte so seinen Einfluss auf die gesellschaftliche Mitte.<ref name="Schmei253" />
Schumacher entstammte dem Erbe der Bebelschen SPD. Für ihn war die Überwindung des Klassenkampfes eines der zentralen Politikziele. Seiner Meinung nach konnte dies nur durch die [[Verstaatlichung]] der Schlüsselindustrien geschehen. Er war tief vom Scheitern der [[Weimarer Republik]] geprägt und meinte eine der Ursachen dafür in der mangelnden Demokratisierung der Wirtschaft zu sehen. Insbesondere im Nachkriegschaos plädierte er, ähnlich wie die [[Labour]]-Party in Großbritannien, für eine [[Planwirtschaft]], um die Versorgung der Bevölkerung mit dem notwendigsten sicherzustellen.


===Demokratie===
=== Patriotismus ===
Der Politologe [[Hans-Peter Schwarz (Historiker)|Hans-Peter Schwarz]] beschrieb Schumacher als „mit Getöse national.“ In einem Aufruf aus dem Jahr 1945 schrieb Schumacher: „Mag das Verbrechen des deutschen Nazismus an der Welt noch so schwer sein, das deutsche Volk kann und darf nicht darauf verzichten, sein Reich […] als nationales und staatliches Ganzes zu behaupten. Für die arbeitenden Massen sind Idee und Tatsache des Deutschen Reiches nicht nur nationalpolitisch, sondern auch klassenpolitisch eine Notwendigkeit. Ihr politischer und wirtschaftlicher Befreiungskampf ist ohne diese Grundlage zur Erfolglosigkeit verurteilt.“


Der gebürtige Preuße war fest davon überzeugt, es sei einer der schwersten Fehler der Weimarer Linken gewesen, die „nationale Idee“ den Konservativen und Nationalsozialisten zu überlassen. Nie wieder solle die SPD als national illoyal diskreditiert werden können. Mit Leidenschaft allerdings griff er Kräfte an, die seiner Überzeugung nach mit dem Nationalsozialismus paktiert hatten. Für ihn verlief der Gegensatz nicht zwischen national und international, sondern zwischen national und nationalistisch. [[Nationalismus]] war 1947 für ihn „die heutige Form des [[Nihilismus]] in der Welt“ und damit zutiefst abzulehnen. Die Rolle der SPD sah er 1950 in den Verhandlungen zum Europarat darin, „durch Wahrung der nationalen Rechte den Nationalismus unmöglich zu machen und ihn unter Zustimmung des ganzes Volkes zerschlagen zu können.“
Folgend seinem Volksbegriff bedeutete Demokratie für Schumacher Volksherrschaft und damit die Herrschaft der Arbeiter und normalen Menschen. Die Massen stellten bei weitem die Mehrheit in der Bevölkerung, und wenn sie sich ihrer erst bewusst geworden waren, würden sie die wahre Volksherrschaft durch Wahlen herstellen. Konzeptionen wie die der [[Bolschewiki]], die die Volksherrschaft erst nach einer Zeit der [[Diktatur des Proletariats]] anvisierten, lehnte er ab. Für ihn führten nur demokratische Verfahrensweisen auch zu einer Volksherrschaft.


Seine Art, dem Patriotismus Ausdruck zu verleihen, machte es allerdings seinen Gegnern leicht, ihn außenpolitisch als linken Nationalisten zu isolieren. Insbesondere, da Schumacher als aktiver [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstandskämpfer]] bereits im KZ gesessen hatte –&nbsp;während viele westliche Staatsmänner [[Adolf Hitler]] noch hofiert hatten&nbsp;– meinte er, es sich leisten zu können, auf Augenhöhe, wenn nicht sogar aus einem Gefühl moralischer Überlegenheit heraus gegenüber den Siegermächten auftreten zu können. Deren Wahrnehmung, dass Schumacher zwar als Individuum Widerstand geleistet habe, damit jedoch keineswegs ein typischer Deutscher sei, konnte oder wollte er nicht sehen. Auch nach dem Krieg arbeiteten die westlichen Staaten mit den Repräsentanten der Klassen und Schichten zusammen, die nach Schumachers Meinung die Republik nur ungenügend verteidigt hatten. Er kam in die Situation, im Ausland als deutscher Nationalist verschrien zu sein, während jene, die seiner Meinung nach Steigbügelhalter des Nationalsozialismus gewesen waren, schon wieder hofiert wurden.
===Antikommunismus===


[[Datei:Berlin Kurt-Schumacher-Platz.jpg|mini|[[Kurt-Schumacher-Platz]], Berlin-Reinickendorf]]
Von Schumacher heutzutage am Bekanntesten ist wahrscheinlich das Zitat der "Kommunisten als rotlackierte Faschisten". Schumacher warf der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] "Klassenverrat" vor, da sie die Weimarer Republik nicht nur nicht verteidigten, sondern aktiv zu ihrem Untergang und damit dem Aufstieg des Nationalsozialismusses beitrugen. Für ihn war die KPD ein willenloses Vollsteckungsorgan der [[Sowjetunion|sowjetischen]] Außenpolitik, in ihren Beschwörungen von [[Demokratie]] und Deutscher Einheit verlogen. Mit einer ''neo-Nationalistischen'' Sprache, die ''gleich der des alten Nazismusses'' sei, betreibe die KPD und später die SED eine ''nationalrussische Politik mit nationaldeutschen Phrasen''. Auf ein Verhandlungsangebot der [[Volkskammer]] reagiert er am 30. Januar 1951 im Bundestag mit seiner üblichen ätzenden Schärfe: ''Die deutschen Demokraten können nur mit Deutschen über Deutschland verhandeln, aber nicht mit Gesinnungsrussen, deren Deutschtum eine bloße Äußerlichkeit ist.''
[[Datei:Kurt Schumacher Denkmal 1.jpg|mini|hochkant|Kurt-Schumacher-Denkmal am Berliner Kurt-Schumacher-Platz von [[Joseph Henry Lonas]] 1968/1970, Zustand im Juni 2021]]
Nach den Erfahrungen mit dem [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrag]] und der deutschen [[Erfüllungspolitik]] meinte Schumacher, dass Härte allein nötig wäre, um wieder die nationale Gleichberechtigung Deutschlands auf internationaler Bühne zu erreichen. Schumachers Position zur [[Europäische Einigung|europäischen Einigung]] und zur [[Westbindung]] der Bundesrepublik blieb inkohärent. Einerseits legte ihn seine leidenschaftliche Ablehnung der [[Sowjetunion]] und des dort praktizierten [[Realsozialismus]] in der Situation des beginnenden [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] faktisch auf eine Westbindung fest. Andererseits widersetzte er sich den Schritten, die diese Festlegung praktisch unterstützten: [[Europarat]], [[Montanunion]] und [[europäische Verteidigungsgemeinschaft]]. Diese erschwerten seiner Auffassung nach die [[deutsche Wiedervereinigung]] dauerhaft oder machten sie ganz unmöglich. Kritisch gegenüber Frankreich, Großbritannien und erst recht den von ihm als kapitalistische Vormacht empfundenen [[Vereinigte Staaten|USA]], verweigerte er sich den Schritten, die eine Westbindung konkretisiert hätten. Verglichen mit den Werten der [[Aufklärung]] und eines freiheitlichen Sozialismus empfand er die faktische Situation in diesen Ländern als zutiefst unbefriedigend und konnte sich nicht zu einer echten Zusammenarbeit mit ihnen überwinden.


Schumacher profilierte sich im [[Deutscher Bundestag|Bundestag]] als scharfer Gegner der Politik der Westeinbindung von Konrad Adenauer. Er sah hierin die Gefährdung einer baldigen Wiedervereinigung. Im Zuge der Auseinandersetzungen um das [[Petersberger Abkommen]] bezeichnete er Adenauer in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1949 als den „Bundeskanzler der [[Alliierte]]n“, woraufhin er für 20 Sitzungstage aus dem Bundestag ausgeschlossen wurde. Doch schon in der darauf folgenden Sitzung, am 2. Dezember 1949, wurde der Sitzungsausschluss im Nachgang zu einer Aussprache zwischen Adenauer und Schumacher aufgehoben.<ref>[[Michael F. Feldkamp]]: ''Der Zwischenruf „Der Bundeskanzler der Alliierten!“ und die parlamentarische Beilegung des Konfliktes zwischen Konrad Adenauer und Kurt Schumacher im Herbst 1949.'' In: Markus Raasch, Tobias Hirschmüller (Hrsg.): ''Von Freiheit, Solidarität und Subsidiarität – Staat und Gesellschaft der Moderne in Theorie und Praxis. Festschrift für [[Karsten Ruppert]] zum 65. Geburtstag'' (= Beiträge zur Politischen Wissenschaft. Band 175). Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-13806-7, S.&nbsp;665–708.</ref> Ähnlich scharfe Worte fand Schumacher 1952 in der Diskussion um den [[Deutschlandvertrag]], der eine [[Wiederbewaffnung]] bei gleichzeitigen Souveränitätsgewinnen der Bundesrepublik brachte und eine Wiedervereinigung auf lange Zeit unmöglich zu machen schien. Wer diesem Vertrag zustimme, polterte er, „hört auf, ein Deutscher zu sein“.<ref>[[Henning Köhler (Historiker)|Henning Köhler]]: ''Adenauer. Eine politische Biographie.'' Propyläen, Berlin 1994, S. 677.</ref> Noch am Vormittag seines Todestages, am 20. August 1952, wandte sich Schumacher gegen Adenauers Politik der Westbindung und erklärte in einer Fernsehaufnahme für die amerikanische [[American Broadcasting Company|ABC]]: „Nach Auffassung der Sozialdemokratie ist die Wiedervereinigung dringender und wichtiger für den Frieden und die Konstituierung Deutschlands als jede Form der Integration eines Teiles Deutschlands mit anderen europäischen Ländern.“<ref>{{Literatur |Autor=Rainer Zitelmann |Titel=Kurt Schumacher: Die deutsche Einheit – Maßstab aller Dinge |Hrsg=Uwe Backes, Eckhard Jesse, Rainer Zitelmann |Sammelwerk=Adenauers Gegner. Streiter für die Einheit |Reihe=Reihe Extremismus und Demokratie |BandReihe=2 |Verlag=Straube |Ort=Erlangen / Bonn / Wien |Datum=1991 |ISBN=3-927491-35-7 |Seiten=71}}</ref>
Bereits im Sommer 1945 vollzieht er eine Trennung von der Ost-SPD unter [[Otto Grotewohl]], obwohl das Bestreben nach einer "Einheit der Arbeiterklasse" in beiden Parteien stark war, obwohl es in anderen Ländern wie [[Italien]] oder [[Frankreich]] eine gemeinsame "Antifaschistische Front" von Kommunisten und Sozialdemokraten gab und obwohl 1945 selbst noch die Westmächte auf eine Zusammenarbeit mit der UdSSR setzten. Er betrieb diesen Kurs, obwohl er auch wusste, wie sehr er den Wahlergebnissen der SPD schaden würde. Lagen die Hochburgen der Arbeiterbewegung doch vor allem in den östlichen Landesteilen, während die bürgerlichen Parteien im katholischen Westen und Süden der neuen Bundesrepublik stärker waren.
Schumacher ist außerdem Urheber der später von Adenauer übernommenen [[Magnettheorie]].


Schumacher entlastete die Wehrmachtssoldaten<ref>Schumacher auf dem [[Liste der SPD-Parteitage|1. Parteitag der SPD]] in den westlichen Besatzungszonen im Mai 1946 in Hannover</ref> und die Angehörigen der [[Waffen-SS]]<ref>Vgl. Schumachers Brief an [[Liebmann Hersch]] vom 30. Oktober 1951, zit. in: [[Jeffrey Herf]]: Divided Memory. The Nazi Past in the Two Germanies, Cambridge, Mass.: Harvard University Press, 1997, S. 278 f.</ref> von kollektiven Schuldvorwürfen. Er setzte sich für die Wiedereingliederung von Waffen-SS-Angehörigen in die Gesellschaft ein, sofern sie keine Verbrechen begangen hatten.
===Patriotismus===


== Nachlass und Ehrungen ==
[[Datei:Bundesarchiv B 145 Bild-F051380-0005, Bonn, Ausstellungseröffnung SPD-Parteizentrale.jpg|mini|hochkant|[[Willy Brandt]] bei der Eröffnung einer Ausstellung zu Kurt Schumacher, Bonn 1977]]
Es gibt keinen gesammelten Nachlass Schumachers. Der allergrößte Teil seiner älteren Unterlagen und persönlichen Dokumente wurde von den Nationalsozialisten vernichtet.


