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„Interpol“ – Versionsunterschied

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{{Begriffsklärungshinweis}}
{{Dieser Artikel|behandelt die Polizeiorganisation; für die gleichnamige Band, siehe [[Interpol (Band)]].}}
{{Infobox Zwischenstaatliche Organisation
| Name = Internationale kriminalpolizeiliche Organisation – Interpol
| Kürzel = ICPO-Interpol
| englisch = International Criminal Police Organization – Interpol
| Sonstige_Sprache =
| Eigensprache =
| Flagge =
| Flaggentext =
| Bild = ICPO-Interpol Lione.JPG
| Bildunterschrift = Das Generalsekretariat von Interpol in [[Lyon]]
| Organisationsart = internationale Polizeiorganisation
| Vorsitz = {{VAE|Ziel=Ahmed Naser Al-Raisi}}<br />(Präsident)
{{BRA|Valdecy Urquiza|Valdecy Urquiza}}<br />(Generalsekretär)
| Status =
| Gründung = 1923
| Sitz = [[Lyon]], {{FRA}}
| Oberorganisation =
| Tochterorganisationen =
| URL = [https://www.interpol.int/ www.interpol.int]
| Sprachen = Englisch, Französisch,<br />Arabisch, Spanisch
| Glieder = [[Datei:Map of the member states of Interpol 2018.svg|200px]] ''→ [[Liste der Mitgliedstaaten von Interpol|Mitgliedstaaten]]''
| Gliedzahl = 196
}}


Die '''Internationale kriminalpolizeiliche Organisation&nbsp;– Interpol''', kurz '''IKPO''', auch '''ICPO-Interpol''' bzw. '''Interpol''' (von englisch '''''Inter'''national Criminal '''Pol'''ice Organization''), ist ein Verein zur Stärkung der Zusammenarbeit nationaler Polizeibehörden. Sie wurde 1923 als ''Internationale kriminalpolizeiliche Kommission'' (IKPK) in [[Wien]] gegründet und hat heute ihren Sitz in [[Lyon]]. Stand 2023 hat Interpol [[Liste der Mitgliedstaaten von Interpol|196 Mitgliedstaaten]].<ref>{{Internetquelle
'''Interpol''' ist die Bezeichnung für die ''Internationale kriminalpolizeiliche Organisation'' (IKPO).
|titel=Member Countries (World) |url=https://www.interpol.int/Member-countries/World
|werk=www.interpol.int |sprache=en |zugriff=2018-08-19}}</ref><ref>{{Internetquelle
|titel=Kosovo nicht in Polizeiorganisation Interpol aufgenommen
|url=https://derstandard.at/2000091826898/Interpol-lehnt-Mitgliedschaft-des-Kosovo-ab
|werk=[[Der Standard]] |datum=2018-11-20 |zugriff=2018-11-24}}</ref><ref>https://twitter.com/INTERPOL_HQ/status/1729510316046713159</ref>


Die Verarbeitung von Daten bei Interpol wird von einer gemäß Art. 36 der Interpol-Statuten unabhängigen Kommission überwacht. Sie besteht aus fünf Personen, die sich dreimal pro Jahr treffen. Sie prüft Beschwerden, Anträge auf Einsicht in Akten und Datenbanken<ref>siehe www.interpol.int, legal material</ref> und spricht Empfehlungen aus, ob eine Fahndung aufrechterhalten werden soll.<ref name="SZMagazin">Lena Kampf: [https://sz-magazin.sueddeutsche.de/politik/der-viel-zu-lange-arm-des-gesetzes-80920 ''Der viel zu lange Arm des Gesetzes.''] In: ''[[Süddeutsche Zeitung Magazin]]'', 17. Januar 2015.</ref>
Interpol dient der internationalen Verbrechensbekämpfung unter Wahrung der nationalen [[Souveränität]] und bedient sich vier Arbeitssprachen ([[Englische Sprache|Englisch]], [[Französische Sprache|Französisch]], [[Arabische Sprache|Arabisch]], [[Spanische Sprache|Spanisch]]). Der derzeitige Sitz befindet sich in [[Lyon]] ([[Frankreich]]). Interpol ist die zweitgrößte [[internationale Organisation]] nach der [[UN]].


== Organisation ==
== Organisation ==

=== Ziele, Funktionen und Finanzierung ===
=== Ziele, Funktionen und Finanzierung ===
Die Aufgabe von Interpol ist die umfassende Unterstützung aller kriminalpolizeilichen [[Behörde]]n und anderer Einrichtungen, die zur Verhütung oder Bekämpfung von [[Verbrechen]] beitragen können, unter der Berücksichtigung nationaler [[Gesetze]] und der [[Menschenrechte]]. [http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art2]
Die größte Polizeiorganisation der Welt ist juristisch ein Verein, eingetragen nach französischem Privatrecht – kein völkerrechtlicher Vertrag liegt ihr zugrunde, kein Parlament hat die Tätigkeit von Interpol je ratifiziert.<ref name="SZMagazin" /> Es besteht keine externe Kontrolle über Interpol.<ref>Albrecht Randelzhofer: ''Rechtsschutz gegen Maßnahmen von INTERPOL vor deutschen Gerichten?'', in: Ingo von Münch (Hrsg.): ''Staatsrecht – Völkerrecht – Europarecht: Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer'', Walter de Gruyter: Berlin 1981, S. 531–555. ISBN 3-11-008118-0.</ref> Die Aufgabe von Interpol ist die umfassende Unterstützung aller [[kriminalpolizei]]lichen [[Behörde]]n und anderer Einrichtungen, die zur Verhütung oder Bekämpfung von [[Verbrechen]] beitragen können, unter der Berücksichtigung nationaler [[Gesetz]]e und der [[Menschenrechte]].<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art2 |archiv-url=https://arquivo.pt/wayback/20080224183329/http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art2 |archiv-datum=2008-02-24 |text=ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations}}, Article 2</ref>

Die Hauptfunktionen der [[Organisation]] sind die Gewährleistung eines globalen Kommunikationssystems, die Bereitstellung von [[Datenbank]]en für die Informationsverarbeitung, die Benachrichtigung der [[Mitgliedstaat]]en über gesuchte Personen, die Koordinierung gegenseitiger Unterstützungsmaßnahmen durch Entsendung von technischen Spezialisten und Zurverfügungstellung von Ausrüstung (technische Hilfe) und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Aus- und Fortbildung, Ausrüstung, Einsatz von Personal und Hilfsmitteln.
Die Hauptfunktionen der [[Organisation]] sind die Gewährleistung eines globalen Kommunikationssystems, die Bereitstellung von [[Datenbank]]en für die Informationsverarbeitung, die Benachrichtigung der Mitgliedstaaten über gesuchte Personen, die Koordinierung gegenseitiger Unterstützungsmaßnahmen durch Entsendung von technischen Spezialisten und Zurverfügungstellung von Ausrüstung (technische Hilfe) und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Aus- und Fortbildung, Ausrüstung, Einsatz von Personal und Hilfsmitteln.
Die Interpol wird durch jährliche Zahlungen der Mitgliedstaaten finanziert, das [[Budget]] für [[2004]] betrug 37 Millionen [[Euro]]. [http://www.interpol.int/Public/ICPO/FactSheets/GI01.pdf]

Interpol wurde bis 2011 fast ausschließlich durch jährliche Zahlungen der Mitgliedstaaten finanziert, das Budget für 2008 betrug 47,6 Millionen [[Euro]].<ref name="zeit" /><ref>{{Webarchiv |url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/FactSheets/GI01.pdf |text=INTERPOL: an overview |wayback=20060111045404 |archiv-bot=}} (PDF)</ref> Unter [[Ronald Kenneth Noble|Ronald Noble]] – Interpol-Generalsekretär von 2000 bis 2014 – wurde das Finanzierungsmodell ab 2011 geändert. Millionen-Beiträge hat Interpol u.&nbsp;a. von der [[FIFA]], [[Altria Group|Philip Morris]] und der [[Pharmahersteller|Pharmaindustrie]] erhalten. Mit dem Organisationskomitee der [[Fußball-Weltmeisterschaft 2022]] in Katar wurde ein Abkommen über 10 Millionen US-Dollar abgeschlossen.<ref name="zeit">{{Internetquelle |autor=Robert Schmidt, Mathieu Martiniere |url=https://www.zeit.de/sport/2018-03/interpol-polizei-ermittlung-doping-geldannahme-kritik |titel=Wenn die Weltpolizei mit der Fifa dealt |werk=[[Die Zeit|zeit.de]] |datum=2018-03-20 |zugriff=2019-07-30}}</ref>


=== Organe ===
=== Organe ===
==== Generalversammlung ====
==== Generalversammlung ====
{{Siehe auch|Liste der Generalsekretäre und Präsidenten von Interpol}}
Die Generalversammlung (General Assembly) ist das höchste [[Organ]] der Interpol. Jeder [[Mitgliedstaat]] verfügt über eine Stimme, bei Abstimmungen reicht eine einfache Mehrheit, bei Änderungen der Verfassung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Die Generalversammlung tritt mindestens einmal im Jahr zusammen, eine außerordentliche Einberufung ist möglich. [http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ga]
Die Generalversammlung (General Assembly) ist das höchste [[Organ (Recht)|Organ]] von Interpol. Jeder [[Mitgliedstaat]] verfügt über eine Stimme, bei Abstimmungen reicht eine einfache Mehrheit, bei Änderungen der Statuten ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Die Generalversammlung tritt mindestens einmal im Jahr zusammen, eine außerordentliche Einberufung ist möglich.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ga |archiv-url=https://arquivo.pt/wayback/20080224183329/http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ga |archiv-datum=2008-02-24 |text=ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations}}, The General Assembly</ref> Dabei werden alle wichtigen Entscheidungen über die generelle Verfahrensweise, Ressourcen, Methoden, Finanzen und Programme getroffen. Die Zusammensetzung des Exekutivkomitees (Executive Committee) wird ebenso in der Generalversammlung bestimmt.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.interpol.int/Public/icpo/GeneralAssembly/default.asp | archive-is=20120803125704 | text=Interpol General Assembly}}</ref> Das Exekutivkomitee besteht aus einem [[Liste der Generalsekretäre und Präsidenten von Interpol|Präsidenten]], drei Vizepräsidenten und neun Delegierten der Generalversammlung.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ec |archiv-url=https://arquivo.pt/wayback/20080224183329/http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ec |archiv-datum=2008-02-24 |text=ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations}}, The Executive Committee</ref> Die Hauptaufgabe des Exekutivkomitees ist die Überwachung der Durchführung von Entscheidungen der Generalversammlung und der Administration des [[Liste der Generalsekretäre und Präsidenten von Interpol|Generalsekretärs]]. Andere Aufgaben sind die Vorbereitung von Sitzungen der Generalversammlung, die Unterbreitung von Programmen an diese und die Bearbeitung von zugewiesenen Zuständigkeiten.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art22 |archiv-url=https://arquivo.pt/wayback/20080224183329/http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art22 |archiv-datum=2008-02-24 |text=ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations}}, Article 22</ref>
Dabei werden alle wichtigen Entscheidungen über die generelle Verfahrensweise, Ressourcen, Methoden, Finanzen und Programme getroffen. Die Zusammensetzung des Exekutivkommitees (Executive Commitee) wird ebenso in der Generalversammlung bestimmt. [http://www.interpol.int/Public/icpo/GeneralAssembly/default.asp]
Das Exekutivkommitee (Executive Commitee) besteht aus einem Präsidenten, drei Vizepräsidenten und neun Delegierten der Generalversammlung. [http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ec]
Die Hauptaufgabe des Exekutivkommitees ist die Überwachung der Durchführung von Entscheidungen der Generalversammlung und der Administration des Generalsekretärs. Andere Aufgaben sind die Vorbereitung von Sitzungen der Generalversammlung, die Unterbreitung von Programmen an diese und die Bearbeitung von zugewiesenen Zuständigkeiten. [http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art22]


{{Lückenhaft|Daten zu den einzelnen Generalversammlungen in der Tabelle}}
* Bei der 73. Generalversammlung der IKPO-Interpol [[2004]] in [[Cancún]] ([[Mexiko]]) wurde [[Tadschikistan]] als 182. Mitgliedstaat aufgenommen.
{| class="wikitable mw-collapsible mw-collapsed zebra"
* Die 74. Generalversammlung der IKPO-Interpol fand vom [[19. September|19.]] bis [[22. September]] [[2005]] in [[Berlin]] ([[Deutschland]]) statt, [[Gastgeber]] war das [[Bundeskriminalamt]].
! Nr. !! Datum !! Ort !! Quelle / Bemerkung
|-
| 88
| 15. bis 18. Oktober 2019
|{{CHL|Ziel=Santiago de Chile}}
|
|-
| 87 || 18. bis 21. November 2018 ||{{UAE|Ziel=Dubai}}
|
|-
| 86 || 26. bis 29. September 2017 ||{{CHN|Ziel=Peking}}
|
|-
| 85 || 7. bis 10. November 2016 || {{IDN|Ziel=Bali}} ||<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bka.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/Kurzmeldungen/161116_InterpolGeneralversammlung.html |titel=85. INTERPOL-Generalversammlung auf Bali |datum= 2016-11-15 |zugriff=2019-01-10}}</ref>
|-
| 84 || 2. bis 5. November 2015 ||{{Ruanda|Ziel=Kigali}}
|
|-
| 83 || 3. bis 7. November 2014 || {{Monaco}} || <ref>[http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2014/11/interpol-generalversammlung.html www.bmi.bund.de]</ref>
|-
| 82 || 21. bis 24. Oktober 2013 || {{COL|#}} [[Cartagena (Kolumbien)|Cartagena]] ||<ref>[http://www.elespectador.com/noticias/judicial/articulo-385472-colombia-sera-sede-de-asamblea-general-de-interpol www.elespectador.com]</ref>
|-
| 81 || 5. bis 8. November 2012 || {{ITA|Ziel=Rom}} || <ref>{{Webarchiv | url=http://www.interpol.int/News-and-media/Events/2012/81st-INTERPOL-General-Assembly2/81st-INTERPOL-General-Assembly | wayback=20120811085008 | text=81st INTERPOL General Assembly}}</ref>
|-
| 80 || 31. Oktober bis 3. November 2011 || {{VIE|Ziel=Hanoi}} ||
|-
| 79 || 8. bis 11. November 2010 || {{QAT|Ziel=Doha}} ||
|-
| 78 || 11. bis 15. Oktober 2009 || {{Singapur}} || <ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/PressReleases/PR2009/PR200982.asp |wayback=20090914015313 |text=www.interpol.int}}</ref>
|-
| 77 || 7. bis 10. Oktober 2008 || {{RUS|Ziel=Sankt Petersburg}} ||
|-
| 76 || 5. bis 8. November 2007 || {{MAR|Ziel=Marrakesch}} ||
|-
| 75 || 19. bis 22. September 2006 || {{BRA|Ziel=Rio de Janeiro}} ||
|-
| 74 || 19. bis 22. September 2005 || {{GER|Ziel=Berlin}} || ''Gastgeber'' [[Bundeskriminalamt (Deutschland)|Bundeskriminalamt]]
|-
| 73 || 5. bis 8. Oktober 2004 || {{MEX|Ziel=Cancún}} ||
|-
| 72 || 29. September bis 2. Oktober 2003 || {{ESP|Ziel=Benidorm}} ||
|-
| 71 || 21. bis 24. Oktober 2002 || {{CMR|Ziel=Yaoundé}} ||
|-
| 70 || 24. bis 28. September 2001 || {{HUN|Ziel=Budapest}} ||
|-
| 69 || 30. Oktober bis 4. November 2000 || {{GRE|#}} [[Rhodos (Stadt)|Rhodos]] ||
|-
| 68 || 8. bis 12. November 1999 || {{KOR|Ziel=Seoul}} ||
|-
| 67 || 22. bis 27. Oktober 1998 || {{EGY|Ziel=Kairo}} ||
|-
| 66 || 15. bis 21. Oktober 1997 || {{IND|Ziel=Neu-Delhi}} ||
|-
| 65 || 23. bis 29. Oktober 1996 || {{TUR|Ziel=Antalya}} ||
|}


==== Generalsekretariat ====
==== Generalsekretariat ====
Das Generalsekretariat ist für die praktische Arbeit das wichtigste Organ. Es wird vom Generalsekretär geleitet, der das von ihm ausgewählte Fach- und Verwaltungspersonal einsetzt. Im Generalsekretariat werden die tägliche Administration der internationalen Polizeikooperation und die Beschlüsse durchgeführt.[http://www.interpol.int/Public/icpo/governance/sg/default.asp] Dabei fungiert das Generalsekretariat als zentrale Koordinationsstelle zwischen den nationalen Zentralbüros.
Das Generalsekretariat hat seinen Sitz in Lyon und ist für die praktische Arbeit das wichtigste Organ. Es wird vom [[Generalsekretär]] geleitet, der das von ihm ausgewählte Fach- und Verwaltungspersonal einsetzt. Im Generalsekretariat werden die tägliche Administration der internationalen Polizeikooperation und die Beschlüsse durchgeführt.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/icpo/governance/sg/default.asp |wayback=20051024003621 |text=Interpol Secretary General}}</ref> Dabei fungiert das Generalsekretariat als zentrale Koordinationsstelle zwischen den nationalen Zentralbüros.


