„Erzgebirgspässe“ – Versionsunterschied
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'''Erzgebirgspässe''' sind [[Gebirgspass|Übergänge]] und Durchlässe im [[Gebirgskamm|Kamm]] des [[Erzgebirge]]s, über die Wege, Straßen, Eisenbahnverbindungen und Versorgungsleitungen vom [[Sachsen|Freistaat Sachsen]] der [[Deutschland|Bundesrepublik Deutschland]] nach [[Böhmen]] in der [[Tschechische Republik|Tschechischen Republik]] und umgekehrt führen. |
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[[Image:Erzgebirgspaesse.png|thumb|350px|right|Die historischen Pässe über das Erzgebirge]] |
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[[Image:Erzgebirge Postkarte 1825.jpg|thumb|350px|Postverbindungen über das Erzgebirge (1825)]] |
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'''Erzgebirgspässe''' sind Übergänge und Durchlässe im [[Gebirgskamm|Kamm]] des [[Erzgebirge|Erzgebirges]], über die Wege, Straßen, Eisenbahnlinien und Produktenleitungen vom [[Freistaat Sachsen]] der [[Bundesrepublik Deutschland]] nach [[Böhmen]] in der [[Tschechische Republik|Tschechischen Republik]] bzw. umgekehrt führen. |
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[[Datei:Erzgebirgspaesse map de.png|mini|hochkant=1.5|Die historischen Pässe über das Erzgebirge]] |
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==Der Naturraum des oberen Erzgebirges aus Sicht des Transportwesens == |
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[[Bild:Höhenprofil Kulmer Steig.png|left|thumb|300px|Höhenprofil des im Osterzgebirge über den Nollendorfer Pass führenden Kulmer Steiges]] |
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Unter den physisch-geographischen Bedingungen üben vor allem die [[Geomorphologie|Oberflächengestalt]] und das [[Klima]] bis in die heutige Zeit einen bestimmenden Einfluss auf die Verkehrsführung und –gestaltung der Wege über das Erzgebirge aus. Morphologisch stellt das Gebirge eine im Süden angehobene [[Pultscholle]] mit einer allmählichen Abdachung nach Norden dar. Der Gebirgseindruck wird im sächsischen Teil weniger durch die absoluten Höhen als vielmehr durch bis zu 200 m tief eingekerbte und teils windungsreiche Täler hervorgerufen. Die zwischen den Tälern gelegenen sanft ansteigenden [[Hochfläche|Hochflächen]] ermöglichten frühzeitig verkehrsgünstige, d.h. vor allem steigungsarme, Trassenführungen. Problematisch gestaltete sich die Verkehrsführung nur dort, wo eines der tief eingeschnittenen Täler gequert werden musste. Eine deutliche Verkehrsungunst weist hingegen der markante Steilabfall nach Süden in Richtung Böhmen auf, da hier das Erzgebirge auf weniger als 10 km um bis zu 700 m abfällt. Noch heute weisen selbst ausgebaute Transitstraßen in diesem Abschnitt Steigungen von z.T. über 10 % auf. |
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== Der Naturraum des oberen Erzgebirges aus Sicht des Transportwesens == |
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Der Erzgebirgskamm selbst bildet eine Abfolge von Hochflächen und Einzelbergen, die von [[Gebirgspass|Sätteln]] unterbrochen wird. Vom [[Vogtland]] an steigt der Kamm auf ca. 1.000 m an und fällt bei [[Johanngeorgenstadt]] (Plattener Pass) auf ca. 900 m ab. Ein weiterer Anstieg erfolgt bis zum [[Fichtelberg (Erzgebirge)|Fichtelberg]] / [[Klínovec|Keilberg (Klínovec)]] auf über 1.200 m. Zwischen beiden Bergen senkt sich der Kamm im Wiesenthaler Pass auf 1.080 m . Bis zum [[Deutschneudorf|Deutscheinsiedler Sattel]], dem tiefsten Durchgang des Gebirges, erfolgt über den [[Reitzenhain (Erzgebirge)|Reitzenhainer Pass]] (820 m) eine Absenkung bis auf 750 m. In nordöstlicher Richtung erreicht der Kamm im [[Kahleberg]] noch einmal über 900 m Höhe, bevor er auf ca. 500 m zum [[Elbsandsteingebirge]] hin abfällt. |
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[[Datei:Höhenprofil Kulmer Steig.png|mini|Höhenprofil des im Osterzgebirge über den Nollendorfer Pass führenden Kulmer Steiges]] |
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Unter den physikalisch-geografischen Bedingungen üben vor allem die [[Geomorphologie|Oberflächengestalt]] und das [[Klima]] bis in die heutige Zeit einen bestimmenden Einfluss auf die Verkehrsführung und -gestaltung der Wege über das Erzgebirge aus. [[Geomorphologie|Morphologisch]] stellt das Gebirge eine im Süden angehobene [[Pultscholle]] mit einer allmählichen Abdachung nach Norden dar. Der Gebirgseindruck wird im sächsischen Teil weniger durch die absoluten Höhen als vielmehr durch bis zu 200 Meter tief eingekerbte und teils windungsreiche Täler hervorgerufen. Die zwischen den Tälern gelegenen sanft ansteigenden [[Hochfläche]]n ermöglichten frühzeitig verkehrsgünstige, d. h. vor allem steigungsarme Trassenführungen. Problematisch gestaltete sich die Verkehrsführung nur dort, wo eines der tief eingeschnittenen Täler gequert werden musste. Eine deutliche Verkehrsungunst weist hingegen der markante Steilabfall nach Süden zum [[Böhmisches Becken|Böhmischen Becken]] hin auf, da hier das Erzgebirge auf weniger als 10 Kilometer um bis zu 700 Meter abfällt. Noch heute weisen selbst ausgebaute Transitstraßen in diesem Abschnitt Steigungen von zum Teil über 10 Prozent auf. |
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Aufgrund des Fehlens eines [[Durchbruchstal]]es liegen die Gebirgspässe vergleichsweise hoch. So beträgt die mittlere Kammhöhe des Erzgebirges ca. 880 m, die mittlere Sattelhöhe liegt mit 810 m nur knapp darunter. Wegen der einseitigen Hebung der Pultscholle längs des Egergrabens und des abweichenden Verlaufes der Grenze von der Kammlinie erreicht das Erzgebirge seine größten Höhen auf der böhmischen Seite. Dadurch liegt auch ein Großteil der Pässe bereits in Böhmen. Sie erreichen im Schnitt Höhen von 700-900 m ü. NN. Der höchstgelegene Pass ist der Wiesenthaler Pass auf 1.083 m ü. NN, der niedrigstgelegene der Nollendorfer Pass auf 680 m ü. NN. |
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Der Erzgebirgskamm selbst bildet eine Abfolge von Hochflächen und Einzelbergen, die von [[Gebirgspass|Sätteln]] unterbrochen wird. Vom [[Vogtland]] an steigt der Kamm auf etwa {{Höhe|1000|DE-NN|link=1}} an und fällt bei [[Johanngeorgenstadt]] (Plattener Pass) auf rund {{Höhe|720|DE-NN}} ab. Ein weiterer Anstieg erfolgt bis zum [[Fichtelberg (Erzgebirge)|Fichtelberg]]/[[Klínovec|Keilberg (Klínovec)]] auf über {{Höhe|1200|DE-NN}}. Zwischen beiden Bergen senkt sich der Kamm im Wiesenthaler Pass auf {{Höhe|1080|DE-NN}}. Bis zum [[Deutschneudorf|Deutscheinsiedler Sattel]], dem tiefsten Durchgang des Gebirges, erfolgt über den [[Reitzenhain (Erzgebirge)|Reitzenhainer Pass]] ({{Höhe|820|CZ}}) eine Absenkung bis auf {{Höhe|750|DE-NN}}. In nordöstlicher Richtung erreicht der Kamm im [[Kahleberg]] noch einmal über {{Höhe|900|DE-NN}}, bevor er auf etwa {{Höhe|500|DE-NN}} zum [[Elbsandsteingebirge]] hin abfällt. |
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[[Bild:Breitenbrunn-Erzgeb.jpg|thumb|250px|left|winterliche Verkehrsverhältnisse im oberen Erzgebirge bei Breitenbrunn]] |
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In den oberen Lagen des Erzgebirges ist das Klima als deutlich rau zu charakterisieren. Daher wurde die Gegend des oberen Erzgebirges in der Vergangenheit auch als [[Sächsisches Sibirien]] bezeichnet. Die jährlichen Niederschlagsmengen steigen bis in die Kammlagen auf über 1.100 mm an, wobei ein Großteil als Schnee fällt. Die Jahresmitteltemperaturen erreichen nur Werte von 3 bis 5 °C. Im auf 922 m ü. NN gelegenen [[Oberwiesenthal]] treten im Schnitt nur etwa 140 frostfreie Tage im Jahr auf. Im [[Transportwesen]] führen diese winterlichen Temperaturen und die Schneefälle vor allem auf den Passhöhen selbst in den Wintermonaten bis in die heutige Zeit hinein zu Verkehrsbehinderungen, -stockungen und –ausfällen. Dabei müssen den Berichten älterer Chronisten nach, die Winter in den vergangenen Jahrhunderten in den oberen Erzgebirgslagen noch härter als heute gewesen sein. Lang anhaltende Frostperioden und durchgehende Schneedecken, meterhohe Verwehungen und wiederholte Schneestürme haben einzelne Wege und Pässe über Wochen unpassierbar gemacht. Berichte der Posthalterei der an der Straße zum Deutscheinsiedler Sattel gelegenen Bergstadt [[Sayda]] vom Februar [[1855]] besagen, dass ''...wegen der ungeheuren Schneemassen das Fortkommen fast noch nicht möglich'' [ist], ''ebenso unmöglich auch das Zustandekommen des Schneeauswerfens''. Die Post musste mit kleinen Schlitten und durch Boten befördert werden, weil ''zwei Pferde nebeneinander die Schneemassen durchwaten nicht im Stande sind''.<ref> o.A.: ''Schneestürme in den Wintern 1855 und 1856''. in: Saydaer Amts- und Heimatblatt. Heft 12/2004. S. 16</ref> |
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Aufgrund des Fehlens eines [[Durchbruchstal]]es liegen die Gebirgspässe vergleichsweise hoch. So beträgt die mittlere Kammhöhe des Erzgebirges etwa {{Höhe|880|DE-NN}}, die mittlere Sattelhöhe liegt nur knapp 10 Meter darunter. Wegen der einseitigen Hebung der Pultscholle längs des [[Egergraben]]s und des abweichenden Verlaufes der Grenze von der Kammlinie erreicht das Erzgebirge seine größten Höhen auf der böhmischen Seite. Dadurch liegt ein Großteil der Pässe bereits in Böhmen. Sie erreichen im Schnitt Höhen von 700 bis {{Höhe|900|DE-NN}}. Der höchstgelegene Pass ist der Wiesenthaler Pass auf {{Höhe|1083|DE-NN}}, der niedrigstgelegene der Nollendorfer Pass auf {{Höhe|680|DE-NN}}. |
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Nicht unerwähnt werden soll die [[Hochwasser|Hochwassergefahr]] während der Schneeschmelzen bzw. bei sommerlichen Gewittern. Hochwasser haben in der Vergangenheit wiederholt, zuletzt im [[Elbehochwasser 2002|August 2002]], teilweise beträchtliche Zerstörungen an den in Tallagen befindlichen Zufahrtstrassen zu den Erzgebirgspässen geführt. |
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[[Datei:Breitenbrunn-Erzgeb.jpg|mini|Winterliche Verkehrsverhältnisse im oberen Erzgebirge bei Breitenbrunn]] |
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==Geschichte der Erzgebirgspässe== |
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[[Image:Bruegel d.Ä. Fahrweg waldige Höhe.jpg|400px|right|thumb|Darstellung eines mittelalterlichen Fahrweges]] |
