„Schwippschwager“ – Versionsunterschied
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Der gesetzlich nicht definierte Begriff der '''Schwippschwägerschaft''' ist eine landläufige Bezeichnung für die sogenannte „entfernte“ [[Schwägerschaft]]. '''Schwippschwager''' oder '''Schwippschwägerin''' (in manchen Teilen Österreichs ''Schwiegerschwager'' und ''Schwiegerschwägerin'') sind demnach miteinander nicht [[Blutsverwandtschaft|blutsverwandte]] Personen, die als Angehörige von [[Ehe]]- oder [[Lebenspartnerschaftsgesetz|Lebenspartnern]] in einem über mehrere [[Verwandtschaftsgrad|Grade]] hinweg vermittelten [[Verwandtschaftsbeziehung|verwandtschaftsähnlichen Familienverhältnis]] stehen.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=[[Jürgen Melchior]] |Titel=Angehörige |Sammelwerk=Beck'sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon |Verlag=C.H. Beck |Datum=2023 |Fundstelle=Rn. 9}}</ref> Das Verhältnis wird auch umschrieben als Personen, deren Ehegatten Geschwister sind.<ref name="CH-BR"/> |
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'''Schwippschwager''' oder '''Schwippschwägerin''' ist die Bezeichnung für eine bestimmte Art von Beziehungen zwischen den Angehörigen von Ehe- bzw. Lebenspartnern. |
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Speziell ist hiermit die Beziehung zwischen einem [[Geschwister]]teil des einen [[Ehepartner|Ehe-]] oder [[Lebenspartner]]s zu einem Geschwisterteil des anderen Ehe- oder Lebenspartners gemeint. Der Begriff wird auch für das Verhältnis angewandt, das zwischen dem Ehe- oder Lebenspartner des einen Geschwisters und dem Ehe- oder Lebenspartner des anderen Geschwisters besteht. |
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Hiermit ist insbesondere das Verhältnis der Geschwister des einen zu den [[Verwandtschaftsbeziehung#Geschwister|Geschwistern]] des anderen Ehe- oder Lebenspartners sowie das Verhältnis zwischen den Ehegatten oder Partnern von Geschwistern gemeint. |
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Schwippschwägerschaft ist eine sogenannte entfernte Schwägerschaft. |
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Im weiteren Sinne wird der Begriff auch auf andere entfernte Schwägerschaftsverhältnisse ausgedehnt, etwa Geschwister, Onkel und Tanten von Schwiegerkindern sowie angeheiratete Onkel und Tanten des Ehegatten oder Partners. Gelegentlich werden auch Gegenschwiegereltern (Eltern des Schwiegerkindes) und [[Stieffamilie|Stiefgeschwister]] als Schwippschwäger bezeichnet. |
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Die Art der Schwägerschaft, die die Geschwister des einen Partners zu der Familie des anderen Partners haben, hängt also vom Grad der Verwandtschaft bezüglich des anderen Partners ab: |
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* geht es um die Verwandtschaft mit dem anderen Partner selbst, nennt man es Schwägerschaft; |
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* geht es um die Verwandtschaft zu dessen Geschwistern, nennt man es Schwippschwägerschaft; |
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Man kann somit die Schwägerschaft "mal so herum" und "mal anders herum" (''schwipp'' oder ''schwapp'') betrachten. |
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== Beispiele == |
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Der [[Bruder]] des einen Partners ist gleichzeitig [[Schwager]] des anderen Partners und Schwippschwager der Geschwister des anderen Partners. Analog ist die [[Schwester]] des einen Partners gleichzeitig [[Schwägerin]] des anderen Partners und Schwippschwägerin der Geschwister des anderen Partners. |
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'''Geschwister von Schwager/Schwägerin:''' Beispiel: Anton und Bernd sind Geschwister. Bernd ist verheiratet mit Claudia. Claudia ist somit Antons Schwägerin. Claudia hat selbst einen Bruder, Daniel. Daniel ist dann Antons Schwippschwager. |
