„Angst“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
(975 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
{{Dieser Artikel|behandelt die Angst aus psychologischer Sicht. Zur Perspektive der Philosophie siehe [[Angst (Philosophie)]]. Zu weiteren Bedeutungen siehe [[Angst (Begriffsklärung)]].}} |
|||
[[Image:COS 09.JPG|right|thumb|300px|Angst]] Die '''Angst''' (seit dem 8. Jahrhundert, von gemein-[[Indogermanische Sprache|indogermanisch]] ''*anghu-'', „beengend“ über [[Althochdeutsche Sprache|althochdeutsch]] ''angust'', [[Urverwandtschaft|urverwandt]] mit [[latein]]isch ''angustia'', „die Enge“ und ''angor'', „das Würgen“) ist das Befürchten möglichen Leidens und bezeichnet somit eine [[Empfindung]]s- und [[Verhalten]]ssituation aus Ungewissheit, (körperlicher) Anspannung und [[Furcht]], die durch eine eingetretene oder erwartete Bedrohung (z.B. [[Schmerz]], [[Verlust]], [[Tod]]) hervorgerufen wird. Die [[Angstsensitivität]] gibt an, wie sehr eine Person dazu neigt, Angst vor somatischen Angstreaktionen zu entwickeln. |
|||
[[Datei:The expression of the emotions in man and animals (1872) (14785143685).jpg|mini|Abbildung in [[Charles Darwin]]s ''[[Der Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen und den Tieren]]'']] |
|||
[[Datei:Munch - The Scream, MM.G.00193-01.jpg|alt=Lithografie von „Der Schrei“. Durch die schwarzen Linien auf dem ganzen Gemälde wirkt das Ambiente düster.|mini|In dem Kunstwerk ''[[Der Schrei]]'' verarbeitete der norwegische Maler [[Edvard Munch]] 1895 eine Panikattacke während eines Spaziergangs]] |
|||
'''Angst''' ist ein [[Grundgefühl]], das sich in als bedrohlich empfundenen Situationen in Form einer Besorgnis und unlustbetonten Erregung äußert. Auslöser können dabei erwartete oder unerwartete Bedrohungen, etwa der körperlichen Unversehrtheit, der [[Selbstwert|Selbstachtung]] oder des [[Selbstbild]]es sein. |
|||
[[Biologie|Biologisch]] gesehen ist die Angst ein [[Stress]]zustand von starker Intensität als Antwort auf eine wahrgenommene Bedrohung, verbunden mit einem Gefühl körperlicher Spannung sowie starken Impulsen, der Situation zu entfliehen. |
|||
Krankhaft übersteigerte oder nicht rational begründbare Angst wird als [[Angststörung]] bezeichnet. |
|||
''Ängstlichkeit'' ist dagegen eine persönliche Einstellung, bzw. Charaktereigenschaft. |
|||
== Überblick == |
|||
Angst gilt als eine der [[Emotionstheorie|primären]] [[Emotion]]en. Sie ist normalerweise ein in die Zukunft gerichtetes Warnsignal. Da sie bei Bedrohung Anlass zu einem Vermeidungsverhalten gibt, schützt sie vor Gefahr und dient der Selbsterhaltung. Sie ist in diesem Fall ein biologisch angelegtes sinnvolles Reaktionsmuster, das der ''Energiebereitstellung'' dient ("Kampf- & Fluchtreaktion"). |
|||
== Begriff == |
|||
Ängste können '''ausgelöst''' werden durch bedrohliche angsteinflößende [[Situation]]en oder ihrer Erwartung, durch [[Person]]en, Aussagen, [[Ort]]e oder [[Erinnerung]]en. Die Auslöser können ''intern'' sein (etwa [[Symptom]]e einer beobachteten körperlichen oder seelischen Unregelmäßigkeit) oder ''extern'' (z. B. Medienmeldungen über Lebensmittelskandale oder [[Katastrophe]]n). Daneben können auch körperliche Erkrankungen wie etwa eine Schilddrüsenfehlfunktion aber auch seelische Störungen als Ursache von überschießenden Angstgefühlen in Betracht kommen. |
|||
Der Begriff Angst hat sich seit dem 8. Jahrhundert von [[Indogermanische Sprachen|indogermanisch]] ''*anghu'' „beengend“ über [[althochdeutsch]] ''angust'' entwickelt. Er ist verwandt mit [[latein]]isch ''angustus'' bzw. ''angustia'' für „Enge, Beengung, Bedrängnis“ (siehe auch [[Angina]]) und ''angor'' „Würgen“.<ref>Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 1999, ISBN 3-11-016392-6</ref> Das Wort „Angst“ gibt es als [[Germanismus|Wortexport]] auch im Englischen, siehe [[German Angst]]. Es bedeutet so viel wie Existenzangst. Man spricht von „angst-ridden“ (von Angst geritten). Vermutlich wurde das Wort 1849 von [[George Eliot]] eingeführt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.etymonline.com/search?q=angst |titel=angst {{!}} Search Online Etymology Dictionary |abruf=2022-07-20}}</ref> |
|||
[[Psychoanalytiker]] wie beispielsweise [[Rainer Krause]] zählen die Angst zu den [[Affekt]]en und unterscheiden die objektunbestimmte Angst ([[latein]]isch ''angor'') von der objektbezogenen, also zielgerichteten [[Furcht]] (lateinisch ''timor''). |
|||
Die körperlichen Symptome der Angst werden vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Im sogenannten [[Limbisches System|limbischen System]] des [[Gehirn|Zwischenhirns]] liegen zwei mandelförmige Nervenknoten (Mandelkerne, lat. ''[[Amygdala]]e''), die der Bewertung einer Situation als gefährlich oder bedrohlich dienen. Alle Wahrnehmungen werden hier auf potentielle Gefahr überprüft. In funktionellen [[Funktionelle Magnetresonanztomografie| Magnetresonanztomografien]] lässt sich folgerichtig nach entsprechenden Reiz-Konfrontationen eine erhöhte Aktivität der Amygdala nachweisen. |
|||
Weiterhin lässt sich eine situationsbedingt entstehende [[Emotion]] ''Angst'' von der relativ stabilen [[Persönlichkeitseigenschaft]] ''[[Ängstlichkeit]]'' unterscheiden. Sie werden nach dem Angstmodell von [[Charles Spielberger]] seit 1966 auch als State-Angst und Trait-Angst bezeichnet.<ref>Charles D. Spielberger: ''Anxiety and Behavior'' New York 1966</ref> |
|||
Die Amygdala vergleicht das Reizmuster der jeweiligen Situation unter Zuhilfenahme des präfrontalen [[Kortex]] und des [[Hippocampus]] mit |
|||
== Spektrum der Angst == |
|||
* angeborenen Schlüsselmerkmalen (z.B. Enge, Dunkelheit, Höhe, bestimmten Schemata wie z.B. Reißzähnen) sowie mit |
|||
Angst ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von Gefühlsregungen, deren Gemeinsamkeit auf einer Verunsicherung des Gefühlslebens beruht. Der Psychoanalytiker [[Fritz Riemann (Psychoanalytiker)|Fritz Riemann]] unterscheidet in seinem verbreiteten Hauptwerk [[Grundformen der Angst]]<ref>Fritz Riemann: ''Grundformen der Angst. Eine tiefenpsychologische Studie.'' 39. Auflage. Reinhardt, München 2009, ISBN 3-497-00749-8</ref> |
|||
* Erfahrungswerten. |
|||
zwischen dem „[[Schizoide Persönlichkeitsstörung|schizoiden]]“, dem „[[Depression|depressiven]]“, dem „[[zwanghaft]]en“ und dem „[[hysterisch]]en“ [[Persönlichkeit]]stypus. Als damit verbundene „Grundängste“ des Menschen beschreibt er entsprechend die „Angst vor Nähe“, die „Angst vor Selbstwerdung“, die „Angst vor Veränderung“ und die „Angst vor Endgültigkeit“. |
|||
Obwohl als idealtypische Abstraktionen gedacht, haftet dieser Angstdeutung in der Tradition der [[Psychoanalyse]] bereits begrifflich unverkennbar eine Tendenz zum Krankhaften und damit zur Einseitigkeit an, die heute auch kritisch betrachtet wird.<ref>[http://www.sgipt.org/gipt/diffpsy/cst/cst0.htm Rudolf Sponsel zu Riemanns Typologie] auf sgipt.org.</ref> |
|||
Sind eine Situation oder ein Gedanke unbekannt oder enthalten entsprechende Schlüsselreize, werden sie als potentiell bedrohlich eingestuft. Liegen Erfahrungswerte vor, wird anhand der Erinnerungen bestimmt, ob in dieser / vergleichbaren Situationen früher bereits ein Erregungszustand bestand. Auch in diesem Fall schaltet der Körper auf Alarm. |
|||
Die Erscheinungsformen der Angst reichen nach dem von dem [[Experimentelle Psychologie|Experimentalpsychologen]] [[Siegbert A. Warwitz]] aufgestellten Angst-Spektrum<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Das Feld der Angstgefühle.'' In: Ders.: ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen.'' 2., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1</ref> von einfachen „Unsicherheiten“ (Beklommenheit, Scheu, Zaghaftigkeit …) über die „Zwänge“ (Esszwang, Kontrollzwang, Reinigungszwang etc.), die „Furchtformen“ (Verletzungsfurcht, Versagensfurcht, Berührungsfurcht etc.), die „Phobien“ ([[Akrophobie]], [[Agoraphobie]], [[Klaustrophobie]] …), die „Paniken“ (Angstanfall, Schockstarre, Katastrophenlähmung etc.) bis zu den „Psychosen“ (Neurotische Ängste, Verfolgungswahn, Lebensangst …). Dabei unterscheidet in der Regel nur der Fachpsychologe aus diagnostischen und therapeutischen Gründen differenzierter etwa zwischen Ängsten und Fürchten, beispielsweise zwischen einer diffusen allgemeinen ''Prüfungs-Angst'' und einer auf einen bestimmten Prüfer, ein fixierbares Fachgebiet oder eine definierbare Situation reduzierbare ''Prüfungs-Furcht''. Angst wird im nichtfachlichen Bereich auch häufig mit andersartigen Gefühlsregungen verwechselt oder vermischt, etwa mit der [[Schamgefühl|Scham]] (Wahrung des Intimbereichs), mit dem [[Misstrauen]] (Zweifel an einer ärztlichen Kompetenz) oder mit einer hochgradigen psychischen Anspannung bei der Bewältigung einer gefahrenträchtigen Situation (Wagniskonzentration). |
|||
Aus dieser "lernfähigen" Angstreaktion entstehen sowohl adäquate Ängste vor bisher unbekannten Themen wie auch objektiv unbegründete Ängste bis hin zu [[Angststörung]]en. Als Sonderform der Angst tritt die '''[[Todesangst]]''' auf. In besonders bedrohlichen Situationen, zum Beispiel bei [[Vernichtungsschmerz]], der beim [[Myokardinfarkt|Herzinfarkt]] oder beim [[Ertrinken]] auftreten kann, spielen keine anderen [[Empfindung]]en mehr eine vordergründige Rolle, einzig das [[Survival|Überleben]] hat noch Bedeutung. |
|||
Angst lässt sich nicht grundsätzlich als unangenehme, negative Gefühlsregung festlegen. Wesentlich abhängig vom Grad der individuellen Risikoerfahrung und der persönlichen Kompetenzeinschätzung, kann Angst auch als in hohem Maße lustvolle Erfahrung gesucht und erlebt werden, etwa in Form des [[Thrill]]s. Die Kontrasterfahrung von aufregender Gefahrensituation und deren Bewältigung führt zu einer gewünschten Steigerung des Lebensgefühls. Der sogenannte [[Kick (Psychologie)|Kick]] kann dabei als (erwarteter) Wendepunkt zwischen der Anspannung und Befreiung aus der Angstphase gesehen werden.<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Vom Sinn des Wagens. Warum Menschen sich gefährlichen Herausforderungen stellen.'' In: DAV (Hrsg.) ''Berg 2006.'' München-Innsbruck-Bozen 2005, ISBN 3-937530-10-X, S. 96–111</ref> |
|||
Angst muss nicht unbedingt spürbar sein. Sehr oft sind Ängste vorhanden, deren Existenz die Betroffenen nicht bestätigen können, da sie verdrängt werden. Besondere Ängste, die [[Charakter]] bestimmend sind, beschreibt [[Fritz Riemann (Psychoanalytiker)|Fritz Riemann]]. Die von ihm beschriebenen Ängste sehen nur wenige Menschen, obwohl jeder Mensch ein oder mehrere dieser Ängste besitzt. |
|||
Als Steuerungsinstrumente gefahrenträchtigen Verhaltens und Warnimpulsgeber stellen die beherrschten nicht krankhaften Angstformen eine unverzichtbare Grundausstattung im Rahmen des funktionierenden [[Selbsterhaltung]]striebs dar.<ref>Dietmar Goltschnigg (Hrsg.): ''Angst. Lähmender Stillstand und Motor des Fortschritts.'' Stauffenburg, Tübingen 2012, S. 13</ref> |
|||