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Der dichte [[Miriquidi|Grenzwald]] des Erzgebirges wurde trotz seiner scheinbaren Undurchdringlichkeit schon vor dem [[Mittelalter]] als Verbindung zwischen den fruchtbaren [[Altsiedellandschaft]]en des heutigen Nord- und Mitteldeutschlands und Böhmens gequert. Es ist erwiesen, dass sich bereits vor der Besiedelung der [[Markgrafschaft Meißen]], deren Mittelpunkt die an der [[Elbe]] gelegene [[Albrechtsburg|Burg Meißen]] war, ein Netz von [[Pfad|Pfaden]], Wegen und [[Steig|Steigen]] über das Gebirge zog. Der exakte Verlauf dieser vorgeschichtlichen Wege ist heute allerdings nicht mehr genau rekonstruierbar. Gleichwohl kann davon ausgegangen werden, dass beim Passieren des Erzgebirges der östlichen Teil zwischen [[Altenberg (Erzgebirge)|Altenberg]] und dem [[Elbtal]] sowie das westliche Übergangsgebiet zum [[Elstergebirge]] im Vogtland bevorzugt wurde, da hier das Erzgebirge am niedrigsten und der Waldsaum am schmalsten war. Insbesondere im Bereich um den [[Kulmer Steig]] und den Nollendorfer Pass im [[Osterzgebirge]] weisen zahlreiche bis in die Kammlagen aufgetretene archäologische Funde (Beile, Äxte, Gräber) aus der [[Steinzeit|Stein-]], [[Bronzezeit|Bronze-]] und [[Eisenzeit]] auf einen seit alters her vorhandenen Gebirgsübergang hin. |
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In den oberen Lagen des Erzgebirges ist das Klima deutlich als rau zu charakterisieren. Daher wurde die Gegend des oberen Erzgebirges in der Vergangenheit auch als [[Sächsisches Sibirien]] bezeichnet. Die jährlichen Niederschlagsmengen steigen bis in die Kammlagen auf über 1.100 Millimeter an, wobei ein Großteil als Schnee fällt. Die Jahresmitteltemperaturen erreichen nur Werte von 3 bis 5 °C. Im auf {{Höhe|922|DE-NN}} gelegenen [[Oberwiesenthal]] treten im Schnitt nur etwa 140 frostfreie Tage im Jahr auf. Im [[Transportwesen]] führen diese winterlichen Temperaturen und die Schneefälle vor allem auf den Passhöhen selbst in den Wintermonaten bis in die heutige Zeit hinein zu Verkehrsbehinderungen, -stockungen und -ausfällen. Dabei müssen, den Berichten älterer Chronisten nach, die Winter in den vergangenen Jahrhunderten in den oberen Erzgebirgslagen noch härter als heute gewesen sein. Lang anhaltende Frostperioden und durchgehende Schneedecken, meterhohe Verwehungen und wiederholte Schneestürme haben einzelne Wege und Pässe über Wochen unpassierbar gemacht. Berichte der Posthalterei der an der Straße zum Deutscheinsiedler Sattel gelegenen Bergstadt [[Sayda]] vom Februar 1855 besagen, dass „…wegen der ungeheuren Schneemassen das Fortkommen fast noch nicht möglich [ist], ebenso unmöglich auch das Zustandekommen des Schneeauswerfens“. Die Post musste mit kleinen Schlitten und durch Boten befördert werden, weil „zwei Pferde nebeneinander die Schneemassen durchwaten nicht im Stande sind“.<ref>o.A.: ''Schneestürme in den Wintern 1855 und 1856''. in: Saydaer Amts- und Heimatblatt. Heft 12/2004. S. 16.</ref> |
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Die nach 1168 einsetzende dichte Besiedlung des Erzgebirges bis auf die meißnischen und böhmischen Kammlagen, führte zwangsläufig zur deutlichen Erweiterung des Wege- und Straßennetzes. Nicht zufällig sind gerade aus der Zeit um 1100 die ersten Steige und Pässe auch urkundlich erwähnt. Gleichzeitig beschleunigte die Besiedlung des Gebirges den Ausbau der vorhandenen Straßen. So besagt eine Urkunde aus dem Jahr [[1449]], dass die von [[Chemnitz]] über [[Zschopau]] nach Böhmen führende Verbindung bei ihrer Führung über freies Feld derartig befestigt werden soll, dass drei beladene Rüstwagen nebeneinander fahren können. In einer etwa zur gleichen Zeit erschienenen Landkarte der meißnisch-thüringischen Länder sind Straßenverbindung von [[Lübeck]] über [[Halle (Saale)|Halle]], [[Leipzig]], [[Borna]], Chemnitz, [[Heinzebank]], [[Marienberg (Erzgebirge)|Marienberg]], [[Chomutov|Komotau (Chomutov)]] nach [[Prag|Prag (Praha)]] sowie von Heinzebank über [[Annaberg-Buchholz|Annaberg]], [[Jáchymov|St. Joachimsthal (Jáchymov)]] nach [[Karlsbad|Karlsbad (Karlovy Vary)]] und [[Eger (Böhmen)|Eger (Cheb)]] eingezeichnet. |
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[[Image:Liebstadt Martersäule (1) 2006.jpg|thumb|right|150px|Alte Martersäule bei Liebstadt am Pilgerweg nach Nordböhmen]] |
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Hauptnutzer der Erzgebirgspässe waren einerseits zweifellos Kriegstruppen. In Zeiten militärischer Auseinandersetzungen wurden die Pässe ''verhauhen'', d. h. gesperrt. Dies tat man u.a. mit [[Spanischer Reiter (Barriere)|Spanischen Reitern]] und dem Einsetzen von Wachmannschaften. Am einfachsten war natürlich das Fällen von Bäumen, wie es z. B. von [[Christian Lehmann]] für das Jahr 1632 beschrieben wird: ''Do fielen viel 100 beume und ein gantzer strich auf einmahl 3 bis 6 Ellen hoh, daß die erde bebete, und wer auß Böhmen was haben und hohlen wollt, muste entweder solches drüber steigendt schleppen oder drunder durchziehen.''<ref>Christian Lehmann: ''Die Kriegschronik. Sachsen mit Erzgebirge''. Nachdruck der 1916 von P. Bönhoff bearbeiteten Ausgabe. Scheibenberg 1998. S. 33</ref> Als Randbemerkung sei gesagt, dass der nach 1990 einsetzende Autoschmuggel das quasi neuzeitliche verhauhen zahlreicher Waldwege mittels Baum- und Steinsperren forciert hat. Die Pässe selbst sind davon aber nicht betroffen. |
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Erwähnt werden muss auch die [[Hochwasser]]gefahr während der Schneeschmelzen bzw. bei sommerlichen Gewittern. Hochwasser haben in der Vergangenheit wiederholt, zuletzt im [[Elbehochwasser 2002|August 2002]], beträchtliche Zerstörungen an den in Tallagen befindlichen Zufahrtsstraßen zu den Erzgebirgspässen verursacht. |
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Neben Kriegstruppen und Pilgern (zum Beispiel zum Kloster Mariaschein nahe Graupen) nutzten vor allem [[Handel|Händler]] die Wege. Eines der ersten Handelsgüter, welches auch schon vor der Besiedlung der Markgrafschaft Meißen seinen Weg über das Gebirge genommen hat, dürfte das [[Speisesalz|Salz]] gewesen sein. Böhmen und auch die weiter südlich gelegenen Donauländer waren zum Kochen und vor allem zum [[Pökeln|Haltbarmachen]] von Nahrungsmitteln auf die Einfuhr von Salz angewiesen, das in den heimischen Landen als Rohstoff völlig fehlte und deshalb insbesondere aus den [[Saline|Salinen]] in Halle (Saale) und Umgebung bezogen werden musste. Die sogenannten [[Salzstraße|Salzstraßen]] zogen sich einem Wegbündel gleich in mehreren Routen über den Erzgebirgskamm. Eine nutzte nachweislich von [[Zwickau]] kommend den Preßnitzer Pass, eine weitere den zwischen Sayda und [[Most (Tschechien)|Brüx (Most)]] gelegenen Sattel nahe dem heutigen Ort Deutscheinsiedel. Weitere Handelsgüter waren Bergbauprodukte und Fernhandelsgüter wie Wein, Lederwaren, Felle, Stoffe, Tücher und Fisch, die an überregional bedeutsamen Markt- und Messeplätzen wie Leipzig gehandelt wurden. |
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== Geschichte der Erzgebirgspässe == |
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[[Bild:Bote.jpg|left|thumb|150px|Darstellung eines deutschen Läuferboten aus der Mitte des 15. Jahrhunderts]] |
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=== Vorgeschichte und Frühmittelalter === |
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Ab dem [[15. Jahrhundert]] gewannen die Straßen und Pässe auch für das [[Bote|Botenwesen]] an Bedeutung. Im Zuge dieser Entwicklung wurden die wichtigsten Verbindungen zu Beginn des [[18. Jahrhundert]]s durch den kursächsischen Land- und Grenzkommissar [[Adam Friedrich Zürner]] (1679-1742) exakt vermessen und mit [[Kursächsische Postmeilensäule|Postmeilensäulen]] versehen und zum Teil weiter ausgebaut. Zu dieser Zeit war die [[Dresden-Teplitzer Poststraße]] eine der wichtigsten Verbindungen über das Osterzgebirge, die ihn zunehmenden Maße auch von Kurgästen von [[Teplice|Teplitz (Teplice)]] benutzt wurde. Regen Zuspruch fand bei Besuchern des sich zu Weltruf entwickelnden Karlsbades (Karlova Vary) der Pass über die Bergstadt Platten, im ausgehenden 18. Jahrhundert dann der niedriger gelegene Pass über [[Wildenthal (Eibenstock)|Wildenthal]] und [[Jelení|Hirschenstand (Jelení)]]. |
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[[Datei:Bruegel d.Ä. Fahrweg waldige Höhe.jpg|mini|Eine frühneuzeitliche Darstellung eines Fahrwegs]] |
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Der dichte Grenzwald des Erzgebirges wurde trotz seiner scheinbaren Undurchdringlichkeit schon vor dem [[Mittelalter]] teilweise genutzt und an seinen Rändern als Verbindung zwischen den fruchtbaren [[Altsiedellandschaft]]en des heutigen Nord- und Mitteldeutschlands und Böhmens gequert. Gleichwohl kann davon ausgegangen werden, dass beim Passieren des Erzgebirges der östliche Teil zwischen [[Altenberg (Erzgebirge)|Altenberg]] und dem [[Elbe|Elbtal]] sowie das westliche Übergangsgebiet zum [[Elstergebirge]] im Vogtland bevorzugt wurde, da hier das Erzgebirge am niedrigsten und der Waldsaum am schmalsten war. |
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Insgesamt gesehen blieben aber die von Sachsen nach Böhmen führenden Straßen genau wie das ganze sächsische Straßennetz bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert in einem schlechten Zustand, da Kriege und damit verbundene wirtschaftliche Flauten oft einen kontinuierlichen Ausbau verhinderten. Trotz zahlreicher Straßenbaumandate, so zum Beispiel auf sächsischer Seite von [[1781]], blieben viele Straßen nur spärlich befestigte Wege, deren festgefahrenes Erdreich bei schlechtem Wetter oder an steilen Passagen oft nur mühsam oder manchmal auch gar nicht mehr passierbar waren. So wird aus der am Handelsweg [[Oederan]] - Brüx (Most) gelegenen Bergstadt Sayda berichtet, dass sich die Straße bereits bis [[1550]] etwa drei Meter tief ausgefahren hatte. Der Grundherr ließ sie deshalb im Stadtverlauf bereits [[1555]] pflastern, was allerdings eine Ausnahme dargestellt haben dürfte. In der Regeln bildeten die Zufahrtswege zu den Pässen bis ins [[18. Jahrhundert]] hinein ein Bündel mehrerer nebeneinander führender Pfade oder Hohlwege, sogenannten Gleisen, die in Abhängigkeit vom Wetter und den zu transportierenden Gütern benutzt wurden. |
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Die wichtigste Verbindung stellte in der Ur- und Frühgeschichte und bis in das 12. Jahrhundert der etwa parallel zum Elbdurchbruch verlaufende [[Kulmer Steig]] dar. Im [[Osterzgebirge]] weisen zahlreiche bis in die Kammlagen aufgetretene archäologische Funde (Beile, Äxte, Gräber) aus der [[Steinzeit|Stein-]], [[Bronzezeit|Bronze-]] und [[Eisenzeit]] auf einen seit alters her vorhandenen Gebirgsübergang hin. Es ist erwiesen, dass sich bereits vor der Einrichtung der [[Markgrafschaft Meißen]], deren Mittelpunkt die an der [[Elbe]] gelegene [[Albrechtsburg|Burg Meißen]] war, im Bereich zwischen [[Pirna]] und [[Litoměřice]] ein Netz von [[Saumpfad|Pfaden]], Wegen und [[Steig]]en über das Gebirge zog. Der exakte Verlauf dieser vorgeschichtlichen Wege ist heute allerdings nicht mehr genau rekonstruierbar. |