==== Nationales Zentralbüro ====
==== Nationales Zentralbüro ====
Jeder Mitgliedstaat hat ein Nationales Zentralbüro/Landeszentralbüro (National Central Bureau/LZB) zu ernennen. Dieses dient der Koordination zwischen der Interpol und den einzelnen Staaten. Zu diesem Zweck muß das Büro Verbindungen zu den Behörden des Landes, zu anderen nationalen Büros und zum Generalsekretariat bereitstellen.[http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ncb]
Jeder Mitgliedstaat hat ein Nationales Zentralbüro/Landeszentralbüro (''National Central Bureau''/LZB) zu ernennen. Dieses dient der Koordination zwischen der Interpol und den einzelnen Staaten. Zu diesem Zweck muss das Büro Verbindungen zu den Behörden des Landes, zu anderen nationalen Büros und zum Generalsekretariat bereitstellen.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ncb |archiv-url=https://arquivo.pt/wayback/20080224183329/http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#ncb |archiv-datum=2008-02-24 |text=ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations}}, National Central Bureaus</ref> In manchen Staaten wird die Funktion des Nationalen Zentralbüros/Landeszentralbüros von der inländischen Zentralstelle für kriminalpolizeiliche Ermittlungen wahrgenommen. In anderen Ländern wurde hingegen eine eigene Dienststelle nur für den Interpol-Aufgabenbereich eingerichtet, beispielsweise in den [[Vereinigte Staaten|USA]].<ref>U.S. National Central Bureau. U.S. Department of Justice[https://www.justice.gov/interpol-washington]</ref> In [[Deutschland]] und [[Österreich]] agiert das jeweilige Bundeskriminalamt ([[Bundeskriminalamt (Deutschland)|BKA]] und [[Bundeskriminalamt (Österreich)|BK]]) zugleich als Nationales Zentralbüro/Landeszentralbüro.
In manchen Staaten wird die Funktion des Nationalen Zentralbüros/Landeszentralbüros von der inländischen Zentralstelle für kriminalpolizeiliche Ermittlungen wahrgenommen. In anderen Ländern wurde hingegen eine eigene Dienststelle nur für den Interpol-Aufgabenbereich eingerichtet, beispielsweise in den [[USA]]. In [[Deutschland]] und [[Österreich]] agiert das [[Bundeskriminalamt]] zugleich als Nationales Zentralbüro/Landeszentralbüro.


Bei den Beratern (Advisers) handelt es sich meist um international anerkannte Experten.
Bei den Beratern (Advisers) handelt es sich meist um international anerkannte Experten.


== Notices und Diffusions ==
=== Sonstiges ===
Hinsichtlich der Suchaufträge wird zwischen Notices (Ausschreibungen zur Fahndung) und Diffusions („Durchgaben“) unterschieden. Ausschreibungen werden von den Mitgliedstaaten oder den akkreditierten internationalen Organisationen zentral an Interpol geleitet und von dort an die übrigen Mitglieder verteilt. Im Gegensatz dazu werden Durchgaben vom veranlassenden Land direkt an gewünschte Länder zugestellt und von Interpol zusätzlich in den Datenbanken erfasst. Beide Suchauftragsarten sind in sieben Kategorien aufgeteilt und werden gemäß der farblichen Kategorisierung auch „Buntecken“&nbsp;– also für die einzelnen Typen etwa „Rotecke“ oder „Gelbecke“&nbsp;– genannt.<ref>{{Webarchiv | url=http://www.interpol.int/content/download/786/6291/version/14/file/Factsheets_EN_feb2012_GI02.pdf | wayback=20120713075817 | text=International Notices system (engl.)}} (PDF; 1&nbsp;MB)</ref>
Im Zeitalter der internationalen Vernetzung gewinnt das Interpol-Generalsekretariat als Sammelstelle internationaler Datenbestände zunehmend an Bedeutung. Unter der Bezeichnung ASF (Automated Search Facility) gibt es Datenbanken für gestohlene Fahrzeuge und Ausweise. Eine weitere [[Datenbank]] für [[Desoxyribonukleinsäure|DNS-Profile]], die von Tatortspuren oder Mundhöhlenabstrichen Verdächtiger stammen, ist zur Zeit im Aufbau. Nach der Flutkatastrophe in Südasien am 26. Dezember 2004 sorgte Interpol für eine rasche Identifizierung hunderttausender Opfer aus aller Welt durch Abgleich biologischer Spuren mit Vergleichsmaterial in den Heimatländern, was sonst bei einer Katastrophe dieses Ausmaßes nicht möglich gewesen wäre.


{| class="wikitable"
Im Gegensatz zu vielen Darstellungen in [[Kriminalroman]]en gibt es keine eigenen Interpol-"Agenten", die Verbrecher in fremde Länder verfolgen und selbsttätig ermitteln. Interpol verfügt über keine eigenen [[Fahnder]], sondern koordiniert nur die Zusammenarbeit nationaler Ermittler. Es gilt der Grundsatz der nationalen [[Souveränität]]. Polizeiliche Exekutivmaßnahmen wie Anhaltungen, Festnahmen, das Tragen von Dienstwaffen oder die Einsichtnahme in das Strafregister dürfen nur von Sicherheitsbeamten des jeweiligen Staates ergriffen werden. Selbst wenn ausländische Polizeibeamte nur anreisen, um im Zuge einer Auslieferung einen Häftling am Flughafen zu übernehmen, müssen sie um Genehmigung ersuchen, wenn sie Waffen mitführen wollen. Das gleiche gilt für die Durchlieferung von Häftlingen, die nicht direkt von einem fremden Land in ein anderes befordert werden können. Überlegungen wie sie derzeit bei [[Europol]] angestellt werden, ob man Polizeibeamte mit Exekutivbefugnissen auch im Ausland ausstatten sollte (Stichwort: "Eurocop"), sind bei Interpol kein Thema.
|-
! width="20%"| Notice-Kategorie
! width="20%"| deutsche Bezeichnung
! Details
|-
| style="text-align: center; background: red; color: white"| '''Red Notice'''
| style="text-align: center; background: red; color: white"| '''Rote Ausschreibung'''
| Ersuchen um Festnahme oder vorläufige Festnahme mit dem Ziel der Auslieferung.
|-
| style="text-align: center; background: blue; color: white"| '''Blue Notice'''
| style="text-align: center; background: blue; color: white"| '''Blaue Ausschreibung'''
| Sammlung von zusätzlichen Informationen über die Identität oder Aktivitäten einer Person im Bezug auf ein Verbrechen.
|-
| style="text-align: center; background: green; color: white"| '''Green Notice'''
| style="text-align: center; background: green; color: white"| '''Grüne Ausschreibung'''
| Bereitstellung von Warnungen und kriminalistischen Informationen über Personen, die Straftaten begingen und diese wahrscheinlich in anderen Ländern wiederholen werden.
|-
| style="text-align: center; background: yellow; color: black"| '''Yellow Notice'''
| style="text-align: center; background: yellow; color: black"| '''Gelbe Ausschreibung'''
| Hilfe bei der Ortung vermisster Personen, häufig Jugendlicher, oder Hilfe bei der Identifizierung von Personen, die sich nicht selbst identifizieren können.
|-
| style="text-align: center; background: black; color: white"| '''Black Notice'''
| style="text-align: center; background: black; color: white"| '''Schwarze Ausschreibung'''
| Suche nach Informationen bezüglich unidentifizierter Leichen.
|-
| style="text-align: center; background: orange; color: white"| '''Orange Notice'''
| style="text-align: center; background: orange; color: white"| '''Orange Ausschreibung'''
| Warnt Polizei und andere internationale Organisationen über potentielle Bedrohungen von versteckten Waffen, Paketbomben oder anderem gefährlichen Material.
|-
| style="text-align: center; background: purple; color: white"| '''Purple Notice'''
| style="text-align: center; background: purple; color: white"| '''Lila Ausschreibung'''
| Verbreitung von Informationen über Modus Operandi (Vorgehensweise bei der Tat), kriminelle Methoden, Gegenstände, Apparate und Verstecke.
|-
| style="text-align: center;"| '''Interpol-United Nations Security Council Special Notice'''
| style="text-align: center;"| '''Interpol-Sonderausschreibung der Vereinten Nationen'''
| Ausgegeben für Gruppen und Einzelpersonen, die Ziel der UN-Sanktionen gegen [[al-Qaida]] oder die [[Taliban]] sind.
|}
{{lückenhaft|Incident Response Teams „Disaster“, „Crime“ [https://www.interpol.int/How-we-work/INTERPOL-response-teams]
}}


== Geschichte ==
Ein weiteres Missverständnis ist die Annahme, das Ersuchen eines Interpol-Mitgliedstaates um Personenfahndung zur Festnahme sei einem internationalen Haftbefehl gleichzusetzen. Es bleibt jedem Land überlassen, die gesuchte Person im Inland zur Festnahme auszuschreiben oder die Interpol-Ausschreibung lediglich als Erkenntnismitteilung anzusehen. Letzteres ist oft der Fall, wenn mit dem ersuchenden Land kein bilaterales Auslieferungsabkommen besteht.
=== Die Vorgeschichte der Kommission (19. Jahrhundert bis 1914) ===
Im 19. Jahrhundert kam es durch die sukzessive Expansion des modernen Staates in außerstaatliche Bereiche der Gesellschaft zu ständigen [[Krise]]n. Diese wurden durch sozialistische Parteien und Bewegungen weiter verstärkt. Durch zahllose [[Attentat]]e auf die Herrschafts- und Oberschicht in beinahe allen europäischen Ländern verbreitete sich der Eindruck einer [[Verschwörungstheorie#19. Jahrhundert: Revolution versus Reaktion|anarchistischen Weltverschwörung]] und es kam in der [[Internationale Konferenz von Rom für die soziale Verteidigung gegen Anarchisten|Konferenz von Rom]] 1898 zur ersten größeren Verabredung internationaler polizeilicher Zusammenarbeit.<ref>Mathieu Deflem: ''History of International Police Cooperation.'' in ''Encyclopedia of Criminology'', edited by Richard A. Wright and J. Mitchell Miller. New York: Routledge, 2005 {{Webarchiv|text=Online verfügbar |url=http://www.cas.sc.edu/socy/faculty/deflem/zhistorintpolency.html |wayback=20101018001830}}</ref> Bei vielen Staatsmännern kam es zur Gleichsetzung von [[Sozialismus]] und [[Anarchismus]]. Diese Umstände bildeten eine Voraussetzung für die internationale polizeiliche Kooperation.<ref>''„Festzuhalten bleibt hier zunächst, daß die Kooperation gegen gemeinsame politische Gegner und nicht die gegen die gewöhnliche Kriminalität am Anfang der internationalen Kooperation von Polizeien stand.“'' Heiner Busch: ''Grenzenlose Polizei?'' S. 264.</ref>


Bei der [[Geschichtsschreibung]] der [[Kriminalpolizei (Deutschland)|Kriminalpolizeien]] ist der Kampf gegen das gemeine [[Verbrechen]] die dominierende Ursache. Insbesondere schnellere Transportmittel sollten es Kriminellen ermöglicht haben, sich der Jurisdiktion zu entziehen.<ref>Hans Hoeveler: ''Internationale Bekämpfung des Verbrechens.'' S. 9–29.</ref><ref>Kurt Schaefer: ''Internationale Verbrechensbekämpfung.'' S. 31–35.</ref> Die technische Entwicklung im Bereich der [[Kommunikation]] und des Transportwesens war jedoch die Voraussetzung für eine adäquate polizeiliche Kooperation. Der Wissenschaftler [[John Tobias]] führt an, dass der schnellere Transport und die bessere Kommunikation der Verbrechensbekämpfung zugutekam.<ref>John Tobias: ''Crime and Industrial Society in the 19th century.'' S. 192.</ref> Auch wenn sich seine Studie auf [[England]] beschränkt, ist davon auszugehen, dass dies überall der Fall war. Im April 1914 wurde der Erste Internationale Polizeikongress in [[Monaco]] abgehalten, der als der Vorläufer-[[Tagung|Kongress]] der ''Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission'' (IKPK) gilt. Die Intentionen sowie genauere Informationen sind unbekannt.
Die Interpol-Statuten verbieten jede Hilfestellung bei politisch motivierten Delikten und militärischen bzw. religiösen Angelegenheiten - eine Voraussetzung für die reibungslose Zusammenarbeit von [[Staat]]en mit unterschiedlichen politischen Systemen und [[Religion]]en. Dieser Grundsatz kam u.a. zur Anwendung, als [[Italien]] um Mitfahndung nach den [[Südtirol]]-Aktivisten der 60er Jahre ersuchte. Dies änderte sich insbesondere seit einer Resolution [[1984]] siehe Geschichte.