In einer '''philosophischen Betrachtung''' ist die ''Angst des Menschen um sich selbst'', die im Bewusstsein seiner Verwundbarkeit und Todesverfallenheit wurzelt, der letzte Grund für alle Unverantwortlichkeit und Unmenschlichkeit: Diese Angst ist der letzte Grund für alles Böse in unserer Welt. Die Angst um sich selbst ist Ausdruck einer konstitutionellen Seinsunsicherheit und nicht einfach eine Angst vor dem Sterben, sondern die Angst vor dem Verlust von allem. Wer aus der Angst um sich lebt, ist unfrei; man kann ihn mit dem erpressen, worauf er sein Vertrauen gesetzt hat (z.B. Geld, Karriere, Familie, usf.). Im Alltag kann die Angst um sich latent bleiben, so lange man sich im Besitz dessen wähnt, worauf man vertraut, d.h. so lange es einem gut geht. Das Vertrauen schlägt aber in Verzweiflung um, wenn man in dem bedroht wird, woraus man lebt. Jede Form von Gewalt bzw. kontraproduktiver Aggression hat hierin ihren Ursprung. |
|||
Ein Sonderphänomen im Angstkomplex stellt die sogenannte „Angst vor der Angst“ ([[Phobophobie]]), auch [[Angstsensitivität]] genannt, dar, eine objektlose Angst vor den eigenen Angstsymptomen.<ref>Christoph J. Kemper: ''Das Persönlichkeitsmerkmal Angstsensitivität: Taxon oder Dimension?'' - Eine Analyse mit dem Mischverteilungs-Raschmodell, Hamburg 2010, ISBN 978-3-8300-5119-0</ref> |
|||
=== Ablauf der Angstreaktion === |
|||
Hat die Amygdala eine Situation als bedrohlich eingestuft, wird über eine netzförmige Nervenstruktur im Hirnstamm das sogenannte [[Aufsteigendes Retikuläres Aktivierungssystme|ARAS]] ('''A'''ufsteigendes '''R'''etikuläres '''A'''ktivierungs'''s'''ystem) der gesamte Organismus in Alarmbereitschaft versetzt. Im [[Vegetatives Nervensystem|Vegetativen Nervensystem]] überwiegt dann die Aktivierung des [[Sympathikus]]. Dazu werden Hormone ausgeschüttet (u.a. [[Adrenalin]]), Nervenzellen vor-erregt und eine ganze Reihe von körperlichen Veränderungen eingeleitet, die den Körper auf Kampf oder Flucht vorbereiten. Das führt u.a. zu folgenden Reaktionen: |
|||
== Funktion der Angst == |
|||
* Erhöhte [[Aufmerksamkeit]], Erhöhte Verarbeitungsgeschwindigkeit des Gehirns bei gleichzeitiger thematischer Einengung auf die angstauslösende Situation |
|||
[[Evolutionäre Psychologie|Evolutionsgeschichtlich]] hat die Angst eine wichtige Funktion als ein die Sinne schärfender und Körperkraft aktivierender Schutz- und Überlebensmechanismus, der in tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Gefahrensituationen ein angemessenes Verhalten ([[Fight-or-flight|Fight-or-Flight]]) einleitet. |
|||
* Empfindlichere [[Wahrnehmung]] (Pupillen weiten sich, Seh- und Hörnerven werden empfindlicher) |
|||
* Erhöhte Muskelanspannung, Erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit |
|||
Diese Aufgabe kann sie nur erfüllen, wenn weder zu viel Angst das Handeln blockiert noch zu wenig Angst reale Gefahren und Risiken ausblendet. In ihrem bekannten Aktivationsmodell, das nach ihnen auch als [[Yerkes-Dodson-Gesetz]] oder „Gesetz der Angst“ bezeichnet wird, formulierten die [[Verhaltensbiologie|Verhaltensbiologen]] und [[Ethologie|Ethologen]] [[Robert Yerkes]] und [[John D. Dodson]] bereits 1908 [[Yerkes-Dodson-Gesetz|gesetzmäßige Zusammenhänge]] zwischen einem bestimmten nervösen Erregungsniveau der [[Proband]]en und der Abrufbarkeit ihrer [[Kognition|kognitiven]] Leistungsfähigkeit, die sie als „Aktivationsniveaus“ kennzeichneten.<ref>Yerkes, R.M. & Dodson, J.D.: ''The relation of strength of stimulus to rapidity of habit-formation''. Journal of Comparative Neurology and Psychology, '''18''' (1908) 459–482</ref> Die seinerzeit in Tierversuchen gewonnenen Erkenntnisse konnten in ihrer Gültigkeit inzwischen durch empirische Studien auch für das menschliche Verhalten gesichert werden.<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Die Funktion von Angst und Furcht''. In: Ders.: ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen''. 2., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1, Seiten 32–39</ref> |
|||
Da der Energieaufwand für eine Flucht gering ist (wenige hundert Kilokalorien), übersehene Bedrohungen aber folgenschwere Auswirkungen nach sich ziehen können, ist die „Alarmanlage“ Angst von der Natur sehr empfindlich eingestellt, was bisweilen in [[Falsch positiv|Fehlalarmen]] resultiert.<ref>R. M. Nesse: ''The smoke detector principle''. Annals of the New York Academy of Sciences 935, 2001, S. 75–85</ref> |
|||
Angst kann sowohl bewusst als auch unbewusst wirken. Ist die Angstreaktion in Bezug auf die tatsächliche Bedrohungslage inadäquat, spricht man von einer [[Angststörung]]. Ist diese Angst an ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Situation gebunden, spricht man von einer [[Phobische Störung|Phobie]].<ref>Vgl. Klaus Dörner, Ursula Plog: ''Irren ist menschlich: Lehrbuch der Psychiatrie/Psychotherapie''. Bonn 1996, S. 41 f. ISBN 3-88414-183-X</ref><ref>Vgl. [[Anton Hügli]], Poul Lübcke (Hrsg.): ''Philosophie-Lexikon'', Reinbek bei Hamburg 1998, S. 39f ISBN 3-499-55453-4</ref> |
|||
== Körperliche Reaktionen == |
|||
[[Datei:Scared Girl.jpg|mini|Ausdruck der Angst bei einem [[Kind]]]] |
|||
[[Datei:Was passiert in unserem Gehirn bei Angst?.webm|mini|Video: Was passiert in unserem Gehirn bei Angst?]] |
|||
[[Datei:Was passiert bei Angst im Körper?.webm|mini|Video: Was passiert bei Angst im Körper?]] |
|||
Die körperlichen Symptome der Angst sind normale (also nicht krankhafte) physische Reaktionen, die bei (einer realen oder phantasierten) Gefahr die körperliche oder seelische Unversehrtheit, im Extremfall also das Überleben, sichern sollen. Sie sollen ein Lebewesen auf eine Kampf- oder Flucht-Situation (''[[Fight-or-flight|fight or flight]]'') vorbereiten: |
|||
* Erhöhte Aufmerksamkeit, Pupillen weiten sich, Seh- und Hörnerven werden empfindlicher |
|||
* Ein größerer Teil der weißen Haut des Augapfels wird sichtbar |
|||
* Erhöhte Muskelanspannung, erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit |
|||
* Erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck |
* Erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck |
||
* Flachere und schnellere |
* Flachere und schnellere Atmung |
||
* Energiebereitstellung in |
* Energiebereitstellung in Muskeln |
||
* Körperliche Reaktionen wie zum Beispiel |
* Körperliche Reaktionen wie zum Beispiel Schwitzen, Zittern und Schwindelgefühl |
||
* Hitze- oder Kälteschauer |
|||
* Blasen-, Darm- und Magentätigkeit werden während des Zustands der Angst gehemmt |
|||
* Übelkeit und Atemnot treten in manchen Fällen ebenfalls auf |
|||
* Absonderung von Molekülen im Schweiß, die andere Menschen Angst riechen lassen und bei diesen unterbewusst Alarmbereitschaft auslösen<ref>Mujica-Parodi et al., ''Chemosensory Cues to Conspecific Emotional Stress Activate Amygdala in Humans'', PLoS One. 2009; 4(7): e6415. {{PMC|2713432}}</ref> |
|||
Neben diesen individuellen Reaktionen hat das Zeigen von Angst etwa durch den charakteristischen Gesichtsausdruck oder durch Sprache gegenüber anderen den sozialen Sinn, um Schutz zu bitten. |
|||
Diese sinnvollen Reaktionen klingen nach Ende der bedrohlichen Situation relativ schnell wieder ab. |
|||
Die körperlichen Ausdrucksformen der Angst sind die gleichen, unabhängig davon, ob es sich um eine reale Bedrohung oder um eine [[Panikattacke]] handelt. Jeder vierte Patient mit [[Angststörung]] klagt über chronische Schmerzen.<ref>„Angststörung kann Schmerzen bereiten“, [[Ärzte Zeitung]], 18. Januar 2007, S. 11.</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.angelfire.com/sc/naturheilverfahren/DissertationWettig.pdf |titel=Analyse der Einweisungsdiagnose in einer universitären Schmerzambulanz... |abruf=2022-07-20}}</ref> |
|||
=== Störungen der Angstreaktion === |
|||
Angst kann auch [[Pathologie|pathologische]] (krankhafte) Formen annehmen. Beispiele dazu sind die [[Phobie]]n, u.a. die [[soziale Phobie]] (die Angst vor Menschen), oder die [[Agoraphobie]] (die Angst vor freien Flächen), oder spezifische Phobien wie die [[Canophobie|Angst vor Hunden]], vor Tieren im Allgemeinen, vor Blut oder Gewitter. Weitere angstbezogene Störungen sind die [[Panikstörung]], die [[generalisierte Angststörung]] und die mit Angst einhergehende [[Posttraumatische Belastungsstörung]]. (Mehr Informationen über Störungen der Angstreaktion finden sich unter [[Angststörung]].) |
|||
== Psychophysiologie == |
|||
Der größte Unterschied zwischen [[Phobie|phobischen Störungen]] und [[Angststörung|anderen Angststörungen]] ist die Objektbezogenheit. Während phobische Ängste sehr objektbezogen sind, lässt sich bei anderen Angststörungen meist kein äußerer Anlass für die aufkommende Angst erkennen. |
|||
[[Datei:Woher kommt Angst?.webm|mini|Video: Woher kommt Angst?]] |
|||
Das Wechseln zwischen dem Entstehen von Angst bei Verteidigungs- und dem Erlöschen der Angst bei Erkundungsverhalten ([[Explorationsverhalten]]) ist für das Überleben von vielen Tieren lebensnotwendig, aber wie dieser Übergang durch spezifische neuronale Schaltungen erreicht wird, ist noch nicht hinreichend erforscht. Neurophysiologen nehmen an, dass bidirektionale Übergänge zwischen Zuständen hoher und niedriger Angst kontextabhängig durch sehr schnelle Veränderungen im Gleichgewicht der Tätigkeiten von zwei verschiedenen Gemeinschaften basaler [[Amygdala]]-Neuronen ausgelöst werden.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nature.com/nature/articles |titel=Browse Articles {{!}} Nature |sprache=en |abruf=2022-07-20}}</ref> |
|||
Risikofaktoren zur Entstehung einer [[Angstkrankheit|Angststörung]] sind: |
|||
Alter, Geschlecht, genetische Faktoren, soziales Umfeld und gesellschaftliche Anerkennung, Kindheitsentwicklung/Erziehung, belastende/traumatische Erlebnisse. |
|||
Ausgehend von der Amygdala werden folgende Regionen erregt: [[periaquäduktales Grau]], [[Locus caeruleus]], [[Nucleus parabrachialis]], das [[Vegetatives Nervensystem|vegetative Nervensystem]] über den [[Hypothalamus]] und die so genannte [[Stressreaktion|Stressachse]] ([[Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse]]). Dabei kommt es bei einer akuten Stress-/Angstreaktion zur vermehrten Ausschüttung von [[Adrenalin]] aus dem [[Nebennierenmark]]. Bei lang anhaltendem, chronischem Stress dominiert die Ausschüttung von [[Cortisol]] aus der [[Nebennierenrinde]].<ref>{{Literatur |Hrsg=Robert F. Schmidt, Florian Lang, Manfred Heckmann |Titel=Physiologie des Menschen: Mit Pathophysiologie |Verlag=Springer |Datum=2017 |ISBN=978-3-662-54121-0}}</ref> Das Ausmaß der Reaktion ist dabei von Mensch zu Mensch verschieden. Frühe Erfahrungen (z. B. Stress der Mutter in der Schwangerschaft, [[perinatal]]e Ereignisse, Mutter-Kind-Beziehung, Dauer der Stillzeit und anderes) scheinen hierbei eine Rolle zu spielen.<ref name="Marx">Rudolf Marx: ''Angststörungen - eine Einführung''. In: Beiglböck u. a.: ''Handbuch der klinisch-psychologischen Behandlung''. 2. Auflage. Springer. Wien 2006. S. 197–203. ISBN 3-211-23602-3.</ref> |
|||
Von pathologischer Angst spricht man, wenn folgende Kriterien gegeben sind: |
|||
# Die Angstreaktion ist der Situation nicht mehr angemessen |
|||
# Die Angstreaktionen sind überdauernd (chronisch) |
|||
# Das Individuum besitzt keine Möglichkeit zur Erklärung, Reduktion oder Bewältigung der Angst |
|||
# Die Angstreaktionen führen zu einer massiven Beeinträchtigung des Lebensvollzugs |
|||
Jin & Sahir |
|||
Nach bisherigem Wissensstand spielen bei Ängsten vor allem drei [[Neurotransmitter]]systeme eine wichtige Rolle:<ref name="Marx" /> |
|||
== Historische Einordnung == |
|||
