„Niederrheinisch“ – Versionsunterschied
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'''Niederrheinisch''' ist ein weitumfassender Sammelbegriff für die [[Dialekt|Mundarten]] des [[Niederrhein (Region)|Niederrheins]]. Mit Niederrheinisch (oder niederrheinischem Platt) werden daher die in der Gegend um [[Düsseldorf]] ursprünglich gesprochenen [[niederfränkisch]]en Dialekte bezeichnet, [[Kleverländisch]] und [[Südniederfränkisch]]. Diese historischen Dialekte werden von den modernen hochdeutschen [[Regiolekt]]en unterschieden. Letztere werden als „niederrheinisches Deutsch“ bezeichnet. |
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Mit '''Niederrheinisch''' werden die im heutigen [[Regierungsbezirk Düsseldorf]] ursprünglich gesprochenen [[Dialekt]]e und [[Regiolekt]]e bezeichnet. |
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Meist wird dabei der Dialekt mit Niederfränkisch und der Regiolekt mit Niederrheinisch bezeichnet. |
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„Die Dialekte NRWs gliedern sich mit Hilfe der Benrather Linie und der Einheitsplurallinie in drei Sprachräume: Westfälisch (Essen, Bocholt, Dortmund), Niederfränkisch (Kleve, Duisburg, Düsseldorf) und Mitteldeutsch (Köln, Aachen, Siegburg). Essen grenzt an das Niederfränkische bzw. Ostbergische.“<ref>Pembe Şahiner: ''Zur Rolle und Funktion der Sprache im Film „Solino“ (2002) von Fatih Akın.'' section ''Zum Ruhrdeutschen.'' In: Deniz Bayrak, Enis Dinç, Yüksel Ekinci, Sarah Reininghaus (Hrsg.): ''Der deutsch-türkische Film: Neue kulturwissenschaftliche Perspektiven.'' S. 274.</ref> |
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„Die Benrather Linie trennt den niederfränkischen vom mittelfränkischen Sprachraum […]. Das Niederfränkische gliedert sich wiederum in drei Areale, für die sich die Begriffe Kleverländisch, Südniederfränkisch und Ostbergisch anbieten.“<ref>Georg Cornelissen: ''Meine Oma spricht noch Platt: Wo bleibt der Dialekt im Rheinland?'' Greven Verlag, Köln, Kapitel ''Benrather Linie: Die „fränkischen“ Dialekte am Rhein und ihre Gliederung.'' S. 40–41 (einschließlich Karte mit „Ostbergisch“)</ref> [[Düsseldorfer Platt]] hat Ähnlichkeiten zu den ''Niederländischen Mundarten'' von Venlo bis Nijmegen, ebenso wie zu den Dialekten die rechtsrheinisch von Emmerich über Wesel und Dinslaken bis [[Duisburger Platt|Duisburg]] gesprochen werden. |
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Räumlich abgegrenzt werden können drei Gebiete: |
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Es gibt Bedenken, ob diese Dialekte unter niederrheinisch zusammengefasst werden können. |
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*[[Kleverländisch]]e Dialekte, gesprochen am unteren Niederrhein ([[Kreis Kleve]], [[Kreis Wesel]]), im Rheinischen Ruhrgebiet ([[Duisburg]], [[Oberhausen]]) |
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* [[Ostbergisch]]e Dialekte gesprochen in [[Mülheim an der Ruhr]] ([[Mölmsch]]), [[Essen-Werden]]) und im östlichen Niederbergischen Land ([[Ostbergisch]]). |
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*[[Limburgisch-Bergisch]]e Dialekte ([[Südniederfränkisch]]), gesprochen in [[Krefeld]] ([[Krieewelsch]]), [[Mönchengladbach]], den Kreisen [[Viersen]], [[Heinsberg]], sowie im nördlichen [[Rhein-Kreis Neuss]], im Kreis [[Mettmann]], in [[Düsseldorf]], [[Solingen]] und [[Remscheid]]. |
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== Begriff „Niederrhein“ == |
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Die Kleverländische Mundart und das Ostbergische können eindeutig als [[niederfränkisch]]e Dialekte eingeordnet werden. |
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Mit [[Niederrhein (Region)|Niederrhein]] ist die an die [[Niederlande]] und an [[Westfalen]] grenzende [[Region]] im Westen des Landes [[Nordrhein-Westfalen]] gemeint – etwa zwischen Emmerich/Kleve und Düsseldorf/Mönchengladbach – sich links und rechts der Rheinschiene erstreckend.<ref>[[Georg Cornelissen]]: ''Der Niederrhein und sein Deutsch.'' 2007, S. 11–14.</ref> |
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Vom [[Limburgisch-Bergisch]]en werden sie durch die [[Uerdinger Linie]] (Ik-/Ich-Linie) geschieden. |
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Die [[Benrather Linie]] (Maken-/Machen-Linie) wiederum trennt die niederrheinischen Dialekte vom [[Ripuarisch]]en. |
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Die [[Einheitsplurallinie]] ([[Issel]] - [[Deilbach]]) trennt die niederrheinischen Dialekte vom [[Westfälisch]]en. |
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Am ehesten lässt sich das Niederrheingebiet als das Land kennzeichnen, dessen Bewohner die [[niederfränkisch]]en (niederrheinischen) Mundarten sprechen. Teile des Niederrheins überlagern sich mit dem heutigen [[Ruhrgebiet]], so Duisburg, Oberhausen oder Mülheim an der Ruhr, wo allerdings auch niederrheinisch-niederfränkische Mundarten gesprochen werden. |
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Die Zuordnung der Limburgisch-Bergischen Mundarten, auch Südniederfränkisch genannt, ist umstritten. Sie werden zuweilen als Übergangsmundarten zwischen dem Mittelfränkischen und Niederfränkischen bezeichnet. Die ostbergischen Dialekte in Mülheim an der Ruhr (Mölmsch), ([[Velbert]], Wuppertal-Elberfeld, Gummersbach) gelten als Übergangsmundarten zwischen dem Niederfränkischen und dem Niederergischen. |
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Die Region ist zu unterscheiden von dem ebenfalls als „Niederrhein“ bezeichneten [[Rhein#Niederrhein|Rheinabschnitt]], der bereits weiter südöstlich an der [[Sieg (Fluss)|Siegmündung]] im [[Ripuarisch|ripuarischen Mundartraum]] beginnt. |
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[[Datei:Altfränkische Sprache 600-700.png|mini|hochkant=1.4|Näherung des altfränkischen Sprachraums der [[Spätantike]], ohne kleinere Sprachinseln in [[Gallia Belgica]].<ref>Karte in Anlehnung an: P.A. Kerkhof: ''Language, law and loanwords in early medieval Gaul: language contact and studies in Gallo-Romance phonology.'' Leiden 2018, S. 24 und H. Ryckeboer: ''Het Nederlands in Noord-Frankrijk. Sociolinguïstische, dialectologische en contactlinguïstische aspecten.'' Gent 1997, S. 183–194.</ref><br />'''Legende:'''<br />{{Farblegende|#4ae57e|Altfränkische Varietäten (1.)}}{{Farblegende|#ffffd0|Nordsee- (2.) und Elbgermanische (3.) Varietäten}}{{Farblegende|#f7d3aa|Romanische Varietäten}}<br />{{Farblegende|#9e0b0f|Somme-Aisne-Linie, nördlich davon dominieren germanische Ortsnamen.}} {{Farblegende|#ffff00|Grenze der späteren, aus den elbgermanischen Gebieten verbreiteten, althochdeutschen Lautverschiebung im 7. Jh.<ref>Cowan, H.K.J: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde. Jahrgang 71. E.J. Brill, Leiden, 1953, S. 166–186. '''Anmerkung''': Die Linie ist nicht gleich an der späteren Benratherlinie, weil diese erst im Hochmittelalter ihre aktuelle Position erreicht hat.</ref>}}]] |
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Die sehr stark von der deutschen Hochsprache abweichenden und mit dem Niederländisch verwandten Niederrheinischen Dialekte [[niederfränkisch]]er Ausprägung wurden nach dem Zweiten Weltkrieg mehr und mehr von einem Hochdeutsch speziell niederrheinischer Prägung verdrängt. |
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Dieses gilt auch für das rheinische Ruhrgebiet. Zur Unterscheidung vom westfälisch geprägten [[Ruhrdeutsch]] wird dieses vom [[LVR]] als Niederrheinisch bezeichnet. |
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== Herkunft aus dem Altfränkischen == |
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Auch Wörter und Ausspracheeigenarten der [[Ripuarische Dialektgruppe|mittelfränkischen Mundarten]], zu denen auch der [[Kölsch (Sprache)|kölsche]] Stadtdialekt gehört, sind im Laufe der Zeit in das niederrheinische Mundartgebiet eingedrungen, vor allem bedingt durch die Nähe zur Stadt Köln und auf Grund des hohen Bekanntheitsgrads der in Kölscher Mundart singenden Gruppen wie [[BAP]], [[Brings]], [[Höhner]] und [[Bläck Fööss]]. |
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{{Hauptartikel|Altfränkische Sprache}} |
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Die in Deutschland gesprochene Variante des auch in den Niederlanden vorkommenden Niederfränkischen basiert auf den Sprachen der frühen [[Franken (Volk)|Franken]]. Diese expandierten vom Niederrhein ausgehend ab dem 3. Jahrhundert nach Süden und Westen in die zum Teil von Römern und Galloromanen besiedelten Gebiete. Zu diesem Zeitpunkt siedelten im Raum zwischen Xanten und Krefeld u. a. die germanischen Unterstämme der [[Sugambrer]] und [[Cugerner]], die im Großstamm der [[Salfranken]] aufgingen.<ref>H. F. Döbler: ''Die Germanen – Legende und Wirklichkeit.'' Verlag Heyne München 1975, ISBN 3-453-00753-0, Rubrik ''Franken'', S. 197 ff.</ref> |
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Die [[Salfranken]] (bzw. Salier) breiteten sich vom Niederrhein über die Niederlande und Belgien bis ins heutige Frankreich aus. Der zweite fränkische Hauptstamm, die [[Rheinfranken]] wanderte dagegen südwärts über Köln ins Rhein-Moselgebiet und machte Köln zu seiner Residenzstadt. Im Jahre 509 wurden beide [[Franken (Volk)|Frankenvölker]] unter dem [[Merowinger]]könig [[Chlodwig I.]] vereinigt, der als erster Begründer eines [[Frankenreich|Gesamt-Frankenreiches]] gilt.<ref>Ulrich Nonn: ''Die Franken.'' Verlag Kohlhammer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-17-017814-4, S. 15 ff.</ref> |
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== Geschichte == |
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''Siehe auch:'' |
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Dass das Niederrheinische einen [[Dialektkontinuum|Übergangscharakter]] hat, zeigen seine südlichen Dialekte, die wie die südöstlichen niederländischen Dialekte ([[Limburgisch]]) zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem [[Mitteldeutsche Dialekte|Mitteldeutsch]]-[[Ripuarische Dialekte|Ripuarischen]] aufweisen. Sie befinden sich allesamt zwischen der Benrather und der [[Uerdinger Linie]], die im 15./16. Jahrhundert als sprachliche Ausgleichslinie entstand und Folge der sogenannten ''Kölner Expansion'' war. Das bedeutet, dass in den südlichen niederrheinischen Dialekten ''maken'' statt ''machen'' vorherrscht, doch in der 1. Person Singular anstelle des zu erwartenden ''ik'' oder ''ek'' die scheinbar lautverschobenen Formen ''ech'' und ''ich'' verwendet werden, die vielerorts /eʃ/ oder /əʃ/ bzw. /iʃ/ ausgesprochen werden. Die Einschränkung „scheinbar“, mit dem vorheriges über das Personalpronomen 1. Person Singular eingeleitet wurde, ist sprachhistorisch berechtigt, da die in den südlichen Dialekten des Niederrheinischen vorkommenden „lautverschobenen Formen“ im Grunde keine darstellen. Sie sind kein Ergebnis der hochdeutschen Lautverschiebung, sondern das Ergebnis sprachlicher Anpassung infolge der Kölner Expansion, d. h., eine Übernahme südlicherer Formen.<ref>Jan Goossens: ''Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und südöstlichen Niederlands. „Fränkischer Sprachatlas“.'' Zweite Lieferung Textband, S. 16.</ref> |
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*[[Dialekte in Nordrhein-Westfalen]] |
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*[[Niederfränkisch]] |
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Erst die Schriftdokumente aus dem 14. bis 16. Jahrhundert sind für heutige Leser dem Sinne nach eher verständlich. Im deutsch-niederländischen Rhein-Maas-Dreieck hatte sich zu dieser Zeit eine Schrift- und Kanzleisprache herausgebildet, die das bislang für schriftliche Erlasse vorrangig verwendete Latein ablöste: [[Rhein-Maasländisch]].<ref name="Atlas">Irmgard Hantsche: ''Atlas zur Geschichte des Niederrheins.'' Schriftenreihe der Niederrhein-Akademie Band 4, ISBN 3-89355-200-6, S. 66.</ref> |
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==Weblinks== |
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[[Datei:Rheinmaaslaendisch.svg|mini|hochkant=1.5|Lage des Rhein-Maasländischen]] |
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* [http://www.mundart.net/rheinische_sprachen.htm www.mundart.net/rheinische_sprachen.htm] |
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Mihm kreierte 1992 den Begriff „[[Rhein-Maasländisch]]“ für die mittelalterlichen Schreibsprachen der Städte im Rhein-Maas-Delta.<ref>Arend Mihm: ''Sprache und Geschichte am unteren Niederrhein.'' In: ''Niederdeutsches Jahrbuch.'' Band 115, 1992, S. 88–122.</ref> |
