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„Anlaufmanagement“ – Versionsunterschied

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Das '''Anlaufmanagement''' ({{enS|„ramp-up management“}}) umfasst die fachbereichsübergreifende [[Koordination]] aller Anlaufaktivitäten der Serienproduktion eines [[Produkt (Wirtschaft)|Produkts]] in einem produzierenden [[Unternehmen]] im Zeitraum von der beendeten [[Produktentwicklung]] bis einschließlich der Vollendung des Hochlaufs der serienmäßigen Produktion. Das Anlaufmanagement ist Teil des [[Produktmanagement|Produktmanagment]]-Prozesses.
== Definition ==


== Begriffsbestimmungen, nähere begriffliche Eingrenzungen ==
Das Anlaufmanagement (auch Ramp-up Management genannt), umfasst die Koordination aller Anlaufaktivitäten im Zeitraum der Erstellung erster physischer Prototypen bis zur Produktion kundenfähiger Produkte (SOP = [[Start of Production]]) mit Fokus auf die logistischen Anforderungen in der Serienfertigung. Das Anlaufmanagement definiert den Anfang, das [[Auslaufmanagement]] das Ende des Produktlebenszykluses.
Den zeitlichen Abschnitt, der durch das Anlaufmanagement abgedeckt wird, bezeichnet man als [[Anlaufphase]]. Aus Sicht des Produktlebenszyklus handelt es sich dabei um die Übergangsphase von der abgeschlossenen Entwicklung eines Produkts bis einschließlich des Hochlaufs zu dessen [[Serienproduktion]], also zwischen der Erstellung erster physischer [[Prototyp (Technik)|Prototypen]] und der [[Produktion]] kundentauglicher Produkte. Die Phasendauer der Anlaufphase wird in der Regel von der vollzogenen [[Produktentwicklung]] bis zum Erreichen der vorgeplanten täglichen Produktionsmenge definiert. Die einzelnen Entwicklungs- beziehungsweise [[Projektphase]]n werden häufig anhand einer [[Anlaufkurve]] festgelegt. Die Anlaufkurve stellt den Zusammenhang zwischen Produktionsmenge auf der senkrechten [[Kartesisches Koordinatensystem|y-Achse]] und der Zeit auf der waagerechten t-Achse dar. Die Anlaufphase gliedert sich in:<ref name="Schmitt_AM_Seite_7">R. Schmitt: ''Anlaufmanagement – Begriffe und Definitionen.'' Apprimus Wissenschaftsverl., Aachen 2015, ISBN 978-3-86359-345-2, S. 7. ([https://www.om.rwth-aachen.de/data/uploads/anlaufmanagement_glossar_ebook.pdf Download-PDF])</ref><br />
(a) die Fertigung der Vorserie (in der Anlaufkurve mit flachem Verlauf),<br />
(b) die Fertigung der Nullserie (in der Anlaufkurve mit flachem Verlauf),<br />
(c) die Hochlaufphase (in der Anlaufkurve mit rampenförmigen Verlauf).<br />
Im Übergang von (b) zu (c) liegt die Freigabe für den Serienproduktionsstart (SOP: ''[[Start of Production]]'', ''Job No. 1'').<ref name="Schmitt_AM_Seite_7" /> An diesem Zeitpunkt beginnt die Serienproduktion des endgültigen, auf den Kunden zugeschnittenen Produkts.


Kennzeichen der „Anlaufphase“ im Vergleich zur „Phase der stabilen Produktion“ ist häufig eine geringere Produktqualität, eine niedrigere tägliche Produktionsmenge sowie ein für den [[Fertigungsprozess]] erhöhter Bedarf an [[Arbeitskraft|Arbeitskräften]] und [[Material (Betriebswirtschaft)|Material]].
Ziel des Anlaufmanagements ist es, die termingerechte [[Verfügbarkeit]] aller [[Bauteil|Bauteile]] für die Serienanlauf eines [[Produkt|Produktes]] zu sicherzustellen, den Serienanlauf zu verkürzen ([[Time to market]]), die Situation der [[Termin|Termine]] sowie den [[Reifegrad]] des Produktes transparenter zu gestalten und die Anlaufkosten auf einem [[Minimum]] zu reduzieren.