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Mit Sicherheit bereits in prähistorischer Zeit, vermutlich auch noch im frühen und hohen Mittelalter, wurde auch das wesentlich flachere [[Vogtland]] über den [[Ullitz|Ullitzer Pass]] gequert. So wurde das relativ hohe Mittel- und Westerzgebirge nicht nur östlich, sondern auch westlich umgangen. |
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=== Hoch- und Spätmittelalter und Frühe Neuzeit === |
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Im Unterschied zu den [[Gebirgspass|Hochgebirgspässen]] verliefen diese Wege im Mittelalter und der Frühen Neuzeit fast ausschließlich auf den Höhenzügen, da die engen und sumpfigen Flusstäler als Verkehrswege meist ungeeignet waren. Sie konnten zudem im Kriegsfall leicht gesperrt werden. Für die Nutzung der Hochflächen sprachen außerdem das Fehlen von extremen Steigungen bzw. Gefällen und die Möglichkeit, sich wegen fehlender Karten und Wegmarkierungen quasi durch den Blick von oben an markanten Bergen und Landschaftspunkten orientieren zu können. Erst nach Erlass der kurfürstlich-sächsischen Befehlen von [[1795]] und [[1800]] kann von einem beginnenden plan- und [[Chaussee|chausseemäßigen]], d. h. befestigten, Ausbau auch der Passstraßen auf kursächsischer Gebirgsseite gesprochen werden. Im Königreich Böhmen wurden ähnliche Straßenbaumandate nur wenige Jahre später erlassen. Als eine der ersten Verbindungen wurden ab [[1803]] die Straße Leipzig – [[Reitzenhain (Erzgebirge)|Reitzenhain]] und ab [[1810]] die zum Nollendorfer Pass führende Neue Dresden-Teplitzer Poststraße grundlegend ausgebaut. |
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Die in der ersten Hälfte und der Mitte des 12. Jahrhunderts einsetzende dichte Besiedlung des Erzgebirges bis auf die meißnischen und böhmischen Kammlagen führte zwangsläufig zur deutlichen Erweiterung des Wege- und Straßennetzes. Nicht zufällig sind gerade aus der Zeit um 1100 die ersten Steige und Pässe urkundlich erwähnt. Gleichzeitig beschleunigte die Besiedlung des Gebirges den Ausbau der vorhandenen Straßen. So besagt eine Urkunde aus dem Jahr 1449, dass die von [[Chemnitz]] über [[Zschopau]] nach Böhmen führende Verbindung bei ihrer Führung über freies Feld derartig befestigt werden sollte, dass drei beladene Rüstwagen nebeneinander fahren konnten. In einer etwa zur gleichen Zeit erschienenen Landkarte der meißnisch-thüringischen Länder sind Straßenverbindungen von [[Lübeck]] über [[Halle (Saale)|Halle]], [[Leipzig]], [[Borna]], Chemnitz, [[Heinzebank]], [[Marienberg]], [[Chomutov|Komotau (Chomutov)]] nach [[Prag|Prag (Praha)]] sowie von Heinzebank über [[Annaberg-Buchholz|Annaberg]], [[Jáchymov|St. Joachimsthal (Jáchymov)]] nach [[Karlsbad|Karlsbad (Karlovy Vary)]] und [[Eger (Böhmen)|Eger (Cheb)]] eingezeichnet. |
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[[Datei:Liebstadt Martersäule (1) 2006.jpg|mini|hochkant|Alte Martersäule bei Liebstadt am Pilgerweg nach Nordböhmen]] |
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[[Image:Stolpen-Carriage.JPG|thumb|left|250px|Die Postkutsche - bis in das 19. Jahrhundert eines der beliebtesten Reisemittel]]Mit der [[Industriealisierung]] setzte in der zweiten Hälfte des [[19. Jahrhundert|19. Jahrhunderts]] ein deutlicher Bedeutungswandel der Passstraßen ein. Der Verkehr verlagerte sich einerseits von den Höhenstraßen zu den neuerbauten Talstraßen. So wurde beispielsweise der bis dato recht bedeutungslose Gebirgsübergang bei [[Zinnwald-Georgenfeld|Zinnwald]] durch den Bau der [[Müglitztal (Tal)|Müglitztalstraße]] ab 1846 und den Ausbau der Verbindung [[Dresden]] – [[Dippoldiswalde]] – [[Schmiedeberg (Erzgebirge)|Schmiedeberg]] – Altenberg ab 1842 aufgewertet, während die benachbarte Alte Dresden-Teplitzer Poststraße über den Pass an der [[Burg Kyšperk|Geiersburg (Kyšperk)]] verödete und der Grenzübergang nahe Fürstenwalde [[1860]] geschlossen wurde. Auch der Pass über die Bergstadt Graupen (Krupka) nach Zinnwald verlor durch den chausseemäßigen Ausbau der Strecke über [[Dubí|Eichwald (Dubí)]] seine frühere Bedeutung. |
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Eine der frühesten Beschreibungen der Gegend stammt von etwa 1490. Dort heißt es, übersetzt aus dem Lateinischen, u. a.: |
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[[1858]] kam es auf sächsischer Seite des Gebirges zu einer grundlegenden Neuerung, da alle damals vorhandenen Postkurse neu vermessen und mit könglich-sächsischen Meilensteinen gekennzeichnet worden sind. Unmittelbar an den Grenzübergängen der als Postroute befahrenden Postkurse wurde sogenannte Grenzübergangssteine aufgestellt, von denen heute noch einige Exemplare vorhanden sind. In Böhmen hingegen wurde die beispielhafte Errichtung von Postsäulen und Meilensteinen nicht übernommen, hier blieb man bei den hölzernen Wegtafeln. |
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|Text=Ein ungeheurer Wald ergießt sich zusammenhängend gegen [[Lichtenstadt]]. Er birgt in sich Berge, Hügel und jähe Täler. Darinnen sprudeln viele Quellen, die Anfänge von Bächen und Flüssen. Der Wanderer ist besonders darüber erstaunt, daß dort auf einem Berg zwei Flüsse entspringen, die sich nach verschiedenen Gegenden wenden. Zur Rechten die Mulde, die ihren Lauf durch einen großen Teil Meißens nimmt, zur Linken, gar nicht weit davon, die Zwota, die nach Böhmen fließt, aber ihren Namen verliert, sobald sie in die Eger einmündet. Jedoch ragt nicht nur ein Gipfel auf, sondern es gibt viele, besonders nach dem Kamm des Waldgebirges zu. Der Wald ist weiträumig und so langgestreckt, daß er beinahe ganz Böhmen umschließt. Deswegen heißt er Böhmischer Wald. |
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|ref= <ref>[[Gerhard Heilfurth]]: ''Gottes Richterspruch'', in: Glückauf 55 (1933), S. 176.</ref>}} |
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Vor allem [[Handel|Händler]] und Kaufleute nutzen die Wege über das Erzgebirge. Eines der ersten Handelsgüter dürfte das [[Speisesalz|Salz]] gewesen sein. Böhmen und die weiter südlich gelegenen Donauländer waren zum Kochen und vor allem zum [[Pökeln|Haltbarmachen]] von Nahrungsmitteln auf die Einfuhr von Salz angewiesen, das in den heimischen Landen als Rohstoff völlig fehlte und deshalb insbesondere aus den [[Saline]]n in Halle (Saale) und Umgebung bezogen werden musste. Die sogenannten [[Salzstraße]]n zogen sich einem Wegbündel gleich in mehreren Routen über den Erzgebirgskamm. Eine nutzte nachweislich von [[Zwickau]] kommend den Preßnitzer Pass, eine weitere den zwischen [[Sayda]] und [[Most (Tschechien)|Brüx (Most)]] gelegenen Sattel nahe dem heutigen Ort [[Deutscheinsiedel]]. Weitere Handelsgüter waren Bergbauprodukte und Fernhandelsgüter wie Wein, Lederwaren, Felle, Stoffe, Tücher und Fisch, die an überregional bedeutsamen Markt- und Messeplätzen wie Leipzig gehandelt wurden. |
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Im ausgehenden 19. Jahrhundert veränderte letztendlich der Bau der Erzgebirgsquerbahnen Rolle und Bedeutung der Erzgebirgspässe. 1872 verkehrte die erste Eisenbahn auf der Strecke Chemnitz – [[Vejprty|Weipert (Vejprty)]] – [[Chomutov|Komotau (Chomutov)]] über das Gebirge. Ihr folgten 1875 die Strecke Chemnitz – Komotau über den [[Reitzenhain (Erzgebirge)|Reitzenhainer Pass]], 1885 [[Freiberg (Sachsen)|Freiberg]] – Brüx (Most) ([[Teplitzer Semmeringbahn]]) über den Pass von [[Hrob|Klostergrab (Hrob)]], 1886 [[Klingenthal/Sa.]] – [[Sokolov|Falkenau (Sokolov)]] über den [[Kraslice|Grasslitzer Pass]] und 1899 Johanngeorgenstadt – Karlsbad (Karlovy Vary) über den Plattener Pass. |
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[[Image:Nicol_List.jpg|thumb|left|175px|Räuberhauptmann Nikol List]] |
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[[Bild:Mordkreuz am Frühbußer Pass.jpg|thumb|right|175px|Sühnekreuz für einen 1799 ermordeten Fuhrmann am Frühbußer Pass]] |
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Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren die dichten Kammwälder des Erzgebirges oftmals beliebter Aufenthaltsort von Räuberbanden, Schmugglern und Wilddieben. Nicht ohne Grund wurden zahlreiche Verordnungen zur Bekämpfung der Räuberunwesens erlassen auf beiden Seiten des Gebirges erlassen. Legendär wurde im Erzgebirge insbesondere der Wilddieb [[Karl Stülpner]], aber auch von den beiden Räuberhauptmännern [[Nikol List]] und [[Lips Tullian]] erzählt man sich noch heute unzählige Geschichten. Insbesondere dort, wo die Passstraßen in die dichten Erzgebirgswäldern hinein führten, wurden mit besonderer Vorliebe von Straßenlagerern Postkutschen und vorübergehende Passanten überfallen, ausgeraubt und oft sogar getötet. Mehrere Stein- und Sühnekreuze erinnern noch heute an grausam verübte Morde. |
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Neben Händlern und Pilgern (zum Beispiel zum Kloster [[Mariaschein]] nahe Graupen) wurden die Wege zudem von Heeren und kleineren Militäreinheiten genutzt. In Zeiten militärischer Auseinandersetzungen wurden die Pässe ''verhauen'', d. h. gesperrt. Dies tat man u. a. mit [[Spanischer Reiter (Barriere)|Spanischen Reitern]] und dem Einsatz von Wachmannschaften. Am einfachsten war das Fällen von Bäumen, wie es z. B. von [[Christian Lehmann (Pfarrer, 1611)|Christian Lehmann]] für das Jahr 1632 beschrieben wird: |
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In der ersten Hälfte des [[20. Jahrhundert|20. Jahrhunderts]] wurden, nicht zuletzt auch durch den im Oktober 1938 erfolgten Anschluss des [[Sudetenland|Sudetenlandes]], die Pässe über den Erzgebirgskamm am intensivsten genutzt. ZEMMRICH (1923) nennt allein 16 große Heerstraßen, welche die sächsisch-böhmische Grenze überschreiten. Hinzu kamen eine Vielzahl kleinerer Wege und die bereits erwähnten fünf Eisenbahnlinien. |
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|Text=Do fielen viel 100 beume und ein gantzer strich auf einmahl 3 bis 6 Ellen hoh, daß die erde bebete, und wer auß Böhmen was haben und hohlen wollt, muste entweder solches drüber steigendt schleppen oder drunder durchziehen. |
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|ref=<ref>Christian Lehmann: ''Die Kriegschronik. Sachsen mit Erzgebirge''. Nachdruck der 1916 von P. Bönhoff bearbeiteten Ausgabe. Scheibenberg 1998. S. 33.</ref>}} |
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Der nach 1990 einsetzende Autoschmuggel hat das neuzeitliche Verhauen zahlreicher Waldwege mittels Baum- und Steinsperren forciert. Die Pässe selbst sind davon aber nicht betroffen. |
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=== Entwicklung des Botenwesens und der Poststraßen === |
