„Alphorn“ – Versionsunterschied
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[[Datei:Vals06.JPG|mini|Alphorn-Konzert in [[Vals GR]] (2005)]] |
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Das '''Alphorn''' ist ein Blasinstrument und gilt als Nationalsymbol der [[Schweiz]]. |
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[[Datei:Alphornbläser aus dem Katschtal, Kärnten, Austria.jpg|mini|Alphornbläser aus dem [[Katschtal (Kärnten)|Katschtal]], Kärnten, Österreich]] |
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Das '''Alphorn''' ist ein zumeist aus Holz gefertigtes [[Blasinstrument]] in der Form eines langen, konischen Rohrs, das am Ende wie ein Kuhhorn gebogen ist und in einen Schallbecher übergeht. Es ist vor allem im Alpenraum verbreitet. |
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Das Alphorn zählt zu den [[Blechblasinstrument]]en. Diese Zuordnung ergibt sich unabhängig vom verwendeten Material aus der Technik der Tonerzeugung und dem Mundstücktypus (Kessel- oder Trichtermundstück bzw. Kombinationen hieraus). Da es keine Möglichkeit hat, seine Rohrlänge flexibel zu verändern, ist das Alphorn an die Töne der Naturtonreihe gebunden (zur Physik der Tonerzeugung siehe den Artikel [[Polsterpfeife]]) und ist somit ein [[Naturhorn]]. Es gilt als ein [[Nationales Symbol#Nationale Symbole der Schweiz|Nationalsymbol]] der [[Schweiz]]. Auch in [[Österreich]] und den [[Bayerische Alpen|bayerischen Alpen]] sind Alphörner verbreitet. |
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[[image:Vals06.JPG|thumb|left|300px|Alphorn-Konzert in [[Vals GR]]]] |
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== Herkunft == |
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Es gehört aufgrund seiner Anblastechnik instrumentenkundlich zu den [[Blechblasinstrument]]en, obwohl es aus Holz gefertigt wird. Es besitzt weder Klappen, noch Züge oder Ventile, und ist daher von den Noten auf die [[Obertonreihe]] beschränkt. Ein Alphorn kann man, je nach Landschaft, 5 bis 10 km weit hören. |
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[[Datei:Alphorn-MJ.jpg|mini|Alphornbläser in [[Dießen am Ammersee]] (2004)]] |
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Lange fingerlochlose [[Holztrompete]]n gab oder gibt es in vielen Kulturen und Ländern, z. B. in den [[Karpaten]] (''[[trembita]]''), in Polen (''[[bazuna]]'') in Rumänien (''bucium''), in Ungarn (''[[fakürt]]'') in Skandinavien (''lur''), in [[Peru]] (''[[Erke (Blasinstrument)|pampa corneta]]'') und bei den {{lang|mi|[[Māori]]}} in Neuseeland (''pūkaea''). |
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Der Schweizer Geschichtsschreiber [[Sigismund Furrer]] (1788–1865) berichtet, dass ein Kuhhirte im [[Baltschieder]]tal im Jahr 1212 so laut in das Horn geblasen haben soll, dass man es bis [[Bezirk Visp|Visp]] hören konnte, um vor dem Einfall des [[Berthold V. (Zähringen)|Herzogs von Zähringen]] zu warnen.<ref>[[Max Peter Baumann]]: [https://fis.uni-bamberg.de/bitstream/uniba/21083/1/FunktionOCRseA2b.pdf ''Funktion und Symbol: zum Paradigma „Alphorn“.''] In: [[Erich Stockmann]] (Hrsg.): ''Studia instrumentorum musicae popularis''. 5. Musikmuseet, Stockholm 1977, S. 27–32, hier S. 28.</ref> Der Volksüberlieferung zufolge wurde das Alphorn in manchen Schweizer Gebieten im 14. Jahrhundert als Signalinstrument verwendet.<ref>[[Sibyl Marcuse]]: ''A Survey of Musical Instruments.'' Harper & Row, New York 1975, S. 815.</ref> |
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Lange Holztrompeten gibt es in vielen Kulturen und Ländern, z.B. in [[Tibet]], den [[Pyrenäen]] und bei den [[Kirgisen]]. In der Schweiz erfreut sich das Alphorn jedoch nachhaltiger Beliebtheit. |
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Die erste bekannte schriftliche Erwähnung eines Alphorns in der Schweiz datiert auf |
Die erste bekannte schriftliche Erwähnung eines Alphorns in der Schweiz datiert auf 1527. Von damals stammt ein Eintrag in einem Rechnungsbuch des Klosters von [[Kloster St. Urban|St. Urban]] über „zwei Batzen an einen Walliser mit Alphorn“. Kurz erwähnt wird das Alphorn in [[Johann Rudolf Wyss]], ''Reise in das Berner Oberland'' (1817).<ref>[[Johann Rudolf Wyss]]: ''Reise in das Berner Oberland.'' Band 2, Bern 1817, [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10715524_00518.html S. 892].</ref> Es sind mehrere historische Beschreibungen zum Bau eines Alphorns überliefert, darunter in Heinrich Szadrowsky, ''Die Musik und die tonerzeugenden Instrumente der Alpenbewohner'' (1867/68),<ref>Heinrich Szadrowsky: ''Die Musik und die tonerzeugenden Instrumente der Alpenbewohner''. In: [https://archive.org/details/jahrbuchdesschw15alpegoog/page/n8/mode/2up ''Das Alphorn. Jahrbuch des Schweizer Alpen-Club''.] 4. Jahrgang, Bern 1867–1869.</ref> und Erich Röhr, ''Die Herstellung eines Alphorns'' (1934).<ref>Erich Röhr: ''Die Herstellung eines Alphorns.'' In: ''Die Alpen''. Band 10, 1934, S. 219.</ref> |
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Im 18. Jahrhundert geriet das Alphorn fast in Vergessenheit, da die verarmten musizierenden Hirten in den Städten es im 17. Jahrhundert in Verruf brachten und es als Bettelhorn verspottet wurde. Doch die [[Romantik]] und die Touristen in den Schweizer Alpen (zuerst waren es vor allem die Engländer) brachten im 19. Jahrhundert die [[Folklore]] und auch das Alphorn zum Blühen. Heute gilt in der Schweiz das Alphorn und das [[Schweizer Taschenmesser]] neben Käse und Schokolade als das Nationalsymbol. Die ersten Hirtenfeste ([[Unspunnenfest]]e) mit Alphorn-Musik fanden 1805 und 1808 statt. |
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Es gibt wenige klassische Kompositionen für Alphorn, die bekanntesten davon sind die ''Sinfonia pastorella'' für Alphorn und Streicher in [[G-Dur]] von [[Leopold Mozart]] sowie die ''Parthia auf Bauerninstrumenten'' von [[Georg Druschetzky]]. |
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== Bauform == |