[[Ziel]] des Anlaufmanagements ist es, die termingerechte [[Verfügbarkeit]] aller [[Bauteil (Technik)|Bauteile]] für den Serienanlauf eines Produkts sicherzustellen, den Serienanlauf zu verkürzen ([[Time-to-Market]]), die Situation der [[Termin]]e sowie den Reifegrad des Produkts transparenter zu gestalten und die Anlaufkosten auf ein [[Optimum|Minimum]] zu reduzieren.
Die einzelnen Entwicklungs- bzw. Projektphasen werden in eine [[Anlaufkurve]] übertragen.


Ein besonderes Augenmerk liegt beim Anlaufmanagement auf den [[Logistik|logistischen]] [[Anforderung (Heuristik)|Anforderungen]] in der [[Serienfertigung]].<ref>H.-C. Pfohl, K. Gareis: ''Die Rolle der Logistik in der Anlaufphase.'' In: ''ZfB – Zeitschrift für Betriebswirtschaft.'' 70. Jg., H. 11 (2000), S. 1189–1214.</ref>
== Inhalte ==


Eine übliche Vorgehensweise besteht darin, die Anlaufphase einer Serienproduktion formal als spezielle Deployment-[[Projektphase]] eines [[Projektmanagement]]s zu determinieren, um so den Prozess des Produktionsanlaufs im Projektmanagementrahmen genau vorplanen zu können und um für ungewollte Abweichungen beim Anlauf Reserveszenarien bereithalten zu können.
Am Beispiel der [[Automobilindustrie]] lassen sich die Inhalte des Anlaufmanagements gut skizzieren:


Während der Entstehung eines neuen Produkts geht das Anlaufmanagement mit einer Vielzahl an [[Geschäftsprozess]]en einher. Hauptsächlich geht es dabei um das Abschließen und die Implementierung von Zulieferverträgen bezüglich [[Rohstoff]]e, [[Halbzeug]]e, ergänzende Komponenten und [[Betriebsstoff]]e für die Produktion eines Produkts und vorangehend seiner Prototypen, aber auch um [[Dienstleistung]]en, die damit verbunden sind.
* Definition von relevanten Produktions- und Logistikprozessen
* Ermittlung von Anlaufszenarien
* Änderungsmanagement
* Liefermanagement und -unterstützung


== Operativer Aspekt des Anlaufmanagements im Produktentstehungsprozess ==
== Allgemeine Vorgehensweise ==
Im Produktentstehungsprozess umfasst das Anlaufmanagement, operativ gesehen, die Aufgabenfelder „Anlaufstrategie“, „Anlaufplanung“, „Anlauforganisation“ und „Anlaufsteuerung“.<ref name="Schmitt_AM_Seite_2">R. Schmitt: ''Anlaufmanagement – Begriffe und Definitionen.'' Apprimus Wissenschaftsverl., Aachen 2015, ISBN 978-3-86359-345-2, S. 2. ([https://www.om.rwth-aachen.de/data/uploads/anlaufmanagement_glossar_ebook.pdf Download-PDF])</ref> Die Produktentstehung oder auch Produkterstellung „…ist der gesamte Prozess, der abläuft, bis ein Produkt genutzt wird…“.<ref name="Schmitt_AM_Seite_2" /> „Das Projektmanagement begleitet den gesamten [[Produktentstehungsprozess]] „PEP“ von der Kundenanfrage bis zur Projektübergabe an die Produktion“.<ref name="Schmitt_AM_Seite_2" />