Nach Kurt Schumacher wurden zahlreiche Straßen, Brücken und Plätze, Schulen<ref>Schulen u.&nbsp;a. in Anderten, Berlin, Bremen, Hannover, [[Ingelheim am Rhein]], [[Kurt-Schumacher-Schule (Karben)|Karben]], [[Windecken|Nidderau-Windecken]], [[Reinheim]].</ref> und andere Gebäude (insbesondere regionale SPD-Parteizentralen) benannt.
Der Politologe Hans-Peter Schwarz beschreibt Schumacher als "mit Getöse national." In einem Aufruf aus dem Jahr 1945 schrieb Schumacher: ''Mag das Verbrechen des deutschen Nazismus an der Welt noch so schwer sein, das deutsche Volk kann und darf nicht darauf verzichten, sein Reich ... als nationales und staatliches Ganzes zu behaupten. Für die arbeitenden Massen sind Idee und Tatsache des Deutschen Reiches nicht nur nationalpolitisch, sondern auch klassenpolitisch eine Notwendigkeit. Ihr politischer und wirtschaftlicher Befreiungskampf ist ohne diese Grundlage zur Erfolglosigkeit verurteilt.''


* [[Kurt-Schumacher-Haus (Hamburg)|Kurt-Schumacher-Haus]] in Hamburg-St. Georg, 1957 erbaut und Sitz der SPD-Landesorganisation Hamburg.
Der gebürtige Preuße war fest davon überzeugt, dass es einer der schwersten Fehler der Weimarer Linken gewesen sei, die "nationale Idee" den Konservativen und Nationalsozialisten zu überlassen. Nie wieder sollte die SPD als national illoyal diskreditiert werden können. Mit Leidenschaft griff er zwar alle Kräfte an, die seiner Überzeugung nach mit dem Nationalsozialismus paktiert hatten. Für ihn verlief der Gegensatz nicht zwischen national und international, sondern zwischen national und nationalistisch. [[Nationalismus]] war 1947 für ihn ''die heutige Form des [[Nihilismus]] in der Welt'' und damit zutiefst abzulehnen. Die Rolle der SPD sah er 1950 in den Verhandlungen zum Europarat darin, ''durch Wahrung der nationalen Rechte den Nationalismus unmöglich zu machen und ihn unter Zustimmung des ganzes Volkes zerschlagen zu können.''
* [[Kurt-Schumacher-Haus (Berlin)|Kurt-Schumacher-Haus]] in Berlin-Wedding, 1960/61 erbaut und Sitz des SPD-Landesverbandes Berlin.
* In [[Langenhagen]] heißt die östliche Achse zwischen [[Emil Berliner|Emil-Berliner]]-Straße und Bothfelder Straße seit 1962 Kurt-Schumacher-Allee, östlich davon befindet sich die 1964 errichtete Kurt-Schumacher-Siedlung.
* Die [[Kurt-Schumacher-Allee (Bremen)|Kurt-Schumacher-Allee]] in [[Bremen]]-[[Vahr]], die Kurt-Schumacher-Straße in [[Frankfurt am Main]], die Dr.-Kurt-Schumacher-Straße in [[Kirchheimbolanden]], die Kurt-Schumacher-Straße in [[Neu-Isenburg]], der Kurt-Schumacher-Ring in [[Rüsselsheim am Main|Rüsselsheim]], der Kurt-Schumacher-Ring in [[Wiesbaden]] und die Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen wurden nach ihm benannt.
* 1968 gründete [[Hermann Kreutzer]] den [[Kurt-Schumacher-Kreis]], eine Organisation von politischen Häftlingen und [[Flucht aus der DDR|Flüchtlingen aus der DDR]].
* In Hannover wurde 1953 die Artilleriestraße in [[Kurt-Schumacher-Straße (Hannover)|Kurt-Schumacher-Straße]] umbenannt<ref>[[Helmut Zimmermann (Archivar)|Helmut Zimmermann]]: ''Kurt-Schumacher-Straße.'' In: ''Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover.'' Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 152.</ref> sowie 1975 eine Kaserne in [[Kurt-Schumacher-Kaserne]].
* Die Bildungseinrichtung der SPD-nahen [[Friedrich-Ebert-Stiftung]] in [[Bad Münstereifel]] heißt seit 1985 [[Kurt-Schumacher-Akademie]].
* 1987 gründeten zum [[Seeheimer Kreis]] zählende Sozialdemokraten die [[Kurt-Schumacher-Gesellschaft]].
* Das Stadtteilzentrum der Großwohnsiedlung [[Mettenhof]] in [[Kiel]] befindet sich am Kurt-Schumacher-Platz.
* Der [[Kurt-Schumacher-Platz]] ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt im nördlichen Berliner Ortsteil Reinickendorf.
* Der [[Airbus A310]] in der Variante PAX „Kurt Schumacher“ mit dem taktischen Kennzeichen 10+23 der deutschen [[Luftwaffe (Bundeswehr)|Luftwaffe]], 2021 ausgemustert.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/FcsxDoAgEATAF3mrsbPzFYrdSgRJ4CDEiM9XM_Vgw0d5B88rZGXECmPDtDeJTRqdk6tShePQS-GD5Q-l0ifCaO4s7XmgpDS_uD5zhA!!/ |titel=Airbus A310 MRTT – Version Passagier/Truppentransporter (PAX) |werk=luftwaffe.de |datum=2014-06-23 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160130161453/http://www.luftwaffe.de/portal/a/luftwaffe/!ut/p/c4/FcsxDoAgEATAF3mrsbPzFYrdSgRJ4CDEiM9XM_Vgw0d5B88rZGXECmPDtDeJTRqdk6tShePQS-GD5Q-l0ifCaO4s7XmgpDS_uD5zhA!!/ |archiv-datum=2016-01-30 |abruf=2020-10-13}}</ref>
* Die [[Kurt-Schumacher-Brücke (Mannheim)|Kurt-Schumacher-Brücke]] ([[Bundesstraße 44|B&nbsp;44]]) ist eine wichtige Verbindung zwischen [[Mannheim]] und [[Ludwigshafen am Rhein]].
* Die wichtigste Nord-Süd-Verbindung in [[Gelsenkirchen]] trägt den Namen Kurt-Schumacher-Straße.
* Das Teilstück der Kreisstraße 9915 in Ulm, welches direkt am ehemaligen KZ Oberer Kuhberg vorbeiführt, trägt den Namen Kurt-Schumacher-Ring.
* Ein Wagen der [[Straßenbahn Ulm#Avenio M|Straßenbahn Ulm]] trägt seinen Namen.<ref>[https://www.ulmereisenbahnen.de/strassenbahn/strassenbahn_fahrzeuge_avenio_tw-58.htm Straßenbahn Ulm: Avenio M Tw 58 Kurt Schumacher]</ref>
* In Leverkusen wurde 1965 der neu errichtete Kurt-Schumacher-Ring nach ihm benannt.<ref>{{Internetquelle |autor=Andreas Born |url=http://www.leverkusen.com/strasse/index.php?view=Schumacher |titel=Kurt-Schumacher-Ring |werk=leverkusen.com |abruf=2020-10-13}}</ref>
* Im [[München]]er Stadtteil Neuperlach liegt der Schumacherring.
* In der [[Bochum]]er Innenstadt befindet sich der Kurt-Schumacher-Platz.
* Einer von drei Regierungsfliegern A350 wurde nach „Kurt Schumacher“ benannt, neben „Konrad Adenauer“ und „Theodor Heuss“.<ref>{{Internetquelle |autor=Matthias Gebauer |url=https://www.spiegel.de/politik/deutschland/neuer-regierungsflieger-wird-nach-kurt-schumacher-benannt-a-0f7feb9d-f29b-49e6-a7f6-d7a5471ddbaa |titel=Airbus 350 für die VIP-Flotte: Neuer Regierungsflieger wird nach Kurt Schumacher benannt |werk=[[Spiegel Online]] |datum=2020-08-20 |abruf=2020-08-20}}</ref>


== Schriften ==
Seine Art, dem Patriotismus Ausdruck zu verleihen, machte es allerdings seinen Gegnern leicht, ihn außenpolitisch als linken Nationalisten zu isolieren. Insbesondere da Schumacher als aktiver Widerstandskämpfer bereits im KZ saß, während viele westliche Staatsmänner [[Adolf Hitler]] noch hofierten, meinte er es sich leisten zu können, auf Augenhöhe, wenn nicht sogar aus einem Gefühl moralischer Überlegenheit heraus gegenüber den Siegermächten auftreten zu können. Auch nach dem Krieg arbeiteten die westlichen Staaten mit den Repräsentanten der Klassen und Schichten zusammen, die nach Schumachers Meinung die Republik nur ungenügend verteidigten. Er kam in die Situation, im Ausland als deutscher Nationalist verschrien zu sein, während die seiner Meinung nach Steigbügelhalter des Nationalsozialismus schon wieder hofiert wurden.
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher, Walter Fliess |Titel=Germany’s Currency Problem |Verlag=''(sine nomine)'' |Ort=London |Datum=1945 |Kommentar=Mit Walter Fliess |DNB=990545563 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Was wird aus Deutschland? Schumacher antwortet auf den Parteitag der SPD, Hannover 1946 |Verlag=Landesvorstand der SPD Bayern |Ort=München |Datum=1946 |DNB=454522851 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Student und Politik (Ansprache) |Verlag=Phönix-Verlag |Ort=Hamburg |Datum=1946 |DNB=454522843 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Sozialismus – eine Gegenwartsaufgabe. Auf dem Parteitag der SPD (gehaltene Rede), Entschließungen |Verlag=SPD |Ort=Hannover |Datum=1946 |DNB=577000667 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Grundsätze sozialistischer Politik (Rede des 1. Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands auf dem 1. Nachkriegsparteitag der S.P.D. am 9. Mai in Hannover) |Verlag=Phönix-Verlag |Ort=Hamburg |Datum=1946 |DNB=831191406 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Für Frieden, Freiheit und Sozialismus. Rede anlässlich einer Kundgebund der Sozialdemokratischen Partei am 12. Januar 1946 |Verlag=Schwäbische Druckerei |Ort=Stuttgart |Datum=1946 |DNB=454522789 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Sozialdemokratie im neuen Deutschland. Der Vortrag wurde gehalten am 27. Januar 1946 |Verlag=Phönix-Verlag |Ort=Hamburg |Datum=1946 |DNB=454522835 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Das Referat im Berliner Poststadion. Angenommen auf dem Parteitag in Hannover |Verlag=''(sine nomine)'' |Ort=''(sine loco)'' |Datum=1946 |DNB=577000659 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Aufgaben und Ziele der deutschen Sozialdemokratie. Referat, gehalten auf dem Parteitag der SPD in Hannover im Mai 1946 |Verlag=SPD Groß-Hessen |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1946 |DNB=577000594 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Rede vor dem Bezirksparteitag der Sozialdemokratischen Partei auf der Alexanderhöhe bei Iserlohn am 1. März 1947 |Verlag=Hamburger Buchdruck- und Verlagsanstalt Auerdruck |Ort=Hamburg |Datum=1947 |DNB=578643243 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Europa, demokratisch und sozialistisch |Verlag=SPD-Verlag |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1947 |DNB=454522762 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Deutschland und Europa. Rede auf dem Parteitag der SPD in Nürnberg 1947 |Verlag=SPD Hessen |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1947 |DNB=800968778 |Typ=wl}} ([https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bvb:355-ubr17766-1 Digitalisat]).
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Nach dem Zusammenbruch. Gedanken über Demokratier und Sozialismus |Verlag=Phönix-Verlag |Ort=Hamburg |Datum=1948 |DNB=454522878 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer, Carlo Schmid |Titel=Das Programm der Opposition. Die 3 Vorsitzenden der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion über die Ziele der Opposition |Verlag=Neuer Vorwärts-Verlag |Ort=Hannover |Datum=1949 |Kommentar=Mit [[Erich Ollenhauer]] und [[Carlo Schmid]] |DNB=454522800 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Das Volk soll entscheiden |Verlag=Vorstand der SPD |Ort=Hannover |Datum=1950 |DNB=577000632 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer |Titel=Es gibt nur eine Wahrheit. Auf dem Hamburger Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Mai 1950 |Verlag=Vorstand der SPD |Ort=Bonn |Datum=1950 |Kommentar=Mit Erich Ollenhauer |DNB=577000640 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Deutschlands Beitrag für Frieden und Freiheit. Die Politik der deutschen Sozialdemokratie in der gegenwärtigen Situation. Referat auf der gemeinsamen Tagung der SPD-Körperschaften am 17. September 1950 in Stuttgart |Verlag=Vorstand der SPD |Ort=Hannover |Datum=1950 |DNB=577000616 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Das Volk soll entscheiden! Für die deutsche Gleichberechtigung. Rede am 8. November 1950 |Verlag=Vorstand der SPD |Ort=Hannover |Datum=1950 |DNB=577000675 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Durch freie Wahlen zur Einheit Deutschlands |Verlag=Vorstand der SPD |Ort=Hannover |Datum=1951 |DNB=577000624 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Deutschlands Forderung. Gleiches Risiko, gleiches Opfer, gleiche Chancen! |Verlag=Vorstand der SPD |Ort=Hannover |Datum=1951 |DNB=991486692 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Die Rolle der „Volkspolizei“ in der Sowjetzone |Verlag=Vorstand der SPD |Ort=Bonn |Datum=1952 |DNB=990794717 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Reden und Schriften |Verlag=ariani Verlagsgesellschaft |Ort=West-Berlin |Datum=1962 |DNB=454522746 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Freiheit und Frieden. Worte von Kurt Schumacher |Auflage=2 |Verlag=Landsmannschaft Westpreußen |Ort=Münster |Datum=1971 |JahrEA=1970 |DNB=751015105 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Bundestagsreden |Verlag=AZ-Studio |Ort=Bonn |Datum=1972 |DNB=730270092 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Der Kampf um den Staatsgedanken in der deutschen Sozialdemokratie |Verlag=Kohlhammer |Ort=Stuttgart / West-Berlin / Köln / Mainz |Datum=1973 |ISBN=3-17-001181-2 |Kommentar=Nachdruck von Schumachers Dissertation aus dem Jahr 1920 |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Reden – Schriften – Korrespondenzen. 1945–1952 |Verlag=Dietz |Ort=West-Berlin / Bonn |Datum=1985 |ISBN=3-8012-1107-X |Typ=wl}}
* {{Literatur |Autor=Kurt Schumacher |Titel=Kurt Schumacher in der „Schwäbischen Tagwacht“ über Demokratie und Kommunisten. Aufsätze und Redeberichte (1926–1933) |Verlag=Trafo-Verlag Weist |Ort=Berlin |Datum=1995 |ISBN=3-930412-79-9 |Typ=wl}}