* ''GABAerges System'': [[Gamma-Aminobuttersäure|GABA]] ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im [[Zentralnervensystem|ZNS]]. Eine verminderte GABA-Funktion führt zu Überreizung und zu Generalisierung der Erregung. [[Generalisierte Angststörung|Generalisierte Ängste]] scheinen mit einer mangelnden Funktion des hemmenden GABA-Systems in Verbindung zu stehen. Hierbei scheinen ausschließlich GABA-A-Benzodiazepin(BDZ)-[[GABA-Rezeptor|Rezeptoren]] von Bedeutung zu sein. [[Benzodiazepine]] wirken stimulierend auf den GABA-BDZ-Rezeptorkomplex, was u. a. ihre angstlösende und beruhigende Wirkung erklärt. Zudem gibt es weit reichende Verbindungen des GABA-Systems mit dem noradrenergen und dem serotonergen Neurotransmittersystem. |
|||
In der [[Psychologie|psychologischen]] Literatur taucht der Begriff der '''Angst''' erst Anfang des 20. Jahrhunderts auf und bezeichnet zunächst, nach [[Sigmund Freud|S. Freud]], eine [[Neurose|neurotisch]] übersteigerte Furcht (Angstneurose). Später wurde der Begriff allgemeiner verwendet. Manche Autoren trennen das subjektive Gefühl der Angst, bei der man u. U. nicht genau benennen kann, wovor man sich fürchtet, von der objektiv auf einen Gegenstand oder ein Ereignis bezogenen [[Furcht]]. |
|||
* ''noradrenerges System'': [[Noradrenalin|Noradrenerge]] Bahnen (mit Ausgang im [[Locus caeruleus]] und Efferenzen in die meisten Strukturen des Gehirns) scheinen bei Angstsymptomen eine entscheidende Rolle zu spielen. In Tierexperimenten konnte gezeigt werden, dass eine durch elektrische Reize gesteigerte noradrenerge Aktivität zum Vollbild einer Panikattacke führt. Eine fehlerhafte Regulation des Locus caeruleus wird daher diskutiert. |
|||
* ''serotonerges System'': Das [[Serotonin]]-System spielt bei verschiedenen Formen der Angst eine große Rolle, die genauen Mechanismen sind jedoch noch nicht bekannt. Generell wird eine verminderte Funktion des serotonergen Systems mit Phobien, [[soziale Phobie|sozialen Phobien]] und [[Zwangsstörung|Zwangsneurosen]] in Verbindung gebracht. Menschen mit niedrigem Serotonin-Spiegel reagieren gehemmt und ängstlich bis aggressiv. Auch bei [[Suizid]]-Patienten fand sich ein erniedrigter Serotoninspiegel. Allerdings wurde auch schon eine Überfunktion des serotonergen Systems im Zusammenhang mit Ängsten gefunden, so dass von einer differenzierten, wahrscheinlich strukturspezifischen und modulatorischen Wirkung ausgegangen wird. |
|||
Typische Reaktionen auf angstauslösende Stimuli sind [[Sympathikus]]-Erregung und [[Vermeidungsverhalten]]. Die autonome Sympathikusantwort und das Erkennen von Gefahrensignalen sind [[Dissoziation (Neuropsychologie)|doppelt dissoziiert]]: Bei Schädigung der [[Amygdala]] kann das Gefahrensignal benannt werden, aber eine körperliche Angstreaktion erfolgt nicht, während bei Schädigung des [[Hippocampus]] die körperliche Angstreaktion ausgelöst wird, der Patient aber die Ursache nicht erkennt.<ref>A. Bechara et al. (1995). ''Double dissociation of conditioning and declarative knowledge relative to the amygdala and hippocampus in humans''. [[Science]], 269, S. 1115–1118 [[doi:10.1126/science.7652558]]</ref> Bei Säugetieren können die spontanen Angstreaktionen von [[Neocortex|neokortikalen]] Hirngebieten, insbesondere dem [[Präfrontaler Cortex|präfrontalen Kortex]] (PFC), moduliert werden.<ref name="OlssonPhelps" /> Zum Beispiel werden Mäuse schmerzempfindlicher, wenn sie zuvor die Schmerzreaktion einer anderen Maus beobachtet haben, aber nur, wenn es eine Bekannte war.<ref>D. J. Langford (2006). ''Social modulation of pain as evidence for empathy in mice''. Science, 312, S. 1967–1970.</ref> Auch beim Menschen ist die [[Empathie|empathische]] Angstreaktion kontextabhängig. So war im Experiment von Lanzetta und Englis die Stärke der Angst eines Beobachters davon abhängig, ob das Modell in einem Spiel Gegner oder Mitstreiter war.<ref>Lanzetta & Englis (1989). ''Expectations of cooperation and competition and their effects on observers' vicarious emotional responses''. Journal of Personality and Social Psychology, 56, S. 534–554.</ref> Projektionen vom ventromedialen PFC zur Amygdala sind entscheidend beim [[Extinktion (Psychologie)|Extinktionslernen]].<ref>E. Phelps et al. (2004). ''Extinction learning in humans: role of the amygdala and vmPFC''. Neuron, 43, S. 897–905</ref> |
|||
Das Wort „Angst“ gibt es auch im [[Englische Sprache|Englischen]]. Es bedeutet so viel wie Existenzangst. Sie sprechen von "angst-ridden" (von Angst geritten, im Sinne von beherrscht). Vermutlich wurde das Wort [[1849]] von [[George Eliot]] eingeführt. |
|||
== |
== Lernprozesse == |
||
Jeder Mensch bringt eine für ihn typische Angstdisposition von Geburt an mit, die sich aber schon ab dem Kleinkindalter und noch lebenslang durch entsprechende Lernprozesse erheblich verändern lässt. Jede Art von Angst kann gelernt, aber auch verlernt werden.<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Angst vermeiden - Angst suchen - Angst lernen''. In: Sache-Wort-Zahl 112 (2010)10–15.</ref> |
|||
Theologisch gesprochen ist Angst das Gegenteil von [[Glaube]]. In allen Religionen geht es um die Entmachtung der Angst, auch dort, wo die [[Gott|Götter]] selbst als furchteinflößend erscheinen. Durch [[Ritual]]e und [[Opfer (Religion)|Opfer]] versuchte der Mensch von Urzeit an, ihm unheimliche Mächte zu beeinflussen und gnädig zu stimmen. |
|||
Hierbei spielen die Unterschiede zwischen den vielfältigen Formen der Angst eine wesentliche Rolle:<ref>Fritz Riemann: ''Grundformen der Angst. Eine tiefenpsychologische Studie''. 39. Auflage. Reinhardt, München 2009. ISBN 3-497-00749-8.</ref> |
|||
Die [[Epikur]]eer strebten einen angstfreien Zustand an, indem sie zu zeigen versuchten, dass der Tod im Grunde den Menschen nichts angehe, weil er kein Ereignis des Lebens sei. Die Angst vor den Göttern sollte dadurch entmachtet werden, dass man für die Auffassung argumentierte, dass die Götter in einer abgetrennten Sphäre existierten und sich für die Sterblichen nicht interessierten. |
|||
So ergeben sich etwa gravierende Unterschiede sowohl in der Zielsetzung als auch in der Methode der Behandlung von [[Generalisierte Angststörung|Neurotischen Ängsten]], [[Panikattacke]]n, [[Phobische Störung|Phobien]] oder [[Furcht|Fürchten]]. Jeder Lernprozess zielt auf das Erreichen eines möglichst realitätsgerechten, beherrschten mittleren Angstlevel ab, weil einerseits unangebrachte Ängste Energien vergeuden und zu starke Ängste das Aktionspotenzial lähmen, andererseits bei zu geringen Ängsten die notwendige Warnfunktion und Schutzwirkung fehlt.<ref>Siegbert A. Warwitz: ''Das Feld der Angstgefühle''. In: Ders.: ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen''. 2., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1, Seiten 36–37</ref> |
|||
Gefahrensignale im Gedächtnis vorzuhalten, hat offensichtlich [[Selektion (Evolution)|Selektionsvorteile]]. Angst ist die gelernte [[Assoziation (Psychologie)|Verbindung]] von spezifischen Hinweisreizen in Ereignissen und deren schädlichen Konsequenzen. Ängste können auf verschiedene Weisen gelernt werden, etwa durch eigene Erfahrung ([[Konditionierung]]), durch Beobachtung fremden Verhaltens ([[Lernen am Modell]]) oder durch Instruktion (zum Beispiel Warnhinweise).<ref name="OlssonPhelps">Olsson & Phelps (2007). ''Social learning of fear''. [[Nature Neuroscience]], Vol. 10, Iss. 9, S. 1095–1102</ref> |
|||
Im Buddhismus besteht die "Erleuchtung" darin, das Ich und sein vielfältiges Begehren als unheilvolle und leidverursachende Illusion aufzudecken. Der Erleuchtete müsse nicht mehr aus der Angst um sich selbst leben, weil er erkannt habe, dass sein individuelles Selbst nur eine Täuschung sei: Er sei vom Ich befreit. |
|||
=== Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer === |
|||
Der christliche Glaube versteht sich ursprünglich als liebende Gemeinschaft mit einem allmächtigen Gott, der in [[Jesus von Nazaret]] Bruder und Freund der Menschen geworden ist. Wer Anteil habe am bedingungslosen Gottesverhältnis Jesu, kann sich nach Aussage der [[Neues Testament|neutestamentlichen]] Briefe angstfrei fühlen: er stehe nicht mehr unter der Macht der Angst vor wankelmütigen Göttern oder um sich selbst, sondern werde durch den Glauben befreit ("[[Soteriologie|erlöst]]"). Im frühchristlichen Sonntagsgottesdienst war es darum ausdrücklich verboten, zu knien, um auszudrücken, dass der Christ Gott angstfrei auf Augenhöhe begegnen kann. Im Gegensatz dazu ist in der weiteren [[Geschichte des Christentums]] der Begriff der [[Ehrfurcht]] oft missverstanden worden. Vor der [[Reformation]] herrschte beispielsweise eine allgemeine [[Jenseits]]angst unter den Menschen, die Erwartung einer neuen [[Sintflut]] war weitverbreitet. Insofern war die Frage [[Martin Luther]]s nach dem "gnädigen Gott" in seiner Zeit eine existentielle. Auch der [[Hexenwahn]] kann als Ausdruck von kollektiven Ängsten betrachtet werden. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein sahen in Deutschland [[Katechet]]en beider [[Konfession]]en die Drohung mit der [[Hölle]] als adäquates erzieherisches Mittel an. |
|||
{{Hauptartikel|Zwei-Faktoren-Theorie (Lerntheorie)}} |
|||
Ein klassisches und einflussreiches [[Lerntheorie|lerntheoretisches]] Modell der Angstentstehung und -aufrechterhaltung ist die Zwei-Faktoren-Theorie von [[Orval Hobart Mowrer|Mowrer]] (1960), die folgende Faktoren postuliert: |
|||
[[Neurose|Ekklesiogene Neurosen]] und [[Psychose|psychotische]] Wahnvorstellungen hängen oft mit angstbesetzten religiösen Vorstellungen zusammen. |
|||
# [[Klassische Konditionierung]]: Die Entstehung der Angst erfolgt durch klassische Konditionierung, indem ein ursprünglich neutraler Reiz durch zeitgleiches Auftreten mit einer Angstreaktion zum konditionierten Angstreiz wird (siehe das [[Little-Albert-Experiment]]). |
|||
# [[Operante Konditionierung]]: Durch die Vermeidung des klassisch konditionierten Angstreizes (ein Objekt oder eine bestimmte Situation, z. B. Straßenbahnfahren) kommt es zur Reduktion von Angst und Anspannung und somit zur [[Negative Verstärkung|negativen Verstärkung]] und Aufrechterhaltung des [[Vermeidungsverhalten]]s und der Erwartungsangst. |
|||
=== Preparedness === |
|||
Auf die Zusammenhänge zwischen Angst auf der einen und Religion, Politik, Sicherheitsdenken und Individuum auf der anderen Seite spielt [[Christoph Schlingensief]] mit dem von ihm begründeten Projekt [[Church of Fear]] an. |
|||
Einige Ängste, wie die [[Arachnophobie|Angst vor Spinnen]], Schlangen und wütenden Gesichtern, können sehr viel leichter gelernt werden als andere. Sie sind offenbar, wie [[Martin Seligman]] es nannte, „biologisch vorbereitet“. Dieses Phänomen nannte er ''Preparedness''. Dies ist auch der Fall, wenn die Reize [[Subliminal (Psychologie)|unterschwellig]] dargeboten werden.<ref>M. Seligman (1971). ''Phobias and preparedness''. Behavior Therapy, S. 307–321.</ref> Neuzeitliche Gefahrenquellen wie Schusswaffen oder defekte Elektrokabel sind jedoch nicht biologisch vorbereitet.<ref>Öhman & Mineka (2001). ''Fears, phobias, and preparedness: toward an evolved module of fear and fear learning'', Psychological Review, 108, S. 483–522</ref> |
|||
=== Kognitive Sicht === |
|||
== Bekannte [[Angststörung]]en == |
|||
Aus kognitiver Sicht entsteht Angst nach [[Aaron T. Beck]], wenn die Auftretenswahrscheinlichkeit einer Gefahr groß, die Kosten eines Schadens hoch und eigene [[Copingstrategie]]n und die Chance auf Hilfe von außen gering eingeschätzt werden.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Randy O. Frost, Gail Steketee |Titel=Cognitive Approaches to Obsessions and Compulsions: Theory, Assessment, and Treatment |Verlag=Elsevier |Datum=2002 |ISBN=978-0-08-043410-0 |Seiten=45 |Online={{Google Buch| BuchID=9A0-HQtBtD8C|Seite=45}}}}</ref> Quasi-mathematisch ließe sich das folgendermaßen beschreiben:<ref name=":0" /> |