=== Anlaufstrategie ===
* Produktentwicklung (Rahmen- und Lastenheft)
Als Anlaufstrategie wird eine generelle Methode auf Unternehmensebene bezeichnet, die den grundsätzlichen Standpunkt bezüglich der verschiedenen Anläufe eines Unternehmens auf lange Sicht definiert.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f">R. Schmitt: ''Anlaufmanagement – Begriffe und Definitionen.'' Apprimus Wissenschaftsverl., Aachen 2015, ISBN 978-3-86359-345-2, S. 3 f. ([https://www.om.rwth-aachen.de/data/uploads/anlaufmanagement_glossar_ebook.pdf Download-PDF])</ref> Die Strategie dient primär der Erreichung der Hauptzielgrößen [[Qualität]], [[Kosten]] und Zeit innerhalb der einzelnen Anläufe.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f" />
* Produktionsvorbereitung
* Einführung eines Änderungsmanagements
* Inbetriebnahme der Produktionsanlagen
* Produktion der [[Vorserie]] und [[Nullserie]]


== Gestaltungskriterien ==
=== Anlaufplanung ===
Wesentliches Merkmal der Anlaufplanung ist die Entwicklung eines technologischen Konzeptes für das Produktionssystem einerseits und eines organisatorischen Ablaufschemas andererseits.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f" /> Dazu werden sowohl Meilensteine als auch messbare Kennzahlen über alle Dekompositionsstufen hinweg definiert.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f" />


=== Anlauforganisation ===
Es gibt eine Vielzahl von Gestaltungskriterien innerhalb des Anlaufmanagements, die die [[Anlaufkurve]] beeinflussen und verändern:
Die Anlauforganisation setzt sich aus einer speziell für den Serienanlauf definierten [[Aufbauorganisation]] und einer entsprechenden [[Ablauforganisation]] zusammen.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f" /> Dabei muss die Anlauforganisation mit den individuellen Organisationsformen des Unternehmens vereinbar sein.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f" />

=== Anlaufsteuerung ===
Der Begriff „Anlaufsteuerung“ weist eine überwiegend implizite Begriffsverwendung auf.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f" /> Die [[Systemtheorie]] definiert den Begriff der Steuerung als „Vorgang in einem System, bei dem eine oder mehrere variable Größen als Eingangsgrößen andere variable Größen als Ausgangsgrößen aufgrund der dem System zugehörigen Gesetzmäßigkeiten beeinflussen“.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f" /> Im Anlaufkontext soll durch diese Maßnahme der Produktionsanlauf unter Berücksichtigung seiner vielfältigen Randbedingungen beherrscht und eine erhebliche Verkürzung erreicht werden.<ref name="Schmitt_AM_Seite_3f" />

== Beeinflussungsgrößen der Anlaufkurve ==
Es gibt eine Vielzahl von Beeinflussungsgrößen innerhalb des Anlaufmanagements, die die [[Anlaufkurve]] beeinflussen und verändern:


* Produktreifegrad
* Produktreifegrad
* [[Verfügbarkeit]] der [[Anlagen]]
* [[Verfügbarkeit]] der [[Anlage (Technik)|Anlagen]]
* [[Kapazität]] der [[Anlage|Anlagen]]
* [[Kapazität (Wirtschaft)|Kapazität]] der Anlagen
* Status der [[Vertrag|Verträge]]
* Status der [[Vertrag|Verträge]]
* [[Komplexität]] des Produktes
* [[Komplexität]] des Produktes
* Qualifizierungsgrad der Mitarbeiter
* etc.
* etc.


== Optimierungspotenziale für das Anlaufmanagement ==
== Potentiale ==
Eine engere Verzahnung von Entwicklung mit Einkauf, Fertigung, Montage und so weiter bei den [[Fabrik|Werken]], [[Lieferant]]en und weiteren im [[Produktentwicklungsprozess]] führt zu einer steileren und gleichmäßigeren Anlaufkurve, die die einzelnen [[Projektphase|Phasen]] stabiler miteinander verbindet. Dadurch kann eine sehr gute [[Qualität]] der Produkte von Serienbeginn an sichergestellt werden. Dieses führt zu einer Reduzierung der [[Rückrufaktion|Rückrufe]] und [[Kosten]] des Produktes.