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Laut § 1590 [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] gilt eine [[Schwägerschaft]] nur zwischen dem Ehegatten und den (Bluts-)Verwandten des anderen Ehegatten. Analoges gilt für §11 [[Lebenspartnerschaftsgesetz|LPartG]]. Rechtlich gibt es somit keinen Anspruch auf [[Aussageverweigerung]] auf Grund des Verwandtschaftsverhältnisses für Schwippschwäger. Auch die [[Befangenheit]]sregeln, die für Schwäger gelten, werden auf Schwippschwäger nicht angewandt. Dies gilt jedoch nicht im Öffentlichen Auftragswesen, für welches EU-Recht gilt: Hier gelten auch Schwippschwäger als befangen ("voreingenommene Personen" nach § 16 Vergabeverordnung (VgV)). |
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'''Gatte von Schwager/Schwägerin:''' Der Begriff wird auch auf das Verhältnis angewandt, das zwischen dem Ehe- oder Lebenspartner des einen Geschwisters und dem Ehe- oder Lebenspartner des anderen Geschwisters besteht. Beispiel: Andreas ist verheiratet mit Beate. Beate hat eine Schwester Christine. Christine ist somit Andreas Schwägerin. Christine ist selbst verheiratet mit David. David ist dann Andreas Schwippschwager. |
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Berühmt ist die Erklärung, was ein Schwippschwager ist, die der Schwippschwager Heinrich Lohses auf der Zugfahrt zum 90. Geburtstag der Mutter Heinrich Lohses gibt ("Papa ante portas" von Loriot). |
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* Geschwister der Ehepartner der eigenen Geschwister oder |
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* Ehepartner der Geschwister des eigenen Ehepartners.<br/> |
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Eine andere Merkhilfe: Schwippschwäger(innen) sind Schwiegerkinder derselben Schwiegereltern. |
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== Etymologie == |
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Einer [[Volksetymologie|volksetymologischen]] Interpretation zufolge soll der Vorsilbe ''Schwipp-'' die Bedeutung „schwanken, schwappen“ innewohnen. Die „schwippschwägerliche“ Beziehung sei dadurch gekennzeichnet, dass je nachdem, aus welcher Richtung man das Verhältnis betrachtet, immer der eine Partner Schwager und der andere Schwippschwager (gewissermaßen ''schwipp'' oder ''schwapp'') sei: Der Bruder des einen Partners ist gleichzeitig Schwager des anderen Partners und Schwippschwager der Geschwister des anderen Partners. Analog ist die Schwester des einen Partners gleichzeitig Schwägerin des anderen Partners und Schwippschwägerin der Geschwister des anderen Partners.<ref>W. Braun, G. Ginschel, G. Hagen, A. Huber, K. Müller, H. Petermann, G. Pfeifer, [[Wolfgang Pfeifer (Etymologe)|W. Pfeifer]] (Leitung), D. Schröter, U. Schröter: ''Etymologisches Wörterbuch des Deutschen.'' Akademie-Verlag, Berlin 1993</ref> Ein solcher „nicht in gerader Linie stehender, also ‚schiefer‘, nicht richtiger Schwager“ lässt sich auch als metaphorische, sprachbildhafte Anwendung des Hinundherschwappens einer Flüssigkeit in einem Gefäß fassen.<ref>[https://www.dwds.de/wb/Schwippschwager Etymologie des Schwippschwagers], dwds.de ([[Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache]]), abgerufen am 9. Oktober 2022</ref> |
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In Wirklichkeit dürfte es sich jedoch entweder um eine Verkürzung aus dem Wort ''Schwester'' handeln (Geschwisterschwager) oder um eine [[Reduplikation (Sprache)|Reduplikation]] des Anlauts von ''Schwager'' (vgl. die Bildung von [[Alliteration|''gritzegrün'']]). |
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== Rechtliches == |