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Die Technik der Rohrherstellung aus Holz ist uralt, es wurden sogar bis in die jüngste Zeit die Wasserleitungen so oder so ähnlich hergestellt. Früher verwendeten die [[Hirte]]n ihre Hörner vorwiegend als Signalhörner und bauten sie selbst, um sich über weite Distanzen zu verständigen, Alarm zu schlagen und ihre Herden zusammenzurufen. |
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Das Alphorn gehört aufgrund seiner Anblastechnik instrumentenkundlich zu den [[Blechblasinstrument]]en, obwohl es traditionell überwiegend aus Holz gefertigt wird. Es kann, je nach Landschaft, 5 bis 10 km weit gehört werden. In der Schweiz erfreut sich das Alphorn allgemeiner Beliebtheit. Es besitzt weder Klappen, Züge noch [[Ventil (Blasinstrument)|Ventile]] und ist daher bezüglich der zu spielenden Töne auf die [[Naturtonreihe]] beschränkt. Der nach demselben Prinzip funktionierende [[Büchel (Musikinstrument)|Büchel]] und die [[Tiba]] sind in der Schweiz weniger verbreitet. |
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[[Bild:alphorn.JPG|thumb|250px|Alphornbläser, [[Dießen am Ammersee]]]] |
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[[Datei:Harmonic Series.png|mini|links|600px|Naturtonreihe, die fortlaufende Nummer unterhalb der Töne beschreibt das Vielfache zur Grundfrequenz; darüber die Abweichung zum nächsten Ton der [[Gleichstufige Stimmung|gleichstufigen Stimmung]] in [[Cent (Musik)|Cent]]]] |
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Heute gibt es einige spezialisierte [[Instrumentenbauer]], die aus geeigneten Holzstämmen ein Alphorn herstellen. Seine seltsame, unten abgebogene Form rührt von der am Hang und somit krumm gewachsenen [[Tanne]] her, die geschält und der Länge nach halbiert wird. Das anschliessende Aushöhlen der beiden Hälften auf eine Wanddicke von einem halben Zentimeter ist eine über siebzig Stunden dauernde Handarbeit. Eine anschliessende Umwicklung aus [[Peddigrohr]] (früher Rindenblätter, Holzstreifen oder Wurzeln) dient als Wetterschutz und ein hölzernes [[Trompete]]nmundstück als Erleichterung beim Blasen. Der Preis für ein solches Instrument liegt bei etwa 1.000 bis 2.500 Euro (Stand: 2003). Das Es-Horn ist 405 cm lang, in der Grundstimmung E beträgt die Länge 389 cm. Das weit verbreitete Fis/Ges-Horn (Schweiz) misst 347 cm, das Horn in F (Deutschland) 366 cm, doch in der üblichen Ausführung kann man diese Hörner heute in zwei oder drei Teile zerlegen. Das bisher größte Alphorn wurde 1994 mit einer Länge von 46 Metern gebaut (Grundton B). (Fa. Stocker, [[Kriens]]) |
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{{Absatz}} |
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Beispielsweise hat in der ''Sinfonia pastorella'' für Alphorn und Streicher von [[Leopold Mozart]] das Soloinstrument einen Tonumfang von nur vier Tönen, dem Dreiklang aus 4., 5. und 6. Naturton und der darunterliegenden Quarte (3. Ton). Geübte Spieler erreichen allerdings die ersten 16 Töne der Naturtonreihe. Drei der Naturtöne (7./14., 11. – das [[Alphorn-Fa]], 13.) liegen relativ mittig zwischen zwei aufeinanderfolgenden Halbtönen der [[Gleichstufige Stimmung|gleichstufigen]] Tonleiter. Von einigen Musikern werden diese für mit westlicher Musik vertraute Ohren ungewohnt bzw. dissonant klingenden Töne deshalb nicht verwendet. Andere sehen sie als Instrumententypisch und setzen sie als klangliche Eigenheit eines Naturinstruments bewusst ein. |
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== Verbreitung und Verwendung == |
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Das Alphorn war im [[18. Jahrhundert]] fast schon in Vergessenheit geraten, da die verarmten musizierenden Hirten in den Städten es im [[17. Jahrhundert]] in Verruf gebracht und es als das Bettelhorn verspottet wurde. Doch die [[Romantik]] und die Touristen in den Schweizer Alpen (zuerst waren es vor allem die Engländer) brachten im [[19. Jahrhundert]] die [[Folklore]] und auch das Alphorn zum Blühen. Heute gilt in der Schweiz das Alphorn und das [[Schweizer Messer|Schweizer Taschenmesser]] neben Käse, Schokolade und [[Edelweiß]] als das Nationalsymbol. Die ersten Hirtenfeste ([[Unspunnenfest]]e) mit Alphorn-Musik fanden 1805 und 1808 statt. Derzeit zählt der [[Schweizer Jodlerverband]] allein an die 1.800 organisierte Alphornbläser in der Schweiz und in der ganzen Welt zu seinen Mitgliedern – Tendenz steigend. |
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[[Datei:49. Allgäuer Alphornbläsertreffen 2007.jpg|mini|49. Allgäuer Alphornbläsertreffen 2007 in [[Markt Rettenbach|Engetried]]]] |
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Der [[Eidgenössischer Jodlerverband|Eidgenössische Jodlerverband]] zählt an die 1800 organisierte Alphornbläser in der Schweiz und in der ganzen Welt zu seinen Mitgliedern. In Deutschland gibt es zahlreiche Alphornbläser, die sich auch zu internationalen Treffen zusammenfinden und dort als Solisten, Ensembles oder auch in Massenchören auftreten, wie beispielsweise beim jährlichen [[Allgäu]]er Alphornbläsertreffen<ref>[http://www.dein-allgaeu.de/kultur/oberstdorf/alphorn.htm Alphorn im Allgäu], abgerufen am 31. Dezember 2013</ref> oder beim Landestreffen der baden-württembergischen Alphornbläser.<ref>[https://www.youtube.com/watch?v=sWkkQw-VBA0 Gesamtchor beim Landestreffen der Alphornbläser Baden-Württemberg in Rötenbach im Allgäu am 18. August 2013], Video auf YouTube</ref><ref>{{Webarchiv|url=https://www.bvbw-online.de/der-bvbw/alphornblaeser/#c114 |wayback=20200606091340 |text=''Alphorngruppen.'' |archiv-bot=2024-07-05 00:48:38 InternetArchiveBot }} Blasmusik Verband Baden-Württemberg</ref> In Österreich gibt es unter anderem das Alphornfestival in [[Baad]] im [[Kleinwalsertal]].<ref>[http://www.alphornfestival.at/ Website des Alphornfestival in Baad im Kleinwalsertal]</ref> Es werden auch regelmässig Alphornkurse angeboten, so in [[Sörenberg LU|Sörenberg]] in der Innerschweiz; an solchen Kursen finden auch Alphornformationen zusammen.<ref>Esther Masero: [https://www.lexikon-riehen.ch/organisationen/alphorngruppe-riehen/ Alphorngruppe Riehen]. In: Gemeinde Lexikon Riehen.</ref> |