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* [http://www.geocities.com/vienna/7776/ Cleefs-Mundart des unteren Niederrheins] |
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Um die mittelalterlichen Schreibsprachen des Rhein-Maas-Deltas und des Niederrheins sowie des angrenzenden Westfälischen einheitlich (und wertneutral) in der Germanistik bearbeiten zu können, führte der Germanist [[Arend Mihm]] 1992 zum einen den Begriff ''[[Rhein-Maasländisch|Rheinmaasländisch]]'', der das Niederfränkische im deutsch-niederländischen Grenzgebiet umfasst, und zum anderen den Begriff ''[[Ijsselländisch]]'', der das Niedersächsische im deutsch-niederländischen Grenzraum umfasst, ein. Denn er hatte wie viele seiner Kollegen nach ihm erkannt, dass sich die direkte Einordnung des Niederrheinischen ins Niederdeutsche aus sprachhistorischen und -typologischen Gründen verbietet. |
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* [http://www.lvr.de/FachDez/Kultur/Landeskunde/Alltagskultur/kompetenz/Sprache/sprache/platt.htm Rheinische Sprache - Sprachkarten des LVR] |
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* [http://www.muelheim-ruhr.de/moelmsch_platt1.html Mölmsch - Mundart in Mülheim an der Ruhr] |
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Hier ein Beispiel aus dieser Periode, ein im Jahre 1517 vom Duisburger Johanniterkaplan Johann Wassenberch festgehaltener „Wetterbericht“ :<ref>Georg Cornelissen: ''Kleine Niederrheinische Sprachgeschichte (1300–1900)'', Verlag B.O.S.S-Druck, Kleve, ISBN 90-807292-2-1, S. 32.</ref> |
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* [http://www.krieewelsch.de/ Mundart in Krefeld] |
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{{Zitat |
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[[nds:Niederrheinisch]] |
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|Text=In den selven jair op den XVden (15ten) dach yn den Aprijl, ende was doe des goedesdachs (Wodans Tag=Mittwoch) nae Paischen (Passah, Paschah = Ostern), van den goedesdach op den donredach (Donars Tag = Donnerstag) yn der nacht, wastz soe calt, dat alle vruchten van allen boemen, van eyckelen, van noethen, van kyrssen, van proemen (Pflaumen), van appelen etc. neyt uytgescheyden (nichts ausgenommen) vervroren ende verdorven (erfroren und verdorben) , want sy stoenden yn oeren voellen blomen (voller Blüte). Item (alldieweil) alle die vynstocken vervroren ende verdorven, off (oder) sy verbrant gewest weren. Ende (und) dair geschach groeten verderflicke (verderblicher) schade.}} |
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[[en:Low Rhinic]] |
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Der vorstehende Textauszug lässt unschwer eine gewisse „Nähe“ des „Rheinmaasländischen“ zum heutigen Niederländischen wie zu dem am deutschen Niederrhein gesprochenen niederrheinischen Platt erkennen. |
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Im [[Hochmittelalter]] und der [[Frühe Neuzeit|Frühen Neuzeit]], d. h. zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert, war es am Niederrhein üblich, dass Dokumente und Verträge in der jeweiligen Ortsmundart wie dem kleverischen Platt ([[Kleverländisch]]) abgefasst wurden. Diese Ortsdialekte, die eine Fortsetzung der [[Mittelniederländische Sprache|mittelniederländischen Schrifttradition]] darstellten,<ref>Ludger Kremer: ''Das Niederländische in Deutschland. Aspekte seiner Verbreitung und Beschreibung.'' In: Helga Bister-Broosen (Hrsg.): ''Niederländisch am Niederrhein'', S. 26.</ref> standen zudem in einem engen Schreibsprachen- und Dialektkontinuum mit den angrenzenden Dialekten des Niedersächsischen wie dem [[Westfälische Dialekte|Westmünsterländischen]], sodass die einzelnen Schriftstücke nur anhand weniger regionaler Besonderheiten dem jeweiligen Sprachgebiet (Niederfränkisch oder Niederdeutsch) zuzuordnen sind. |
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{{Zitat |
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|Text=Unnötig zu bemerken, daß der Niederrhein im späten Mittelalter nicht durch eine ‚Sprach‘-Grenze zerschnitten wurde. Die Frage nach dem ‚Niederländischen am Niederrhein‘ läßt sich für diesen Zeitraum eigentlich gar nicht stellen, weil im 14. Jahrhundert weder eine niederländische noch eine deutsche Hochsprache existierte. Die niederrheinische Varietät fügt sich vielmehr ein in ‚ein Kontinuum miteinander verwandter regionaler Schreibsprachen‘. So ist auch eine eindeutige Bestimmung der Grenze zwischen niederfränkischen und niedersächsischen Dialekten dieser Übergangszone nicht möglich. Bestenfalls lassen sie sich als ‚Mischsprachen‘ charaktersieren, die jeweils Elemente des Mittelniederländischen (MNL), Mittelniederdeutschen (MND) und z. T. auch des Mittelhochdeutschen (MHD) in unterschiedlicher Verteilung enthalten. |
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|Autor=Brigitte Sternberg |
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|Quelle=''Frühe niederrheinische Urkunden am klevischen Hof.'' In: Helga Bister-Broosen (Hrsg.): ''Niederländisch am Niederrhein.'' S. 57}} |
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Aufgrund der Tatsache, dass diese Schriftdokumente sowohl „niederländische“ (= niederrheinische) als auch „(nieder)deutsche“ (= niedersächsische) Elemente enthalten, wurden die jeweiligen Sprachregionen mitunter als „deutschniederländisch“ zusammengefasst. |
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Im 17. und 18. Jahrhundert setzte sich am Niederrhein das ''[[Neuniederländische Sprache|Neuniederländische]]'' als Kultursprache durch (sogenannte ''Niederländische Expansion''), wobei hier vor allem der [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholisch]] geprägte linksrheinische Landesteil betroffen war, während die protestantischen Minderheiten, die vor allem rechtsrheinisch lagen, mehrheitlich das ''[[Neuhochdeutsche Sprache|Neuhochdeutsche]]'' verwendeten. Vor allem das [[Herzogtum Kleve]] galt als [[Zweisprachigkeit|zweisprachig]]. Nach der Schrift sprachen damals nur wenige – dies beschränkte sich auf Pastoren und Priester sowie Verwaltungsbeamte und das Bildungsbürgertum. Das einfache Volk sprach weiterhin Platt, und wenn es schriftlich gebildet war, verwendete es überwiegend Niederländisch, das seinem Heimatdialekt näher stand als das Deutsche.<ref>Helga Bister-Broosen: ''Einleitung – Niederländisch am Niederrhein: früher und jetzt.'' In: Helga Bister-Broosen: (Hrsg.): ''Niederländisch am Niederrhein.'' Peter Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1988, ISBN 3-631-32578-9, S. 14.</ref> |
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Im 16. Jahrhundert entwickelten sich in Deutschland und in den Niederlanden eigenständige Schriftsprachen und das Rheinmaasländische verlor an Bedeutung. Über einen längeren Zeitraum existierten in manchen Städten (u. a. in Geldern, Kleve, Wesel, Krefeld, Duisburg) Deutsch und Niederländisch nebeneinander und Erlasse wurden in beiden Schriftsprachen herausgegeben.<ref>Georg Cornelissen: ''Kleine Niederrheinische Sprachgeschichte (1300–1900)'', Verlag B.O.S.S-Druck, Kleve, ISBN 90-807292-2-1, S. 62–94.</ref><ref name="Atlas" /> |
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Ab dem 19. Jahrhundert war die sprachliche Trennung zwischen (deutschem) [[Niederrhein (Region)|Niederrhein]] und (niederländischem) Maasgebiet endgültig abgeschlossen. Die jeweiligen Hoch- und Schriftsprachen gingen getrennte Wege. [[Platt]] als gesprochene Mundart des Niederrheines überdauerte aber die neuen Grenzen und hielt sich bis in die Neuzeit.<ref name="Atlas" /><ref>Dieter Heimböckel: ''Sprache und Literatur am Niederrhein'', Schriftenreihe der Niederrhein-Akademie Band 3, ISBN 3-89355-185-9, S. 15–55.</ref> Das Ostbergische war auch im 18./19. Jahrhundert nicht, wie das Kleverländische, durch das [[Neuniederländisch]]e überdacht. |
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Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] setzte es sich allgemein durch, das ehemals „deutschniederländisch“ genannte Gebiet als ''Nord-'' und ''Südniederfränkisch'' zu bezeichnen, sofern es das [[Rhein-Maas-Delta]] und den Niederrhein betraf. Die Niederlandistik begann mit den Begriffen ''Niederrheinisch'' (wenn es die niederfränkischen Sprachgebiete des Niederrheins betraf) und ''Ostniederländisch'' (für die niedersächsischen Dialekte der Ostniederlande) zu arbeiten. Seitens der Germanistik war man sich uneinig, ob und wie man das Niederrheinische zum Niederdeutschen rechnen könnte, und viele Germanisten klammerten seine Behandlung daher aus. |
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== „ick“ oder „isch“ == |
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Die sogenannte [[Benrather Linie]] (auch maache-maake-Linie) grenzt das südlich von Düsseldorf gesprochene [[Mittelfränkisch]] (auch [[Ripuarisch]] genannt) vom [[Niederfränkisch]]en ab. Daneben gibt es die [[Uerdinger Linie]] (auch ek-ech-Grenze), die aus dem Bergischen kommend, über den Rhein nördlich von Krefeld weiter über Kempen nach Venlo ins Niederländische führt. Südlich dieser Linie, im [[Südniederfränkisch]]en, wird das Personalpronomen '''ich''' als '''ech''', '''esch''' oder '''isch''' gesprochen, von Düsseldorf über Mönchengladbach bis Krefeld. Nördlich dieser Linie im [[Nordniederfränkisch]]en spricht man dagegen bei Verwendung des Dialekts – wie in Mülheim an der Ruhr – '''ick''' oder '''eck''', ab dem Krefelder Ortsteil Hüls ([[Hölsch Plott]]), jedoch nicht in Traar in Kempen und links und rechts der unteren Rheinschiene von Duisburg (siehe [[Duisburger Platt]]) bis Emmerich/Kleve. |
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Auch das Wörtchen „auch“ wird unterschiedlich ausgesprochen, nämlich als „'''ook'''“ im Norden und als „'''ooch'''“ im Süden. Auch das Verb „haben“ wird unterschiedlich gesprochen: in Hüls sagt man z. B. „we häbbe“. Weiter südlich sagt man „wir hant“. |
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Kleverländisch (Nordniederfränkisch) umfasst die linksrheinischen Mundarten im Raum Kleve, Goch, Xanten, Kevelaer, Straelen, Kempen, Moers, Vluyn, Rheinberg sowie die rechtsrheinischen Dialekte von Emmerich bis Duisburg. Jedes Dorf hat seine sprachlichen Besonderheiten. |
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[[Datei:RheinFächer LVR.png|mini|hochkant=1.5|Rheinischer Fächer – Fränkische Mundarten und Isoglossen im Rheinland – Niederfränkisches und bergisches Mundartgebiet mit Mülheim an der Ruhr beiderseits der ''Uerdinger Linie'']] |
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== Niederrheinisches Platt == |
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=== Begriff „Platt“ === |
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Der im Norden und Westen Deutschlands verwendete Begriff [[Platt]] für die eigene Mundart leitet sich nicht etwa davon ab, dass es auf dem „platten Lande“ gesprochen wird; vielmehr bedeutete das niederfränkische „plat“ zwar „flach“, aber auch so viel wie „klar und deutlich“.<ref name="DeineOma">Georg Cornelissen: ''Meine Oma spricht noch Platt.'' Verlag Greven, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0417-8, S. 25–27.</ref> |
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In einer Delfter Bibel des Jahres 1524 ist vom „platten duytsche“ die Rede. Am Niederrhein gibt es die Redewendungen, jemanden etwas „platt vür dä Kopp“ zu sagen (unmissverständlich ins Gesicht zu sagen).<ref name="DeineOma" /> Da es auch im altfränkischen Sprachraum Unterschiede zwischen der „geschliffenen“ Ausdrucksweise der gehobenen Stände und der „Sprache des gemeinen Volkes“ gab, hieß in diesem Sinne „Platt sprechen“ so viel wie „Klartext reden“.<ref name="DeineOma" /> Klartext, den jeder Bauer und Handwerker verstand. Platt war demnach die Sprache des gemeinen Volkes schlechthin. |
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Der Eigenbezeichnung der Mundarten als [[Platt]] wie in „Hölsch Plott“, „Krieewelsch Platt“ oder „Kemp'sch Platt“ geht wohl auf „platt“ in der Bedeutung 'direkt, geradeheraus' zurück. Es gibt den rheinischen Spruch, jemanden etwas „platt für dä Kopp“ zu sagen („unverblümt und direkt“). ''Platt'' ist seit jeher die Sprache des Volkes schlechthin.<ref>Georg Cornelissen: ''Meine Oma spricht noch Platt.'' Verlag Greven, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0417-8, S. 27 ff.</ref> |
