„Leopold Kronecker“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Wero (Diskussion | Beiträge) "...die ganzen Zahlen..." |
Weblink ergänzt |
||
(136 dazwischenliegende Versionen von 96 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
⚫ | |||
'''Leopold Kronecker''' (* [[7. Dezember]] [[1823]] in [[Liegnitz]]; † [[29. Dezember]] [[1891]] in [[Berlin]]) war |
'''Leopold Kronecker''' (* [[7. Dezember]] [[1823]] in [[Legnica|Liegnitz]]; † [[29. Dezember]] [[1891]] in [[Berlin]]) war ein deutscher [[Mathematiker]]. |
||
⚫ | |||
⚫ | |||
Seine wohlhabende Familie sicherte ihm eine unbeschwerte Jugend. [[1841]] begann er das Studium der Philosophie an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Universität Berlin]] und besuchte während des Studiums ein breitgefächertes Spektrum an Vorlesungen in Mathematik, Naturwissenschaften, Philosophie und klassischer Philologie. |
|||
Leopold Kronecker entstammt einer gebildeten und wohlhabenden [[Juden|jüdischen]] Kaufmannsfamilie. Seine Eltern waren Isidor Kronecker und Johanna, geborene Prausnitzer.<ref name="FamiliySearch">{{Internetquelle |url=https://ancestors.familysearch.org/en/KCFH-D8V/leopold-kronecker-1823-1891 |titel=FamilySearch.org |abruf=2024-01-29}}</ref> Der [[Physiologie|Physiologe]] [[Hugo Kronecker]] (1839–1914) war sein Bruder. Er genoss eine vorzügliche Schulbildung, zunächst durch [[Hauslehrer|Privatlehrer]], anschließend am Liegnitzer Gymnasium unter anderem durch seinen Mathematiklehrer, den späteren Universitätsprofessor [[Ernst Eduard Kummer]]. |
|||
1841 begann er das Studium der [[Philosophie]] an der [[Humboldt-Universität zu Berlin|Universität Berlin]] und besuchte währenddessen Vorlesungen in Mathematik, Naturwissenschaften, Philosophie und [[Klassische Philologie|klassischer Philologie]]. Nach kurzen Abstechern an die Universitäten von Bonn und Breslau kehrte er 1844 nach Berlin zurück, wo er 1845 mit seiner Arbeit „De Unitatibus Complexis“ („Über komplexe Einheiten“) zum [[Doktor]] der Philosophie promoviert wurde. Er wurde 1843 Mitglied der ''[[Burschenschaft]] Fridericia Bonn''.<ref>Franz Richarz: ''Mitgliederverzeichnis der Burschenschaft Fridericia zu Bonn (18. Februar 1843 bis Herbst 1847) sowie der Burschenschaft Arminia zu Bonn (1847 bis 1849) und der burschenschaftlichen Verbindung Germania zu Bonn (1843 bis 1849).'' Bonn 1894, S. 12.</ref> Kronecker heiratete Fanny Prausnitzer und hatte mit ihr sechs Kinder.<ref name="FamiliySearch"/> |
|||
[[1845]] promovierte er mit seiner Arbeit "De Unitatibus Complexis" ("Über komplexe Einheiten") zum [[Doktor]] der Philosophie. Danach verließ er die Universität und widmete sich einige Jahre sehr erfolgreich dem Gelderwerb als Geschäftsmann. [[1855]] war er wirtschaftlich unabhängig und kehrte als Privatgelehrter an die Universität Berlin zurück. Zu seinen Schülern zählte [[Georg Cantor]]. |
|||
