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„Teufelskreis“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|behandelt das System ''Teufelskreis''. Siehe auch: [[Zirkelschluss]], ''[[Der Teufelskreis]]'', bzw. ''[[Tatort: Teufelskreis]]''.}}
Der '''Teufelskreis''' (auch '''Irrkreis''') ist eine besondere Form eines [[Zirkel]]s, dessen Grundprinzip in zahlreiche andere Bereiche übertragen wurde, meist unter der Bezeichnung ''[[circulus diaboli]]'' (lat. für „Teufelskreis“) oder ''circulus vitiosus'' (lat. für „fehlerhafter Kreis“).
Als '''Teufelskreis''' oder '''Abwärtsspirale''', gelegentlich auch {{laS|circulus vitiosus|de=fehlerhafter oder verkehrter Kreis}}, wird ein System bezeichnet, in dem mehrere Faktoren sich gegenseitig verstärken ([[positive Rückkopplung]]) und so einen Zustand immer weiter verschlechtern.


== Soziologie ==
Weniger streng und eindeutig werden hierunter beispielsweise mehrere gleichzeitig bestehende Prozesse verstanden, die sich gegenseitig ungünstig bezüglich einer Heilung beeinflussen. Jeder Versuch aus einer unangenehmen Lage o.&nbsp;ä. herauszukommen, der aber wiederum nur in eine weitere unangenehme Sache führt, wird als Teufelskreis bezeichnet. Schlagwörter sind in diesem Kontext zum Beispiel pazifistische, soziale ([[Armutspirale]]) und wirtschaftliche ([[Schuldenspirale]], [[Deflationsspirale]]) Motive.
In den Sozialwissenschaften wird ein Teufelskreis auch als ''abwärts gerichtete [[Spirale#Sozialwissenschaften|Spirale]]'' bezeichnet, beispielsweise die [[Schweigespirale]] oder in der Volkswirtschaftslehre die [[Deflationsspirale]], die [[Überschuldung|Schuldenfalle]] oder die [[Entwicklungstheorie#Theorien sozialen Wandels als Kreislaufprozess|Armutsspirale]]. Im Gegensatz zum Teufelskreis können Spiralen jedoch auch eine positive Wirkung verstärken, wie beispielsweise die Wachstumsspirale. In der [[Konfliktforschung]] bezeichnet man einen Teufelskreis zwischen Parteien mit eskalierender Gewalttätigkeit auch als '''Gewaltspirale'''.


In der [[Prozesssoziologie]] bezieht [[Norbert Elias]] den Begriff Teufelskreis auf Menschen, die in einem Clinch gefangen sind, der sich immer weiter verstärkt. Später ersetzte er ihn durch den Begriff ''[[Doppelbindungstheorie|Doppelbinder]]''.
Krankheiten sind eigene körperliche, zumeist selbst oder selten fremdverschuldete Gebrechen und heilbar. Ein Teufelskreis ist jedoch eine [[Situation]], die niemals zu einer Heilung führt. Nur durch ''Fremdeinwirkung'', kann der Betroffene in ein neues Leben, aus dem alten Lebenskreislauf herauskatapultiert werden, um so dem Zirkelschluss zu entfliehen.
Auch [[Drogenabhängigkeit]] kann nicht als Teufelskreis bezeichnet werden, da der Abhängige eine Aussicht oder Hoffnung besitzt, dem Drogenkonsum zu entfliehen, durch Stilllegung des Konsumes. Im Teufelskreis ist die Fremdhilfe ungewiss und beschreibt den Unterschied zu eigener Heilungsmöglichkeit im Krankheitsverlauf, oder Fremdheilung durch besonders [[souverän]]e Personen.


== Psychologie ==
''Beispiel: Die Voraussetzung einer Tat hat diese (indirekt) selbst als Voraussetzung.
[[Datei:Teufelskreis urbsp.svg|mini|Urbeispiel von Watzlawick]]
Für eine Arbeitsstelle, benötigt man einen festen Wohnsitz mit Wohnung. Eine Wohnung bekommt der Wohnungssuchende nur mit Arbeitsstelle. Eine Arbeitsstelle bekommt er nur mit Wohnung. Eine Wohnung bekommt er nur durch Geld. Geld bekommt er nur durch eine Arbeitsstelle. Einen Arbeitsstelle, würde er jedoch nur mit einer Wohnung bekommen.'' Der Kreis bleibt somit erhalten.