== Siehe auch ==
Aus den Erfahrungen mit dem [[Vertrag von Versailles]] und der deutschen [[Erfüllungspolitik]] meinte Schumacher, dass Härte allein nötig wäre, um wieder eine nationale Gleichberechtigung Deutschlands auf internationaler Bühne zu erreichen. Schumachers Position zur [[Europäische Einigung|Europäischen Einigung]] und zur [[Westbindung]] der Bundesrepublik blieb inkohärent. Einerseits legte ihn seine leidenschaftliche Ablehnung der [[Sowjetunion]] und des dort praktizierten [[Realsozialismus]] in der Situation des beginnenden [[Kalter Krieg|Kalten Krieges]] faktisch auf eine Westbindung fest. Andererseits widersetzte er sich den Schritten, die diesen Weg gingen - [[Europarat]], [[Montanunion]] und [[EVG]]. Diese erschwerten seiner Auffassung nach die deutsche Wiedervereinigung dauerhaft oder machten sie ganz unmöglich. Kritisch gegenüber Frankreich, Großbritannien und erst recht der von ihm als kapitalistische Vormacht empfundenen [[USA]] verweigert er sich den Schritten, die eine Westbindung konkretisiert hätten. Verglichen mit den Werten der [[Aufklärung]] und eines freiheitlichen Sozialismus empfand er die faktische Situation in diesen Ländern als zutiefst unbefriedigend und konnte sich zu einer echten Zusammenarbeit mit ihnen nicht überwinden.
* [[Geschichte der deutschen Sozialdemokratie]]


== Literatur ==
Schumacher profiliert sich im Bundestag als scharfer Gegner der Politik der Westeinbindung durch Konrad Adenauer. Er sieht hierin die Gefährdung einer baldigen [[Wiedervereinigung]]. Im Zuge der Auseinandersetzungen um das [[Petersberger Abkommen]] bezeichnet er Adenauer in der Nacht vom [[24. November]] auf den [[25. November]] [[1949]] als den "Bundeskanzler der [[Alliierte|Alliierten]]" und wird daraufhin für mehrere Sitzungstage aus dem Bundestag ausgeschlossen. Später nimmt er dieses Zitat zurück. Er ist der Urheber der von Adenauer übernommenen "[[Magnet-Theorie]]" und gilt als strukturbildender Politiker, demzufolge die Opposition immer auch die Regierung von morgen zu sein habe.
* [[Helmut Bärwald]]: ''Kurt Schumacher.'' [[Bund der Vertriebenen]], Bonn 1995, ISBN 3-925103-76-7.

* Ina Brandes: ''Kurt Schumacher. Der Kandidat aus Weimar.'' In Daniela Forkmann, [[Saskia Richter]] (Hrsg.): ''Gescheiterte Kanzlerkandidaten: Von Kurt Schumacher bis Edmund Stoiber.'' VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15051-2, S.&nbsp;27–44.
==Literatur==
* Ulrich Buczylowski: ''Kurt Schumacher und die deutsche Frage. Sicherheitspolitik und strategische Offensivkonzeption vom August 1950 bis September 1951'' (=&nbsp;''Schriftenreihe der Studiengesellschaft für Zeitprobleme e.&nbsp;V. Zeitpolitik.'' Band 13). Seewald, Stuttgart-Degerloch 1973, ISBN 3-512-00338-9.
*Albrecht, Willy (Hrsg.). 1985. Kurt Schumacher: Reden - Schriften - Korrespondenzen 1945-1952. Berlin, Bonn/Bad Godesberg. Quellenedition.
*Dowe, Dieter (Hrsg.). 1996. ''Kurt Schumacher und der "Neubau" der deutschen Sozialdemokratie nach 1945. Bonn/Bad Godesberg. (Tagungsband)
* [[Dieter Dowe]] (Hrsg.): ''Kurt Schumacher und der „Neubau“ der deutschen Sozialdemokratie nach 1945.'' Tagungsband. Historisches Forschungszentrum, Bonn / Bad Godesberg 1996, ISBN 3-86077-461-1.
* [[Lewis J. Edinger]]: ''Kurt Schumacher. Persönlichkeit und politisches Verhalten.'' Köln / Opladen 1967 (Orig. Stanford, Cal. 1965).
*Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. (Hrsg.). 1996. ''Kurt Schumacher und seine Politik.'' Berlin, Argon Verlag. Wissenschaftliches Symposium am 30. Oktober 1995. ISBN 3-87024-793-2 (Tagungsband, starker Schwerpunkt auf seinen politischen Konzeptionen ab 1945.)
* {{NDB|23|740|741|Schumacher, Kurt Ernst Karl|[[Helga Grebing]]|118611615}}
*[[Wolfgang Koeppen|Koeppen, Wolfgang]]. 1953. Das Treibhaus. (Roman. Die Person Knurrewahn ist ein leicht verfremdetes Portrait Kurt Schumachers.)
* Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): ''Kurt Schumacher und seine Politik.'' Wissenschaftliches Symposium am 30. Oktober 1995. Argon, Berlin 1996, ISBN 3-87024-793-2 (Tagungsband, Schwerpunkt auf seinen politischen Konzeptionen ab 1945).
*[[Peter Merseburger|Merseburger, Peter]]. 1995. ''Der schwierige Deutsche Kurt Schumacher. Eine Biographie.'' Stuttgart. (Erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch, ist aber eine lesenswerte Synthese des allgemeinen Kenntnisstandes)
* [[Peter Merseburger]]: ''Kurt Schumacher: Patriot, Volkstribun, Sozialdemokrat.'' Pantheon, München 2010, ISBN 978-3-570-55139-4.
*Schober, Volker. 2000. ''Der junge Kurt Schumacher 1895-1933.'' Reihe Politik- und Gesellschaftsgeschichten des Historischen Forschungsseminars der [[Friedrich-Ebert-Stiftung]] Bd. 53; Bonn, J. H. W. Dietz Nachfolger. ISBN 3-8012-4110-6 (Wissenschaftliche Biographie über die frühen Jahre; leidet etwas an der Dokumentenarmut aus der Zeit).
* [[Theo Pirker]]: ''Die SPD nach Hitler. Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1945–1964.'' München 1965.
*Wesemann, Fred. 1952. ''Kurt Schumacher. Ein Leben für Deutschland.'' Frankfurt a. M. Wurde in den biographischen Fakten und Zitaten teilweise noch von Schumacher korrektur gelesen und besitzt so teilweise Quellencharakter. Das Buch selber ist im Rahmen einer Kampagne der Bundesregierung zur Etablierung der Demokratie herausgegeben worden und trägt so stark typisierende und schönende Züge des Schumacherschen Charakters.
* [[Ulla Plener]]: ''Der feindliche Bruder: Kurt Schumacher. Intentionen, Politik, Ergebnisse 1921 bis 1952. Zum Verhältnis von Sozialdemokraten und anderen Linken aus historischer und aktueller Sicht.'' Edition Bodoni, Berlin 2003, ISBN 3-929390-66-3.

* [[Waldemar Ritter]]: ''Kurt Schumacher Eine Untersuchung seiner politischen Konzeption und seiner Gesellschafts- und Staatsauffassung.'' Verlag Dietz, Hannover 1964.
Es gibt keinen gesammelten Nachlass Schumachers. Der allergrößte Teil seiner älteren Unterlagen und persönlichen Dokumente wurde von den Nationalsozialisten vernichtet.
* Volker Schober: ''Der junge Kurt Schumacher 1895–1933'' (= ''Politik- und Gesellschaftsgeschichten des Historischen Forschungsseminars der [[Friedrich-Ebert-Stiftung]].'' Band 53). Dietz, Bonn 2000, ISBN 3-8012-4110-6 (Wissenschaftliche Biografie über die frühen Jahre).
* [[Günther Scholz (Journalist)|Günther Scholz]]: ''Kurt Schumacher.'' Düsseldorf u. a. 1988, ISBN 3-430-18036-8.
* {{BibISBN|3770051831}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Kurt Schumacher (politician)|Kurt Schumacher}}
* [http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/SchumacherKurt/ Biographie bei Lemo]
* {{DNB-Portal|118611615}}
----
* [https://www.niedersaechsische-bibliographie.de/REL?PPN=1043216901 Literatur über Kurt Schumacher] in der [[Niedersächsische Bibliographie|Niedersächsischen Bibliographie]]
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* {{DDB|Person|118611615}}
'''[[SPD|Bundesvorsitzender der SPD]]''':<br>
* [https://lbssbb.gbv.de/DB=1/SET=14/TTL=2/MAT=/NOMAT=T/REL?PPN=226559068 Kurt Schumacher] im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin – [[Stiftung Preußischer Kulturbesitz|Preußischer Kulturbesitz]]
Kurt Schumacher |
* {{Pressemappe|FID=pe/023715}}
[[Erich Ollenhauer]] |
* [https://www.reichsbanner-geschichte.de/personen/person/schumacher-kurt Kurzbiografie über Kurt Schumacher mit Schwerpunkt des Engagements im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold]
[[Willy Brandt]] |
* {{ReichstagDB|118611615}}
[[Hans-Jochen Vogel]] |
* {{Internetquelle |autor=Dorlis Blume, Irmgard Zündorf |url=https://www.hdg.de/lemo/biografie/kurt-schumacher.html |titel=Biographie: Kurt Schumacher |werk=[[Lebendiges Museum Online]] |datum=2016-03-07 |abruf=2020-10-13 |abruf-verborgen=1}}
[[Björn Engholm]] |
* {{Internetquelle |hrsg=Friedrich-Ebert-Stiftung |url=http://www.fes.de/archiv/adsd_neu/inhalt/nachlass/nachlass_s/schumacher-ku.htm |titel=Nachlässe und Deposita: Kurt Schumacher |werk=Archiv der sozialen Demokratie |archiv-url=https://web.archive.org/web/20160416052734/http://www.fes.de/archiv/adsd_neu/inhalt/nachlass/nachlass_s/schumacher-ku.htm |archiv-datum=2016-04-16 |abruf=2020-10-13 |abruf-verborgen=1}}
[[Johannes Rau]] |
* {{Internetquelle |autor=Ina Brandes |url=https://www.spiegel.de/politik/deutschland/beinahe-kanzler-schumacher-der-geschundene-kandidat-a-466824.html |titel=Beinahe-Kanzler Schumacher: Der geschundene Kandidat |werk=Spiegel Online |datum=2007-02-18 |abruf=2020-10-13 |abruf-verborgen=1}}
[[Rudolf Scharping]] |
* {{Internetquelle |url=https://content.time.com/time/covers/0,16641,1101520609,00.html |titel=Cover: Kurt Schumacher |werk=[[Time|Time Magazine]] |datum=1952-06-09 |sprache=en |abruf=2012-10-24 |abruf-verborgen=1}}
[[Oskar Lafontaine]] |<br>
[[Gerhard Schröder]] |
[[Franz Müntefering]]
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Kurt Schumacher |
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{{Personendaten
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|NAME=Schumacher, Kurt
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Aktuelle Version vom 12. Juli 2025, 23:43 Uhr

