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„Tangens und Kotangens“ – Versionsunterschied

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en:Tangens
Bnottelm (Diskussion | Beiträge)
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{{Begriffsklärungshinweis|Weitere Bedeutungen werden unter [[Tangens (Begriffsklärung)]] aufgeführt}}
'''Tangens und Kotangens''' sind [[trigonometrische Funktion]]en und spielen in der [[Mathematik]] und ihren Anwendungsgebieten eine herausragende Rolle.
[[Datei:Tangent-plot.svg|mini|Schaubild der Tangensfunktion (Argument <math>x</math> im [[Bogenmaß]])]]
[[Datei:Cotangent.svg|mini|Schaubild der Kotangensfunktion (Argument <math>x</math> im Bogenmaß)]]
'''Tangens''' und '''Kotangens''' sind [[trigonometrische Funktion]]en und spielen in der [[Mathematik]] und ihren Anwendungsgebieten eine herausragende Rolle. Der Tangens des [[Winkel]]s <math>x</math> wird mit <math>\tan x</math> bezeichnet, der Kotangens des Winkels <math>x</math> mit <math>\cot x </math>. In älterer Literatur findet man auch die Schreibweisen <math>\operatorname{tg} x</math> für den Tangens und <math>\operatorname{ctg} x</math> für den Kotangens.


== Geschichte ==
Schreibweise:
Ersten Gebrauch der Tangensfunktion machte der persische Mathematiker [[Abu l-Wafa|Abu al-Wafa]] (940–998). Die Bezeichnung „Tangens“ wurde 1583 vom Mathematiker [[Thomas Finck (Mathematiker)|Thomas Finck]] eingeführt. Die Bezeichnung „Kotangens“ entwickelte sich aus ''complementi tangens'', also Tangens des [[Komplementärwinkel]]s.<ref>Josef Laub (Hrsg.): ''Lehrbuch der Mathematik für die Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen. 2. Band''. 2. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1977, ISBN 3-209-00159-6, S. 223.</ref>


== Definitionen ==
:{|cellpadding=5
=== Definition am rechtwinkligen Dreieck ===
|--
[[Datei:RechtwinkligesDreieck.svg|mini|hochkant=1.2|Ein rechtwinkliges Dreieck, mit Bezeichnungen der drei Seiten bezogen auf einen variablen Winkel α am Punkt A und einen rechten Winkel am Punkt C]]
|'''Tangens:'''
|<math>f(x) = \tan x \,</math>
|--
|'''Kotangens:'''&nbsp;&nbsp;&nbsp;
|<math>f(x) = \cot x \,</math>
|}


In einem [[Rechtwinkliges Dreieck|rechtwinkligen Dreieck]] hängt das Verhältnis der [[Rechtwinkliges Dreieck#Bezeichnungen|Katheten]] nur vom Maß eines der beiden spitzen Winkel ab ([[Ähnlichkeitssätze|S:W:S-Ähnlichkeitssatz]]). Auf dieser Eigenschaft basiert die Definition von Tangens und Kotangens im rechtwinkligen Dreieck: Dort ist der ''Tangens'' eines [[Winkel]]s das Längenverhältnis von Gegenkathete (die dem Winkel gegenüberliegende) zur Ankathete (die dem Winkel anliegende Kathete):<ref>{{Literatur |Titel=Basiswissen Schule Mathematik, 5. bis 10. Klasse |Auflage=4. |Verlag=Duden Schulbuchverlag |Ort= |Datum=2010 |ISBN=978-3-411-71504-6 |Seiten=196 |Abruf=}}</ref>
== Definition ==
:<math> \tan \alpha = \frac{\text{Gegenkathete}}{\text{Ankathete}} </math>
[[Bild:Trigonometrie.svg|thumb|150px|Definition am Einheitskreis]]
Die Funktionen haben ihren Namen durch die Definition im Einheitskreis. Die Funktionswerte entsprechen der Länge eines Tangentenabschnitts:


Der ''Kotangens'' des Winkels ist das umgekehrte Verhältnis, also das Längenverhältnis von Ankathete zu Gegenkathete:
:<math>\overline{DT} = \tan b \qquad\qquad \overline{EK} = \cot b</math>


:<math>\cot \alpha = \frac{\text{Ankathete}}{\text{Gegenkathete}}</math>
[[Bild:RechtwinkligesDreieck.png|right|250px|Ein rechtwinkliges Dreieck]]
In einem rechtwinkligen [[Dreieck]] ist der Tangens eines [[Winkel (Geometrie)|Winkels]] <math>\alpha</math> das Längenverhältnis von Gegen[[kathete]] zu Ankathete und der Kotangens das Längenverhältnis von Ankathete zu Gegen[[kathete]]:


Mit den für Dreiecke üblichen Bezeichnungen der Seitenlängen (siehe Abbildung) lesen sich diese Gleichungen als
:<math>
\tan \alpha=\frac{l_{\rm GK}}{l_{\rm AK}}=\frac{a}{b}
\qquad\qquad
\cot \alpha=\frac{l_{\rm AK}}{l_{\rm GK}} = \frac{b}{a}
</math>


:<math> \tan \alpha = \frac{a}{b} \quad </math> und <math> \quad \cot \alpha = \frac{b}{a} </math>
Daraus folgt unmittelbar:


Aus der Definition am rechtwinkligen Dreieck folgt unmittelbar
:<math> \tan\alpha=\frac{1}{\cot\alpha} </math>
: <math>\cot\alpha = \frac{1}{\tan\alpha} \quad</math>und <math>\quad \tan\alpha = \frac{1}{\cot\alpha} </math>


sowie
sowie
: <math>\tan\alpha = \cot\beta = \cot(90^\circ-\alpha)</math>
Wegen <math>\sin \alpha = a/c</math> und <math>\cos \alpha = b/c</math> (Definitionen von [[Sinus und Kosinus#Definition am rechtwinkligen Dreieck|Sinus und Kosinus im rechtwinkligen Dreieck]]) lassen sich Tangens und Kotangens mithilfe von Sinus und Kosinus schreiben:


: <math>\tan\alpha = \cot\beta = \cot(90^\circ-\alpha).</math>
:<math>\tan \alpha = \frac{\sin \alpha}{\cos \alpha} \quad</math>und <math>\quad \cot \alpha = \frac{\cos \alpha}{\sin \alpha}</math>.


=== Definition am Einheitskreis ===
== Eigenschaften ==
[[Datei:Trigonomatric-functions.svg|mini|hochkant=1.2|Tangens und Kotangens als Längen von Tangentenabschnitten:<br /><math>\overline{DT} = \tan b\ ;\ \overline{EK} = \cot b</math>]]
Die Definition von Tangens und Kotangens am Einheitskreis basiert auf der [[Sinus und Kosinus#Definition am Einheitskreis|Definition von Sinus und Kosinus am Einheitskreis]]. Mit den entsprechenden Definitionen für Sinus und Kosinus sind der Tangens und der Kotangens einfach definiert als die Verhältnisse<ref>{{Literatur |Autor=Steffen Goebbels, Stefan Ritter |Titel=Mathematik verstehen und anwenden: Differenzial- und Integralrechnung, Lineare Algebra |Auflage=4. |Verlag=Springer |Ort=Berlin / Heidelberg |Datum=2023 |ISBN=978-3-662-68366-8 |Seiten=129 |Abruf=}}</ref>


:<math>\tan \alpha = \frac{\sin \alpha}{\cos \alpha} \quad</math>und<math>\quad \cot \alpha = \frac{\cos \alpha}{\sin \alpha}</math>,
=== Verlauf ===
{|
|[[Bild:Tan.png|thumb|300px|Graph der Tangensfunktion]]
|[[Bild:Cot.png|thumb|300px|Graph der Kotangensfunktion]]
|}


wobei der Nenner jeweils nicht null sein darf (siehe [[Division durch null]]).
=== Definitionsbereich ===
:{|cellpadding=5
|--
|'''Tangens:'''
|<math>-\infty < x < +\infty\,;\,x\ne\left(\frac{1}{2}+ n\right)\cdot\pi;n \in \mathbb{Z}</math>
|--
|'''Kotangens:'''&nbsp;&nbsp;&nbsp;
|<math>-\infty < x < +\infty\, ; \, x \ne n \cdot \pi\, ;\, n \in \mathbb{Z}</math>
|}