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Indes bleibt die Abgrenzung des Niederrheinischen vom Niederdeutschen für die Sprachträger des Niederrheinischen ohne Belang. Sie bezeichnen ihren Dialekt weiterhin als ''Platt'', ''Plattdeutsch'' und ''Niederdeutsch''. Die [[Fehrs-Gilde]], die sich für den Erhalt der niederdeutschen Sprache einsetzt, rechnet zwar das Niederrheinische noch zum Niederdeutschen, setzt aber ihre Tätigkeit ausschließlich im niederdeutschsprachigen Raum fort (ohne jedoch das [[Niedersächsisch (Niederlande)|Niedersächsische in den Niederlanden]] einzuschließen). |
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=== Bezeichnungen „Niederfränkisch“ und „Niederrheinisch“ === |
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Die Bezeichnung „Niederfränkisch“ für die Mundarten am Niederrhein wird dabei von der Bevölkerung selbst nicht benutzt. Auch selten sagen die Einheimischen, dass sie „Niederrheinisch“ sprechen, sondern eher „Platt“ in Verbindung mit ihrer Ortsbezeichnung. |
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=== Gliederung === |
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{{Belege fehlen}} |
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[[Datei:Kleverlands Oostbergisch.png|mini|Das zum [[Nordniederfränkisch]]en gezählte Konzept Ostbergisch (grün) und das ebenfalls zum Nordniederfränkischen gezählte Kleverländische (blau)]] |
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iese beiden Linien sind Teil des [[Rheinischer Fächer|Rheinischen Fächers]], einer Sammlung von [[Isoglosse]]n, die die [[Sprachgrenze]]n zwischen den rheinischen Sprachen bzw. Mundarten untereinander und zu den umgebenden Sprachräumen beschreibt.<ref>Johannes Venema: ''Zum Stand der zweiten Lautverschiebung im Rheinland: Diatopische, diachrone und diastratische Untersuchungen am Beispiel der dentalen Tenuis (voralthochdeutsch /t/).'' Franz Steiner Verlag, 1997, S. 10–12 ([https://books.google.de/books?id=SclM1s-esXMC&pg=PA10 Google-Leseprobe]).</ref> In diesem Bereich wurde die [[Zweite Lautverschiebung|zweite deutsche Lautverschiebung]] nur teilweise durchgeführt. |
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Da die Linie nicht den heutigen politischen Grenzen folgt und sowohl Düsseldorf als auch Mönchengladbach durchschneidet, ist sie eine kulturelle Trennungslinie. Sie ist nicht nur eine „Sprachgrenze“, trotz [[Dialektkontinuum]], sondern auch eine „Kulturgrenze“ hinsichtlich Bautechniken und Erbverhalten. Nördlich der Benrather Linie wurden die Häuser von der [[Giebel]]seite her aufgeschlossen, südlich von der [[Dachtraufe|Traufseite]]. Südlich der Benrather Linie gab es [[Realteilung]], nördlich erbte nur der älteste Sohn. |
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In sich ist der Niederrhein durch die [[Uerdinger Linie]], auch wenn sie nur geringfügige sprachliche Relevanz besitzt, geteilt. Nördlich dieser [[Sprachlinie]] sagt man ''ek'' bzw. ''ik'' an Stelle von ''ich,'' südlich davon stattdessen ''esch'' bzw. ''isch.'' Die Uerdinger Linie verläuft vom belgischen [[Löwen]] über das niederländische [[Roermond]] und [[Viersen]], überquert zwischen [[Krefeld]]-[[Uerdingen]] und [[Mündelheim|Duisburg-Mündelheim]] den Rhein, verläuft nördlich von [[Mintard]] durchs Ruhrgebiet und trifft bei [[Wuppertal]] wieder auf oben genannte Benrather Linie. |
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Der niederfränkische Dialekt zwischen den beiden Linien wird [[Südniederfränkisch]] genannt. Der nördlich davon gepflegte niederfränkische Dialekt ist das [[Kleverländisch]]e. Es bildet mit der südniederfränkischen Mundart ein Dialektkontinuum. |
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Innerhalb des Niederrheinischen lassen sich einzelne Dialekte unterscheiden. |
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Räumlich abgegrenzt werden können zwei große Dialekt-Gebiete am Niederrhein: |
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* Nordniederfränkisch |
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** [[Kleverländisch]]:<br/>am unteren Niederrhein ([[Kreis Kleve]], [[Kreis Wesel]]), im Rheinischen Ruhrgebiet ([[Duisburg]]) – siehe [[Duisburger Platt]], im nördlichen und westlichen Teil der Stadt [[Oberhausen]], in Teilen des Kreises Viersen (in [[Kempen]]), im nördlichen Ortsteil [[Hüls (Krefeld)|Hüls]] der Stadt [[Krefeld]] – (siehe [[Hölsch Plott]]) |
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** [[Ostbergisch]] |
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* [[Südniederfränkisch]]:<br/>in [[Mönchengladbach]], dem Kreis [[Viersen]] (mit Ausnahme von [[Kempen]] und nordwestlich davon, wo [[Nordniederfränkisch]] gesprochen wird), [[Grefrather Platt]] in [[Grefrath]]; dann [[Heinsberg]], sowie im nördlichen [[Rhein-Kreis Neuss]], im Kreis [[Mettmann]], im größten Teil von [[Düsseldorf]] – siehe [[Düsseldorfer Platt]], in [[Solingen]], [[Remscheid]] und in [[Krefeld]] ([[Krieewelsch]]) – mit der Besonderheit, dass der nördliche Stadtteil [[Hüls (Krefeld)|Hüls]] jenseits der Uerdinger Linie im Nordniederfränkischen liegt. In Hüls spricht man nicht Krieewelsch, sondern [[Hölsch Plott]] und sagt z. B. ''ek'' oder ''ök'' ‘ich’, im restlichen Krefeld ''esch'' oder ''isch''. Das [[Bergische Dialekte|Bergische]] wird in [[Mülheim an der Ruhr]] ([[Mölmsch (Dialekt)|Mölmsch]]), [[Essen-Werden]] und unter anderem in den östlichen Teilen des alten [[Herzogtum Berg]] gesprochen. Es weist Ähnlichkeiten zu der in den Niederlanden und am Niederrhein verbreiteten Dialektgruppe [[Kleverländisch]] auf. |
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In einem engeren Sinne ist ''Niederrheinisch'' gleichbedeutend mit ''[[Kleverländisch]]''.<ref>Peter Wiesinger: ''Strukturgeographische und strukturhistorische Untersuchungen zur Stellung der bergischen Mundarten zwischen Ripuarisch, Niederfränkisch und Westfälisch.'' In: Peter Wiesinger, herausgegeben von [[Franz Patocka]]: ''Strukturelle historische Dialektologie des Deutschen: Strukturhistorische und strukturgeographische Studien zur Vokalentwicklung deutscher Dialekte.'' Georg Olms Verlag, Hildesheim / Zürich / New York 2017, S. 341–437, hier S. 351 f. (vgl. auch S. 346). Diese Arbeit von Wiesinger wurde ursprünglich veröffentlicht in: ''Neuere Forschungen in Linguistik und Philologie. Aus dem Kreise seiner Schüler Ludwig Erich Schmitt zum 65. Geburtstag gewidmet.'' 1975, S. 17–82.</ref> |
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Verwandt sind zum Beispiel die niederländischen Dialekte von [[Arnhem]], [[Nijmegen]] und [[Venlo]]. |
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Nach dem Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland finden sich in Nordrhein-Westfalen folgende Dialektgruppen:<ref name="LEIBNIZ">{{Internetquelle |autor=Karl-Heinz Bausch |titel=Die deutsche Sprache – eine Dialektlandschaft |werk=nationalatlas.de – Portal für Atlanten und Atlaskartographie |hrsg=Leibniz-Institut für Völkerkunde |kommentar=Band 6. |format=PDF |url=http://archiv.nationalatlas.de/wp-content/art_pdf/Band6_94-95_archiv.pdf |offline=1 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20110719043439/http://www.ifl-nationalatlas.de/download/bsppdf/Band_6_bsp.pdf |archiv-datum=2011-07-19 |abruf=2018-02-14}}, mit einer Karte „Sprachräume und mundartliche Großräume nach einer Befragung um 1900“ mit dem Hinweis „redaktionell bearbeitet nach dem dtv-Atlas zur deutschen Sprache“</ref> |
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* ''zum Niederdeutschen gehörig:'' |
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** [[Nordniederdeutsch|Nordniedersächsisch]] |
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** [[Ostfälisch]] |
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** [[Westfälische Dialekte|Westfälisch]] |
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** Niederrheinisch ([[Niederfränkisch]], sowohl [[Nordniederfränkisch]] als auch [[Südniederfränkisch]], in Deutschland) |
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* ''zum [[Westmitteldeutsche Mundarten|Westmitteldeutschen]] gehörig:'' |
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** [[Mittelfränkisch]] |
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*** [[Ripuarisch (Dialekt)|Ripuarisch]] |
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*** [[Moselfränkische Dialektgruppe|Moselfränkisch]] |
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** Niederhessisch (zum [[Hessischer Dialekt|Hessischen]] und mithin [[Rheinfränkische Dialekte|Rheinfränkischen]] gehörig) |
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=== Zuordnung === |
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In Deutschland ist die Zuordnung einer Mundart zu einer bestimmten Region oder Stadt durch regionale Neuordnungen schwieriger geworden, da inzwischen Dialektgrenzen sich quer durch Kommunen ziehen. So verläuft die [[Uerdinger Linie|Uerdinger ik-ich-Linie]] jetzt durch das Stadtgebiet von Krefeld und Duisburg und trennt das südniederfränkische [[Krieewelsch]] vom nordniederfränkischen [[Hölsch Plott]] des Ortsteiles Hüls. |
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Das Hölsch Platt gilt, u. a. wegen einiger Merkmale, zum Beispiel der Verwendung von „ek“ (gelegentlich „ök“) anstelle des hochdeutschen [[Personalpronomen]]s „ich“ als zum kleverländischen innerhalb des Niederrheinischen gehörig. |
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Derartige Beispiele lassen sich auch für andere Kommunen aufführen. |
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Der bedeutende Forscher über deutschsprachige Dialekte [[Georg Wenker]]: |
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{{Zitat |
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|Text=Und zwar ist das Platt, das auf der linken Rheinseite von Uerdingen bis abwärts nach Cleve gesprochen wird, im Großen und Ganzen ein und dasselbe, und es ist von allen deutschen Mundarten diejenige, die dem Holländischen am ähnlichsten ist. Wir wollen sie die niederrheinische nennen. ...Wir haben nun schon 2 Mundarten gefunden, 1) das Niederrheinische von Uerdingen rheinabwärts bis zur holländischen Grenze, 2) […] Wir haben also drei Hauptmundarten gefunden: 1) das Niederrheinische von Cleve bis Uerdingen, 2) das Niederfränkische von Benrath bis Königswinter, 3) das Mittelfränkische von Sinzig bis südlich von der Mosel. Dazwischen liegen zwei Striche mit Mischungsmundarten, von Uerdingen bis Benrath und von Königswinter bis Sinzig, endlich läuft am Nordostrand ein Streifen mit westfälischem Platt und im Westen bei Aachen und Eupen sind besondere Mundarten. |
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|ref=<ref>Georg Wenker: ''Das rheinische Platt'', 2. Auflage., im Selbstverlag des Verfassers, Düsseldorf 1877, S. 11, 12 und 15f.</ref>}} |
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Das Kleverländische kann eindeutig als [[Niederfränkische Sprachen|niederfränkische]] Dialekte eingeordnet werden. |
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Die [[Benrather Linie]] trennt die südniederfränkischen Dialekte vom mitteldeutschen [[Ripuarisch]]en. Sie werden daher als Übergangsmundarten bezeichnet. |
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Die bergischen Dialekte werden in Mülheim an der Ruhr, [[Kettwig]], [[Wuppertal]]-[[Elberfeld]] und Umgebung gesprochen. Sie gelten als Übergangsmundarten zwischen dem Niederfränkischen und dem Westfälischen. Als Grenze zum [[Westfälische Dialekte|Westfälischen]] dient die sich nach Norden abschwächende [[Einheitsplurallinie]]. |
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Östlich von Oberhausen/Mülheim verläuft die Einheitsplural-Linie, die das Südniederfränkische vom Westfälischen trennt. Der vom [[Landschaftsverband Rheinland]] (LVR) veröffentlichte [[Rheinischer Fächer|Rheinische Fächer]]<ref>[https://rheinische-landeskunde.lvr.de/de/sprache/sprache_themen/dialekte_beitrag.html Einteilungskarten {{!}} Rheinischer Fächer], auf rheinische-landeskunde.lvr.de</ref><ref>[https://dat-portal.lvr.de/orte/dialektkarten/einteilungskarten/rheinischer-faecher Dialekte im Rheinland], auf dat-portal.lvr.de</ref> verdeutlicht die Sprachlinien im Rheinland, wie sie sich historisch darstellen. |
