Zum Inhalt springen

„Kippscher Apparat“ – Versionsunterschied

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
[ungesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Änderungen von 2.247.248.167 (Diskussion) rückgängig gemacht (HG) (3.4.6)
Markierung: Zurücksetzung
 
(64 dazwischenliegende Versionen von 47 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Kipp Apparat.jpg|mini|Ein leerer Kippscher Apparat aus Glas mit Hahn und Gärröhrchen]]
Ein '''Kippscher Apparat''' ist ein Gerät um im Labormaßstab Gase genau in der benötigten Menge aus der Reaktion eines Festkörpers mit einer Flüssigkeit zu erzeugen, in der der Festkörper sich nicht auflöst.
[[Datei:Kipp apparatus.jpg|mini|Prinzipieller Aufbau (gefüllter Apparat)]]
Mit einem '''Kippschen Apparat''' können verschiedene [[Gas]]e zum Gebrauch im Labor hergestellt werden. Die Gase entstehen in der benötigten Menge direkt aus der chemischen [[Chemische Reaktion|Reaktion]] eines Festkörpers mit einer Flüssigkeit.


Das Gerät wurde vom [[Delft]]er [[Apotheker]] [[Jacobus Petrus Kipp]] um [[1860]] erfunden und fand in Laboratorien und für chemische Demonstrationen in [[Schule]]n bis weit in die zweite Hälfte des [[20. Jahrhundert]]s Verwendung.
Das Gerät wurde von dem [[Delft]]er [[Apotheker]] [[Petrus Jacobus Kipp]] (1808–1864) Anfang der 1840er-Jahre erfunden und 1844 veröffentlicht.<ref>Kipp, Tijdschrift voor Handel en Nijverheid, Band 1, 1844, S. 100–102, 229–230.</ref> Der Apparat fand in Laboratorien und für chemische Demonstrationen in [[Schule]]n bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Verwendung.<ref name="ABC Chemie">''Brockhaus ABC Chemie'', VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1965, S. 676.</ref> Seither wird es kaum mehr verwendet, da es alle gängigen Gase auch in kleinen [[Gasflasche]]n zu kaufen gibt. Diese Gase sind reiner und vor allem im Gegensatz zu den im Kippschen Apparat erzeugten Gasen trockener.


== Aufbau und Funktionsweise ==
Seither wird es kaum mehr verwendet, da es alle gängigen Gase auch in kleinen [[Kartusche]]n zu kaufen gibt. Diese Gase sind reiner und vor allem im Gegensatz zu den im Kippschen Apparat erzeugten Gasen trocken.
Der Kippsche Apparat besteht aus drei übereinander angeordneten Glasballons. Der obere hat oben eine Öffnung, die oft mit einem [[Gärröhrchen]] verschlossen wird, und unten ein Steigrohr, das bis nahe an den Boden des untersten Glasballons reicht. Der obere Ballon ist abnehmbar und muss gasdicht auf den mittleren Ballon aufgesetzt werden, der seitlich ein Rohr mit [[Absperrhahn|Sperrhahn]] zum Entnehmen des Gases besitzt und mit dem unteren Ballon verschmolzen ist.<ref name=Meyendorf>Gerhard Meyendorf: ''Laborgeräte und Chemikalien'', Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1965, S.&nbsp;112–113.</ref>


Der mittlere Ballon ist vom unteren durch ein Sieb oder ähnliches getrennt, sodass kein festes Material in den unteren Ballon fallen, Gas und Flüssigkeit aber übertreten können. Hier wird festes Material in Stücken oder [[Metallspan|Spänen]] eingefüllt.
==Aufbau und Funktionsweise==
Der Kippsche Apparat besteht aus drei übereinanderliegenden Glasballons. Der obere Ballon hat oben eine Öffnung, die mit einem Gärröhrchen verschlossen wird und unten ein Steigrohr, das bis nahe an den Boden des untersten Glasballons reicht. Der obere Ballon ist abnehmbar und muss gasdicht auf den mittleren Ballon aufgesetzt werden, der seitlich ein Rohr mit [[Sperrhahn]] zum Entnehmen des Gases besitzt und mit dem unteren Ballon verschmolzen ist.