=== Von der ersten Gründung bis zum ersten Ende (1919–1945) ===
== Geschichte ==
Ende 1919 versuchte der Kapitän der niederländischen [[Koninklijke Marechaussee|Marechaussee]], van Houten, erfolglos mit einem Brief an die bedeutendsten Polizeibehörden, eine Konferenz für internationale Verbrechensbekämpfung einzuberufen. Vier Jahre später gelang es dem Wiener Polizeipräsidenten [[Johann Schober]], einen Internationalen Polizeikongress in Wien abzuhalten. Als Grund wird der Anstieg der Kriminalität nach dem [[Erster Weltkrieg|Weltkrieg]] angeführt.


Zudem hatte Schober für diese Aufgabe ideale Qualifikationen, wie zum Beispiel außenpolitische Erfahrung und diplomatische Schulung. Seine Informationspolitik als Wiener Polizeipräsident war äußerst offensiv, 1920 errichtete er einen eigenen polizeilichen [[Nachrichtendienst]] mit politischen Zielsetzungen. „In einer Instruktion wies er darauf hin, daß es keineswegs nur um potentielle Unruhestifter gehe, sondern ausnahmslos um alle politisch tätigen Personen und Gruppen.“<ref>Rainer Hubert: ''Schober.'' S. 163.</ref> Erwähnenswert ist die Tatsache, dass der Nachrichtendienst über keine Mittel für einen Auslandsnachrichtendienst verfügte.<ref>[[Gerhard Jagschitz]]: ''Die Politische Zentralevidenzstelle der Bundespolizeidirektion Wien.'' In: Österreichische Gesellschaft für Zeitgeschichte: ''Jahrbuch für Zeitgeschichte 1978'', S. 73–75.</ref> Dennoch gelang es, eine Art [[antikommunistisch]]e Interpol zu etablieren. Ob sich die Intentionen Schobers (und anderer Teilnehmer) bei der Konferenz auf den „Kampf gegen das gemeine Verbrechen“<ref>''Auszug aus den Statuten der IKPK 1923.'' In: ''Hoeveler.'' S. 36.</ref> beschränkten, ist deshalb zweifelhaft.
=== Die Vorgeschichte der Kommission (19. Jahrhundert - 1914) ===
Im [[19. Jahrhundert]] kam es durch die sukzessive Expansion des modernen [[Staat]]es in außerstaatliche Bereiche der Gesellschaft zu ständigen [[Krise]]n. Diese wurden durch sozialistische Parteien und Bewegungen weiter verstärkt. Durch zahllose [[Attentat]]e auf die Herrschafts- und Oberschicht in beinahe allen europäischen Ländern verbreitete sich der Eindruck einer anarchistischen [[Weltverschwörung]]. Bei vielen Staatsmännern kam es zur Gleichsetzung von [[Sozialismus]] und [[Anarchismus]]. Diese Umstände bildeten eine Voraussetzung
für die internationale polizeiliche Kooperation. "Festzuhalten bleibt hier zunächst, daß die Kooperation gegen gemeinsame politische Gegner und nicht die gegen die gewöhnliche Kriminalität am Anfang der internationalen Kooperation von Polizeien stand."(Busch, Heiner: Grenzenlose Polizei?: S. 264)


In Wien wurde am 7. September 1923 die ''Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission'' (IKPK) gegründet. Vorher fand am 3. September die erste Sitzung in der [[Bundespolizeidirektion Wien|Wiener Polizeidirektion]] statt. Das Protokoll über die zukünftige Kooperation unterschrieben Vertreter aus 16 europäischen Staaten, den Vereinigten Staaten sowie Japan. Dazu gehörten auch Preußen und Sachsen. Der Beschluss zur Gründung der IKPK wurde am 7. September 1923 gefasst.<ref>Alexander Elster, [[Rudolf Sieverts]] (Herausgeber): ''Handwörterbuch der Kriminologie'', Band 4, ISBN 978-3-11-008093-3, S. 60. {{Google Buch |BuchID=7ejBfC2HCacC |Seite=60}}</ref> Es stellt sich die Frage, für welche Zwecke die IKPK eingesetzt wurde. [[Wien]] wurde laut dem Politikwissenschaftler [[Heiner Busch]] aufgrund der Persönlichkeit Schobers als Zentrale der IKPK gewählt, ein weiterer Aspekt dürfte die Erfahrung und das Archiv der ehemaligen [[Kaiserlich und königlich|k.&nbsp;u.&nbsp;k.]] Dienststellen gewesen sein.
Bei der [[Geschichtsschreibung]] der [[Kriminalpolizei]]en ist der Kampf gegen das gemeine [[Verbrechen]] die dominierende Ursache. Insbesondere schnellere Transportmittel sollten es Kriminellen ermöglicht haben, sich der Jurisdiktion zu entziehen. (vgl: Hoeveler, Hans: Internationale Bekämpfung des Verbrechens: S. 9-29; Schaefer, Kurt: Internationale Verbrechensbekämpfung: S. 31-35) Die technische Entwicklung im Bereich der [[Kommunikation]] und des Transportwesens war jedoch die Voraussetzung für eine adäquate polizeiliche Kooperation. Der [[Wissenschaftler]] Tobias führt an, daß der schnellere Transport und die bessere Kommunikation der Verbrechensbekämpfung zu Gute kam.(Tobias, John: Crime and Industrial Society in the 19th century: S. 192) Auch wenn sich seine Studie auf [[England]] beschränkt, ist davon auszugehen, daß dies überall der Fall war. Im [[April]] [[1914]] wurde der Erste Internationale Polizeikongreß in [[Monaco]] abgehalten, der als der Vorläufer-Kongreß der Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission ([[IKPK]]) gilt. Die Intentionen sowie genauere Informationen sind unbekannt, der [[Kongreß]] wird auf der Homepage [[Monaco]]s nicht erwähnt.[http://www.monaco-consulate.com/about_history.htm]


Die hauptsächliche Tätigkeit der IKPK war die Nachrichtenverarbeitung und -übermittlung eingegangener Meldungen, weshalb das Polizeifunkwesen gefördert wurde. Ebenso wurden Zentralstellen zur [[Fälschung]]sbekämpfung und [[Personenerkennung]] eingerichtet.
=== Von der ersten Gründung bis zum ersten Ende (1919 - 1945) ===
Ende [[1919]] versuchte der Kapitän der niederländischen [[Marechaussee]] van Houten erfolglos mit einem Brief an die bedeutendsten Polizeibehörden eine Konferenz für internationale Verbrechensbekämpfung einzuberufen. Erst vier Jahre später sollte es dem Wiener Polizeipräsidenten [[Johann Schober|Schober]] gelingen, einen Internationalen Polizeikongress in Wien abzuhalten. Als Grund wird der Anstieg der Kriminalität nach dem [[Erster Weltkrieg|Weltkrieg]] angeführt.


Auch nach der Machtübernahme [[Engelbert Dollfuß|Dollfuß’]] und der Errichtung des [[Ständestaat (Österreich)|österreichischen Ständestaates]] blieb die Organisation bestehen. Mit der [[Anschluss Österreichs|deutschen Okkupation]] und der erzwungenen Eingliederung Österreichs in das [[NS-Staat|Dritte Reich]] wurde der bisherige [[Liste der Generalsekretäre und Präsidenten von Interpol|Interpol-Präsident]] [[Michael Skubl]] abgesetzt und sofort unter Hausarrest gestellt. Den seit 1932 amtierenden Generalsekretär Oskar Dressler (1878–1959) jedoch gelang es nicht aus dem Amt zu drängen. Durch seine Berufung auf die Statuten, sein Wahlamt und die damit erforderlichen Zustimmungspflichten der einzelnen Mitgliedsländer konnte er vorerst Schlimmeres verhindern. Als Nachfolger des kaltgestellten Präsidenten wurde der österreichische Nationalsozialist und noch am 12. März 1938 in die SS als SS-Standartenführer aufgenommenen [[Otto Steinhäusl]] (1879–1940) mit dem Amt betraut. Bereits einen Tag vor Machtübernahme Deutschlands in Österreich war er mit politischem Druck zum kommissarischen Polizeipräsidenten gemacht worden. Bereits schwer erkrankt, wurde er auch erst am 18. Januar 1940 offizielle in dieses Amt berufen. Sechs Monate später verstarb er. Nach seinem Tod wurde der Sitz der IKPK zwangsweise von Wien nach Berlin und ein Jahr später nach [[Berlin-Wannsee]] verlegt.<ref> Werner Sabitzer, 100 Jahre Interpol, Zeitschrift Öffentliche Sicherheit, Heft 7/8, Jahrgang 2023, Wien 2023, S. 41ff. </ref> Mit dieser Übersiedlung wurde auch das gesamte Archiv der internationalen Organisation nach Berlin geholt und befand sich damit im Zugriff des [[Sicherheitsdienst des Reichsführers SS|Sicherheitsdienstes der NSDAP]]. Mit der Präsidentschaft des Chefs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes [[Reinhard Heydrich]] im August 1940 wurde die IKPK dem [[Reichssicherheitshauptamt]] in Berlin unterstellt.<ref>Werner Sabitzer: [https://www.polizei.gv.at/wien/publikationen/geschichte/interpol.aspx ''Die Geschichte von Interpol.''] Website der Wiener Landespolizeidirektion, abgerufen am 23. August 2018.</ref> Sie gehörte in der Struktur des RSHA zum Amt V. In einem der zwei von der IKPK genutzten Häusern fand die [[Wannseekonferenz]] betreffend die „[[Endlösung der Judenfrage]]“ statt. In Berlin wurde die IKPK durch den [[SS-Obergruppenführer]] Reinhard Heydrich präsidiert, nach dessen Tod durch ein [[Operation Anthropoid|Attentat]] des [[Tschechoslowakischer Widerstand 1939–1945|tschechoslowakischen Widerstands]] in [[Prag]] zunächst durch den Chef des [[Reichskriminalpolizeiamt]]es [[Arthur Nebe]], dann ab 1943 durch Heydrichs Nachfolger als Chef des RSHA SS-Obergruppenführer [[Ernst Kaltenbrunner]], der nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Krieg]] in Nürnberg hingerichtet wurde. Die Akten der IKPK, die nach Berlin überführt wurden, etwa die so genannte internationale Zigeunerregistratur, aber auch die Akten betreffend Falschmünzerei und Passfälschung waren für die Nationalsozialisten hilfreich bei der Verfolgung bestimmter Personengruppen sowie bei ihrer massenweisen [[Aktion Bernhard|Herstellung von Falschgeld und von falschen Pässen]] im [[KZ Sachsenhausen]] bei Berlin.<ref>Thomas Huonker, [[Willi Wottreng]]: [https://www.thata.ch/weltwochewirduldenkeinezigeuner01022001.htm ''„Wir dulden keine Zigeuner“.''] ''[[Die Weltwoche|Weltwoche]]'', 1. Februar 2001.</ref> Mit [[Kontrollratsgesetz Nr. 31]] vom 1. Juli 1946 wurden die „deutschen Polizeibüros und -agenturen politischen Charakters“ aufgelöst.<ref>''Kontrollratsgesetz Nr. 31'' vom 1. Juli 1946. ''In: [[Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland]]'', Nummer 8 vom 1. Juli 1946, S. 163, Digitalisat der Deutschen Nationalbibliothek: {{URN|nbn:de:101:1-201301314994}}.</ref>
Betrachtet man [[Johann Schober]], der die zentrale Figur der [[Konferenz]] war, und die damaligen politischen Verhältnisse in Europa, bleibt diese Darstellung fraglich. Schober hatte für diese Aufgabe ideale Qualifikationen, wie zum Beispiel außenpolitische Erfahrung und diplomatische Schulung. Seine Informationspolitik als Wiener Polizeipräsident war äußerst offensiv, [[1920]] errichtete er einen eigenen polizeilichen [[Nachrichtendienst]] mit politischen Zielsetzungen. "In einer Instruktion wies er darauf hin, daß es keineswegs nur um potentielle Unruhestifter gehe, sondern ausnahmslos um alle politisch tätigen Personen und Gruppen."(Hubert, Rainer: Schober: S. 163)
Erwähnenswert ist die Tatsache, daß der [[Nachrichtendienst]] über keine Mittel für einen [[Auslandsnachrichtendienst]] verfügte.(Jagschitz, Gerhard: Die Politische Zentralevidenzstelle der Bundespolizeidirektion Wien. In: Österreichische Gesellschaft für Zeitgeschichte: Jahrbuch für Zeitgeschichte 1978: S. 73-75) Dennoch gelang es, eine Art [[antikommunistisch]]e [Interpol] zu etablieren.
Ob sich die Intentionen [[Johann Schober|Schobers]] (und anderer Teilnehmer) bei der Konferenz auf den "Kampf gegen das gemeine Verbrechen"(Auszug aus den Statuten der IKPK 1923, in: Hoeveler: S. 36) beschränkten, ist deshalb zweifelhaft. Es stellt sich die Frage, für welche Zwecke die [[IKPK]] eingesetzt wurde.
[[Wien]] wurde laut dem Politikwissenschaftler Heiner Busch aufgrund der Persönlichkeit [[Johann Schober|Schobers]] als Zentrale der IKPK gewählt, ein weiterer Aspekte dürfte die Erfahrung und das Archiv der ehemaligen [[Kaiserlich_und_k%C3%B6niglich|k. u. k.]] Dienststellen gewesen sein.


=== Von der neuen IKPK bis zur IKPO (1946–1956) ===
Die hauptsächliche Tätigkeit der [[IKPK]] war die Nachrichtenverarbeitung und -übermittlung eingegangener Meldungen, weshalb das Polizeifunkwesen gefördert wurde. Ebenso wurden Zentralstellen zur [[Fälschungsbekämpfung]] und [[Personenerkennung]] eingerichtet.
Die ''Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission'' (IKPK) wurde 1945 aufgelöst<ref>{{Webarchiv | url=http://www.interpol.int/Public/icpo/governance/sg/history.asp | archive-is=20120604193327 | text=INTERPOL history}}</ref> und ein Jahr später auf Initiative des Generalinspekteurs der belgischen Polizei, [[Florent Louwage]], neu gegründet. Dabei wurden neue Statuten festgeschrieben. Die genauen Gründe und Umstände für die Neugründung sind unbekannt bzw. finden keine Erwähnung. Anderson führt an, dass aufgrund des Schwarzmarktes und der Vertriebenen eine internationale Polizeikooperation dringend nötig war. Doch stellt sich die Frage, welche Hilfe die IKPK hierbei leisten sollte. Die Intention der Neugründung muss im Kontext des [[Ost-West-Konflikt]]s gesehen werden, wobei die IKPK ein möglichst unpolitisches Profil wahren wollte. Ebenso sollte die vorherige Auflösung vermutlich die Distanzierung zur IKPK der [[Zwischenkriegszeit|Zwischen-]] und Kriegszeit hervorheben.