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Das [[LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte]] führt Ostbergisch als eigenständige zum Niederfränkischen gehörende deutsche [[Dialektgruppe]] auf, die südöstlich des Kleverländischen, östlich des Südniederfränkischen und westlich des Westfälischen angesiedelt ist.<ref>[https://rheinische-landeskunde.lvr.de/de/sprache/sprache_themen/dialekte_beitrag.html LVR: ''Dialekte im Rheinland''], Dialektkarte, abgerufen am 5. Juni 2022.</ref> |
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Das Ostbergische befindet sich nördlich der [[Benrather Linie]], die es von den [[ripuarisch]]en Dialekten des [[Oberbergisches Land|Oberbergischen Landes]] trennt. Ferner befindet es sich östlich der [[Uerdinger Linie]], was es vom [[Südniederfränkisch]]en trennt. Von den übrigen Orts- wie westfälischen Dialekten ist es durch die ihm östlich benachbarte und sich nach Norden abschwächende „[[Einheitsplurallinie|Westfälische Linie]]“ getrennt, was hier seinen Übergangscharakter betont.<ref>[https://rheinische-landeskunde.lvr.de/de/sprache/sprache_themen/dialekte_beitrag.html Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte: ''Dialekte im Rheinland''], abgerufen: 5. November 2023.</ref><ref>REDE: WA 526 „mähen“, Karten ID 66, und WA 146 „auch“, Karten ID 139, Überlagerungstendenz 50 %, abgerufen am: 5. November 2023.</ref> |
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Germanistisch wird die Uerdinger Linie zur Abgrenzung des reinen Niederfränkisch und des ripuarisch [[Spracheinfluss|beeinflussten]] Südniederfränkischen herangezogen.<ref>Wilhelm Welter: ''Die Niederfränkischen Mundarten im Nordosten der Provinz Lüttich'', Neuauflage der Auflage von 1933, Springer-Science+Media, B. V., ISBN 978-94-011-8346-8, S. 28.</ref> |
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Von den südkleverländischen Dialekten ist es im Norden durch die ''ok/ouk''-Linie geschieden.<ref>REDE: WA 146 „auch“, Karten ID 139, und WA 137 „auch“, Karten ID 140, abgerufen: 5. November 2023.</ref> |
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„Mölmsch Platt, der Dialekt um Mülheim an der Ruhr, gehört zu Ostbergisch, einer niederfränkischen Mundartgruppe im Bergischen Land.“<ref>Hartmut Ronge: ''Langenscheidt Sprachkalender 2023: Dialekte.'' Langenscheidt bei PONS, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-12-563533-3.<!-- Seite ??? --></ref> |
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In der Wahrnehmung der einheimischen Bevölkerung, sofern diese noch [[Dialekt]] spricht, finden sprachwissenschaftliche Betrachtungen keinen Niederschlag. Man benutzt landläufig die Bezeichnung [[Bergische Dialekte|Bergisch]] oder [[Platt]] für die eigenen Dialekte. |
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[[Datei:Dialektkarte nach Nerbonne und Siedle.png|mini|Arealtypologische Karte über die Clustering der Aussprache­abstände der Dialekte Deutschlands, mit niederrheinisch-westmünsterländischem Cluster in rot<ref name="NiebaumMacha">Hermann Niebaum, [[Jürgen Macha]]: ''Einführung in die Dialektologie des Deutschen'' (= ''Germanistische Arbeitshefte'', Band 37). 2. Aufl., Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2006, S. 96–98.</ref>]] |
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Wenn die Ausspracheabstände der Dialekte in Deutschland betrachtet werden, formt das Niederrheinische zusammen mit dem Westmünsterländischen den geografisch kleinsten der fünf Haupt-[[Cluster (Datenanalyse)|Cluster]], und zusammen mit dem Ripuarischen bilden sie ein sprachlich heterogenes Gebiet.<ref name="NiebaumMacha" /> |
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Die südlichen Varietäten des Niederrheinischen weisen zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem [[Mitteldeutsche Dialekte|Mitteldeutsch]]-[[Ripuarische Dialekte|Ripuarischen]] auf. Sie befinden sich allesamt zwischen der Benrather und der [[Uerdinger Linie]], die im 15./16. Jahrhundert als sprachliche Ausgleichslinie entstand und Folge der sogenannten ''Kölner Expansion'' war. Das bedeutet, dass in den südlichen niederrheinischen Dialekten ''maken'' statt ''machen'' vorherrscht, doch in der 1. Person Singular anstelle des zu erwartenden ''ik'' oder ''ek'' die scheinbar lautverschobenen Formen ''ech'' und ''ich'' verwendet werden, die vielerorts /eʃ/ oder /əʃ/ bzw. /iʃ/ ausgesprochen werden. Die Einschränkung „scheinbar“, mit dem vorheriges über das Personalpronomen 1. Person Singular eingeleitet wurde, ist sprachhistorisch berechtigt, da die in den südlichen Dialekten des Niederrheinischen vorkommenden „lautverschobenen Formen“ im Grunde keine darstellen. Sie sind kein Ergebnis der hochdeutschen Lautverschiebung, sondern das Ergebnis sprachlicher Anpassung infolge der [[Kölner Expansion]], d. h., eine Übernahme südlicherer Formen.<ref>[[Jan Goossens]]: ''Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands: „Fränkischer Sprachatlas“.'' Zweite Lieferung: Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1994, S. 16.</ref> |
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''[[Jan Goossens]]'' zitiert diesbezüglich ''[[Theodor Frings]]'', der feststellte, dass das Niederfränkische nie ''k''-Promina besessen habe, dass diese Übernahmen aus dem angrenzenden Mittelfränkischen (Ripuarisch) seien.<ref>Jan Goossens: ''Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands – „Fränkischer Sprachatlas“.'' 2. Lieferung – Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1994, ISBN 3-7708-1034-1.<!-- Seite ??? --></ref> |
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Da die Uerdinger Linie weitestgehend einen identischen Verlauf mit den [[südniederfränkisch]]en Isoglossen, die ''mich'', ''dich'', ''zich'', ''oech'' („euch“) und ''ouch'' („auch“) von den [[Belgisches Niederländisch#Dialekte|flämisch]]-[[brabantisch]]en Formen trennen, aufweist,<ref>Jan Goossens: ''Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands – „Fränkischer Sprachatlas“.'' 2. Lieferung – Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1994, ISBN 3-7708-1034-1.<!-- Seite ??? --></ref> ist es germanistisch üblich, diese mit der Uerdinger Linie zusammenzufassen und als Isoglossenbündel abzuhandeln. |
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Teile des Südniederfränkischen werden auch als Limburgisch bezeichnet, wobei dieser Begriff in Deutschland weniger üblich ist und für die südniederfränkischen Dialekte in Belgien und den Niederlanden gebraucht wird.<ref>Jan Goossens: ''Die Gliederung des Südniederfränkischen.'' In: ''Rheinische Vierteljahrsblätter.'' Jahrgang 30 1965, Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1965, S. 79–94, hier S. 79: {{" |Text=‚Südniederfränkisch‘ nennt man […] die Mundarten, die […]. Der niederländisch-flämische Teil dieses Gebietes ist unter dem Namen ‚Limburgisch‘ bekannt […].}}</ref> |
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== Von der Mundart zum Regiolekt == |
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Die sehr stark von der deutschen Hochsprache abweichenden und mit dem Niederländisch verwandten niederrheinischen Dialekte [[niederfränkisch]]er Ausprägung wurden nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] mehr und mehr von einem Hochdeutsch verdrängt, das eine spezielle niederrheinische Ausprägung erfuhr. |
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Auch Wörter und Ausspracheeigenarten der [[Ripuarische Dialektgruppe|mittelfränkischen]] (ripuarischen) Mundarten, zu denen auch der [[Kölsch (Sprache)|kölsche]] Stadtdialekt gehört, sind im Laufe der Zeit in das niederrheinische Mundartgebiet eingedrungen, vor allem bedingt durch die Nähe zur Stadt Köln und auf Grund des hohen Bekanntheitsgrads der in kölscher Mundart singenden Gruppen wie [[BAP]], [[Brings]], [[Höhner]] und [[Bläck Fööss]]. |
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Heute dient niederrheinisches Platt vielerorts nur noch als Umgangssprache unter älteren Menschen. Gepflegt wird die Mundart in Vereinen und Zirkeln, gelehrt wird sie an einigen wenigen Schulen und auf freiwilliger Basis. |
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Der Sprachforscher und Buchautor [[Georg Cornelissen]] hat in seinem Buch „Der Niederrhein und sein Deutsch“ die Entwicklung aufgezeichnet, die immer mehr Menschen vom Gebrauch der Mundart zum Gebrauch des als [[Rheinischer Regiolekt]] bezeichneten Niederrhein-Deutsch geführt hat.<ref>Georg Cornelissen: ''Der Niederrhein und sein Deutsch.'' 2007, S. 11 ff.</ref> |
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[[Hanns Dieter Hüsch]], als „schwarzes Schaf vom Niederrhein“ bekannt gewordener Kabarettist, hat in seinen Stücken und Schriften dieses „Niederrhein-Deutsch“ gepflegt, wenngleich er gelegentlich „Grafschafter Platt“ (den Moerser Dialekt) einfließen ließ.<ref>Georg Cornelissen: ''Der Niederrhein und sein Deutsch.'' 2007, S. 132.</ref> |
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Typisch für dieses Niederrhein-Deutsch ist der Gebrauch bestimmter Satzkonstruktionen, die an das Niederländische erinnern, beispielsweise: |
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* Es geht sich darum, dass…/ es dreht sich darum, dass… (Platt: et jeht sich dröm, dat…) |
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: (Standarddeutsch: Es geht darum, dass…) |
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* Wem ist das? (Platt: wäm ös dat? wäm hürt dat tu?) |
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: (Standarddeutsch: Wem gehört das? Wessen Sache ist das?) |
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Das Niederrhein-Deutsch zeichnet sich weiter aus durch „Vereinfachungen“ in der Aussprache und „Zusammenfassen“ von Wörtern oder Wortbestandteilen zu neuen Begriffen. Auch die Verwechslung von „mir und mich“ (und „dir und dich“) ist typisch Niederrheinisch – im „kölschen“ Ripuarischen kommt das nicht vor.<ref>Georg Cornelissen: ''Der Niederrhein und sein Deutsch.'' 2007, S. 126.</ref> |
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Für Plattsprecher ist die „Verwechslung“ kein Fehler, denn das Niederrheinische Platt kennt nur (wie das Englische und Niederländische) die Einheitsform – im Standarddeutschen wäre es falsch. |
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* er ist bei misch gewesen (statt: er ist bei mir gewesen) |
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: Platt: hä ös bej mesch jewäes |
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* sie hat mich nisch geschrieben (statt: sie hat mir nicht geschrieben) |
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: Platt: se hätt mech niet jeschrieewe |
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Weitere Beispiele für Regiolekt im Vergleich zu Standarddeutsch und zu Platt – wobei der hier wiedergegebene Lautstand etwa dem Krefelder Gebrauch entspricht – woanders am Niederrhein hört es sich etwas anders an: |
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* Regiolekt: „Hasse wat dann bisse wat dann kannsse wat – kuck ma datte damit weit komms!“ |
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: (typisch niederrheinisch wäre auch: „…tumma (tu mal) kucken datte damit weit komms!“) |
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* Standarddeutsch: „Hast du etwas, dann bist du etwas, dann kannst du etwas – schau nur, dass du damit weit kommst!“ |
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: (auf Standarddeutsch sehr unpassend wäre: „…tu mal kucken…“) |
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* Platt: „Hässe jet, dann bösse jet, dann kannstde jet – kieck maar datte domöt wiet kömms!“ |
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: (Ein Plattsprecher könnte aber auch sagen: „…don maar ens kiecke…/tu nur mal kucken…“) |
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An diesen Beispielen ist zu erkennen, dass der Regiolektsprecher (der sich nie als solcher bezeichnen wird) sich zwar an der deutschen Standardsprache orientiert – allerdings die Wörter und die Wortkombinationen verändert; in Satzbau und Wortstellung folgt er weitgehend der Mundart. Was an den obigen Beispielen nicht zu erkennen ist, ist der Tonfall (der „Singsang“) des Regiolektes, der unterschwellig der Melodie der örtlichen Mundart folgt. Der Tonfall in Kleve ist ein anderer als in Düsseldorf oder Mönchengladbach. Je mehr die Regiolektsprecher zwanglos „unter sich“ sind, je ausgeprägter wird der Regiolekt benutzt. Sollten Mundartsprecher in der Gesprächsrunde sein, so wird ein Gemisch aus Regiolekt und Mundart dabei herauskommen. Je mehr der Sprecher sich in einer „förmlichen“ Umgebung oder in einer Gesprächsrunde mit Fremden befindet, je weniger ausgeprägt ist der Regiolekt – Platt wird ganz vermieden, selbst wenn man es könnte – und der am Gespräch beteiligte Niederrheiner wird eine Sprache benutzen, die er selbst für „gepflegtes Hochdeutsch“ hält – Regiolekt hin oder Standarddeutsch her. |
