„Tyana“ – Versionsunterschied
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[[Tyana]] ist eine antike Stadt in [[Kappadokien]] (Türkei), südlich von [[Nidğe]] in der Provinz [[Konya (Provinz)|Konya]] (Kilise Hissar). Sie entspricht vermutlich dem [[Hethiter|hetitischen]] Tuwanuwa, das in der Liste der Eroberungen des frühen Königs [[Labarna I.]] auftaucht. In [[Assyrer|assyrischen]] Quellen wird es Tuhana genannt. |
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'''Tyana''' ({{grcS|Τύανα}} {{N.Pl.}}) ist eine antike Stadt in [[Kappadokien]], das heutige [[Kemerhisar]] südlich von [[Niğde]] ([[Türkei]]). |
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== Hellenistische Epoche == |
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Später war die Stadt ein katholisches [[Titularbistum]]. |
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In [[Hellenismus|hellenistischer]] Zeit, als Kappadokien ein selbständiges Königreich war, gehörte Tyana neben dem Königssitz [[Mazaka]] im Norden zu den beiden Landeszentren. Die Stadt war von [[Ariaramna (Kappadokien)|Ariaramnes]] in den 260er Jahren v. Chr. den [[Seleukiden]] entrissen worden und wurde später nach König [[Ariarathes V. Eusebes Philopator]] (regierte ca. 163–130 v. Chr.) auch „''Eusebeia'' am [[Taurusgebirge|Tauros]]“ genannt. |
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=== Spätrömische und byzantinische Periode === |
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* Bischof Eutherius, ein Unterstützer von [[Nestor]], der deswegen 431 ins Exil gehen musste |
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[[Datei:Tuwanuwa - Tyana - Kemerhisar.jpg|mini|hochkant|Das römische Aquädukt von Tyana]] |
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Im Jahr 372 teilte Kaiser [[Valens]] die Provinz [[Kappadokien]] entzwei und Tyana wurde zur Hauptstadt von ''[[Cappadocia Secunda]]''. Während der [[Spätantike]] war die Stadt auch als ''Christoupolis'' ({{grcS|Χριστούπολις}} „Stadt Christi“) bekannt. |
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*O. Gurney, The Hethites (Hammondsworth 1952). |
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Infolge der [[Islamische Expansion|Islamischen Expansion]] und der Etablierung der neuen Grenze zwischen dem [[Byzantinisches Reich|Byzantinischen Reich]] und dem [[Kalifat]] entlang des [[Taurusgebirge]]s wurde Tyana zu einer wichtigen Militärbasis, da es an der Straße von Anatolien nach [[Kilikien]] und [[Syrien]] nahe an der [[Kilikische Pforte|Kilikischen Pforte]] lag (ca. 30 km nördlich). Daher war die Stadt häufig das Ziel muslimischer Plünderzüge. Die Stadt wurde erstmals von den [[Umayyaden]] im Jahr 708 nach einer langen Belagerung [[Belagerung von Tyana|geplündert]] und blieb danach eine Zeit lang verlassen, bis sie wiederaufgebaut wurde. Danach wurde sie vom [[Abbasiden|abbasidischen]] Kalifen [[Hārūn ar-Raschīd]] im Jahr 806 besetzt. Harun verwandelte die Stadt in ein Militärlager und errichtete dort auch eine [[Moschee]], ließ die Stadt aber wieder evakuieren, nachdem der byzantinische Kaiser [[Nikephoros I.]] einen Frieden erkauft hatte. |
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Die Stadt wurde von den Abbasiden unter [[Al-Abbas ibn al-Ma'mun]] im Jahr 831 abermals zerstört. Abbas ließ die Stadt drei Jahre später wiederaufbauen und in Vorbereitung auf [[al-Ma'mūn|al-Ma'muns]] geplante Eroberung des Byzantinischen Reichs in ein Militärlager umgestalten, aber nach Ma'muns plötzlichem Tod im August 833 wurde der Plan aufgegeben und die halbfertige Stadt wurde wieder zerstört. |
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Danach verfiel die Stadt mit dem allmählichen Abflauen der arabischen Bedrohung. Die Ruinen von Tyana sind nahe der heutigen türkischen Stadt [[Kemerhisar]] gelegen, dort finden sich die Überreste eines antiken römischen [[Aquädukt]]s sowie von Höhlengräbern und Grabgrotten. |
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Die Funde aus Tyana und aus dem nahegelegenen Siedlungshügel [[Köşk Höyük]] sind im [[Archäologisches Museum Niğde|archäologischen Museum von Niğde]] zu besichtigen. |
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TyanaAquädukt3.jpg|Aquädukt |
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TyanaBecken.jpg|Römisches Wasserbecken am früheren Ostende des Aquädukts |