Danach verließ er die Universität und betätigte sich einige Jahre sehr erfolgreich als Geschäftsmann. 1855 war er wirtschaftlich unabhängig und kehrte als [[Privatgelehrter]] an die Universität Berlin zurück. Zu seinen Schülern zählte unter anderem [[Georg Cantor]]. 1861 wurde Kronecker korrespondierendes Mitglied der Göttinger [[Akademie der Wissenschaften zu Göttingen|Akademie der Wissenschaften]]<ref>Holger Krahnke: ''Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse.'' Folge 3, Band 246 = ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse.'' Folge 3. Band 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 140.</ref> und ordentliches Mitglied der [[Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften|Berliner Akademie der Wissenschaften]]. Einen Ruf auf eine [[Georg-August-Universität Göttingen|Professur in Göttingen]] lehnte er 1868 ab. Er blieb in Berlin und folgte dort 1883 seinem ehemaligen Lehrer Kummer auf dessen Lehrstuhl nach. Unter Mitwirkung von [[Karl Weierstraß|Weierstraß]], [[Hermann von Helmholtz|Helmholtz]], [[Schröter (Familienname)|Schroeter]] und [[Lazarus Immanuel Fuchs|Fuchs]] gab er das von [[Crelle]] begründete [[Journal für Mathematik]] heraus. 1868 wurde er korrespondierendes Mitglied der [[Académie des sciences]] in Paris und 1872 der [[Russische Akademie der Wissenschaften|Russischen Akademie der Wissenschaften]] in [[St. Petersburg]]. Im Jahr 1884 wurde er zum Mitglied der [[Leopoldina]] sowie zum auswärtigen Mitglied der [[Royal Society]]<ref>{{RoyalSocietyUKArchiv|Code=NA6658|AuthorizedFormsOfName=Kronecker, Leopold (1823–1891)}}</ref> gewählt. 1875 wurde er Ehrenmitglied der [[London Mathematical Society]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.lms.ac.uk/sites/default/files/HONORARY%20MEMBERS_0.pdf |titel=Honorary Members |hrsg=London Mathematical Society |format=PDF |abruf=2021-05-13}}</ref> |
|||
⚫ | Seine Forschungen lieferten grundlegende Beiträge zur [[Algebra]] und [[Zahlentheorie]], aber auch zur [[Analysis]] und [[Funktionentheorie]]. Im Laufe der Zeit wurde er Anhänger des [[Finitismus]], ließ nur mathematische Gegenstände gelten, deren Existenz durch explizite |
||
[[Datei:KroneckerGrab.jpg|mini|Grabstätte von Leopold und Fanni Kronecker auf dem [[Alter St.-Matthäus-Kirchhof Berlin|Alten Sankt-Matthäus-Kirchhof]] in [[Berlin-Schöneberg]] (Lage: {{Coordinate |text=/|NS=52.488800|EW=13.366017|type=landmark|region=DE-BE|name=Ruhestätte}})]] |
|||
[[1883]] wurde er als Professor an die Universität Berlin berufen. |
|||
Leopold Kronecker starb am 29. Dezember 1891 an den Folgen einer [[Bronchitis]]. Sein Grab befindet sich auf dem evangelischen [[Alter St. Matthäus-Kirchhof Berlin|Alten St.-Matthäus-Kirchhof]] in Tempelhof-Schöneberg. Es ist seit 1969 als [[Liste der Ehrengräber in Berlin|Ehrengrab der Stadt Berlin]] gewidmet. |
|||
⚫ | |||
== Werk == |
|||
⚫ | Seine Forschungen lieferten grundlegende Beiträge zur [[Algebra]] und [[Zahlentheorie]], aber auch zur [[Analysis]] und [[Funktionentheorie]]. Im Laufe der Zeit wurde er Anhänger des [[Finitismus]], ließ nur mathematische Gegenstände gelten, deren [[Existenz]] durch explizite Konstruktionen gesichert werden konnte, und versuchte die Mathematik allein auf Grundlage der natürlichen Zahlen zu definieren. Dadurch geriet er in Konflikt mit vielen bedeutenden Mathematikern seiner Zeit; insbesondere griff er [[Georg Cantor]] und dessen [[Mengenlehre]] öffentlich und scharf an, wobei er diese in weiten Strecken sehr unkonstruktiv untersuchte. Kronecker war überzeugt, dass mit der Mengenlehre für die konkrete Analysis nichts zu gewinnen sei. Bekannt wurde auch sein Ausspruch: {{" |Text=Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott gemacht, alles andere ist Menschenwerk. |ref=<ref>{{DtMathV-Jahresbericht |Autor=H. Weber |Band=2 |Seiten=5–31 |Kommentar=Zitat auf S. 19}}</ref>}} Kroneckers Finitismus machte ihn zu einem Vorläufer des [[Konstruktive Mathematik|mathematischen Konstruktivismus]]. |