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Laut {{§|1590|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] besteht eine Schwägerschaft im Rechtssinne nur zwischen dem Ehegatten und den (Bluts-)[[Verwandtschaft (Recht)|Verwandten]] des anderen Ehegatten. Entsprechendes gilt gemäß {{§|11|lpartg|juris}} [[Lebenspartnerschaftsgesetz|LPartG]]. Rechte, die an ein Angehörigenverhältnis anknüpfen, stehen, im Gegensatz zu Verschwägerten, Schwippschwägern nicht zu.<ref name=":0" /> Dies gilt aufgrund europarechtlicher Bestimmungen ebenfalls nicht im Öffentlichen Auftragswesen: Hier gelten sogar verwandte und verschwägerte Personen nur in bestimmten Fällen als befangen<!--Inwiefern widerspricht dies einer Nichtanwendung der Befangenheitsregeln?-->; sie sind „voreingenommene Personen“ im Sinne des {{§|6|vgv|buzer}} Abs. 4 [[Vergabeverordnung]] (VgV). |
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Mitglieder des [[Bundesrat (Schweiz)|Schweizer Bundesrates]] dürfen nicht Schwippschwäger sein,<ref name="CH-BR"/> ebenso Richter<ref name="CH-FR"/> und [[Staatsrat des Kantons Freiburg|Staatsräte]]<ref name="CH-FR-S"/> im Kanton Freiburg. |
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== Einzelnachweise == |
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<ref name="CH-FR"> |
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{{Literatur|Titel=Justizgesetz|TitelErg=JG, 130.1|Datum=2010-05-31|Fundstelle=Art. 16 Verwandtschaft|Zitat=Personen, deren Ehegatten oder eingetragene Partnerinnen oder Partner verschwistert sind|Sprache=de|Kommentar=Stand 1. Januar 2022}} |
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<ref name="CH-FR-S"> |
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{{Literatur|Titel=Gesetz über die Organisation des Staatsrates und der Verwaltung|TitelErg=SVOG, 122.0.1|Fundstelle=Art. 12|Sprache=de}} |
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</references> |
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{{Rechtshinweis}} |
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[[Kategorie:Verwandter]] |
Aktuelle Version vom 7. Juli 2025, 13:29 Uhr
Der gesetzlich nicht definierte Begriff der Schwippschwägerschaft ist eine landläufige Bezeichnung für die sogenannte „entfernte“ Schwägerschaft. Schwippschwager oder Schwippschwägerin (in manchen Teilen Österreichs Schwiegerschwager und Schwiegerschwägerin) sind demnach miteinander nicht blutsverwandte Personen, die als Angehörige von Ehe- oder Lebenspartnern in einem über mehrere Grade hinweg vermittelten verwandtschaftsähnlichen Familienverhältnis stehen.[1] Das Verhältnis wird auch umschrieben als Personen, deren Ehegatten Geschwister sind.[2]
Hiermit ist insbesondere das Verhältnis der Geschwister des einen zu den Geschwistern des anderen Ehe- oder Lebenspartners sowie das Verhältnis zwischen den Ehegatten oder Partnern von Geschwistern gemeint.
Im weiteren Sinne wird der Begriff auch auf andere entfernte Schwägerschaftsverhältnisse ausgedehnt, etwa Geschwister, Onkel und Tanten von Schwiegerkindern sowie angeheiratete Onkel und Tanten des Ehegatten oder Partners. Gelegentlich werden auch Gegenschwiegereltern (Eltern des Schwiegerkindes) und Stiefgeschwister als Schwippschwäger bezeichnet.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Geschwister von Schwager/Schwägerin: Beispiel: Anton und Bernd sind Geschwister. Bernd ist verheiratet mit Claudia. Claudia ist somit Antons Schwägerin. Claudia hat selbst einen Bruder, Daniel. Daniel ist dann Antons Schwippschwager.
Anton | Bernd | Claudia | Daniel | ||||||||||||||||||||||||||
Gatte von Schwager/Schwägerin: Der Begriff wird auch auf das Verhältnis angewandt, das zwischen dem Ehe- oder Lebenspartner des einen Geschwisters und dem Ehe- oder Lebenspartner des anderen Geschwisters besteht. Beispiel: Andreas ist verheiratet mit Beate. Beate hat eine Schwester Christine. Christine ist somit Andreas Schwägerin. Christine ist selbst verheiratet mit David. David ist dann Andreas Schwippschwager.