== Notizen zur Historie ==
Nachdem das Verständnis des Anlaufmanagements zunächst überwiegend durch Fragestellungen aus der Automobilindustrie geprägt war, erstreckt sich die Betrachtung mehr und mehr auch auf andere Branchen sowie auf Zusammenhänge, welche aus dem Zusammenwirken mehrerer Unternehmen entstehen.

== Literatur ==
'''Allgemein''':
* R. Schmitt: ''Anlaufmanagement – Begriffe und Definitionen.'' Apprimus Wissenschaftsverl., Aachen 2015, ISBN 978-3-86359-345-2. ([https://www.om.rwth-aachen.de/data/uploads/anlaufmanagement_glossar_ebook.pdf Download-PDF])
* H. Wildemann: ''Anlaufmanagement: Leitfaden zur Verkürzung der Hochlaufzeit und Optimierung der An- und Auslaufphase von Produkten, Anlagen und Dienstleistungen.'' (= Leitfaden / Transfer-Centrum für Produktions-Logistik und Technologiemanagement; Bd. 76). 21. Aufl., TCW-Verlag, München 2022, ISBN 978-3-934155-52-7.
* R. Bischoff: ''Anlaufmanagement – Schnittstelle zwischen Projekt und Serie.'' (= Konstanzer Managementschriften; Bd. 2) / S. Götte (Hrsg.). HTWG Konstanz, Konstanz 2007, ISBN 978-3-939638-03-2.


'''Spezielle Themen''':
* U. Gross: ''Organisationstheoretische Aspekte des Produktionsanlaufs von Neuprodukten.'' Diss. Techn. Hochsch. Aachen, Aachen 2012.
* T. Laick: ''Hochlaufmanagement – Sicherer Produktionshochlauf durch zielorientierte Gestaltung und Lenkung des Produktionsprozesssystems''. Dissertation. FBK Produktionstechnische Berichte, Kaiserslautern 2003.
* S. v. Wangenheim: ''Planung und Steuerung des Serienanlaufs komplexer Produkte – Dargestellt am Beispiel der Automobilindustrie''. Dissertation. Peter Lang, Frankfurt am Main 1998.
* J. Risse: ''Time-to-Market Management in der Automobilindustrie – Ein Gestaltungsrahmen für ein logistikorientiertes Anlaufmanagement''. Dissertation. Hochschulschrift, Berlin 2002.
* D. Fitzek: ''Anlaufmanagement in Netzwerken – Grundlagen, Erfolgsfaktoren und Gestaltungsempfehlungen für die Automobilindustrie''. Haupt, Bern 2006.
* C. Stich: ''Produktionsplanung in der Automobilindustrie – Optimierung des Ressourceneinsatzes im Serienanlauf''. Dissertation. Kölner Wissenschaftsverlag, Köln 2007.
* G. Schuh, W. Stölzle, F. Straube (Hrsg.): ''Anlaufmanagement in der Automobilindustrie erfolgreich umsetzen – Ein Leitfaden für die Praxis''. Springer, Berlin 2008.
* M. Homuth: ''Unternehmensübergreifende Steuerung des Serienanlaufs in Produktionsnetzwerken''. Shaker, Aachen 2008.