Geometrisch lassen sich Tangens und Kotangens als Strecken am Einheitskreis deuten:<ref>{{Literatur |Autor=[[Richard Courant]] |Titel=Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung. Band 1 |Auflage=4. |Verlag=Springer |Ort=Berlin / Heidelberg |Datum=1971 |ISBN=978-3-540-05466-5 |Seiten=19 |Abruf=}}</ref> Zieht man durch den Schnittpunkt des Einheitskreises mit der <math>x</math>-Achse (Punkt <math>D</math>) eine Tangente, so schneidet diese den zum Winkel <math>b</math> gehörigen Strahl <math>OP</math> in einem Punkt <math>T</math>. Der Tangens von <math>b</math> ist dann die Länge des Tangentenabschnitts <math>[DT]</math>. Entsprechend schneidet die Kreistangente, die durch den Schnittpunkt des Kreises mit der <math>y</math>-Achse verläuft (Punkt <math>E</math>), den Strahl in einem Punkt <math>K</math>, und der Kotangens von <math>b</math> ist die Länge des entsprechenden Tangentenabschnitts ''<math>[EK]</math>.'' Die Eigenschaft von Tangens und Kotangens als Längen von ''(Kreis-)Tangenten'' erklärt die Wahl des Namens ''Tangens''.
=== Wertebereich ===

:<math>-\infty < f(x) \,< +\infty</math>
=== Analytische Definition ===
Sinus und Kosinus können auch auf einer [[axiom]]atischen Basis behandelt werden (siehe [[Sinus und Kosinus#Analytische Definition|Sinus und Kosinus]]), weshalb für den Tangens und Kotangens das Gleiche gilt. [[Komplexe Zahl|Komplexe]] Argumente werden durch analytische Definition ermöglicht. Dabei gilt eine [[Surjektiv]]ität von Sinus und Kosinus als [[komplexwertige Funktion]]. Daraus resultierend sind Tangens und Kotangens als komplexwertige Funktion ebenso [[surjektiv]].

==== Beziehung zu Taylorreihen ====
Tangens und Kotangens können als Quotienten von je zwei [[Taylorreihe]]n dargestellt werden. Beruhend auf diesen Reihen lassen sich auch [[Arkustangens und Arkuskotangens]] als Quotienten von je zwei Taylorreihen darstellen (siehe [[#Reihenentwicklung|Reihenentwicklung]]).

==== Beziehung zur Exponentialfunktion ====
Tangens und Kotangens sind als [[trigonometrische Funktion]]en eng mit der [[Exponentialfunktion]] verbunden, wie auch der [[Sinus und Kosinus|Sinus, Kosinus]], [[Sekans und Kosekans]], wobei aus
: <math>\begin{align}
\mathrm{e}^{\mathrm{i}x}
&= \sum^{\infty}_{k=0}\frac{(\mathrm{i}x)^k}{k!}
= \sum^{\infty}_{l=0}\frac{(\mathrm{i}x)^{2l}}{(2l)!}
+ \sum^{\infty}_{l=0}\frac{(\mathrm{i}x)^{2l+1}}{(2l+1)!} \\
&= \underbrace{\sum^{\infty}_{l=0}(-1)^l \frac{x^{2l}}{(2l)!}}_{\cos x}
+ \mathrm{i} \underbrace{\sum^{\infty}_{l=0} (-1)^l \frac{x^{2l+1}}{(2l+1)!}}_{\sin x} \\
\mathrm{e}^{\mathrm{i}x}
&= \cos x + \mathrm{i} \sin x \\
\rightarrow \sin x
&= \frac{\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} - \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x}}{2\mathrm{i}}
\rightarrow \csc x = \frac{2\mathrm{i}}{\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} - \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x}} \\
\rightarrow \cos x
&= \frac{\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} + \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x}}{2}
\rightarrow \sec x = \frac{2}{\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} + \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x}} \\
\end{align}</math>

für den Tangens mit <math>\tan x = \tfrac{\sin x}{\cos x}</math> und Kotangens mit <math>\cot x = \tfrac{\cos x}{\sin x}</math>
: <math>\begin{align}
\tan x
& = -\mathrm{i}\ \frac{\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} - \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x}}{ \mathrm{e}^{\mathrm{i}x} + \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x} } \\
\cot x
&= +\mathrm{i} \ \frac{ \mathrm{e}^{\mathrm{i}x} + \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x} }{\mathrm{e}^{\mathrm{i}x} - \mathrm{e}^{-\mathrm{i}x}}\\
\end{align}</math>

resultiert.

=== Formal – mit Definitions- und Wertebereich ===
Formal kann die Tangensfunktion mittels der [[Sinus und Kosinus|Sinus- und Kosinusfunktionen]] durch
: <math>\tan\colon D_{\tan}\to W</math> mit <math>\tan x := \frac{\sin x}{\cos x}</math>

definiert werden, wobei der Wertebereich <math>W</math> je nach Anwendung die [[Reelle Zahlen|reellen Zahlen]] <math>\R</math> oder die [[Komplexe Zahlen|komplexen Zahlen]] <math>\Complex</math> sind. Um zu verhindern, dass der Nenner <math>\cos x</math> Null wird, werden beim Definitionsbereich <math>D_{\tan}</math> die [[Nullstelle]]n der Cosinus-Funktion [[Definitionslücke|weggelassen]]:
: <math>D_{\tan} = \R\setminus\Big\{k\pi + \frac \pi 2\;\Big|\;k\in\mathbb Z\Big\}</math>
im Reellen bzw.

: <math>D_{\tan} = \Complex\setminus\Big\{k\pi + \frac \pi 2\;\Big|\;k\in\mathbb Z\Big\}</math>
im Komplexen.

Der Kotangens kann analog dazu durch
: <math>\cot\colon D_{\cot}\to W</math> mit <math>\cot x := \frac{\cos x}{\sin x}</math>

definiert werden, wobei sich für dessen Definitionsbereich
: <math>D_{\cot} = \R\setminus\{k\pi\mid k\in\mathbb Z\}</math>

im Reellen bzw.
:<math>D_{\cot} = \Complex\setminus\{k\pi\mid k\in\mathbb Z\}</math>

im Komplexen ergibt, wenn gewährleistet werden soll, dass der Nenner <math>\sin x</math> ungleich Null ist.

Für den gemeinsamen Definitionsbereich von <math>\tan</math> und <math>\cot</math>
: <math>\mathbb C\setminus\Big\{\frac{k\pi}2\;\Big|\;k\in\mathbb Z\Big\}</math>

gilt
: <math>\cot x = \frac 1{\tan x}.</math>

== Eigenschaften ==
[[Datei:Einheitskreis mit Tangensfunktion.gif|mini|hochkant=1.5|Entstehung der Tangensfunktion aus der Winkelbewegung im Einheitskreis]]


=== Periodizität ===
=== Periodizität ===
:Periodenlänge <math>\pi</math> : <math>f(x+\pi) = f(x) \,</math>
Der Tangens und der Kotangens sind [[periodische Funktion]]en mit der Periode <math>\pi</math>, es gilt also <math>\tan(x+\pi) = \tan x</math>.


=== Monotonie ===
=== Monotonie ===
Der Tangens ist in jedem Intervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden [[#Polstellen|Polstellen]] streng monoton steigend.<br />
Der Kotangens ist in jedem Intervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Polstellen streng monoton fallend.