Als neuer Sitz wurde [[Paris]] gewählt; dies führte zur Dominanz der [[Polizei (Frankreich)|französischen Polizei]] über mehrere Jahrzehnte.<ref>''„Die förmliche Entpolitisierung der Organisation seit 1946 und ihre Anpassung an das Völkerrecht, ist die wesentliche Voraussetzung ihres Aufstiegs zu einer tatsächlich internationalen Organisation gewesen.“'' Busch: S. 276.</ref> In die Statuten wurden die [[Menschenrechte]] einbezogen und an das [[Völkerrecht]] angepasst, außerdem wurde eine ausschließliche Zusammenarbeit im Bereich der gewöhnlichen [[Kriminalität]] festgelegt. Ebenso fand eine erfolgreiche Annäherung an die [[UN]] statt, 1949 erhielt die IKPK den konsultativen Status der UN als [[Nichtregierungsorganisation]]. Die Mitgliederzahl konnte schnell erweitert werden, dennoch blieb die IKPK europäisch dominiert.
Auch nach der Machtübernahme [[Engelbert Dollfuß|Dollfuß']] und dem [[Anschluss]] blieb die Organisation bestehen. Während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] kam es zur Erlahmung der Tätigkeit. Der Nutzen der [[IKPK]] für die [[Nationalsozialisten]] dürfte durch die Übernahme der nationalen Polizeien der eroberten Staaten vergleichsweise gering gewesen sein.


1950 zeigte sich die geringe Wirkung der Entpolitisierung vor dem Hintergrund des Ost-West-Konfliktes. Die [[Flugzeugentführung|Entführung]] von drei [[Verkehrsflugzeug]]en<ref>Anderson: S. 44; vgl. Busch, S. 277 schreibt dagegen von nur einem Verkehrsflugzeug, Busch zitiert dabei Anderson und ein anderes Werk.</ref> veranlasste die [[Tschechoslowakei|ČSSR]], die Kooperation der Interpol anzufordern. Für das Generalsekretariat handelte es sich dabei um eine kriminelle Tat. Der Vizepräsident der IKPK und Direktor des [[Federal Bureau of Investigation|FBI]], [[J. Edgar Hoover]], betrachtete die Entführer jedoch als politische [[Flüchtling]]e,<ref>Anderson: S. 44 (siehe 32); vgl. Busch: S. 277 schreibt hier von ''„Freiheitskämpfern“''.</ref> deshalb wäre eine Kooperation gemäß den Interpol-Statuten in diesem Fall nicht zulässig. Es folgte der offizielle Austritt der USA und beinahe aller [[Ostblock]]staaten, wobei die USA ab 1952 wieder in der IKPK durch das Finanzministerium vertreten wurden.
=== Von der neuen IKPK bis zur IKPO (1946 - 1956) ===
Die [[IKPK]] wurde [[1945]] aufgelöst[http://www.interpol.com/Public/icpo/governance/sg/history.asp] und ein Jahr später auf Initiative des Generalinspekteurs der belgischen Polizei Louwage neu gegründet, dabei wurden neue Statuten festgeschrieben. Die genauen Gründe und Umstände für die Neugründung sind unbekannt bzw. finden keine Erwähnung. Anderson führt an, daß aufgrund des Schwarzmarktes und der Vertriebenen eine internationale Polizeikooperation dringend nötig war. Doch stellt sich die Frage, welche Hilfe die IKPK hierbei leisten sollte. Die Intention der Neugründung muß im Kontext des [[Ost-West-Konflikt]] gesehen werden, wobei die [[IKPK]] ein möglichst unpolitisches Profil wahren wollte. Ebenso sollte die vorherige Auflösung vermutlich die Distanzierung zur [[IKPK]] der [[Zwischenkriegszeit|Zwischen-]] und Kriegszeit hervorheben.


=== Internationalisierung und rechtlicher Status (1956–1984) ===
Als neuer Sitz wurde [[Paris]] gewählt, dies führte zur [[Dominanz]] der französischen [[Polizei]] für mehrere Jahrzehnte. "Die förmliche Entpolitisierung der Organisation seit 1946 und ihre Anpassung an das Völkerrecht, ist die wesentliche Voraussetzung ihres Aufstiegs zu einer tatsächlich internationalen Organisation gewesen."(Busch: S. 276)
1956 kam es zur Neugründung, es wurde ein neuer Name gewählt und die [[Drahtwort|Telegramm-Kurzanschrift]] ''Interpol'' wurde in den Namen aufgenommen.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/public/ICPO/history.asp |wayback=20110604120709 |text=Brief History of INTERPOL}}</ref> Die Interpol wurde durch eine Reihe von Verträgen und [[Abkommen]] internationaler und erhielt den Status einer [[Juristische Person|juristischen Person]]. Dies wurde insbesondere durch den Erhalt des Status einer [[Internationale Organisation (Völkerrecht)|zwischenstaatlichen Organisation]] durch die UN 1971 und durch das [[Sitzabkommen]] (''Headquarters Agreement'') mit Frankreich im Jahr darauf erreicht. Dieses wurde zehn Jahre später überarbeitet und verlangte eine unabhängige [[datenschutzrecht]]liche Stelle zur Kontrolle. In den 1970er Jahren wurde die Interpol stark kritisiert, die Kritikpunkte waren die fehlende Beteiligung bei der Terrorismusbekämpfung und die schwerfällige Kommunikation.
In die Statuten wurden die [[Menschenrechte]] einbezogen und an das [[Völkerrecht]] angepasst, außerdem wurde eine ausschließliche Zusammenarbeit im Bereich der gewöhnlichen [[Kriminalität]] festgelegt. Ebenso fand eine erfolgreiche Annäherung an die [[UN]] statt, [[1949]] erhielt die [[IKPK]] den konsultativen Status der [[UN]] als [[nichtstaatliche Organisation|NGO]]. Die Mitgliederzahl konnte schnell erweitert werden, dennoch blieb die [[IKPK]] europäisch dominiert.


Der Interpol-Präsident von 1968 bis 1972, [[Paul Dickopf]], war unter den [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] als SS-Mann vereidigt worden und hatte nach dem Krieg zusammen mit anderen ehemaligen SS-Polizeimännern das [[Bundeskriminalamt (Deutschland)|Bundeskriminalamt]] in [[Wiesbaden]] aufgebaut.
[[1950]] zeigte sich die geringe Wirkung der "Entpolitisierung" vor dem Hintergrund des [[Ost-West-Konflikt]]es. Die [[Entführung]] von drei (Anderson: S. 44; vgl. Busch: S. 277 schreibt dagegen von nur einem Verkehrsflugzeug, Busch zitiert dabei Anderson und ein anderes Werk.) [[Verkehrsflugzeug]]en veranlasste die [[CSSR]], die Kooperation der Interpol anzufordern. Für das Generalsekretariat handelte es sich dabei um eine kriminelle Tat. Der Vizepräsident der IKPK und Direktor des [[FBI]]'s [[J. Edgar Hoover]]
jedoch betrachtete die "Entführer" als politische [[Flüchtlinge]](Anderson: S. 44 (siehe 32); vgl. Busch: S. 277 schreibt hier von "Freiheitskämpfern"), deshalb wäre eine Kooperation gemäß den Interpol Statuten in diesem Fall nicht zulässig. Es folgte der offizielle Austritt der [[USA]] und beinahe aller [[Ostblockstaaten]], wobei die [[USA]] ab [[1952]] wieder in der [[IKPK]] durch das Finanzministerium vertreten wurden.


=== Internationalisierung und rechtlicher Status (1956 - 1984) ===
=== Terrorismus und Informationstechnologie (1984–2002) ===
Die Mängel, die in den 1970er Jahren bestanden, wurden in den 1980er Jahren weitgehend beseitigt. 1984 kam es zu einer Änderung in Bezug auf politisch motivierte Straftaten, insbesondere im Bereich des [[Terrorismus]]. Die Generalversammlung erließ eine Resolution.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/public/ICPO/GeneralAssembly/Agn53/Resolutions/AGN53RES6.asp |wayback=20041212023002 |text=Violent Crime Commonly Referred to as Terrorism}}</ref> Diese sieht vor, dass die politische Bewertung von Straftaten im nationalstaatlichen Ermessen liegt.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art3 |archiv-url=https://arquivo.pt/wayback/20080224183329/http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art3 |archiv-datum=2008-02-24 |text=ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations}}, Article 3</ref>
[[1956]] kam es zur [[Neugründung]], es wurde ein neuer Name gewählt und das Telex-Kürzel "Interpol" wurde in den Namen aufgenommen.[http://www.interpol.int/public/ICPO/history.asp] Die Interpol wurde durch eine Reihe von Verträgen und [[Abkommen]] internationaler und erhielt den [[Status]] einer [[juristische Person|juristischen Person]]. Dies wurde insbesondere durch den Erhalt des Status einer [[IGO]] durch die [[UN]] [[1971]] und durch das Sitzabkommen (Headquarters Agreement) mit [[Frankreich]] im Jahr darauf erreicht. Dieses wird zehn Jahre später überarbeitet und verlangt eine unabhängige datenschutzrechtliche Stelle zur Kontrolle. In den 1970er Jahren wurde die Interpol stark kritisiert, die Kritikpunkte waren die fehlende Beteiligung bei der Terrorismusbekämpfung und die schwerfällige Kommunikation.
Anlässlich des bevorstehenden Umzugs nach [[Lyon]] 1989 kam es zur Reorganisation des Generalsekretariats.


Es folgte der Ausbau der Informationsinfrastruktur, 1990 wurde ein Kommunikationssystem für den Datenaustausch mit den nationalen Zentralbüros eingerichtet. Die Systeme wurden in den folgenden Jahren verbessert und erweitert. Seit 2002 sind beinahe alle nationalen Zentralbüros mit dem Interpol-Hauptquartier durch das [[Interpol Global Communication System 24/7]] (I-24/7) verbunden. 1997 wurde ein Kooperationsvertrag mit der UN geschlossen, dieser gewährt der Interpol einen Beobachter-Status in der UN.<ref>{{Webarchiv|url=http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/cooperation/agreements/UN1997.asp |wayback=20041211235604 |text=Co-operation agreement between the United Nations and the International Criminal Police Organization-Interpol}}, Artikel 6.1</ref>
=== Terrorismus und Informationstechnologie (1984 - 2002) ===
Die Mängel, die in den 1970er Jahren bestanden, wurden in den 1980er Jahren weitgehend beseitigt. [[1984]] kommt es zu einer Änderung in Bezug auf politisch motivierte Straftaten, insbesondere im Bereich des [[Terrorismus]]. Die Generalversammlung erlässt eine Resolution[http://www.interpol.int/public/ICPO/GeneralAssembly/Agn53/Resolutions/AGN53RES6.asp]. Diese sieht vor, daß der politische Charakter von Straftaten im nationalstaatlichen Ermessen liegt.[http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp#art3]
Anlässlich des bevorstehenden Umzugs nach [[Lyon]] [[1989]] kommt es zur Reorganisation des Generalsekretariats.


=== Seit 2002 ===
Es folgt der Ausbau der Informationsinfrastruktur, [[1990]] wird ein Kommunikationssystem für den Datenaustausch mit den nationalen Zentralbüros eingerichtet. Die Systeme werden in den folgenden Jahren verbessert und erweitert. [[2002]] sind beinahe alle nationalen Zentralbüros mit dem Interpol-Hauptquartier durch das I-24/7 System verbunden. [[1997]] wird ein Kooperationsvertrag mit der [[UN]] geschlossen, dieser gewährt der Interpol einen Beobachter-Status in der [[UN]] (Artikel 6.1).[http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/cooperation/agreements/UN1997.asp]
{{Lückenhaft|1=Sämtliche Entwicklungen ab 2002 bis 2021 fehlen, darunter auch die Kontroverse um [[Meng Hongwei]].}}

Auf der im November 2021 in [[Istanbul]] abgehaltenen 89. Delegiertenversammlung wurde der Generalmajor [[Ahmed Nasser al-Raisi]], Generalinspekteur im Innenministerium der [[Vereinigte Arabische Emirate|Vereinigten Arabischen Emirate]], zum [[Liste der Generalsekretäre und Präsidenten von Interpol|nächsten Interpol-Präsidenten]] gewählt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.france24.com/en/live-news/20211124-emirati-general-accused-of-torture-up-for-interpol-top-role |titel=Emirati general accused of torture up for Interpol top role |datum=2021-11-24 |sprache=en |abruf=2021-11-25}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Orlando Crowcroft |url=https://www.euronews.com/2021/11/23/in-istanbul-a-bitter-leadership-election-exposes-interpol-s-fault-lines |titel=In Istanbul, a leadership election exposes Interpol's bitter divide |datum=2021-11-23 |sprache=en |abruf=2021-11-25}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-11/ahmed-nasser-al-raisi-interpol-praesident-foltervorwuerfe |titel=Umstrittener Generalmajor wird Interpol-Chef |werk=[[Die Zeit]] |datum=2021-11-25 |abruf=2021-11-25}}</ref><ref>{{Internetquelle |werk=[[DiePresse.com]] |url=https://www.diepresse.com/6065949/general-aus-emiraten-trotz-foltervorwurfen-neuer-interpol-chef |titel=General aus Emiraten trotz Foltervorwürfen neuer Interpol-Chef |datum=2021-11-25 |sprache=de |abruf=2021-11-25}}</ref> Seine Wahl traf teilweise auf Protest. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, darunter [[Human Rights Watch]], werfen ihm vor, als „Teil des Sicherheitsapparates“ der Vereinigten Arabischen Emirate „systematisch gegen die friedliche Opposition“ vorzugehen. Die Organisation ''Gulf Center for Human Rights'' beschuldigt ihn, in Folter eines bekannten Regierungskritikers involviert zu sein. Die Emirate hatten schon 2015 mit Spenden an Interpol im großen Stil begonnen und die Frage aufgeworfen, ob sich das Land damit Einfluss erkaufen wolle, sie sind nach den USA der zweitgrößte Beitragszahler.<ref name="orf20111125">{{Internetquelle |werk=[[ORF]] |url=https://orf.at/stories/3237829/ |titel=Raisi trotz Foltervorwürfen neuer Interpol-Chef |datum=2021-11-25 |sprache=de |abruf=2021-11-25}}</ref> Abgeordnete des Europaparlaments schrieben in einem Brief an die EU-Kommissionspräsidentin, dass Interpol durch die Wahl an Reputation verlieren werde. 25 französische Parlamentarier baten Staatspräsident [[Emmanuel Macron]], gegen die Wahl zu intervenieren. In der Türkei haben Anwälte im Namen des Golfzentrums für Menschenrechte Anzeige erstattet. In mindestens fünf Ländern wurden gegen ihn im Zusammenhang mit Foltervorwürfen Klagen eingereicht.<ref name="orf20111125" />