== Weblinks ==
* [http://www.anlaufmanagement.rwth-aachen.de/de/default.html Graduiertenkolleg Anlaufmanagement an der RWTH Aachen]


== Einzelnachweise ==
Eine engere Verzahnung von Entwicklung, [[Werk|Werken]], [[Lieferant|Lieferanten]] etc. im [[Produktentwicklungsprozess]] führt zu einer steileren und gleichmäßigeren Anlaufkurve, die die einzelnen [[Phase|Phasen]] stabiler miteinander verbindet. Dadurch wird eine sehr gute [[Qualität]] der Produkte von Serienbeginn an sichergestellt werden. Dieses führt zu einer Reduzierung der [[Rückruf|Rückrufe]] und [[Kosten]] des Produktes.
<references />


[[Kategorie:Management]]
[[Kategorie:Produktionsorganisation]]
[[Kategorie:Projektmanagement]]
[[Kategorie:Projektmanagement]]
[[Kategorie:Logistik]]
[[Kategorie:Produktionswirtschaft]]
[[Kategorie:Beschaffungslogistik]]
[[Kategorie:Produktionslogistik]]

Aktuelle Version vom 29. März 2025, 15:08 Uhr

Das Anlaufmanagement (englisch „ramp-up management“) umfasst die fachbereichsübergreifende Koordination aller Anlaufaktivitäten der Serienproduktion eines Produkts in einem produzierenden Unternehmen im Zeitraum von der beendeten Produktentwicklung bis einschließlich der Vollendung des Hochlaufs der serienmäßigen Produktion. Das Anlaufmanagement ist Teil des Produktmanagment-Prozesses.

Begriffsbestimmungen, nähere begriffliche Eingrenzungen

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Den zeitlichen Abschnitt, der durch das Anlaufmanagement abgedeckt wird, bezeichnet man als Anlaufphase. Aus Sicht des Produktlebenszyklus handelt es sich dabei um die Übergangsphase von der abgeschlossenen Entwicklung eines Produkts bis einschließlich des Hochlaufs zu dessen Serienproduktion, also zwischen der Erstellung erster physischer Prototypen und der Produktion kundentauglicher Produkte. Die Phasendauer der Anlaufphase wird in der Regel von der vollzogenen Produktentwicklung bis zum Erreichen der vorgeplanten täglichen Produktionsmenge definiert. Die einzelnen Entwicklungs- beziehungsweise Projektphasen werden häufig anhand einer Anlaufkurve festgelegt. Die Anlaufkurve stellt den Zusammenhang zwischen Produktionsmenge auf der senkrechten y-Achse und der Zeit auf der waagerechten t-Achse dar. Die Anlaufphase gliedert sich in:[1]
(a) die Fertigung der Vorserie (in der Anlaufkurve mit flachem Verlauf),
(b) die Fertigung der Nullserie (in der Anlaufkurve mit flachem Verlauf),
(c) die Hochlaufphase (in der Anlaufkurve mit rampenförmigen Verlauf).
Im Übergang von (b) zu (c) liegt die Freigabe für den Serienproduktionsstart (SOP: Start of Production, Job No. 1).[1] An diesem Zeitpunkt beginnt die Serienproduktion des endgültigen, auf den Kunden zugeschnittenen Produkts.

Kennzeichen der „Anlaufphase“ im Vergleich zur „Phase der stabilen Produktion“ ist häufig eine geringere Produktqualität, eine niedrigere tägliche Produktionsmenge sowie ein für den Fertigungsprozess erhöhter Bedarf an Arbeitskräften und Material.

Ziel des Anlaufmanagements ist es, die termingerechte Verfügbarkeit aller Bauteile für den Serienanlauf eines Produkts sicherzustellen, den Serienanlauf zu verkürzen (Time-to-Market), die Situation der Termine sowie den Reifegrad des Produkts transparenter zu gestalten und die Anlaufkosten auf ein Minimum zu reduzieren.

Ein besonderes Augenmerk liegt beim Anlaufmanagement auf den logistischen Anforderungen in der Serienfertigung.[2]

Eine übliche Vorgehensweise besteht darin, die Anlaufphase einer Serienproduktion formal als spezielle Deployment-Projektphase eines Projektmanagements zu determinieren, um so den Prozess des Produktionsanlaufs im Projektmanagementrahmen genau vorplanen zu können und um für ungewollte Abweichungen beim Anlauf Reserveszenarien bereithalten zu können.

