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„Wolbecker Tiergarten“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Münster, Wolbeck, Wolbecker Tiergarten -- 2014 -- 7122.jpg|mini|Weg im NSG Wolbecker Tiergarten]]
Das [[Naturschutzgebiet]] '''Wolbecker Tiergarten''' liegt in dem rund 450 Hektar großen Staatsforst [[Münster-Wolbeck|Wolbeck]] im [[Münsterland]].
Das [[Naturschutzgebiet (Deutschland)|Naturschutz-]] und [[Natura 2000|FFH-Gebiet]] '''Wolbecker Tiergarten''' liegt in dem rund 350 Hektar großen Staatsforst [[Wolbeck]] in [[Münster]].


== Geographie ==
Der Staatsforst wurde im 12. Jahrhundert angelegt und ist damit einer der ältesten Forste im Münsterland. Entgegen dem Namen hat der Tiergarten nichts mit einem zoologischen Garten gemein. Im 18. Jahrhundert ließ Fürstbischof Clemens August in dem Wald [[Hirsche]], [[Reh]]e und [[Wildschwein]]e zur Jagd ansiedeln, die heute noch in großer Zahl dort vorhanden sind. Zudem wurde die [[Rote Waldameise]] an mehreren Stellen angesiedelt. Auch findet man hier den [[Feuersalamander]].
[[Datei:Münster, Wolbeck, Wolbecker Tiergarten, Angel -- 2014 -- 7128.jpg|mini|[[Angel (Fluss)|Angel]] im NSG Wolbecker Tiergarten]]
Der Wolbecker Tiergarten erstreckt sich über eine Fläche von 288 Hektar im äußersten Südosten von Münster. Im Norden und im Westen grenzt der Tiergarten an den Stadtteil [[Wolbeck|Münster-Wolbeck]]; im Süden wie im Osten stellt er die Grenze zum [[Kreis Warendorf]] dar.


Durch die [[Angel (Fluss)|Angel]], die von Osten nach Westen durch den Wald fließt, wird der Tiergarten in einen kleineren nördlichen Teil und einen größeren südlichen Teil getrennt. Den nördlichen Teil bezeichnet man auch als ''Kellingholz''.
Sehenswert sind zudem die zahlreichen [[Pilz|Pilzsorten]], wie [[Riesenporling]] oder die [[Ochsenzunge]]. Zudem findet man hier zahlreich mehr als 300 Jahre alte [[Eichen]], wie die aus dem 16. Jahrhundert stammende [[Donnereiche]].


Die Wege des Tiergartens sind rasterförmig angelegt. Nur die Straße ''Tiergarten'' ist asphaltiert (im weiteren Verlauf mit einer Schotterdecke), ansonsten dominieren typische Waldwege. An insgesamt drei Stellen befinden sich Brücken über die Angel.


== Geschichte ==
[[Kategorie:Naturschutzgebiet (Nordrhein-Westfalen)]]
[[Datei:Münster, Wolbeck, Wolbecker Tiergarten, Barocker Grenzstein -- 2014 -- 7075.jpg|mini|Stein mit Initialen C.A. des Fürstbischofs Clemens August, Kurfürstenhut und Jahreszahl 1740 im NSG]]
[[Kategorie:Münsterland]]
Der heutige Staatsforst wurde wahrscheinlich erstmals im 12. Jahrhundert in einer bewaldeten Mark angelegt, damit ist er einer der ältesten Forste im [[Münsterland]]. Die heutige charakteristische Form des Tiergartens und auch seinen Namen erhielt der Wald allerdings erst im 18. Jahrhundert. Zwar wurde der Tiergarten bereits in den Jahren davor von den Fürstbischöfen von Münster als [[Jagdpark]] genutzt, allerdings war es der Fürstbischof [[Clemens August I. von Bayern]], der um 1740 dem Tiergarten seine heutige Form gab und die breiten, rasterförmigen Wege anlegen sowie die Erdwälle an den Waldrändern aufschütten ließ. Aus dieser Zeit stammt bis heute der Grenzstein gegenüber dem alten Forsthaus, das jedoch schon 1712 errichtet wurde.

Um das Jahr 1770 wurde der Tiergarten alleiniges Jagdrevier der Fürstbischöfe von Münster, da man in diesem Jahr den Forst von [[Sassenberg]] aufgab. Die Fürstbischöfe nutzten allerdings den Wald nicht nur zur Jagd, sondern auch zur Erholung.