Anschließend wird der obere Ballon aufgesetzt und bei geschlossenem Hahn mit der passenden Reaktionslösung gefüllt. Da der mittlere Ballon ein geschlossenes System bildet, fließt zunächst nur wenig Flüssigkeit in den unteren Ballon und wird vom Luftdruck daran gehindert, bis in den mittleren Ballon zu steigen.
In den unteren Teil des mittleren Ballons wird das betreffende feste Material in Stücken oder [[Späne]]n eingefüllt und dann der obere Ballon eingesetzt. Bei geöffnetem Hahn wird dann die passende Reaktionslösung durch den oberen Ballon eingefüllt, bis sie das feste Material bedeckt, aber so, dass sie den Hahn nicht erreicht.


Die Gasentwicklung lässt sich nun starten, indem man den Hahn öffnet: Die Reaktionslösung steigt jetzt in den mittleren Ballon hoch und bei Kontakt mit dem eingesetzten Feststoff beginnt die chemische Reaktion.
Bei geöffnetem Hahn findet die Reaktion statt, es entsteht das gewünschte Gas und kann über den Sperrhahn entnommen werden. Wird der Sperrhahn geschlossen, so wird noch weiter Gas produziert, das nun zu einer Druckerhöhung im Apparat führt. Durch den [[Druck]] wird die Flüssigkeit durch den unteren Ballon und das Steigrohr in den oben gelegenen Vorratsbehälter gedrückt und die [[Reaktion]] kommt zum Stillstand, sobald die Flüssigkeit den Feststoff nicht mehr erreicht. Wird der Hahn wieder geöffnet, sinkt der Druck, die Flüssigkeit steigt wieder und bedeckt den Feststoff, die Reaktion setzt wieder ein.


Wird der Sperrhahn geschlossen, so läuft diese zunächst weiter. Das entstehende Gas kann aber nicht mehr entweichen und führt daher zu einer [[Druck (Physik)|Druckerhöhung]] im Apparat. Dadurch wird die Flüssigkeit durch den unteren Ballon und das Steigrohr in den oben gelegenen Vorratsbehälter zurückgedrückt. Die Reaktion kommt zum Stillstand, sobald die Flüssigkeit den Feststoff nicht mehr erreicht. Wird der Hahn wieder geöffnet, sinkt der Druck, die Flüssigkeit steigt wieder und bedeckt den Feststoff. Die Reaktion setzt erneut ein und Gas kann entnommen werden.
==Beispiele für erzeugbare Gase und ihre Ausgangsstoffe==
*[[Wasserstoff]] ([[Zink]]späne und [[Salzsäure]])
*[[Kohlenstoffdioxid]] ([[Marmor]]stücke und Salzsäure)
*[[Schwefelwasserstoff]] ([[Eisen(II)-sulfid]] und Salzsäure)
*[[Ethin]] ([[Kalziumkarbid]] und [[Wasser]])


Voraussetzung für die Nutzung des Kippschen Apparates ist, dass die benutzte Festsubstanz nicht in der benutzten Flüssigkeit löslich ist.
[[Kategorie:Laborgerät]]


== Beispiele für erzeugbare Gase und ihre Ausgangsstoffe ==
[[en:Kipp's apparatus]]
* [[Wasserstoff]] ([[Zink]]späne und [[Salzsäure]])
* [[Kohlenstoffdioxid]] ([[Marmor]]stücke und Salzsäure)
* [[Schwefelwasserstoff]] ([[Eisen(II)-sulfid]] und Salzsäure)
* [[Schwefeldioxid]] ([[Natriumhydrogensulfit]] und [[Schwefelsäure]])<ref name="ABC Chemie" />
* [[Ethin]] ([[Calciumcarbid]] und [[Wasser]])
* [[Chlor]] (Salzsäure und [[Kaliumpermanganat]] oder [[Mangandioxid|Braunstein]])
* [[Chlorwasserstoff]] ([[Ammoniumchlorid]] und Schwefelsäure)
* [[Ammoniak]] ([[Ammoniumsulfat]] oder [[Ammoniumchlorid]] und konzentrierte [[Natronlauge]])