=== Symmetrien ===
Tangens: Im jeweiligen Intervall streng monoton steigend.
Tangens und Kotangens sind punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung:
: <math>\tan(-x) = -\tan x</math>
: <math>\cot(-x) = -\cot x</math>


=== Ableitungen ===
Kotangens: Im jeweiligen Intervall streng monoton fallend.
Bei der Ableitung von Tangens und Kotangens tauchen die ansonsten eher wenig gebräuchlichen trigonometrischen Funktionen [[Sekans und Kosekans]] auf. Beide Funktionen sind beliebig oft differenzierbar.


{| class="wikitable"
=== Symmetrien ===
!
Punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung:
! Tangens
:<math>\tan(-x) = -\tan x \qquad\qquad \cot(-x) = -\cot x</math>
! Kotangens
|-
|<math>f</math>
| <math>\tan x</math>
| <math>\cot x</math>
|-
|<math>f'</math>
| <math>\sec^2 x</math>
| <math>-\csc^2 x</math>
|-
|<math>f''</math>
| <math>2\sec^2 x \tan x</math>
| <math>2\csc^2 x \cot x</math>
|-
|<math>f'''</math>
| <math>4\sec^2 x \tan^2 x + 2\sec^4 x</math>
| <math>-2\csc^2 x \left(\csc^2 x + 2\cot^2 x\right)</math>
|}
Die <math>n</math>-ten Ableitungen lassen sich mit der [[Polygammafunktion]] ausdrücken:
: <math>\frac{\mathrm{d}^n}{\mathrm{d}x^n}\tan x = \frac{\psi_n(\tfrac12+\tfrac{x}{\pi})-(-1)^n\,\psi_n(\tfrac12-\tfrac{x}{\pi})}{\pi^{n+1}}</math>
: <math>\frac{\mathrm{d}^n}{\mathrm{d}x^n}\cot x = \frac{(-1)^n\,\psi_n(1-\tfrac{x}{\pi})-\psi_n(\tfrac{x}{\pi})}{\pi^{n+1}}</math>

=== Stammfunktionen ===
; Tangens:
: <math>\int \tan x \, \mathrm dx = -\ln|{\cos x}| + C</math> &nbsp;&nbsp; mit &nbsp; <math>x \ne (2k +1)\frac{\pi}{2}</math> &nbsp; <math>(k \in \mathbb{Z})</math>

; Kotangens:
: <math>\int \cot x\, \mathrm dx = \ln|{\sin x}| + C</math> &nbsp;&nbsp; mit &nbsp; <math>x \ne k\pi </math> &nbsp; <math> (k \in \mathbb{Z})</math>


=== Nullstellen ===
=== Nullstellen ===
:{|cellpadding=5
{| cellpadding="5"
|--
|-
|'''Tangens:'''
| '''Tangens:'''
|<math>x = n \cdot \pi\ ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|<math>x = n \cdot \pi\, ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|--
|-
|'''Kotangens:'''&nbsp;&nbsp;&nbsp;
| '''Kotangens:'''&nbsp;&nbsp;&nbsp;
|<math>x = \left(\frac{1}{2} + n\right) \cdot \pi\, ;\, n \in \mathbb{Z}</math>
|<math>x = \left(\frac{1}{2} + n\right) \cdot \pi\, ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|}
|}


=== Polstellen ===
=== Polstellen ===
:{|cellpadding=5
{| cellpadding="5"
|--
|-
|'''Tangens:'''
| '''Tangens:'''
|<math>x = \left(\frac{1}{2} + n\right) \cdot \pi\ ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|<math>x = \left(\frac{1}{2} + n\right) \cdot \pi\, ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|--
|-
|'''Kotangens:'''&nbsp;&nbsp;&nbsp;
| '''Kotangens:'''&nbsp;&nbsp;&nbsp;
|<math>x = n \cdot \pi\ ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|<math>x = n \cdot \pi\, ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|}
|}


=== Wendepunkte ===
=== Wendestellen ===
:{|cellpadding=5
{| cellpadding="5"
|--
|-
|'''Tangens:'''
| '''Tangens:'''
|<math>x = n \cdot \pi\ ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|<math>x = n \cdot \pi\, ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|--
|-
|'''Kotangens:'''&nbsp;&nbsp;&nbsp;
| '''Kotangens:'''&nbsp;&nbsp;&nbsp;
|<math>x = \left(\frac{1}{2} + n\right) \cdot \pi\ ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|<math>x = \left(\frac{1}{2} + n\right) \cdot \pi\, ;\quad n \in \mathbb{Z}</math>
|}
|}


Weder die Tangensfunktion noch die Kotangensfunktion haben Asymptoten, Sprungstellen oder Extrema
Sowohl die Tangensfunktion als auch die Kotangensfunktion haben [[Asymptote]]n, aber weder Sprungstellen noch Extrema.


== Wichtige Funktionswerte ==
== Wichtige Funktionswerte ==
{| class="wikitable"
{| {{prettytable}}
! Tangens
! Tangens
! Kotangens
! Kotangens
! Ausdruck
! Ausdruck
! Wert
! num. Wert
|--
|-
| <math>\tan0^\circ</math>
| <math>\tan0^\circ</math>
| <math>\cot90^\circ</math>
| <math>\cot90^\circ</math>
| <math>0\,</math>
| <math>0</math>
| 0
| 0
|--
|-
| <math>\tan15^\circ</math>
| <math>\cot75^\circ</math>
| <math>2 - \sqrt3</math>
| 0,2679491…
|-
| <math>\tan18^\circ</math>
| <math>\cot72^\circ</math>
| <math>\sqrt{1-\textstyle\frac25\sqrt5}</math>
| 0,3249196…
|-
| <math>\tan22{,}5^\circ</math>
| <math>\cot67{,}5^\circ</math>
| <math>\sqrt2-1</math>
| 0,4142135…
|-
| <math>\tan30^\circ</math>
| <math>\tan30^\circ</math>
| <math>\cot60^\circ</math>
| <math>\cot60^\circ</math>
| <math>\frac1{\sqrt3}</math>
| <math>1/\sqrt3</math>
| 0,5773502…
| &asymp; 0,577
|--
|-
| <math>\tan36^\circ</math>
| <math>\cot54^\circ</math>
| <math>\sqrt{5-2\sqrt5}</math>
| 0,7265425…
|-
| <math>\tan45^\circ</math>
| <math>\tan45^\circ</math>
| <math>\cot45^\circ</math>
| <math>\cot45^\circ</math>
| <math>1\,</math>
| <math>1</math>
| 1
| 1
|--
|-
| <math>\tan60^\circ</math>
| <math>\tan60^\circ</math>
| <math>\cot30^\circ</math>
| <math>\cot30^\circ</math>
| <math>\sqrt3</math>
| <math>\sqrt3</math>
| 1,7320508…
| &asymp; 1,732
|--
|-
| <math>\tan90^\circ</math>
| <math>\tan67{,}5^\circ</math>
| <math>\cot0^\circ</math>
| <math>\cot22{,}5^\circ</math>
| <math>\infty\,</math>
| <math>\sqrt2+1</math>
| 2,4142135…
| <math>\infty\,</math>
|}
|-
| <math>\tan75^\circ</math>
| <math>\cot15^\circ</math>
| <math>2 + \sqrt3</math>
| 3,7320508…
|-
| <math>\lim_{\alpha \nearrow 90^\circ} \tan\alpha</math>
| <math>\lim_{\alpha \searrow 0^\circ} \cot\alpha</math>
| <math>+\infty\,</math>
| Polstelle
|}<ref>Für den größten gemeinsamen Teiler <math>1{,}5^\circ = \tfrac{\pi}{120}</math> dieser Winkel gilt:
: <math>\begin{align}
\tan 1{,}5^\circ
&= \tan \frac{\pi}{120} = -2+3\sqrt{2}/2-3\sqrt{3}/2-\sqrt{5}+\sqrt{2} \sqrt{3}+\sqrt{2} \sqrt{5}-\sqrt{3} \sqrt{5}/2+\sqrt{2} \sqrt{3} \sqrt{5}/2 \\
&\quad + \left(-15/2+5 \sqrt{2}-5 \sqrt{3}-7\sqrt{5}/2+5\sqrt{2} \sqrt{3}/2+5\sqrt{2} \sqrt{5}/2-2 \sqrt{3} \sqrt{5}+\sqrt{2} \sqrt{3} \sqrt{5}\right)\sqrt{1-2\sqrt{5}/5} \\
&= 0{,}0261859\ldots
\end{align}</math></ref>