Kurt Schumacher (zwischen 1945 und 1948)

Kurt (amtlich Curt) Ernst Carl Schumacher (* 13. Oktober 1895 in Culm, Westpreußen; † 20. August 1952 in Bonn) war ein deutscher Politiker, von 1946 bis 1952 Parteivorsitzender der SPD sowie von 1949 bis 1952 Oppositionsführer im Deutschen Bundestag. Schumacher war von 1945 bis 1949 maßgeblich am Wiederaufbau der SPD in Westdeutschland beteiligt und der große Gegenspieler Konrad Adenauers. Auch wenn Schumacher sich in der Opposition langfristig mit seinen politischen Vorstellungen zum größten Teil nicht durchsetzen konnte, gehörte er zu den Gründervätern der Bundesrepublik Deutschland. Hervorzuheben ist seine strikte Ablehnung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED), wodurch er das Profil der Sozialdemokratie in der Bundesrepublik entscheidend prägte.

100-Pf-Briefmarke zum 100. Geburtstag (1995)

Kindheit und Schulzeit, 1895–1914

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Geburtshaus Schumachers
in Culm (heute Chełmno)

Schumacher wurde als viertes Kind und einziger Sohn des evangelischen Kaufmanns Carl Schumacher und seiner Frau Gertrud geb. Meseck am 13. Oktober 1895 im westpreußischen Culm geboren, 30 km von der Grenze des russischen Teils Polens entfernt. Der Eintrag im Standesamt lautete auf Curt Ernst Carl Schumacher. Sein Vater war nicht nur geschäftlich erfolgreich, sondern auch politisch aktiv. Der Anhänger der linksliberalen Deutschen Freisinnigen Partei übte viele Jahre das Amt des Culmer Stadtverordnetenvorstehers aus; höchstwahrscheinlich (genaue Daten sind nicht überliefert) unterstützten ihn dabei auch die polnischen Abgeordneten. Die Schumachers hatten weitverzweigte verwandtschaftliche Beziehungen in der Führungselite der Stadt.

Seit 1911 war sein Vater auch Kreistagsabgeordneter, 1914 und 1917 vertrat er Culm bei den Verhandlungen des Reichsverbandes deutscher Städte. Kurt Schumacher las in dieser Zeit die Sozialistischen Monatshefte – die Zeitschrift des revisionistischen Flügels der SPD – und den März, eine linksliberale, von Hermann Hesse und Ludwig Thoma herausgegebene Zeitschrift. Der Junge aus gutbürgerlichem Haus galt in der Schule als überzeugter Sozialdemokrat, litt aber unter der Vereinsamung, die eine solche Haltung innerhalb der westpreußischen Gesellschaft mit sich brachte.

Gedenkplatte, Kurt-Schumacher-Haus,
Berlin-Wedding

In einem Selbstporträt, das Schumacher 1924 zur Bewerbung bei einem Doktorvater anfertigte, schrieb er: „Mein Interesse für historische und politische sowie philosophische Dinge brachte mich sehr frühe dem Sozialismus nahe. Die üble und ungünstige Umgebung, die eine ostmärkische Kleinstadt für solche Interessen nun einmal ist, hat mich notgedrungen sehr frühzeitig zu einer Schablonisierung meiner Ansichten gebracht – spätestens seit meinem 15. Jahre zählte ich mich innerlich zur Sozialdemokratischen Partei. Allerdings fehlte diesen ‚Schablonen‘ dadurch manches ihrer Gefährlichkeit, dass ich durch die Lektüre Bernsteins (was mir heute etwas sehr sonderbar vorkommt) Sozialdemokrat im Parteisinn geworden bin.“ Die Prägung durch Eduard Bernstein und dessen Stellung gegen den orthodoxen Marxismus begleitete Schumacher sein ganzes Leben lang.

Schumachers Mitschüler waren zum größten Teil ethnische Polen – in seiner Abschlussklasse befanden sich 8 Deutsche und 14 Polen. Am Gymnasium in Culm war einige Jahre vor Schumachers Einschulung der Gebrauch der polnischen Sprache verboten worden; ein Verbot, das jährlich rituell in einer großen Versammlung wiederholt wurde. Durch seinen Mitschüler und Freund Franciszek Raszeja wurde Schumacher in die traditionsreiche, aber verbotene Philomathenvereinigung der Polen aufgenommen und lernte so deren Einstellungen sowie die polnische Kultur kennen.

Kriegsfreiwilliger, 1914

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Bei der ersten möglichen Gelegenheit meldete sich Schumacher kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs am 2. August 1914 als Kriegsfreiwilliger – ohne zu ahnen, wie sich dies auf seine Schullaufbahn auswirken würde. Sein Entschluss fiel unter anderem aus der Überlegung, die Grenzstadt Culm sei in akuter Gefahr, Frontstadt und Opfer einer Belagerung zu werden. Er kehrte noch einmal kurz zur Schule zurück, um das Notabitur abzulegen. Sein (nicht selbst gewähltes) Aufsatzthema im Abitur bezog sich zeitgemäß auf das Schiller-Thema: „Will, ruf’ ich aus, das Schicksal mit uns enden, So stirbt sich’s schön, die Waffe in den Händen.“ Schumacher war noch Jahrzehnte später tief beeindruckt davon, dass sich in den darauf folgenden Tagen auch die meisten seiner polnischen Mitschüler auf deutscher Seite als Kriegsfreiwillige meldeten – vor allem aus der Motivation heraus, gegen Russland zu kämpfen.

Als Soldat wurde Schumacher bereits am 2. Dezember 1914 bei Bielawy westlich von Łowicz in Polen schwer verwundet,[1] so dass ihm der rechte Arm amputiert werden musste. Der 1,85 m große Schumacher magerte in den folgenden Monaten von 72 auf 43 kg ab und litt an der Ruhr. Am 10. Oktober 1915 wurde Schumacher offiziell aus dem Militär entlassen. Für den Verlust seines rechten Arms erhielt er das Eiserne Kreuz zweiter Klasse sowie eine monatliche Rente von 33,75 Mark zuzüglich einer Kriegszulage von 15 Mark und der einfachen Verstümmelungszulage von 27 Mark.

Schumachers Heimatstadt Culm musste nach dem Ersten Weltkrieg am 22. Januar 1920 aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags zum Zweck der Einrichtung des Polnischen Korridors an die wiedergegründete Republik Polen abgetreten werden. Diese Entscheidung war von heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Stadt begleitet. Teile seiner Familie zogen ins verbliebene Deutsche Reich, andere blieben in Polen. Schumacher erlebte die Ereignisse zum größten Teil vor Ort, da er gerade sein Referendariat am Amtsgericht Culm ableistete.

Studium und Promotion, 1915–1926

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1915 begann er ein Studium der Rechtswissenschaft und der Nationalökonomie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universität Leipzig und seit 1917 in Berlin. Auf die Zeit in Halle (Saale) und Leipzig angesprochen, äußerte er sich später laut seiner Mitarbeiterin und engen Vertrauten Annemarie Renger sowohl in politischer als auch persönlicher Hinsicht sehr zurückhaltend.

Er beendete sein Studium 1919 mit dem juristischen Staatsexamen und wurde Mitarbeiter im Reichsarbeitsministerium. Da er in Berlin keinen Doktorvater fand, wurde er 1926 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zum Dr. jur. promoviert. Sein Doktorvater war der Staatswissenschaftler Johann Plenge, der während des Ersten Weltkrieges der nationalkonservativen Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe innerhalb der SPD nahestand. Das Thema seiner mit magna cum laude abgeschlossenen Dissertation lautete: Der Kampf um den Staatsgedanken in der deutschen Sozialdemokratie.

Schumachers Dissertation ist von vielen Kommentatoren als inhaltliche Bekenntnisschrift zur SPD aufgefasst worden. Die bis zur Novemberrevolution bekämpfte wurde zur tragenden Partei im Staat und musste mit dem Staatsapparat arbeiten. Schumacher versuchte, diese problematische Lage in seiner Dissertationsarbeit anzugehen. Darin stellte er die beiden Theoretiker der Sozialdemokratie, Ferdinand Lassalle und Karl Marx, nebeneinander, die für Schumacher „Haupttypen aller sozialistischen Politiker“ darstellten: Marx, der „den Staat aus dem Endziel hinwegphilosophiert“ habe, um den „Mythus des emanzipierten Individuums“ zu schaffen, während Lassalle im „Arbeiterstaat“ das „höchste Menschheitsideal“ sehe. Schumacher entschied sich in der Situation eindeutig für die Sozialdemokratie als „Staatspartei“ – er beschrieb die seiner Ansicht nach bestehende Notwendigkeit der Eingliederung der Arbeiter „in das Staatsganze“, er forderte die Notwendigkeit „der Festigung der Staatsgesinnung und der Stärkung des Abwehrwillens, vor allem gegen Russland.“

In seiner Leipziger und Hallenser Zeit hielt Schumacher zur Partei Abstand. Die Städte waren Hochburgen der USPD, der damalige außerparlamentarische und auf den politischen Streik hin ausgelegte Politikstil stieß ihn ab.

1917 trat er in den SPD-nahen Bund der Kriegsteilnehmer und Kriegsbeschädigten ein. Sein Mitgliedsausweis trug die Nummer 116 einer Organisation, die bereits 1920 über 650.000 Mitglieder hatte.

Nach einem für Schumacher äußerst ungewöhnlichen mehrjährigen Zögern trat er am 8. Januar 1918, also noch zu Zeiten des Kaiserreiches und Monate vor der Novemberrevolution, in die SPD ein. Als Akademiker in der SPD gehörte er sowohl bei den Sozialdemokraten als auch in akademischen Kreisen einer deutlichen, auf beiden Seiten nicht eben beliebten Minderheit an. Während der Revolution war er, unter anderem zusammen mit Otto Braun, Mitglied des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates. 1920 wurde die SPD auch sein Arbeitgeber, verbunden mit einem Umzug nach Stuttgart:[2] Er wurde politischer Redakteur der sozialdemokratischen Stuttgarter Zeitung Schwäbische Tagwacht. In Stuttgart fiel Schumacher als leidenschaftlicher Redner und früher Gegner der Nationalsozialisten auf. 1924 wurde er Stuttgarter Vorsitzender des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. 1930 wurde er Vorsitzender der SPD in Stuttgart, dem mitgliederstärksten Kreisverband der württembergischen SPD.

Kommunisten und Nationalsozialisten

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Schon früh begann Schumacher, sich sowohl mit Kommunisten als auch Nationalsozialisten – die er beide entschieden ablehnte – auseinanderzusetzen. Schumachers Einschätzung nach hatten die Aktionen der späteren Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und die dadurch verursachten Reaktionen der politischen Rechten maßgeblich dazu beigetragen, den Spielraum für eine wirkliche demokratische Revolution verhängnisvoll einzuengen. Die KPD bekämpfte nach ihrer Bolschewisierung die SPD als ihren „Hauptfeind“ und setzte Sozialdemokratie und Faschismus als „Zwillingsbrüder“ (→ Sozialfaschismusthese) gleich.[3] Schumacher dagegen hielt der in seinem Stuttgarter Umfeld vergleichsweise starken KPD vor, dass sie über keinerlei innerparteiliche Demokratie verfüge und vollkommen aus Moskau gesteuert sei, ihr Verhältnis zur Demokratie und zur Gewalt sei dem der NSDAP gleich. Eine Zusammenarbeit mit der KPD war für Schumacher daher nicht vorstellbar.