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== Siehe auch == |
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* [[Dialekte in Nordrhein-Westfalen]] |
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* [[Niederländische Dialekte]] |
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* [[Rheinische Dokumenta]] |
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* [[Rhein-Maasländisch]] |
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* [[Duisburger Platt]] |
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* [[Rheinberger Platt]] |
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== Literatur == |
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* [[Georg Cornelissen]]: ''Kleine niederrheinische Sprachgeschichte (1300–1900): Eine regionale Sprachgeschichte für das deutsch-niederländische Grenzgebiet zwischen Arnheim und Krefeld: Met een Nederlandstalige inleiding.'' Stichting Historie Peel-Maas-Niersgebied, Geldern/Venray 2003, ISBN 90-807292-2-1. |
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* [[Peter Wiesinger]]: ''Strukturgeographische und strukturhistorische Untersuchungen zur Stellung der bergischen Mundarten zwischen Ripuarisch, Niederfränkisch und Westfälisch'', in: Peter Wiesinger, herausgegeben von [[Franz Patocka]]: ''Strukturelle historische Dialektologie des Deutschen: Strukturhistorische und strukturgeographische Studien zur Vokalentwicklung deutscher Dialekte'', Georg Olms Verlag, Hildesheim / Zürich / New York, 2017, S. 341–437. Diese Arbeit von Wiesinger wurde ursprünglich veröffentlicht in: ''Neuere Forschungen in Linguistik und Philologie. Aus dem Kreise seiner Schüler Ludwig Erich Schmitt zum 65. Geburtstag gewidmet'', 1975, S. 17–82. |
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* [[Klaus J. Mattheier]] (Hrsg.): ''Aspekte der Dialekttheorie.'' Tübingen 1983. |
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* Paul Eßer: ''Jenseits der Kopfweiden. Sprache und Literatur am Niederrhein.'' Grupello Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-933749-83-2. |
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* Kurt-Wilhelm Graf Laufs: ''Niederfränkisch-Niederrheinische Grammatik – für das Land an Rhein und Maas.'' Niederrheinisches Institut, Mönchengladbach 1995, ISBN 3-9804360-1-2. |
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* Julius Leithäuser: ''Wörterbuch der Barmer Mundarten nebst dem Abriß der Sprachlehre.'' [Wuppertal-] Elberfeld, 1929. |
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* Heinrich Neuse: ''Studien zur niederheinischen Dialektgeographie in den Kreisen Rees, Dinslaken, Hamborn, Mülheim, Duisburg.'' In: ''Deutsche Dialektgeographie.'' Heft VIII, Marburg 1915. |
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* ''Englisch und Plattdeutsch mit besonderer Berücksichtigung der Mundarten des Ruhrmündungsgebietes''. Graffmann, Duisburg 1914. |
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* [[Georg Cornelissen]]: ''De dialecten in de Duits-Nederlandse Roerstreek – grensdialectologisch bekeken'' (= ''Mededelingen van de Vereniging voor Limburgse Dialect- en Naamkunde'', Nr. 83). Hasselt 1995; auch in: [https://www.dbnl.org/tekst/corn022dial01_01/index.php dbnl.org] (18. März 2007). |
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* Georg Cornelissen: ''Kleine niederrheinische Sprachgeschichte (1300-1900) : eine regionale Sprachgeschichte für das deutsch-niederländische Grenzgebiet zwischen Arnheim und Krefeld'': ''een Nederlandstalige inleiding.'' Stichting Historie Peel-Maas-Niersgebied, Geldern/Venray 2003, ISBN 3-933969-37-9.+2 |
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* Georg Cornelissen: ''dat & wat. Der Sprachatlas für das Land am Rhein zwischen Emmerich und Eifel.'' Greven Köln, 2021, ISBN 978-3-7743-0932-6. |
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* {{Literatur |
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|Autor= [[Heinz Kloss]] |
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|Titel=Die Entwicklung neuer germanischer Kultursprachen seit 1800. |
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|Verlag=Pädagogischer Verlag Schwann |
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|Ort=Düsseldorf |
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|Datum=1978 |
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|ISBN=3-590-15637-6}} |
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* [[Jan Goossens]]: ''Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands: „Fränkischer Sprachatlas“.'' Zweite Lieferung: Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1994 |
|||
* [[Jan Goossens]]: ''Strukturelle Sprachgeographie. Eine Einführung in Methodik und Ergebnisse''. C. Winter, Heidelberg 1969. (Sprachwissenschaftliche Studienbücher, Abt. 2). http://d-nb.info/456784438. |
|||
* Jan Goossens: ''Areallinguistik.'' In: ''Lexikon der germanistischen Linguistik.'' 2. Auflage. Niemeyer, Tübingen 1980, S. 445–453. ISBN 3-484-10391-4 |
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== Weblinks == |
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* LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Landschaftsverband Rheinland: [https://dat-portal.lvr.de/orte/dialektkarten/einteilungskarten/ostbergisch ''Ostbergisch''], [https://dat-portal.lvr.de/orte/dialektkarten/einteilungskarten/rheinischer-faecher ''Rheinischer Fächer''], [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/de/sprache/sprache_themen/dialekte_beitrag.html ''Dialekte im Rheinland''] |
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* [https://rheinische-landeskunde.lvr.de/de/sprache/sprechende_sprachkarte/uebersichtskarte_1.html Sprechende Sprachkarte] des [[LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte|LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte]] (interaktive Karte mit Sprachaufnahmen aus dem Rheinland) |
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* [https://www.muelheim-ruhr.de/cms/moelmsch_platt1.html Mölmsch – Mundart in Mülheim an der Ruhr] |
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* [https://www.krieewelsch.de/ Mundart in Krefeld] |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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[[Kategorie:Niederrhein]] |
[[Kategorie:Niederrhein]] |
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[[Kategorie: |
[[Kategorie:Niederfränkischer Dialekt]] |
Aktuelle Version vom 2. Juli 2025, 13:47 Uhr
Niederrheinisch ist ein weitumfassender Sammelbegriff für die Mundarten des Niederrheins. Mit Niederrheinisch (oder niederrheinischem Platt) werden daher die in der Gegend um Düsseldorf ursprünglich gesprochenen niederfränkischen Dialekte bezeichnet, Kleverländisch und Südniederfränkisch. Diese historischen Dialekte werden von den modernen hochdeutschen Regiolekten unterschieden. Letztere werden als „niederrheinisches Deutsch“ bezeichnet.
„Die Dialekte NRWs gliedern sich mit Hilfe der Benrather Linie und der Einheitsplurallinie in drei Sprachräume: Westfälisch (Essen, Bocholt, Dortmund), Niederfränkisch (Kleve, Duisburg, Düsseldorf) und Mitteldeutsch (Köln, Aachen, Siegburg). Essen grenzt an das Niederfränkische bzw. Ostbergische.“[1]
„Die Benrather Linie trennt den niederfränkischen vom mittelfränkischen Sprachraum […]. Das Niederfränkische gliedert sich wiederum in drei Areale, für die sich die Begriffe Kleverländisch, Südniederfränkisch und Ostbergisch anbieten.“[2] Düsseldorfer Platt hat Ähnlichkeiten zu den Niederländischen Mundarten von Venlo bis Nijmegen, ebenso wie zu den Dialekten die rechtsrheinisch von Emmerich über Wesel und Dinslaken bis Duisburg gesprochen werden. Es gibt Bedenken, ob diese Dialekte unter niederrheinisch zusammengefasst werden können.
Begriff „Niederrhein“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit Niederrhein ist die an die Niederlande und an Westfalen grenzende Region im Westen des Landes Nordrhein-Westfalen gemeint – etwa zwischen Emmerich/Kleve und Düsseldorf/Mönchengladbach – sich links und rechts der Rheinschiene erstreckend.[3]
Am ehesten lässt sich das Niederrheingebiet als das Land kennzeichnen, dessen Bewohner die niederfränkischen (niederrheinischen) Mundarten sprechen. Teile des Niederrheins überlagern sich mit dem heutigen Ruhrgebiet, so Duisburg, Oberhausen oder Mülheim an der Ruhr, wo allerdings auch niederrheinisch-niederfränkische Mundarten gesprochen werden. Die Region ist zu unterscheiden von dem ebenfalls als „Niederrhein“ bezeichneten Rheinabschnitt, der bereits weiter südöstlich an der Siegmündung im ripuarischen Mundartraum beginnt.

Legende:
Herkunft aus dem Altfränkischen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die in Deutschland gesprochene Variante des auch in den Niederlanden vorkommenden Niederfränkischen basiert auf den Sprachen der frühen Franken. Diese expandierten vom Niederrhein ausgehend ab dem 3. Jahrhundert nach Süden und Westen in die zum Teil von Römern und Galloromanen besiedelten Gebiete. Zu diesem Zeitpunkt siedelten im Raum zwischen Xanten und Krefeld u. a. die germanischen Unterstämme der Sugambrer und Cugerner, die im Großstamm der Salfranken aufgingen.[6] Die Salfranken (bzw. Salier) breiteten sich vom Niederrhein über die Niederlande und Belgien bis ins heutige Frankreich aus. Der zweite fränkische Hauptstamm, die Rheinfranken wanderte dagegen südwärts über Köln ins Rhein-Moselgebiet und machte Köln zu seiner Residenzstadt. Im Jahre 509 wurden beide Frankenvölker unter dem Merowingerkönig Chlodwig I. vereinigt, der als erster Begründer eines Gesamt-Frankenreiches gilt.[7]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dass das Niederrheinische einen Übergangscharakter hat, zeigen seine südlichen Dialekte, die wie die südöstlichen niederländischen Dialekte (Limburgisch) zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem Mitteldeutsch-Ripuarischen aufweisen. Sie befinden sich allesamt zwischen der Benrather und der Uerdinger Linie, die im 15./16. Jahrhundert als sprachliche Ausgleichslinie entstand und Folge der sogenannten Kölner Expansion war. Das bedeutet, dass in den südlichen niederrheinischen Dialekten maken statt machen vorherrscht, doch in der 1. Person Singular anstelle des zu erwartenden ik oder ek die scheinbar lautverschobenen Formen ech und ich verwendet werden, die vielerorts /eʃ/ oder /əʃ/ bzw. /iʃ/ ausgesprochen werden. Die Einschränkung „scheinbar“, mit dem vorheriges über das Personalpronomen 1. Person Singular eingeleitet wurde, ist sprachhistorisch berechtigt, da die in den südlichen Dialekten des Niederrheinischen vorkommenden „lautverschobenen Formen“ im Grunde keine darstellen. Sie sind kein Ergebnis der hochdeutschen Lautverschiebung, sondern das Ergebnis sprachlicher Anpassung infolge der Kölner Expansion, d. h., eine Übernahme südlicherer Formen.[8]
Erst die Schriftdokumente aus dem 14. bis 16. Jahrhundert sind für heutige Leser dem Sinne nach eher verständlich. Im deutsch-niederländischen Rhein-Maas-Dreieck hatte sich zu dieser Zeit eine Schrift- und Kanzleisprache herausgebildet, die das bislang für schriftliche Erlasse vorrangig verwendete Latein ablöste: Rhein-Maasländisch.[9]

Mihm kreierte 1992 den Begriff „Rhein-Maasländisch“ für die mittelalterlichen Schreibsprachen der Städte im Rhein-Maas-Delta.[10] Um die mittelalterlichen Schreibsprachen des Rhein-Maas-Deltas und des Niederrheins sowie des angrenzenden Westfälischen einheitlich (und wertneutral) in der Germanistik bearbeiten zu können, führte der Germanist Arend Mihm 1992 zum einen den Begriff Rheinmaasländisch, der das Niederfränkische im deutsch-niederländischen Grenzgebiet umfasst, und zum anderen den Begriff Ijsselländisch, der das Niedersächsische im deutsch-niederländischen Grenzraum umfasst, ein. Denn er hatte wie viele seiner Kollegen nach ihm erkannt, dass sich die direkte Einordnung des Niederrheinischen ins Niederdeutsche aus sprachhistorischen und -typologischen Gründen verbietet.