== Umkehrfunktion ==
== Umkehrfunktionen ==
{{Hauptartikel|Arkustangens und Arkuskotangens}}
Durch passende [[Einschränkung (Mathematik)|Einschränkung]] der Definitionsbereiche erhält man eine [[Bijektivität|Bijektion]]
Durch passende [[Einschränkung (Mathematik)|Einschränkung]] der Definitionsbereiche erhält man folgende [[Bijektivität|Bijektionen]]:


;Tangens:
; Tangens:
:<math>\tan:\,(-\pi/2,\,\pi/2)\to\R</math>.
: <math>\tan\colon\left(-\frac{\pi}2,\,\frac{\pi}2\right)\to\R</math>
Ihre [[Umkehrfunktion]]
:<math>\operatorname{arctan}:\R\to\,(-\pi/2,\,\pi/2)</math>
heißt [[Arkustangens]] und ist folglich ebenfalls bijektiv.


Die [[Umkehrfunktion]]
;Kotangens:
:<math>\cot:\,(0,\,\pi)\to\R</math>.
: <math>\arctan\colon\R\to\left(-\frac{\pi}2,\,\frac{\pi}2\right)</math>
Ihre [[Umkehrfunktion]]
:<math>\operatorname{arccot}:\R\to\,(0,\,\pi)</math>
heißt [[Arkuskotangens]] und ist folglich ebenfalls bijektiv.


heißt ''Arkustangens'' und ist folglich ebenfalls bijektiv.
== Reihenentwicklung ==
'''Tangens:'''


; Kotangens:
Die [[Taylorreihe]] mit dem Entwicklungspunkt <math>x = 0</math> ([[MacLaurinsche Reihe]]) lautet
: <math>\cot\colon ]0,\,\pi[ \to\R</math>
:<math>
\tan x=x+\frac13 x^3+\frac{2}{15}x^5+\frac{17}{315}x^7+\cdots \;=\;
\sum_{n=1}^\infty \frac{2^{2n} \cdot \left(2^{2n} -1\right)}{(2n)!} \cdot B_n \cdot x^{2n - 1}
</math>


Die Umkehrfunktion
Dabei sind mit <math>B_n</math> die [[Bernoulli-Zahlen]] bezeichnet.
: <math>\arccot\colon\R\to ]0,\,\pi[</math>


heißt ''Arkuskotangens'' und ist folglich ebenfalls bijektiv.
'''Kotangens:'''


== Asymptoten ==
Der Anfang der [[Laurent-Reihe]] lautet:
Aus den [[Einseitiger Grenzwert|einseitigen Grenzwerten]]
:<math> \cot x = \frac{1}{x} - \frac{1}{3}x - \frac{1}{45}x^3 - \frac{2}{945}x^5 - \frac{1}{4725}x^7 - \dots</math> für <math>0 < |x| < \pi </math>
: <math>\lim_{x\,\uparrow \, \pi/2} \tan x = +\infty </math> &nbsp; und <math>\lim_{x\,\downarrow \, -\pi/2} \tan x = -\infty </math>
Die so genannte [[Partialbruchzerlegung]] des Kotangens lautet
: <math>\pi\cot\pi x=\frac1x+\sum_{k=1}^\infty\left(\frac1{x+k}+\frac1{x-k}\right)=\frac1x+\sum_{k=1}^\infty\frac{2x}{x^2-k^2}</math> für <math>x\in\mathbb C\setminus\mathbb Z</math>.


bzw.
== Ableitung ==
: <math>\lim_{x\downarrow 0} \cot x = +\infty</math> &nbsp; und &nbsp; <math>\lim_{x\uparrow \pi} \cot x = -\infty</math>


leiten sich die Grenzwerte
Bei der Ableitung von Tangens und Kotangens tauchen die ansonsten eher wenig gebräuchlichen trigonometrischen Funktionen [[Sekans und Kosekans]] auf:
: <math>\lim_{y \to +\infty} \arctan y = \tfrac{\pi}2</math> &thinsp; und <math>\lim_{y \to -\infty} \arctan y = -\tfrac{\pi}2 </math>


bzw.
;Tangens:
:<math>\frac{\mathrm d}{\mathrm dx}\tan x = 1 + \tan^2 x = \frac{1}{\cos^2 x}=\sec^2 x</math>
: <math>\lim_{y \to +\infty} \arccot y = 0</math> &thinsp; und &thinsp; <math>\lim_{y \to -\infty} \arccot y = \pi</math>
;Kotangens:
:<math>\frac{\mathrm d}{\mathrm dx}\cot x = -1 - \cot^2 x = -\frac1{\sin^2x}=- \csc^2 x</math>


her. Somit kann man nach der Einschränkung auf die Intervalle <math>\left(-\tfrac{\pi}2,\tfrac{\pi}2\right)</math> &nbsp; bzw. &nbsp; <math>(0,\pi)</math> die Definitionsbereiche wenigstens um die Endpunkte <math>-\tfrac{\pi}2,\,\tfrac{\pi}2</math> bzw. <math>0,\,\pi</math> der Intervalle wieder erweitern und unter Anpassung der Wertebereiche die beiden Funktionen [[Stetige Fortsetzung|stetig fortsetzen]] zu
== Integral ==
: <math>\widetilde{\tan} \colon \left[-\tfrac{\pi}2,\,\tfrac{\pi}2\right] \to \overline{\R}</math>


bzw.
;Tangens:
:<math>\int \tan (ax)\ \mathrm dx = - \frac{\ln|\cos (ax)|}{a}</math>
: <math>\widetilde{\cot} \colon [0,\,\pi]\to \overline{\R}</math>
;Kotangens:
:<math>\int \cot (ax)\ \mathrm dx = \frac{\ln|\sin (ax)|}{a}</math>


mit <math>\overline{\R} := \R\cup\{+\infty,-\infty\}</math> als den [[Erweiterte reelle Zahl|erweiterten reellen Zahlen]].
== Beziehungen zu anderen Funktionen ==


Die so [[Erweiterte Funktion|erweiterten Funktionen]] sind ebenfalls stetig umkehrbar.
;Tangens:
:<math>\tan x = {\sin x \over\cos x}</math>
;Kotangens:
:<math>\cot x = {\cos x \over\sin x}</math>


== Additionstheoreme ==
== Reihenentwicklung ==
[[Datei:Tangent one period.svg|hochkant|mini|Tangens für <math>|x| < \pi/2 </math> (im [[Bogenmaß]])]]