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Diese Durchlässigkeit wurde nach [[1945]] für etwa 25 Jahre durch die Schließung aller Eisenbahnübergänge und zahlreicher Straßenübergänge drastisch reduziert. Eine erhöhte Durchlässigkeit trat erst nach Einführung des visafreien Grenzverkehrs zwischen der [[Deutsche Demokratische Republik|Deutschen Demokratischen Republik (DDR)]] und der [[Tschechoslowakei|Tschechoslowakei (ČSSR)]] ab 1972 wieder ein. Dem sich entwickelnden beiderseitigen Urlaubs- und Einkaufstourismus trug vor allem die (Wieder)Eröffnung der jahrhundertalten Straßengrenzübergänge im Zuge der Pässe Wiesenthal (1972) und Reitzenhain (1978) Rechnung. Mit der Eröffnung des Grenzübergangs [[Bad Gottleuba-Berggießhübel#Bahratal|Bahratal]] wurde (1976) auch die nördliche Zufahrt zum Nollendorfer Pass wieder für den Verkehr frei gegeben. Die über den Erzgebirgskamm führenden fünf Eisenbahnlinien blieben aber während des Bestehens der DDR geschlossen. Eine Zugfahrt von Sachsen nach Böhmen und umgekehrt war vor 1990 nur über die außerhalb des Erzgebirges liegenden Grenzübergänge [[Bad Brambach|Schönberg]]/[[Vojtanov|Voitersreuth (Vojtanov)]] im Vogtland und [[Reinhardtsdorf-Schöna|Schöna]]/[[Hřensko|Herrnskretschen (Hřensko)]] im Elbtal gelangen. Mit der [[Pipeline#Erdgaspipelines|Erdgasleitung]] “Nordlicht“ (1972) und der Chemieproduktenleitung [[Böhlen (Sachsen)|Böhlen]] – [[Litvinov|Oberleutensdorf (Litvinov)]] wurden zu DDR-Zeiten auch zwei neue Infrastrukturleitungen über das Erzgebirge geführt. Beide Verbindungen nutzen den Sattel von Deutscheinsiedel zur Gebirgsquerung. |
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[[Datei:Deutscher Läuferbote.jpg|mini|links|hochkant|Darstellung eines deutschen Läuferboten aus der Mitte des 15. Jahrhunderts]] |
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Ab dem 15. Jahrhundert gewannen die Straßen und Pässe auch für das [[Bote]]nwesen an Bedeutung. Im Zuge dieser Entwicklung wurden die wichtigsten Verbindungen zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch den kursächsischen Land- und Grenzkommissar [[Adam Friedrich Zürner]] (1679–1742) exakt vermessen und mit [[Kursächsische Postmeilensäule|Postmeilensäulen]] versehen und zum Teil weiter ausgebaut. Zu dieser Zeit war die [[Dresden-Teplitzer Poststraße]] eine der wichtigsten Verbindungen über das Osterzgebirge, die in zunehmendem Maße auch von Kurgästen von [[Teplice|Teplitz (Teplice)]] benutzt wurde. Regen Zuspruch fand bei Besuchern des sich zu Weltruf entwickelnden [[Karlsbad]] (Karlovy Vary) der Pass über die Bergstadt Platten, im ausgehenden 18. Jahrhundert dann der niedriger gelegene Pass über [[Wildenthal (Eibenstock)|Wildenthal]] und [[Jelení (Nové Hamry)|Hirschenstand (Jelení)]]. |
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Nach der wirtschaftlichen Öffnung der osteuropäischen Staaten erlangte auch das Erzgebirge [[1990]] seine frühere Bedeutung als Transitland im Nord-Süd-Verkehr wieder. Dies führte zur Wiedereröffnung zahlreicher Straßen- und Fußgängerübergänge und zur Wiederaufnahme des Bahnverkehrs zwischen [[Klingenthal/Sa.]] und [[Sokolov|Falkenau (Sokolov)]], Johanngeorgenstadt und Karlsbad (Karlovy Vary) sowie zwischen Chemnitz und Komotau (Chomutov) über Weipert (Vejprty). |
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[[Datei:Stolpen-Carriage.JPG|mini|Die Postkutsche – bis in das 19. Jahrhundert eines der beliebtesten Reisemittel]] |
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[[Bild:Alte Dresden-Teplitzer Poststraße bei Niederseidewitz 2005.jpg|thumb|150px|Alte Dresden-Teplitzer Poststraße bei Niederseidewitz]] |
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Im Zuge der Anpassung der Verkehrswege an neue Anforderungen wurden seit 1990 auch einige der Zufahrtsstraßen zu den Erzgebirgspässen vor allem durch den Bau von [[Ortsumgehung|Ortsumgehungen]] neu trassiert. Dies betrifft u.a. Abschnitte der [[B 170]] Dresden – Zinnwald, der [[Bundesstraße 174|B 174]] Chemnitz – Reitzenhain und der Straße Komotau (Chomutov) - Reitzenhain. Den derzeit einzigen Straßenneubau über das Erzgebirge stellt die noch in Bau befindliche [[Bundesautobahn 17]] Dresden – Prag (Praha) dar. Ihr Verlauf folgt weitgehend der jahrhundertalten westlichen Trasse des Kulmer Steiges. Dies spricht vor allem unter ökonomischen Gesichtspunkten für die Rationalität, nach der unsere Vorfahren ihre Wege über das Gebirge suchten. |
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Insgesamt gesehen blieben aber die von Sachsen nach Böhmen führenden Straßen genau wie das ganze sächsische Straßennetz bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert in einem schlechten Zustand, da Kriege und damit verbundene wirtschaftliche Flauten oft einen kontinuierlichen Ausbau verhinderten. Trotz zahlreicher Straßenbaumandate, so zum Beispiel auf sächsischer Seite von 1781, blieben viele Straßen nur spärlich befestigte Wege, deren festgefahrenes Erdreich bei schlechtem Wetter oder an steilen Passagen oft nur mühsam oder manchmal auch gar nicht mehr passierbar war. So wird aus der am Handelsweg [[Oederan]]–Brüx (Most) gelegenen Bergstadt Sayda berichtet, dass sich die Straße bereits bis 1550 etwa drei Meter tief ausgefahren hatte. Der Grundherr Caspar von Schönberg auf Purschenstein ließ sie deshalb im Stadtbereich bereits 1555 pflastern, was allerdings eine Ausnahme dargestellt haben dürfte.<ref>Carl Wilhelm Hering: ''Geschichte des Sächsischen Hochlandes.'' Band 2, Leipzig 1828, S. 47.</ref> In der Regel bildeten die Zufahrtswege zu den Pässen bis ins 18. Jahrhundert hinein ein Bündel mehrerer nebeneinander führender Pfade oder Hohlwege, sogenannte Gleise, die in Abhängigkeit vom Wetter und den zu transportierenden Gütern benutzt wurden. |
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Mit Stand Januar 2005 sind zwischen [[Klingenthal/Sa.]] und [[Bad Gottleuba-Berggießhübel#Bahratal|Bahratal]] derzeit drei Eisenbahnübergänge, zehn Straßenübergänge und zwanzig Wanderwegübergänge geöffnet. Sie nutzen dabei weitgehend teils jahrhundertalte Pässe und Steiganlagen. Lediglich im [[Landkreis Aue-Schwarzenberg]] besteht bis heute kein Straßengrenzübergang zwischen Sachsen und Böhmen, da sich die tschechische Gemeinde [[Potůčky|Breitenbach (Potůčky)]] bisher erfolgreich gegen die Wiedereröffnung des Johanngeorgenstädter Überganges gewehrt hat, um von den Einnahmen für den auf tschechischer Seite entstandenen, überdimensional großen Einkaufmarkt zu profitieren. |
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[[Datei:Erzgebirge Postkarte 1825.jpg|mini|Postverbindungen über das Erzgebirge (1825)]] |
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Planungen des Landes Sachsen sehen aber mittel- bis langfristig die Neutrassierung der [[Bundesstraße 93|B 93]] zwischen [[Schneeberg (Erzgebirge)|Schneeberg]] und Johanngeorgenstadt zur Weiterführung über den Plattener Pass nach Karlsbad (Karlovy Vary) vor. Darüber hinaus sind die durchgehende Wiederherstellung der Teplitzer Semmeringbahn und der Neubau einer [[Schnellfahrstrecke|Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke]] Dresden – Prag (Praha) geplant. Letztere soll mit der Autobahn 17 in einem Verkehrskorridor im Bereich des Kulm-Nollendorfer Passes gebündelt werden. |
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Im Unterschied zu den [[Gebirgspass|Hochgebirgspässen]] verliefen diese Wege im Mittelalter und der Frühen Neuzeit fast ausschließlich auf den Höhenzügen, da die engen und sumpfigen Flusstäler als Verkehrswege meist ungeeignet waren. Sie konnten zudem im Kriegsfall leicht gesperrt werden. Für die Nutzung der Hochflächen sprachen außerdem das Fehlen von extremen Steigungen bzw. Gefällen und die Möglichkeit, sich wegen fehlender Karten und Wegmarkierungen quasi durch den Blick von oben an markanten Bergen und Landschaftspunkten orientieren zu können. Erst nach Erlass der kurfürstlich-sächsischen Befehle von 1795 und 1800 kann von einem beginnenden plan- und [[chaussee]]mäßigen, d. h. befestigten Ausbau auch der Passstraßen auf kursächsischer Gebirgsseite gesprochen werden. Im Königreich Böhmen wurden ähnliche Straßenbaumandate nur wenige Jahre später erlassen. Als eine der ersten Verbindungen wurden ab 1803 die Straße Leipzig–[[Reitzenhain (Erzgebirge)|Reitzenhain]] und ab 1810 die zum Nollendorfer Pass führende Neue Dresden-Teplitzer Poststraße grundlegend ausgebaut. |
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==Ersterwähnungen von Wegen über das Erzgebirge== |
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[[Bild:Joachimsthaler Straße.jpg|thumb|300px|Joachimsthaler Straße bei [[Breitenbrunn/Erzgeb.]], ein Nebenweg des Rittersgrüner Passes]] |
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* [[17]]: Der Legende nach soll der [[Markomannen|Markomannenkönig]] [[Marbod]] einer der ersten Überquerer des Erzgebirges gewesen sein. Er nutzte einen nicht näher bezeichneten Gebirgsübergang, um sich den [[Cherusker|Cheruskern]] unter [[Arminius]] in einer Schlacht im Saale-Unstrut-Gebiet zu stellen. |
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* [[805]]: In diesem Jahr ließ [[Karl der Große]] den böhmischen König Semela mit drei Heeren angreifen, von denen eines direkt über das Erzgebirge gezogen sein soll. |
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* [[892]]: Der Bischof Arno von Würzburg benutzt eine ''Landstraße gegen Mitternacht'' [= Norden] zur Rückkehr von einen in Böhmen geführten Kriegszug. Der von ihm genutzte Weg verlief von Saaz (Zatec) und Komotau (Chomutov) auf den Gebirgskamm bei Rübenau und weiter über Zöblitz, Niederlauterstein und Zschopau zur mittleren Saale. Er wurde 1150 als ''antiqua semita Bohemorum'' urkundlich erwähnt. |
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* [[929]]: [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrich I.]] zog 929 durch das östliche Erzgebirge, nachdem er die Stadt [[Daleminzier|Gana]] erobert hatte. |
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* [[965]] oder [[973]]: Der Bericht des arabischen Kaufmannes Ibrahim Ibn Jakub belegt die Nutzung der alten Verkehrswege für den Handel Böhmens mit den norddeutschen Ländern. Der von ihm beschriebene Weg, eine der sogenannten Salzstraßen, verlief wahrscheinlich von Magdeburg über Halle, Wurzen, Oederan, Sayda und Most nach Prag. |
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* [[1040]]: Der meißnische Markgraf [[Ekkehard II. (Meißen)|Ekkehard II.]] zieht mit einem Heer über den Kulmer Steig nach Böhmen. |
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* [[1118]]: Die Nutzung des auf dem Weg von Leipzig über Zwickau, Grünhain, Weipert (Vejprty) und Kaaden (Kadan) liegenden Preßnitzer Passes wird erstmals erwähnt. Urkundlich belegt ist dieser Weg seit 1325. |
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* [[1143]]: Urkunden belegen die Existenz eines von Altenburg über Waldenburg und Zschopau nach Böhmen führenden Steiges (''semita Bohemica'') |