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== Literatur == |
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* ''Brigitte Bachmann-Geiser'': Das Alphorn - Vom Lock- zum Rockinstrument (1999) ISBN 3-258-05640-4 |
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Im jetzt französischen [[Munster (Haut-Rhin)|Munster]] (Elsass), dessen Geschichte von den Zuwanderern aus den Alpenländern nach dem [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]] geprägt wurde, hat sich das Alphorn-Spielen unter den Sennern auf den vogesischen Gipfeln seit zwei Jahrhunderten eingebürgert. Obwohl diese Tradition<ref>Erklärungen von Guy Buecher, Ensemble des Cors des Alpes du Hohnack Walbach online zu lesen, Teil Geschichte ({{Webarchiv|url=http://www.alphorn.fr/historique/ |wayback=20160515081654 |text=alphorn.fr }}, abgerufen am 11. Juni 2018)</ref> erst am Anfang des 19. Jahrhunderts schriftlich belegt ist, besteht kein Zweifel daran, dass die Herstellung und Anwendung des Alphorns durch Münsterer Sennhirten auf den vogesischen Almen auf die Schweizer oder Tiroler Einwanderung<ref>Siehe H. Dierstein: ''Les origines de Mittlach, du Tyrol et d’ailleurs.'' In: ''Annuaire de la Société d’histoire du val et de la ville de Munster.'' 2004, S. 119–133, S. 120 erzählt er zum Beispiel die Niederlassung von den Brüdern Lachat aus [[Delsberg|Delémont]] im [[Kanton Jura]] in Mittlach im Rothenbacher Hochtal.</ref> in das verwüstete Tal zurückzuführen sind. Es bedurfte einiger Jahrhunderte, bis dieses eingeführte Wissen sich dauerhaft im [[Fecht (Fluss)|Fecht]]-Tal etablierte und so weit entwickelte, dass eine lokale Produktion auch mit anderen Materialien wie Glas oder Weißblech<ref>Der schwäbische Alphornbauer Bernhard Köhler bestätigt es in seinem Reisebericht ''Bericht Internationales Alphornbläsertreffen'' am 14. September 2008 in Münster/Elsaß nach Munster: „Bevor wir in die gastliche Sennhütte gingen packte ich mein Alphorn aus und ließ es weit ins Tal und zu den Almen rundum erschallen, mit Echoantwort. Der Hüttenwirt und Senn stellte sich gleich ein und verschwand kurz. Er wischte mit dem Ärmel über ein verstaubtes Bild, das die Hütte im Steinwasen zeigte, vor der ein junger Senn das Alphorn blies. Es war ein aus Blech gefertigtes Alphorn ohne extra Mundstück. ‚Jetzt müssten von den Almen umher die Sennen antworten, aber es gibt sie nicht mehr, die das Alphorn blasen.‘“; Zitat aus der Website {{Webarchiv | url=http://www.alphornkoehler.de/galerie610.html | wayback=20141101202703 | text=alphornkoehler.de}}</ref> anfing. |
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* Bauregger, Werner; Focht, Josef; Sepp, Werner: Das Alphorn in Oberbayern. München, 1998. ISBN 3-931754-11-1 |
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[[Datei:Alphorn detailaufnahme.jpg|mini|Schalltrichter eines Alphorns mit folkloristischer Bemalung]] |
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Es gibt wenige klassische Kompositionen für Alphorn, die bekanntesten davon sind die ''Sinfonia pastorella'' für Alphorn und Streicher in [[G-Dur]] von [[Leopold Mozart]] sowie die ''Parthia auf Bauerninstrumenten'' von [[Jiří Družecký|Jiří Družecký (Georg Druschetzky)]]. Neuere Werke sind das ''Concertino Rustico'' des ungarischen Komponisten [[Ferenc Farkas]] sowie das ''Konzert für Alphorn und Orchester'' und ''Dialog mit der Natur'' für Alphorn, Piccolo und Orchester des Schweizer Dirigenten und Komponisten [[Jean Daetwyler]]. 1996 entstand das ''Concertino für Alphorn in F und Streicher'' von [[Franz Kanefzky]]. Im Jahre 2004 entstand im Auftrag des Menuhin Festivals in [[Gstaad]] das ''Concerto for Alphorn and Orchestra'' des Schweizer Komponisten [[Daniel Schnyder (Musiker)|Daniel Schnyder]], das von [[Arkady Shilkloper]] uraufgeführt wurde. Es verwendet ein konventionelles, klassisches Sinfonieorchester, zieht jedoch einen dreifach zu besetzenden Schlagzeugpart und Synthesizer hinzu. Stilistisch kann man es als Crossover zwischen Jazz und Klassik bezeichnen. 2014 wurde als Kompositionsauftrag der [[Musica Viva (München)|musica viva]] das ''concerto grosso Nr. 1'' für 4 Alphörner und Orchester von [[Georg Friedrich Haas]] uraufgeführt, das mit [[Obertonreihe]]n und [[Mikrotonalität]] arbeitet.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.br.de/radio/br-klassik/orchester-chor/musica-viva/vier-alphoerner-georg-friedrich-haas100.html | wayback=20140409011919 | text=Angaben bei BR-Klassik}}</ref> |
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Vereinzelt wird das Alphorn auch rein im Jazz verwendet. Die Gruppe ''Kerberbrothers Alpenfusion'' setzt das Instrument in den Stücken ''Alphornblues'' und ''Geierwalli'', beide 1998 auf CD veröffentlicht, ein. Auch der Jazztrompeter und Komponist [[Matthias Schriefl]] benutzt teilweise mehrere Alphörner in verschiedenen Tonarten bei seiner Band ''6, Alps and Jazz''. |
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== Fertigung == |
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Die Technik der Rohrherstellung aus Holz ist uralt, bis in die jüngste Zeit wurden sogar Wasserleitungen so oder ähnlich hergestellt. |
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Heute gibt es einige spezialisierte [[Musikinstrumentenbau|Instrumentenbauer]], die aus geeigneten Holzstämmen ein Alphorn herstellen. Seine unten abgebogene Form stammte ursprünglich von der am Hang und somit krumm gewachsenen [[Gemeine Fichte|Fichte]], die geschält und der Länge nach halbiert wird. Schon seit längerem wird dieser gebogene Teil nicht mehr verwendet und die Form des Bechers hängt nicht mehr von der natürlichen Krümmung ab, sondern ist standardisiert: In der Schweiz unterscheidet man die ''Berner'' Form – größerer Bogen – von der ''Luzerner'' oder ''Innerschweizer'' Form, mit etwas engerer Schallbecherkrümmung. Das anschließende Aushöhlen der beiden Hälften auf eine Wanddicke von 6 bis 8 Millimeter ist eine über 70 Stunden dauernde Handarbeit. Eine anschließende Umwicklung aus [[Peddigrohr]] (früher Rindenblätter, Holzstreifen oder Wurzeln) dient als Wetterschutz und ein (zumeist) hölzernes [[Instrumentenmundstück|Mundstück]] als Mittel zur Tonerzeugung, wie bei Blechblasinstrumenten üblich. Der Preis für ein solches Instrument liegt bei etwa 1200 bis 3300 Euro (Stand: 2013). |