|||
Angst=Geschätzte Wahrscheinlichkeit*Geschätzter Schaden/(Copingstrategien+Mögliche Hilfe von außen) |
|||
* [[Höhenangst]] |
|||
* [[Berührungsangst]] |
|||
* [[Prüfungsangst]] |
|||
* [[Schulangst]] |
|||
* [[Todesangst]] |
|||
* [[Sexualangst]] |
|||
Eine ähnliche Erklärung bietet auch das [[Stressmodell von Lazarus]], wonach Angst eine Folge der subjektiven Bedrohungsinterpretation bei gleichzeitig geringer Bewältigungseinschätzung entsteht.<ref>{{Literatur |Autor=Lydia Suhr-Dachs, Manfred Döpfner |Titel=Leistungsängste: Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Angst- und Zwangsstörungen (THAZ) |Band=1 |Verlag=Hogrefe |Datum=2015 |ISBN=978-3-8409-2695-2 |Seiten=22-24 |Online={{Google Buch| BuchID=gw3zCQAAQBAJ| Seite=22}}}}</ref> |
|||
siehe auch: |
|||
*[[Phobie]] |
|||
*[[:Kategorie:Phobie]] |
|||
== |
== Psychoanalytische Sicht == |
||
[[Sigmund Freud]] unterschied drei Ursachen der Angst: |
|||
=== Angst === |
|||
* ''Die Realangst:'' Diese stellt sich bei äußerer Bedrohung in Gefahrensituationen ein, entspricht also der [[Furcht]]. Sie soll Gefahren signalisieren und als Antwort darauf angepasste Reaktionen auslösen. Die natürlichen Reaktionen sind Flucht, Ausweichen vor der Situation, Panik, Wut und Aggression. Dazu gehört auch die Vitalangst, welche bei lebensbedrohlichen Erkrankungen und Situationen wie z. B. [[Angina Pectoris]] oder [[Asthma bronchiale]] auftritt.<ref>Peter Ziese: Leben ohne Angst. Wie Sie Ängste und Neurosen überwinden können, Pabel-Moewig Verlag, 1999, S. 47.</ref> Das Ausmaß der Realangst ist auch von Faktoren wie der psychovegetativen Verfassung (Erschöpfung oder Auszehrung), der Persönlichkeit und Reaktionsbereitschaft, der Widerstandskraft und frühkindlichen Angsterfahrungen abhängig.<ref>Rainer Tölle: Psychiatrie, 7. Aufl., Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo, 1985, S. 72</ref> Angst erhöht die [[Anpassungsfähigkeit]], indem sie das Erlernen neuer Reaktionen zur Bewältigung von Gefahr motiviert. Sie kann aber auch bei zu großer Intensität zu in Bezug auf die Gefahrenbewältigung unangepassten Reaktionen und selbstschädigendem Verhalten führen.<ref>Philip. G. Zimbardo: Psychologie, 4. Aufl., Springer Verlag, Berlin - Heidelberg - New York - Tokyo, 1983, S. 376</ref> |
|||
* ''[[Sören Kierkegaard]]'', Der Begriff Angst, Reclam 1992, ISBN 3150087929 |
|||
* Rost, Detlef H.; Schermer, Franz J.: "Leistungsängstlichkeit". In Rost, Detlef H. (Hrsg.): "Handbuch der Pädagogische Psychologie". Weinheim 1998, 2001, ISBN 3-621-27491-X. |
|||
* Harro Albrecht, Cornelia Stolze: Fehlalarm im Mandelkern. In: [http://zeus.zeit.de/text/2006/01/S-Angst_2fneu DIE ZEIT 29.12.2005 Nr.1] – (''Über Panikattacken - Phobien und die gestörte Biochemie im Hirn. Besonders schön die Abbildung von Karl Wesker, die das Gehirn von der Wahrnehmung eines Schattens bis hin zur Meldung "Fehlalarm" erklärt.'') |
|||
* Die ''Binnenangst'' bzw. ''neurotische Angst'': Sie stellt sich ein, wenn das Ich von übermäßigen [[Triebtheorie|Triebansprüchen]] des [[Strukturmodell der Psyche#Es|Es]] überwältigt zu werden droht. |
|||
=== Angst und christlicher Glaube === |
|||
* Peter Knauer: ''Unseren Glauben verstehen'', Würzburg, 6. Auflage, 2001. |
|||
* Monika Renz: ''Zeugnisse Sterbender: Todesnähe als Wandlung und letzte Reifung.'' 3. Aufl. Junfermann, Paderborn, 2005. ISBN 3-87387-622-1 |
|||
* Monika Renz: ''Zwischen Urangst und Urvertrauen: Therapie früher Störungen über Musik-, Symbol- und spirituelle Erfahrungen''. Junfermann, Paderborn, 1996. ISBN 3-87387-263-3 |
|||
* Die ''moralische Angst'': Sie tritt auf, wenn das [[Über-Ich]] mit Strafe wegen Verletzungen von Regeln und Tabus droht, und äußert sich in Scham oder Schuldgefühlen. |
|||
=== Weitere Buchtitel === |
|||
* [[Angst (Stefan Zweig)]], [[Angst (Stephen Laws)]], [[Angst (Zbigniew Safjan)]], [[Keine Panik (Leidig / Glomp)]], Grundformen der Angst ([[Fritz Riemann]]) |
|||
Zur Verteidigung gegen diese Ängste stehen dem Ich mehrere [[Abwehrmechanismus|Abwehrmechanismen]] zur Verfügung, die [[Anna Freud]] in ihrem Buch ''Das Ich und die Abwehrmechanismen'' (1936) dargestellt hat. |
|||
Der Psychiater und Psychoanalytiker [[Stavros Mentzos]] hält die Angst aufgrund der sie „begleitenden vegetativen Erscheinungen sowie analoger Erscheinungen bei Tieren“ für ein „angeborenes und biologisch verankertes Reaktionsmuster“ und vergleicht sie mit der Schmerzreaktion.<ref>Stavros Mentzos, Neurotische Konfliktverarbeitung, Einführung in die psychoanalytische Neurosenlehre unter Berücksichtigung neuer Perspektiven, Frankfurt am Main 1984, S. 30.</ref> Im Anschluss an die [[Verhaltenstherapie]] fragt er sich, „ob nicht die Angst ein regelrechter Instinkt ist“.<ref>Stavros Mentzos: ''Neurotische Konfliktverarbeitung, Einführung in die psychoanalytische Neurosenlehre unter Berücksichtigung neuer Perspektiven'', Frankfurt am Main 1984, S. 30</ref> |
|||
== Soziologie der Angst == |
|||
Die Soziologie der Angst beschäftigt sich mit den sozialen Ursachen und Folgen sowie den gesellschaftlichen Erscheinungsformen von Angst. |
|||
In zahlreichen Theorien wird Angst, wenngleich häufig implizit, seit den Anfängen der Soziologie thematisiert. So etwa in [[Max Weber]]s These der letztlich angstgetriebenen protestantischen Ethik und deren Bedeutung für die Entstehung des modernen Kapitalismus<ref>{{Literatur |Autor=Max Weber |Titel=Wirtschaft und Gesellschaft |Verlag=Mohr |Ort=Tübingen |Datum=1922}}</ref> oder in [[Norbert Elias]]’ Theorie zunehmender Affektkontrolle, die maßgeblich durch Angst vor sozialer Scham und Beschämung getragen wird.<ref>{{Literatur |Autor=Norbert Elias |Titel=Über den Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen |Verlag=Suhrkamp |Ort=Frankfurt a. M. |Datum=1997}}</ref> Auch in soziologischen Anomietheorien werden Verunsicherung und Kontingenzangst infolge anomischer gesellschaftlicher Zustände als Grund für Suizid ([[Émile Durkheim|Emile Durkheim]])<ref>{{Literatur |Autor=Emile Durkheim |Titel=Der Selbstmord |Verlag=Suhrkamp |Ort=Frankfurt a. M. |Datum=1987}}</ref> sowie den Zusammenbruch verbindlicher sozialer Normen ([[Robert K. Merton]])<ref>{{Literatur |Autor=Robert K. Merton |Titel=Social Theory and Social Structure |Verlag=Free Press |Ort=NY |Datum=1963}}</ref> betrachtet. |
|||
=== These der Angstgesellschaft === |
|||
Einige soziologische Gegenwartsdiagnosen (u. a. [[Ulrich Beck]]<ref>{{Literatur |Autor=Beck, Ulrich |Titel=Risikogesellschaft Auf dem Weg in eine andere Moderne |Datum=2016 |ISBN=978-3-518-75065-0}}</ref> und [[Zygmunt Bauman]]<ref>{{Literatur |Autor=Bauman, Zygmunt, 1925- |Titel=Liquid fear |Verlag=Polity Press |Datum=2006 |ISBN=978-0-7456-3680-1}}</ref>) beschreiben westliche Gesellschaften als in den letzten Jahrzehnten zunehmend von Angst besetzt. Als Gründe hierfür werden in der Regel drei Arten von Argumenten angeführt: |
|||
* Zunahme konkreter Bedrohungen: Dabei wird eine Vielzahl potenzieller Bedrohungen genannt, das Spektrum reicht hier von technischen Risiken (nukleare Bedrohungen, Umweltverschmutzung) über Terrorismus bis hin zu Pandemien. |
|||
* Kontingenzzuwachs: Die soziale Entwicklung hat zu einer Zunahme an gesellschaftlicher Komplexität und einem erhöhten kulturellen Kontingenzbewusstsein geführt, die sich subjektiv in einem wachsenden Eindruck prinzipieller Unbestimmtheit und Unabsehbarkeit der Welt sowie der eigenen Lebensführung niederschlagen. Zu denjenigen Aspekten, die zu dieser Entwicklung beitragen, gehören Individualisierung, Optionsvielfalt, Heterogenisierung sozialer Normen, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Globalisierung, multipolare Weltordnung etc. |
|||
* Eigendynamik: Bereits bestehende Angst weitet sich kontinuierlich auf weitere soziale Bereiche aus (Übertragung) oder wird – zum Zwecke der Bewältigung – auf Ersatzobjekte projiziert (z. B. bestimmte Krankheiten oder soziale Gruppen) |
|||
Empirisch konnte die These einer Angstzunahme und eines hohen Niveaus von Angst allerdings zumindest für die Zeit zwischen den 1980er Jahren bis 2010 in Deutschland bislang nicht bestätigt werden.<ref name=":1">{{Literatur |Titel=Soziologie der Angst: Konzeptuelle Grundlagen, soziale Bedingungen und empirische Analysen |Verlag=Springer VS |Ort=Wiesbaden |Datum=2016 |ISBN=978-3-658-15522-3 |Seiten=504}}</ref> Auch die häufige Annahme einer „German Angst“ erwies sich im europäischen Vergleich, in dem Deutschland eines der niedrigsten Angstniveaus aufwies, als Mythos.<ref name=":1" /> |
|||
=== Angstformen === |
|||
Ausgehend von [[Angst (Philosophie)|philosophischen]] und psychologischen Angstbestimmungen kann zwischen konkreter Angst und Kontingenzangst unterschieden werden.<ref name=":1" /> Konkrete Angst fokussiert auf ein konkretes bedrohtes Objekt (z. B. physische Unversehrtheit, Anerkennung oder materielle Situation) und zeigt sich meist in einer Angst vor bzw. um etwas, während sich Kontingenzangst auf das „Leiden an der Unbestimmtheit“, d. h. auf [[Ungewissheit]], [[Unsicherheit]], [[Orientierung (mental)|Orientierungslosigkeit]] oder auch Optionsvielfalt bezieht. Es ist diese Form der Angst, die in soziologischen Gegenwartsdiagnosen als charakteristisch für komplexe Gegenwartsgesellschaften betrachtet wird. |
|||
=== Soziale Bedingungen von Angst === |
|||
Zu den sozialen Bedingungen von Angst zählen sowohl sozialstrukturelle als auch kulturelle Einflüsse. |
|||
Die [[Soziologie der Emotionen|Emotionssoziologie]] gibt einige Hinweise auf solche Faktoren. Laut sozialstrukturellen Ansätzen sind insbesondere Machtdefizite für die Entstehung von Angst verantwortlich,<ref>{{Literatur |Autor=Theodore D. Kemper |Titel=Power and Status and the Power-Status Theory of Emotions |Sammelwerk=Handbook of the Sociology of Emotions |Reihe=Handbooks of Sociology and Social Research |Verlag=Springer US |Datum=2006 |ISBN=978-0-387-30713-8 |Seiten=87–113 |Online=http://link.springer.com/chapter/10.1007/978-0-387-30715-2_5 |Abruf=2017-01-23 |DOI=10.1007/978-0-387-30715-2_5}}</ref> während kulturelle Theorien die Bedeutung von Emotionsnormen, d. h. soziale Regeln des Ausdrucks und Empfindens von Emotionen<ref>{{Literatur |Autor=Arlie Russell Hochschild |Titel=Emotion Work, Feeling Rules, and Social Structure |Sammelwerk=American Journal of Sociology |Band=85 |Nummer=3 |Datum=1979-11-01 |ISSN=0002-9602 |Seiten=551–575 |Online=http://www.journals.uchicago.edu/doi/10.1086/227049 |Abruf=2017-01-23 |DOI=10.1086/227049}}</ref>, betonen. |
|||
Max Dehne erweitert und systematisiert dieses Verständnis, indem er soziale Bedingungen auf sogenannte [[Emotionstheorien|Einschätzungsdimensionen]] bezieht, denen zufolge Angst entsteht, wenn eine Situation in einer bestimmten Weise – insbesondere entlang der Dimensionen betroffenes Identifikationsobjekt, Ungewissheit/Wahrscheinlichkeit und Kontrollierbarkeit – eingeschätzt wird.<ref name=":1" /> Dabei können vier Ebenen der sozialen Bedingtheit unterschieden werden: |
|||
* Transsituative Ebene: Wie Sachverhalte generell eingeschätzt werden, hängt von der sozialstrukturellen Position (z. B. Einkommen, Bildung, Alter) und kulturellen Bedingungen (z. B. Geschlecht, Religion, Herkunftsland) ab. |