In der Psychologie wurde der Teufelskreis-Begriff von [[Paul Watzlawick]] eingeführt, um die Tücke der unterschiedlichen ''Interpunktion'' in zwischenmenschlichen Beziehungen zu beschreiben. Watzlawicks Urbeispiel von einem Ehepaar beschreibt folgende Wechselwirkung: Seit einiger Zeit zeigt sich die Frau unzufrieden mit dem Verhalten ihres Mannes, der sich daraufhin zurückzieht, z.&nbsp;B. ein Wirtshaus aufsucht. Dabei ''interpunktieren'' beide den Kreislauf des gemeinsamen Verhaltensmusters unterschiedlich:
In der [[Prozesssoziologie]] benutzt [[Norbert Elias]] diesen Begriff als Ausdruck für Menschen, die in einem Clinch gefangen sind, der sich immer weiter verschärft.
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Später ersetzte er ihn durch den neutraleren Begriff [[Doppelbinder]].
|Ehefrau || ''Er entfernt sich von mir. → Ich reagiere darauf und beklage mich.''
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|Ehemann || ''Sie nörgelt an mir herum. → Ich reagiere darauf, indem ich mich zurückziehe.''
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Durch die unterschiedliche Interpunktion eines gewohnheitsmäßigen Ablaufs sehen die Ehepartner Ursache und Wirkung jeweils genau andersherum: „''Weil'' sie immer an mir herumnörgelt, ziehe ich mich mehr und mehr zurück.“ „''Weil'' er sich immer zurückzieht, beschwere ich mich.“
== Literatur ==
*Elias, Norbert, Was ist Soziologie?, München 1970
*Elias, Norbert, Engagement und Distanzierung. Arbeiten zur Wissenssoziologie I, hrsg. und übers. von Michael Schröter, Frankfurt/M 1983
*Elias, Norbert, Die Gesellschaft der Individuen, hrsg. von Michael Schröter, Frankfurt/M 1987
*Elias, Norbert, Etablierte und Außenseiter, gemeinsam mit John L. Scotson, übers. von Michael Schröter, Frankfurt/M 1990
*Milowiz, Walter, Teufelskreis und Lebensweg - Systemisches Denken in der Sozialarbeit. Wien NewYork 1998 [http://members.telering.at/asys.austria/Literaturseite/teufelskreis_und_lebensweg.htm]
*Wolf, Gunther; Schaffner, Kurt, Erfolgreiches Konfliktmanagement: Differenzen erkennen, Spannungen nutzen, Konflikte lösen. Hamburg, 2006, Verlag Dashöfer. ISBN 3-938553-83-9


[[Datei:Teufelskreis thun.svg|mini|Weiterentwicklungen nach Thomann / Schulz von Thun: Teufelskreis mit vier Stationen]]
== Siehe auch: ==
[[Norbert Elias]]
[[Prozesssoziologie]]
[[Homo Clausus]]
[[Valenz]]


Dieser Teufelskreis-Gedanke wurde von [[Christoph Thomann]] und [[Friedemann Schulz von Thun]] zum Teufelskreis-Modell mit vier Stationen ausgebaut, das helfen soll, die negative Dynamik in einer Beziehung zu erkennen, Hintergründe zu verstehen, sowie Fallstricke zu erfassen und zu beheben. Dabei werden vier Stationen unterschieden und sichtbar gemacht, wobei in die eckigen Kästen die äußerlich sichtbaren und wirksamen Verhaltensweisen ''(“Äußerungen”)'' beider Partner eingetragen werden und in die Kreise ihre inneren Reaktionen ''(“Innerungen”)'' darauf ''(siehe Schaubild Teufelskreis)''. Watzlawicks Urbeispiel wird also um die ''inneren'' Reaktionen, im Beispiel die Gefühle des Ehepaares, erweitert ''(siehe Schaubild Weiterentwicklung)''.
[[Kategorie:Abstraktum]]

[[Kategorie:Soziologie]]
[[Datei:Teufelskreis thun abstrakt.svg|mini|zentriert|hochkant=2.0|Schaubild Teufelskreis nach Thomann / Schulz von Thun]]

== Siehe auch ==
* [[Deadlock]]
* [[Kettenreaktion]]

== Literatur ==
* Walter Milowiz: ''Teufelskreis und Lebensweg – systemisch Denken in der Sozialarbeit''. 2., überarbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-40158-3.
* [[Paul Watzlawick]]: ''Menschliche Kommunikation, Formen, Störungen, Paradoxien'' (Originaltitel: ''Pragmatics of human communication'', mit Janet H. Beavin, Don D. Jackson vom Mental Research Institute Palo Alto, Kalifornien). Huber, Bern 1969, 10. Auflage 2010, ISBN 3-456-83457-8.
* [[Friedemann Schulz von Thun]]: ''Miteinander Reden, 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung''. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 978-3-499-62717-0.
* Friedemann Schulz von Thun: ''Miteinander Reden: Fragen und Antworten''. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2007, ISBN 978-3-499-61963-2.
* [[Jürgen Beetz]]: ''Feedback: Wie Rückkopplung unser Leben bestimmt und Natur, Technik, Gesellschaft und Wirtschaft beherrscht''. Springer Spektrum, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-662-47089-3.