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=== Stimmung === |
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Folgende Stimmungen werden heute gebaut: |
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{| class="wikitable" |
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! Stimmung (Grundton) |
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! Länge |
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! tiefster Ton |
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| Es || 4,05 m || Es<sub>1</sub> |
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|- |
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| E || 3,89 m || E<sub>1</sub> |
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|- |
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| F || 3,68 m || F<sub>1</sub> |
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|- |
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| Fis/Ges || 3,47 m || Fis<sub>1</sub>/Ges<sub>1</sub> |
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|- |
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| G || 3,27 m || G<sub>1</sub> |
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|- |
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| Gis/As || 3,09 m || Gis<sub>1</sub>/As<sub>1</sub> |
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|- |
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| B || 2,75 m || B<sub>1</sub> |
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|- |
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| C || 2,45 m || C |
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|} |
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In der Schweiz ist das Fis/Ges-Alphorn am weitesten verbreitet, in Deutschland das F-Alphorn. In der üblichen Ausführung kann man Alphörner heute in drei Teile zerlegen, es gibt auch Ausführungen in vier Teilen. |
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=== Das längste Alphorn === |
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Das längste Alphorn der Welt hat eine Länge von 47 Metern.<ref>{{Webarchiv|url=http://alphorn-luzern.ch/index.php/das-alphorn/das-laengste-alphorn-der-welt |wayback=20151121085651 |text=Das längste Alphorn der Welt }} auf der Website Alphornmusik.de mit Fotos der längsten Alphörner</ref> Diesen Weltrekord hält der Alphornbauer Josef Stocker aus [[Kriens]] zusammen mit dem US-Amerikaner Peter Wutherich, wobei zum endgültigen Entscheid auch um den Durchmesser des Bechers (englisch ''bell'') gerungen wurde.<ref>[http://articles.chicagotribune.com/1999-12-28/news/9912290156_1_world-records-alphorn-guinness-book World's Biggest Alphorn Claimed] Artikel der Chicago Tribune vom 28. Dezember 1999</ref> Nach Angaben von Josef Stocker ist dieses Alphorn nicht bespielbar. Wenn jedoch beim Zusammenbau nicht alle Teile verwendet werden, dann entsteht mit einer Länge von 14 Metern das längste bespielbare Alphorn. Es hat 64 Töne gegenüber den 16 Tönen eines „normalen“ Alphorns.<ref>''Grösstes bespielbares Alphorn der Welt'', Artikel der Neuen Luzerner Zeitung vom 14. Juni 2011</ref> <!-- Ohne Beleg: Das Instrument steht auf dem Grundton B, sein tiefster Ton ist das B<sub>5</sub>. Daher liegen die drei tiefsten Töne (B<sub>5</sub>, B<sub>4</sub>, F<sub>3</sub>) und für die meisten Menschen auch der vierttiefste Ton (B<sub>3</sub>) unterhalb der Hörbarkeitsgrenze. --> |
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Das längste an einem Stück gefertigte Alphorn mit 20,67 Metern, eingetragen ins Guinness-Buch der Rekorde, stammt aus der Werkstatt von Alois Biermaier in [[Bischofswiesen]] (Oberbayern) und kann dort besichtigt werden. |
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=== Weiterentwicklungen und Varianten === |
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Heute werden vereinzelt Alphörner aus mit Glas- oder Kohlenstofffasern verstärktem Kunststoff, aber auch aus Acrylglas gefertigt. Sie sind nicht mehr als ein knappes Kilogramm schwer und kosten ca. 2500 Euro. Klanglich ist solch ein modernes Alphorn den Holzhörnern deutlich unterlegen. Versuchsweise wurden auch Instrumente mit Klappen oder einer Ventilmaschine (Wirkung der Ventile wie bei einer [[Trompete]]) gebaut, um den Tonumfang auf eine diatonische Tonleiter (Klappen) oder eine chromatische Tonleiter (Ventilmaschine) zu erweitern.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.tmk-gruppe.de/Alfons-Gaisbauer.htm |titel=Alfons Gaisbauer: Alphorn goes Jazz |hrsg=Website der TMK Köln |zugriff=2018-06-11}}</ref> Die Alphorn-Virtuosin [[Eliana Burki]] entwickelte zu diesem Zweck ein um einen Trompeten-Ventil-Aufsatz ergänztes klassisches Alphorn («Burki-Horn»). |
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== Orgelregister „Alphorn“ == |
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In [[Orgel]]n findet man gelegentlich das Register ''Alphorn''. Der spezielle Klang des Alphorns wird bei diesen Orgeln durch eine [[Orgelpfeife]] (meist aus Holz) imitiert, zu finden war es zum Beispiel in der [[Schwalbennestorgel]] von 1960 im [[Ulmer Münster]] als 16′-Register im Hauptwerk (die Orgel wurde allerdings mittlerweile nach [[Biłgoraj]] (Polen) verkauft und durch ein anders disponiertes Instrument ersetzt<ref>[https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/ulm/ulmer-muensterchororgel-eingeweiht-100.html; swr.de] abgerufen am 22. Januar 2022.</ref>). |
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== Film == |
== Film == |
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Ein Dokumentarfilm über das Alphorn stammt von Stefan Schwietert und heißt ''Musik der Alpen – Das Alphorn''. Er hat eine Spielzeit von 76 Minuten. Er behandelt die Ursprünge des Instruments und leitet über zu moderner Auffassung über das Alphornmusizieren – sozusagen vom Jodlerverband bis zum Jazz. |