||
Nach [[David Hilbert]] hat Kronecker die Zahlentheoretiker mit den [[Lotophagen]] verglichen, „die, wenn sie einmal von dieser Kost etwas zu sich genommen haben, nie mehr davon lassen können“.<ref>Hilbert sagte dies in seiner Rede ''Naturerkennen und Logik'' anlässlich des Kongresses der [[Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte]] in Königsberg am 8. September 1930. Siehe [http://quantumfuture.net/gn/zeichen/hilbert.html quantumfuture.net]</ref> |
|||
⚫ | |||
* der [[Satz von Kronecker-Weber]], |
* der [[Satz von Kronecker-Weber]], |
||
* das [[Kronecker-Delta]], |
* das [[Kronecker-Delta]], |
||
* das [[Kroneckersches Lemma|Kroneckersche Lemma]], |
|||
⚫ | |||
* das [[Kronecker- |
* das [[Kronecker-Symbol]], |
||
⚫ | |||
* die [[Satz von Kronecker (Körpertheorie)|Kronecker-Konstruktion]], |
|||
* der [[Kroneckersche Approximationssatz]]<ref>{{Literatur |Autor=Leopold Kronecker |Titel=Näherungsweise ganzzahlige Auflösung linearer Gleichungen |Sammelwerk=Monatsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin |Datum=1884 |Online=https://archive.org/stream/n1werkehrsgaufvera03kronuoft#page/46}}</ref> und |
|||
* die [[Grenzformel von Kronecker]] in der algebraischen Zahlentheorie.<ref>[https://mathworld.wolfram.com/Grenz-Formel.html Grenzformel bei Mathworld]</ref> Eine schöne Anwendung der Grenzformel ist die Kroneckersche Lösung der Pellschen Gleichung, bei der eine (nicht-triviale) Einheit in einem [[Reellquadratischer Zahlkörper|reellquadratischen Zahlkörper]] durch Werte der Dedekindschen [[Dedekindsche Etafunktion|Eta-Funktion]] ausgedrückt wird.<ref>{{Literatur |Autor=Kurt Girstmair |Titel=Kroneckers Lösung der Pellschen Gleichung auf dem Computer |Sammelwerk=Math. Semesterber. |Band=53 |Ort= |Datum=2006 |ISBN= |Seiten=45–64}}</ref> |
|||
* die Hermite-Kronecker-Brioschi-Charakterisierung von [[Gleichung fünften Grades|Gleichungen fünften Grades]] in der Algebra und Infinitesimalrechnung mittels [[Elliptische Funktion|elliptischer Modulfunktionen]] |
|||
== Literatur == |
|||
* [[Harold Edwards (Mathematiker)|Harold Edwards]]: ''An appreciation of Kronecker.'' In: ''Mathematical Intelligencer.'' 1987, Nr. 1. |
|||
* derselbe: ''Kronecker’s algorithmic mathematics.'' In: ''Mathematical Intelligencer.'' 2009, Nr. 2. |
|||
* {{DtMathV-Jahresbericht |Autor=Harold Edwards |Titel=Kronecker’s arithmetical theory of algebraic quantities |Band=94 |Heft=3 |Seiten=130–139}} |
|||
* {{ADB|51|393|395|Kronecker, Leopold|[[Moritz Cantor]]|ADB:Kronecker, Leopold}} |
|||
* {{NDB|13|82|83|Kronecker, Leopold|[[Hans Rohrbach]]|118567020}} |
|||
== Weblinks == |
|||
⚫ | |||
{{Commonscat|audio=0|video=0}} |
|||
⚫ | |||
* {{MathGenealogyProject|id=17982}} |
|||
* {{DtMathV-Jahresbericht |Autor=H. Weber |Band=2 |Seiten=5–31}} |
|||