Mit der [[Säkularisation]] 1803 geriet der Tiergarten in preußische Hand. Die [[Preußen]] unter General [[Gebhard Leberecht von Blücher]] schossen das letzte Wild des Tiergartens und nutzten den Wald seitdem zur Holzwirtschaft. Trotz kurzfristiger französischer Besatzung änderte sich daran nichts.

Um 1890 wurde der Tiergarten zunehmend zur Erholung von münsterschen Bürgern genutzt. Im Forsthaus wurde ein kleines Lokal eröffnet, das recht schnell große Beliebtheit erlangte. 1914 wurde es jedoch geschlossen, dafür wurde in den 1920er Jahren eine Kaffeewirtschaft auf dem Hof Markfort eröffnet, die bis 1943 betrieben wurde. Die alten Hinweisschilder am Hof sind noch heute vorhanden.

In den 1930er Jahren wurde angeregt, auf den Wiesen an der Angel zwischen Tiergarten und Kellingholz eine kleine Badeanstalt einzurichten, die Pläne wurden allerdings verworfen<ref>Stadtarchiv Münster, Bezeichnung: Amt Wolbeck II, Nr. 447</ref>.

Der Tiergarten wurde in der Nachkriegszeit als Staatsforst Münster genutzt. 1980 wurde die Angel in Höhe des Tiergartens letztmals begradigt, zum Ausgleich wurde ein Altarm als „Biotop“ hergerichtet, der im Winter als Schlittschuhbahn genutzt wird. Der Tiergarten besaß zwar bereits 1911 ein kleines Naturschutzgebiet, doch erst 2005 wurde der gesamte Tiergarten zum Naturschutzgebiet erklärt. Gleichzeitig erfolgte die Meldung als Schutzgebiet nach der [[Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)]] der Europäischen Union. Naturschutz- und FFH-Gebiet sind etwa 287 ha groß.

== Flora und Fauna ==
[[Datei:Münster, Wolbeck, Wolbecker Tiergarten, Naturwaldzelle -Teppes Viertel- -- 2014 -- 7085.jpg|mini|Naturwaldzelle ''Teppes Viertel'' im Wolbecker Tiergarten]]
[[Datei:Münster, Wolbeck, Wolbecker Tiergarten, Naturwaldzelle -Teppes Viertel- -- 2014 -- 7096.jpg|mini|[[Totholz]] in der Naturwaldzelle ''Teppes Viertel'']]
Mit seinem naturnahen Laubbaumbestand (Hainsimsen-Buchenwald bzw. Stieleichen-Buchenwald) stellt der Wolbecker Tiergarten ein Naturschutzgebiet von überregionaler Bedeutung dar. Hauptsächlich dominieren v.&nbsp;a. durch forstliche Eingriffe Buchen, die überwiegend auf [[Pseudogley]] stocken. Auf diesen Standorten sind die Buchen allerdings durch Stürme besonders gefährdet. Der oft hohe Grundwasserspiegel wird durch ein Netz von Entwässerungsgräben reguliert.

Der Wolbecker Tiergarten gilt als ein totholzreiches Waldgebiet. Das macht das Gebiet als Lebensraum für Flechten und Moose sowie Insekten besonders interessant.

Bereits im 19. Jahrhundert wurde über den seltenen Pflanzen- und Tierbestand berichtet. Heute sind es insbesondere Amphibien, Fledermäuse und höhlenbrütende Vögel (v.&nbsp;a. Mittelspecht) aber auch ein [[Wespenbussard]]&shy;vorkommen, die besondere Beachtung verdienen. Eine [[Feuersalamander]]-Population lebt im Wolbecker Tiergarten, die isoliert ist. Die nächsten Nachbarpopulationen gibt es erst in rund 20&nbsp;km Entfernung.

Die Gründe für diesen Artenreichtum liegen insbesondere in der landschaftlichen Geschlossenheit des Wolbecker Tiergartens und in seiner für münsterländische Verhältnisse überdurchschnittlichen Größe. Der wesentlichste Aspekt dürfte die Tatsache sein, dass dieser Wald selbst die mittelalterlichen Rodungen und Waldverwüstungen dank der fürstbischöflichen Protektion vergleichsweise gut überstanden hat. Nicht wenige Bäume weisen ein Alter von 200 Jahren auf; der älteste Baum soll die Donnereiche mit einem Alter von 300 Jahren und einem Stammumfang von 4,70&nbsp;m sein.