=== Tangens ===
Die Additionstheoreme für Tangens und Kotangens lauten
Die [[Taylorreihe]] mit dem Entwicklungspunkt <math>x = 0</math> ([[Maclaurinsche Reihe]]) lautet für <math>|x|<\tfrac{\pi}{2}\colon</math><ref>[[Milton Abramowitz]], [[Irene Stegun]]: ''[[Abramowitz-Stegun|Handbook of Mathematical Functions]]''. Dover Publications, New York 1964, ISBN 0-486-61272-4, {{Webarchiv |url=http://www.math.hkbu.edu.hk/support/aands/page_75.htm |text='''4.3.67.''' |wayback=20090331205949}}</ref>
: <math>\tan(x \pm y)=\frac{\tan x \pm \tan y}{1 \mp \tan x\tan y} \qquad \cot(x \pm y)=\frac{\cot x\cot y \mp 1}{\cot y \pm \cot x}</math>
: <math>\begin{align}
Eine symmetrische Formulierung lautet: Genau dann gilt
\tan x &= \sum_{n=1}^\infty \frac{(-1)^{n-1} \cdot 2^{2n} \cdot \left(2^{2n} -1\right) \cdot B_{2n}}{(2n)!} x^{2n - 1} = \sum_{n=1}^\infty \frac{2^{2n+1}}{\pi^{2n}} \cdot \lambda(2n) \cdot x^{2n - 1} \\
: <math>\tan x+\tan y+\tan z=\tan x \tan y \tan z \,</math> bzw. <math>\cot x \cot y+\cot y \cot z+\cot z \cot x=1 \,</math>
&= x+\frac13 x^3+\frac{2}{15} x^5+\frac{17}{315} x^7+\frac{62}{2835} x^9+\frac{1382}{155925}x^{11}+\dotsb
wenn <math>x+y+z</math> ein Vielfaches von <math>\pi</math> ist.
\end{align}</math>

Dabei sind mit <math>B_n</math> die [[Bernoulli-Zahlen]] und mit <math>\lambda(x)</math> die [[Dirichletsche Lambda-Funktion]] bezeichnet.

Aus der Reihendarstellung folgt für <math>0<x<\tfrac \pi 2</math>:
# <math>\tan x > x</math> und
# <math>\frac{\tan x}{x}</math> ist streng monoton steigend mit <math>\lim_{x\to 0}\frac{\tan x}{x}=1</math>.

Ersetzt man in der Reihendarstellung <math>x</math> durch <math>\tfrac 1 x</math>, ergibt sich für <math>x>\tfrac 2 \pi</math>:
: <math>x\tan \tfrac 1 x</math> ist streng monoton fallend und <math> \lim_{x\to \infty}x\tan \tfrac 1 x=1</math>.

=== Kotangens ===
Die [[Laurent-Reihe]] lautet für <math>0<|x|<\pi</math><ref>[[Milton Abramowitz]], [[Irene Stegun]]: ''[[Abramowitz-Stegun|Handbook of Mathematical Functions]]''. Dover Publications, New York 1964, ISBN 0-486-61272-4, {{Webarchiv |url=http://www.math.hkbu.edu.hk/support/aands/page_75.htm |text='''4.3.70.''' |wayback=20090331205949}}</ref>
: <math>\begin{align}
\cot x &= \sum_{n=0}^\infty (-1)^n\frac{2^{2n} B_{2n}}{(2n)!} x^{2n - 1} \\
&= \frac 1x - \frac 13 x - \frac 1{45} x^3 - \frac 2{945} x^5 - \frac 1{4725} x^7 - \frac 2{93555} x^9 - \dotsb
\end{align}</math>

Damit hat man für <math>\frac{1}{x} - \cot x</math> im Konvergenzbereich <math>-\pi < x <\pi</math> die Taylor-Reihe
: <math>\frac{1}{x} - \cot x = -\mathrm{i} \, L( \mathrm{i} x) = \sum_{n=1}^\infty \frac{2}{\pi^{2n}} \cdot \zeta(2n) \cdot x^{2n - 1}</math>,

wobei <math>L</math> die [[Langevin-Funktion]] bezeichnet. Die {{Anker|Partialbruchzerlegung}}[[Partialbruchzerlegung]] des Kotangens lautet für <math>x\in\mathbb C\setminus\mathbb Z</math>
:<math>\begin{align}
\pi\cot(\pi x) &= \frac1x+\sum_{k=1}^\infty\left(\frac1{x+k}+\frac1{x-k}\right) \\
&= \frac1x+\sum_{k=1}^\infty\frac{2x}{x^2-k^2}.
\end{align}</math>

Die Partialbruchzerlegung des Kotangens stammt von [[Leonhard Euler]] (§&nbsp;178 [[Introductio in analysin infinitorum]], 1748) und wurde als eines seiner schönsten Resultate bezeichnet.<ref>Aigner, Ziegler, Das Buch der Beweise, Springer 2018, S. 207</ref> Ein einfacher Beweis benutzt den [[Gustav Herglotz|Herglotz]]-Trick.<ref>Dargestellt in Aigner, Ziegler, Das Buch der Beweise, 2018, S. 207 ff., Kapitel 26</ref><ref>Jürgen Elstrodt, Partialbruchzerlegung des Kotangens, Herglotz-Trick und die Weierstraßsche stetige, nirgends differenzierbare Funktion, Mathematische Semesterberichte, Band 45, 1998, S. 207–220</ref> Eine Folgerung aus der Formel ist die Ableitung der Werte der [[Riemannsche Zetafunktion|Riemannschen Zetafunktion]] an den geraden natürlichen Zahlen.

== Komplexes Argument ==
: <math>\tan(x + \mathrm{i} \!\cdot\! y) = \frac{ \sin(2x)}{\cos(2x) + \cosh(2y)} + \mathrm{i} \; \frac{\sinh(2y)}{\cos(2x) + \cosh(2y)}</math> &nbsp;&nbsp;mit <math>x,y \in \mathbb{R}</math>
: <math>\cot(x + \mathrm{i} \!\cdot\! y) = \frac{-\sin(2x)}{\cos(2x) - \cosh(2y)} + \mathrm{i} \; \frac{\sinh(2y)}{\cos(2x) - \cosh(2y)}</math> &nbsp;&nbsp;mit <math>x,y \in \mathbb{R}</math>

== Darstellung des Sinus und Kosinus mithilfe des (Ko-)Tangens ==
Die Auflösung der Identitäten
: <math>\frac{1}{\sin^2 x} = 1+\cot^2 x</math>
: <math>\frac{1}{\cos^2 x} = 1+\tan^2 x</math>

nach <math>\sin x</math> bzw. <math>\cos x</math> ergibt bei Beschränkung auf den ersten Quadranten
:<math>\sin x = \frac{1}{\sqrt{1+\cot^2 x}}</math> für <math>0<x\le \tfrac{\pi}{2}</math>,
:<math>\cos x = \frac{1}{\sqrt{1+\tan^2 x}}</math> für <math>0\le x<\tfrac{\pi}{2}</math>.

Die etwas komplizierteren Erweiterungen auf ganz <math>\R</math> lassen sich entweder kompakt als [[Grenzwert (Funktion)|Grenzwert]] mit Hilfe der [[Floor-Funktion]] <math>x\mapsto\lfloor x \rfloor</math> oder elementarer mittels abschnittsweise definierter Funktionen darstellen:
:<math>\sin x = \lim_{t\to x} \frac{(-1)^{\left\lfloor\frac{t}{\pi}\right\rfloor}}{\sqrt{1+\cot^2 t}}\; =
\begin{cases}
\frac{ 1}{\sqrt{1+\cot^2 x}}, & \text{wenn } \exists k\in\Z\colon\;2k\pi<x<(2k+1)\pi \\
\frac{-1}{\sqrt{1+\cot^2 x}}, & \text{wenn } \exists k\in\Z\colon\;(2k-1)\pi<x<2k\pi \\
0, & \text{wenn } \exists k\in\Z\colon\;x=k\pi
\end{cases}</math>
:<math>\cos x = \lim_{t\to x} \frac{(-1)^{\left\lfloor\frac{t}{\pi}+\frac{1}{2}\right\rfloor}}{\sqrt{1+\tan^2 t}} =
\begin{cases}
\frac{ 1}{\sqrt{1+\tan^2 x}}, & \text{wenn } \exists k\in\Z\colon\;(4k-1)\frac{\pi}{2}<x<(4k+1)\frac{\pi}{2} \\
\frac{-1}{\sqrt{1+\tan^2 x}}, & \text{wenn } \exists k\in\Z\colon\;(4k+1)\frac{\pi}{2}<x<(4k+3)\frac{\pi}{2} \\
0, & \text{wenn } \exists k\in\Z\colon\;x=(2k+1)\frac{\pi}{2}
\end{cases}</math>