|||
* Spezifische Wissensstrukturen: Hinzu kommen situative Aspekte, wie die in einer Gesellschaft zirkulierenden Bedrohungsinformationen in Bezug auf spezifische Situationen, die kulturell tradiert sein (z. B. [[Koro (Psychologie)|Koro-Krankheit]]), auf Erfahrungen beruhen (z. B. Erdbeben, Kriege) oder im gesellschaftlichen Diskurs vermittelt und in ihrer Bedeutung von verschiedenen Akteuren – Medien, Politiker, NGOs, Wirtschaftsunternehmen, soziale Bewegungen etc. – ausgehandelt werden können. Dabei üben unter anderem die Glaubwürdigkeit sowie das Standing der jeweiligen Akteure einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung von angstspezifischen Einschätzungen aus. |
|||
* Emotionale Effekte: Emotionen können zu einer Selbstverstärkung sowie Generalisierung führen. Ob und inwieweit dies geschieht, hängt von moderierenden sozialen Bedingungen (Repräsentativität der Situation, bestehende Wissensstrukturen, Emotionsnormen etc.) ab. |
|||
* Bewältigung: Angst kann, beispielsweise durch eine Umdeutung der Situation, zu bewältigen versucht werden. Dies kann indes auch zur Entstehung anderer Ängste führen, indem nun – eigentlich unverbundene – Situationen oder soziale Minderheiten als Bedrohung konstruiert werden. |
|||
== Formen des Angstverhaltens == |
|||
Im Umgang mit der Angst entwickeln Menschen entsprechend ihrer angeborenen Gefühlsstruktur und ihres erlernten [[Risikomanagement]]s ein breites Spektrum an Verhaltensmustern, die sich nicht immer stabil zeigen, sondern entsprechend der jeweiligen Angst auslösenden Situation erheblich variieren können. Der Wagnisforscher [[Siegbert A. Warwitz]] unterscheidet dabei acht typische „Einstellungstendenzen“, die sich in die Richtungen „Fluchtreflex“, „Angriffshaltung“, „Überhöhung“ oder „Verharmlosung“ bewegen:<ref>[[Siegbert A. Warwitz]]: ''Formen des Angstverhaltens''. In: Ders.: ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen''. 2., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1, S. 34–39</ref> |
|||
* Das ''Vermeidungsverhalten'' versucht, Angst induzierenden Ereignissen, Räumen oder Personen möglichst auszuweichen. |
|||
* Das ''Bagatellisierungsverhalten'' ist bestrebt, die als peinlich erlebten Angstgefühle vor sich und anderen herunterzuspielen. |
|||
* Das ''Verdrängungsverhalten'' versucht, der gestellten Aufgabe hinderliche Angstgefühle zu unterdrücken oder wegzuschieben. |
|||
* Das ''Leugnungsverhalten'' blendet Anzeichen von Angst aus dem Bewusstsein aus oder versteckt die als Schwäche empfundenen Angstgefühle vor anderen. |
|||
* Das ''Übertreibungsverhalten'' wiederholt und überzieht Sicherheitsvorkehrungen zur Beruhigung der angespannten Gefühlslage. |
|||
* Das ''Generalisierungsverhalten'' folgt dem Denkschema von Ängsten als „normaler“ Erscheinung, um sich aus einer erlebten Sonderstellung zu befreien. („Jeder hat doch Angst“) |
|||
* Das ''Bewältigungsverhalten'' bemüht sich um ein realitätsgerechtes Maß an Angst und um ein „funktionierendes Angstgewissen“. |
|||
* Das ''Heroisierungsverhalten'' nimmt die emotionale Befindlichkeit der Angst an, sucht sie sogar und empfindet dabei ein gewisses Heldentum. |
|||
== In der Popkultur == |
|||
Das [[Lied]] ''[[Darkness (Peter-Gabriel-Lied)|Darkness]]'' des [[Vereinigtes Königreich|britischen]] [[Pop-Rock]]-[[Musiker]]s [[Peter Gabriel]] aus dem Jahr 2002 beschäftigt sich mit den Ängsten und [[Unsicherheit]]en, die sich in der menschlichen [[Psyche]] abspielen. Die [[Strophe]]n beschreiben die Zurückhaltung des [[Typologisches Modell der Erzählsituationen#Ich-Erzähler|Ich-Erzählers]], sich dem Unbekannten zu stellen, und seine Angst, von außen untergraben oder [[Manipulation|manipuliert]] zu werden. Er fühlt sich [[Vulnerabilität|verwundbar]], klein und unbedeutend im Angesicht seiner Ängste und der [[Erinnerung (Psychologie)|Erinnerungen]], die diese hervorrufen.<ref name="PG-Up-Songtell">{{Internetquelle |autor=[[Künstliche Intelligenz|AI]] |url=https://www.songtell.com/de/peter-gabriel/darkness |titel=Bedeutung von Darkness von Peter Gabriel |hrsg=Songtell |datum=2023-06-18 |sprache=de-DE |abruf=2024-08-24}}</ref> Der [[Liedtext]] legt nahe, dass diese Ängste tief verwurzelt sein können und auf Kindheitserfahrungen oder -[[Kindheitstrauma|traumata]] zurückzuführen sein können.<ref name="PG-Up-Peter Gabriel">{{Internetquelle |autor=Peter Gabriel Ltd. |url=https://petergabriel.com/release/up/ |titel=UP – Released 23rd September, 2002 |hrsg=PeterGabriel.com |datum=2002-09-23 |sprache=en-GB |abruf=2024-08-23}}</ref> Insgesamt gesehen ist Darkness ein eindringliches und introspektives Lied, das die Tiefen menschlicher Angst und Verletzlichkeit und die Kraft des direkten Konfrontierens dieser Ängste erkundet. Es ermutigt die Zuhörer, ihre eigenen Ängste und Unsicherheiten aktiv anzugehen, um innere [[Heilung]] und [[Freiheit]] zu finden.<ref name="PG-Up-Songtell" /> |
|||
== Siehe auch == |
== Siehe auch == |
||
* [[Alarmismus]] |
|||
* [[Furcht]], [[Sorge]], [[Angstsensitivität]], [[Angstwerbung]], [[defensiver Pessimismus]], [[Panik]], [[Panikattacke]], [[Emotion]], [[Erlernte Hilflosigkeit]], [[Psychotherapie]], [[Unheimliches]], [[Anxiolytikum]], [[Doppelbindungstheorie]], [[Objekt klein a]], [[Türkengefahr]], [[Autismus]] |
|||
* [[Angstraum]] |
|||
* [[Angststörung]] |
|||
* [[Angstwerbung]], [[Furchtappell]] |
|||
* [[Anxiolytikum]] |
|||
* [[Defensiver Pessimismus]] |
|||
* [[Feigheit]] |
|||
* [[Freiheit statt Angst]] |
|||
* [[Kampf-oder-Flucht-Reaktion]] |
|||
* [[Liste phobischer Störungen]] |
|||
* [[Panangst]] |
|||
* [[Panik]], [[Angststarre]] |
|||
* [[Rote Angst]] |
|||
* [[Scare Tactics]] |
|||
* [[Sorge]] |
|||
== Literatur == |
|||
* Marcus Balzereit: ''Kritik der Angst''. [[VS-Verlag]], Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-16598-1. |
|||
* [[Borwin Bandelow]], Peter Palm (Illustrationen): ''Das Angstbuch. Woher Ängste kommen und wie man sie bekämpfen kann''. [[Rowohlt Verlag|rororo]] 61949, Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-499-61949-0. |
|||
* Christine Brasch, Inga-Maria Richberg: ''Die Angst aus heiterem Himmel''. Mosaik, München 1990, ISBN 3-570-06024-1. |
|||
* [[Katharina Domschke]], [[Peter Zwanzger]]: ''Das Alphabet der Angst: 200 Fakten rund um unsere wichtigste Emotion''. Verlag Herder, Freiburg 2005, ISBN 978-3451608865. |
|||
* [[Hanns Hippius]], Helmfried E. Klein und Friedrich Strian: ''Angstsyndrome. Diagnostik und Therapie.'' Springer, Berlin u. a. 1999, ISBN 3-540-63977-2. |
|||
* {{Literatur |Autor=Christoph J. Kemper |Titel=Das Persönlichkeitsmerkmal Angstsensitivität: Taxon oder Dimension? - Eine Analyse mit dem Mischverteilungs-Raschmodell |Verlag=Dr. Kovac |Ort=Hamburg |Datum=2010 |ISBN=978-3-8300-5119-0 }} |
|||
* Heinz W. Krohne: ''Angst und Angstbewältigung''. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln 1996, ISBN 3-17-013039-0. |
|||
* Heinz W. Krohne: ''Psychologie der Angst''. Kohlhammer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-17-020805-6. |
|||
* Gerda Lazarus-Mainka, Stefanie Siebeneick: ''Angst und Ängstlichkeit''. Hogrefe, Göttingen/Bern/Toronto/Seattle 1999, ISBN 3-8017-0969-8. |
|||
* Jörg Manthey: ''F41: Angststörungen, Teil 1: Leben mit Ängsten in der Gesellschaft''. epubliVerlag 2010, ISBN 978-3-86931-966-7. |
|||
* [[Stavros Mentzos]]: ''Neurotische Konfliktverarbeitung, Einführung in die psychoanalytische Neurosenlehre unter Berücksichtigung neuer Perspektiven'', Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-596-42239-6. |
|||
* Winfried Panse, Wolfgang Stegmann: ''Kostenfaktor Angst. Wie Ängste in Unternehmen entstehen. Warum Ängste die Leistung beeinflussen. Wie Ängste wirksam bekämpft werden.'' Moderne Industrie, Landsberg 1996, ISBN 3-478-35430-7. |
|||
* Theo R. Payk: ''Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie''. 131 Tabellen. In: ''Checklisten der aktuellen Medizin''. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart u. a. 1998, ISBN 3-13-710203-0. |
|||
* [[Harald Pühl]]: ''Angst in Gruppen und Institutionen''. 4. Auflage, Leutner, Berlin 2008, ISBN 3-934391-25-7. |
|||
* [[Fritz Riemann (Psychoanalytiker)|Fritz Riemann]]: ''[[Grundformen der Angst]]. Eine tiefenpsychologische Studie''. 39. Auflage. Reinhardt, München 2009, ISBN 3-497-00749-8. |
|||
* Maren Sörensen: ''Einführung in die Angstpsychologie.'' Deutscher Studien-Verlag, Weinheim 1993, ISBN 3-89271-374-X. |
|||
* [[Charles Spielberger]]: ''Anxiety and Behavior''. New York 1966. |
|||
* [[Siegbert A. Warwitz]]: ''Formen des Angstverhaltens''. In: Ders.: ''Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen''. Schneider-Verlag Hohengehren, 3., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2021, ISBN 978-3-8340-1620-1, S. 34–39. |
|||
* Siegbert A. Warwitz: ''Angst vermeiden - Angst suchen - Angst lernen''. In: Sache-Wort-Zahl 112 (2010)10–15. |
|||
* [[Robert Yerkes]], John D. Dodson: ''The relation of strength of stimulus to rapidity of habit-formation''. Journal of Comparative Neurology and Psychology, '''18''' (1908) 459–482. |
|||
== Weblinks == |
== Weblinks == |
||
{{Wikiquote|Angst}} |
{{Wikiquote|Angst}} |
||
{{Wiktionary|Angst}} |
{{Wiktionary|Angst}} |
||
* [https://www.sueddeutsche.de/thema/Angst Artikelsammlung zum Thema „Angst“] in der [[Süddeutsche Zeitung|Süddeutschen Zeitung]] |
|||
* [https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/angst/641 Eintrag zu „Angst“] im Lexikon der Neurowissenschaft von [[Spektrum.de]] |
|||
* [http://www.zpid.de/redact/category.php?cat=58 Übersicht Angststörungen (ZPID)] |
|||
* [http://jan.seifseit.de/skripte/originale/Das%20deutschsprachige%20State-Trait%20Angst%20Inventar.pdf Das deutschsprachige State-Trait Angst Inventar] (PDF; 121 kB) – Darstellung der Universität Trier |
|||
* [[Lilli Gast]], Charline Logé ([[International Psychoanalytic University Berlin|IPU Berlin]]): [https://50minuten.podigee.io/23-was-bedeutet-angst Was bedeutet Angst?] Wissenschaftspodcast der Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin (IPU), 14. April 2022 |
|||
* Cécile Loetz, Jakob Müller: [https://psy-cast.org/de/folge-11-angst-und-angsterkrankungen/ ''Angst und Angsterkrankungen'']. In: ''Rätsel des Unbewußten''. Podcast zur Psychoanalyse und Psychotherapie (Folge 11). |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
[[Kategorie:Emotion]] |
|||
<references responsive /> |
|||
[[Kategorie:Wortexport]] |
|||
[[Kategorie:Psychologie]] |
|||
[[Kategorie:Psychoanalyse]] |
|||
{{Gesundheitshinweis}} |
{{Gesundheitshinweis}} |
||
{{Normdaten|TYP=s|GND=4002053-8}} |
|||
[[Kategorie:Angst und Furcht| ]] |
|||
[[ca:Por]] |
|||
[[Kategorie:Allgemeine Psychologie]] |
|||
[[da:Angst]] |
|||
[[Kategorie:Konfliktforschung]] |
|||
[[en:Fear]] |
|||
[[Kategorie:Wikipedia:Artikel mit Video]] |
|||
[[es:Miedo]] |
|||
[[fa:ترس]] |
|||
[[fi:Pelko]] |
|||
[[fr:Peur]] |
|||
[[he:פחד]] |
|||
[[hr:Strah]] |
|||
[[io:Pavoro]] |
|||
[[it:Paura]] |
|||
[[nl:Angst]] |
|||
[[pl:Strach]] |
|||
[[pt:Medo]] |
|||
[[ru:Страх]] |
|||
[[simple:Fear]] |
Aktuelle Version vom 17. Mai 2025, 12:41 Uhr


Angst ist ein Grundgefühl, das sich in als bedrohlich empfundenen Situationen in Form einer Besorgnis und unlustbetonten Erregung äußert. Auslöser können dabei erwartete oder unerwartete Bedrohungen, etwa der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes sein.