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TyanaRuinen.jpg|Ausgrabungen am Westende des Aquädukts |
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NigdeMuseumTyana.jpg|Funde aus Tyana im Museum von Niğde |
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== Kirchengeschichte == |
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Bischof [[Eutherios von Tyana]] war auf dem [[Konzil von Ephesos]] 431 der Anführer der [[Nestorianismus|Nestorianischen]] Fraktion und wurde deshalb abgesetzt, exkommuniziert und musste kurzfristig ins Exil gehen. Als [[Firmus von Caesarea]], der an seiner [[Exkommunikation]] teilgenommen hatte, nach Tyana kam, um seinen Nachfolger zu weihen, widersetzten sich ihm sowohl die Bürger der Stadt als auch die hier stationierten [[Isaurien|isaurischen]] Truppen unter Longras, und Firmus und der neugeweihte Bischof, der danach wieder ins Privatleben zurückkehrte, mussten fliehen. Eutherios wurde nach [[Skythopolis]] (Palästina, Bet-Schean) und schließlich nach [[Tyros]] verbannt, wo er starb. |
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Der Name existiert als katholisches [[Titularerzbistum Tyana|Titularerzbistum]] fort. |
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* Bischof Eutherios |
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== Quellen == |
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* [[Dietrich Berges]], [[Johannes Nollé]]: ''Tyana. Archäologisch-historische Untersuchungen zum südwestlichen Kappadokien'' (= ''[[Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien]].'' Band 55). Habelt, Bonn 2000, ISBN 3-7749-2959-9. |
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* {{PECS|tyana|Tyana (Kemerhisan/Bahçeli, Bor, Niğde) Cappadocia, Turkey|R. P. Harper}} |
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* [[Friedrich Hild (Byzantinist)|Friedrich Hild]], [[Marcell Restle]]: ''Kappadokien'' (= ''[[Tabula Imperii Byzantini]].'' Band 2). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1981, ISBN 3-7001-0401-4, S. 298–299. |
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{{Commonscat|Tyana (Kemerhisar)|Tyana}} |
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* {{Webarchiv | url=http://www.uni-hamburg.de/Wiss/FB/09/ArchaeoI/KlassAr/projekte/bergesty.htm | wayback=20080917153036 | text=Tyana in Kappadokien, Universität Hamburg}} |
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* [http://www.tyana.info/ Università degli studi di Padova] (ital.) |
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[[Kategorie:Antike kappadokische Stadt]] |
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[[Kategorie:Archäologischer Fundplatz in der Türkei]] |
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[[Kategorie:Provinz Niğde]] |
Aktuelle Version vom 9. April 2025, 17:47 Uhr
Koordinaten: 37° 49′ 24″ N, 34° 34′ 14″ O
Tyana (altgriechisch Τύανα (n. pl.)) ist eine antike Stadt in Kappadokien, das heutige Kemerhisar südlich von Niğde (Türkei).
Hethiter
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ort hieß in hethitischer Zeit Tuwanuwa, das bereits in der Liste der Eroberungen des frühen Königs Labarna I. auftaucht. In assyrischen Quellen wird es Tuḫana genannt. Die beiden Hauptgottheiten von Tuwanuwa waren der Wettergott und Šaḫḫaššara. Auf dem Felsrelief von İvriz aus späthethitischer Zeit (vermutlich 8. Jahrhundert v. Chr.) ist ein König Warballawa von Tuwana mit dem Gott Tarhunza dargestellt.
Hellenistische Epoche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In hellenistischer Zeit, als Kappadokien ein selbständiges Königreich war, gehörte Tyana neben dem Königssitz Mazaka im Norden zu den beiden Landeszentren. Die Stadt war von Ariaramnes in den 260er Jahren v. Chr. den Seleukiden entrissen worden und wurde später nach König Ariarathes V. Eusebes Philopator (regierte ca. 163–130 v. Chr.) auch „Eusebeia am Tauros“ genannt.
Römische Periode
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Kappadokien 17 n. Chr. endgültig seine Selbständigkeit verlor, wurde es in die römische Provinz Cappadocia umgewandelt, zu der auch Tyana gehörte. Unter Kaiser Caracalla wurde die Stadt in der Cappadocia prima römische Kolonie. Sie schloss sich dem Aufstand von Zenobia an und wurde von Aurelian zurückerobert, der die Stadt jedoch milde behandelte. 371 wurde sie unter Valens Hauptstadt der Cappadocia secunda.