Al-Raisis Amtszeit begann im März 2022<ref>[https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/umstrittener-generalmajor-aus-emiraten-neuer-interpol-praesident-17651527.html ''Umstrittener Generalmajor aus Emiraten neuer Interpol-Präsident.''] In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]]'', 25. November 2021.</ref><ref>[[Ulrich Schmid (Journalist)|Ulrich Schmid]]: [https://www.nzz.ch/international/interpol-wird-der-zwielichtige-ahmed-nasser-al-raisi-neuer-chef-ld.1656789 ''Zwielichtiger Emirati wird Interpol-Chef.''] In: ''[[Neue Zürcher Zeitung]]'', 25. November 2021.</ref>, er übernahm die Nachfolge des Südkoreaners Kim Jong Yang, der seit 2018 Präsident von Interpol war.<ref>{{Internetquelle |autor=ORF at/Agenturen red |url=https://orf.at/stories/3237778/ |titel=Interpol wählt neuen Präsidenten |datum=2021-11-24 |sprache=de |abruf=2021-11-25}}</ref> Einzige Gegenkandidatin war die Interpol-Vizepräsidentin für Europa Šárka Havránková aus Tschechien.<ref>{{Internetquelle |url=https://deutsch.radio.cz/tschechin-havrankova-wurde-nicht-zur-interpol-chefin-gewaehlt-8734999 |titel=Tschechin Havránková wurde nicht zur Interpol-Chefin gewählt |werk=[[Radio Praha International]] |datum=2021-11-25 |sprache=de |abruf=2021-11-25}}</ref> Al-Raisi wurde nach drei Wahlrunden und mit 68,9 % Zustimmung gewählt.<ref name="GuardianAFP">{{Cite news|last=<!--AFP-->|date=2021-11-25|title=Interpol appoints Emirati general accused of torture as president|work=[[The Guardian]]|language=en|url=https://www.theguardian.com/world/2021/nov/25/interpol-appoints-emirati-general-accused-torture-president-ahmed-nasser-al-raisi|access-date=2021-11-25}}</ref><ref>[https://www.spiegel.de/ausland/interpol-waehlt-naser-al-raisi-trotz-foltervorwuerfen-zu-neuem-chef-a-5556eda5-2cfe-4769-b120-8a55e303a724 ''Interpol wählt Raisi trotz Foltervorwürfen zu neuem Chef.''] In: ''[[Spiegel Online]]'', 25. November 2021 (abgerufen am 28. November 2021).</ref> Die Delegierten stimmten außerdem für die Aufnahme der [[Föderierte Staaten von Mikronesien|Föderierten Staaten von Mikronesien]] als 195. Mitglied.<ref>[https://www.interpol.int/News-and-Events/News/2021/INTERPOL-General-Assembly-opens-in-Turkey-with-new-member-country-bringing-total-to-195 ''INTERPOL General Assembly opens in Turkey with new member country bringing total to 195.''] In: ''interpol.int'', 23. November 2021 (englisch).</ref>


== Bedeutung und Wirkung ==
== Bedeutung und Wirkung ==
Es ist schwierig, über die Bedeutung und Wirkung der Interpol eine Aussage zu treffen. Das Problem ist die äußerst fragliche Tätigkeit der [[IKPK]] und die lange Zeit begrenzte Tätigkeit der [[IKPO]] bei politisch motivierten Straftaten. Die Bedeutung und Wirkung der Interpol ist die Pionierarbeit im Bereich der internationalen polizeilichen Kooperation, besonders im technischen und rechtlichen Bereich. Für die [[Terrorismusbekämpfun]]g konnte die Interpol aufgrund der späten Änderung der Organisationspolitik kaum Beiträge leisten, in diesem Bereich etablierten sich eigene [[Organisation]]en.


{{Belege fehlen}}
== Interpol vs. Europol ==
Auch wenn keine Konkurrenz zwischen Interpol und [[Europol]] besteht, stellt doch [[Europol]] eine gesteigerte und effizientere, wenn auch regional begrenztere Form von Interpol dar und ist somit auch der Versuch, auf die Mängel Interpols zu reagieren. [[Europol]] und ihre Vorläufer entstanden nicht nur aus der Kritik an Interpol, sondern auch als Folge der europäischen Integration. Mit der zunehmenden europäischen Integration kann man annehmen, dass die einzelnen nationalen Zentralbüros durch [[Europol]] ersetzt werden.


Im Zeitalter der internationalen Vernetzung gewinnt das Interpol-Generalsekretariat als Sammelstelle internationaler Datenbestände zunehmend an Bedeutung. Unter der Bezeichnung ASF (Automated Search Facility) gibt es Datenbanken für gestohlene Fahrzeuge und Ausweise. Eine weitere [[Datenbank]] für [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]-Profile, die von Tatortspuren oder Mundhöhlenabstrichen Verdächtiger stammen, ist zurzeit im Aufbau. Nach der Flutkatastrophe in Südasien am 26. Dezember 2004 half Interpol insbesondere in Thailand bei der Identifizierung von Opfern aus aller Welt.
== Mitgliederstaaten ==
Interpol hat derzeit 182 Mitglieder und ist damit nach den [[Vereinte Nationen|Vereinten Nationen]] die zweitgrößte [[internationale Organisation]].


Im Gegensatz zu vielen Darstellungen in [[Kriminalroman]]en gibt es keine eigenen Interpol-''Agenten'', die Verbrecher in fremde Länder verfolgen und selbsttätig ermitteln. Interpol verfügt über keine eigenen Fahnder, sondern koordiniert nur die Zusammenarbeit nationaler Ermittler. Es gilt der Grundsatz der nationalen [[Souveränität]]. Polizeiliche Exekutivmaßnahmen wie Anhaltungen, Festnahmen, das Tragen von Dienstwaffen oder die Einsichtnahme in das Strafregister dürfen nur von Sicherheitsbeamten des jeweiligen Staates ergriffen werden. Selbst wenn ausländische Polizeibeamte nur anreisen, um im Zuge einer Auslieferung einen Häftling am Flughafen zu übernehmen, müssen sie um Genehmigung ersuchen, wenn sie Waffen mitführen wollen. Das Gleiche gilt für die Durchlieferung von Häftlingen, die nicht direkt von einem fremden Land in ein anderes befördert werden können. Überlegungen wie sie derzeit bei [[Europol]] angestellt werden, ob man Polizeibeamte mit Exekutivbefugnissen auch im Ausland ausstatten sollte (Stichwort EuroCOP), sind bei Interpol kein Thema.
[[Afghanistan]], [[Ägypten]], [[Albanien]], [[Algerien]], [[Angola]], [[Andorra]], [[Antigua und Barbuda]], [[Äquatorialguinea]], [[Argentinien]], [[Armenien]], [[Aruba]], [[Äthiopien]], [[Australien]], [[Aserbaidschan]], [[Bahamas]], [[Bahrain]], [[Bangladesch]], [[Barbados]], [[Belgien]], [[Belize]], [[Benin]], [[Bolivien]], [[Bosnien und Herzegowina]], [[Botswana]], [[Brasilien]], [[Brunei]], [[Bulgarien]], [[Burkina Faso]], [[Burundi]], [[Cape Verde]], [[Chile]], [[China]], [[Costa Rica]], [[Côte d'Ivoire]], [[Dänemark]], [[Demokratische Republik Kongo]], [[Deutschland]], [[Djibouti]], [[Dominica]], [[Dominikanische Republik]], [[Ecuador]], [[El Salvador]], [[Eritrea]], [[Estland]], [[Fiji]], [[Finnland]], [[Frankreich]], [[Gabun]], [[Gambia]], [[Georgien]], [[Ghana]], [[Griechenland]], [[Grenada]], [[Großbritannien]], [[Guatemala]], [[Guinea]], [[Guinea-Bissau]], [[Guyana]], [[Haiti]], [[Honduras]], [[Island]], [[Indien]], [[Indonesien]], [[Iran]], [[Irak]], [[Irland]], [[Israel]], [[Italien]], [[Jamaika]], [[Japan]], [[Jemen]], [[Jordan]], [[Kambodscha]], [[Kamerun]], [[Kanada]], [[Katar]], [[Kazakhstan]], [[Kenya]], [[Kirgisien]], [[Kolumbien]], [[Komoren]], [[Kongo]], [[Kroatien]], [[Kuba]], [[Kuwait]], [[Laos]], [[Lettland]], [[Libanon]], [[Lesotho]], [[Liberia]], [[Libyen]], [[Liechtenstein]], [[Litauen]], [[Luxemburg]], [[Madagaskar]], [[Malawi]], [[Malaysia]], [[Malediven]], [[Mali]], [[Malta]], [[Marshallinseln]], [[Mauretanien]], [[Mauritius]], [[Mazedonien]], [[Mexiko]], [[Moldawien]], [[Monaco]], [[Mongolei]], [[Marokko]], [[Mozambique]], [[Myanmar]], [[Namibia]], [[Nauru]], [[Nepal]], [[Niederlande]], [[Niederländische Antillen]], [[Neuseeland]], [[Nicaragua]], [[Niger]], [[Nigeria]], [[Norwegen]], [[Oman]], [[Österreich]], [[Osttimor]], [[Pakistan]], [[Panama]], [[Papua Neuguinea]], [[Paraguay]], [[Peru]], [[Philippinen]], [[Polen]], [[Portugal]], [[Rumänien]], [[Russland]], [[Rwanda]], [[St. Kitts und Nevis]], [[St. Lucia]], [[St. Vincent und die Grenadinen]], [[São Tomé und Príncipe]], [[Saudi Arabien]], [[Senegal]], [[Serbien und Montenegro]], [[Seychellen]], [[Sierra Leone]], [[Singapur]], [[Slowakei]], [[Slowenien]], [[Somalia]], [[Südafrika]], [[Spanien]], [[Sri Lanka]], [[Sudan]], [[Südkorea]], [[Suriname]], [[Swaziland]], [[Schweden]], [[Schweiz]], [[Syrien]], [[Tansania]], [[Thailand]], [[Togo]], [[Tonga]], [[Trinidad und Tobago]], [[Tschad]], [[Tschechien]], [[Tunesien]], [[Türkei]], [[Uganda]], [[Ukraine]], [[Ungarn]], [[USA]], [[Uruguay]], [[Uzbekistan]], [[Venezuela]], [[Vereinigte Arabische Emirate]], [[Vietnam]], [[Weißrussland]], [[Zambia]], [[Zentralafrikanische Republik]], [[Zimbabwe]], [[Zypern]].


Ein weiteres Missverständnis ist die Annahme, das Ersuchen eines Interpol-Mitgliedstaates um Personenfahndung zur Festnahme sei einem [[Internationaler Haftbefehl|internationalen Haftbefehl]] gleichzusetzen. Der Umgang mit Notices und Diffusions bleibt jedoch jedem Land überlassen – also die gesuchte Person im Inland zur Festnahme auszuschreiben oder die Interpol-Ausschreibung lediglich als Erkenntnismitteilung anzusehen. Letzteres ist oft der Fall, wenn mit dem ersuchenden Land kein bilaterales [[Auslieferungsabkommen]] besteht.
== Literatur ==
Anmerkung: Ein Problem bei der Recherche über Interpol stellte die Quellenlage dar, diese reicht von fehlenden über widersprüchliche bis hin zu stark beschönigenden Informationen. (Einige Beispiele: Die offiziellen kriminalpolizeilichen Darstellungen enthalten keine Hinweise auf politische Polizeien. Die Jahreszahlen bei dem Politikwissenschaftler Heiner Busch stimmen desöfteren nicht mit anderen Darstellungen überein. Anderson bezieht einen Großteil der Informationen aus Interviews. Die Homepage der Organisation weißt teilweise Lücken auf, zum Beispiel wird der Beobachter-Status der Interpol bei der UN in den beiden geschichtlichen Überlicken auf der Interpol Homepage nicht erwähnt.)


Es ist schwierig, über die Bedeutung und Wirkung der Interpol eine Aussage zu treffen. Das Problem ist die äußerst fragliche Tätigkeit der IKPK und die lange Zeit begrenzte Tätigkeit der IKPO bei politisch motivierten Straftaten. Die Bedeutung und Wirkung der Interpol ist die Pionierarbeit im Bereich der internationalen polizeilichen Kooperation, besonders im technischen und rechtlichen Bereich. Für die [[Terrorismusbekämpfung]] konnte die Interpol aufgrund der späten Änderung der Organisationspolitik kaum Beiträge leisten, in diesem Bereich etablierten sich eigene Organisationen.
* Anderson, Malcolm: ''Policing the World. Interpol and the Politics of International Police Co-operation.'' Clarendon Press. Oxford 1989.

* Arbeithuber, Christoph: ''Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation. INTERPOL.'' Dissertation. Linz 1996.
Die Interpol-Statuten verbieten eigentlich Hilfestellungen bei politisch motivierten Delikten und militärischen bzw. religiösen Angelegenheiten – eine Voraussetzung für die reibungslose Zusammenarbeit von [[Staat]]en mit unterschiedlichen politischen Systemen und [[Religion]]en.<ref>[https://www.interpol.int/content/download/590/file/Constitution%20of%20the%20ICPO-INTERPOL-EN.pdf?inLanguage=eng-GB PDF]</ref> Dieser Grundsatz kam u.&nbsp;a. zur Anwendung, als [[Italien]] um Mitfahndung nach den [[Südtirol]]-Aktivisten der 1960er-Jahre ersuchte. Dies änderte sich insbesondere seit einer Resolution 1984 (siehe Geschichte).
* Busch, Heiner: ''Grenzenlose Polizei? Neue Grenzen und polizeiliche Zusammenarbeit in Europa.'' Westfälisches Dampfboot. Münster 1995.

* Hoeveler, Hans: ''Internationale Bekämpfung des Verbrechens.'' Verlag Deutsche Polizei GmbH. Hamburg 1966.
== Kritik ==
* Hubert, Rainer: ''Schober. Biographie eines Gestrigen.'' Böhlau. Wien 1990.
Im Februar 2012 kam Interpol in die Kritik, da es entgegen seinen Statuten angeblich an der Auslieferung des religionskritischen Journalisten [[Hamsa Kaschgari]] an [[Saudi-Arabien]] beteiligt gewesen sei.<ref>[https://www.theguardian.com/world/2012/feb/10/interpol-journalist-arrested-muhammad-tweet ''Interpol accused after journalist arrested over Muhammad tweet.''] In: ''[[The Guardian]]''. 10.&nbsp;Februar 2012, abgerufen am 13.&nbsp;Februar 2012.</ref> Interpol bestreitet, gegen Kaschgari eine Ausschreibung zur Fahndung ausgestellt zu haben.
* Jagschitz, Gerhard: ''Die Politische Zentralevidenzstelle der Bundespolizeidirektion Wien. Ein Beitrag zur Rolle der politischen Polizei in der Ersten Republik.'' In: ''Österreichische Gesellschaft für Zeitgeschichte: Jahrbuch für Zeitgeschichte 1978.'' Löcker Verlag. Wien 1979. S. 49-95