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* [[1185]]: Der Pass über Deutscheinsiedel wird erstmals in einer Urkunde des Markgrafen Otto von Meißen urkundlich erwähnt.<ref>[[Codex diplomaticus Saxoniae regiae]] [http://isgv.serveftp.org/Codex/codex.php?band=cds1a2&f=&a=b&s=351 I A 2 Nr. 510]</ref>. |
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=== Industrialisierung === |
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==Historische Pässe von Ost nach West== |
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Mit der [[Industrialisierung]] setzte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein deutlicher Bedeutungswandel der Passstraßen ein. Der Verkehr verlagerte sich einerseits von den Höhenstraßen zu den neuerbauten Talstraßen. So wurde beispielsweise der bis dahin recht bedeutungslose Gebirgsübergang bei [[Zinnwald-Georgenfeld|Zinnwald]] durch den Bau der [[Müglitz (Fluss)|Müglitztalstraße]] ab 1846 und den Ausbau der Verbindung [[Dresden]]–[[Dippoldiswalde]]–[[Schmiedeberg (Dippoldiswalde)|Schmiedeberg]]–Altenberg ab 1842 aufgewertet, während die benachbarte [[Dresden-Teplitzer Poststraße|Alte Dresden-Teplitzer Poststraße]] über den Pass an der [[Burg Kyšperk|Geiersburg (Kyšperk)]] verödete und der Grenzübergang nahe Fürstenwalde 1860 geschlossen wurde. Auch der Pass über die Bergstadt Graupen (Krupka) nach Zinnwald verlor durch den chausseemäßigen Ausbau der Strecke über [[Dubí|Eichwald (Dubí)]] seine frühere Bedeutung. |
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[[Bild:Erzgebirgspässe.jpg|380px|thumb|Lage der historischen Erzgebirgspässe auf einer Skizze von 1920]] |
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*Nollendorfer Pass |
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*Pass am Geiersberg |
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*Graupener Pass |
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*Pass von Klostergrab |
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*Pass von Sayda über den Deutscheinsiedler Sattel |
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*Reitzenhainer Pass |
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*Preßnitzer Pass |
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*Wiesenthaler Pass |
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*Rittersgrüner Pass |
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*Plattener Pass |
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*Frühbußer und späterer Hirschenstander Pass |
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*Graslitzer Pass |
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1858 kam es auf sächsischer Seite des Gebirges zu einer grundlegenden Neuerung, da alle damals vorhandenen Postkurse neu vermessen und mit königlich-sächsischen Meilensteinen gekennzeichnet wurden. Unmittelbar an den Grenzübergängen der als Postroute befahrenden Postkurse wurden sogenannte Grenzübergangssteine aufgestellt, von denen heute noch einige Exemplare vorhanden sind. In Böhmen hingegen wurde die beispielhafte Errichtung von Postsäulen und Meilensteinen nicht übernommen, hier blieb man bei den hölzernen Wegtafeln. |
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==Nollendorfer Pass== |
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[[Bild:Kaiserwarte.jpg|thumb|175px|Kaiserwarte unweit des Nollendorfer Passes]] |
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[[Image:Nollendorfer Pass (1) 2006-03-24.jpg|thumb|left|250px|Winter am Nollendorfer Pass]] |
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Eine Wegvariante des Kulmer Steiges führte über den [[Nakléřov|Nollendorfer Pass]] im östlichen Osterzgebirge. Der Fahrweg querte zwischen [[Fürstenwalde (Geising)|Fürstenwalde]] im Westen und [[Bad Gottleuba-Berggießhübel#Oelsen|Oelsen]] im Osten die sächsisch-böhmische Grenze und führte über den Steilabfall des Erzgebirges in das böhmische Kulm (Chlumec u Chabařovic) und weiter in das Innere des Königreichs Böhmen. |
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Im 19. Jahrhundert veränderte letztendlich der Bau der Erzgebirgsquerbahnen Rolle und Bedeutung der Erzgebirgspässe. Bereits 1843 wurde eine Planung zum Bau einer Eisenbahn von [[Pirna]] aus entlang der Alten Dresden-Teplitzer nach [[Aussig]] erarbeitet.<ref>[http://digital.slub-dresden.de/id337186464 Joseph von Westfalen: ''Vorschlag: die projektirte Eisenbahn von Prag nach Dresden von Aussig aus nicht an der Elbe her, sondern gegen das Erzgebirge und über dasselbe von Herbitz aus … auszuführen''. Dresden 1843]</ref> Doch erst 1872 verkehrte der erste Zug auf der durchgängigen Verbindung von [[Bahnstrecke Chomutov–Vejprty/Reitzenhain|Komotau (Chomutov) nach Weipert (Vejprty)]] und von dort [[Bahnstrecke Vejprty–Annaberg-Buchholz unt Bf|weiter nach Annaberg]] über das Gebirge. Im Juli 1875 folgte die Verbindung von [[Bahnstrecke Reitzenhain–Flöha|Flöha nach Reitzenhain]], die einen Monat später über den Reitzenhainer Pass über [[Křimov|Krima (Křimov)]] bis zur [[Bahnstrecke Chomutov–Vejprty/Reitzenhain|Bahnstrecke Komotau (Chomutov) – Weipert (Vejprty)]] verlängert wurde. 1884 wurde die Bahnstrecke von [[Bahnstrecke Nossen–Moldava v Krušných horách|Nossen nach Moldau (Moldava)]] und von dort [[Bahnstrecke Most–Moldava v Krušných horách|weiter nach Most (Brüx)]] über den Pass von Klostergrab (Hrob) in Betrieb genommen. Zwei Jahre später nahm 1886 die [[Bahnstrecke Sokolov–Klingenthal|Strecke Klingenthal – Falkenau (Sokolov)]] über den Graslitzer Pass den Betrieb auf. Als letzte Strecke über das Erzgebirge wurde 1899 die Verbindung von [[Bahnstrecke Karlovy Vary–Johanngeorgenstadt|Johanngeorgenstadt nach Karlsbad (Karlovy Vary)]] über den Plattener Pass eröffnet. |
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Der Kulmer Steig wurde nachweislich bereits im 13. Jahrhundert benutzt. Weltweit bekannt wurde der Pass durch die [[Befreiungskriege]] und die [[Schlacht bei Kulm|Schlacht bei Kulm und Nollendorf]] am 29. und 30. August 1813. In [[Berlin-Schöneberg]] sind der [[Nollendorfplatz]] und die Nollendorfstraße nach dem kleinen Erzgebirgsdorf Nollendorf (Nakléřov) benannt, von deren heute nicht mehr existierendem Kirchturm der Legende nach Napoleon das Schlachtgeschehen beobachtet haben soll. Von 1913 bis kurz nach 1950 stand auf der [[Nollendorfer Höhe]] ein 21 m hoher Aussichtsturm, der die Namen ''Kaiserwarte'' und nach 1919 ''Carl-Weis-Warte'' trug. |
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[[Datei:Nicol List.jpg|mini|hochkant|links|Räuberhauptmann Nikol List]] |
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Der Nollendorfer Pass hat auch in der jüngeren Geschichte immer wieder für positive wie negative Schlagzeilen gesorgt. 1936 passierte das [[Olympische Fackel|olympische Feuer]] auf seinem Weg von [[Athen]] nach [[Berlin]] die Passstraße. Ein am Grenzübergang [[Bad Gottleuba-Berggießhübel#Bahratal|Bahratal]] aufgestellter Gedenkstein erinnert daran. [[1968]] nutzte die [[Rote Armee]] den Gebirgsübergang, um zur Niederschlagung des [[Prager Frühling|Prager Frühlings]] in die damalige [[Tschechoslowakei|CSSR]] einzumarschieren. |
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[[Datei:Mordkreuz am Frühbußer Pass.jpg|mini|hochkant|Sühnekreuz für einen 1760 ermordeten Fuhrmann am Frühbußer Pass]] |
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Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren die dichten Kammwälder des Erzgebirges oftmals beliebter Aufenthaltsort von Räuberbanden, Schmugglern und Wilddieben. Nicht ohne Grund wurden zahlreiche Verordnungen zur Bekämpfung der Räuberunwesens auf beiden Seiten des Gebirges erlassen. Legendär wurde im Erzgebirge insbesondere der Wilddieb [[Karl Stülpner]], aber auch von den beiden Räuberhauptmännern [[Nikol List]] und [[Lips Tullian]] erzählt man sich noch heute unzählige Geschichten. Insbesondere dort, wo die Passstraßen in die dichten Erzgebirgswälder hinein führten, wurden mit besonderer Vorliebe von Straßenlagerern Postkutschen und Passanten überfallen, ausgeraubt und oft sogar getötet. Mehrere Stein- und Sühnekreuze erinnern noch heute an grausam verübte Morde. |
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==Pass am Geiersberg== |
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[[Bild:Geiersbergpass.jpg|thumb|left|292px|Passstraßenverlauf vom Geiersberg nach Ebersdorf]] |
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[[Bild:Mückentürmchen.jpg|thumb|228px|Mückentürmchen auf dem Mückenberg unweit des Passes]] |
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Der Geiersberger Pass, über den bis [[1860]] die bekannte [[Alte Dresden-Teplitzer Poststraße|Alte Dresden-Teplitzer Poststraße]] verlief, nimmt seinen Ausgangspunkt im heutigen [[Krupka| Graupener (Krupka)]] Stadtteil Hohenstein (Unčín). Hier erreichte der Weg von Teplitz (Teplice) kommend hinter dem Kloster [[Bohosudov|Mariaschein (Bohosudov)]] den Waldsaum. Er führte von hier aus steil ansteigend an der [[Burg Kyšperk|Geiersburg (Kyšperk)]] und dem vor [[1785]] errichteten ''Goldammerkreuz'' vorbei auf den Osterzgebirgskamm. Dieser wird etwa 1,5 km östlich vom [[Komáří hůrka |Mückenberg (Komáří hůrka)]] in einer Höhe von ca. 720 m ü. NN überschritten. Danach verzweigt sich die Wegeführung. Ein Zweig folgt der ins [[Elbtal]] führenden Alten Dresden-Teplitzer Poststraße über das kleine böhmische Dorf [[Habartice u Krupky|Ebersdorf]], von dem heute nur noch wenige Reste übrig geblieben sind. Der Grenzübertritt wird vom ''[[Fürstenwalde (Geising)|Schwarzen Kreuz]]'' (ebenfalls bereits vor 1785 errichtet) markiert. Ein anderer Zweig führt westwärts zum [[Komáří hůrka|Mückenberg]] und erreicht die von hier nach [[Freiberg (Sachsen)]] führende Straße. Ein nahe [[Bobritzsch (Gemeinde)|Bobritzsch]] befindlicher Abschnitt dieser ''Zinnstraße'' trägt noch heute den Beinamen ''Geiersweg''. |
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=== 20. Jahrhundert === |
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Die ursrünglich von Hohenstein ([[Unčín]]) auf den Kamm führende Geiersbergstraße ist wahrscheinlich in weiten Teilen von Graupener Bergleuten als schmaler Weg in den Fels des böhmischen Erzgebirgssteilabfalls gehauen wurden. Darauf weisen noch heute Felsengassen hin, die abseits der jetzigen Trassenführung abschnittsweise erkennbar sind. Der Abstieg über den Geiersberger Pass nach Hohenstein (Unčín) gehörte in der Vergangenheit zu den steilsten und damit risikoreichsten Wegeabschnitten unter den Erzgebirgspässen. Ein Reisebericht von 1698 vermerkt: ''Das Herabsteigen vom berühmten Geiersberg ist keine Sache, der man flüchtig und schweigend vorbeigeht. So erfahren Sie denn, daß wir angelangt an dem Rande der Abgründe, welche mit heiligen Schreck dem Reisenden Zittern verursachen, anhielten und aus dem Wagen stiegen. Wir setzten und in die Lehnstühle, welche mehrere Träger das Gebirge hinabtrugen. Ich erwog in Gedanken, welchen Vorteil es haben könnte, sich das Genick zu brechen, während die Träger von einem Stein auf den anderen sprangen.''<ref>* zit. in Christian Preiß: ''Die Alte Teplitzer Poststraße. Vom vorgeschichtlichen Steig zur Autobahn des 21. Jahrhunderts''. Pirna 2004 (Eigenverlag). S. 60</ref> Diese topographischen Gegebenheiten dürften für das rasche Veröden der Straße nach dem Ausbau der benachbarten Chausseen zwischen [[Dubi|Eichwald (Dubí)]] und [[Zinnwald]] sowie [[Petrovice u Chabařovic |Peterswald]] (Petrovice u Chabařovic) und [[Chlumec u Chabařovic|Kulm (Chlumec u Chabařovic)]] zu Beginn des 19. Jahrhunderts verantwortlich sein. Heute wird die Geiersbergstraße nur noch als Forstwirtschafts- und Wanderweg genutzt. |