* [http://imgbase-scd-ulp.u-strasbg.fr/index.php?cat=155 Handgeschriebene Vorlesungen von Kronecker] digitalisiert von dem SICD – Universitäten von Strasbourg |
|||
* Spektrum.de: [https://www.spektrum.de/wissen/leopold-kronecker-1823-1891/1429551 Leopold Kronecker (1823–1891)] 1. Dezember 2016 |
|||
* {{MacTutor|id=Kronecker}} |
|||
* [https://zbmath.org/authors/kronecker.leopold Leopold Kronecker] in der Datenbank [[zbMATH]] |
|||
== Quellen == |
== Quellen == |
||
<references /> |
<references /> |
||
{{Normdaten|TYP=p|GND=118567020|LCCN=n84804770|VIAF=64088533}} |
|||
⚫ | |||
⚫ | |||
⚫ | |||
{{SORTIERUNG:Kronecker, Leopold}} |
|||
[[Kategorie: |
[[Kategorie:Mathematiker (19. Jahrhundert)]] |
||
[[Kategorie: |
[[Kategorie:Privatgelehrter]] |
||
[[Kategorie: |
[[Kategorie:Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin)]] |
||
[[Kategorie:Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften]] |
|||
⚫ | |||
[[Kategorie:Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften]] |
|||
[[Kategorie:Mitglied der Leopoldina (19. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen]] |
|||
[[Kategorie:Auswärtiges Mitglied der Royal Society]] |
|||
[[Kategorie:Korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften]] |
|||
[[Kategorie:Korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences]] |
|||
[[Kategorie:Ehrenmitglied der London Mathematical Society]] |
|||
[[Kategorie:Bestattet in einem Ehrengrab des Landes Berlin]] |
|||
[[Kategorie:Burschenschafter (19. Jahrhundert)]] |
|||
[[Kategorie:Deutscher]] |
|||
[[Kategorie:Geboren 1823]] |
|||
⚫ | |||
[[Kategorie:Mann]] |
|||
⚫ | |||
[[Kategorie:Absolvent der Humboldt-Universität zu Berlin]] |
|||
{{Personendaten |
{{Personendaten |
||
|NAME=Kronecker, Leopold |
|||
|ALTERNATIVNAMEN= |
|ALTERNATIVNAMEN= |
||
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher |
|KURZBESCHREIBUNG=deutscher Mathematiker |
||
|GEBURTSDATUM= |
|GEBURTSDATUM=7. Dezember 1823 |
||
|GEBURTSORT= |
|GEBURTSORT=[[Legnica|Liegnitz]] |
||
|STERBEDATUM= |
|STERBEDATUM=29. Dezember 1891 |
||
|STERBEORT= |
|STERBEORT=[[Berlin]] |
||
}} |
}} |
||
⚫ | |||
[[es:Leopold Kronecker]] |
|||
[[fr:Leopold Kronecker]] |
|||
[[he:לאופולד קרונקר]] |
|||
[[is:Leopold Kronecker]] |
|||
[[it:Leopold Kronecker]] |
|||
[[ja:レオポルト・クロネッカー]] |
|||
[[ko:레오폴트 크로네커]] |
|||
[[nl:Leopold Kronecker]] |
|||
[[pl:Leopold Kronecker]] |
|||
[[pt:Leopold Kronecker]] |
|||
[[sl:Leopold Kronecker]] |
|||
[[sv:Leopold Kronecker]] |
|||
[[tr:Leopold Kronecker]] |
|||
[[ru:Кронекер, Леопольд]] |
|||
[[zh:利奥波德·克罗内克]] |
Aktuelle Version vom 28. Januar 2025, 10:06 Uhr

Leopold Kronecker (* 7. Dezember 1823 in Liegnitz; † 29. Dezember 1891 in Berlin) war ein deutscher Mathematiker.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Leopold Kronecker entstammt einer gebildeten und wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie. Seine Eltern waren Isidor Kronecker und Johanna, geborene Prausnitzer.[1] Der Physiologe Hugo Kronecker (1839–1914) war sein Bruder. Er genoss eine vorzügliche Schulbildung, zunächst durch Privatlehrer, anschließend am Liegnitzer Gymnasium unter anderem durch seinen Mathematiklehrer, den späteren Universitätsprofessor Ernst Eduard Kummer.