* Kanemoto, Toshinori: ''Interpol. 75 years of international police co-operation.'' Kensington Publication LTD. 1998.
Im Sommer 2013 geriet Interpol wegen der Annahme von millionenschweren Kooperationsverträgen mit der Industrie in Kritik. Bei den zwischen 2011 und 2013 abgeschlossenen Verträgen mit der [[FIFA]], dem Tabakkonzern [[Philip Morris International|Philip Morris]] und 29 Pharmaunternehmen wie [[Sanofi]], die 26 Prozent des Etats von Interpol in Höhe von 78 Millionen Euro erbringen,<ref name="SZMagazin" /> wurden vor allem die mangelnde Transparenz sowie die Missachtung von möglichen Interessenkonflikten bei der Verfolgung von Straftätern kritisiert.<ref name="zeit-2013-10-21">{{Internetquelle | url=https://www.zeit.de/2013/42/internationale-polizeiorganisation-interpol-pharmaindustrie/komplettansicht | titel=Interpol: Wer hilft hier wem? | autor= Robert Schmidt und Mathieu Martiniere | werk=zeit.de | datum=21. Oktober 2013 |zugriff=15. Dezember 2014}}</ref><ref name="zeit-2013-06-07">{{Internetquelle | url=https://www.zeit.de/2013/23/interpol-tabakindustrie/komplettansicht | titel=Tabakindustrie: Interpol, die Lobby und das Geld | autor= Robert Schmidt und Mathieu Martiniere | werk=zeit.de | datum=7. Juni 2013 |zugriff=15. Dezember 2014}}</ref><ref>[http://www.slate.fr/story/73687/interpol-philip-morris-lobby-tabac-financement www.slate.fr]</ref><ref>[https://www.lyoncapitale.fr/Journal/France-monde/Actualite/Dossiers/L-immoral-financement-d-Interpol/Interpol-le-lobby-du-tabac-se-paie-une-vitrine www.lyoncapitale.fr]</ref>
* Kerner, Hans-Jürgen: ''Professionelles und organisiertes Verbrechen. Versuch einer Bestandaufnahme und Bericht über neuere Entwicklungstendenzen in der Bundesrepublik Deutschland und in den Niederlanden.'' Bundeskriminalamt Wiesbaden. Wiesbaden 1973.
* Kleinschmied, Oskar: ''Schober.'' Manz-Verlag. Wien 1930.
* Mebesius, Helmut; Kreußel, Werner: ''Die Bekämpfung der Falschgeldkriminalität.'' BKA-Schriftenreine Band 48. Bundeskriminalamt Wiesbaden. Wiesbaden 1979.
* Schaefer, Kurt: ''Internationale Verbrechensbekämpfung.'' BKA-Schriftenreihe Band 44. Bundeskriminalamt. Wiesbaden 1977.
* Schieder, Theodor: ''Weltbild Geschichte Europas 1848-1918. Staatensystem als Vormacht der Welt.'' Weltbild. Augsburg 2002.
* Tobias, John: ''Crime and Industrial Society in the 19th century.'' B. T. Batsford. London 1967.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Liste der Generalsekretäre und Präsidenten von Interpol]]
[[EuroCOP]], [[Europol]]
* [[Stolen and Lost Travel Documents Database]]

== Literatur ==
* Malcolm Anderson: ''Policing the World: Interpol and the Politics of International Police Co-operation''. Clarendon, Oxford 1989, ISBN 0-19-827597-8.
* Christoph Arbeithuber: ''Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation. INTERPOL''. Dissertation. Linz 1996.
* Oskar Dressler, Die Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission und ihr Werk, Herausgegeben für den Dienstgebrauch von der IKPK in Berlin-Wannsee 1942,
* Michael Fooner: ''INTERPOL: Issues in World Crime and International Criminal Justice''. Plenum, New York 1989, ISBN 0-306-43135-1.
* Nadia Gerspacher: ''The Roles of International Police Cooperation Organizations''. In: ''European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice'', 13 (2005) S. 413–434.
* J. Jäger: ''Verfolgung durch Verwaltung. Internationales Verbrechen und internationale Polizeikooperation 1880–1933.'' UVK, Konstanz 2006.
* R. Kendall (Hrsg.): ''Interpol: 75 Years of International Police Co-operation''. Kensington, London 1998.
* Mathieu Martiniere, Robert Schmidt: Interpol: L’Enquête. HarperCollins France, Paris 2023, ISBN 1-033-91484-3.
* Silvestre J. Martha: ''The Legal Foundations of INTERPOL''. Hart, Oxford/Portland 2010, ISBN 978-1-84946-040-8.
* [[Albrecht Randelzhofer]]: ''Rechtsschutz gegen Maßnahmen von INTERPOL vor deutschen Gerichten?''. In: [[Ingo von Münch]] (Hrsg.): ''Staatsrecht – Völkerrecht – Europarecht: Festschrift für [[Hans-Jürgen Schlochauer]]''. Walter de Gruyter, Berlin 1981, ISBN 3-11-008118-0, S. 531–555.
* Werner Sabitzer, 100 Jahre Interpol, Zeitschrift Öffentliche Sicherheit, Heft 7/8 Jahrgang 2023, S. 41ff.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
*http://www.interpol.int Offizielle Seite (Engl.)
{{Commonscat}}
*http://www.interpol.com/Public/icpo/governance/sg/history.asp Interpol History (Engl.)
*http://www.interpol.int/public/ICPO/history.asp Brief History of Interpol (Engl.)
* [https://www.interpol.int/ Offizielle Website] von Interpol (englisch)
* {{Internetquelle |url=https://www.dw.com/de/interpol-wer-kontrolliert-die-weltpolizei/av-44689595 |titel=Interpol – Wer kontrolliert die Weltpolizei? |hrsg=[[Deutsche Welle]] |zugriff=2018-07-18 |abruf-verborgen=1 |kommentar=Videodokumentation}}
*http://www.interpol.int/public/ICPO/GeneralAssembly/Agn53/Resolutions/AGN53RES6.asp Resolution No AGN/53/RES/6 - Violent Crime Commonly Referred to as Terrorism (Engl.)
* [https://www.bmi.gv.at/magazinfiles/2023/07_08/18_100_jahre_interpol.pdf ''Die IKPK von 1923 bis 1945''] in ''Öffentliche Sicherheit 7-8/23''
*http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/constitution/constitutionGenReg/constitution.asp ICPO-Interpol Constitution and General Regulations (Engl.)
* [https://www.bmi.gv.at/magazinfiles/2019/11_12/bundesministerium_fuer_inneres.pdf Beschreibung der Fachzeitschrift ''Internationale Öffentliche Sicherheit'']
* http://www.interpol.int/Public/ICPO/LegalMaterials/cooperation/agreements/UN1997.asp Co-operation agreement between the United Nations and the International Criminal Police Organization-Interpol

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

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[[Kategorie:Polizei]]
[[Kategorie:Behörde (international)]]


[[Kategorie:Organisation der Polizei]]
[[cs:Interpol]]
[[Kategorie:Internationale Organisation]]
[[da:Interpol]]
[[Kategorie:Organisation (Lyon)]]
[[en:Interpol]]
[[Kategorie:Vereinsgründung 1923]]
[[eo:Interpol]]
[[Kategorie:Verein (Frankreich)]]
[[es:Organización Internacional de Policía Criminal]]
[[fi:Interpol]]
[[Kategorie:Abkürzung]]
[[fr:Interpol (organisation)]]
[[Kategorie:Interpol| ]]
[[gl:Interpol]]
[[he:אינטרפול]]
[[it:Interpol]]
[[ja:国際刑事警察機構]]
[[nl:Interpol]]
[[no:Interpol]]
[[pl:Interpol]]
[[pt:International Criminal Police Organization]]
[[ru:Интерпол]]
[[sv:Interpol]]
[[tr:Interpol]]
[[vi:Interpol]]
[[zh:国际刑警组织]]

Aktuelle Version vom 17. Juni 2025, 23:56 Uhr

Internationale kriminalpolizeiliche Organisation – Interpol
ICPO-Interpol
 
Bild
Das Generalsekretariat von Interpol in Lyon
Englische Bezeichnung International Criminal Police Organization – Interpol
Organisationsart internationale Polizeiorganisation
Sitz der Organe Lyon, Frankreich Frankreich
Vorsitz Vereinigte Arabische Emirate Ahmed Naser Al-Raisi
(Präsident)

Brasilien Valdecy Urquiza
(Generalsekretär)

Mitgliedstaaten 196:

Mitgliedstaaten

Amts- und Arbeitssprachen

Englisch, Französisch,
Arabisch, Spanisch

Gründung 1923
www.interpol.int

Die Internationale kriminalpolizeiliche Organisation – Interpol, kurz IKPO, auch ICPO-Interpol bzw. Interpol (von englisch International Criminal Police Organization), ist ein Verein zur Stärkung der Zusammenarbeit nationaler Polizeibehörden. Sie wurde 1923 als Internationale kriminalpolizeiliche Kommission (IKPK) in Wien gegründet und hat heute ihren Sitz in Lyon. Stand 2023 hat Interpol 196 Mitgliedstaaten.[1][2][3]

Die Verarbeitung von Daten bei Interpol wird von einer gemäß Art. 36 der Interpol-Statuten unabhängigen Kommission überwacht. Sie besteht aus fünf Personen, die sich dreimal pro Jahr treffen. Sie prüft Beschwerden, Anträge auf Einsicht in Akten und Datenbanken[4] und spricht Empfehlungen aus, ob eine Fahndung aufrechterhalten werden soll.[5]

Ziele, Funktionen und Finanzierung

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Die größte Polizeiorganisation der Welt ist juristisch ein Verein, eingetragen nach französischem Privatrecht – kein völkerrechtlicher Vertrag liegt ihr zugrunde, kein Parlament hat die Tätigkeit von Interpol je ratifiziert.[5] Es besteht keine externe Kontrolle über Interpol.[6] Die Aufgabe von Interpol ist die umfassende Unterstützung aller kriminalpolizeilichen Behörden und anderer Einrichtungen, die zur Verhütung oder Bekämpfung von Verbrechen beitragen können, unter der Berücksichtigung nationaler Gesetze und der Menschenrechte.[7]

Die Hauptfunktionen der Organisation sind die Gewährleistung eines globalen Kommunikationssystems, die Bereitstellung von Datenbanken für die Informationsverarbeitung, die Benachrichtigung der Mitgliedstaaten über gesuchte Personen, die Koordinierung gegenseitiger Unterstützungsmaßnahmen durch Entsendung von technischen Spezialisten und Zurverfügungstellung von Ausrüstung (technische Hilfe) und die Förderung der internationalen Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Aus- und Fortbildung, Ausrüstung, Einsatz von Personal und Hilfsmitteln.

Interpol wurde bis 2011 fast ausschließlich durch jährliche Zahlungen der Mitgliedstaaten finanziert, das Budget für 2008 betrug 47,6 Millionen Euro.[8][9] Unter Ronald Noble – Interpol-Generalsekretär von 2000 bis 2014 – wurde das Finanzierungsmodell ab 2011 geändert. Millionen-Beiträge hat Interpol u. a. von der FIFA, Philip Morris und der Pharmaindustrie erhalten. Mit dem Organisationskomitee der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar wurde ein Abkommen über 10 Millionen US-Dollar abgeschlossen.[8]

Generalversammlung

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Die Generalversammlung (General Assembly) ist das höchste Organ von Interpol. Jeder Mitgliedstaat verfügt über eine Stimme, bei Abstimmungen reicht eine einfache Mehrheit, bei Änderungen der Statuten ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig. Die Generalversammlung tritt mindestens einmal im Jahr zusammen, eine außerordentliche Einberufung ist möglich.[10] Dabei werden alle wichtigen Entscheidungen über die generelle Verfahrensweise, Ressourcen, Methoden, Finanzen und Programme getroffen. Die Zusammensetzung des Exekutivkomitees (Executive Committee) wird ebenso in der Generalversammlung bestimmt.[11] Das Exekutivkomitee besteht aus einem Präsidenten, drei Vizepräsidenten und neun Delegierten der Generalversammlung.[12] Die Hauptaufgabe des Exekutivkomitees ist die Überwachung der Durchführung von Entscheidungen der Generalversammlung und der Administration des Generalsekretärs. Andere Aufgaben sind die Vorbereitung von Sitzungen der Generalversammlung, die Unterbreitung von Programmen an diese und die Bearbeitung von zugewiesenen Zuständigkeiten.[13]

Nr. Datum Ort Quelle / Bemerkung
88 15. bis 18. Oktober 2019 Chile Santiago de Chile
87 18. bis 21. November 2018 Vereinigte Arabische Emirate Dubai
86 26. bis 29. September 2017 China Volksrepublik Peking
85 7. bis 10. November 2016 Indonesien Bali [14]
84 2. bis 5. November 2015 Ruanda Kigali
83 3. bis 7. November 2014 Monaco Monaco [15]
82 21. bis 24. Oktober 2013 Kolumbien Cartagena [16]
81 5. bis 8. November 2012 Italien Rom [17]
80 31. Oktober bis 3. November 2011 Vietnam Hanoi
79 8. bis 11. November 2010 Katar Doha
78 11. bis 15. Oktober 2009 Singapur Singapur [18]
77 7. bis 10. Oktober 2008 Russland Sankt Petersburg
76 5. bis 8. November 2007 Marokko Marrakesch
75 19. bis 22. September 2006 Brasilien Rio de Janeiro
74 19. bis 22. September 2005 Deutschland Berlin Gastgeber Bundeskriminalamt
73 5. bis 8. Oktober 2004 Mexiko Cancún
72 29. September bis 2. Oktober 2003 Spanien Benidorm
71 21. bis 24. Oktober 2002 Kamerun Yaoundé
70 24. bis 28. September 2001 Ungarn Budapest
69 30. Oktober bis 4. November 2000 Griechenland Rhodos
68 8. bis 12. November 1999 Korea Sud Seoul
67 22. bis 27. Oktober 1998 Agypten Kairo
66 15. bis 21. Oktober 1997 Indien Neu-Delhi
65 23. bis 29. Oktober 1996 Turkei Antalya

Generalsekretariat

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Das Generalsekretariat hat seinen Sitz in Lyon und ist für die praktische Arbeit das wichtigste Organ. Es wird vom Generalsekretär geleitet, der das von ihm ausgewählte Fach- und Verwaltungspersonal einsetzt. Im Generalsekretariat werden die tägliche Administration der internationalen Polizeikooperation und die Beschlüsse durchgeführt.[19] Dabei fungiert das Generalsekretariat als zentrale Koordinationsstelle zwischen den nationalen Zentralbüros.

Nationales Zentralbüro

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Jeder Mitgliedstaat hat ein Nationales Zentralbüro/Landeszentralbüro (National Central Bureau/LZB) zu ernennen. Dieses dient der Koordination zwischen der Interpol und den einzelnen Staaten. Zu diesem Zweck muss das Büro Verbindungen zu den Behörden des Landes, zu anderen nationalen Büros und zum Generalsekretariat bereitstellen.[20] In manchen Staaten wird die Funktion des Nationalen Zentralbüros/Landeszentralbüros von der inländischen Zentralstelle für kriminalpolizeiliche Ermittlungen wahrgenommen. In anderen Ländern wurde hingegen eine eigene Dienststelle nur für den Interpol-Aufgabenbereich eingerichtet, beispielsweise in den USA.[21] In Deutschland und Österreich agiert das jeweilige Bundeskriminalamt (BKA und BK) zugleich als Nationales Zentralbüro/Landeszentralbüro.

Bei den Beratern (Advisers) handelt es sich meist um international anerkannte Experten.