Mit der NSDAP setzte sich Schumacher erstmals 1923 näher auseinander. Seiner Auffassung nach sei der Antisemitismus das einzige Band, das die Bewegung zusammenhalte, der Nationalsozialismus glaube allein an die Gewalt, und das postulierte Selbstbestimmungsrecht des Volkes werde dadurch zur Farce.

Abgeordneter in Land- und Reichstag, 1924–1932

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1924 wurde er Mitglied des Landtages von Württemberg. Hier war er seit 1928 Mitglied im Vorstand der SPD-Fraktion. 1931 schied er aus dem Landtag aus. Schumacher gehörte damit zu den wenigen führenden Politikern in der SPD, deren sozialdemokratische Sozialisation primär in der Weimarer Republik stattfand; er zog in der politischen Beurteilung der Situation weniger Parallelen zum Kaiserreich als die meisten seiner Kollegen und hatte dadurch ein offeneres Auge für die neuen Entwicklungen in der Weimarer Zeit.

Bei der Reichstagswahl am 20. Mai 1928 fehlten Schumacher wenige Stimmen; bei der Wahl am 14. September 1930 wurde er zum ersten Mal in den Deutschen Reichstag gewählt. Er trat als entschiedener Gegner der Tolerierungspolitik gegenüber dem Kabinett Brüning auf (siehe: Kabinett Brüning I = 1930–1931; Kabinett Brüning II = 1931–1932). Seit 1932 war er Mitglied des SPD-Fraktionsvorstands. Er hielt im Reichstag nur eine einzige Rede, nämlich am 23. Februar 1932. In dieser inzwischen berühmten Rede griff er vor allem die NSDAP scharf an:[4]

„Die ganze nationalsozialistische Agitation ist ein dauernder Appell an den inneren Schweinehund im Menschen; und wenn wir irgendetwas beim Nationalsozialismus anerkennen, dann ist es die Anerkennung, dass ihm zum ersten Mal in der deutschen Politik die restlose Mobilisierung der menschlichen Dummheit gelungen ist.“

Kurt Schumacher, Reichstagsrede vom 23. Februar 1932

Spätestens ab dem 20. Juli 1932, dem Tag des Preußenschlags, sah sich Schumacher in unbedingter Opposition zur fortschreitenden politischen Entwicklung.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, 1933

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Wie viele Zeitgenossen unterschätzte Schumacher den Nationalsozialismus lange Zeit. So war er noch im Februar 1933 davon überzeugt, dass der DNVP-Vorsitzende Alfred Hugenberg das eigentliche Machtzentrum der Regierung Hitler sei: „Hitler hat den Schein der Macht für sich in Deutschland“, schrieb Schumacher am 4. Februar 1933. „Das Kabinett heißt Adolf Hitler, aber das Kabinett ist Alfred Hugenberg. Adolf Hitler darf reden, Alfred Hugenberg wird handeln“.[5]

Schumacher gehörte auch nach den Reichstagswahlen vom 5. März 1933 weiterhin dem Reichstag an. Er war einer der wenigen Parlamentarier, die mit an der Rede Otto Wels’ arbeiteten, mit dem sich die SPD dem Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 entgegenstellte. Die Kernaussage, „Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht“, bestimmte Schumachers gesamtes Verhalten in der Zeit des Nationalsozialismus. Am 10. Juni plädierte er auf einer Sitzung der SPD-Reichstagsfraktion für die illegale Arbeit der Partei, ebenso am 19. Juni auf einer SPD-Reichskonferenz. Im Gegensatz zur Parteiführung, die glaubte, es könne nicht schlimmer werden als zu Zeiten von Bismarcks Sozialistengesetz, war er Vertreter einer unnachgiebigen Haltung gegenüber den Nationalsozialisten. Vom 13. Juni 1933 an wurde Schumacher steckbrieflich gesucht.

Inhaftierung, Konzentrationslager, 1933–1945

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Am 6. Juli 1933, gut zwei Wochen nach dem Verbot der SPD, wurde Schumacher in Berlin verhaftet, nachdem er an einem geheimen sozialdemokratischen Treffen im Schwarzwald teilgenommen hatte. Schumacher bekam die Chance, eine Verzichtserklärung auf politische Betätigung zu unterschreiben und sich damit seine Freiheit zu erkaufen. Im Gegensatz zu Fritz Bauer und sieben anderen politischen Gefangenen weigerte er sich, sie zu unterschreiben.[6] Daraufhin wurde er über einen Zeitraum von neun Jahren, neun Monaten und neun Tagen in verschiedenen Konzentrationslagern gefangen gehalten, zunächst bis Dezember 1933 im KZ Heuberg, danach bis Juli 1935 im KZ Oberer Kuhberg in Ulm, anschließend im KZ Dachau und zeitweilig im KZ Flossenbürg.[7]

Schumacher konnte zwar als Weltkriegsveteran auf etwas Schonung hoffen, riskierte aber durch mehrfachen Widerspruch und sogar einen Hungerstreik mehrmals sein Leben. Er lehnte im Konzentrationslager jeglichen Kontakt zu kommunistischen Gefangenen ab, da er sie für mitschuldig an der Machtübernahme der Nationalsozialisten hielt.

Am 16. März 1943 wurde er als schwerkranker Mann nach Hannover entlassen, wo eine seiner Schwestern lebte und er sich zwangsweise aufhalten musste. Er wurde vom Arbeitsamt den Sichel-Werken in Hannover als Buchhalter für die Lagerverwaltung zugewiesen.[8] Nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Schumacher vom 24. August bis 20. September 1944 erneut inhaftiert, zunächst im Gestapo-Gefängnis in der früheren Israelitischen Gartenbauschule Ahlem, später im KZ Neuengamme. Danach arbeitete Schumacher weiterhin in den Sichel-Werken in Hannover, bis die Stadt am 10. April 1945 durch alliierte Truppen befreit wurde.[7]

Wiederaufbau der SPD, 1946

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Kundgebung in Iserlohn 1946

Unmittelbar nach Kriegsende und der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus begann Kurt Schumacher mit dem Wiederaufbau der SPD. Wie August Bebel wurde Schumacher als wahrer Volkstribun, mitreißender Redner, Führer, an den glaubte, wer zur SPD gehörte (Peter Lösche) beschrieben. Seine Genossen spornte er immer an weiterzumachen, auch wenn es sich nicht mehr zu lohnen schien. Zur Jugend in der SPD hatte er ein gutes Verhältnis; diese bewunderte ihn wegen seiner strikten Ablehnung des Nationalsozialismus.

Bereits am 6. Mai 1945 – zu einem Zeitpunkt, als die Bildung politischer Parteien von der britischen Besatzungsmacht noch verboten war – wurde Schumacher von etwa 130 sozialdemokratischen Funktionären in Hannover zum lokalen Vorsitzenden gewählt.

Schumacher bewies im Nachkriegschaos großes organisatorisches Geschick und stieg in kurzer Zeit zur unangefochtenen Führungsfigur der Sozialdemokratie in den westlichen Besatzungszonen auf. Im Juli 1945 beauftragten elf westdeutsche Parteibezirke „den früheren Reichstagsabgeordneten Dr. Kurt Schumacher mit der organisatorischen und politischen Führung der Partei im gesamten Reich“. Schumacher agitierte heftig gegen die KPD und erklärte sie zur reinen Interessenvertretung einer „auswärtigen Macht“. Diese Macht nannte er stets Russland und sprach von einem „Zusammenstoß so ganz andersartiger Kulturen“. Damit wandte er sich gegen die damals auch in den Westzonen verbreiteten Bestrebungen zur Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Kommunisten.[9]

Nach zwölfjähriger Gewaltherrschaft wurde die SPD auf der Wennigser Konferenz vom 5. bis 7. Oktober 1945 wiedergegründet. Auf dem als erste zentrale Zusammenkunft von Sozialdemokraten bezeichneten Treffen kamen im Bahnhofs-Hotel Petersen in Wennigsen (Deister) Sozialdemokraten aus den SPD-Bezirken der Westzonen, Vertreter des Berliner Zentralausschusses der SPD (darunter Otto Grotewohl) für die Viersektorenstadt Berlin und die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) sowie des Londoner Exilvorstands zusammen. Die britische Besatzungsmacht setzte jedoch durch, dass die Vertreter aus der britischen Zone und aus London getrennt von den anderen tagen mussten. Nur Schumacher durfte auf beiden Versammlungen sprechen. Erst nach einem heftigen Tumult ließ man auch Grotewohl als Redner zu.[10] Die Versammlung beauftragte Schumacher mit der Leitung des Wiederaufbaus der SPD in den drei westlichen Besatzungszonen. Ende 1945 setzte Schumacher den endgültigen Bruch zwischen der SPD in den Westzonen und dem von Grotewohl geführten Berliner Zentralausschuss der SPD durch.

Am 10. Mai 1946, vier Wochen nach der von ihm heftig bekämpften Beseitigung der Sozialdemokratie in der SBZ durch die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED, wurde Schumacher mit 244 von 245 Stimmen zum Parteivorsitzenden der SPD gewählt. Das Büro Dr. Schumacher in Hannover entwickelte sich zur faktischen Parteizentrale, seine Mitarbeiter wie Erich Ollenhauer, Annemarie Renger, Egon Franke, Alfred Nau, Herbert Kriedemann und Herta Gotthelf bildeten das organisatorische Grundgerüst der SPD.

Kurt-Schumacher-Haus, Berlin-Wedding

Schumacher wollte die Fehler der Weimarer Republik vermeiden und griff in seinen inhaltlichen Konzepten auf Überlegungen aus der Weimarer Zeit und auf die der Sozialdemokraten im Exil zurück. Sein Einfluss auf die Entwicklung der SPD weg von der Klassenpartei mit marxistisch geprägtem Programm hin zur pluralistischen linken Volkspartei war widersprüchlich. Zum einen entstammte er keinem typischen SPD-Hintergrund, gehörte gegenüber den Führern der Weimarer Republik einer neuen Generation an und hatte sich theoretisch fundiert von jeglichen vom Marxismus geprägten Revolutionsaussichten verabschiedet. Für ihn war die Partei nicht in erster Linie eine Arbeiterpartei, sondern eine Partei von Freiheit und Gerechtigkeit. Die Arbeiter sollten zwar eine gleichberechtigte Rolle im Staat einnehmen, Schumacher aber strebte keinen Arbeiterstaat mehr an. Seine Positionen, insbesondere sein Patriotismus, öffneten der SPD auch Wähler- und Mitgliederkreise, die ihr bisher verschlossen gewesen waren. Andererseits erstickte er auch innerparteiliche Diskussionen, die immer wieder beispielsweise von Carlo Schmid angeregt wurden, im Keim. Die Anregungen, die so insbesondere durch den Aufenthalt vieler Sozialdemokraten im Exil entstanden, brauchten dadurch Jahre länger, um innerparteilich wirksam zu werden.

Autoritärer Führungsstil

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Schumacher sah die Partei als wichtigste Trägerin des politischen Systems an. Angesichts der großen Aufgaben im Nachkriegschaos, denen sich die frühe bundesdeutsche Politik stellen musste, sicher aber auch persönlichkeitsbedingt, war für ihn die Einheit der Partei eines der wichtigsten Ziele.