Hier ein Beispiel aus dieser Periode, ein im Jahre 1517 vom Duisburger Johanniterkaplan Johann Wassenberch festgehaltener „Wetterbericht“ :[11]
„In den selven jair op den XVden (15ten) dach yn den Aprijl, ende was doe des goedesdachs (Wodans Tag=Mittwoch) nae Paischen (Passah, Paschah = Ostern), van den goedesdach op den donredach (Donars Tag = Donnerstag) yn der nacht, wastz soe calt, dat alle vruchten van allen boemen, van eyckelen, van noethen, van kyrssen, van proemen (Pflaumen), van appelen etc. neyt uytgescheyden (nichts ausgenommen) vervroren ende verdorven (erfroren und verdorben) , want sy stoenden yn oeren voellen blomen (voller Blüte). Item (alldieweil) alle die vynstocken vervroren ende verdorven, off (oder) sy verbrant gewest weren. Ende (und) dair geschach groeten verderflicke (verderblicher) schade.“
Der vorstehende Textauszug lässt unschwer eine gewisse „Nähe“ des „Rheinmaasländischen“ zum heutigen Niederländischen wie zu dem am deutschen Niederrhein gesprochenen niederrheinischen Platt erkennen.
Im Hochmittelalter und der Frühen Neuzeit, d. h. zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert, war es am Niederrhein üblich, dass Dokumente und Verträge in der jeweiligen Ortsmundart wie dem kleverischen Platt (Kleverländisch) abgefasst wurden. Diese Ortsdialekte, die eine Fortsetzung der mittelniederländischen Schrifttradition darstellten,[12] standen zudem in einem engen Schreibsprachen- und Dialektkontinuum mit den angrenzenden Dialekten des Niedersächsischen wie dem Westmünsterländischen, sodass die einzelnen Schriftstücke nur anhand weniger regionaler Besonderheiten dem jeweiligen Sprachgebiet (Niederfränkisch oder Niederdeutsch) zuzuordnen sind.
„Unnötig zu bemerken, daß der Niederrhein im späten Mittelalter nicht durch eine ‚Sprach‘-Grenze zerschnitten wurde. Die Frage nach dem ‚Niederländischen am Niederrhein‘ läßt sich für diesen Zeitraum eigentlich gar nicht stellen, weil im 14. Jahrhundert weder eine niederländische noch eine deutsche Hochsprache existierte. Die niederrheinische Varietät fügt sich vielmehr ein in ‚ein Kontinuum miteinander verwandter regionaler Schreibsprachen‘. So ist auch eine eindeutige Bestimmung der Grenze zwischen niederfränkischen und niedersächsischen Dialekten dieser Übergangszone nicht möglich. Bestenfalls lassen sie sich als ‚Mischsprachen‘ charaktersieren, die jeweils Elemente des Mittelniederländischen (MNL), Mittelniederdeutschen (MND) und z. T. auch des Mittelhochdeutschen (MHD) in unterschiedlicher Verteilung enthalten.“
Aufgrund der Tatsache, dass diese Schriftdokumente sowohl „niederländische“ (= niederrheinische) als auch „(nieder)deutsche“ (= niedersächsische) Elemente enthalten, wurden die jeweiligen Sprachregionen mitunter als „deutschniederländisch“ zusammengefasst.
Im 17. und 18. Jahrhundert setzte sich am Niederrhein das Neuniederländische als Kultursprache durch (sogenannte Niederländische Expansion), wobei hier vor allem der römisch-katholisch geprägte linksrheinische Landesteil betroffen war, während die protestantischen Minderheiten, die vor allem rechtsrheinisch lagen, mehrheitlich das Neuhochdeutsche verwendeten. Vor allem das Herzogtum Kleve galt als zweisprachig. Nach der Schrift sprachen damals nur wenige – dies beschränkte sich auf Pastoren und Priester sowie Verwaltungsbeamte und das Bildungsbürgertum. Das einfache Volk sprach weiterhin Platt, und wenn es schriftlich gebildet war, verwendete es überwiegend Niederländisch, das seinem Heimatdialekt näher stand als das Deutsche.[13]
Im 16. Jahrhundert entwickelten sich in Deutschland und in den Niederlanden eigenständige Schriftsprachen und das Rheinmaasländische verlor an Bedeutung. Über einen längeren Zeitraum existierten in manchen Städten (u. a. in Geldern, Kleve, Wesel, Krefeld, Duisburg) Deutsch und Niederländisch nebeneinander und Erlasse wurden in beiden Schriftsprachen herausgegeben.[14][9]
Ab dem 19. Jahrhundert war die sprachliche Trennung zwischen (deutschem) Niederrhein und (niederländischem) Maasgebiet endgültig abgeschlossen. Die jeweiligen Hoch- und Schriftsprachen gingen getrennte Wege. Platt als gesprochene Mundart des Niederrheines überdauerte aber die neuen Grenzen und hielt sich bis in die Neuzeit.[9][15] Das Ostbergische war auch im 18./19. Jahrhundert nicht, wie das Kleverländische, durch das Neuniederländische überdacht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte es sich allgemein durch, das ehemals „deutschniederländisch“ genannte Gebiet als Nord- und Südniederfränkisch zu bezeichnen, sofern es das Rhein-Maas-Delta und den Niederrhein betraf. Die Niederlandistik begann mit den Begriffen Niederrheinisch (wenn es die niederfränkischen Sprachgebiete des Niederrheins betraf) und Ostniederländisch (für die niedersächsischen Dialekte der Ostniederlande) zu arbeiten. Seitens der Germanistik war man sich uneinig, ob und wie man das Niederrheinische zum Niederdeutschen rechnen könnte, und viele Germanisten klammerten seine Behandlung daher aus.
„ick“ oder „isch“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die sogenannte Benrather Linie (auch maache-maake-Linie) grenzt das südlich von Düsseldorf gesprochene Mittelfränkisch (auch Ripuarisch genannt) vom Niederfränkischen ab. Daneben gibt es die Uerdinger Linie (auch ek-ech-Grenze), die aus dem Bergischen kommend, über den Rhein nördlich von Krefeld weiter über Kempen nach Venlo ins Niederländische führt. Südlich dieser Linie, im Südniederfränkischen, wird das Personalpronomen ich als ech, esch oder isch gesprochen, von Düsseldorf über Mönchengladbach bis Krefeld. Nördlich dieser Linie im Nordniederfränkischen spricht man dagegen bei Verwendung des Dialekts – wie in Mülheim an der Ruhr – ick oder eck, ab dem Krefelder Ortsteil Hüls (Hölsch Plott), jedoch nicht in Traar in Kempen und links und rechts der unteren Rheinschiene von Duisburg (siehe Duisburger Platt) bis Emmerich/Kleve. Auch das Wörtchen „auch“ wird unterschiedlich ausgesprochen, nämlich als „ook“ im Norden und als „ooch“ im Süden. Auch das Verb „haben“ wird unterschiedlich gesprochen: in Hüls sagt man z. B. „we häbbe“. Weiter südlich sagt man „wir hant“.
Kleverländisch (Nordniederfränkisch) umfasst die linksrheinischen Mundarten im Raum Kleve, Goch, Xanten, Kevelaer, Straelen, Kempen, Moers, Vluyn, Rheinberg sowie die rechtsrheinischen Dialekte von Emmerich bis Duisburg. Jedes Dorf hat seine sprachlichen Besonderheiten.

Niederrheinisches Platt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Begriff „Platt“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der im Norden und Westen Deutschlands verwendete Begriff Platt für die eigene Mundart leitet sich nicht etwa davon ab, dass es auf dem „platten Lande“ gesprochen wird; vielmehr bedeutete das niederfränkische „plat“ zwar „flach“, aber auch so viel wie „klar und deutlich“.[16]
In einer Delfter Bibel des Jahres 1524 ist vom „platten duytsche“ die Rede. Am Niederrhein gibt es die Redewendungen, jemanden etwas „platt vür dä Kopp“ zu sagen (unmissverständlich ins Gesicht zu sagen).[16] Da es auch im altfränkischen Sprachraum Unterschiede zwischen der „geschliffenen“ Ausdrucksweise der gehobenen Stände und der „Sprache des gemeinen Volkes“ gab, hieß in diesem Sinne „Platt sprechen“ so viel wie „Klartext reden“.[16] Klartext, den jeder Bauer und Handwerker verstand. Platt war demnach die Sprache des gemeinen Volkes schlechthin.
Der Eigenbezeichnung der Mundarten als Platt wie in „Hölsch Plott“, „Krieewelsch Platt“ oder „Kemp'sch Platt“ geht wohl auf „platt“ in der Bedeutung 'direkt, geradeheraus' zurück. Es gibt den rheinischen Spruch, jemanden etwas „platt für dä Kopp“ zu sagen („unverblümt und direkt“). Platt ist seit jeher die Sprache des Volkes schlechthin.[17] Indes bleibt die Abgrenzung des Niederrheinischen vom Niederdeutschen für die Sprachträger des Niederrheinischen ohne Belang. Sie bezeichnen ihren Dialekt weiterhin als Platt, Plattdeutsch und Niederdeutsch. Die Fehrs-Gilde, die sich für den Erhalt der niederdeutschen Sprache einsetzt, rechnet zwar das Niederrheinische noch zum Niederdeutschen, setzt aber ihre Tätigkeit ausschließlich im niederdeutschsprachigen Raum fort (ohne jedoch das Niedersächsische in den Niederlanden einzuschließen).
Bezeichnungen „Niederfränkisch“ und „Niederrheinisch“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bezeichnung „Niederfränkisch“ für die Mundarten am Niederrhein wird dabei von der Bevölkerung selbst nicht benutzt. Auch selten sagen die Einheimischen, dass sie „Niederrheinisch“ sprechen, sondern eher „Platt“ in Verbindung mit ihrer Ortsbezeichnung.
Gliederung
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iese beiden Linien sind Teil des Rheinischen Fächers, einer Sammlung von Isoglossen, die die Sprachgrenzen zwischen den rheinischen Sprachen bzw. Mundarten untereinander und zu den umgebenden Sprachräumen beschreibt.[18] In diesem Bereich wurde die zweite deutsche Lautverschiebung nur teilweise durchgeführt.
Da die Linie nicht den heutigen politischen Grenzen folgt und sowohl Düsseldorf als auch Mönchengladbach durchschneidet, ist sie eine kulturelle Trennungslinie. Sie ist nicht nur eine „Sprachgrenze“, trotz Dialektkontinuum, sondern auch eine „Kulturgrenze“ hinsichtlich Bautechniken und Erbverhalten. Nördlich der Benrather Linie wurden die Häuser von der Giebelseite her aufgeschlossen, südlich von der Traufseite. Südlich der Benrather Linie gab es Realteilung, nördlich erbte nur der älteste Sohn.
In sich ist der Niederrhein durch die Uerdinger Linie, auch wenn sie nur geringfügige sprachliche Relevanz besitzt, geteilt. Nördlich dieser Sprachlinie sagt man ek bzw. ik an Stelle von ich, südlich davon stattdessen esch bzw. isch. Die Uerdinger Linie verläuft vom belgischen Löwen über das niederländische Roermond und Viersen, überquert zwischen Krefeld-Uerdingen und Duisburg-Mündelheim den Rhein, verläuft nördlich von Mintard durchs Ruhrgebiet und trifft bei Wuppertal wieder auf oben genannte Benrather Linie.
Der niederfränkische Dialekt zwischen den beiden Linien wird Südniederfränkisch genannt. Der nördlich davon gepflegte niederfränkische Dialekt ist das Kleverländische. Es bildet mit der südniederfränkischen Mundart ein Dialektkontinuum.
Innerhalb des Niederrheinischen lassen sich einzelne Dialekte unterscheiden. Räumlich abgegrenzt werden können zwei große Dialekt-Gebiete am Niederrhein:
- Nordniederfränkisch
- Kleverländisch:
am unteren Niederrhein (Kreis Kleve, Kreis Wesel), im Rheinischen Ruhrgebiet (Duisburg) – siehe Duisburger Platt, im nördlichen und westlichen Teil der Stadt Oberhausen, in Teilen des Kreises Viersen (in Kempen), im nördlichen Ortsteil Hüls der Stadt Krefeld – (siehe Hölsch Plott) - Ostbergisch
- Kleverländisch:
- Südniederfränkisch:
in Mönchengladbach, dem Kreis Viersen (mit Ausnahme von Kempen und nordwestlich davon, wo Nordniederfränkisch gesprochen wird), Grefrather Platt in Grefrath; dann Heinsberg, sowie im nördlichen Rhein-Kreis Neuss, im Kreis Mettmann, im größten Teil von Düsseldorf – siehe Düsseldorfer Platt, in Solingen, Remscheid und in Krefeld (Krieewelsch) – mit der Besonderheit, dass der nördliche Stadtteil Hüls jenseits der Uerdinger Linie im Nordniederfränkischen liegt. In Hüls spricht man nicht Krieewelsch, sondern Hölsch Plott und sagt z. B. ek oder ök ‘ich’, im restlichen Krefeld esch oder isch. Das Bergische wird in Mülheim an der Ruhr (Mölmsch), Essen-Werden und unter anderem in den östlichen Teilen des alten Herzogtum Berg gesprochen. Es weist Ähnlichkeiten zu der in den Niederlanden und am Niederrhein verbreiteten Dialektgruppe Kleverländisch auf.