Notices und Diffusions

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Hinsichtlich der Suchaufträge wird zwischen Notices (Ausschreibungen zur Fahndung) und Diffusions („Durchgaben“) unterschieden. Ausschreibungen werden von den Mitgliedstaaten oder den akkreditierten internationalen Organisationen zentral an Interpol geleitet und von dort an die übrigen Mitglieder verteilt. Im Gegensatz dazu werden Durchgaben vom veranlassenden Land direkt an gewünschte Länder zugestellt und von Interpol zusätzlich in den Datenbanken erfasst. Beide Suchauftragsarten sind in sieben Kategorien aufgeteilt und werden gemäß der farblichen Kategorisierung auch „Buntecken“ – also für die einzelnen Typen etwa „Rotecke“ oder „Gelbecke“ – genannt.[22]

Notice-Kategorie deutsche Bezeichnung Details
Red Notice Rote Ausschreibung Ersuchen um Festnahme oder vorläufige Festnahme mit dem Ziel der Auslieferung.
Blue Notice Blaue Ausschreibung Sammlung von zusätzlichen Informationen über die Identität oder Aktivitäten einer Person im Bezug auf ein Verbrechen.
Green Notice Grüne Ausschreibung Bereitstellung von Warnungen und kriminalistischen Informationen über Personen, die Straftaten begingen und diese wahrscheinlich in anderen Ländern wiederholen werden.
Yellow Notice Gelbe Ausschreibung Hilfe bei der Ortung vermisster Personen, häufig Jugendlicher, oder Hilfe bei der Identifizierung von Personen, die sich nicht selbst identifizieren können.
Black Notice Schwarze Ausschreibung Suche nach Informationen bezüglich unidentifizierter Leichen.
Orange Notice Orange Ausschreibung Warnt Polizei und andere internationale Organisationen über potentielle Bedrohungen von versteckten Waffen, Paketbomben oder anderem gefährlichen Material.
Purple Notice Lila Ausschreibung Verbreitung von Informationen über Modus Operandi (Vorgehensweise bei der Tat), kriminelle Methoden, Gegenstände, Apparate und Verstecke.
Interpol-United Nations Security Council Special Notice Interpol-Sonderausschreibung der Vereinten Nationen Ausgegeben für Gruppen und Einzelpersonen, die Ziel der UN-Sanktionen gegen al-Qaida oder die Taliban sind.

Die Vorgeschichte der Kommission (19. Jahrhundert bis 1914)

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Im 19. Jahrhundert kam es durch die sukzessive Expansion des modernen Staates in außerstaatliche Bereiche der Gesellschaft zu ständigen Krisen. Diese wurden durch sozialistische Parteien und Bewegungen weiter verstärkt. Durch zahllose Attentate auf die Herrschafts- und Oberschicht in beinahe allen europäischen Ländern verbreitete sich der Eindruck einer anarchistischen Weltverschwörung und es kam in der Konferenz von Rom 1898 zur ersten größeren Verabredung internationaler polizeilicher Zusammenarbeit.[23] Bei vielen Staatsmännern kam es zur Gleichsetzung von Sozialismus und Anarchismus. Diese Umstände bildeten eine Voraussetzung für die internationale polizeiliche Kooperation.[24]

Bei der Geschichtsschreibung der Kriminalpolizeien ist der Kampf gegen das gemeine Verbrechen die dominierende Ursache. Insbesondere schnellere Transportmittel sollten es Kriminellen ermöglicht haben, sich der Jurisdiktion zu entziehen.[25][26] Die technische Entwicklung im Bereich der Kommunikation und des Transportwesens war jedoch die Voraussetzung für eine adäquate polizeiliche Kooperation. Der Wissenschaftler John Tobias führt an, dass der schnellere Transport und die bessere Kommunikation der Verbrechensbekämpfung zugutekam.[27] Auch wenn sich seine Studie auf England beschränkt, ist davon auszugehen, dass dies überall der Fall war. Im April 1914 wurde der Erste Internationale Polizeikongress in Monaco abgehalten, der als der Vorläufer-Kongress der Internationalen Kriminalpolizeilichen Kommission (IKPK) gilt. Die Intentionen sowie genauere Informationen sind unbekannt.

Von der ersten Gründung bis zum ersten Ende (1919–1945)

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Ende 1919 versuchte der Kapitän der niederländischen Marechaussee, van Houten, erfolglos mit einem Brief an die bedeutendsten Polizeibehörden, eine Konferenz für internationale Verbrechensbekämpfung einzuberufen. Vier Jahre später gelang es dem Wiener Polizeipräsidenten Johann Schober, einen Internationalen Polizeikongress in Wien abzuhalten. Als Grund wird der Anstieg der Kriminalität nach dem Weltkrieg angeführt.

Zudem hatte Schober für diese Aufgabe ideale Qualifikationen, wie zum Beispiel außenpolitische Erfahrung und diplomatische Schulung. Seine Informationspolitik als Wiener Polizeipräsident war äußerst offensiv, 1920 errichtete er einen eigenen polizeilichen Nachrichtendienst mit politischen Zielsetzungen. „In einer Instruktion wies er darauf hin, daß es keineswegs nur um potentielle Unruhestifter gehe, sondern ausnahmslos um alle politisch tätigen Personen und Gruppen.“[28] Erwähnenswert ist die Tatsache, dass der Nachrichtendienst über keine Mittel für einen Auslandsnachrichtendienst verfügte.[29] Dennoch gelang es, eine Art antikommunistische Interpol zu etablieren. Ob sich die Intentionen Schobers (und anderer Teilnehmer) bei der Konferenz auf den „Kampf gegen das gemeine Verbrechen“[30] beschränkten, ist deshalb zweifelhaft.

In Wien wurde am 7. September 1923 die Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission (IKPK) gegründet. Vorher fand am 3. September die erste Sitzung in der Wiener Polizeidirektion statt. Das Protokoll über die zukünftige Kooperation unterschrieben Vertreter aus 16 europäischen Staaten, den Vereinigten Staaten sowie Japan. Dazu gehörten auch Preußen und Sachsen. Der Beschluss zur Gründung der IKPK wurde am 7. September 1923 gefasst.[31] Es stellt sich die Frage, für welche Zwecke die IKPK eingesetzt wurde. Wien wurde laut dem Politikwissenschaftler Heiner Busch aufgrund der Persönlichkeit Schobers als Zentrale der IKPK gewählt, ein weiterer Aspekt dürfte die Erfahrung und das Archiv der ehemaligen k. u. k. Dienststellen gewesen sein.

Die hauptsächliche Tätigkeit der IKPK war die Nachrichtenverarbeitung und -übermittlung eingegangener Meldungen, weshalb das Polizeifunkwesen gefördert wurde. Ebenso wurden Zentralstellen zur Fälschungsbekämpfung und Personenerkennung eingerichtet.

Auch nach der Machtübernahme Dollfuß’ und der Errichtung des österreichischen Ständestaates blieb die Organisation bestehen. Mit der deutschen Okkupation und der erzwungenen Eingliederung Österreichs in das Dritte Reich wurde der bisherige Interpol-Präsident Michael Skubl abgesetzt und sofort unter Hausarrest gestellt. Den seit 1932 amtierenden Generalsekretär Oskar Dressler (1878–1959) jedoch gelang es nicht aus dem Amt zu drängen. Durch seine Berufung auf die Statuten, sein Wahlamt und die damit erforderlichen Zustimmungspflichten der einzelnen Mitgliedsländer konnte er vorerst Schlimmeres verhindern. Als Nachfolger des kaltgestellten Präsidenten wurde der österreichische Nationalsozialist und noch am 12. März 1938 in die SS als SS-Standartenführer aufgenommenen Otto Steinhäusl (1879–1940) mit dem Amt betraut. Bereits einen Tag vor Machtübernahme Deutschlands in Österreich war er mit politischem Druck zum kommissarischen Polizeipräsidenten gemacht worden. Bereits schwer erkrankt, wurde er auch erst am 18. Januar 1940 offizielle in dieses Amt berufen. Sechs Monate später verstarb er. Nach seinem Tod wurde der Sitz der IKPK zwangsweise von Wien nach Berlin und ein Jahr später nach Berlin-Wannsee verlegt.[32] Mit dieser Übersiedlung wurde auch das gesamte Archiv der internationalen Organisation nach Berlin geholt und befand sich damit im Zugriff des Sicherheitsdienstes der NSDAP. Mit der Präsidentschaft des Chefs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes Reinhard Heydrich im August 1940 wurde die IKPK dem Reichssicherheitshauptamt in Berlin unterstellt.[33] Sie gehörte in der Struktur des RSHA zum Amt V. In einem der zwei von der IKPK genutzten Häusern fand die Wannseekonferenz betreffend die „Endlösung der Judenfrage“ statt. In Berlin wurde die IKPK durch den SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich präsidiert, nach dessen Tod durch ein Attentat des tschechoslowakischen Widerstands in Prag zunächst durch den Chef des Reichskriminalpolizeiamtes Arthur Nebe, dann ab 1943 durch Heydrichs Nachfolger als Chef des RSHA SS-Obergruppenführer Ernst Kaltenbrunner, der nach dem Krieg in Nürnberg hingerichtet wurde. Die Akten der IKPK, die nach Berlin überführt wurden, etwa die so genannte internationale Zigeunerregistratur, aber auch die Akten betreffend Falschmünzerei und Passfälschung waren für die Nationalsozialisten hilfreich bei der Verfolgung bestimmter Personengruppen sowie bei ihrer massenweisen Herstellung von Falschgeld und von falschen Pässen im KZ Sachsenhausen bei Berlin.[34] Mit Kontrollratsgesetz Nr. 31 vom 1. Juli 1946 wurden die „deutschen Polizeibüros und -agenturen politischen Charakters“ aufgelöst.[35]

Von der neuen IKPK bis zur IKPO (1946–1956)

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Die Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission (IKPK) wurde 1945 aufgelöst[36] und ein Jahr später auf Initiative des Generalinspekteurs der belgischen Polizei, Florent Louwage, neu gegründet. Dabei wurden neue Statuten festgeschrieben. Die genauen Gründe und Umstände für die Neugründung sind unbekannt bzw. finden keine Erwähnung. Anderson führt an, dass aufgrund des Schwarzmarktes und der Vertriebenen eine internationale Polizeikooperation dringend nötig war. Doch stellt sich die Frage, welche Hilfe die IKPK hierbei leisten sollte. Die Intention der Neugründung muss im Kontext des Ost-West-Konflikts gesehen werden, wobei die IKPK ein möglichst unpolitisches Profil wahren wollte. Ebenso sollte die vorherige Auflösung vermutlich die Distanzierung zur IKPK der Zwischen- und Kriegszeit hervorheben.

Als neuer Sitz wurde Paris gewählt; dies führte zur Dominanz der französischen Polizei über mehrere Jahrzehnte.[37] In die Statuten wurden die Menschenrechte einbezogen und an das Völkerrecht angepasst, außerdem wurde eine ausschließliche Zusammenarbeit im Bereich der gewöhnlichen Kriminalität festgelegt. Ebenso fand eine erfolgreiche Annäherung an die UN statt, 1949 erhielt die IKPK den konsultativen Status der UN als Nichtregierungsorganisation. Die Mitgliederzahl konnte schnell erweitert werden, dennoch blieb die IKPK europäisch dominiert.

1950 zeigte sich die geringe Wirkung der Entpolitisierung vor dem Hintergrund des Ost-West-Konfliktes. Die Entführung von drei Verkehrsflugzeugen[38] veranlasste die ČSSR, die Kooperation der Interpol anzufordern. Für das Generalsekretariat handelte es sich dabei um eine kriminelle Tat. Der Vizepräsident der IKPK und Direktor des FBI, J. Edgar Hoover, betrachtete die Entführer jedoch als politische Flüchtlinge,[39] deshalb wäre eine Kooperation gemäß den Interpol-Statuten in diesem Fall nicht zulässig. Es folgte der offizielle Austritt der USA und beinahe aller Ostblockstaaten, wobei die USA ab 1952 wieder in der IKPK durch das Finanzministerium vertreten wurden.

Internationalisierung und rechtlicher Status (1956–1984)

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1956 kam es zur Neugründung, es wurde ein neuer Name gewählt und die Telegramm-Kurzanschrift Interpol wurde in den Namen aufgenommen.[40] Die Interpol wurde durch eine Reihe von Verträgen und Abkommen internationaler und erhielt den Status einer juristischen Person. Dies wurde insbesondere durch den Erhalt des Status einer zwischenstaatlichen Organisation durch die UN 1971 und durch das Sitzabkommen (Headquarters Agreement) mit Frankreich im Jahr darauf erreicht. Dieses wurde zehn Jahre später überarbeitet und verlangte eine unabhängige datenschutzrechtliche Stelle zur Kontrolle. In den 1970er Jahren wurde die Interpol stark kritisiert, die Kritikpunkte waren die fehlende Beteiligung bei der Terrorismusbekämpfung und die schwerfällige Kommunikation.

Der Interpol-Präsident von 1968 bis 1972, Paul Dickopf, war unter den Nationalsozialisten als SS-Mann vereidigt worden und hatte nach dem Krieg zusammen mit anderen ehemaligen SS-Polizeimännern das Bundeskriminalamt in Wiesbaden aufgebaut.

Terrorismus und Informationstechnologie (1984–2002)

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Die Mängel, die in den 1970er Jahren bestanden, wurden in den 1980er Jahren weitgehend beseitigt. 1984 kam es zu einer Änderung in Bezug auf politisch motivierte Straftaten, insbesondere im Bereich des Terrorismus. Die Generalversammlung erließ eine Resolution.[41] Diese sieht vor, dass die politische Bewertung von Straftaten im nationalstaatlichen Ermessen liegt.[42] Anlässlich des bevorstehenden Umzugs nach Lyon 1989 kam es zur Reorganisation des Generalsekretariats.

Es folgte der Ausbau der Informationsinfrastruktur, 1990 wurde ein Kommunikationssystem für den Datenaustausch mit den nationalen Zentralbüros eingerichtet. Die Systeme wurden in den folgenden Jahren verbessert und erweitert. Seit 2002 sind beinahe alle nationalen Zentralbüros mit dem Interpol-Hauptquartier durch das Interpol Global Communication System 24/7 (I-24/7) verbunden. 1997 wurde ein Kooperationsvertrag mit der UN geschlossen, dieser gewährt der Interpol einen Beobachter-Status in der UN.[43]

Auf der im November 2021 in Istanbul abgehaltenen 89. Delegiertenversammlung wurde der Generalmajor Ahmed Nasser al-Raisi, Generalinspekteur im Innenministerium der Vereinigten Arabischen Emirate, zum nächsten Interpol-Präsidenten gewählt.[44][45][46][47] Seine Wahl traf teilweise auf Protest. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, darunter Human Rights Watch, werfen ihm vor, als „Teil des Sicherheitsapparates“ der Vereinigten Arabischen Emirate „systematisch gegen die friedliche Opposition“ vorzugehen. Die Organisation Gulf Center for Human Rights beschuldigt ihn, in Folter eines bekannten Regierungskritikers involviert zu sein. Die Emirate hatten schon 2015 mit Spenden an Interpol im großen Stil begonnen und die Frage aufgeworfen, ob sich das Land damit Einfluss erkaufen wolle, sie sind nach den USA der zweitgrößte Beitragszahler.[48] Abgeordnete des Europaparlaments schrieben in einem Brief an die EU-Kommissionspräsidentin, dass Interpol durch die Wahl an Reputation verlieren werde. 25 französische Parlamentarier baten Staatspräsident Emmanuel Macron, gegen die Wahl zu intervenieren. In der Türkei haben Anwälte im Namen des Golfzentrums für Menschenrechte Anzeige erstattet. In mindestens fünf Ländern wurden gegen ihn im Zusammenhang mit Foltervorwürfen Klagen eingereicht.[48]

Al-Raisis Amtszeit begann im März 2022[49][50], er übernahm die Nachfolge des Südkoreaners Kim Jong Yang, der seit 2018 Präsident von Interpol war.[51] Einzige Gegenkandidatin war die Interpol-Vizepräsidentin für Europa Šárka Havránková aus Tschechien.[52] Al-Raisi wurde nach drei Wahlrunden und mit 68,9 % Zustimmung gewählt.[53][54] Die Delegierten stimmten außerdem für die Aufnahme der Föderierten Staaten von Mikronesien als 195. Mitglied.[55]

Bedeutung und Wirkung

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Im Zeitalter der internationalen Vernetzung gewinnt das Interpol-Generalsekretariat als Sammelstelle internationaler Datenbestände zunehmend an Bedeutung. Unter der Bezeichnung ASF (Automated Search Facility) gibt es Datenbanken für gestohlene Fahrzeuge und Ausweise. Eine weitere Datenbank für DNA-Profile, die von Tatortspuren oder Mundhöhlenabstrichen Verdächtiger stammen, ist zurzeit im Aufbau. Nach der Flutkatastrophe in Südasien am 26. Dezember 2004 half Interpol insbesondere in Thailand bei der Identifizierung von Opfern aus aller Welt.