1841 begann er das Studium der Philosophie an der Universität Berlin und besuchte währenddessen Vorlesungen in Mathematik, Naturwissenschaften, Philosophie und klassischer Philologie. Nach kurzen Abstechern an die Universitäten von Bonn und Breslau kehrte er 1844 nach Berlin zurück, wo er 1845 mit seiner Arbeit „De Unitatibus Complexis“ („Über komplexe Einheiten“) zum Doktor der Philosophie promoviert wurde. Er wurde 1843 Mitglied der Burschenschaft Fridericia Bonn.[2] Kronecker heiratete Fanny Prausnitzer und hatte mit ihr sechs Kinder.[1]
Danach verließ er die Universität und betätigte sich einige Jahre sehr erfolgreich als Geschäftsmann. 1855 war er wirtschaftlich unabhängig und kehrte als Privatgelehrter an die Universität Berlin zurück. Zu seinen Schülern zählte unter anderem Georg Cantor. 1861 wurde Kronecker korrespondierendes Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften[3] und ordentliches Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften. Einen Ruf auf eine Professur in Göttingen lehnte er 1868 ab. Er blieb in Berlin und folgte dort 1883 seinem ehemaligen Lehrer Kummer auf dessen Lehrstuhl nach. Unter Mitwirkung von Weierstraß, Helmholtz, Schroeter und Fuchs gab er das von Crelle begründete Journal für Mathematik heraus. 1868 wurde er korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences in Paris und 1872 der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. Im Jahr 1884 wurde er zum Mitglied der Leopoldina sowie zum auswärtigen Mitglied der Royal Society[4] gewählt. 1875 wurde er Ehrenmitglied der London Mathematical Society.[5]

Leopold Kronecker starb am 29. Dezember 1891 an den Folgen einer Bronchitis. Sein Grab befindet sich auf dem evangelischen Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Tempelhof-Schöneberg. Es ist seit 1969 als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.
Werk
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seine Forschungen lieferten grundlegende Beiträge zur Algebra und Zahlentheorie, aber auch zur Analysis und Funktionentheorie. Im Laufe der Zeit wurde er Anhänger des Finitismus, ließ nur mathematische Gegenstände gelten, deren Existenz durch explizite Konstruktionen gesichert werden konnte, und versuchte die Mathematik allein auf Grundlage der natürlichen Zahlen zu definieren. Dadurch geriet er in Konflikt mit vielen bedeutenden Mathematikern seiner Zeit; insbesondere griff er Georg Cantor und dessen Mengenlehre öffentlich und scharf an, wobei er diese in weiten Strecken sehr unkonstruktiv untersuchte. Kronecker war überzeugt, dass mit der Mengenlehre für die konkrete Analysis nichts zu gewinnen sei. Bekannt wurde auch sein Ausspruch: „Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott gemacht, alles andere ist Menschenwerk.“[6] Kroneckers Finitismus machte ihn zu einem Vorläufer des mathematischen Konstruktivismus.
Nach David Hilbert hat Kronecker die Zahlentheoretiker mit den Lotophagen verglichen, „die, wenn sie einmal von dieser Kost etwas zu sich genommen haben, nie mehr davon lassen können“.[7]
Nach ihm benannt sind unter anderem:
- der Satz von Kronecker-Weber,
- das Kronecker-Delta,
- das Kroneckersche Lemma,
- das Kronecker-Symbol,
- das Kronecker-Produkt,
- die Kronecker-Konstruktion,
- der Kroneckersche Approximationssatz[8] und
- die Grenzformel von Kronecker in der algebraischen Zahlentheorie.[9] Eine schöne Anwendung der Grenzformel ist die Kroneckersche Lösung der Pellschen Gleichung, bei der eine (nicht-triviale) Einheit in einem reellquadratischen Zahlkörper durch Werte der Dedekindschen Eta-Funktion ausgedrückt wird.[10]
- die Hermite-Kronecker-Brioschi-Charakterisierung von Gleichungen fünften Grades in der Algebra und Infinitesimalrechnung mittels elliptischer Modulfunktionen
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Harold Edwards: An appreciation of Kronecker. In: Mathematical Intelligencer. 1987, Nr. 1.