== Rationale Parametrisierung ==
== Rationale Parametrisierung ==
Der Tangens des halben Winkels kann dazu verwendet werden, verschiedene trigonometrische Funktionen durch rationale Ausdrücke zu beschreiben: Ist <math>t = \tan\frac\alpha2</math>, so ist
: <math>\sin\alpha = \frac{2t}{1+t^2},\quad\cos\alpha = \frac{1-t^2}{1+t^2},\quad\tan\alpha = \frac{2t}{1-t^2}.</math>


Der Tangens des halben Winkels kann dazu verwendet werden, verschiedene trigonometrische Funktionen durch rationale Ausdrücke zu beschreiben: Ist <math>t=\tan\frac\alpha2</math>, so ist
: <math>\sin\alpha=\frac{2t}{1+t^2},\quad\cos\alpha=\frac{1-t^2}{1+t^2},\quad\tan\alpha=\frac{2t}{1-t^2}.</math>
Insbesondere ist
Insbesondere ist
: <math>\R\to\R^2,\quad t\mapsto\left(\frac{1-t^2}{1+t^2},\frac{2t}{1+t^2}\right)</math>
: <math>\R\to\R^2,\quad t\mapsto\left(\frac{1-t^2}{1+t^2},\frac{2t}{1+t^2}\right)</math>

eine Parametrisierung des Einheitskreises mit Ausnahme des Punktes <math>(-1,0)</math> (der dem Parameter <math>t=\infty</math> entspricht). Einem Parameterwert <math>t</math> entspricht dabei der zweite Schnittpunkt der Verbindungsgeraden von <math>(-1,0)</math> und <math>(1,2t)</math> mit dem Einheitskreis.
eine Parametrisierung des Einheitskreises mit Ausnahme des Punktes <math>(-1,0)</math> (der dem Parameter <math>t = \infty</math> entspricht). Einem Parameterwert <math>t</math> entspricht dabei der zweite Schnittpunkt der [[Verbindungsgerade]]n von <math>(-1,0)</math> und <math>(1,2t)</math> mit dem Einheitskreis (s.&nbsp;a. [[Einheitskreis#Rationale Parametrisierung]]).

== Additionstheoreme ==
Die Additionstheoreme für Tangens und Kotangens lauten:
: <math>\tan(x \pm y) = \frac{\tan x \pm \tan y}{1 \mp \tan x\tan y}\,, \qquad \cot(x \pm y) = \frac{\cot x\cot y \mp 1}{\cot y \pm \cot x}.</math>

Aus den Additionstheoremen folgt insbesondere für doppelte Winkel:
: <math>\tan(2x) = \frac{2\tan x}{1-\tan^{2}x}\,,\qquad\cot(2x) = \frac{\cot^{2}x-1}{2\cot x}.</math>


== Anwendung: Tangens und Steigungswinkel ==
== Anwendung: Tangens und Steigungswinkel ==
[[Datei:Steigung in Prozent.png|mini|Beispiel für eine Steigung]]
Der Tangens liefert eine wichtige Kennzahl für [[lineare Funktion|lineare Funktionen]]: Jede lineare Funktion <math>f:\R\to\R,\;x\mapsto mx + c</math> besitzt als [[Funktionsgraph|Graphen]] eine Gerade. Der Tangens des Winkels zwischen der [[Gerade]]n und der [[Abszisse|x-Achse]] entspricht genau der ''Steigung'' <math>m</math> der Geraden, d.&nbsp;h. <math>m = \tan\,\alpha</math>
Der Tangens liefert eine wichtige Kennzahl für [[lineare Funktion]]en: Jede lineare Funktion
: <math>f\colon\R\to\R,\;x\mapsto mx + c</math>

besitzt als [[Funktionsgraph|Graphen]] eine Gerade. Der Tangens des (orientierten) Winkels <math>\alpha</math> zwischen der positiven <math>x</math>-Achse und der [[Gerade]]n ist die [[Steigung]] <math>m</math> der Geraden, d.&nbsp;h. <math>m = \tan\,\alpha</math>. Dabei ist es egal, welche der beiden Halbgeraden man als zweiten Schenkel wählt.

Auch unter der [[Gradiente#Maßeinheit und Berechnung|''Steigung einer Straße'']] versteht man den Tangens des Steigungswinkels. Das Beispiel im Bild rechts zeigt eine Steigung von 10 % entsprechend einem Steigungswinkel von etwa 5,7° mit dem Tangens von 0,1.

== Anwendung in der Physik ==
Tangens und Kotangens können benutzt werden, um die zeitliche Abhängigkeit der [[Geschwindigkeit]] beim Wurf eines Körpers nach oben zu beschreiben, wenn für den [[Strömungswiderstand]] der Luft eine [[turbulente Strömung]] angesetzt wird ([[Newtonsches Reibungsgesetz|Newton-Reibung]]). Das Koordinatensystem werde so gelegt, dass die Ortsachse nach oben zeigt. Für die Geschwindigkeit gilt dann eine Differenzialgleichung der Form <math>\dot{v} = -g - k v^2</math> mit der [[Schwerebeschleunigung]] <math>g</math> und einer Konstanten <math>k > 0</math>. Dann ergibt sich:
: <math>v(t) = v_g \cdot \cot\left(\sqrt{gk}t + c \right) \quad\text{mit}\quad c = \arccot \frac{v(0)}{v_g} > 0</math>,


wobei <math>v_g = \sqrt{\tfrac{g}{k}}</math> die Grenzgeschwindigkeit ist, die beim [[Fall mit Luftwiderstand]] erreicht wird. Wegen der oben angegebenen engen Zusammenhänge zwischen Kotangens und Tangens kann man diese zeitliche Abhängigkeit auch genauso gut mit Hilfe des Tangens ausdrücken:
Bei ''negativer Steigung'' (<math>m<0</math>) gilt: <math>m = -\tan\alpha</math>
: <math>v(t) = -v_g \cdot \tan\left(\sqrt{gk}t - c'\right) \quad\text{mit}\quad c' = \arctan \frac{v(0)}{v_g} > 0</math>


Diese Lösung gilt, bis der Körper den höchsten Punkt seiner Bahn erreicht hat (also wenn <math>v = 0</math> ist, das heißt für <math>t = \tfrac{\pi/2 - c}{\sqrt{gk}} = \tfrac{c'}{\sqrt{gk}}</math>), daran anschließend muss man den [[Tangens hyperbolicus]] verwenden, um den folgenden [[Fall mit Luftwiderstand]] zu beschreiben.
Die als [[Steigung]] einer Straße angegebene Prozentzahl ist der Tangens des Steigungswinkels.


== Differentialgleichung ==
== Differentialgleichung ==
Der Tangens ist eine Lösung der [[Riccati-Gleichung|Riccatischen Differentialgleichung]]
Der Tangens ist eine Lösung der [[Riccati-Gleichung]]
:<math>w' = 1+w^2</math>.
:<math>w' = 1+w^2</math>.