Im Gegensatz zu vielen Darstellungen in Kriminalromanen gibt es keine eigenen Interpol-Agenten, die Verbrecher in fremde Länder verfolgen und selbsttätig ermitteln. Interpol verfügt über keine eigenen Fahnder, sondern koordiniert nur die Zusammenarbeit nationaler Ermittler. Es gilt der Grundsatz der nationalen Souveränität. Polizeiliche Exekutivmaßnahmen wie Anhaltungen, Festnahmen, das Tragen von Dienstwaffen oder die Einsichtnahme in das Strafregister dürfen nur von Sicherheitsbeamten des jeweiligen Staates ergriffen werden. Selbst wenn ausländische Polizeibeamte nur anreisen, um im Zuge einer Auslieferung einen Häftling am Flughafen zu übernehmen, müssen sie um Genehmigung ersuchen, wenn sie Waffen mitführen wollen. Das Gleiche gilt für die Durchlieferung von Häftlingen, die nicht direkt von einem fremden Land in ein anderes befördert werden können. Überlegungen wie sie derzeit bei Europol angestellt werden, ob man Polizeibeamte mit Exekutivbefugnissen auch im Ausland ausstatten sollte (Stichwort EuroCOP), sind bei Interpol kein Thema.

Ein weiteres Missverständnis ist die Annahme, das Ersuchen eines Interpol-Mitgliedstaates um Personenfahndung zur Festnahme sei einem internationalen Haftbefehl gleichzusetzen. Der Umgang mit Notices und Diffusions bleibt jedoch jedem Land überlassen – also die gesuchte Person im Inland zur Festnahme auszuschreiben oder die Interpol-Ausschreibung lediglich als Erkenntnismitteilung anzusehen. Letzteres ist oft der Fall, wenn mit dem ersuchenden Land kein bilaterales Auslieferungsabkommen besteht.

Es ist schwierig, über die Bedeutung und Wirkung der Interpol eine Aussage zu treffen. Das Problem ist die äußerst fragliche Tätigkeit der IKPK und die lange Zeit begrenzte Tätigkeit der IKPO bei politisch motivierten Straftaten. Die Bedeutung und Wirkung der Interpol ist die Pionierarbeit im Bereich der internationalen polizeilichen Kooperation, besonders im technischen und rechtlichen Bereich. Für die Terrorismusbekämpfung konnte die Interpol aufgrund der späten Änderung der Organisationspolitik kaum Beiträge leisten, in diesem Bereich etablierten sich eigene Organisationen.

Die Interpol-Statuten verbieten eigentlich Hilfestellungen bei politisch motivierten Delikten und militärischen bzw. religiösen Angelegenheiten – eine Voraussetzung für die reibungslose Zusammenarbeit von Staaten mit unterschiedlichen politischen Systemen und Religionen.[56] Dieser Grundsatz kam u. a. zur Anwendung, als Italien um Mitfahndung nach den Südtirol-Aktivisten der 1960er-Jahre ersuchte. Dies änderte sich insbesondere seit einer Resolution 1984 (siehe Geschichte).

Im Februar 2012 kam Interpol in die Kritik, da es entgegen seinen Statuten angeblich an der Auslieferung des religionskritischen Journalisten Hamsa Kaschgari an Saudi-Arabien beteiligt gewesen sei.[57] Interpol bestreitet, gegen Kaschgari eine Ausschreibung zur Fahndung ausgestellt zu haben.

Im Sommer 2013 geriet Interpol wegen der Annahme von millionenschweren Kooperationsverträgen mit der Industrie in Kritik. Bei den zwischen 2011 und 2013 abgeschlossenen Verträgen mit der FIFA, dem Tabakkonzern Philip Morris und 29 Pharmaunternehmen wie Sanofi, die 26 Prozent des Etats von Interpol in Höhe von 78 Millionen Euro erbringen,[5] wurden vor allem die mangelnde Transparenz sowie die Missachtung von möglichen Interessenkonflikten bei der Verfolgung von Straftätern kritisiert.[58][59][60][61]

  • Malcolm Anderson: Policing the World: Interpol and the Politics of International Police Co-operation. Clarendon, Oxford 1989, ISBN 0-19-827597-8.
  • Christoph Arbeithuber: Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation. INTERPOL. Dissertation. Linz 1996.
  • Oskar Dressler, Die Internationale Kriminalpolizeiliche Kommission und ihr Werk, Herausgegeben für den Dienstgebrauch von der IKPK in Berlin-Wannsee 1942,
  • Michael Fooner: INTERPOL: Issues in World Crime and International Criminal Justice. Plenum, New York 1989, ISBN 0-306-43135-1.
  • Nadia Gerspacher: The Roles of International Police Cooperation Organizations. In: European Journal of Crime, Criminal Law and Criminal Justice, 13 (2005) S. 413–434.
  • J. Jäger: Verfolgung durch Verwaltung. Internationales Verbrechen und internationale Polizeikooperation 1880–1933. UVK, Konstanz 2006.
  • R. Kendall (Hrsg.): Interpol: 75 Years of International Police Co-operation. Kensington, London 1998.
  • Mathieu Martiniere, Robert Schmidt: Interpol: L’Enquête. HarperCollins France, Paris 2023, ISBN 1-033-91484-3.
  • Silvestre J. Martha: The Legal Foundations of INTERPOL. Hart, Oxford/Portland 2010, ISBN 978-1-84946-040-8.
  • Albrecht Randelzhofer: Rechtsschutz gegen Maßnahmen von INTERPOL vor deutschen Gerichten?. In: Ingo von Münch (Hrsg.): Staatsrecht – Völkerrecht – Europarecht: Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer. Walter de Gruyter, Berlin 1981, ISBN 3-11-008118-0, S. 531–555.
  • Werner Sabitzer, 100 Jahre Interpol, Zeitschrift Öffentliche Sicherheit, Heft 7/8 Jahrgang 2023, S. 41ff.
Wiktionary: Interpol – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Interpol – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Member Countries (World). In: www.interpol.int. Abgerufen am 19. August 2018 (englisch).
  2. Kosovo nicht in Polizeiorganisation Interpol aufgenommen. In: Der Standard. 20. November 2018, abgerufen am 24. November 2018.
  3. https://twitter.com/INTERPOL_HQ/status/1729510316046713159
  4. siehe www.interpol.int, legal material
  5. a b c Lena Kampf: Der viel zu lange Arm des Gesetzes. In: Süddeutsche Zeitung Magazin, 17. Januar 2015.
  6. Albrecht Randelzhofer: Rechtsschutz gegen Maßnahmen von INTERPOL vor deutschen Gerichten?, in: Ingo von Münch (Hrsg.): Staatsrecht – Völkerrecht – Europarecht: Festschrift für Hans-Jürgen Schlochauer, Walter de Gruyter: Berlin 1981, S. 531–555. ISBN 3-11-008118-0.
  7. ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations (Memento vom 24. Februar 2008), Article 2
  8. a b Robert Schmidt, Mathieu Martiniere: Wenn die Weltpolizei mit der Fifa dealt. In: zeit.de. 20. März 2018, abgerufen am 30. Juli 2019.
  9. INTERPOL: an overview (Memento vom 11. Januar 2006 im Internet Archive) (PDF)
  10. ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations (Memento vom 24. Februar 2008), The General Assembly
  11. Interpol General Assembly (Memento vom 3. August 2012 im Webarchiv archive.today)
  12. ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations (Memento vom 24. Februar 2008), The Executive Committee
  13. ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations (Memento vom 24. Februar 2008), Article 22
  14. 85. INTERPOL-Generalversammlung auf Bali. 15. November 2016, abgerufen am 10. Januar 2019.
  15. www.bmi.bund.de
  16. www.elespectador.com
  17. 81st INTERPOL General Assembly (Memento vom 11. August 2012 im Internet Archive)
  18. www.interpol.int (Memento vom 14. September 2009 im Internet Archive)
  19. Interpol Secretary General (Memento vom 24. Oktober 2005 im Internet Archive)
  20. ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations (Memento vom 24. Februar 2008), National Central Bureaus
  21. U.S. National Central Bureau. U.S. Department of Justice[1]
  22. International Notices system (engl.) (Memento vom 13. Juli 2012 im Internet Archive) (PDF; 1 MB)
  23. Mathieu Deflem: History of International Police Cooperation. in Encyclopedia of Criminology, edited by Richard A. Wright and J. Mitchell Miller. New York: Routledge, 2005 Online verfügbar (Memento vom 18. Oktober 2010 im Internet Archive)
  24. „Festzuhalten bleibt hier zunächst, daß die Kooperation gegen gemeinsame politische Gegner und nicht die gegen die gewöhnliche Kriminalität am Anfang der internationalen Kooperation von Polizeien stand.“ Heiner Busch: Grenzenlose Polizei? S. 264.
  25. Hans Hoeveler: Internationale Bekämpfung des Verbrechens. S. 9–29.
  26. Kurt Schaefer: Internationale Verbrechensbekämpfung. S. 31–35.
  27. John Tobias: Crime and Industrial Society in the 19th century. S. 192.
  28. Rainer Hubert: Schober. S. 163.
  29. Gerhard Jagschitz: Die Politische Zentralevidenzstelle der Bundespolizeidirektion Wien. In: Österreichische Gesellschaft für Zeitgeschichte: Jahrbuch für Zeitgeschichte 1978, S. 73–75.
  30. Auszug aus den Statuten der IKPK 1923. In: Hoeveler. S. 36.
  31. Alexander Elster, Rudolf Sieverts (Herausgeber): Handwörterbuch der Kriminologie, Band 4, ISBN 978-3-11-008093-3, S. 60. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  32. Werner Sabitzer, 100 Jahre Interpol, Zeitschrift Öffentliche Sicherheit, Heft 7/8, Jahrgang 2023, Wien 2023, S. 41ff.
  33. Werner Sabitzer: Die Geschichte von Interpol. Website der Wiener Landespolizeidirektion, abgerufen am 23. August 2018.
  34. Thomas Huonker, Willi Wottreng: „Wir dulden keine Zigeuner“. Weltwoche, 1. Februar 2001.
  35. Kontrollratsgesetz Nr. 31 vom 1. Juli 1946. In: Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland, Nummer 8 vom 1. Juli 1946, S. 163, Digitalisat der Deutschen Nationalbibliothek: urn:nbn:de:101:1-201301314994.
  36. INTERPOL history (Memento vom 4. Juni 2012 im Webarchiv archive.today)
  37. „Die förmliche Entpolitisierung der Organisation seit 1946 und ihre Anpassung an das Völkerrecht, ist die wesentliche Voraussetzung ihres Aufstiegs zu einer tatsächlich internationalen Organisation gewesen.“ Busch: S. 276.
  38. Anderson: S. 44; vgl. Busch, S. 277 schreibt dagegen von nur einem Verkehrsflugzeug, Busch zitiert dabei Anderson und ein anderes Werk.
  39. Anderson: S. 44 (siehe 32); vgl. Busch: S. 277 schreibt hier von „Freiheitskämpfern“.
  40. Brief History of INTERPOL (Memento vom 4. Juni 2011 im Internet Archive)
  41. Violent Crime Commonly Referred to as Terrorism (Memento vom 12. Dezember 2004 im Internet Archive)
  42. ICPO-INTERPOL Constitution and General Regulations (Memento vom 24. Februar 2008), Article 3
  43. Co-operation agreement between the United Nations and the International Criminal Police Organization-Interpol (Memento vom 11. Dezember 2004 im Internet Archive), Artikel 6.1
  44. Emirati general accused of torture up for Interpol top role. 24. November 2021, abgerufen am 25. November 2021 (englisch).
  45. Orlando Crowcroft: In Istanbul, a leadership election exposes Interpol's bitter divide. 23. November 2021, abgerufen am 25. November 2021 (englisch).
  46. Umstrittener Generalmajor wird Interpol-Chef. In: Die Zeit. 25. November 2021, abgerufen am 25. November 2021.
  47. General aus Emiraten trotz Foltervorwürfen neuer Interpol-Chef. In: DiePresse.com. 25. November 2021, abgerufen am 25. November 2021.
  48. a b Raisi trotz Foltervorwürfen neuer Interpol-Chef. In: ORF. 25. November 2021, abgerufen am 25. November 2021.
  49. Umstrittener Generalmajor aus Emiraten neuer Interpol-Präsident. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. November 2021.
  50. Ulrich Schmid: Zwielichtiger Emirati wird Interpol-Chef. In: Neue Zürcher Zeitung, 25. November 2021.
  51. ORF at/Agenturen red: Interpol wählt neuen Präsidenten. 24. November 2021, abgerufen am 25. November 2021.
  52. Tschechin Havránková wurde nicht zur Interpol-Chefin gewählt. In: Radio Praha International. 25. November 2021, abgerufen am 25. November 2021.
  53. Interpol appoints Emirati general accused of torture as president In: The Guardian, 25. November 2021 (englisch). 
  54. Interpol wählt Raisi trotz Foltervorwürfen zu neuem Chef. In: Spiegel Online, 25. November 2021 (abgerufen am 28. November 2021).
  55. INTERPOL General Assembly opens in Turkey with new member country bringing total to 195. In: interpol.int, 23. November 2021 (englisch).
  56. PDF
  57. Interpol accused after journalist arrested over Muhammad tweet. In: The Guardian. 10. Februar 2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
  58. Robert Schmidt und Mathieu Martiniere: Interpol: Wer hilft hier wem? In: zeit.de. 21. Oktober 2013, abgerufen am 15. Dezember 2014.
  59. Robert Schmidt und Mathieu Martiniere: Tabakindustrie: Interpol, die Lobby und das Geld. In: zeit.de. 7. Juni 2013, abgerufen am 15. Dezember 2014.
  60. www.slate.fr
  61. www.lyoncapitale.fr

Koordinaten: 45° 46′ 58,1″ N, 4° 50′ 54,2″ O