== Weblinks ==
* [http://mattson.creighton.edu/History_Gas_Chemistry/Kipps.html Kipp's apparatus] – ausführliche Erläuterung der Funktion mit Bildern und Quellenangaben (englisch)

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Laborgerät]]

Aktuelle Version vom 12. März 2019, 14:58 Uhr

Ein leerer Kippscher Apparat aus Glas mit Hahn und Gärröhrchen
Prinzipieller Aufbau (gefüllter Apparat)

Mit einem Kippschen Apparat können verschiedene Gase zum Gebrauch im Labor hergestellt werden. Die Gase entstehen in der benötigten Menge direkt aus der chemischen Reaktion eines Festkörpers mit einer Flüssigkeit.

Das Gerät wurde von dem Delfter Apotheker Petrus Jacobus Kipp (1808–1864) Anfang der 1840er-Jahre erfunden und 1844 veröffentlicht.[1] Der Apparat fand in Laboratorien und für chemische Demonstrationen in Schulen bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts Verwendung.[2] Seither wird es kaum mehr verwendet, da es alle gängigen Gase auch in kleinen Gasflaschen zu kaufen gibt. Diese Gase sind reiner und vor allem im Gegensatz zu den im Kippschen Apparat erzeugten Gasen trockener.

Aufbau und Funktionsweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Kippsche Apparat besteht aus drei übereinander angeordneten Glasballons. Der obere hat oben eine Öffnung, die oft mit einem Gärröhrchen verschlossen wird, und unten ein Steigrohr, das bis nahe an den Boden des untersten Glasballons reicht. Der obere Ballon ist abnehmbar und muss gasdicht auf den mittleren Ballon aufgesetzt werden, der seitlich ein Rohr mit Sperrhahn zum Entnehmen des Gases besitzt und mit dem unteren Ballon verschmolzen ist.[3]

Der mittlere Ballon ist vom unteren durch ein Sieb oder ähnliches getrennt, sodass kein festes Material in den unteren Ballon fallen, Gas und Flüssigkeit aber übertreten können. Hier wird festes Material in Stücken oder Spänen eingefüllt.

Anschließend wird der obere Ballon aufgesetzt und bei geschlossenem Hahn mit der passenden Reaktionslösung gefüllt. Da der mittlere Ballon ein geschlossenes System bildet, fließt zunächst nur wenig Flüssigkeit in den unteren Ballon und wird vom Luftdruck daran gehindert, bis in den mittleren Ballon zu steigen.

Die Gasentwicklung lässt sich nun starten, indem man den Hahn öffnet: Die Reaktionslösung steigt jetzt in den mittleren Ballon hoch und bei Kontakt mit dem eingesetzten Feststoff beginnt die chemische Reaktion.

Wird der Sperrhahn geschlossen, so läuft diese zunächst weiter. Das entstehende Gas kann aber nicht mehr entweichen und führt daher zu einer Druckerhöhung im Apparat. Dadurch wird die Flüssigkeit durch den unteren Ballon und das Steigrohr in den oben gelegenen Vorratsbehälter zurückgedrückt. Die Reaktion kommt zum Stillstand, sobald die Flüssigkeit den Feststoff nicht mehr erreicht. Wird der Hahn wieder geöffnet, sinkt der Druck, die Flüssigkeit steigt wieder und bedeckt den Feststoff. Die Reaktion setzt erneut ein und Gas kann entnommen werden.

Voraussetzung für die Nutzung des Kippschen Apparates ist, dass die benutzte Festsubstanz nicht in der benutzten Flüssigkeit löslich ist.

Beispiele für erzeugbare Gase und ihre Ausgangsstoffe

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Kipp's apparatus – ausführliche Erläuterung der Funktion mit Bildern und Quellenangaben (englisch)

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Kipp, Tijdschrift voor Handel en Nijverheid, Band 1, 1844, S. 100–102, 229–230.
  2. a b Brockhaus ABC Chemie, VEB F. A. Brockhaus Verlag Leipzig 1965, S. 676.
  3. Gerhard Meyendorf: Laborgeräte und Chemikalien, Volk und Wissen Volkseigener Verlag Berlin, 1965, S. 112–113.