Krankhaft übersteigerte oder nicht rational begründbare Angst wird als Angststörung bezeichnet.
Begriff
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Begriff Angst hat sich seit dem 8. Jahrhundert von indogermanisch *anghu „beengend“ über althochdeutsch angust entwickelt. Er ist verwandt mit lateinisch angustus bzw. angustia für „Enge, Beengung, Bedrängnis“ (siehe auch Angina) und angor „Würgen“.[1] Das Wort „Angst“ gibt es als Wortexport auch im Englischen, siehe German Angst. Es bedeutet so viel wie Existenzangst. Man spricht von „angst-ridden“ (von Angst geritten). Vermutlich wurde das Wort 1849 von George Eliot eingeführt.[2]
Psychoanalytiker wie beispielsweise Rainer Krause zählen die Angst zu den Affekten und unterscheiden die objektunbestimmte Angst (lateinisch angor) von der objektbezogenen, also zielgerichteten Furcht (lateinisch timor).
Weiterhin lässt sich eine situationsbedingt entstehende Emotion Angst von der relativ stabilen Persönlichkeitseigenschaft Ängstlichkeit unterscheiden. Sie werden nach dem Angstmodell von Charles Spielberger seit 1966 auch als State-Angst und Trait-Angst bezeichnet.[3]
Spektrum der Angst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Angst ist der Oberbegriff für eine Vielzahl von Gefühlsregungen, deren Gemeinsamkeit auf einer Verunsicherung des Gefühlslebens beruht. Der Psychoanalytiker Fritz Riemann unterscheidet in seinem verbreiteten Hauptwerk Grundformen der Angst[4] zwischen dem „schizoiden“, dem „depressiven“, dem „zwanghaften“ und dem „hysterischen“ Persönlichkeitstypus. Als damit verbundene „Grundängste“ des Menschen beschreibt er entsprechend die „Angst vor Nähe“, die „Angst vor Selbstwerdung“, die „Angst vor Veränderung“ und die „Angst vor Endgültigkeit“.
Obwohl als idealtypische Abstraktionen gedacht, haftet dieser Angstdeutung in der Tradition der Psychoanalyse bereits begrifflich unverkennbar eine Tendenz zum Krankhaften und damit zur Einseitigkeit an, die heute auch kritisch betrachtet wird.[5]
Die Erscheinungsformen der Angst reichen nach dem von dem Experimentalpsychologen Siegbert A. Warwitz aufgestellten Angst-Spektrum[6] von einfachen „Unsicherheiten“ (Beklommenheit, Scheu, Zaghaftigkeit …) über die „Zwänge“ (Esszwang, Kontrollzwang, Reinigungszwang etc.), die „Furchtformen“ (Verletzungsfurcht, Versagensfurcht, Berührungsfurcht etc.), die „Phobien“ (Akrophobie, Agoraphobie, Klaustrophobie …), die „Paniken“ (Angstanfall, Schockstarre, Katastrophenlähmung etc.) bis zu den „Psychosen“ (Neurotische Ängste, Verfolgungswahn, Lebensangst …). Dabei unterscheidet in der Regel nur der Fachpsychologe aus diagnostischen und therapeutischen Gründen differenzierter etwa zwischen Ängsten und Fürchten, beispielsweise zwischen einer diffusen allgemeinen Prüfungs-Angst und einer auf einen bestimmten Prüfer, ein fixierbares Fachgebiet oder eine definierbare Situation reduzierbare Prüfungs-Furcht. Angst wird im nichtfachlichen Bereich auch häufig mit andersartigen Gefühlsregungen verwechselt oder vermischt, etwa mit der Scham (Wahrung des Intimbereichs), mit dem Misstrauen (Zweifel an einer ärztlichen Kompetenz) oder mit einer hochgradigen psychischen Anspannung bei der Bewältigung einer gefahrenträchtigen Situation (Wagniskonzentration).
Angst lässt sich nicht grundsätzlich als unangenehme, negative Gefühlsregung festlegen. Wesentlich abhängig vom Grad der individuellen Risikoerfahrung und der persönlichen Kompetenzeinschätzung, kann Angst auch als in hohem Maße lustvolle Erfahrung gesucht und erlebt werden, etwa in Form des Thrills. Die Kontrasterfahrung von aufregender Gefahrensituation und deren Bewältigung führt zu einer gewünschten Steigerung des Lebensgefühls. Der sogenannte Kick kann dabei als (erwarteter) Wendepunkt zwischen der Anspannung und Befreiung aus der Angstphase gesehen werden.[7]
Als Steuerungsinstrumente gefahrenträchtigen Verhaltens und Warnimpulsgeber stellen die beherrschten nicht krankhaften Angstformen eine unverzichtbare Grundausstattung im Rahmen des funktionierenden Selbsterhaltungstriebs dar.[8]
Ein Sonderphänomen im Angstkomplex stellt die sogenannte „Angst vor der Angst“ (Phobophobie), auch Angstsensitivität genannt, dar, eine objektlose Angst vor den eigenen Angstsymptomen.[9]
Funktion der Angst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Evolutionsgeschichtlich hat die Angst eine wichtige Funktion als ein die Sinne schärfender und Körperkraft aktivierender Schutz- und Überlebensmechanismus, der in tatsächlichen oder auch nur vermeintlichen Gefahrensituationen ein angemessenes Verhalten (Fight-or-Flight) einleitet.
Diese Aufgabe kann sie nur erfüllen, wenn weder zu viel Angst das Handeln blockiert noch zu wenig Angst reale Gefahren und Risiken ausblendet. In ihrem bekannten Aktivationsmodell, das nach ihnen auch als Yerkes-Dodson-Gesetz oder „Gesetz der Angst“ bezeichnet wird, formulierten die Verhaltensbiologen und Ethologen Robert Yerkes und John D. Dodson bereits 1908 gesetzmäßige Zusammenhänge zwischen einem bestimmten nervösen Erregungsniveau der Probanden und der Abrufbarkeit ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit, die sie als „Aktivationsniveaus“ kennzeichneten.[10] Die seinerzeit in Tierversuchen gewonnenen Erkenntnisse konnten in ihrer Gültigkeit inzwischen durch empirische Studien auch für das menschliche Verhalten gesichert werden.[11]
Da der Energieaufwand für eine Flucht gering ist (wenige hundert Kilokalorien), übersehene Bedrohungen aber folgenschwere Auswirkungen nach sich ziehen können, ist die „Alarmanlage“ Angst von der Natur sehr empfindlich eingestellt, was bisweilen in Fehlalarmen resultiert.[12]
Angst kann sowohl bewusst als auch unbewusst wirken. Ist die Angstreaktion in Bezug auf die tatsächliche Bedrohungslage inadäquat, spricht man von einer Angststörung. Ist diese Angst an ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Situation gebunden, spricht man von einer Phobie.[13][14]
Körperliche Reaktionen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die körperlichen Symptome der Angst sind normale (also nicht krankhafte) physische Reaktionen, die bei (einer realen oder phantasierten) Gefahr die körperliche oder seelische Unversehrtheit, im Extremfall also das Überleben, sichern sollen. Sie sollen ein Lebewesen auf eine Kampf- oder Flucht-Situation (fight or flight) vorbereiten:
- Erhöhte Aufmerksamkeit, Pupillen weiten sich, Seh- und Hörnerven werden empfindlicher
- Ein größerer Teil der weißen Haut des Augapfels wird sichtbar
- Erhöhte Muskelanspannung, erhöhte Reaktionsgeschwindigkeit
- Erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck
- Flachere und schnellere Atmung
- Energiebereitstellung in Muskeln
- Körperliche Reaktionen wie zum Beispiel Schwitzen, Zittern und Schwindelgefühl
- Hitze- oder Kälteschauer
- Blasen-, Darm- und Magentätigkeit werden während des Zustands der Angst gehemmt
- Übelkeit und Atemnot treten in manchen Fällen ebenfalls auf
- Absonderung von Molekülen im Schweiß, die andere Menschen Angst riechen lassen und bei diesen unterbewusst Alarmbereitschaft auslösen[15]
Neben diesen individuellen Reaktionen hat das Zeigen von Angst etwa durch den charakteristischen Gesichtsausdruck oder durch Sprache gegenüber anderen den sozialen Sinn, um Schutz zu bitten.
Die körperlichen Ausdrucksformen der Angst sind die gleichen, unabhängig davon, ob es sich um eine reale Bedrohung oder um eine Panikattacke handelt. Jeder vierte Patient mit Angststörung klagt über chronische Schmerzen.[16][17]
Psychophysiologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Wechseln zwischen dem Entstehen von Angst bei Verteidigungs- und dem Erlöschen der Angst bei Erkundungsverhalten (Explorationsverhalten) ist für das Überleben von vielen Tieren lebensnotwendig, aber wie dieser Übergang durch spezifische neuronale Schaltungen erreicht wird, ist noch nicht hinreichend erforscht. Neurophysiologen nehmen an, dass bidirektionale Übergänge zwischen Zuständen hoher und niedriger Angst kontextabhängig durch sehr schnelle Veränderungen im Gleichgewicht der Tätigkeiten von zwei verschiedenen Gemeinschaften basaler Amygdala-Neuronen ausgelöst werden.[18]
Ausgehend von der Amygdala werden folgende Regionen erregt: periaquäduktales Grau, Locus caeruleus, Nucleus parabrachialis, das vegetative Nervensystem über den Hypothalamus und die so genannte Stressachse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse). Dabei kommt es bei einer akuten Stress-/Angstreaktion zur vermehrten Ausschüttung von Adrenalin aus dem Nebennierenmark. Bei lang anhaltendem, chronischem Stress dominiert die Ausschüttung von Cortisol aus der Nebennierenrinde.[19] Das Ausmaß der Reaktion ist dabei von Mensch zu Mensch verschieden. Frühe Erfahrungen (z. B. Stress der Mutter in der Schwangerschaft, perinatale Ereignisse, Mutter-Kind-Beziehung, Dauer der Stillzeit und anderes) scheinen hierbei eine Rolle zu spielen.[20]
Nach bisherigem Wissensstand spielen bei Ängsten vor allem drei Neurotransmittersysteme eine wichtige Rolle:[20]
- GABAerges System: GABA ist der wichtigste hemmende Neurotransmitter im ZNS. Eine verminderte GABA-Funktion führt zu Überreizung und zu Generalisierung der Erregung. Generalisierte Ängste scheinen mit einer mangelnden Funktion des hemmenden GABA-Systems in Verbindung zu stehen. Hierbei scheinen ausschließlich GABA-A-Benzodiazepin(BDZ)-Rezeptoren von Bedeutung zu sein. Benzodiazepine wirken stimulierend auf den GABA-BDZ-Rezeptorkomplex, was u. a. ihre angstlösende und beruhigende Wirkung erklärt. Zudem gibt es weit reichende Verbindungen des GABA-Systems mit dem noradrenergen und dem serotonergen Neurotransmittersystem.
- noradrenerges System: Noradrenerge Bahnen (mit Ausgang im Locus caeruleus und Efferenzen in die meisten Strukturen des Gehirns) scheinen bei Angstsymptomen eine entscheidende Rolle zu spielen. In Tierexperimenten konnte gezeigt werden, dass eine durch elektrische Reize gesteigerte noradrenerge Aktivität zum Vollbild einer Panikattacke führt. Eine fehlerhafte Regulation des Locus caeruleus wird daher diskutiert.
- serotonerges System: Das Serotonin-System spielt bei verschiedenen Formen der Angst eine große Rolle, die genauen Mechanismen sind jedoch noch nicht bekannt. Generell wird eine verminderte Funktion des serotonergen Systems mit Phobien, sozialen Phobien und Zwangsneurosen in Verbindung gebracht. Menschen mit niedrigem Serotonin-Spiegel reagieren gehemmt und ängstlich bis aggressiv. Auch bei Suizid-Patienten fand sich ein erniedrigter Serotoninspiegel. Allerdings wurde auch schon eine Überfunktion des serotonergen Systems im Zusammenhang mit Ängsten gefunden, so dass von einer differenzierten, wahrscheinlich strukturspezifischen und modulatorischen Wirkung ausgegangen wird.