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== Musik == |
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Er behandelt die Ursprünge des Instruments und leitet über zu moderner Auffassung über das Alphornmusizieren - sozusagen vom Jodlerverband bis Jazz. |
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[[Datei:Bardentreffen 2009 2169.jpg|mini|Eliana Burki spielt Alphorn beim [[Bardentreffen]] in [[Nürnberg]] (2009)]] |
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Schweizer Protagonisten im Bereich der alpinen [[Weltmusik]] sind bzw. waren [[Hans Kennel]] († 2021), [[Eliana Burki]] († 2023), ''MYTHA'' mit [[Betty Legler]] und Hans Kennel, [[Balthasar Streiff]] als Soloperformer, mit ''[[Hornroh]]'', das ''Modern Alphorn Quartett'' und ''[[Stimmhorn (Band)|Stimmhorn]]''. [[Hartmut Schmidt (Komponist)|Hartmut Schmidt]] schrieb zwei Konzerte für Alphorn und Orchester. |
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[[Armin Rosin]] brachte klassische Musik in Zusammenhang mit dem Alphorn: ''Alphorn Goes Classic'' (CD-Einspielung 2001). |
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Im Bereich Jazz tritt der russische Hornist [[Arkadi Fimowitsch Schilkloper|Arkady Shilkloper]] mit Alphorn auf. |
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Auch in der moderneren Popmusik fand das Alphorn schon Verwendung. Der Schweizer Musiker [[Pepe Lienhard]] und seine Band verwendeten das Instrument 1977 in ihrem Song ''Swiss Lady'', mit dem sie am [[Eurovision Song Contest 1977|Eurovision Song Contest]] teilnahmen und damit den sechsten Platz erreichten. In der Schweiz war der Titel ein Nummer-eins-Hit und hielt sich 18 Wochen lang in den nationalen Charts. |
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Bekannte Schweizer Alphornspielerinnen der jüngeren Generation sind unter anderen [[Lisa Stoll]] (* 1996) und [[Eliana Burki]] (1983–2023). |
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== Literatur == |
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* [[Brigitte Bachmann-Geiser]]: ''Das Alphorn – Vom Lock- zum Rockinstrument.'' Haupt, Bern 1999, ISBN 3-258-05640-4. |
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* Anthony C. Baines, [[Max Peter Baumann]]: ''Alphorn.'' In: ''Grove Music Online.'' 2001. |
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* Werner Bauregger, Josef Focht, Werner Sepp: ''Das Alphorn in Oberbayern.'' Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, München 1998, ISBN 3-931754-11-1. |
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* Pierre Grandjean: ''Das Alphorn – Tradition, Handwerk, Musik.'' AT-Verlag, Aarau / München 2012, ISBN 978-3-03800-599-5. |
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* Alfred Pfleger: [https://www.e-periodica.ch/cntmng?type=pdf&pid=sav-001:1953:49::258 ''Das Schweizer Alphorn in den Hochvogesen.''] In: ''Schweizerisches Archiv für Volkskunde = Archives suisses des traditions populaires.'' Band 49, 1953, S. 34–50. |
|||
* [[Franz Schüssele]]: ''Alphorn und Hirtenhorn in Europa. Hölzerne Hörner von der Schweiz bis nach Schweden, von Russland bis Rumänien in Geschichte und Gegenwart.'' Buch und Begleit-CD mit 63 Tonbeispielen. Gälfiäßler Verlag, Friesenheim 2000, ISBN 3-927781-22-3. |
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* Charlotte Vignau: ''Modernity, Complex Societies, and the Alphorn.'' Lexington Books, Lanham 2013, ISBN 0739167979. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Commonscat|Alphorns|Alphorn}} |
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*http://www.alphornmusik.ch |
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{{Wiktionary}} |
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*http://www.SwissAlphorn.ch |
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*http://www.ethnomics.ch/events/alphornkurs.html |
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*http://www.freiburg-schwarzwald.de/alphorn.htm |
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*http://www.alphorn-center.de |
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== Einzelnachweise == |
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[[Kategorie:Blechblasinstrument]] |
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<references responsive /> |
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[[Kategorie:Volksmusik]] |
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[[Kategorie:Kultur (Schweiz)]] |
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[[Kategorie:Nationales Symbol (Schweiz)]] |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4142016-0}} |
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[[en:Alphorn]] |
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[[fi:Alppitorvi]] |
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[[Kategorie:Naturtrompete]] |
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[[fr:Cor des Alpes]] |
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[[Kategorie:Volksmusikinstrument]] |
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[[he:קרן האלפים]] |
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[[Kategorie:Nationales Symbol (Schweiz)]] |
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[[ja:アルプホルン]] |
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[[Kategorie:Nationales Symbol (Österreich)]] |
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[[nl:Alpenhoorn]] |
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[[Kategorie:Immaterielles Kulturerbe (Schweiz)]] |
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[[sv:Alphorn]] |
Aktuelle Version vom 31. Mai 2025, 20:31 Uhr

Das Alphorn ist ein zumeist aus Holz gefertigtes Blasinstrument in der Form eines langen, konischen Rohrs, das am Ende wie ein Kuhhorn gebogen ist und in einen Schallbecher übergeht. Es ist vor allem im Alpenraum verbreitet.