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In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden, nicht zuletzt auch durch den im Oktober 1938 erfolgten Anschluss des [[Sudetenland]]es, die Pässe über den Erzgebirgskamm am intensivsten genutzt. Schmidt (1935) nennt allein 16 große Heerstraßen, welche die sächsisch-böhmische Grenze überschritten. Hinzu kamen eine Vielzahl kleinerer Wege und die bereits erwähnten fünf Eisenbahnverbindungen. |
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Diese Durchlässigkeit wurde nach 1945 für etwa 25 Jahre durch die Schließung der Eisenbahnübergänge und fast aller Straßenübergänge drastisch reduziert. Eine erhöhte Durchlässigkeit trat erst nach Einführung des visafreien Grenzverkehrs zwischen der [[Deutsche Demokratische Republik|Deutschen Demokratischen Republik (DDR)]] und der [[Tschechoslowakei|Tschechoslowakei (ČSSR)]] ab 1972 wieder ein. Dem sich entwickelnden beiderseitigen Urlaubs- und Einkaufstourismus trug vor allem die (Wieder-)Eröffnung der jahrhundertealten Straßengrenzübergänge im Zuge der Pässe Wiesenthal (1972) und Reitzenhain (1978) Rechnung. Mit der Eröffnung des Grenzübergangs [[Bad Gottleuba-Berggießhübel#Markersbach und Hellendorf|Bahratal]] wurde (1976) auch die nördliche Zufahrt zum Nollendorfer Pass wieder für den Verkehr freigegeben. Die über den Erzgebirgskamm führenden fünf Eisenbahnstrecken blieben aber während des Bestehens der DDR geschlossen. Eine Zugfahrt von Sachsen nach Böhmen und umgekehrt war vor 1990 nur über die außerhalb des Erzgebirges gelegenen Grenzübergänge [[Bad Brambach]]/[[Vojtanov]] im Vogtland und [[Bad Schandau]]/[[Děčín]] im Elbtal möglich. Mit der [[Pipeline|Erdgasleitung]] ''Nordlicht'' der [[RWE Transgas]] (1972) und der Chemieproduktenleitung [[Böhlen (Sachsen)|Böhlen]]–[[Litvínov|Oberleutensdorf (Litvínov)]] (beide über den Sattel von Deutscheinsiedel) sowie einer 380-kV-Hochspannungsleitung von [[Chemnitz-Röhrsdorf|Röhrsdorf]] nach [[Hradec u Kadaně|Hradec]] und einer 220-kV-Hochspannungsleitung von [[Zwönitz]] nach Hradec wurden zu DDR-Zeiten auch neue Infrastrukturleitungen über das Erzgebirge geführt. |
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==Graupener Pass== |
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[[Bild:Alter Grenzübergang Zinnwald.gif|270px|left|thumb|Der nach dem Bau der Umgehungsstraße geschlossene Grenzübergang in Zinnwald]] |
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[[Bild:Richter St Annenkirche.jpg|thumb|250px|Graupen zu Beginn des 19. Jahrhunderts]] |
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Der Graupener Pass führt von der Bergstadt [[Krupka|Graupen (Krupka)]] an der [[Burg Krupka|Rosenburg (Rosenberg)]] vorbei nach Obergraupen (Horni Krupka) und erreicht die Hochfläche auf dem Kamm des Osterzgebirges unmittelbar am 808 m hohen [[Komáří hůrka |Mückenberg (Komáří hůrka)]]. Die Entstehung dieser Verbindung ist im Zusammenhang mit dem [[Plattner_Kunstgraben#Der_Zinnabbau|Zinnbergbau]] zu sehen. Böhmische Bergleute drangen auf der Suche nach neuen Vorkommen wahrscheinlich schon seit Ende des 14. Jahrhunderts über den Gebirgskamm vor und entdeckten um 1440 die bedeutende [[Altenberg (Erzgebirge)|Altenberger Zinnlagerstätte]]. Dabei legten sie bei ihrem Vordringen diesen Weg an oder bauten einen bereits bestehenden Pfad aus. Der Graupener Pass wurde u.a. 1426 von den [[Hussiten]] in Zusammenhang mit der verlustreichen [[Schlacht bei Aussig]] benutzt. Auf der Nordseite des Gebirges weist der Übergang drei Zugänge auf, was einerseits auf seine hohe Frequentierung und andererseits auf die höhere Bedeutung gegenüber dem eng benachbarten Geiersberger Pass hinweist. Ein Zugang erfolgte vom erzgebirgischen Bergbauzentrum [[Freiberg (Sachsen)]] kommend über [[Zinnwald]] auf der sogenannten ''Zinnstraße''. Der zweite Zugang bestand von [[Dippoldiswalde]] und [[Altenberg (Erzgebirge)|Altenberg]] kommend auf dem ''[[Fürstenweg]]''. Ein dritter Zugang führte von [[Lauenstein]] kommend auf den Pass. Dieser Weg war Teil eines mittelalterlichen [[Pilgerweg]]es, der bis zum 16. Jahrhundert vom [[Dresdner Elbtal|Elbtal]] kommend über [[Dohna]] und [[Liebstadt]] zum Kloster [[Bohosudov|Mariaschein (Bohosudov)]] nahe [[Krupka|Graupen (Krupka)]] führte. Nach dem Ausbau der Chaussee zwischen [[Dubi|Eichwald (Dubí)]] und [[Zinnwald]] zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die heute als Transitstrecke [[B 170]] genutzte Verbindung zwischen [[Dresden]] und [[Prag]] (Praha), verlor der Graupener Pass seine Bedeutung und wurde nur noch als Nebenstrecke benutzt. |
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Nach der wirtschaftlichen Öffnung der osteuropäischen Staaten erlangte das Erzgebirge 1990 seine frühere Bedeutung als Transitland im Nord-Süd-Verkehr wieder. Dies führte zur Wiedereröffnung zahlreicher Straßen- und Fußgängerübergänge und zur Wiederaufnahme des Bahnverkehrs zwischen [[Klingenthal]] und [[Sokolov|Falkenau (Sokolov)]], Johanngeorgenstadt und Karlsbad (Karlovy Vary) sowie zwischen Chemnitz und Komotau (Chomutov) über Weipert (Vejprty). Durch den Beitritt Tschechiens zum [[Schengen-Raum]] am 21. Dezember 2007 und den Wegfall der Grenzkontrollen haben sich neue Entwicklungsmöglichkeiten ergeben. |
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==Pass von Klostergrab== |
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[[Bild:Freiberg-Teplitzer-Poststraße.jpg|left|thumb|271px|Verschneite Passstraße]] |
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[[Bild:Stürmer 2.jpg|thumb|250px|Über den Stürmer führte die Passstraße]] |
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Über diesen Pass führte die [[Alte Freiberg-Teplitzer Poststraße]]. Zwischen den Quellen des Hirschbaches und denen des Holperbaches überschritt sie beim heutigen Altenberger Ortsteil Neurehefeld die Grenze zwischen dem [[Kurfürstentum Sachsen]] und dem [[Königreich Böhmen]], wo sich unmittelbar nach der Grenze mehrere Häuser, darunter das einst weitbekannte Gasthaus ''Fischerhaus'', um den 1884 errichteten Grenzbahnhof [[Moldava|Moldau (Moldava)]] gruppieren. |
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=== Gegenwart === |
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Den Grenzübergang und den jetztigen Ort [[Moldava|Neustadt (Nove Mesto)]] verbindet heute eine asphaltierte Straße über den früheren Glaserberg. Beiderseits davon sind lange Gräben erkennbar, die Reste des alten Straßenverlaufes sind. Neustadt (Nove Mesto) befindet sich fast auf der höchsten Stelle der im Süden herausgehobenen Pultscholle des Erzgebirges. Von hier aus gelangt man heute auf sehr abschüssiger Straße nach Niklasberg (Mikulov). Diese Straße wurde erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts neu angelegt, da sich deren alter Verlauf als zu steil und besonders bei der Schneeschmelze als kaum passierbar erwiesen hatte. Von Niklasberg (Mikulov) gelangt man im Bourlivec-Tal nach Klostergrab (Hrob). In den früheren Jahrhunderten scheint jedoch die kürzere Verbindung über den 869 m hohen [[Bouřňák|Stürmer (Bouřňák)]] bevorzugt worden zu sein. Westlich der heutigen Verbindungsstraße zwischen Neustadt (Nove Mesto) und dem Bergplateau befindet sich auf längeren Strecken ein unübersehbarer, ca. 2 bis 3 m breiter, ausgefahrener Graben. Nach dem Geländebefund wurde der Steilabbruch des Erzgebirges ca. 300 m westlich des Gipfelplateaus und als Fortsetzung dieses Grabens überwunden. Dort befinden sich mehrere, bis zu ca. 6 m tiefe, gestaffelte und nach Süden gerichtete Hohlwege. Nach Ansicht der Autoren handelt es sich dabei um Überreste der jahrhundertealten Passstraße nach Klostergrab (Hrob) und weiter nach Teplitz (Teplice). |
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Im Zuge der Anpassung der Verkehrswege an neue Anforderungen wurden seit 1990 einige der Zufahrtsstraßen zu den Erzgebirgspässen vor allem durch den Bau von [[Ortsumgehung]]en neu trassiert. Dies betrifft u. a. Abschnitte der [[Bundesstraße 170|B 170]] Dresden–Zinnwald, der [[Bundesstraße 174|B 174]] Chemnitz–Reitzenhain und der Straße I/7 Komotau (Chomutov)–Reitzenhain. |
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Den derzeit einzigen Straßenneubau über das Erzgebirge stellt die im Dezember 2006 fertiggestellte [[Bundesautobahn 17]]/[[Dálnice 8]] Dresden–Prag (Praha) dar. Ihr Verlauf folgt weitgehend der jahrhundertealten westlichen Trasse des Kulmer Steiges. Dies spricht vor allem unter ökonomischen Gesichtspunkten für die Rationalität, nach der unsere Vorfahren ihre Wege über das Gebirge suchten. Die Bundesautobahn 17 schneidet Dresden zuerst in West-Ost-Richtung im Süden des Stadtgebiets und wendet sich hinter [[Pirna]] Richtung Südosten. Zum einen dient die von Dresden nach Prag führende Europastraße damit dem regionalen Straßenverkehr, zum anderen nutzt sie den flachen Nollendorfer Pass. Durch die modernen Spannbetonbauwerke über die Kerbtäler, so zum Beispiel die [[Lockwitztalbrücke]] oder die [[Seidewitztalbrücke]] wurde dieser Pass wieder aus den Tallagen in die ebenen Höhenlagen der erzgebirgischen Pultscholle verlagert. Damit folgt die einzige [[Autobahn]], die das Gebirge quert, dem wohl ältesten Pass. Sie nähert sich der Alten Dresden-Teplitzer Poststraße, die teilweise auch als Staats- und Kreisstraße noch genutzt wird, häufig auf wenige Meter und schneidet diese. |
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Die seit 1885 über den Pass von Klostergrab (Hrob) führende [[Eisenbahnstrecke Nossen-Moldau]] hatte in [[Moldava|Moldau (Moldava)]] Anschluss an die Teplitzer Semmeringbahn nach Brüx (Most). Der grenzüberschreitende Verkehr wurde aber 1945 eingestellt, wohl auch, weil der Bahnkörper durch die Befahrung sowjetischer Panzer beim Vormarsch Richtung Prag (Praha) unbrauchbar geworden war. Der Scheitelpunkt der Bahn befindet sich im böhmischen Streckenabschnitt nahe Moldau (Moldava) auf 791 m ü. NN. Derzeit werden Planungen zum mittelfristigen Lückenschluss erarbeitet. Die Kosten werden auf etwa 20 Mill. € veranschlagt. |