Faktorisiert man die rechte Seite, so erhält man
Faktorisiert man die rechte Seite, so erhält man
:<math>w' = 1+w^2= (w+\mathrm i)(w-\mathrm i)</math>
:<math>w' = 1+w^2 = (w+\mathrm i)(w-\mathrm i)</math>

mit der [[imaginäre Einheit|imaginären Einheit]] <math>\mathrm i</math>. Der Tangens (als komplexe Funktion) hat die [[Satz von Picard|Picardschen]] Ausnahmewerte <math>\mathrm i</math>, <math>-\mathrm i</math>: Diese Werte werden niemals angenommen, da die konstanten Funktionen <math>\mathrm i</math> und <math>-\mathrm i</math> Lösungen der Differentialgleichung sind und der Existenz- und Eindeutigkeitssatz ausschließt, dass zwei Lösungen durch denselben Punkt gehen.
mit der [[Imaginäre Einheit|imaginären Einheit]] <math>\mathrm i</math>. Der Tangens (als komplexe Funktion) hat die Ausnahmewerte <math>\mathrm i</math>, <math>-\mathrm i</math>: Diese Werte werden niemals angenommen, da die konstanten Funktionen <math>\mathrm i</math> und <math>-\mathrm i</math> Lösungen der Differentialgleichung sind und der Existenz- und Eindeutigkeitssatz ausschließt, dass zwei verschiedene Lösungen an derselben Stelle denselben Wert besitzen.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Sinus und Kosinus]]
*[[Umrechnungstabelle (Trigonometrie)]]
* [[Sekans und Kosekans]]
*[[Trigonometrische Funktion]]
* [[Formelsammlung Trigonometrie]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Tangent function|Tangensfunktion}}
{{Wiktionary|tan}}
{{Wiktionary|tan}}
{{Wikiversity|Kurs:Mathematik für Elektrotechnik/elementare Funktionen#Tangens und Kotangens|Tangens und Kotangens}}

== Einzelnachweise ==
<references />


{{Navigationsleiste Trigonometrische Funktionen}}
{{Navigationsleiste Trigonometrische Funktionen}}


[[Kategorie:Trigonometrie]]
[[Kategorie:Trigonometrische Funktion]]
[[Kategorie:Trigonometrische Funktion]]

[[da:Tangens]]
[[en:Tangens]]
[[et:Tangens]]
[[nl:tangens]]
[[pl:Tangens]]
[[sv:Tangens]]
[[zh:&#20999;&#32447;]]

Aktuelle Version vom 2. Juli 2025, 09:19 Uhr

Schaubild der Tangensfunktion (Argument im Bogenmaß)
Schaubild der Kotangensfunktion (Argument im Bogenmaß)

Tangens und Kotangens sind trigonometrische Funktionen und spielen in der Mathematik und ihren Anwendungsgebieten eine herausragende Rolle. Der Tangens des Winkels wird mit bezeichnet, der Kotangens des Winkels mit . In älterer Literatur findet man auch die Schreibweisen für den Tangens und für den Kotangens.

Ersten Gebrauch der Tangensfunktion machte der persische Mathematiker Abu al-Wafa (940–998). Die Bezeichnung „Tangens“ wurde 1583 vom Mathematiker Thomas Finck eingeführt. Die Bezeichnung „Kotangens“ entwickelte sich aus complementi tangens, also Tangens des Komplementärwinkels.[1]

Definition am rechtwinkligen Dreieck

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Ein rechtwinkliges Dreieck, mit Bezeichnungen der drei Seiten bezogen auf einen variablen Winkel α am Punkt A und einen rechten Winkel am Punkt C

In einem rechtwinkligen Dreieck hängt das Verhältnis der Katheten nur vom Maß eines der beiden spitzen Winkel ab (S:W:S-Ähnlichkeitssatz). Auf dieser Eigenschaft basiert die Definition von Tangens und Kotangens im rechtwinkligen Dreieck: Dort ist der Tangens eines Winkels das Längenverhältnis von Gegenkathete (die dem Winkel gegenüberliegende) zur Ankathete (die dem Winkel anliegende Kathete):[2]

Der Kotangens des Winkels ist das umgekehrte Verhältnis, also das Längenverhältnis von Ankathete zu Gegenkathete:

Mit den für Dreiecke üblichen Bezeichnungen der Seitenlängen (siehe Abbildung) lesen sich diese Gleichungen als

und

Aus der Definition am rechtwinkligen Dreieck folgt unmittelbar

und

sowie

Wegen und (Definitionen von Sinus und Kosinus im rechtwinkligen Dreieck) lassen sich Tangens und Kotangens mithilfe von Sinus und Kosinus schreiben:

und .

Definition am Einheitskreis

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Tangens und Kotangens als Längen von Tangentenabschnitten:

Die Definition von Tangens und Kotangens am Einheitskreis basiert auf der Definition von Sinus und Kosinus am Einheitskreis. Mit den entsprechenden Definitionen für Sinus und Kosinus sind der Tangens und der Kotangens einfach definiert als die Verhältnisse[3]

und,

wobei der Nenner jeweils nicht null sein darf (siehe Division durch null).

Geometrisch lassen sich Tangens und Kotangens als Strecken am Einheitskreis deuten:[4] Zieht man durch den Schnittpunkt des Einheitskreises mit der -Achse (Punkt ) eine Tangente, so schneidet diese den zum Winkel gehörigen Strahl in einem Punkt . Der Tangens von ist dann die Länge des Tangentenabschnitts . Entsprechend schneidet die Kreistangente, die durch den Schnittpunkt des Kreises mit der -Achse verläuft (Punkt ), den Strahl in einem Punkt , und der Kotangens von ist die Länge des entsprechenden Tangentenabschnitts . Die Eigenschaft von Tangens und Kotangens als Längen von (Kreis-)Tangenten erklärt die Wahl des Namens Tangens.

Analytische Definition

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Sinus und Kosinus können auch auf einer axiomatischen Basis behandelt werden (siehe Sinus und Kosinus), weshalb für den Tangens und Kotangens das Gleiche gilt. Komplexe Argumente werden durch analytische Definition ermöglicht. Dabei gilt eine Surjektivität von Sinus und Kosinus als komplexwertige Funktion. Daraus resultierend sind Tangens und Kotangens als komplexwertige Funktion ebenso surjektiv.

Beziehung zu Taylorreihen

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Tangens und Kotangens können als Quotienten von je zwei Taylorreihen dargestellt werden. Beruhend auf diesen Reihen lassen sich auch Arkustangens und Arkuskotangens als Quotienten von je zwei Taylorreihen darstellen (siehe Reihenentwicklung).

Beziehung zur Exponentialfunktion

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Tangens und Kotangens sind als trigonometrische Funktionen eng mit der Exponentialfunktion verbunden, wie auch der Sinus, Kosinus, Sekans und Kosekans, wobei aus

für den Tangens mit und Kotangens mit

resultiert.

Formal – mit Definitions- und Wertebereich

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Formal kann die Tangensfunktion mittels der Sinus- und Kosinusfunktionen durch

mit

definiert werden, wobei der Wertebereich je nach Anwendung die reellen Zahlen oder die komplexen Zahlen sind. Um zu verhindern, dass der Nenner Null wird, werden beim Definitionsbereich die Nullstellen der Cosinus-Funktion weggelassen:

im Reellen bzw.

im Komplexen.

Der Kotangens kann analog dazu durch

mit

definiert werden, wobei sich für dessen Definitionsbereich

im Reellen bzw.

im Komplexen ergibt, wenn gewährleistet werden soll, dass der Nenner ungleich Null ist.

Für den gemeinsamen Definitionsbereich von und

gilt

Entstehung der Tangensfunktion aus der Winkelbewegung im Einheitskreis

Der Tangens und der Kotangens sind periodische Funktionen mit der Periode , es gilt also .

Der Tangens ist in jedem Intervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Polstellen streng monoton steigend.
Der Kotangens ist in jedem Intervall zwischen zwei aufeinanderfolgenden Polstellen streng monoton fallend.

Tangens und Kotangens sind punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung:

Bei der Ableitung von Tangens und Kotangens tauchen die ansonsten eher wenig gebräuchlichen trigonometrischen Funktionen Sekans und Kosekans auf. Beide Funktionen sind beliebig oft differenzierbar.

Tangens Kotangens

Die -ten Ableitungen lassen sich mit der Polygammafunktion ausdrücken:

Stammfunktionen

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Tangens
   mit    
Kotangens
   mit    
Tangens:
Kotangens:   
Tangens:
Kotangens:   
Tangens:
Kotangens:   

Sowohl die Tangensfunktion als auch die Kotangensfunktion haben Asymptoten, aber weder Sprungstellen noch Extrema.