Zu den oft kritisierten Eigenschaften Kurt Schumachers gehörte sein autoritärer Führungsstil. Der in dieser Hinsicht vollkommen gegensätzlich gelagerte Willy Brandt charakterisierte ihn in seinem Buch Links und frei so: „Ich begriff – etwas widerstrebend – die magnetische Wirkung, die er auf viele ausübte. Er bat nicht, er forderte. Er wog nicht Argumente gegeneinander ab, sondern schleuderte das Ergebnis seines Nachdenkens in den Zuhörerkreis – und dies mit erheblichem Stimmaufwand.“

Schumacher verlangte von den Mitgliedern der SPD eine eiserne Parteidisziplin und war Verfechter des Fraktionszwangs. Innerhalb der SPD gab es nur wenige, die ihm widersprachen, geschweige denn seinen Führungsanspruch in Frage stellten. Das Fraktionsmitglied Heinrich Ritzel erklärte die Tatsache, dass Schumacher auch in parteiinternen Diskussionen kaum Widerspruch erntete, mit der scharfen Art von Schumachers Argumentation, die viele bereits „frühzeitig verstummen ließ“; andere „schwiegen gegenüber dem Mann, der durch seine physischen Leiden so etwas wie Unantastbarkeit ausstrahlte.“ Einer der wenigen, die Schumachers Stil offen kritisierten, war der ehemalige Reichstagspräsident Paul Löbe. In einem Brief an Schumacher schrieb er: „Du weißt, wie sehr wir Dich alle schätzen […] daß aber nun überhaupt keine andere Meinung in der Partei laut werden soll als die Deine, scheint mir etwas zu viel verlangt […] wohl zehnmal haben Genossen mich schon gefragt, ist denn niemand da, der Kurt das einmal offen sagt. Ja, ja, es gibt Leute, die sich davor zu fürchten scheinen. Schließlich aber kann eine gesunde Politik nicht nur dadurch betrieben werden, daß man die anderen rechts und links dreimal täglich vor den Kopf stößt.“

SPD-Politiker, die öffentlich eine abweichende Meinung vertraten, wurden von ihm scharf angegriffen, so zum Beispiel Wilhelm Hoegner und Wilhelm Kaisen. Im Fall Hoegner geriet der fast schon militante Zentralist mit dem ebenso vehementen bayerischen Föderalisten aneinander. Während Hoegner Schumachers „Diktator-Allüren“ kritisierte, sah Schumacher in Hoegner einen Separatisten, der mit der Bayernpartei darüber wetteifere, wer der überzeugtere Bayer sei. Mit Hilfe seines Büros, der bayerischen SPD (die Hoegners Positionen ebenfalls für weit übertrieben hielt) und des ehemaligen Londoner Emigranten Waldemar von Knoeringen gelang es Schumacher schließlich, Hoegner innerhalb der SPD zu isolieren. Im Fall Paul Löbe begründete Schumacher seine Einstellung wie folgt: „Die individuelle Meinungsfreiheit ist auch in der Öffentlichkeit gesichert. Wenn aber einmal Entschlüsse vorliegen, dann müssen sie auch respektiert werden. Es kann auch nicht nach Beschlussfassung die Diskussion in jedem Moment von neuem beginnen.“ Die „demokratische Freiheit“ lag für Schumacher „in der Einordnung in die große Idee, deren praktische Gestaltung demokratisch fixiert ist.“

Im Gegensatz aber zu möglichen Kontrahenten hatte Schumacher die Vorteile klar auf seiner Seite. Er besaß ein kohärentes politisches Konzept für die Nachkriegszeit, er hatte die Achtung und den Respekt der Parteimitglieder, den politischen Durchsetzungswillen sowie eine Organisation, um diesen Willen auch durchzusetzen – alles Faktoren, die den anderen fehlten.[11]

Erster Oppositionsführer der Bundesrepublik, 1946–1952

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Schumacher lehnte 1946 das Angebot der Alliierten ab, Ministerpräsident Württemberg-Badens zu werden, da er sich nicht regional in seinen Aktionen beschränken wollte. Er wurde stattdessen im selben Jahr zum Vorsitzenden des Zonenbeirats in der Britischen Besatzungszone gewählt.

Stimmenverteilung Bundestagswahl 1949

Bei der Bundestagswahl 1949 wurde Kurt Schumacher als Abgeordneter des Wahlkreises Hannover-Süd mit 55,1 % der dort abgegebenen gültigen Stimmen in den ersten Deutschen Bundestag gewählt. Bundesweit unterlag die SPD nach anfänglich gegenteiligen Prognosen mit 29,2 % der Stimmen gegenüber CDU/CSU, die 31,0 % der Stimmen auf sich vereinigen konnten.

Im Gegensatz zu vielen anderen in der SPD, namentlich etwa den Landespolitikern Wilhelm Kaisen (Bremen), Max Brauer (Hamburg) und Hermann Lüdemann (Schleswig-Holstein), sprach Schumacher sich entschieden gegen eine große Koalition und damit für eine Oppositionsrolle der SPD aus. Die beiden unumstrittenen Parteiführer der großen Parteien waren gegen starke innerparteiliche Opposition für eine klare Richtungsentscheidung durch die Wahlen. Auch persönlich wären sowohl ein Minister Schumacher in einem Kabinett Adenauer als auch die umgekehrte Konstellation nur schwer vorstellbar gewesen. Bereits auf einer Wahlversammlung im Oktober 1946 sah Schumacher die Rolle der SPD in der Opposition als Möglichkeit. Die Sozialdemokraten fürchteten sich „auch nicht vor einem gefährlichen Leben in der Opposition, denn wir Sozialdemokraten sagen uns, es ist besser für uns und die Welt, wenn die Opposition einmal von einer internationalistischen demokratischen Partei als von Chauvinisten und Nationalisten und allen Reaktionären, die ja augenblicklich bei der CDU untergekrochen sind, soweit sie nicht im Osten des Reiches bei der SED sind.“

Konrad Adenauer wurde erster Bundeskanzler und Kurt Schumacher als erster Oppositionsführer sein Gegenspieler im Bundestag. Im Gegensatz zur Praxis in der Weimarer Republik begriff er die Oppositionsrolle stets als konstruktiv. Die Opposition sollte nach Schumachers Meinung nicht in erster Linie die Regierung kritisieren, sondern selbst in der Lage sein, bessere oder zumindest gleichwertige Lösungsvorschläge zu liefern. Mit dieser parlamentarischen Stiländerung hinterließ er vielleicht sein wichtigstes Vermächtnis für das politische System der Bundesrepublik. In der Gegenüberstellung mit dem „Fuchs“ Adenauer beschreibt sein Biograf Peter Merseburger ihn in Anlehnung an Machiavellis Terminologie als „Löwen“. Ausgesprochen willensstark, polemisch und scheinbar unbeirrbar in seinen Vorstellungen, bildete er das in der Wahrnehmung der Zeitgenossen ebenso charismatische Gegenbild zum ersten Bundeskanzler. Der preußische Sozialist Schumacher war in den ersten Nachkriegsjahren in der öffentlichen Meinung der klar dominierende Politiker Westdeutschlands. Erst durch die Wahl des rheinischen Katholiken Adenauer zum Kanzler und den fast gleichzeitig einsetzenden endgültigen körperlichen Verfall Schumachers wandelte sich dieses Bild.

Schumacher war unumstrittener Führer der SPD-Fraktion. Obwohl er mit dem Plan scheiterte, den Fraktionszwang in die Geschäftsordnung schreiben zu lassen, übte er ihn praktisch konsequent aus. Gerade aus der Weimarer Erfahrung heraus war er der Ansicht, das Parlament benötige ebenso wie eine handlungsfähige Regierung eine geschlossene Opposition, die in der Lage wäre, die Regierung zu übernehmen. In der deutschen Tradition schuf er so erst das (inoffizielle) Amt des Oppositionsführers.

Im September 1948 musste Schumachers linkes Bein aufgrund arterieller Durchblutungsstörungen amputiert werden.

1949 kandidierte Schumacher bei den Wahlen zum Amt des Bundespräsidenten, unterlag aber dem FDP-Kandidaten Theodor Heuss, der auch von den Unionsparteien mitgetragen wurde.[12] Diese Kandidatur Schumachers war aber nicht im Sinne eines Rückzuges aus der aktiven Politik hin zur Übernahme einer repräsentativeren Aufgabe zu verstehen. Indem er sich selbst zur Wahl stellte, beugte Schumacher immer lauter werdenden Forderungen aus Koalitionskreisen vor, einen SPD-Politiker an die Spitze des Staates zu wählen.

Privatleben und Tod

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Ehrengrab auf dem Stadtfriedhof Ricklingen
Stolperstein für Kurt Schumacher in Hannover-Südstadt

Als Jurastudent in Leipzig lernte er seine Cousine Dora kennen, mit der er – von der Zeit im KZ abgesehen – eine lebenslange Liebesbeziehung aufrechterhielt. Eine Heirat mit ihr lehnte er allerdings ab. „Ich habe mich nie an Menschen geklammert“, sagte er später – allerdings dürften diese dann auch keine Ansprüche an ihn stellen.

Schumacher war Kettenraucher und erlitt 1951 einen Schlaganfall. Am 20. August 1952 starb der schwerkranke Politiker im Alter von 56 Jahren in Bonn.[13] Beigesetzt wurde er in Hannover auf dem Stadtfriedhof Ricklingen in einem Ehrengrab. An den Straßen zwischen Bonn und Hannover standen hunderttausende Menschen und erwiesen ihm die letzte Ehre. Die Süddeutsche Zeitung schrieb in ihrem Nachruf: „Wir brauchen Dich, obwohl Du unser Gegner bist, und wir wissen es. […] Und das weitere Tröstliche ist darin enthalten, daß es hier keiner mittelmäßigen und mittellauwarmen Persönlichkeit entgegenwallte, keinem ‚Wirte wundermild‘, sondern einem Strengen, Abweisenden, Unerbittlichen.“

Schumachers Totenmaske wurde 2018 aus dem Nachlass Annemarie Rengers an die Gedenkstätte Deutscher Widerstand weitergereicht. Im April 2025 wurde vor Schumachers ehemaligem Wohnhaus in Hannover ein Stolperstein verlegt. Dieser befindet sich an der Heinrich-Heine-Straße 4 im Stadtteil Südstadt (ehemals Memelerstraße 63).[14]

Politische Vorstellungen Schumachers

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Zentral für Schumachers politische Vorstellungen ist der Begriff des Volkes in seinen beiden Bedeutungsebenen: sowohl als Begriff für den dritten Stand, die ausgebeuteten und unterdrückten Massen, als auch im Sinne eines Staatsvolkes. Kurt Schumacher wollte ein demokratisches und sozialistisches, ungeteiltes Deutschland, möglichst in den Grenzen von 1937. Deutschland sollte möglichst schnell seine Souveränität wiedererlangen und seinen Platz unter den freien Völkern Europas einnehmen. Er stand in der Tradition der Revolution von 1848 und der Novemberrevolution von 1918, er kämpfte für einen unitarischen Verfassungsstaat, freie Wahlen, Parteiendemokratie, Parlamentarismus, die Überwindung des Obrigkeitsstaates und der kapitalistischen Klassengesellschaft. Für ihn war die SPD die einzige Partei, die weder durch den Nationalsozialismus noch durch den Stalinismus belastet war. Die Sozialdemokraten seien deshalb als einzige in der Lage, ein freies Deutschland in ein freies Europa zu führen und so zum Spannungsabbau zwischen den Großmächten beizutragen.

Schumacher besaß in seinen Politikkonzeptionen den Vor- und Nachteil, nie administrative Macht innegehabt zu haben. Ein Vorteil, weil er seine Vorstellungen so nie an der Realität messen musste, undurchführbare Pläne nicht offensichtlich wurden und innere Widersprüche weniger offensichtlich waren; ein Nachteil, da er so kaum einem Druck zum Lernen ausgesetzt war. Er konnte seine Positionen beibehalten, auch in einer weltgeschichtlichen Lage, die sich rapide änderte. So führte er die SPD in eine programmatische Isolation. Aus dieser Lage konnte sich die SPD bis in die späten 1950er Jahre nicht befreien.

Der Politikwissenschaftler Franz Walter vertritt die Ansicht, Schumachers Person und insbesondere seine Rhetorik, die dem „unversöhnlichen, schrillen, verletzenden und apodiktischen Agitationsstil der 1920er-Jahre“ entsprungen sei, habe der SPD realpolitisch stark geschadet: „Schumachers Rechthaberei schloss zwar rasch die Reihen der Sozialdemokraten, vergraulte aber potenzielle Sympathisanten. Er führte die SPD in allen entscheidenden Fragen in eine Sackgasse. […] Die Sozialdemokraten saßen schmollend und phlegmatisch in ihrer Wagenburg und warteten auf die Krise der Erhard’schen Marktwirtschaft. Im Übrigen pflegten sie das sozialistische Brauchtum, führten am Ersten Mai ihre roten Nelken spazieren und beschworen feierlich die Solidarität. Auf junge Leute übte das in den Aufbruchsjahren der jungen Republik keinen großen Reiz aus.“[15]

Schumacher war vom programmatischen Erbe der Bebelschen SPD geprägt. Für ihn war die Überwindung des Klassenkampfes eines der zentralen Politikziele. Seiner Meinung nach könne dies nur durch die Verstaatlichung der Schlüsselindustrien geschehen. Ebenso tief war er vom Scheitern der Weimarer Republik beeinflusst und meinte, eine der Ursachen dafür in der mangelnden Demokratisierung der Wirtschaft zu finden. Insbesondere im Nachkriegschaos plädierte er – ähnlich wie die Labour-Party in Großbritannien, aber auch bedeutende Teile der CDU – für eine Planwirtschaft, um die Versorgung der Bevölkerung mit dem Notwendigsten sicherzustellen.