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Im ehemaligen [[Landkreis Aue-Schwarzenberg]] bestand lange kein Straßengrenzübergang zwischen Sachsen und Böhmen, da sich die tschechische Gemeinde [[Potůčky|Breitenbach (Potůčky)]] erfolgreich gegen die Wiedereröffnung des Johanngeorgenstädter Überganges wehrte, um von den Einnahmen für den auf tschechischer Seite entstandenen, überdimensional großen Einkaufsmarkt zu profitieren. Der Übergang wurde am 16. Januar 2008 auch für Kraftfahrzeuge geöffnet. |
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==Pass von Sayda über den Deutscheinsiedler Sattel== |
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[[Image:Neuhausen Purschenstein (1) 2005.jpg|left|thumb|175px|Neuhausen: Schloss Purschenstein, ehem. Zoll- und Geleitsburg]] |
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[[Bild:Deutscheinsiedel.jpg|thumb|250px|Deutsch- und Böhmisch-Einsiedel links und rechts der Grenze]] |
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Über die bereits 1250 als ''oppidum'' urkundlich erwähnte, 680 m ü. NN. hoch gelegene ehemalige Rast- und Zollstelle Sayda und den mit 720 m ü. NN nur wenig höher gelegenen und damit vergleichweise flachen Gebirgssattel bei Deutscheinsiedel führte im Mittelalter die alte Handelsstraße Leipzig - Prag (Praha). Dabei passierte sie [[Wurzen]], [[Leisnig]] und Oederan, bevor sie über Sayda die Grenze bei [[Nová Ves v Horách|Böhmisch-Einsiedel (Mnisek)]] erreichte. Die hier befindliche Zollstätte von Brüx (Most) erreichte auch eine Querverbindung von Marienberg aus. In Böhmen führte der weitere Verlauf über [[Osek|Ossegg (Ossegg)]] nach Brüx (Most) und weiter ins Landesinnere. |
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Planungen des Landes Sachsen sahen in den 2000er Jahren die Neutrassierung der [[Bundesstraße 93|B 93]] zwischen [[Schneeberg (Erzgebirge)|Schneeberg]] und Johanngeorgenstadt zur Weiterführung nach Karlsbad (Karlovy Vary) über einen neuen, zwischen Plattener und Hirschenstander Pass gelegenen Grenzübergang, vor. Die Straße sollte vor allem die im Raum Aue-Schneeberg zufließenden Hauptströme des grenzüberschreitenden Fernverkehrs bündeln. Eine Querverbindung bis zur B 101 bei Lauter war Bestandteil der Planung. Gegen die Trassenführung regte sich Widerstand in der Bevölkerung. Da auf tschechischer Seite kein Interesse an der Fortführung der Schnellstraße in Richtung Karlsbad bestand<ref>[https://www.dvz.de/rubriken/politik/detail/news/schnellstrasse-im-erzgebirge-vor-dem-aus.html ''Schnellstraße im Erzgebirge vor dem Aus'', Deutsche Verkehrszeitung vom 28. Januar 2009]</ref> wurde das Projekt nicht mehr weiterverfolgt und aus dem [[Bundesverkehrswegeplan 2030]] gestrichen. |
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Geschützt wurde dieser Alte Böhmische Steig, wie der Pass von Sayda auch genannt wurde, u.a. durch die Zoll- und Geleitsburg [[Schloss Purschenstein|Purschenstein]] am rechten Ufer der [[Flöha (Fluss)|Flöha]], welche später Sitz eines Amtmannes war. Die Stadt Sayda gehörte ab 1300 zum Königreich Sachsen und gelangte er nach der [[Leipziger Teilung]] von 1485 als böhmisches Lehen in den Besitz der [[Wettiner]]. Zu dieser Zeit hatte der Gebirgsübergang seine Bedeutung als Handelsweg aber bereits zugunsten der benachbarten Pässe verloren. Zwar ist überliefert, daß der Weg 1555 in Sayda selbst sechs Ellen tief ausgefahren war, was auf die frühere Bedeutung hinweist. Gleichzeitig förderten landesherrliche Anweisungen im östlichen Erzgebirge seit 1318 eine Wegführung über das benachbarte Freiberg, sie besagten ''...daß nirgends Wagen nach Böhmen fahren sollten außer über die Stadt Freiberg''.<ref>zit. in Eduard Zak: ''Wetterfichten am Kahleberg''. Dresden 1955. S. 49</ref> In späteren Jahren, insbesondere im [[Siebenjähriger Krieg|Siebenjährigen Krieg]] und in den [[Befreiungskriege|Befreiungskriegen]] wurde der Pass von Sayda mehrfach von Heeresverbänden benutzt, die wiederholt die Stadt ausplünderten. |
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Aktuell (Stand 12/2022) sind zwischen [[Klingenthal]] und [[Bad Gottleuba-Berggießhübel#Markersbach und Hellendorf|Bahratal]] drei Eisenbahnübergänge und 17 Straßenübergänge geöffnet. Sie nutzen dabei weitgehend teils jahrhundertealte Pässe und Steiganlagen. |
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Die Bedeutung des Deutscheinsiedler Sattels als niedrigster Gebirgsübergang zwischen Vogtland und Osterzgebirge wird anhand des Berichtes des arabischen Kaufmannes Ibrahim Ibn Jacub deutlich, der diesen Pass mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits 965 (nach anderen Quellen 973) als Übergang nach Böhmen nutzte. Über den Sattel sollte zudem in den 1920er Jahren mit der [[Schweinitztalbahn]] eine sechste Erzgebirgsquerbahn gelegt werden. Zu DDR-Zeiten wurden mit der Erdgasleitung “Nordlicht“ (1972) und der Chemieproduktenleitung Böhlen – Oberleutensdorf (Litvinov) zwei weitere ökonomisch bedeutsame Infrastrukturleitungen über diesen Sattel geführt. Die Straßenübergänge Deutschneudorf und Deutscheinsiedel blieben allerdings nach 1945 geschlossen. Seit 2002 ist aber der Übergang von Deutscheinsiedel nach Böhmisch-Einsiedel (Mnisek) wieder für Kraftfahrzeuge benutzbar. |
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Im Eisenbahnnetz gibt es Überlegungen, die Lücke zwischen der [[Teplitzer Semmeringbahn]] und der Strecke [[Bahnstrecke Nossen–Moldava v Krušných horách|Nossen–Holzhau]] wieder zu schließen. |
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==Reitzenhainer Pass== |
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[[Bild:Passhöhe bei Reitzenhain.jpg|thumb|295px|left|Die Passhöhe bei Reitzenhain]] |
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[[Bild:Komotau.jpg|thumb|220px|Durch Komotau (Chomutov) führte die Salzstraße nach Prag]] |
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Über den Reitzenhainer Pass führt eine der alten, von Halle (Saale) über Leipzig und Chemnitz kommenden Salzstraßen weiter nach [[Chomutov|Komotau (Chomutov)]] und [[Prag|Prag (Praha)]]. Sie diente vorrangig dem [[Salzhandel]] und -transport nach [[Böhmen]] und in die südlich liegenden Donauländer und wurde auch als Hohe, Reitzenhainer oder Böhmische Straße bezeichnet. Ursprünglich führte der Pass von Zschopau über [[Zöblitz]], Kriegwald, Platten (b. Komotau, nicht zu verwechseln mit der Bergstadt Platten) nach Komotau. Nach der 1521 erfolgten Gründung von Marienberg wurde der Straßenverlauf über diese neue Bergstadt und [[Marienberg_(Erzgebirge)|Kühnhaide]] verlegt, bis sich letztendlich der Straßenverlauf über das neugegründete Grenzdorf [[Reitzenhain (Erzgebirge)|Reitzenhain]] dauerhaft durchsetzte. Etwa zwei Kilometer nordwestlich des Ortes weist ein Gedenkstein mit der Inschrift ''An der einstigen Umspanne 1400 - 1823'' auf die ehemals vorhandene Pferdewechselstation hin. Die Passhöhe der heutigen Straßenführung befindet sich zwischen Reitzenhain und [[Hora Svatého Šebestiána|Sebastiansberg (Hora Svatého Šebestiána)]] auf etwa 840 m ü. NN. Der Pass ist damit einer der niedrigsten im zentralen Erzgebirge. Seine nördliche Zufahrt stellt heute die [[Bundesstraße 174]] dar. Der Grenzübergang Reitzenhain selbst war nach Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] bis zum Oktober 1978 gesperrt. Über den Reitzenhainer Pass führte auch die Eisenbahnverbindung von Marienberg ([[Flöhatalbahn]]) nach Komotau (Chomutov) ([[Buschtierader Eisenbahn]]). Sie überschritt den Erzgebirgskamm nahe Sebastiansberg (Hora Svatého Šebestiána) auf 822 m ü. NN. Allerdings wurden die Gleise auf tschechischer Seite nach [[1945]] demontiert. |
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Darüber hinaus erfolgt die Planung der [[Schnellfahrstrecke Dresden–Prag]], welche das Osterzgebirge in einem [[Basistunnel]] unterqueren soll. Die [[Bahnstrecke Děčín–Dresden-Neustadt|Elbtalbahn]] zwischen Dresden und Děčín umgeht das Erzgebirge östlich und ist die leistungsfähigste Hauptstrecke zwischen Deutschland und [[Tschechien]]. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Radien im engen Elbtal ist dort kein Hochgeschwindigkeitsverkehr möglich. |
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==Preßnitzer Pass == |
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[[Bild:Grenzbahnhof Weipert.jpg|left|250px|thumb|Grenzbahnhof Weipert]] |
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[[Bild:pressnitztalsperre2.jpg|300px|thumb|Erzgebirgshochfläche mit Preßnitz-Talsperre]] |
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Der Preßnitzer Pass stellt eine der ältesten Pfadanlagen dar, die aus dem Zentrum [[Mitteldeutschland|Mitteldeutschlands]] über den dichten Grenzwald nach Böhmen führte. Sein ursprünglicher Verlauf ging von Halle (Saale) kommend über [[Altenburg]], Zwickau, [[Hartenstein (Sachsen)|Hartenstein]], [[Grünhain]] und [[Zwönitz]] nach [[Schlettau]]. Hier wurde die obere [[Zschopau (Fluss)|Zschopau]] gequert. Anschließend führte der Weg über [[Bärenstein (Erzgebirge)|Kühberg]] am Blechhammer vorbei nach Weipert (Vejprty) und erreichte dann östlich schwenkend über [[Kryštofovy Hamry|Pleil (Černý Potok)]] mit [[Přísečnice|Preßnitz (Přísečnice)]] die älteste Bergstadt des Erzgebirges. Von hier aus verlief der sogenannte ''[[Böhmischer Steig|Böhmische Steig]]'' vermutlich über [[Kadaň|Kaaden (Kadaň)]] und bis nach [[Žatec|Saaz (Žatec)]]. Die Passhöhe selbst befand sich auf böhmischer Seite nahe Pleil (Černý Potok) auf ca. 800 m ü. NN. Damit war der Preßnitzer Pass deutlich niedriger als die sich nach Westen hin anschließenden Pässe über Wiesenthal, Rittersgrün, Platten, Hirschenstand und Frübuß. Dies war einer der Gründe für seine häufige Benutzung während des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]]. |
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{{Siehe auch|Tschechische Grenzübergänge in die Nachbarstaaten#Deutschland|titel1=Tschechische Grenzübergänge in die Nachbarstaaten}} |
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Der Handelsweg über Preßnitz (Přísečnice) wurde bereits 1118 in einer Zickauer Kirchenurkunde erwähnt, urkundlich belegen lässt sich die Existenz der Verbindung seit 1325. Es ist aber davon auszugehen, dass der Weg über den Preßnitzer Pass bereits im 10. Jahrhundert angelegt wurde, nicht zuletzt weil die an ihm liegenden Siedlungen mit zu den ältesten im sächsisch-böhmischen Erzgebirge gehören. Auch wenn über den Preßnitzer Pass eine der alten Salzstraßen führte, war die Verkehrsdichte relativ gering. Die an der Passstraße liegende Klosterstadt Grünhain wurde um 1700 nur von fünf bis sechs Salzhandelszügen (a 20 – 30 Fuhrleute) pro Jahr passiert. Zwischen September 1830 und März 1831 wurden am Preßnitzer Pass selbst 81 Salzwagen mit ca. 4.700 Zentnern Koch-, Vieh- und Düngesalz gezählt. |