Das Alphorn zählt zu den Blechblasinstrumenten. Diese Zuordnung ergibt sich unabhängig vom verwendeten Material aus der Technik der Tonerzeugung und dem Mundstücktypus (Kessel- oder Trichtermundstück bzw. Kombinationen hieraus). Da es keine Möglichkeit hat, seine Rohrlänge flexibel zu verändern, ist das Alphorn an die Töne der Naturtonreihe gebunden (zur Physik der Tonerzeugung siehe den Artikel Polsterpfeife) und ist somit ein Naturhorn. Es gilt als ein Nationalsymbol der Schweiz. Auch in Österreich und den bayerischen Alpen sind Alphörner verbreitet.
Herkunft
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Lange fingerlochlose Holztrompeten gab oder gibt es in vielen Kulturen und Ländern, z. B. in den Karpaten (trembita), in Polen (bazuna) in Rumänien (bucium), in Ungarn (fakürt) in Skandinavien (lur), in Peru (pampa corneta) und bei den Māori in Neuseeland (pūkaea).
Der Schweizer Geschichtsschreiber Sigismund Furrer (1788–1865) berichtet, dass ein Kuhhirte im Baltschiedertal im Jahr 1212 so laut in das Horn geblasen haben soll, dass man es bis Visp hören konnte, um vor dem Einfall des Herzogs von Zähringen zu warnen.[1] Der Volksüberlieferung zufolge wurde das Alphorn in manchen Schweizer Gebieten im 14. Jahrhundert als Signalinstrument verwendet.[2]
Die erste bekannte schriftliche Erwähnung eines Alphorns in der Schweiz datiert auf 1527. Von damals stammt ein Eintrag in einem Rechnungsbuch des Klosters von St. Urban über „zwei Batzen an einen Walliser mit Alphorn“. Kurz erwähnt wird das Alphorn in Johann Rudolf Wyss, Reise in das Berner Oberland (1817).[3] Es sind mehrere historische Beschreibungen zum Bau eines Alphorns überliefert, darunter in Heinrich Szadrowsky, Die Musik und die tonerzeugenden Instrumente der Alpenbewohner (1867/68),[4] und Erich Röhr, Die Herstellung eines Alphorns (1934).[5]
Im 18. Jahrhundert geriet das Alphorn fast in Vergessenheit, da die verarmten musizierenden Hirten in den Städten es im 17. Jahrhundert in Verruf brachten und es als Bettelhorn verspottet wurde. Doch die Romantik und die Touristen in den Schweizer Alpen (zuerst waren es vor allem die Engländer) brachten im 19. Jahrhundert die Folklore und auch das Alphorn zum Blühen. Heute gilt in der Schweiz das Alphorn und das Schweizer Taschenmesser neben Käse und Schokolade als das Nationalsymbol. Die ersten Hirtenfeste (Unspunnenfeste) mit Alphorn-Musik fanden 1805 und 1808 statt.
Bauform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Alphorn gehört aufgrund seiner Anblastechnik instrumentenkundlich zu den Blechblasinstrumenten, obwohl es traditionell überwiegend aus Holz gefertigt wird. Es kann, je nach Landschaft, 5 bis 10 km weit gehört werden. In der Schweiz erfreut sich das Alphorn allgemeiner Beliebtheit. Es besitzt weder Klappen, Züge noch Ventile und ist daher bezüglich der zu spielenden Töne auf die Naturtonreihe beschränkt. Der nach demselben Prinzip funktionierende Büchel und die Tiba sind in der Schweiz weniger verbreitet.

Beispielsweise hat in der Sinfonia pastorella für Alphorn und Streicher von Leopold Mozart das Soloinstrument einen Tonumfang von nur vier Tönen, dem Dreiklang aus 4., 5. und 6. Naturton und der darunterliegenden Quarte (3. Ton). Geübte Spieler erreichen allerdings die ersten 16 Töne der Naturtonreihe. Drei der Naturtöne (7./14., 11. – das Alphorn-Fa, 13.) liegen relativ mittig zwischen zwei aufeinanderfolgenden Halbtönen der gleichstufigen Tonleiter. Von einigen Musikern werden diese für mit westlicher Musik vertraute Ohren ungewohnt bzw. dissonant klingenden Töne deshalb nicht verwendet. Andere sehen sie als Instrumententypisch und setzen sie als klangliche Eigenheit eines Naturinstruments bewusst ein.
Verbreitung und Verwendung
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Der Eidgenössische Jodlerverband zählt an die 1800 organisierte Alphornbläser in der Schweiz und in der ganzen Welt zu seinen Mitgliedern. In Deutschland gibt es zahlreiche Alphornbläser, die sich auch zu internationalen Treffen zusammenfinden und dort als Solisten, Ensembles oder auch in Massenchören auftreten, wie beispielsweise beim jährlichen Allgäuer Alphornbläsertreffen[6] oder beim Landestreffen der baden-württembergischen Alphornbläser.[7][8] In Österreich gibt es unter anderem das Alphornfestival in Baad im Kleinwalsertal.[9] Es werden auch regelmässig Alphornkurse angeboten, so in Sörenberg in der Innerschweiz; an solchen Kursen finden auch Alphornformationen zusammen.[10]
Im jetzt französischen Munster (Elsass), dessen Geschichte von den Zuwanderern aus den Alpenländern nach dem Dreißigjährigen Krieg geprägt wurde, hat sich das Alphorn-Spielen unter den Sennern auf den vogesischen Gipfeln seit zwei Jahrhunderten eingebürgert. Obwohl diese Tradition[11] erst am Anfang des 19. Jahrhunderts schriftlich belegt ist, besteht kein Zweifel daran, dass die Herstellung und Anwendung des Alphorns durch Münsterer Sennhirten auf den vogesischen Almen auf die Schweizer oder Tiroler Einwanderung[12] in das verwüstete Tal zurückzuführen sind. Es bedurfte einiger Jahrhunderte, bis dieses eingeführte Wissen sich dauerhaft im Fecht-Tal etablierte und so weit entwickelte, dass eine lokale Produktion auch mit anderen Materialien wie Glas oder Weißblech[13] anfing.