In einem engeren Sinne ist Niederrheinisch gleichbedeutend mit Kleverländisch.[19] Verwandt sind zum Beispiel die niederländischen Dialekte von Arnhem, Nijmegen und Venlo.
Nach dem Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland finden sich in Nordrhein-Westfalen folgende Dialektgruppen:[20]
- zum Niederdeutschen gehörig:
- Nordniedersächsisch
- Ostfälisch
- Westfälisch
- Niederrheinisch (Niederfränkisch, sowohl Nordniederfränkisch als auch Südniederfränkisch, in Deutschland)
- zum Westmitteldeutschen gehörig:
- Mittelfränkisch
- Niederhessisch (zum Hessischen und mithin Rheinfränkischen gehörig)
Zuordnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Deutschland ist die Zuordnung einer Mundart zu einer bestimmten Region oder Stadt durch regionale Neuordnungen schwieriger geworden, da inzwischen Dialektgrenzen sich quer durch Kommunen ziehen. So verläuft die Uerdinger ik-ich-Linie jetzt durch das Stadtgebiet von Krefeld und Duisburg und trennt das südniederfränkische Krieewelsch vom nordniederfränkischen Hölsch Plott des Ortsteiles Hüls. Das Hölsch Platt gilt, u. a. wegen einiger Merkmale, zum Beispiel der Verwendung von „ek“ (gelegentlich „ök“) anstelle des hochdeutschen Personalpronomens „ich“ als zum kleverländischen innerhalb des Niederrheinischen gehörig. Derartige Beispiele lassen sich auch für andere Kommunen aufführen. Der bedeutende Forscher über deutschsprachige Dialekte Georg Wenker:
„Und zwar ist das Platt, das auf der linken Rheinseite von Uerdingen bis abwärts nach Cleve gesprochen wird, im Großen und Ganzen ein und dasselbe, und es ist von allen deutschen Mundarten diejenige, die dem Holländischen am ähnlichsten ist. Wir wollen sie die niederrheinische nennen. ...Wir haben nun schon 2 Mundarten gefunden, 1) das Niederrheinische von Uerdingen rheinabwärts bis zur holländischen Grenze, 2) […] Wir haben also drei Hauptmundarten gefunden: 1) das Niederrheinische von Cleve bis Uerdingen, 2) das Niederfränkische von Benrath bis Königswinter, 3) das Mittelfränkische von Sinzig bis südlich von der Mosel. Dazwischen liegen zwei Striche mit Mischungsmundarten, von Uerdingen bis Benrath und von Königswinter bis Sinzig, endlich läuft am Nordostrand ein Streifen mit westfälischem Platt und im Westen bei Aachen und Eupen sind besondere Mundarten.“[21]
Das Kleverländische kann eindeutig als niederfränkische Dialekte eingeordnet werden. Die Benrather Linie trennt die südniederfränkischen Dialekte vom mitteldeutschen Ripuarischen. Sie werden daher als Übergangsmundarten bezeichnet. Die bergischen Dialekte werden in Mülheim an der Ruhr, Kettwig, Wuppertal-Elberfeld und Umgebung gesprochen. Sie gelten als Übergangsmundarten zwischen dem Niederfränkischen und dem Westfälischen. Als Grenze zum Westfälischen dient die sich nach Norden abschwächende Einheitsplurallinie. Östlich von Oberhausen/Mülheim verläuft die Einheitsplural-Linie, die das Südniederfränkische vom Westfälischen trennt. Der vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) veröffentlichte Rheinische Fächer[22][23] verdeutlicht die Sprachlinien im Rheinland, wie sie sich historisch darstellen. Das LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte führt Ostbergisch als eigenständige zum Niederfränkischen gehörende deutsche Dialektgruppe auf, die südöstlich des Kleverländischen, östlich des Südniederfränkischen und westlich des Westfälischen angesiedelt ist.[24] Das Ostbergische befindet sich nördlich der Benrather Linie, die es von den ripuarischen Dialekten des Oberbergischen Landes trennt. Ferner befindet es sich östlich der Uerdinger Linie, was es vom Südniederfränkischen trennt. Von den übrigen Orts- wie westfälischen Dialekten ist es durch die ihm östlich benachbarte und sich nach Norden abschwächende „Westfälische Linie“ getrennt, was hier seinen Übergangscharakter betont.[25][26] Germanistisch wird die Uerdinger Linie zur Abgrenzung des reinen Niederfränkisch und des ripuarisch beeinflussten Südniederfränkischen herangezogen.[27] Von den südkleverländischen Dialekten ist es im Norden durch die ok/ouk-Linie geschieden.[28] „Mölmsch Platt, der Dialekt um Mülheim an der Ruhr, gehört zu Ostbergisch, einer niederfränkischen Mundartgruppe im Bergischen Land.“[29]
In der Wahrnehmung der einheimischen Bevölkerung, sofern diese noch Dialekt spricht, finden sprachwissenschaftliche Betrachtungen keinen Niederschlag. Man benutzt landläufig die Bezeichnung Bergisch oder Platt für die eigenen Dialekte.

Wenn die Ausspracheabstände der Dialekte in Deutschland betrachtet werden, formt das Niederrheinische zusammen mit dem Westmünsterländischen den geografisch kleinsten der fünf Haupt-Cluster, und zusammen mit dem Ripuarischen bilden sie ein sprachlich heterogenes Gebiet.[30]
Die südlichen Varietäten des Niederrheinischen weisen zahlreiche Gemeinsamkeiten mit dem Mitteldeutsch-Ripuarischen auf. Sie befinden sich allesamt zwischen der Benrather und der Uerdinger Linie, die im 15./16. Jahrhundert als sprachliche Ausgleichslinie entstand und Folge der sogenannten Kölner Expansion war. Das bedeutet, dass in den südlichen niederrheinischen Dialekten maken statt machen vorherrscht, doch in der 1. Person Singular anstelle des zu erwartenden ik oder ek die scheinbar lautverschobenen Formen ech und ich verwendet werden, die vielerorts /eʃ/ oder /əʃ/ bzw. /iʃ/ ausgesprochen werden. Die Einschränkung „scheinbar“, mit dem vorheriges über das Personalpronomen 1. Person Singular eingeleitet wurde, ist sprachhistorisch berechtigt, da die in den südlichen Dialekten des Niederrheinischen vorkommenden „lautverschobenen Formen“ im Grunde keine darstellen. Sie sind kein Ergebnis der hochdeutschen Lautverschiebung, sondern das Ergebnis sprachlicher Anpassung infolge der Kölner Expansion, d. h., eine Übernahme südlicherer Formen.[31] Jan Goossens zitiert diesbezüglich Theodor Frings, der feststellte, dass das Niederfränkische nie k-Promina besessen habe, dass diese Übernahmen aus dem angrenzenden Mittelfränkischen (Ripuarisch) seien.[32] Da die Uerdinger Linie weitestgehend einen identischen Verlauf mit den südniederfränkischen Isoglossen, die mich, dich, zich, oech („euch“) und ouch („auch“) von den flämisch-brabantischen Formen trennen, aufweist,[33] ist es germanistisch üblich, diese mit der Uerdinger Linie zusammenzufassen und als Isoglossenbündel abzuhandeln.
Teile des Südniederfränkischen werden auch als Limburgisch bezeichnet, wobei dieser Begriff in Deutschland weniger üblich ist und für die südniederfränkischen Dialekte in Belgien und den Niederlanden gebraucht wird.[34]
Von der Mundart zum Regiolekt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die sehr stark von der deutschen Hochsprache abweichenden und mit dem Niederländisch verwandten niederrheinischen Dialekte niederfränkischer Ausprägung wurden nach dem Zweiten Weltkrieg mehr und mehr von einem Hochdeutsch verdrängt, das eine spezielle niederrheinische Ausprägung erfuhr.
Auch Wörter und Ausspracheeigenarten der mittelfränkischen (ripuarischen) Mundarten, zu denen auch der kölsche Stadtdialekt gehört, sind im Laufe der Zeit in das niederrheinische Mundartgebiet eingedrungen, vor allem bedingt durch die Nähe zur Stadt Köln und auf Grund des hohen Bekanntheitsgrads der in kölscher Mundart singenden Gruppen wie BAP, Brings, Höhner und Bläck Fööss.
Heute dient niederrheinisches Platt vielerorts nur noch als Umgangssprache unter älteren Menschen. Gepflegt wird die Mundart in Vereinen und Zirkeln, gelehrt wird sie an einigen wenigen Schulen und auf freiwilliger Basis.
Der Sprachforscher und Buchautor Georg Cornelissen hat in seinem Buch „Der Niederrhein und sein Deutsch“ die Entwicklung aufgezeichnet, die immer mehr Menschen vom Gebrauch der Mundart zum Gebrauch des als Rheinischer Regiolekt bezeichneten Niederrhein-Deutsch geführt hat.[35] Hanns Dieter Hüsch, als „schwarzes Schaf vom Niederrhein“ bekannt gewordener Kabarettist, hat in seinen Stücken und Schriften dieses „Niederrhein-Deutsch“ gepflegt, wenngleich er gelegentlich „Grafschafter Platt“ (den Moerser Dialekt) einfließen ließ.[36]
Typisch für dieses Niederrhein-Deutsch ist der Gebrauch bestimmter Satzkonstruktionen, die an das Niederländische erinnern, beispielsweise:
- Es geht sich darum, dass…/ es dreht sich darum, dass… (Platt: et jeht sich dröm, dat…)
- (Standarddeutsch: Es geht darum, dass…)
- Wem ist das? (Platt: wäm ös dat? wäm hürt dat tu?)
- (Standarddeutsch: Wem gehört das? Wessen Sache ist das?)
Das Niederrhein-Deutsch zeichnet sich weiter aus durch „Vereinfachungen“ in der Aussprache und „Zusammenfassen“ von Wörtern oder Wortbestandteilen zu neuen Begriffen. Auch die Verwechslung von „mir und mich“ (und „dir und dich“) ist typisch Niederrheinisch – im „kölschen“ Ripuarischen kommt das nicht vor.[37] Für Plattsprecher ist die „Verwechslung“ kein Fehler, denn das Niederrheinische Platt kennt nur (wie das Englische und Niederländische) die Einheitsform – im Standarddeutschen wäre es falsch.
- er ist bei misch gewesen (statt: er ist bei mir gewesen)
- Platt: hä ös bej mesch jewäes
- sie hat mich nisch geschrieben (statt: sie hat mir nicht geschrieben)
- Platt: se hätt mech niet jeschrieewe
Weitere Beispiele für Regiolekt im Vergleich zu Standarddeutsch und zu Platt – wobei der hier wiedergegebene Lautstand etwa dem Krefelder Gebrauch entspricht – woanders am Niederrhein hört es sich etwas anders an:
- Regiolekt: „Hasse wat dann bisse wat dann kannsse wat – kuck ma datte damit weit komms!“
- (typisch niederrheinisch wäre auch: „…tumma (tu mal) kucken datte damit weit komms!“)
- Standarddeutsch: „Hast du etwas, dann bist du etwas, dann kannst du etwas – schau nur, dass du damit weit kommst!“
- (auf Standarddeutsch sehr unpassend wäre: „…tu mal kucken…“)
- Platt: „Hässe jet, dann bösse jet, dann kannstde jet – kieck maar datte domöt wiet kömms!“
- (Ein Plattsprecher könnte aber auch sagen: „…don maar ens kiecke…/tu nur mal kucken…“)
An diesen Beispielen ist zu erkennen, dass der Regiolektsprecher (der sich nie als solcher bezeichnen wird) sich zwar an der deutschen Standardsprache orientiert – allerdings die Wörter und die Wortkombinationen verändert; in Satzbau und Wortstellung folgt er weitgehend der Mundart. Was an den obigen Beispielen nicht zu erkennen ist, ist der Tonfall (der „Singsang“) des Regiolektes, der unterschwellig der Melodie der örtlichen Mundart folgt. Der Tonfall in Kleve ist ein anderer als in Düsseldorf oder Mönchengladbach. Je mehr die Regiolektsprecher zwanglos „unter sich“ sind, je ausgeprägter wird der Regiolekt benutzt. Sollten Mundartsprecher in der Gesprächsrunde sein, so wird ein Gemisch aus Regiolekt und Mundart dabei herauskommen. Je mehr der Sprecher sich in einer „förmlichen“ Umgebung oder in einer Gesprächsrunde mit Fremden befindet, je weniger ausgeprägt ist der Regiolekt – Platt wird ganz vermieden, selbst wenn man es könnte – und der am Gespräch beteiligte Niederrheiner wird eine Sprache benutzen, die er selbst für „gepflegtes Hochdeutsch“ hält – Regiolekt hin oder Standarddeutsch her.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dialekte in Nordrhein-Westfalen
- Niederländische Dialekte
- Rheinische Dokumenta
- Rhein-Maasländisch
- Duisburger Platt
- Rheinberger Platt
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Georg Cornelissen: Kleine niederrheinische Sprachgeschichte (1300–1900): Eine regionale Sprachgeschichte für das deutsch-niederländische Grenzgebiet zwischen Arnheim und Krefeld: Met een Nederlandstalige inleiding. Stichting Historie Peel-Maas-Niersgebied, Geldern/Venray 2003, ISBN 90-807292-2-1.