- derselbe: Kronecker’s algorithmic mathematics. In: Mathematical Intelligencer. 2009, Nr. 2.
- Harold Edwards: Kronecker’s arithmetical theory of algebraic quantities. In: Deutsche Mathematiker-Vereinigung (Hrsg.): Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Band 94, Heft 3. Teubner, 1992, ISSN 0012-0456, S. 130–139 (math.uni-bielefeld.de).
- Moritz Cantor: Kronecker, Leopold. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 51, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 393–395.
- Hans Rohrbach: Kronecker, Leopold. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 82 f. (Digitalisat).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Leopold Kronecker im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Leopold Kronecker im Mathematics Genealogy Project (englisch)
- H. Weber: Leopold Kronecker. In: Deutsche Mathematiker-Vereinigung (Hrsg.): Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Band 2. Reimer, 1893, ISSN 0012-0456, S. 5–31 (uni-goettingen.de).
- Handgeschriebene Vorlesungen von Kronecker digitalisiert von dem SICD – Universitäten von Strasbourg
- Spektrum.de: Leopold Kronecker (1823–1891) 1. Dezember 2016
- John J. O’Connor, Edmund F. Robertson: Leopold Kronecker. In: MacTutor History of Mathematics archive (englisch).
- Leopold Kronecker in der Datenbank zbMATH
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b FamilySearch.org. Abgerufen am 29. Januar 2024.
- ↑ Franz Richarz: Mitgliederverzeichnis der Burschenschaft Fridericia zu Bonn (18. Februar 1843 bis Herbst 1847) sowie der Burschenschaft Arminia zu Bonn (1847 bis 1849) und der burschenschaftlichen Verbindung Germania zu Bonn (1843 bis 1849). Bonn 1894, S. 12.
- ↑ Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Band 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3. Band 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 140.
- ↑ Eintrag zu Kronecker, Leopold (1823–1891) im Archiv der Royal Society, London
- ↑ Honorary Members. (PDF) London Mathematical Society, abgerufen am 13. Mai 2021.
- ↑ H. Weber: Leopold Kronecker. In: Deutsche Mathematiker-Vereinigung (Hrsg.): Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Band 2. Reimer, 1893, ISSN 0012-0456, S. 5–31 (uni-goettingen.de – Zitat auf S. 19).
- ↑ Hilbert sagte dies in seiner Rede Naturerkennen und Logik anlässlich des Kongresses der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Königsberg am 8. September 1930. Siehe quantumfuture.net
- ↑ Leopold Kronecker: Näherungsweise ganzzahlige Auflösung linearer Gleichungen. In: Monatsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. 1884 (archive.org).
- ↑ Grenzformel bei Mathworld
- ↑ Kurt Girstmair: Kroneckers Lösung der Pellschen Gleichung auf dem Computer. In: Math. Semesterber. Band 53, 2006, S. 45–64.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Kronecker, Leopold |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Mathematiker |
GEBURTSDATUM | 7. Dezember 1823 |
GEBURTSORT | Liegnitz |
STERBEDATUM | 29. Dezember 1891 |
STERBEORT | Berlin |
- Mathematiker (19. Jahrhundert)
- Privatgelehrter
- Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin)
- Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Leopoldina (19. Jahrhundert)
- Mitglied der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
- Auswärtiges Mitglied der Royal Society
- Korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften
- Korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences
- Ehrenmitglied der London Mathematical Society
- Bestattet in einem Ehrengrab des Landes Berlin
- Burschenschafter (19. Jahrhundert)
- Deutscher
- Geboren 1823
- Gestorben 1891
- Mann
- Leopold Kronecker
- Absolvent der Humboldt-Universität zu Berlin