Demokratie und die Beteiligung des Volkes an der Macht ließen sich für Schumacher am besten mit freien und allgemeinen Wahlen durchsetzen. Wegen der zahlenmäßigen Überlegenheit des Volkes gegenüber den traditionellen Funktionseliten seien Wahlen der sicherste Weg, die Privilegien der Funktionseliten zu beseitigen. Konzeptionen wie die der Bolschewiki, die die Volksherrschaft erst nach einer Zeit der Diktatur des Proletariats anvisierten, lehnte er ab. Für ihn führten nur demokratische Verfahrensweisen auch zu einer Volksherrschaft.

Antikommunismus

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Bekannt ist Kurt Schumachers Entgegnung der kommunistischen Sozialfaschismusthese, wonach Kommunisten nichts anderes „als rotlackierte Nazis“ seien. Nachdem er diesen Ausdruck 1930 als „rotlackierte Doppelausgabe der Nationalsozialisten“ eingeführt hatte, verschärfte Schumacher im Mai 1946 den Ton, indem er von „rotlackierten Faschisten“ sprach. Geprägt von Erfahrungen in den frühen 1920er Jahren, als Schumacher sich über den Schlageter-Kurs der KPD und ihren Faschismus-Vorwurf gegen die SPD empört hatte, änderte sich seine grundlegende Haltung gegenüber der kommunistischen Partei danach nicht mehr. Er warf der KPD „Klassenverrat“ vor, da sie die Weimarer Republik untergraben habe, anstatt sie zu verteidigen. Dadurch habe sie den Aufstieg der Nationalsozialisten erst ermöglicht. Kommunistische Umsturzversuche in Ungarn, Italien und dem Balkan hätten demokratische Arbeiterschaft und demokratisches Bürgertum geschwächt, so dass in der Folge insbesondere faschistische Parteien von den neuen Kraftverhältnissen profitiert hätten.[16]

Für Schumacher war die KPD auch bei ihrer Neugründung 1945 ein willenloses Vollstreckungsorgan der sowjetischen Außenpolitik; in ihren Beschwörungen von Demokratie und deutscher Einheit sah er bloße Taktik. Mit einer „neo-nationalistischen“ Sprache, die „gleich der des alten Nazismus“ sei, betreibe die KPD und später die SED eine „nationalrussische Politik mit nationaldeutschen Phrasen.“ Auf ein Verhandlungsangebot der Volkskammer reagierte er am 30. Januar 1951 im Bundestag so: „Die deutschen Demokraten können nur mit Deutschen über Deutschland verhandeln, aber nicht mit Gesinnungsrussen, deren Deutschtum eine bloße Äußerlichkeit ist.“

Obwohl es in der SPD Stimmen gab, die ein Zusammengehen mit den Kommunisten befürworteten, vollzog Schumacher bereits im Sommer 1945 eine klare Trennung von der wenige Monate später zur Vereinigung mit der KPD bereiten Parteiführung der SPD in der SBZ unter Otto Grotewohl. Die von ihm durchgesetzte Abgrenzung der SPD vom Kommunismus bestimmte die Partei bis in die 1970er hinein; erst diese Abgrenzung isolierte den organisierten Kommunismus von seinen wichtigsten Ansprechpartnern, der SPD und den von ihr dominierten Gewerkschaften, und verhinderte so seinen Einfluss auf die gesellschaftliche Mitte.[16]

Der Politologe Hans-Peter Schwarz beschrieb Schumacher als „mit Getöse national.“ In einem Aufruf aus dem Jahr 1945 schrieb Schumacher: „Mag das Verbrechen des deutschen Nazismus an der Welt noch so schwer sein, das deutsche Volk kann und darf nicht darauf verzichten, sein Reich […] als nationales und staatliches Ganzes zu behaupten. Für die arbeitenden Massen sind Idee und Tatsache des Deutschen Reiches nicht nur nationalpolitisch, sondern auch klassenpolitisch eine Notwendigkeit. Ihr politischer und wirtschaftlicher Befreiungskampf ist ohne diese Grundlage zur Erfolglosigkeit verurteilt.“

Der gebürtige Preuße war fest davon überzeugt, es sei einer der schwersten Fehler der Weimarer Linken gewesen, die „nationale Idee“ den Konservativen und Nationalsozialisten zu überlassen. Nie wieder solle die SPD als national illoyal diskreditiert werden können. Mit Leidenschaft allerdings griff er Kräfte an, die seiner Überzeugung nach mit dem Nationalsozialismus paktiert hatten. Für ihn verlief der Gegensatz nicht zwischen national und international, sondern zwischen national und nationalistisch. Nationalismus war 1947 für ihn „die heutige Form des Nihilismus in der Welt“ und damit zutiefst abzulehnen. Die Rolle der SPD sah er 1950 in den Verhandlungen zum Europarat darin, „durch Wahrung der nationalen Rechte den Nationalismus unmöglich zu machen und ihn unter Zustimmung des ganzes Volkes zerschlagen zu können.“

Seine Art, dem Patriotismus Ausdruck zu verleihen, machte es allerdings seinen Gegnern leicht, ihn außenpolitisch als linken Nationalisten zu isolieren. Insbesondere, da Schumacher als aktiver Widerstandskämpfer bereits im KZ gesessen hatte – während viele westliche Staatsmänner Adolf Hitler noch hofiert hatten – meinte er, es sich leisten zu können, auf Augenhöhe, wenn nicht sogar aus einem Gefühl moralischer Überlegenheit heraus gegenüber den Siegermächten auftreten zu können. Deren Wahrnehmung, dass Schumacher zwar als Individuum Widerstand geleistet habe, damit jedoch keineswegs ein typischer Deutscher sei, konnte oder wollte er nicht sehen. Auch nach dem Krieg arbeiteten die westlichen Staaten mit den Repräsentanten der Klassen und Schichten zusammen, die nach Schumachers Meinung die Republik nur ungenügend verteidigt hatten. Er kam in die Situation, im Ausland als deutscher Nationalist verschrien zu sein, während jene, die seiner Meinung nach Steigbügelhalter des Nationalsozialismus gewesen waren, schon wieder hofiert wurden.

Kurt-Schumacher-Platz, Berlin-Reinickendorf
Kurt-Schumacher-Denkmal am Berliner Kurt-Schumacher-Platz von Joseph Henry Lonas 1968/1970, Zustand im Juni 2021

Nach den Erfahrungen mit dem Versailler Vertrag und der deutschen Erfüllungspolitik meinte Schumacher, dass Härte allein nötig wäre, um wieder die nationale Gleichberechtigung Deutschlands auf internationaler Bühne zu erreichen. Schumachers Position zur europäischen Einigung und zur Westbindung der Bundesrepublik blieb inkohärent. Einerseits legte ihn seine leidenschaftliche Ablehnung der Sowjetunion und des dort praktizierten Realsozialismus in der Situation des beginnenden Kalten Krieges faktisch auf eine Westbindung fest. Andererseits widersetzte er sich den Schritten, die diese Festlegung praktisch unterstützten: Europarat, Montanunion und europäische Verteidigungsgemeinschaft. Diese erschwerten seiner Auffassung nach die deutsche Wiedervereinigung dauerhaft oder machten sie ganz unmöglich. Kritisch gegenüber Frankreich, Großbritannien und erst recht den von ihm als kapitalistische Vormacht empfundenen USA, verweigerte er sich den Schritten, die eine Westbindung konkretisiert hätten. Verglichen mit den Werten der Aufklärung und eines freiheitlichen Sozialismus empfand er die faktische Situation in diesen Ländern als zutiefst unbefriedigend und konnte sich nicht zu einer echten Zusammenarbeit mit ihnen überwinden.

Schumacher profilierte sich im Bundestag als scharfer Gegner der Politik der Westeinbindung von Konrad Adenauer. Er sah hierin die Gefährdung einer baldigen Wiedervereinigung. Im Zuge der Auseinandersetzungen um das Petersberger Abkommen bezeichnete er Adenauer in der Nacht vom 24. auf den 25. November 1949 als den „Bundeskanzler der Alliierten“, woraufhin er für 20 Sitzungstage aus dem Bundestag ausgeschlossen wurde. Doch schon in der darauf folgenden Sitzung, am 2. Dezember 1949, wurde der Sitzungsausschluss im Nachgang zu einer Aussprache zwischen Adenauer und Schumacher aufgehoben.[17] Ähnlich scharfe Worte fand Schumacher 1952 in der Diskussion um den Deutschlandvertrag, der eine Wiederbewaffnung bei gleichzeitigen Souveränitätsgewinnen der Bundesrepublik brachte und eine Wiedervereinigung auf lange Zeit unmöglich zu machen schien. Wer diesem Vertrag zustimme, polterte er, „hört auf, ein Deutscher zu sein“.[18] Noch am Vormittag seines Todestages, am 20. August 1952, wandte sich Schumacher gegen Adenauers Politik der Westbindung und erklärte in einer Fernsehaufnahme für die amerikanische ABC: „Nach Auffassung der Sozialdemokratie ist die Wiedervereinigung dringender und wichtiger für den Frieden und die Konstituierung Deutschlands als jede Form der Integration eines Teiles Deutschlands mit anderen europäischen Ländern.“[19] Schumacher ist außerdem Urheber der später von Adenauer übernommenen Magnettheorie.

Schumacher entlastete die Wehrmachtssoldaten[20] und die Angehörigen der Waffen-SS[21] von kollektiven Schuldvorwürfen. Er setzte sich für die Wiedereingliederung von Waffen-SS-Angehörigen in die Gesellschaft ein, sofern sie keine Verbrechen begangen hatten.

Nachlass und Ehrungen

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Willy Brandt bei der Eröffnung einer Ausstellung zu Kurt Schumacher, Bonn 1977

Es gibt keinen gesammelten Nachlass Schumachers. Der allergrößte Teil seiner älteren Unterlagen und persönlichen Dokumente wurde von den Nationalsozialisten vernichtet.

Nach Kurt Schumacher wurden zahlreiche Straßen, Brücken und Plätze, Schulen[22] und andere Gebäude (insbesondere regionale SPD-Parteizentralen) benannt.