Spätrömische und byzantinische Periode
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Jahr 372 teilte Kaiser Valens die Provinz Kappadokien entzwei und Tyana wurde zur Hauptstadt von Cappadocia Secunda. Während der Spätantike war die Stadt auch als Christoupolis (altgriechisch Χριστούπολις „Stadt Christi“) bekannt.
Infolge der Islamischen Expansion und der Etablierung der neuen Grenze zwischen dem Byzantinischen Reich und dem Kalifat entlang des Taurusgebirges wurde Tyana zu einer wichtigen Militärbasis, da es an der Straße von Anatolien nach Kilikien und Syrien nahe an der Kilikischen Pforte lag (ca. 30 km nördlich). Daher war die Stadt häufig das Ziel muslimischer Plünderzüge. Die Stadt wurde erstmals von den Umayyaden im Jahr 708 nach einer langen Belagerung geplündert und blieb danach eine Zeit lang verlassen, bis sie wiederaufgebaut wurde. Danach wurde sie vom abbasidischen Kalifen Hārūn ar-Raschīd im Jahr 806 besetzt. Harun verwandelte die Stadt in ein Militärlager und errichtete dort auch eine Moschee, ließ die Stadt aber wieder evakuieren, nachdem der byzantinische Kaiser Nikephoros I. einen Frieden erkauft hatte. Die Stadt wurde von den Abbasiden unter Al-Abbas ibn al-Ma'mun im Jahr 831 abermals zerstört. Abbas ließ die Stadt drei Jahre später wiederaufbauen und in Vorbereitung auf al-Ma'muns geplante Eroberung des Byzantinischen Reichs in ein Militärlager umgestalten, aber nach Ma'muns plötzlichem Tod im August 833 wurde der Plan aufgegeben und die halbfertige Stadt wurde wieder zerstört.
Danach verfiel die Stadt mit dem allmählichen Abflauen der arabischen Bedrohung. Die Ruinen von Tyana sind nahe der heutigen türkischen Stadt Kemerhisar gelegen, dort finden sich die Überreste eines antiken römischen Aquädukts sowie von Höhlengräbern und Grabgrotten.
Die Funde aus Tyana und aus dem nahegelegenen Siedlungshügel Köşk Höyük sind im archäologischen Museum von Niğde zu besichtigen.
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Aquädukt
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Römisches Wasserbecken am früheren Ostende des Aquädukts
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Ausgrabungen am Westende des Aquädukts
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Funde aus Tyana im Museum von Niğde
Kirchengeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bischof Eutherios von Tyana war auf dem Konzil von Ephesos 431 der Anführer der Nestorianischen Fraktion und wurde deshalb abgesetzt, exkommuniziert und musste kurzfristig ins Exil gehen. Als Firmus von Caesarea, der an seiner Exkommunikation teilgenommen hatte, nach Tyana kam, um seinen Nachfolger zu weihen, widersetzten sich ihm sowohl die Bürger der Stadt als auch die hier stationierten isaurischen Truppen unter Longras, und Firmus und der neugeweihte Bischof, der danach wieder ins Privatleben zurückkehrte, mussten fliehen. Eutherios wurde nach Skythopolis (Palästina, Bet-Schean) und schließlich nach Tyros verbannt, wo er starb.
Der Name existiert als katholisches Titularerzbistum fort.
Berühmte Bürger
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Apollonios von Tyana (* um 40; † um 120)
- Bischof Anthimos
- Bischof Eutychios, auf dem Konzil von Nicäa vertreten
- Bischof Theodoros, ein Freund von Johannes Chrysostomos
- Bischof Eutherios
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Strabo, Geographika XII, 537; XIII, 587
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dietrich Berges, Johannes Nollé: Tyana. Archäologisch-historische Untersuchungen zum südwestlichen Kappadokien (= Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien. Band 55). Habelt, Bonn 2000, ISBN 3-7749-2959-9.
- Richard P. Harper: Tyana (Kemerhisan/Bahçeli, Bor, Niğde) Cappadocia, Turkey. In: Richard Stillwell u. a. (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Classical Sites. Princeton University Press, Princeton NJ 1976, ISBN 0-691-03542-3 (englisch, perseus.tufts.edu).
- Friedrich Hild, Marcell Restle: Kappadokien (= Tabula Imperii Byzantini. Band 2). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1981, ISBN 3-7001-0401-4, S. 298–299.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Catholic Encyclopedia
- Tyana in Kappadokien, Universität Hamburg ( vom 17. September 2008 im Internet Archive)
- Università degli studi di Padova (ital.)