- Peter Wiesinger: Strukturgeographische und strukturhistorische Untersuchungen zur Stellung der bergischen Mundarten zwischen Ripuarisch, Niederfränkisch und Westfälisch, in: Peter Wiesinger, herausgegeben von Franz Patocka: Strukturelle historische Dialektologie des Deutschen: Strukturhistorische und strukturgeographische Studien zur Vokalentwicklung deutscher Dialekte, Georg Olms Verlag, Hildesheim / Zürich / New York, 2017, S. 341–437. Diese Arbeit von Wiesinger wurde ursprünglich veröffentlicht in: Neuere Forschungen in Linguistik und Philologie. Aus dem Kreise seiner Schüler Ludwig Erich Schmitt zum 65. Geburtstag gewidmet, 1975, S. 17–82.
- Klaus J. Mattheier (Hrsg.): Aspekte der Dialekttheorie. Tübingen 1983.
- Paul Eßer: Jenseits der Kopfweiden. Sprache und Literatur am Niederrhein. Grupello Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-933749-83-2.
- Kurt-Wilhelm Graf Laufs: Niederfränkisch-Niederrheinische Grammatik – für das Land an Rhein und Maas. Niederrheinisches Institut, Mönchengladbach 1995, ISBN 3-9804360-1-2.
- Julius Leithäuser: Wörterbuch der Barmer Mundarten nebst dem Abriß der Sprachlehre. [Wuppertal-] Elberfeld, 1929.
- Heinrich Neuse: Studien zur niederheinischen Dialektgeographie in den Kreisen Rees, Dinslaken, Hamborn, Mülheim, Duisburg. In: Deutsche Dialektgeographie. Heft VIII, Marburg 1915.
- Englisch und Plattdeutsch mit besonderer Berücksichtigung der Mundarten des Ruhrmündungsgebietes. Graffmann, Duisburg 1914.
- Georg Cornelissen: De dialecten in de Duits-Nederlandse Roerstreek – grensdialectologisch bekeken (= Mededelingen van de Vereniging voor Limburgse Dialect- en Naamkunde, Nr. 83). Hasselt 1995; auch in: dbnl.org (18. März 2007).
- Georg Cornelissen: Kleine niederrheinische Sprachgeschichte (1300-1900) : eine regionale Sprachgeschichte für das deutsch-niederländische Grenzgebiet zwischen Arnheim und Krefeld: een Nederlandstalige inleiding. Stichting Historie Peel-Maas-Niersgebied, Geldern/Venray 2003, ISBN 3-933969-37-9.+2
- Georg Cornelissen: dat & wat. Der Sprachatlas für das Land am Rhein zwischen Emmerich und Eifel. Greven Köln, 2021, ISBN 978-3-7743-0932-6.
- Heinz Kloss: Die Entwicklung neuer germanischer Kultursprachen seit 1800. Pädagogischer Verlag Schwann, Düsseldorf 1978, ISBN 3-590-15637-6.
- Jan Goossens: Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands: „Fränkischer Sprachatlas“. Zweite Lieferung: Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1994
- Jan Goossens: Strukturelle Sprachgeographie. Eine Einführung in Methodik und Ergebnisse. C. Winter, Heidelberg 1969. (Sprachwissenschaftliche Studienbücher, Abt. 2). http://d-nb.info/456784438.
- Jan Goossens: Areallinguistik. In: Lexikon der germanistischen Linguistik. 2. Auflage. Niemeyer, Tübingen 1980, S. 445–453. ISBN 3-484-10391-4
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Landschaftsverband Rheinland: Ostbergisch, Rheinischer Fächer, Dialekte im Rheinland
- Sprechende Sprachkarte des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte (interaktive Karte mit Sprachaufnahmen aus dem Rheinland)
- Mölmsch – Mundart in Mülheim an der Ruhr
- Mundart in Krefeld
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Pembe Şahiner: Zur Rolle und Funktion der Sprache im Film „Solino“ (2002) von Fatih Akın. section Zum Ruhrdeutschen. In: Deniz Bayrak, Enis Dinç, Yüksel Ekinci, Sarah Reininghaus (Hrsg.): Der deutsch-türkische Film: Neue kulturwissenschaftliche Perspektiven. S. 274.
- ↑ Georg Cornelissen: Meine Oma spricht noch Platt: Wo bleibt der Dialekt im Rheinland? Greven Verlag, Köln, Kapitel Benrather Linie: Die „fränkischen“ Dialekte am Rhein und ihre Gliederung. S. 40–41 (einschließlich Karte mit „Ostbergisch“)
- ↑ Georg Cornelissen: Der Niederrhein und sein Deutsch. 2007, S. 11–14.
- ↑ Karte in Anlehnung an: P.A. Kerkhof: Language, law and loanwords in early medieval Gaul: language contact and studies in Gallo-Romance phonology. Leiden 2018, S. 24 und H. Ryckeboer: Het Nederlands in Noord-Frankrijk. Sociolinguïstische, dialectologische en contactlinguïstische aspecten. Gent 1997, S. 183–194.
- ↑ Cowan, H.K.J: Tijdschrift voor Nederlandse Taal- en Letterkunde. Jahrgang 71. E.J. Brill, Leiden, 1953, S. 166–186. Anmerkung: Die Linie ist nicht gleich an der späteren Benratherlinie, weil diese erst im Hochmittelalter ihre aktuelle Position erreicht hat.
- ↑ H. F. Döbler: Die Germanen – Legende und Wirklichkeit. Verlag Heyne München 1975, ISBN 3-453-00753-0, Rubrik Franken, S. 197 ff.
- ↑ Ulrich Nonn: Die Franken. Verlag Kohlhammer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-17-017814-4, S. 15 ff.
- ↑ Jan Goossens: Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und südöstlichen Niederlands. „Fränkischer Sprachatlas“. Zweite Lieferung Textband, S. 16.
- ↑ a b c Irmgard Hantsche: Atlas zur Geschichte des Niederrheins. Schriftenreihe der Niederrhein-Akademie Band 4, ISBN 3-89355-200-6, S. 66.
- ↑ Arend Mihm: Sprache und Geschichte am unteren Niederrhein. In: Niederdeutsches Jahrbuch. Band 115, 1992, S. 88–122.
- ↑ Georg Cornelissen: Kleine Niederrheinische Sprachgeschichte (1300–1900), Verlag B.O.S.S-Druck, Kleve, ISBN 90-807292-2-1, S. 32.
- ↑ Ludger Kremer: Das Niederländische in Deutschland. Aspekte seiner Verbreitung und Beschreibung. In: Helga Bister-Broosen (Hrsg.): Niederländisch am Niederrhein, S. 26.
- ↑ Helga Bister-Broosen: Einleitung – Niederländisch am Niederrhein: früher und jetzt. In: Helga Bister-Broosen: (Hrsg.): Niederländisch am Niederrhein. Peter Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften, 1988, ISBN 3-631-32578-9, S. 14.
- ↑ Georg Cornelissen: Kleine Niederrheinische Sprachgeschichte (1300–1900), Verlag B.O.S.S-Druck, Kleve, ISBN 90-807292-2-1, S. 62–94.
- ↑ Dieter Heimböckel: Sprache und Literatur am Niederrhein, Schriftenreihe der Niederrhein-Akademie Band 3, ISBN 3-89355-185-9, S. 15–55.
- ↑ a b c Georg Cornelissen: Meine Oma spricht noch Platt. Verlag Greven, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0417-8, S. 25–27.
- ↑ Georg Cornelissen: Meine Oma spricht noch Platt. Verlag Greven, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0417-8, S. 27 ff.
- ↑ Johannes Venema: Zum Stand der zweiten Lautverschiebung im Rheinland: Diatopische, diachrone und diastratische Untersuchungen am Beispiel der dentalen Tenuis (voralthochdeutsch /t/). Franz Steiner Verlag, 1997, S. 10–12 (Google-Leseprobe).
- ↑ Peter Wiesinger: Strukturgeographische und strukturhistorische Untersuchungen zur Stellung der bergischen Mundarten zwischen Ripuarisch, Niederfränkisch und Westfälisch. In: Peter Wiesinger, herausgegeben von Franz Patocka: Strukturelle historische Dialektologie des Deutschen: Strukturhistorische und strukturgeographische Studien zur Vokalentwicklung deutscher Dialekte. Georg Olms Verlag, Hildesheim / Zürich / New York 2017, S. 341–437, hier S. 351 f. (vgl. auch S. 346). Diese Arbeit von Wiesinger wurde ursprünglich veröffentlicht in: Neuere Forschungen in Linguistik und Philologie. Aus dem Kreise seiner Schüler Ludwig Erich Schmitt zum 65. Geburtstag gewidmet. 1975, S. 17–82.
- ↑ Karl-Heinz Bausch: Die deutsche Sprache – eine Dialektlandschaft. (PDF) In: nationalatlas.de – Portal für Atlanten und Atlaskartographie. Leibniz-Institut für Völkerkunde, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 19. Juli 2011; abgerufen am 14. Februar 2018 (Band 6.). , mit einer Karte „Sprachräume und mundartliche Großräume nach einer Befragung um 1900“ mit dem Hinweis „redaktionell bearbeitet nach dem dtv-Atlas zur deutschen Sprache“
- ↑ Georg Wenker: Das rheinische Platt, 2. Auflage., im Selbstverlag des Verfassers, Düsseldorf 1877, S. 11, 12 und 15f.
- ↑ Einteilungskarten | Rheinischer Fächer, auf rheinische-landeskunde.lvr.de
- ↑ Dialekte im Rheinland, auf dat-portal.lvr.de
- ↑ LVR: Dialekte im Rheinland, Dialektkarte, abgerufen am 5. Juni 2022.
- ↑ Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte: Dialekte im Rheinland, abgerufen: 5. November 2023.
- ↑ REDE: WA 526 „mähen“, Karten ID 66, und WA 146 „auch“, Karten ID 139, Überlagerungstendenz 50 %, abgerufen am: 5. November 2023.
- ↑ Wilhelm Welter: Die Niederfränkischen Mundarten im Nordosten der Provinz Lüttich, Neuauflage der Auflage von 1933, Springer-Science+Media, B. V., ISBN 978-94-011-8346-8, S. 28.
- ↑ REDE: WA 146 „auch“, Karten ID 139, und WA 137 „auch“, Karten ID 140, abgerufen: 5. November 2023.
- ↑ Hartmut Ronge: Langenscheidt Sprachkalender 2023: Dialekte. Langenscheidt bei PONS, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-12-563533-3.
- ↑ a b Hermann Niebaum, Jürgen Macha: Einführung in die Dialektologie des Deutschen (= Germanistische Arbeitshefte, Band 37). 2. Aufl., Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2006, S. 96–98.
- ↑ Jan Goossens: Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands: „Fränkischer Sprachatlas“. Zweite Lieferung: Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1994, S. 16.
- ↑ Jan Goossens: Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands – „Fränkischer Sprachatlas“. 2. Lieferung – Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1994, ISBN 3-7708-1034-1.
- ↑ Jan Goossens: Sprachatlas des nördlichen Rheinlands und des südöstlichen Niederlands – „Fränkischer Sprachatlas“. 2. Lieferung – Textband, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1994, ISBN 3-7708-1034-1.
- ↑ Jan Goossens: Die Gliederung des Südniederfränkischen. In: Rheinische Vierteljahrsblätter. Jahrgang 30 1965, Ludwig Röhrscheid Verlag, Bonn 1965, S. 79–94, hier S. 79: „‚Südniederfränkisch‘ nennt man […] die Mundarten, die […]. Der niederländisch-flämische Teil dieses Gebietes ist unter dem Namen ‚Limburgisch‘ bekannt […].“
- ↑ Georg Cornelissen: Der Niederrhein und sein Deutsch. 2007, S. 11 ff.
- ↑ Georg Cornelissen: Der Niederrhein und sein Deutsch. 2007, S. 132.
- ↑ Georg Cornelissen: Der Niederrhein und sein Deutsch. 2007, S. 126.