  • Germany’s Currency Problem. (sine nomine), London 1945, DNB 990545563 (Mit Walter Fliess).
  • Was wird aus Deutschland? Schumacher antwortet auf den Parteitag der SPD, Hannover 1946. Landesvorstand der SPD Bayern, München 1946, DNB 454522851.
  • Student und Politik (Ansprache). Phönix-Verlag, Hamburg 1946, DNB 454522843.
  • Sozialismus – eine Gegenwartsaufgabe. Auf dem Parteitag der SPD (gehaltene Rede), Entschließungen. SPD, Hannover 1946, DNB 577000667.
  • Grundsätze sozialistischer Politik (Rede des 1. Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands auf dem 1. Nachkriegsparteitag der S.P.D. am 9. Mai in Hannover). Phönix-Verlag, Hamburg 1946, DNB 831191406.
  • Für Frieden, Freiheit und Sozialismus. Rede anlässlich einer Kundgebund der Sozialdemokratischen Partei am 12. Januar 1946. Schwäbische Druckerei, Stuttgart 1946, DNB 454522789.
  • Sozialdemokratie im neuen Deutschland. Der Vortrag wurde gehalten am 27. Januar 1946. Phönix-Verlag, Hamburg 1946, DNB 454522835.
  • Das Referat im Berliner Poststadion. Angenommen auf dem Parteitag in Hannover. (sine nomine), (sine loco) 1946, DNB 577000659.
  • Aufgaben und Ziele der deutschen Sozialdemokratie. Referat, gehalten auf dem Parteitag der SPD in Hannover im Mai 1946. SPD Groß-Hessen, Frankfurt am Main 1946, DNB 577000594.
  • Rede vor dem Bezirksparteitag der Sozialdemokratischen Partei auf der Alexanderhöhe bei Iserlohn am 1. März 1947. Hamburger Buchdruck- und Verlagsanstalt Auerdruck, Hamburg 1947, DNB 578643243.
  • Europa, demokratisch und sozialistisch. SPD-Verlag, Frankfurt am Main 1947, DNB 454522762.
  • Deutschland und Europa. Rede auf dem Parteitag der SPD in Nürnberg 1947. SPD Hessen, Frankfurt am Main 1947, DNB 800968778. (Digitalisat).
  • Nach dem Zusammenbruch. Gedanken über Demokratier und Sozialismus. Phönix-Verlag, Hamburg 1948, DNB 454522878.
  • Das Programm der Opposition. Die 3 Vorsitzenden der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion über die Ziele der Opposition. Neuer Vorwärts-Verlag, Hannover 1949, DNB 454522800 (Mit Erich Ollenhauer und Carlo Schmid).
  • Das Volk soll entscheiden. Vorstand der SPD, Hannover 1950, DNB 577000632.
  • Es gibt nur eine Wahrheit. Auf dem Hamburger Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Mai 1950. Vorstand der SPD, Bonn 1950, DNB 577000640 (Mit Erich Ollenhauer).
  • Deutschlands Beitrag für Frieden und Freiheit. Die Politik der deutschen Sozialdemokratie in der gegenwärtigen Situation. Referat auf der gemeinsamen Tagung der SPD-Körperschaften am 17. September 1950 in Stuttgart. Vorstand der SPD, Hannover 1950, DNB 577000616.
  • Das Volk soll entscheiden! Für die deutsche Gleichberechtigung. Rede am 8. November 1950. Vorstand der SPD, Hannover 1950, DNB 577000675.
  • Durch freie Wahlen zur Einheit Deutschlands. Vorstand der SPD, Hannover 1951, DNB 577000624.
  • Deutschlands Forderung. Gleiches Risiko, gleiches Opfer, gleiche Chancen! Vorstand der SPD, Hannover 1951, DNB 991486692.
  • Die Rolle der „Volkspolizei“ in der Sowjetzone. Vorstand der SPD, Bonn 1952, DNB 990794717.
  • Reden und Schriften. ariani Verlagsgesellschaft, West-Berlin 1962, DNB 454522746.
  • Freiheit und Frieden. Worte von Kurt Schumacher. 2. Auflage. Landsmannschaft Westpreußen, Münster 1971, DNB 751015105 (Erstausgabe: 1970).
  • Bundestagsreden. AZ-Studio, Bonn 1972, DNB 730270092.
  • Der Kampf um den Staatsgedanken in der deutschen Sozialdemokratie. Kohlhammer, Stuttgart / West-Berlin / Köln / Mainz 1973, ISBN 3-17-001181-2 (Nachdruck von Schumachers Dissertation aus dem Jahr 1920).
  • Reden – Schriften – Korrespondenzen. 1945–1952. Dietz, West-Berlin / Bonn 1985, ISBN 3-8012-1107-X.
  • Kurt Schumacher in der „Schwäbischen Tagwacht“ über Demokratie und Kommunisten. Aufsätze und Redeberichte (1926–1933). Trafo-Verlag Weist, Berlin 1995, ISBN 3-930412-79-9.
  • Helmut Bärwald: Kurt Schumacher. Bund der Vertriebenen, Bonn 1995, ISBN 3-925103-76-7.
  • Ina Brandes: Kurt Schumacher. Der Kandidat aus Weimar. In Daniela Forkmann, Saskia Richter (Hrsg.): Gescheiterte Kanzlerkandidaten: Von Kurt Schumacher bis Edmund Stoiber. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15051-2, S. 27–44.
  • Ulrich Buczylowski: Kurt Schumacher und die deutsche Frage. Sicherheitspolitik und strategische Offensivkonzeption vom August 1950 bis September 1951 (= Schriftenreihe der Studiengesellschaft für Zeitprobleme e. V. Zeitpolitik. Band 13). Seewald, Stuttgart-Degerloch 1973, ISBN 3-512-00338-9.
  • Dieter Dowe (Hrsg.): Kurt Schumacher und der „Neubau“ der deutschen Sozialdemokratie nach 1945. Tagungsband. Historisches Forschungszentrum, Bonn / Bad Godesberg 1996, ISBN 3-86077-461-1.
  • Lewis J. Edinger: Kurt Schumacher. Persönlichkeit und politisches Verhalten. Köln / Opladen 1967 (Orig. Stanford, Cal. 1965).
  • Helga GrebingSchumacher, Kurt Ernst Karl. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 740 f. (Digitalisat).
  • Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.): Kurt Schumacher und seine Politik. Wissenschaftliches Symposium am 30. Oktober 1995. Argon, Berlin 1996, ISBN 3-87024-793-2 (Tagungsband, Schwerpunkt auf seinen politischen Konzeptionen ab 1945).
  • Peter Merseburger: Kurt Schumacher: Patriot, Volkstribun, Sozialdemokrat. Pantheon, München 2010, ISBN 978-3-570-55139-4.
  • Theo Pirker: Die SPD nach Hitler. Die Geschichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1945–1964. München 1965.
  • Ulla Plener: Der feindliche Bruder: Kurt Schumacher. Intentionen, Politik, Ergebnisse 1921 bis 1952. Zum Verhältnis von Sozialdemokraten und anderen Linken aus historischer und aktueller Sicht. Edition Bodoni, Berlin 2003, ISBN 3-929390-66-3.
  • Waldemar Ritter: Kurt Schumacher Eine Untersuchung seiner politischen Konzeption und seiner Gesellschafts- und Staatsauffassung. Verlag Dietz, Hannover 1964.
  • Volker Schober: Der junge Kurt Schumacher 1895–1933 (= Politik- und Gesellschaftsgeschichten des Historischen Forschungsseminars der Friedrich-Ebert-Stiftung. Band 53). Dietz, Bonn 2000, ISBN 3-8012-4110-6 (Wissenschaftliche Biografie über die frühen Jahre).
  • Günther Scholz: Kurt Schumacher. Düsseldorf u. a. 1988, ISBN 3-430-18036-8.
  • Martin Schumacher (Hrsg.): M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus. Politische Verfolgung, Emigration und Ausbürgerung, 1933–1945. Eine biographische Dokumentation. 3., erheblich erweiterte und überarbeitete Auflage. Droste, Düsseldorf 1994, ISBN 3-7700-5183-1.
Commons: Kurt Schumacher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Bataillon Bansa (Ers.-Bataillon Infanterie-Regiment Nr. 21), 3. Kompagnie: Musk. Kurt Schumacher – Culm – verwundet; Preußische Verlustliste Nr. 142, S. 4709/Deutsche Verlustliste (5. Februar 1915).
  2. Michael Kitzing: Kurt Schumacher (1895-1952). In: Stadtlexikon Stuttgart. Stadtarchiv Stuttgart, 19. August 2022, abgerufen am 17. November 2022.
  3. Zur „Sozialfaschismusthese“ Heinrich August Winkler: Der Schein der Normalität. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1924 bis 1930. J.H.W. Dietz Nachf., Berlin 1985, ISBN 3-8012-0094-9, S. 679–685, Stalin-Zitat S. 679.
  4. 00781a01.htm . - Teil 19. Abgerufen am 17. Juli 2024.
  5. Zit. nach: Michael Grüttner, Das Dritte Reich. 1933–1939 (= Handbuch der deutschen Geschichte, Band 19), Klett-Cotta, Stuttgart 2014, S. 499–506, Zitat: S. 48. Die Rede ist gekürzt u. a. abgedruckt in: Günter Wollstein (Hrsg.): Quellen zur deutschen Innenpolitik 1933–1939, Darmstadt 2001 (= Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe. Begründet von Rudolf Buchner und fortgeführt von Winfried Baumgart. Band XXXIII), S. 38–41, hier: S. 38.
  6. Ronen Steinke Fritz Bauer. The Jewish Prosecutor Who Brought Eichmann and Auschwitz to Trial, Indiana University Press, Bloomington 2020, ISBN 978-0-253-04689-5, S. 66.
  7. a b Hartmut Spell Für ein neues Deutschland, Damals, Bd. 44, Nr. 8, 2012, S. 10–13.
  8. Manfred Schöne: 100 Jahr Sichel. Spezialist für Kleb- und Dichtstoffe. Henkel AG, Düsseldorf 1989, ISBN 3-923324-77-4. S. 68f.
  9. Ulla Plener: SPD 1945–49. S. 63, 68; Frank Moraw: Die Parole der „Einheit“. S. 78, 122 ff.
  10. Frank Moraw: Die Parole der „Einheit“. S. 121, 124 ff. Bericht des amerikan. Geheimdienstes FIS. In: U. Borsdorf, L. Niethammer (Hrsg.): Zwischen Befreiung und Besatzung. Wuppertal 1976, S. 208–228.
  11. Peter Brandt: Demokratischer Sozialismus – Deutsche Einheit – Europäische Friedensordnung: Kurt Schumacher in der Nachkriegspolitik (1945–1952). In: fes.de. 1995, abgerufen am 13. Oktober 2020.
  12. Alexander Kohnen: Wer schon alles Bundespräsident werden wollte. In: morgenpost.de. 10. Juni 2016, abgerufen am 13. Oktober 2020.
  13. Volker Klimpel (2004), S. 323.
  14. Hannover ehrt Kurt Schumacher mit einem Stolperstein & einer (neuen) Stadttafel. Landeshauptstadt Hannover, 24. April 2025, abgerufen am 24. April 2025.
  15. Franz Walter: Im Herbst der Volksparteien. Eine kleine Geschichte von Aufstieg und Rückgang politischer Massenintegration. transcript Verlag, Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1141-0, S. 64.
  16. a b Mike Schmeitzner: Der Totalitarismusbegriff Kurt Schumachers. Politische Intention und praktische Wirksamkeit. In: Mike Schmeitzner (Hrsg.): Totalitarismuskritik von links: deutsche Diskurse im 20. Jahrhundert. Vandenhoeck & Ruprecht, 2007, ISBN 978-3-525-36910-4, S. 253–257.
  17. Michael F. Feldkamp: Der Zwischenruf „Der Bundeskanzler der Alliierten!“ und die parlamentarische Beilegung des Konfliktes zwischen Konrad Adenauer und Kurt Schumacher im Herbst 1949. In: Markus Raasch, Tobias Hirschmüller (Hrsg.): Von Freiheit, Solidarität und Subsidiarität – Staat und Gesellschaft der Moderne in Theorie und Praxis. Festschrift für Karsten Ruppert zum 65. Geburtstag (= Beiträge zur Politischen Wissenschaft. Band 175). Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-13806-7, S. 665–708.
  18. Henning Köhler: Adenauer. Eine politische Biographie. Propyläen, Berlin 1994, S. 677.
  19. Rainer Zitelmann: Kurt Schumacher: Die deutsche Einheit – Maßstab aller Dinge. In: Uwe Backes, Eckhard Jesse, Rainer Zitelmann (Hrsg.): Adenauers Gegner. Streiter für die Einheit (= Reihe Extremismus und Demokratie. Band 2). Straube, Erlangen / Bonn / Wien 1991, ISBN 3-927491-35-7, S. 71.
  20. Schumacher auf dem 1. Parteitag der SPD in den westlichen Besatzungszonen im Mai 1946 in Hannover
  21. Vgl. Schumachers Brief an Liebmann Hersch vom 30. Oktober 1951, zit. in: Jeffrey Herf: Divided Memory. The Nazi Past in the Two Germanies, Cambridge, Mass.: Harvard University Press, 1997, S. 278 f.
  22. Schulen u. a. in Anderten, Berlin, Bremen, Hannover, Ingelheim am Rhein, Karben, Nidderau-Windecken, Reinheim.
  23. Helmut Zimmermann: Kurt-Schumacher-Straße. In: Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover. Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 152.
  24. Airbus A310 MRTT – Version Passagier/Truppentransporter (PAX). In: luftwaffe.de. 23. Juni 2014, archiviert vom Original am 30. Januar 2016; abgerufen am 13. Oktober 2020.
  25. Straßenbahn Ulm: Avenio M Tw 58 Kurt Schumacher
  26. Andreas Born: Kurt-Schumacher-Ring. In: leverkusen.com. Abgerufen am 13. Oktober 2020.
  27. Matthias Gebauer: Airbus 350 für die VIP-Flotte: Neuer Regierungsflieger wird nach Kurt Schumacher benannt. In: Spiegel Online. 20. August 2020, abgerufen am 20. August 2020.