Während der Entstehung eines neuen Produkts geht das Anlaufmanagement mit einer Vielzahl an Geschäftsprozessen einher. Hauptsächlich geht es dabei um das Abschließen und die Implementierung von Zulieferverträgen bezüglich Rohstoffe, Halbzeuge, ergänzende Komponenten und Betriebsstoffe für die Produktion eines Produkts und vorangehend seiner Prototypen, aber auch um Dienstleistungen, die damit verbunden sind.

Operativer Aspekt des Anlaufmanagements im Produktentstehungsprozess

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Im Produktentstehungsprozess umfasst das Anlaufmanagement, operativ gesehen, die Aufgabenfelder „Anlaufstrategie“, „Anlaufplanung“, „Anlauforganisation“ und „Anlaufsteuerung“.[3] Die Produktentstehung oder auch Produkterstellung „…ist der gesamte Prozess, der abläuft, bis ein Produkt genutzt wird…“.[3] „Das Projektmanagement begleitet den gesamten Produktentstehungsprozess „PEP“ von der Kundenanfrage bis zur Projektübergabe an die Produktion“.[3]

Anlaufstrategie

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Als Anlaufstrategie wird eine generelle Methode auf Unternehmensebene bezeichnet, die den grundsätzlichen Standpunkt bezüglich der verschiedenen Anläufe eines Unternehmens auf lange Sicht definiert.[4] Die Strategie dient primär der Erreichung der Hauptzielgrößen Qualität, Kosten und Zeit innerhalb der einzelnen Anläufe.[4]

Wesentliches Merkmal der Anlaufplanung ist die Entwicklung eines technologischen Konzeptes für das Produktionssystem einerseits und eines organisatorischen Ablaufschemas andererseits.[4] Dazu werden sowohl Meilensteine als auch messbare Kennzahlen über alle Dekompositionsstufen hinweg definiert.[4]

Anlauforganisation

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Die Anlauforganisation setzt sich aus einer speziell für den Serienanlauf definierten Aufbauorganisation und einer entsprechenden Ablauforganisation zusammen.[4] Dabei muss die Anlauforganisation mit den individuellen Organisationsformen des Unternehmens vereinbar sein.[4]

Anlaufsteuerung

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Der Begriff „Anlaufsteuerung“ weist eine überwiegend implizite Begriffsverwendung auf.[4] Die Systemtheorie definiert den Begriff der Steuerung als „Vorgang in einem System, bei dem eine oder mehrere variable Größen als Eingangsgrößen andere variable Größen als Ausgangsgrößen aufgrund der dem System zugehörigen Gesetzmäßigkeiten beeinflussen“.[4] Im Anlaufkontext soll durch diese Maßnahme der Produktionsanlauf unter Berücksichtigung seiner vielfältigen Randbedingungen beherrscht und eine erhebliche Verkürzung erreicht werden.[4]

Beeinflussungsgrößen der Anlaufkurve

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Es gibt eine Vielzahl von Beeinflussungsgrößen innerhalb des Anlaufmanagements, die die Anlaufkurve beeinflussen und verändern:

Optimierungspotenziale für das Anlaufmanagement

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Eine engere Verzahnung von Entwicklung mit Einkauf, Fertigung, Montage und so weiter bei den Werken, Lieferanten und weiteren im Produktentwicklungsprozess führt zu einer steileren und gleichmäßigeren Anlaufkurve, die die einzelnen Phasen stabiler miteinander verbindet. Dadurch kann eine sehr gute Qualität der Produkte von Serienbeginn an sichergestellt werden. Dieses führt zu einer Reduzierung der Rückrufe und Kosten des Produktes.