Wichtige Funktionswerte

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Tangens Kotangens Ausdruck num. Wert
0
0,2679491…
0,3249196…
0,4142135…
0,5773502…
0,7265425…
1
1,7320508…
2,4142135…
3,7320508…
Polstelle

[5]

Umkehrfunktionen

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Durch passende Einschränkung der Definitionsbereiche erhält man folgende Bijektionen:

Tangens

Die Umkehrfunktion

heißt Arkustangens und ist folglich ebenfalls bijektiv.

Kotangens

Die Umkehrfunktion

heißt Arkuskotangens und ist folglich ebenfalls bijektiv.

Aus den einseitigen Grenzwerten

  und

bzw.

  und  

leiten sich die Grenzwerte

  und

bzw.

  und  

her. Somit kann man nach der Einschränkung auf die Intervalle   bzw.   die Definitionsbereiche wenigstens um die Endpunkte bzw. der Intervalle wieder erweitern und unter Anpassung der Wertebereiche die beiden Funktionen stetig fortsetzen zu

bzw.

mit als den erweiterten reellen Zahlen.

Die so erweiterten Funktionen sind ebenfalls stetig umkehrbar.

Reihenentwicklung

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Tangens für (im Bogenmaß)

Die Taylorreihe mit dem Entwicklungspunkt (Maclaurinsche Reihe) lautet für [6]

Dabei sind mit die Bernoulli-Zahlen und mit die Dirichletsche Lambda-Funktion bezeichnet.

Aus der Reihendarstellung folgt für :

  1. und
  2. ist streng monoton steigend mit .

Ersetzt man in der Reihendarstellung durch , ergibt sich für :

ist streng monoton fallend und .

Die Laurent-Reihe lautet für [7]

Damit hat man für im Konvergenzbereich die Taylor-Reihe

,

wobei die Langevin-Funktion bezeichnet. Die Partialbruchzerlegung des Kotangens lautet für

Die Partialbruchzerlegung des Kotangens stammt von Leonhard Euler (§ 178 Introductio in analysin infinitorum, 1748) und wurde als eines seiner schönsten Resultate bezeichnet.[8] Ein einfacher Beweis benutzt den Herglotz-Trick.[9][10] Eine Folgerung aus der Formel ist die Ableitung der Werte der Riemannschen Zetafunktion an den geraden natürlichen Zahlen.

Komplexes Argument

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  mit
  mit

Darstellung des Sinus und Kosinus mithilfe des (Ko-)Tangens

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Auflösung der Identitäten

nach bzw. ergibt bei Beschränkung auf den ersten Quadranten

für ,
für .

Die etwas komplizierteren Erweiterungen auf ganz lassen sich entweder kompakt als Grenzwert mit Hilfe der Floor-Funktion oder elementarer mittels abschnittsweise definierter Funktionen darstellen:

Rationale Parametrisierung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Tangens des halben Winkels kann dazu verwendet werden, verschiedene trigonometrische Funktionen durch rationale Ausdrücke zu beschreiben: Ist , so ist

Insbesondere ist

eine Parametrisierung des Einheitskreises mit Ausnahme des Punktes (der dem Parameter entspricht). Einem Parameterwert entspricht dabei der zweite Schnittpunkt der Verbindungsgeraden von und mit dem Einheitskreis (s. a. Einheitskreis#Rationale Parametrisierung).

Additionstheoreme

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Die Additionstheoreme für Tangens und Kotangens lauten:

Aus den Additionstheoremen folgt insbesondere für doppelte Winkel:

Anwendung: Tangens und Steigungswinkel

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Beispiel für eine Steigung

Der Tangens liefert eine wichtige Kennzahl für lineare Funktionen: Jede lineare Funktion

besitzt als Graphen eine Gerade. Der Tangens des (orientierten) Winkels zwischen der positiven -Achse und der Geraden ist die Steigung der Geraden, d. h. . Dabei ist es egal, welche der beiden Halbgeraden man als zweiten Schenkel wählt.

Auch unter der Steigung einer Straße versteht man den Tangens des Steigungswinkels. Das Beispiel im Bild rechts zeigt eine Steigung von 10 % entsprechend einem Steigungswinkel von etwa 5,7° mit dem Tangens von 0,1.

Anwendung in der Physik

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Tangens und Kotangens können benutzt werden, um die zeitliche Abhängigkeit der Geschwindigkeit beim Wurf eines Körpers nach oben zu beschreiben, wenn für den Strömungswiderstand der Luft eine turbulente Strömung angesetzt wird (Newton-Reibung). Das Koordinatensystem werde so gelegt, dass die Ortsachse nach oben zeigt. Für die Geschwindigkeit gilt dann eine Differenzialgleichung der Form mit der Schwerebeschleunigung und einer Konstanten . Dann ergibt sich:

,

wobei die Grenzgeschwindigkeit ist, die beim Fall mit Luftwiderstand erreicht wird. Wegen der oben angegebenen engen Zusammenhänge zwischen Kotangens und Tangens kann man diese zeitliche Abhängigkeit auch genauso gut mit Hilfe des Tangens ausdrücken:

Diese Lösung gilt, bis der Körper den höchsten Punkt seiner Bahn erreicht hat (also wenn ist, das heißt für ), daran anschließend muss man den Tangens hyperbolicus verwenden, um den folgenden Fall mit Luftwiderstand zu beschreiben.

Differentialgleichung

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Der Tangens ist eine Lösung der Riccati-Gleichung

.

Faktorisiert man die rechte Seite, so erhält man

mit der imaginären Einheit . Der Tangens (als komplexe Funktion) hat die Ausnahmewerte , : Diese Werte werden niemals angenommen, da die konstanten Funktionen und Lösungen der Differentialgleichung sind und der Existenz- und Eindeutigkeitssatz ausschließt, dass zwei verschiedene Lösungen an derselben Stelle denselben Wert besitzen.

Commons: Tangensfunktion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: tan – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Josef Laub (Hrsg.): Lehrbuch der Mathematik für die Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schulen. 2. Band. 2. Auflage. Hölder-Pichler-Tempsky, Wien 1977, ISBN 3-209-00159-6, S. 223.
  2. Basiswissen Schule Mathematik, 5. bis 10. Klasse. 4. Auflage. Duden Schulbuchverlag, 2010, ISBN 978-3-411-71504-6, S. 196.
  3. Steffen Goebbels, Stefan Ritter: Mathematik verstehen und anwenden: Differenzial- und Integralrechnung, Lineare Algebra. 4. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2023, ISBN 978-3-662-68366-8, S. 129.
  4. Richard Courant: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung. Band 1. 4. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 1971, ISBN 978-3-540-05466-5, S. 19.
  5. Für den größten gemeinsamen Teiler dieser Winkel gilt:
  6. Milton Abramowitz, Irene Stegun: Handbook of Mathematical Functions. Dover Publications, New York 1964, ISBN 0-486-61272-4, 4.3.67. (Memento vom 31. März 2009 im Internet Archive)
  7. Milton Abramowitz, Irene Stegun: Handbook of Mathematical Functions. Dover Publications, New York 1964, ISBN 0-486-61272-4, 4.3.70. (Memento vom 31. März 2009 im Internet Archive)
  8. Aigner, Ziegler, Das Buch der Beweise, Springer 2018, S. 207
  9. Dargestellt in Aigner, Ziegler, Das Buch der Beweise, 2018, S. 207 ff., Kapitel 26
  10. Jürgen Elstrodt, Partialbruchzerlegung des Kotangens, Herglotz-Trick und die Weierstraßsche stetige, nirgends differenzierbare Funktion, Mathematische Semesterberichte, Band 45, 1998, S. 207–220