Typische Reaktionen auf angstauslösende Stimuli sind Sympathikus-Erregung und Vermeidungsverhalten. Die autonome Sympathikusantwort und das Erkennen von Gefahrensignalen sind doppelt dissoziiert: Bei Schädigung der Amygdala kann das Gefahrensignal benannt werden, aber eine körperliche Angstreaktion erfolgt nicht, während bei Schädigung des Hippocampus die körperliche Angstreaktion ausgelöst wird, der Patient aber die Ursache nicht erkennt.[21] Bei Säugetieren können die spontanen Angstreaktionen von neokortikalen Hirngebieten, insbesondere dem präfrontalen Kortex (PFC), moduliert werden.[22] Zum Beispiel werden Mäuse schmerzempfindlicher, wenn sie zuvor die Schmerzreaktion einer anderen Maus beobachtet haben, aber nur, wenn es eine Bekannte war.[23] Auch beim Menschen ist die empathische Angstreaktion kontextabhängig. So war im Experiment von Lanzetta und Englis die Stärke der Angst eines Beobachters davon abhängig, ob das Modell in einem Spiel Gegner oder Mitstreiter war.[24] Projektionen vom ventromedialen PFC zur Amygdala sind entscheidend beim Extinktionslernen.[25]
Lernprozesse
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jeder Mensch bringt eine für ihn typische Angstdisposition von Geburt an mit, die sich aber schon ab dem Kleinkindalter und noch lebenslang durch entsprechende Lernprozesse erheblich verändern lässt. Jede Art von Angst kann gelernt, aber auch verlernt werden.[26]
Hierbei spielen die Unterschiede zwischen den vielfältigen Formen der Angst eine wesentliche Rolle:[27] So ergeben sich etwa gravierende Unterschiede sowohl in der Zielsetzung als auch in der Methode der Behandlung von Neurotischen Ängsten, Panikattacken, Phobien oder Fürchten. Jeder Lernprozess zielt auf das Erreichen eines möglichst realitätsgerechten, beherrschten mittleren Angstlevel ab, weil einerseits unangebrachte Ängste Energien vergeuden und zu starke Ängste das Aktionspotenzial lähmen, andererseits bei zu geringen Ängsten die notwendige Warnfunktion und Schutzwirkung fehlt.[28]
Gefahrensignale im Gedächtnis vorzuhalten, hat offensichtlich Selektionsvorteile. Angst ist die gelernte Verbindung von spezifischen Hinweisreizen in Ereignissen und deren schädlichen Konsequenzen. Ängste können auf verschiedene Weisen gelernt werden, etwa durch eigene Erfahrung (Konditionierung), durch Beobachtung fremden Verhaltens (Lernen am Modell) oder durch Instruktion (zum Beispiel Warnhinweise).[22]
Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein klassisches und einflussreiches lerntheoretisches Modell der Angstentstehung und -aufrechterhaltung ist die Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer (1960), die folgende Faktoren postuliert:
- Klassische Konditionierung: Die Entstehung der Angst erfolgt durch klassische Konditionierung, indem ein ursprünglich neutraler Reiz durch zeitgleiches Auftreten mit einer Angstreaktion zum konditionierten Angstreiz wird (siehe das Little-Albert-Experiment).
- Operante Konditionierung: Durch die Vermeidung des klassisch konditionierten Angstreizes (ein Objekt oder eine bestimmte Situation, z. B. Straßenbahnfahren) kommt es zur Reduktion von Angst und Anspannung und somit zur negativen Verstärkung und Aufrechterhaltung des Vermeidungsverhaltens und der Erwartungsangst.
Preparedness
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einige Ängste, wie die Angst vor Spinnen, Schlangen und wütenden Gesichtern, können sehr viel leichter gelernt werden als andere. Sie sind offenbar, wie Martin Seligman es nannte, „biologisch vorbereitet“. Dieses Phänomen nannte er Preparedness. Dies ist auch der Fall, wenn die Reize unterschwellig dargeboten werden.[29] Neuzeitliche Gefahrenquellen wie Schusswaffen oder defekte Elektrokabel sind jedoch nicht biologisch vorbereitet.[30]
Kognitive Sicht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aus kognitiver Sicht entsteht Angst nach Aaron T. Beck, wenn die Auftretenswahrscheinlichkeit einer Gefahr groß, die Kosten eines Schadens hoch und eigene Copingstrategien und die Chance auf Hilfe von außen gering eingeschätzt werden.[31] Quasi-mathematisch ließe sich das folgendermaßen beschreiben:[31]
Angst=Geschätzte Wahrscheinlichkeit*Geschätzter Schaden/(Copingstrategien+Mögliche Hilfe von außen)
Eine ähnliche Erklärung bietet auch das Stressmodell von Lazarus, wonach Angst eine Folge der subjektiven Bedrohungsinterpretation bei gleichzeitig geringer Bewältigungseinschätzung entsteht.[32]
Psychoanalytische Sicht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sigmund Freud unterschied drei Ursachen der Angst:
- Die Realangst: Diese stellt sich bei äußerer Bedrohung in Gefahrensituationen ein, entspricht also der Furcht. Sie soll Gefahren signalisieren und als Antwort darauf angepasste Reaktionen auslösen. Die natürlichen Reaktionen sind Flucht, Ausweichen vor der Situation, Panik, Wut und Aggression. Dazu gehört auch die Vitalangst, welche bei lebensbedrohlichen Erkrankungen und Situationen wie z. B. Angina Pectoris oder Asthma bronchiale auftritt.[33] Das Ausmaß der Realangst ist auch von Faktoren wie der psychovegetativen Verfassung (Erschöpfung oder Auszehrung), der Persönlichkeit und Reaktionsbereitschaft, der Widerstandskraft und frühkindlichen Angsterfahrungen abhängig.[34] Angst erhöht die Anpassungsfähigkeit, indem sie das Erlernen neuer Reaktionen zur Bewältigung von Gefahr motiviert. Sie kann aber auch bei zu großer Intensität zu in Bezug auf die Gefahrenbewältigung unangepassten Reaktionen und selbstschädigendem Verhalten führen.[35]
- Die Binnenangst bzw. neurotische Angst: Sie stellt sich ein, wenn das Ich von übermäßigen Triebansprüchen des Es überwältigt zu werden droht.
- Die moralische Angst: Sie tritt auf, wenn das Über-Ich mit Strafe wegen Verletzungen von Regeln und Tabus droht, und äußert sich in Scham oder Schuldgefühlen.
Zur Verteidigung gegen diese Ängste stehen dem Ich mehrere Abwehrmechanismen zur Verfügung, die Anna Freud in ihrem Buch Das Ich und die Abwehrmechanismen (1936) dargestellt hat.
Der Psychiater und Psychoanalytiker Stavros Mentzos hält die Angst aufgrund der sie „begleitenden vegetativen Erscheinungen sowie analoger Erscheinungen bei Tieren“ für ein „angeborenes und biologisch verankertes Reaktionsmuster“ und vergleicht sie mit der Schmerzreaktion.[36] Im Anschluss an die Verhaltenstherapie fragt er sich, „ob nicht die Angst ein regelrechter Instinkt ist“.[37]
Soziologie der Angst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Soziologie der Angst beschäftigt sich mit den sozialen Ursachen und Folgen sowie den gesellschaftlichen Erscheinungsformen von Angst.
In zahlreichen Theorien wird Angst, wenngleich häufig implizit, seit den Anfängen der Soziologie thematisiert. So etwa in Max Webers These der letztlich angstgetriebenen protestantischen Ethik und deren Bedeutung für die Entstehung des modernen Kapitalismus[38] oder in Norbert Elias’ Theorie zunehmender Affektkontrolle, die maßgeblich durch Angst vor sozialer Scham und Beschämung getragen wird.[39] Auch in soziologischen Anomietheorien werden Verunsicherung und Kontingenzangst infolge anomischer gesellschaftlicher Zustände als Grund für Suizid (Emile Durkheim)[40] sowie den Zusammenbruch verbindlicher sozialer Normen (Robert K. Merton)[41] betrachtet.
These der Angstgesellschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einige soziologische Gegenwartsdiagnosen (u. a. Ulrich Beck[42] und Zygmunt Bauman[43]) beschreiben westliche Gesellschaften als in den letzten Jahrzehnten zunehmend von Angst besetzt. Als Gründe hierfür werden in der Regel drei Arten von Argumenten angeführt:
- Zunahme konkreter Bedrohungen: Dabei wird eine Vielzahl potenzieller Bedrohungen genannt, das Spektrum reicht hier von technischen Risiken (nukleare Bedrohungen, Umweltverschmutzung) über Terrorismus bis hin zu Pandemien.
- Kontingenzzuwachs: Die soziale Entwicklung hat zu einer Zunahme an gesellschaftlicher Komplexität und einem erhöhten kulturellen Kontingenzbewusstsein geführt, die sich subjektiv in einem wachsenden Eindruck prinzipieller Unbestimmtheit und Unabsehbarkeit der Welt sowie der eigenen Lebensführung niederschlagen. Zu denjenigen Aspekten, die zu dieser Entwicklung beitragen, gehören Individualisierung, Optionsvielfalt, Heterogenisierung sozialer Normen, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Globalisierung, multipolare Weltordnung etc.
- Eigendynamik: Bereits bestehende Angst weitet sich kontinuierlich auf weitere soziale Bereiche aus (Übertragung) oder wird – zum Zwecke der Bewältigung – auf Ersatzobjekte projiziert (z. B. bestimmte Krankheiten oder soziale Gruppen)
Empirisch konnte die These einer Angstzunahme und eines hohen Niveaus von Angst allerdings zumindest für die Zeit zwischen den 1980er Jahren bis 2010 in Deutschland bislang nicht bestätigt werden.[44] Auch die häufige Annahme einer „German Angst“ erwies sich im europäischen Vergleich, in dem Deutschland eines der niedrigsten Angstniveaus aufwies, als Mythos.[44]
Angstformen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ausgehend von philosophischen und psychologischen Angstbestimmungen kann zwischen konkreter Angst und Kontingenzangst unterschieden werden.[44] Konkrete Angst fokussiert auf ein konkretes bedrohtes Objekt (z. B. physische Unversehrtheit, Anerkennung oder materielle Situation) und zeigt sich meist in einer Angst vor bzw. um etwas, während sich Kontingenzangst auf das „Leiden an der Unbestimmtheit“, d. h. auf Ungewissheit, Unsicherheit, Orientierungslosigkeit oder auch Optionsvielfalt bezieht. Es ist diese Form der Angst, die in soziologischen Gegenwartsdiagnosen als charakteristisch für komplexe Gegenwartsgesellschaften betrachtet wird.
Soziale Bedingungen von Angst
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu den sozialen Bedingungen von Angst zählen sowohl sozialstrukturelle als auch kulturelle Einflüsse.
Die Emotionssoziologie gibt einige Hinweise auf solche Faktoren. Laut sozialstrukturellen Ansätzen sind insbesondere Machtdefizite für die Entstehung von Angst verantwortlich,[45] während kulturelle Theorien die Bedeutung von Emotionsnormen, d. h. soziale Regeln des Ausdrucks und Empfindens von Emotionen[46], betonen.
Max Dehne erweitert und systematisiert dieses Verständnis, indem er soziale Bedingungen auf sogenannte Einschätzungsdimensionen bezieht, denen zufolge Angst entsteht, wenn eine Situation in einer bestimmten Weise – insbesondere entlang der Dimensionen betroffenes Identifikationsobjekt, Ungewissheit/Wahrscheinlichkeit und Kontrollierbarkeit – eingeschätzt wird.[44] Dabei können vier Ebenen der sozialen Bedingtheit unterschieden werden:
- Transsituative Ebene: Wie Sachverhalte generell eingeschätzt werden, hängt von der sozialstrukturellen Position (z. B. Einkommen, Bildung, Alter) und kulturellen Bedingungen (z. B. Geschlecht, Religion, Herkunftsland) ab.
- Spezifische Wissensstrukturen: Hinzu kommen situative Aspekte, wie die in einer Gesellschaft zirkulierenden Bedrohungsinformationen in Bezug auf spezifische Situationen, die kulturell tradiert sein (z. B. Koro-Krankheit), auf Erfahrungen beruhen (z. B. Erdbeben, Kriege) oder im gesellschaftlichen Diskurs vermittelt und in ihrer Bedeutung von verschiedenen Akteuren – Medien, Politiker, NGOs, Wirtschaftsunternehmen, soziale Bewegungen etc. – ausgehandelt werden können. Dabei üben unter anderem die Glaubwürdigkeit sowie das Standing der jeweiligen Akteure einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung von angstspezifischen Einschätzungen aus.
- Emotionale Effekte: Emotionen können zu einer Selbstverstärkung sowie Generalisierung führen. Ob und inwieweit dies geschieht, hängt von moderierenden sozialen Bedingungen (Repräsentativität der Situation, bestehende Wissensstrukturen, Emotionsnormen etc.) ab.
- Bewältigung: Angst kann, beispielsweise durch eine Umdeutung der Situation, zu bewältigen versucht werden. Dies kann indes auch zur Entstehung anderer Ängste führen, indem nun – eigentlich unverbundene – Situationen oder soziale Minderheiten als Bedrohung konstruiert werden.
Formen des Angstverhaltens
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Umgang mit der Angst entwickeln Menschen entsprechend ihrer angeborenen Gefühlsstruktur und ihres erlernten Risikomanagements ein breites Spektrum an Verhaltensmustern, die sich nicht immer stabil zeigen, sondern entsprechend der jeweiligen Angst auslösenden Situation erheblich variieren können. Der Wagnisforscher Siegbert A. Warwitz unterscheidet dabei acht typische „Einstellungstendenzen“, die sich in die Richtungen „Fluchtreflex“, „Angriffshaltung“, „Überhöhung“ oder „Verharmlosung“ bewegen:[47]
- Das Vermeidungsverhalten versucht, Angst induzierenden Ereignissen, Räumen oder Personen möglichst auszuweichen.
- Das Bagatellisierungsverhalten ist bestrebt, die als peinlich erlebten Angstgefühle vor sich und anderen herunterzuspielen.
- Das Verdrängungsverhalten versucht, der gestellten Aufgabe hinderliche Angstgefühle zu unterdrücken oder wegzuschieben.
- Das Leugnungsverhalten blendet Anzeichen von Angst aus dem Bewusstsein aus oder versteckt die als Schwäche empfundenen Angstgefühle vor anderen.
- Das Übertreibungsverhalten wiederholt und überzieht Sicherheitsvorkehrungen zur Beruhigung der angespannten Gefühlslage.
- Das Generalisierungsverhalten folgt dem Denkschema von Ängsten als „normaler“ Erscheinung, um sich aus einer erlebten Sonderstellung zu befreien. („Jeder hat doch Angst“)
- Das Bewältigungsverhalten bemüht sich um ein realitätsgerechtes Maß an Angst und um ein „funktionierendes Angstgewissen“.
- Das Heroisierungsverhalten nimmt die emotionale Befindlichkeit der Angst an, sucht sie sogar und empfindet dabei ein gewisses Heldentum.