Andreas | Beate | Christine | David | ||||||||||||||||||||||||||
Zum besseren Einprägen lässt sich formulieren: Schwippschwäger(innen) sind
- Geschwister der Ehepartner der eigenen Geschwister oder
- Ehepartner der Geschwister des eigenen Ehepartners.
Eine andere Merkhilfe: Schwippschwäger(innen) sind Schwiegerkinder derselben Schwiegereltern.
Etymologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einer volksetymologischen Interpretation zufolge soll der Vorsilbe Schwipp- die Bedeutung „schwanken, schwappen“ innewohnen. Die „schwippschwägerliche“ Beziehung sei dadurch gekennzeichnet, dass je nachdem, aus welcher Richtung man das Verhältnis betrachtet, immer der eine Partner Schwager und der andere Schwippschwager (gewissermaßen schwipp oder schwapp) sei: Der Bruder des einen Partners ist gleichzeitig Schwager des anderen Partners und Schwippschwager der Geschwister des anderen Partners. Analog ist die Schwester des einen Partners gleichzeitig Schwägerin des anderen Partners und Schwippschwägerin der Geschwister des anderen Partners.[3] Ein solcher „nicht in gerader Linie stehender, also ‚schiefer‘, nicht richtiger Schwager“ lässt sich auch als metaphorische, sprachbildhafte Anwendung des Hinundherschwappens einer Flüssigkeit in einem Gefäß fassen.[4]
In Wirklichkeit dürfte es sich jedoch entweder um eine Verkürzung aus dem Wort Schwester handeln (Geschwisterschwager) oder um eine Reduplikation des Anlauts von Schwager (vgl. die Bildung von gritzegrün).
Rechtliches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Laut § 1590 BGB besteht eine Schwägerschaft im Rechtssinne nur zwischen dem Ehegatten und den (Bluts-)Verwandten des anderen Ehegatten. Entsprechendes gilt gemäß § 11 LPartG. Rechte, die an ein Angehörigenverhältnis anknüpfen, stehen, im Gegensatz zu Verschwägerten, Schwippschwägern nicht zu.[1] Dies gilt aufgrund europarechtlicher Bestimmungen ebenfalls nicht im Öffentlichen Auftragswesen: Hier gelten sogar verwandte und verschwägerte Personen nur in bestimmten Fällen als befangen; sie sind „voreingenommene Personen“ im Sinne des § 6 Abs. 4 Vergabeverordnung (VgV).
Mitglieder des Schweizer Bundesrates dürfen nicht Schwippschwäger sein,[2] ebenso Richter[5] und Staatsräte[6] im Kanton Freiburg.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Jürgen Melchior: Angehörige. In: Beck'sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon. C.H. Beck, 2023, Rn. 9.
- ↑ a b Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz. RVOG. 2.3 Unvereinbarkeit, Art. 61, Abs. 1, c: „zwei Personen, deren Ehegatten, eingetragene Partnerinnen oder Partner Geschwister sind“
- ↑ W. Braun, G. Ginschel, G. Hagen, A. Huber, K. Müller, H. Petermann, G. Pfeifer, W. Pfeifer (Leitung), D. Schröter, U. Schröter: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Akademie-Verlag, Berlin 1993
- ↑ Etymologie des Schwippschwagers, dwds.de (Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache), abgerufen am 9. Oktober 2022
- ↑ Justizgesetz. JG, 130.1. 31. Mai 2010, Art. 16 Verwandtschaft (Stand 1. Januar 2022): „Personen, deren Ehegatten oder eingetragene Partnerinnen oder Partner verschwistert sind“
- ↑ Gesetz über die Organisation des Staatsrates und der Verwaltung. SVOG, 122.0.1. Art. 12.