Es gibt wenige klassische Kompositionen für Alphorn, die bekanntesten davon sind die Sinfonia pastorella für Alphorn und Streicher in G-Dur von Leopold Mozart sowie die Parthia auf Bauerninstrumenten von Jiří Družecký (Georg Druschetzky). Neuere Werke sind das Concertino Rustico des ungarischen Komponisten Ferenc Farkas sowie das Konzert für Alphorn und Orchester und Dialog mit der Natur für Alphorn, Piccolo und Orchester des Schweizer Dirigenten und Komponisten Jean Daetwyler. 1996 entstand das Concertino für Alphorn in F und Streicher von Franz Kanefzky. Im Jahre 2004 entstand im Auftrag des Menuhin Festivals in Gstaad das Concerto for Alphorn and Orchestra des Schweizer Komponisten Daniel Schnyder, das von Arkady Shilkloper uraufgeführt wurde. Es verwendet ein konventionelles, klassisches Sinfonieorchester, zieht jedoch einen dreifach zu besetzenden Schlagzeugpart und Synthesizer hinzu. Stilistisch kann man es als Crossover zwischen Jazz und Klassik bezeichnen. 2014 wurde als Kompositionsauftrag der musica viva das concerto grosso Nr. 1 für 4 Alphörner und Orchester von Georg Friedrich Haas uraufgeführt, das mit Obertonreihen und Mikrotonalität arbeitet.[14]
Vereinzelt wird das Alphorn auch rein im Jazz verwendet. Die Gruppe Kerberbrothers Alpenfusion setzt das Instrument in den Stücken Alphornblues und Geierwalli, beide 1998 auf CD veröffentlicht, ein. Auch der Jazztrompeter und Komponist Matthias Schriefl benutzt teilweise mehrere Alphörner in verschiedenen Tonarten bei seiner Band 6, Alps and Jazz.
Fertigung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Technik der Rohrherstellung aus Holz ist uralt, bis in die jüngste Zeit wurden sogar Wasserleitungen so oder ähnlich hergestellt.
Heute gibt es einige spezialisierte Instrumentenbauer, die aus geeigneten Holzstämmen ein Alphorn herstellen. Seine unten abgebogene Form stammte ursprünglich von der am Hang und somit krumm gewachsenen Fichte, die geschält und der Länge nach halbiert wird. Schon seit längerem wird dieser gebogene Teil nicht mehr verwendet und die Form des Bechers hängt nicht mehr von der natürlichen Krümmung ab, sondern ist standardisiert: In der Schweiz unterscheidet man die Berner Form – größerer Bogen – von der Luzerner oder Innerschweizer Form, mit etwas engerer Schallbecherkrümmung. Das anschließende Aushöhlen der beiden Hälften auf eine Wanddicke von 6 bis 8 Millimeter ist eine über 70 Stunden dauernde Handarbeit. Eine anschließende Umwicklung aus Peddigrohr (früher Rindenblätter, Holzstreifen oder Wurzeln) dient als Wetterschutz und ein (zumeist) hölzernes Mundstück als Mittel zur Tonerzeugung, wie bei Blechblasinstrumenten üblich. Der Preis für ein solches Instrument liegt bei etwa 1200 bis 3300 Euro (Stand: 2013).
Stimmung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Folgende Stimmungen werden heute gebaut:
Stimmung (Grundton) | Länge | tiefster Ton |
---|---|---|
Es | 4,05 m | Es1 |
E | 3,89 m | E1 |
F | 3,68 m | F1 |
Fis/Ges | 3,47 m | Fis1/Ges1 |
G | 3,27 m | G1 |
Gis/As | 3,09 m | Gis1/As1 |
B | 2,75 m | B1 |
C | 2,45 m | C |
In der Schweiz ist das Fis/Ges-Alphorn am weitesten verbreitet, in Deutschland das F-Alphorn. In der üblichen Ausführung kann man Alphörner heute in drei Teile zerlegen, es gibt auch Ausführungen in vier Teilen.
Das längste Alphorn
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das längste Alphorn der Welt hat eine Länge von 47 Metern.[15] Diesen Weltrekord hält der Alphornbauer Josef Stocker aus Kriens zusammen mit dem US-Amerikaner Peter Wutherich, wobei zum endgültigen Entscheid auch um den Durchmesser des Bechers (englisch bell) gerungen wurde.[16] Nach Angaben von Josef Stocker ist dieses Alphorn nicht bespielbar. Wenn jedoch beim Zusammenbau nicht alle Teile verwendet werden, dann entsteht mit einer Länge von 14 Metern das längste bespielbare Alphorn. Es hat 64 Töne gegenüber den 16 Tönen eines „normalen“ Alphorns.[17]
Das längste an einem Stück gefertigte Alphorn mit 20,67 Metern, eingetragen ins Guinness-Buch der Rekorde, stammt aus der Werkstatt von Alois Biermaier in Bischofswiesen (Oberbayern) und kann dort besichtigt werden.
Weiterentwicklungen und Varianten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Heute werden vereinzelt Alphörner aus mit Glas- oder Kohlenstofffasern verstärktem Kunststoff, aber auch aus Acrylglas gefertigt. Sie sind nicht mehr als ein knappes Kilogramm schwer und kosten ca. 2500 Euro. Klanglich ist solch ein modernes Alphorn den Holzhörnern deutlich unterlegen. Versuchsweise wurden auch Instrumente mit Klappen oder einer Ventilmaschine (Wirkung der Ventile wie bei einer Trompete) gebaut, um den Tonumfang auf eine diatonische Tonleiter (Klappen) oder eine chromatische Tonleiter (Ventilmaschine) zu erweitern.[18] Die Alphorn-Virtuosin Eliana Burki entwickelte zu diesem Zweck ein um einen Trompeten-Ventil-Aufsatz ergänztes klassisches Alphorn («Burki-Horn»).
Orgelregister „Alphorn“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Orgeln findet man gelegentlich das Register Alphorn. Der spezielle Klang des Alphorns wird bei diesen Orgeln durch eine Orgelpfeife (meist aus Holz) imitiert, zu finden war es zum Beispiel in der Schwalbennestorgel von 1960 im Ulmer Münster als 16′-Register im Hauptwerk (die Orgel wurde allerdings mittlerweile nach Biłgoraj (Polen) verkauft und durch ein anders disponiertes Instrument ersetzt[19]).
Film
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Dokumentarfilm über das Alphorn stammt von Stefan Schwietert und heißt Musik der Alpen – Das Alphorn. Er hat eine Spielzeit von 76 Minuten. Er behandelt die Ursprünge des Instruments und leitet über zu moderner Auffassung über das Alphornmusizieren – sozusagen vom Jodlerverband bis zum Jazz.