Notizen zur Historie

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Nachdem das Verständnis des Anlaufmanagements zunächst überwiegend durch Fragestellungen aus der Automobilindustrie geprägt war, erstreckt sich die Betrachtung mehr und mehr auch auf andere Branchen sowie auf Zusammenhänge, welche aus dem Zusammenwirken mehrerer Unternehmen entstehen.

Allgemein:

  • R. Schmitt: Anlaufmanagement – Begriffe und Definitionen. Apprimus Wissenschaftsverl., Aachen 2015, ISBN 978-3-86359-345-2. (Download-PDF)
  • H. Wildemann: Anlaufmanagement: Leitfaden zur Verkürzung der Hochlaufzeit und Optimierung der An- und Auslaufphase von Produkten, Anlagen und Dienstleistungen. (= Leitfaden / Transfer-Centrum für Produktions-Logistik und Technologiemanagement; Bd. 76). 21. Aufl., TCW-Verlag, München 2022, ISBN 978-3-934155-52-7.
  • R. Bischoff: Anlaufmanagement – Schnittstelle zwischen Projekt und Serie. (= Konstanzer Managementschriften; Bd. 2) / S. Götte (Hrsg.). HTWG Konstanz, Konstanz 2007, ISBN 978-3-939638-03-2.


Spezielle Themen:

  • U. Gross: Organisationstheoretische Aspekte des Produktionsanlaufs von Neuprodukten. Diss. Techn. Hochsch. Aachen, Aachen 2012.
  • T. Laick: Hochlaufmanagement – Sicherer Produktionshochlauf durch zielorientierte Gestaltung und Lenkung des Produktionsprozesssystems. Dissertation. FBK Produktionstechnische Berichte, Kaiserslautern 2003.
  • S. v. Wangenheim: Planung und Steuerung des Serienanlaufs komplexer Produkte – Dargestellt am Beispiel der Automobilindustrie. Dissertation. Peter Lang, Frankfurt am Main 1998.
  • J. Risse: Time-to-Market Management in der Automobilindustrie – Ein Gestaltungsrahmen für ein logistikorientiertes Anlaufmanagement. Dissertation. Hochschulschrift, Berlin 2002.
  • D. Fitzek: Anlaufmanagement in Netzwerken – Grundlagen, Erfolgsfaktoren und Gestaltungsempfehlungen für die Automobilindustrie. Haupt, Bern 2006.
  • C. Stich: Produktionsplanung in der Automobilindustrie – Optimierung des Ressourceneinsatzes im Serienanlauf. Dissertation. Kölner Wissenschaftsverlag, Köln 2007.
  • G. Schuh, W. Stölzle, F. Straube (Hrsg.): Anlaufmanagement in der Automobilindustrie erfolgreich umsetzen – Ein Leitfaden für die Praxis. Springer, Berlin 2008.
  • M. Homuth: Unternehmensübergreifende Steuerung des Serienanlaufs in Produktionsnetzwerken. Shaker, Aachen 2008.

Einzelnachweise

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  1. a b R. Schmitt: Anlaufmanagement – Begriffe und Definitionen. Apprimus Wissenschaftsverl., Aachen 2015, ISBN 978-3-86359-345-2, S. 7. (Download-PDF)
  2. H.-C. Pfohl, K. Gareis: Die Rolle der Logistik in der Anlaufphase. In: ZfB – Zeitschrift für Betriebswirtschaft. 70. Jg., H. 11 (2000), S. 1189–1214.
  3. a b c R. Schmitt: Anlaufmanagement – Begriffe und Definitionen. Apprimus Wissenschaftsverl., Aachen 2015, ISBN 978-3-86359-345-2, S. 2. (Download-PDF)
  4. a b c d e f g h i R. Schmitt: Anlaufmanagement – Begriffe und Definitionen. Apprimus Wissenschaftsverl., Aachen 2015, ISBN 978-3-86359-345-2, S. 3 f. (Download-PDF)