== Siehe auch ==
* [[Liste der Naturschutzgebiete in Nordrhein-Westfalen]]
* [[Liste der FFH-Gebiete in Nordrhein-Westfalen]]

== Literatur ==
* Gudrun Beckmann-Kircher, Dieter Artmann: ''Wolbeck – In Vergangenheit und Gegenwart.'' Münster 2001.
* Andreas Beulting und andere: ''Der Wolbecker Tiergarten. Ein Wald mit langer Geschichte''. NABU-Naturschutzstation Münsterland, Münster, 3., aktualisierte Aufl. 2013.
* Gemeinde Wolbeck (Hrsg.): ''Wolbeck'' (Dokumentationsschrift zur Eingemeindung 1975). Wolbeck 1974.

== Weblinks ==
{{Commonscat|Naturschutzgebiet Wolbecker Tiergarten|audio=0|video=0}}
* {{NSG-NRW|MS-001}}
* {{Natura2000-NRW |DE-4012-301}}
* [https://www.wolbeck-muenster.de/hilfe-aus-danzig-fuer-das-wolbecker-gehoelz-200611101940 Der Wolbecker Tiergarten und die Anfänge des staatlichen Naturschutzes in Preußen, Presseartikel über einen Vortrag, 2006]
* {{LWLGDK|10037708|Tiergarten in Münster-Wolbeck}}
* {{LWLGDK|253744|Regional bedeutsamer Kulturlandschaftsbereich K 05.12 Tiergarten Wolbeck}}

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Navigationsleiste Naturschutzgebiete in Münster}}

{{Coordinate |NS=51/54/25/N |EW=7/44/35/E |type=landmark |region=DE-NW}}

[[Kategorie:Naturschutzgebiet in Münster]]
[[Kategorie:FFH-Gebiet in Nordrhein-Westfalen]]
[[Kategorie:Urbaner Freiraum in Münster]]

Aktuelle Version vom 13. Mai 2024, 12:23 Uhr

Weg im NSG Wolbecker Tiergarten

Das Naturschutz- und FFH-Gebiet Wolbecker Tiergarten liegt in dem rund 350 Hektar großen Staatsforst Wolbeck in Münster.

Angel im NSG Wolbecker Tiergarten

Der Wolbecker Tiergarten erstreckt sich über eine Fläche von 288 Hektar im äußersten Südosten von Münster. Im Norden und im Westen grenzt der Tiergarten an den Stadtteil Münster-Wolbeck; im Süden wie im Osten stellt er die Grenze zum Kreis Warendorf dar.

Durch die Angel, die von Osten nach Westen durch den Wald fließt, wird der Tiergarten in einen kleineren nördlichen Teil und einen größeren südlichen Teil getrennt. Den nördlichen Teil bezeichnet man auch als Kellingholz.

Die Wege des Tiergartens sind rasterförmig angelegt. Nur die Straße Tiergarten ist asphaltiert (im weiteren Verlauf mit einer Schotterdecke), ansonsten dominieren typische Waldwege. An insgesamt drei Stellen befinden sich Brücken über die Angel.

Stein mit Initialen C.A. des Fürstbischofs Clemens August, Kurfürstenhut und Jahreszahl 1740 im NSG

Der heutige Staatsforst wurde wahrscheinlich erstmals im 12. Jahrhundert in einer bewaldeten Mark angelegt, damit ist er einer der ältesten Forste im Münsterland. Die heutige charakteristische Form des Tiergartens und auch seinen Namen erhielt der Wald allerdings erst im 18. Jahrhundert. Zwar wurde der Tiergarten bereits in den Jahren davor von den Fürstbischöfen von Münster als Jagdpark genutzt, allerdings war es der Fürstbischof Clemens August I. von Bayern, der um 1740 dem Tiergarten seine heutige Form gab und die breiten, rasterförmigen Wege anlegen sowie die Erdwälle an den Waldrändern aufschütten ließ. Aus dieser Zeit stammt bis heute der Grenzstein gegenüber dem alten Forsthaus, das jedoch schon 1712 errichtet wurde.

Um das Jahr 1770 wurde der Tiergarten alleiniges Jagdrevier der Fürstbischöfe von Münster, da man in diesem Jahr den Forst von Sassenberg aufgab. Die Fürstbischöfe nutzten allerdings den Wald nicht nur zur Jagd, sondern auch zur Erholung.