In der Popkultur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Lied Darkness des britischen Pop-Rock-Musikers Peter Gabriel aus dem Jahr 2002 beschäftigt sich mit den Ängsten und Unsicherheiten, die sich in der menschlichen Psyche abspielen. Die Strophen beschreiben die Zurückhaltung des Ich-Erzählers, sich dem Unbekannten zu stellen, und seine Angst, von außen untergraben oder manipuliert zu werden. Er fühlt sich verwundbar, klein und unbedeutend im Angesicht seiner Ängste und der Erinnerungen, die diese hervorrufen.[48] Der Liedtext legt nahe, dass diese Ängste tief verwurzelt sein können und auf Kindheitserfahrungen oder -traumata zurückzuführen sein können.[49] Insgesamt gesehen ist Darkness ein eindringliches und introspektives Lied, das die Tiefen menschlicher Angst und Verletzlichkeit und die Kraft des direkten Konfrontierens dieser Ängste erkundet. Es ermutigt die Zuhörer, ihre eigenen Ängste und Unsicherheiten aktiv anzugehen, um innere Heilung und Freiheit zu finden.[48]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alarmismus
- Angstraum
- Angststörung
- Angstwerbung, Furchtappell
- Anxiolytikum
- Defensiver Pessimismus
- Feigheit
- Freiheit statt Angst
- Kampf-oder-Flucht-Reaktion
- Liste phobischer Störungen
- Panangst
- Panik, Angststarre
- Rote Angst
- Scare Tactics
- Sorge
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Marcus Balzereit: Kritik der Angst. VS-Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-16598-1.
- Borwin Bandelow, Peter Palm (Illustrationen): Das Angstbuch. Woher Ängste kommen und wie man sie bekämpfen kann. rororo 61949, Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-499-61949-0.
- Christine Brasch, Inga-Maria Richberg: Die Angst aus heiterem Himmel. Mosaik, München 1990, ISBN 3-570-06024-1.
- Katharina Domschke, Peter Zwanzger: Das Alphabet der Angst: 200 Fakten rund um unsere wichtigste Emotion. Verlag Herder, Freiburg 2005, ISBN 978-3451608865.
- Hanns Hippius, Helmfried E. Klein und Friedrich Strian: Angstsyndrome. Diagnostik und Therapie. Springer, Berlin u. a. 1999, ISBN 3-540-63977-2.
- Christoph J. Kemper: Das Persönlichkeitsmerkmal Angstsensitivität: Taxon oder Dimension? - Eine Analyse mit dem Mischverteilungs-Raschmodell. Dr. Kovac, Hamburg 2010, ISBN 978-3-8300-5119-0.
- Heinz W. Krohne: Angst und Angstbewältigung. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin/Köln 1996, ISBN 3-17-013039-0.
- Heinz W. Krohne: Psychologie der Angst. Kohlhammer, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-17-020805-6.
- Gerda Lazarus-Mainka, Stefanie Siebeneick: Angst und Ängstlichkeit. Hogrefe, Göttingen/Bern/Toronto/Seattle 1999, ISBN 3-8017-0969-8.
- Jörg Manthey: F41: Angststörungen, Teil 1: Leben mit Ängsten in der Gesellschaft. epubliVerlag 2010, ISBN 978-3-86931-966-7.
- Stavros Mentzos: Neurotische Konfliktverarbeitung, Einführung in die psychoanalytische Neurosenlehre unter Berücksichtigung neuer Perspektiven, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-596-42239-6.
- Winfried Panse, Wolfgang Stegmann: Kostenfaktor Angst. Wie Ängste in Unternehmen entstehen. Warum Ängste die Leistung beeinflussen. Wie Ängste wirksam bekämpft werden. Moderne Industrie, Landsberg 1996, ISBN 3-478-35430-7.
- Theo R. Payk: Checkliste Psychiatrie und Psychotherapie. 131 Tabellen. In: Checklisten der aktuellen Medizin. 3. Auflage. Thieme, Stuttgart u. a. 1998, ISBN 3-13-710203-0.
- Harald Pühl: Angst in Gruppen und Institutionen. 4. Auflage, Leutner, Berlin 2008, ISBN 3-934391-25-7.
- Fritz Riemann: Grundformen der Angst. Eine tiefenpsychologische Studie. 39. Auflage. Reinhardt, München 2009, ISBN 3-497-00749-8.
- Maren Sörensen: Einführung in die Angstpsychologie. Deutscher Studien-Verlag, Weinheim 1993, ISBN 3-89271-374-X.
- Charles Spielberger: Anxiety and Behavior. New York 1966.
- Siegbert A. Warwitz: Formen des Angstverhaltens. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. Schneider-Verlag Hohengehren, 3., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2021, ISBN 978-3-8340-1620-1, S. 34–39.
- Siegbert A. Warwitz: Angst vermeiden - Angst suchen - Angst lernen. In: Sache-Wort-Zahl 112 (2010)10–15.
- Robert Yerkes, John D. Dodson: The relation of strength of stimulus to rapidity of habit-formation. Journal of Comparative Neurology and Psychology, 18 (1908) 459–482.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Artikelsammlung zum Thema „Angst“ in der Süddeutschen Zeitung
- Eintrag zu „Angst“ im Lexikon der Neurowissenschaft von Spektrum.de
- Übersicht Angststörungen (ZPID)
- Das deutschsprachige State-Trait Angst Inventar (PDF; 121 kB) – Darstellung der Universität Trier
- Lilli Gast, Charline Logé (IPU Berlin): Was bedeutet Angst? Wissenschaftspodcast der Internationalen Psychoanalytischen Universität Berlin (IPU), 14. April 2022
- Cécile Loetz, Jakob Müller: Angst und Angsterkrankungen. In: Rätsel des Unbewußten. Podcast zur Psychoanalyse und Psychotherapie (Folge 11).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 1999, ISBN 3-11-016392-6
- ↑ angst | Search Online Etymology Dictionary. Abgerufen am 20. Juli 2022.
- ↑ Charles D. Spielberger: Anxiety and Behavior New York 1966
- ↑ Fritz Riemann: Grundformen der Angst. Eine tiefenpsychologische Studie. 39. Auflage. Reinhardt, München 2009, ISBN 3-497-00749-8
- ↑ Rudolf Sponsel zu Riemanns Typologie auf sgipt.org.
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Das Feld der Angstgefühle. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. 2., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Vom Sinn des Wagens. Warum Menschen sich gefährlichen Herausforderungen stellen. In: DAV (Hrsg.) Berg 2006. München-Innsbruck-Bozen 2005, ISBN 3-937530-10-X, S. 96–111
- ↑ Dietmar Goltschnigg (Hrsg.): Angst. Lähmender Stillstand und Motor des Fortschritts. Stauffenburg, Tübingen 2012, S. 13
- ↑ Christoph J. Kemper: Das Persönlichkeitsmerkmal Angstsensitivität: Taxon oder Dimension? - Eine Analyse mit dem Mischverteilungs-Raschmodell, Hamburg 2010, ISBN 978-3-8300-5119-0
- ↑ Yerkes, R.M. & Dodson, J.D.: The relation of strength of stimulus to rapidity of habit-formation. Journal of Comparative Neurology and Psychology, 18 (1908) 459–482
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Die Funktion von Angst und Furcht. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. 2., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1, Seiten 32–39
- ↑ R. M. Nesse: The smoke detector principle. Annals of the New York Academy of Sciences 935, 2001, S. 75–85
- ↑ Vgl. Klaus Dörner, Ursula Plog: Irren ist menschlich: Lehrbuch der Psychiatrie/Psychotherapie. Bonn 1996, S. 41 f. ISBN 3-88414-183-X
- ↑ Vgl. Anton Hügli, Poul Lübcke (Hrsg.): Philosophie-Lexikon, Reinbek bei Hamburg 1998, S. 39f ISBN 3-499-55453-4
- ↑ Mujica-Parodi et al., Chemosensory Cues to Conspecific Emotional Stress Activate Amygdala in Humans, PLoS One. 2009; 4(7): e6415. PMC 2713432 (freier Volltext)
- ↑ „Angststörung kann Schmerzen bereiten“, Ärzte Zeitung, 18. Januar 2007, S. 11.
- ↑ Analyse der Einweisungsdiagnose in einer universitären Schmerzambulanz... Abgerufen am 20. Juli 2022.
- ↑ Browse Articles | Nature. Abgerufen am 20. Juli 2022 (englisch).
- ↑ Robert F. Schmidt, Florian Lang, Manfred Heckmann (Hrsg.): Physiologie des Menschen: Mit Pathophysiologie. Springer, 2017, ISBN 978-3-662-54121-0.
- ↑ a b Rudolf Marx: Angststörungen - eine Einführung. In: Beiglböck u. a.: Handbuch der klinisch-psychologischen Behandlung. 2. Auflage. Springer. Wien 2006. S. 197–203. ISBN 3-211-23602-3.
- ↑ A. Bechara et al. (1995). Double dissociation of conditioning and declarative knowledge relative to the amygdala and hippocampus in humans. Science, 269, S. 1115–1118 doi:10.1126/science.7652558
- ↑ a b Olsson & Phelps (2007). Social learning of fear. Nature Neuroscience, Vol. 10, Iss. 9, S. 1095–1102
- ↑ D. J. Langford (2006). Social modulation of pain as evidence for empathy in mice. Science, 312, S. 1967–1970.
- ↑ Lanzetta & Englis (1989). Expectations of cooperation and competition and their effects on observers' vicarious emotional responses. Journal of Personality and Social Psychology, 56, S. 534–554.
- ↑ E. Phelps et al. (2004). Extinction learning in humans: role of the amygdala and vmPFC. Neuron, 43, S. 897–905
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Angst vermeiden - Angst suchen - Angst lernen. In: Sache-Wort-Zahl 112 (2010)10–15.
- ↑ Fritz Riemann: Grundformen der Angst. Eine tiefenpsychologische Studie. 39. Auflage. Reinhardt, München 2009. ISBN 3-497-00749-8.
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Das Feld der Angstgefühle. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. 2., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1, Seiten 36–37
- ↑ M. Seligman (1971). Phobias and preparedness. Behavior Therapy, S. 307–321.
- ↑ Öhman & Mineka (2001). Fears, phobias, and preparedness: toward an evolved module of fear and fear learning, Psychological Review, 108, S. 483–522
- ↑ a b Randy O. Frost, Gail Steketee: Cognitive Approaches to Obsessions and Compulsions: Theory, Assessment, and Treatment. Elsevier, 2002, ISBN 978-0-08-043410-0, S. 45 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Lydia Suhr-Dachs, Manfred Döpfner: Leistungsängste: Therapieprogramm für Kinder und Jugendliche mit Angst- und Zwangsstörungen (THAZ). Band 1. Hogrefe, 2015, ISBN 978-3-8409-2695-2, S. 22–24 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Peter Ziese: Leben ohne Angst. Wie Sie Ängste und Neurosen überwinden können, Pabel-Moewig Verlag, 1999, S. 47.
- ↑ Rainer Tölle: Psychiatrie, 7. Aufl., Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, Tokyo, 1985, S. 72
- ↑ Philip. G. Zimbardo: Psychologie, 4. Aufl., Springer Verlag, Berlin - Heidelberg - New York - Tokyo, 1983, S. 376
- ↑ Stavros Mentzos, Neurotische Konfliktverarbeitung, Einführung in die psychoanalytische Neurosenlehre unter Berücksichtigung neuer Perspektiven, Frankfurt am Main 1984, S. 30.
- ↑ Stavros Mentzos: Neurotische Konfliktverarbeitung, Einführung in die psychoanalytische Neurosenlehre unter Berücksichtigung neuer Perspektiven, Frankfurt am Main 1984, S. 30
- ↑ Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Mohr, Tübingen 1922.
- ↑ Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1997.
- ↑ Emile Durkheim: Der Selbstmord. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1987.
- ↑ Robert K. Merton: Social Theory and Social Structure. Free Press, NY 1963.
- ↑ Beck, Ulrich: Risikogesellschaft Auf dem Weg in eine andere Moderne. 2016, ISBN 978-3-518-75065-0.
- ↑ Bauman, Zygmunt, 1925-: Liquid fear. Polity Press, 2006, ISBN 978-0-7456-3680-1.
- ↑ a b c d Soziologie der Angst: Konzeptuelle Grundlagen, soziale Bedingungen und empirische Analysen. Springer VS, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-15522-3, S. 504.
- ↑ Theodore D. Kemper: Power and Status and the Power-Status Theory of Emotions. In: Handbook of the Sociology of Emotions (= Handbooks of Sociology and Social Research). Springer US, 2006, ISBN 978-0-387-30713-8, S. 87–113, doi:10.1007/978-0-387-30715-2_5 (springer.com [abgerufen am 23. Januar 2017]).
- ↑ Arlie Russell Hochschild: Emotion Work, Feeling Rules, and Social Structure. In: American Journal of Sociology. Band 85, Nr. 3, 1. November 1979, ISSN 0002-9602, S. 551–575, doi:10.1086/227049 (uchicago.edu [abgerufen am 23. Januar 2017]).
- ↑ Siegbert A. Warwitz: Formen des Angstverhaltens. In: Ders.: Sinnsuche im Wagnis. Leben in wachsenden Ringen. 2., erw. Auflage, Verlag Schneider, Baltmannsweiler 2016, ISBN 978-3-8340-1620-1, S. 34–39
- ↑ a b AI: Bedeutung von Darkness von Peter Gabriel. Songtell, 18. Juni 2023, abgerufen am 24. August 2024 (deutsch).
- ↑ Peter Gabriel Ltd.: UP – Released 23rd September, 2002. PeterGabriel.com, 23. September 2002, abgerufen am 23. August 2024 (britisches Englisch).