Musik
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Schweizer Protagonisten im Bereich der alpinen Weltmusik sind bzw. waren Hans Kennel († 2021), Eliana Burki († 2023), MYTHA mit Betty Legler und Hans Kennel, Balthasar Streiff als Soloperformer, mit Hornroh, das Modern Alphorn Quartett und Stimmhorn. Hartmut Schmidt schrieb zwei Konzerte für Alphorn und Orchester.
Armin Rosin brachte klassische Musik in Zusammenhang mit dem Alphorn: Alphorn Goes Classic (CD-Einspielung 2001).
Im Bereich Jazz tritt der russische Hornist Arkady Shilkloper mit Alphorn auf.
Auch in der moderneren Popmusik fand das Alphorn schon Verwendung. Der Schweizer Musiker Pepe Lienhard und seine Band verwendeten das Instrument 1977 in ihrem Song Swiss Lady, mit dem sie am Eurovision Song Contest teilnahmen und damit den sechsten Platz erreichten. In der Schweiz war der Titel ein Nummer-eins-Hit und hielt sich 18 Wochen lang in den nationalen Charts.
Bekannte Schweizer Alphornspielerinnen der jüngeren Generation sind unter anderen Lisa Stoll (* 1996) und Eliana Burki (1983–2023).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Brigitte Bachmann-Geiser: Das Alphorn – Vom Lock- zum Rockinstrument. Haupt, Bern 1999, ISBN 3-258-05640-4.
- Anthony C. Baines, Max Peter Baumann: Alphorn. In: Grove Music Online. 2001.
- Werner Bauregger, Josef Focht, Werner Sepp: Das Alphorn in Oberbayern. Bayerischer Landesverein für Heimatpflege, München 1998, ISBN 3-931754-11-1.
- Pierre Grandjean: Das Alphorn – Tradition, Handwerk, Musik. AT-Verlag, Aarau / München 2012, ISBN 978-3-03800-599-5.
- Alfred Pfleger: Das Schweizer Alphorn in den Hochvogesen. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde = Archives suisses des traditions populaires. Band 49, 1953, S. 34–50.
- Franz Schüssele: Alphorn und Hirtenhorn in Europa. Hölzerne Hörner von der Schweiz bis nach Schweden, von Russland bis Rumänien in Geschichte und Gegenwart. Buch und Begleit-CD mit 63 Tonbeispielen. Gälfiäßler Verlag, Friesenheim 2000, ISBN 3-927781-22-3.
- Charlotte Vignau: Modernity, Complex Societies, and the Alphorn. Lexington Books, Lanham 2013, ISBN 0739167979.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Max Peter Baumann: Funktion und Symbol: zum Paradigma „Alphorn“. In: Erich Stockmann (Hrsg.): Studia instrumentorum musicae popularis. 5. Musikmuseet, Stockholm 1977, S. 27–32, hier S. 28.
- ↑ Sibyl Marcuse: A Survey of Musical Instruments. Harper & Row, New York 1975, S. 815.
- ↑ Johann Rudolf Wyss: Reise in das Berner Oberland. Band 2, Bern 1817, S. 892.
- ↑ Heinrich Szadrowsky: Die Musik und die tonerzeugenden Instrumente der Alpenbewohner. In: Das Alphorn. Jahrbuch des Schweizer Alpen-Club. 4. Jahrgang, Bern 1867–1869.
- ↑ Erich Röhr: Die Herstellung eines Alphorns. In: Die Alpen. Band 10, 1934, S. 219.
- ↑ Alphorn im Allgäu, abgerufen am 31. Dezember 2013
- ↑ Gesamtchor beim Landestreffen der Alphornbläser Baden-Württemberg in Rötenbach im Allgäu am 18. August 2013, Video auf YouTube
- ↑ Alphorngruppen. ( des vom 6. Juni 2020 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Blasmusik Verband Baden-Württemberg
- ↑ Website des Alphornfestival in Baad im Kleinwalsertal
- ↑ Esther Masero: Alphorngruppe Riehen. In: Gemeinde Lexikon Riehen.
- ↑ Erklärungen von Guy Buecher, Ensemble des Cors des Alpes du Hohnack Walbach online zu lesen, Teil Geschichte (alphorn.fr ( vom 15. Mai 2016 im Internet Archive), abgerufen am 11. Juni 2018)
- ↑ Siehe H. Dierstein: Les origines de Mittlach, du Tyrol et d’ailleurs. In: Annuaire de la Société d’histoire du val et de la ville de Munster. 2004, S. 119–133, S. 120 erzählt er zum Beispiel die Niederlassung von den Brüdern Lachat aus Delémont im Kanton Jura in Mittlach im Rothenbacher Hochtal.
- ↑ Der schwäbische Alphornbauer Bernhard Köhler bestätigt es in seinem Reisebericht Bericht Internationales Alphornbläsertreffen am 14. September 2008 in Münster/Elsaß nach Munster: „Bevor wir in die gastliche Sennhütte gingen packte ich mein Alphorn aus und ließ es weit ins Tal und zu den Almen rundum erschallen, mit Echoantwort. Der Hüttenwirt und Senn stellte sich gleich ein und verschwand kurz. Er wischte mit dem Ärmel über ein verstaubtes Bild, das die Hütte im Steinwasen zeigte, vor der ein junger Senn das Alphorn blies. Es war ein aus Blech gefertigtes Alphorn ohne extra Mundstück. ‚Jetzt müssten von den Almen umher die Sennen antworten, aber es gibt sie nicht mehr, die das Alphorn blasen.‘“; Zitat aus der Website alphornkoehler.de ( vom 1. November 2014 im Internet Archive)
- ↑ Angaben bei BR-Klassik ( vom 9. April 2014 im Internet Archive)
- ↑ Das längste Alphorn der Welt ( vom 21. November 2015 im Internet Archive) auf der Website Alphornmusik.de mit Fotos der längsten Alphörner
- ↑ World's Biggest Alphorn Claimed Artikel der Chicago Tribune vom 28. Dezember 1999
- ↑ Grösstes bespielbares Alphorn der Welt, Artikel der Neuen Luzerner Zeitung vom 14. Juni 2011
- ↑ Alfons Gaisbauer: Alphorn goes Jazz. Website der TMK Köln, abgerufen am 11. Juni 2018.
- ↑ swr.de abgerufen am 22. Januar 2022.