Mit der Säkularisation 1803 geriet der Tiergarten in preußische Hand. Die Preußen unter General Gebhard Leberecht von Blücher schossen das letzte Wild des Tiergartens und nutzten den Wald seitdem zur Holzwirtschaft. Trotz kurzfristiger französischer Besatzung änderte sich daran nichts.

Um 1890 wurde der Tiergarten zunehmend zur Erholung von münsterschen Bürgern genutzt. Im Forsthaus wurde ein kleines Lokal eröffnet, das recht schnell große Beliebtheit erlangte. 1914 wurde es jedoch geschlossen, dafür wurde in den 1920er Jahren eine Kaffeewirtschaft auf dem Hof Markfort eröffnet, die bis 1943 betrieben wurde. Die alten Hinweisschilder am Hof sind noch heute vorhanden.

In den 1930er Jahren wurde angeregt, auf den Wiesen an der Angel zwischen Tiergarten und Kellingholz eine kleine Badeanstalt einzurichten, die Pläne wurden allerdings verworfen[1].

Der Tiergarten wurde in der Nachkriegszeit als Staatsforst Münster genutzt. 1980 wurde die Angel in Höhe des Tiergartens letztmals begradigt, zum Ausgleich wurde ein Altarm als „Biotop“ hergerichtet, der im Winter als Schlittschuhbahn genutzt wird. Der Tiergarten besaß zwar bereits 1911 ein kleines Naturschutzgebiet, doch erst 2005 wurde der gesamte Tiergarten zum Naturschutzgebiet erklärt. Gleichzeitig erfolgte die Meldung als Schutzgebiet nach der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) der Europäischen Union. Naturschutz- und FFH-Gebiet sind etwa 287 ha groß.

Flora und Fauna

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Naturwaldzelle Teppes Viertel im Wolbecker Tiergarten
Totholz in der Naturwaldzelle Teppes Viertel

Mit seinem naturnahen Laubbaumbestand (Hainsimsen-Buchenwald bzw. Stieleichen-Buchenwald) stellt der Wolbecker Tiergarten ein Naturschutzgebiet von überregionaler Bedeutung dar. Hauptsächlich dominieren v. a. durch forstliche Eingriffe Buchen, die überwiegend auf Pseudogley stocken. Auf diesen Standorten sind die Buchen allerdings durch Stürme besonders gefährdet. Der oft hohe Grundwasserspiegel wird durch ein Netz von Entwässerungsgräben reguliert.

Der Wolbecker Tiergarten gilt als ein totholzreiches Waldgebiet. Das macht das Gebiet als Lebensraum für Flechten und Moose sowie Insekten besonders interessant.

Bereits im 19. Jahrhundert wurde über den seltenen Pflanzen- und Tierbestand berichtet. Heute sind es insbesondere Amphibien, Fledermäuse und höhlenbrütende Vögel (v. a. Mittelspecht) aber auch ein Wespenbussard­vorkommen, die besondere Beachtung verdienen. Eine Feuersalamander-Population lebt im Wolbecker Tiergarten, die isoliert ist. Die nächsten Nachbarpopulationen gibt es erst in rund 20 km Entfernung.

Die Gründe für diesen Artenreichtum liegen insbesondere in der landschaftlichen Geschlossenheit des Wolbecker Tiergartens und in seiner für münsterländische Verhältnisse überdurchschnittlichen Größe. Der wesentlichste Aspekt dürfte die Tatsache sein, dass dieser Wald selbst die mittelalterlichen Rodungen und Waldverwüstungen dank der fürstbischöflichen Protektion vergleichsweise gut überstanden hat. Nicht wenige Bäume weisen ein Alter von 200 Jahren auf; der älteste Baum soll die Donnereiche mit einem Alter von 300 Jahren und einem Stammumfang von 4,70 m sein.

  • Gudrun Beckmann-Kircher, Dieter Artmann: Wolbeck – In Vergangenheit und Gegenwart. Münster 2001.
  • Andreas Beulting und andere: Der Wolbecker Tiergarten. Ein Wald mit langer Geschichte. NABU-Naturschutzstation Münsterland, Münster, 3., aktualisierte Aufl. 2013.
  • Gemeinde Wolbeck (Hrsg.): Wolbeck (Dokumentationsschrift zur Eingemeindung 1975). Wolbeck 1974.

Einzelnachweise

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  1. Stadtarchiv Münster, Bezeichnung: Amt Wolbeck II, Nr. 447

Koordinaten: 51° 54′ 25″ N, 7° 44′ 35″ O