[[Kategorie:Geflügeltes Wort]]
[[en:Vicious circle]]
[[fr:Cercle vicieux]]
[[nl:Vicieuze cirkel]]
[[pl:Błędne koło]]

Aktuelle Version vom 5. September 2024, 05:27 Uhr

Als Teufelskreis oder Abwärtsspirale, gelegentlich auch lateinisch circulus vitiosus ‚fehlerhafter oder verkehrter Kreis‘, wird ein System bezeichnet, in dem mehrere Faktoren sich gegenseitig verstärken (positive Rückkopplung) und so einen Zustand immer weiter verschlechtern.

In den Sozialwissenschaften wird ein Teufelskreis auch als abwärts gerichtete Spirale bezeichnet, beispielsweise die Schweigespirale oder in der Volkswirtschaftslehre die Deflationsspirale, die Schuldenfalle oder die Armutsspirale. Im Gegensatz zum Teufelskreis können Spiralen jedoch auch eine positive Wirkung verstärken, wie beispielsweise die Wachstumsspirale. In der Konfliktforschung bezeichnet man einen Teufelskreis zwischen Parteien mit eskalierender Gewalttätigkeit auch als Gewaltspirale.

In der Prozesssoziologie bezieht Norbert Elias den Begriff Teufelskreis auf Menschen, die in einem Clinch gefangen sind, der sich immer weiter verstärkt. Später ersetzte er ihn durch den Begriff Doppelbinder.

Urbeispiel von Watzlawick

In der Psychologie wurde der Teufelskreis-Begriff von Paul Watzlawick eingeführt, um die Tücke der unterschiedlichen Interpunktion in zwischenmenschlichen Beziehungen zu beschreiben. Watzlawicks Urbeispiel von einem Ehepaar beschreibt folgende Wechselwirkung: Seit einiger Zeit zeigt sich die Frau unzufrieden mit dem Verhalten ihres Mannes, der sich daraufhin zurückzieht, z. B. ein Wirtshaus aufsucht. Dabei interpunktieren beide den Kreislauf des gemeinsamen Verhaltensmusters unterschiedlich:

Ehefrau Er entfernt sich von mir. → Ich reagiere darauf und beklage mich.
Ehemann Sie nörgelt an mir herum. → Ich reagiere darauf, indem ich mich zurückziehe.

Durch die unterschiedliche Interpunktion eines gewohnheitsmäßigen Ablaufs sehen die Ehepartner Ursache und Wirkung jeweils genau andersherum: „Weil sie immer an mir herumnörgelt, ziehe ich mich mehr und mehr zurück.“ „Weil er sich immer zurückzieht, beschwere ich mich.“

Weiterentwicklungen nach Thomann / Schulz von Thun: Teufelskreis mit vier Stationen

Dieser Teufelskreis-Gedanke wurde von Christoph Thomann und Friedemann Schulz von Thun zum Teufelskreis-Modell mit vier Stationen ausgebaut, das helfen soll, die negative Dynamik in einer Beziehung zu erkennen, Hintergründe zu verstehen, sowie Fallstricke zu erfassen und zu beheben. Dabei werden vier Stationen unterschieden und sichtbar gemacht, wobei in die eckigen Kästen die äußerlich sichtbaren und wirksamen Verhaltensweisen (“Äußerungen”) beider Partner eingetragen werden und in die Kreise ihre inneren Reaktionen (“Innerungen”) darauf (siehe Schaubild Teufelskreis). Watzlawicks Urbeispiel wird also um die inneren Reaktionen, im Beispiel die Gefühle des Ehepaares, erweitert (siehe Schaubild Weiterentwicklung).

Schaubild Teufelskreis nach Thomann / Schulz von Thun
  • Walter Milowiz: Teufelskreis und Lebensweg – systemisch Denken in der Sozialarbeit. 2., überarbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-40158-3.
  • Paul Watzlawick: Menschliche Kommunikation, Formen, Störungen, Paradoxien (Originaltitel: Pragmatics of human communication, mit Janet H. Beavin, Don D. Jackson vom Mental Research Institute Palo Alto, Kalifornien). Huber, Bern 1969, 10. Auflage 2010, ISBN 3-456-83457-8.
  • Friedemann Schulz von Thun: Miteinander Reden, 2. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 978-3-499-62717-0.
  • Friedemann Schulz von Thun: Miteinander Reden: Fragen und Antworten. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2007, ISBN 978-3-499-61963-2.
  • Jürgen Beetz: Feedback: Wie Rückkopplung unser Leben bestimmt und Natur, Technik, Gesellschaft und Wirtschaft beherrscht. Springer Spektrum, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-662-47089-3.