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Poststraße Göppersdorf (01) 2006-06-21.jpg|Alte Dresden-Teplitzer Poststraße und Trasse der A 17 bei Göppersdorf |
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Krásný Les, dálnice D8 a Špičák (01).jpg|Trasse der Autobahn D8 auf dem Kamm des Osterzgebirges mit dem [[Špičák u Krásného Lesa]] im Hintergrund |
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B174 am Ortsausgang von Chemnitz Richtung Süden.JPG|Ausgebaute B174 am Ortsausgang von Chemnitz in Richtung Erzgebirgskamm |
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Bahnhof Moldau.jpg|Die Teplitzer Semmeringbahn endet seit 1972 auf dem Kamm im [[Bahnhof Moldava v Krušných horách]] |
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Neubaustrecke Heidenau–Chabařovice v1.1.png|Mögliche Streckenvariante der Bahnneubaustrecke Dresden – Prag mit dem Basistunnel unter dem Osterzgebirge |
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== Ersterwähnungen von Wegen über das Erzgebirge == |
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Heute ist der Pressnitzer Pass der einzig nicht mehr nutzbare weil nicht mehr existente Erzgebirgspass. Sein zentraler, durch die namensgebende Stadt Preßnitz (Přísečnice) führender Abschnitt musste Anfang der 1970er Jahre wie die Stadt selbst dem Bau der [[Talsperre Preßnitz]] (vodní nádrž Přísečnice) weichen. |
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[[Datei:Erzgebirgspässe.jpg|mini|Lage der historischen Erzgebirgspässe auf einer Skizze von 1920]] |
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[[Datei:Joachimsthaler Straße.jpg|mini|Joachimsthaler Straße bei [[Breitenbrunn/Erzgeb.]], ein Nebenweg des Rittersgrüner Passes]] |
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[[Datei:An dr Grenz vu Sachsn.jpg|mini|Sächsisch-böhmische Grenze]] |
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Die ältesten schriftlichen Quellen belegen lediglich eine direkte Verbindung zwischen Sachsen und Böhmen, ohne das Aussagen zu einer genauen Streckenführung getroffen werden. Sofern aus der Beschreibung der näheren Umstände überhaupt Anhaltspunkte für eine Lokalisierung gewonnen werden können, so deuten sie jedoch bis in die Zeit um 1100 ausschließlich auf eine Nutzung des Kulmer Steigs hin. |
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==Wiesenthaler Pass== |
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[[Bild:DS-Oberwiesenthal.jpg|thumb|left|Postsäule in Oberwiesenthal mit Entfernungsangaben über den Pass nach Karlsbad]] |
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[[Bild:Bozi dar vom moor.jpg|thumb|250px|Blick zum Wiesenthaler Pass bei Gottesgab]] |
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Über den Wiesenthaler Pass führte die aus Leipzig über die beiden einst selbständigen Bergstädte Annaberg und Buchholz kommende Passstraße weiter in den bekannten Kur-und Badeort Karlsbad (Karlovy Vary). Sie folgte hinter der im [[16. Jahrhundert]] entstandenen höchstgelegenen deutschen Stadt [[Oberwiesenthal]] dem Zechengrund allmählich aufwärts zum Erzgebirgskamm und zum Grenzübergang nach [[Boží Dar|Gottesgab (Boží Dar)]] beim zwischen [[Klínovec|Keil-]] und [[Fichtelberg (Erzgebirge)|Fichtelberg]] gelegenen [[Neues Haus|Neuen Haus]]. |
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* 805: In diesem Jahr ließ [[Karl der Große]] den in Böhmen agierenden Herrscher [[Daleminzier|Semela]] mit drei Heeren angreifen, von denen eins gemeinsam mit den Sachsen über das [[Warnen]]feld und [[Daleminzier|Daleminzien]] nach Böhmen zog („tertium vero transmisit cum Saxonibus super Hwerenofelda et Demelchion“, [[Chronicon Moissiacense]]). Die drei Heere trafen sich an der [[Eger (Fluss)|Eger]] („ad fluvium qui vocatur Agara“) und anschließend kam es zu Kämpfen an der Burg Canburg. |
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Die Passhöhe liegt in einer Höhe von 1083 m ü. NN. und ist damit der höchstgelegene Pass des Erzgebirges. Im Winter war die über ihn führende Straße oft mehrere Wochen fast völlig unpassierbar, was heute kaum mehr vorstellbare Folgen hatte. So kamen in einem kalten Winter zu Beginn der 1730er Jahre mehrere [[Salzburg|Salzburger Exulanten]] bei ihrer Vertreibung aus [[Österreich-Ungarn]] am unpassierbaren Wiesenthaler Pass ums Leben und wurden außerhalb der Gottesgaber Friedhofsmauer verscharrt. |
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* 892: Der Würzburger Bischof [[Arn (Würzburg)|Arn]] wurde auf dem Rückweg von einem Heereszug nach Böhmen zusammen mit seinen Gefährten von Slawen überfallen und getötet. [[Thietmar von Merseburg]] beschrieb in seiner Chronik etwa hundert Jahre später, dass dies „[[Gau Chutizi|in pago Chutizi]]“ geschehen sei. Die genutzte Route und der genaue Ort sind nicht überliefert. Spätere Lokalisierungsvorschläge entbehren einer glaubhaften Begründung. Allerdings verfestigte sich im 19. und 20. Jahrhundert die Anschauung, der Todesort von Arn hätte im Bereich der [[Chemnitz (Fluss)|Chemnitz]] oder [[Zschopau (Fluss)|Zschopau]] gelegen, weshalb das Martyrium Arns häufig als angeblicher Beleg für eine frühe Nutzung der Steige entlang der beiden Flüsse genannt wird. Wesentlich wahrscheinlicher ist jedoch auch hier ein Zug Arns über den Kulmer Steig und sein gewaltsamer Tod im Bereich des Altsiedellandes entlang von Elbe, Mulde oder Pleiße. |
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Im Dreißigjährigen Krieg wurden der Wiesenthaler und der nur wenige Kilometer weiter westlich verlaufende Rittersgrüner Pass wiederholt von zahlreichen Truppen passiert, die in Oberwiesenthal und anderen Städten im oberen Erzgebirge große Verwüstungen hinterließen. Deshalb wurde der Pass mehrfach gesperrt. Dies tat man u.a. mit sogenannten [[Spanischer Reiter (Barriere)|Spanischen Reitern]] und der Errichtung von Wachhäusern. Zur Abschreckung wurde an der Grenze zeitweilig auch ein [[Galgen]] aufgestellt. |
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* 929/30: König [[Heinrich I. (Ostfrankenreich)|Heinrich I.]] eroberte die [[Brandenburg an der Havel]] und [[Gana]], die Hauptburg der [[Daleminzier]]. Anschließend gründete er die [[Albrechtsburg|Burg Meißen]] an der Elbe und zog mit sehr hohen Wahrscheinlichkeit über den Kulmer Steig nach Böhmen. |
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Mit dem Aufblühen des Bade- und Kurwesens in Karlsbad (Karlovy Vary) |
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wurde der Pass beim Beginn und dem Ende der Badesaison von zahlreichen Kurgästen frequentiert und die am Pass liegenden Orte erlebten die Durchreise zahlreicher berühmter Persönlichkeiten. |
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Dies steht natürlich auch im Zusammenhang mit der ab 1708 regelmäßig über diesen Erzgebirgspass verkehrenden Leipziger Post. |
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* um 960/970: Der arabische Kaufmann [[Ibrahim Ibn Jakub]] reiste im Anschluss an seine Teilnahme an einem Hoftag Kaiser Ottos des Großen in Quedlinburg über Halle, [[Nienburg (Saale)]] und das Muldegebiet ([[Wurzen]] oder [[Püchau]]) nach [[Prag]]. Dabei wird unter anderem eine hölzerne Brücke erwähnt, die irgendwo auf der langen Strecke lag. Diese Brücke wurde und wird noch heute häufig mit der Stadt [[Most (Tschechien)|Most]] in Nordböhmen in Verbindung gebracht und daraufhin angenommen, dass Ibrahim ibn Jaqub über einen der böhmischen Steige ins [[Böhmisches Becken|Böhmische Becken]] gelangte. Tschechische Historiker und Archäologen konnten jedoch nachweisen, dass diese Gleichsetzung der im Text erwähnten Brücke mit Most keinerlei Grundlage hat und alle archäologischen und historischen Indizien dagegen sprechen. Man kann aufgrund des Textes als einzige Quelle für die Reise nichts Konkretes über die Verbindungen zwischen Mitteldeutschland und dem Böhmischen Becken aussagen. Es ist aber anzunehmen, dass auch Ibrahim ibn Jaqub über den Kulmer Steig reiste. |
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1945 wurde auch der Grenzübergang am Neuen Haus für lange Jahre gesperrt. Eine Wiedereröffnung erfolgte erst 1972. Seit 1976 entlastet eine zum Pass führende Ortsumgehungsstraße den Stadtkern von Oberwiesenthal vom Durchgangsverkehr der [[Bundesstraße 95]]. Dieser hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 2004 passierten im Schnitt 3.950 Fahrzeuge den Grenzübergang am Wiesenthaler Pass, 2000 waren es noch 2.500. |
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* 1040: Der meißnische Markgraf [[Ekkehard II. (Meißen)|Ekkehard II.]] zog 1040 mit einem Heer über den Kulmer Steig nach Böhmen. |
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==Rittersgrüner Pass== |
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* 1118: Bei der Stiftung einer Kirche in Zwickau durch die mit den [[Schwarzburg (Adelsgeschlecht)|Schwarzburgern]] verwandte [[Bertha von Groitzsch|Gräfin Bertha]] wurde unter anderem eine Zollstelle erwähnt. Diese kann als ein indirekter Beleg für die Existenz eines Weges von Leipzig über Zwickau, Grünhain, Weipert (Vejprty) und über den Preßnitzer Pass nach und Kaaden (Kadan) gewertet werden. Urkundlich belegt ist dieser Weg seit 1325. |
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[[Bild:Raschauer Thalgrund.jpg|275px|left|thumb|Der Rittersgrüner Pass quert den Raschauer Talgrund]] |
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* 1143: Eine Urkunde belegt die Existenz eines von Altenburg über Waldenburg und Zschopau nach Böhmen führenden Steiges (''[[Böhmischer Steig|semita Bohemica]]'') |
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[[Bild:Grenzübergang Böhmische Mühle.jpg|thumb|249px|Grenzübergang unweit der Böhmischen Mühle bei Rittersgrün]] |
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* 1185: Der Pass über Deutscheinsiedel wird erstmals in einer Urkunde des Markgrafen [[Otto (Meißen)|Otto von Meißen]] urkundlich erwähnt.<ref>[[Codex diplomaticus Saxoniae regiae]], [http://codex.isgv.de/codex.php?band=cds1a2&f=&a=b&s=351 I A 2, Nr. 510]</ref> |
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Der Weg über den Rittersgrüner Pass verbindet [[Schwarzenberg/Erzgeb.]] über [[Rittersgrün]], vorbei an der [[Böhmische Mühle|Böhmischen Mühle]] und den kleinen Streusiedlungen |
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[[Zlatý Kopec|Goldenhöhe (Zlatý Kopec)]] und [[Myslivny (Boží Dar)|Försterhäuser (Myslivny)]] mit der Bergstadt Sankt Joachimsthal (Jáchymov). Dabei ist zwischen Försterhäuser und Sankt Joachimsthal eine Höhe von 980 m ü. NN zu überwinden. Westlich des Rittersgrüner Passes führte über einen Höhenrücken ein Nebenarm der Passstraße, die sogenannte Halbmeiler oder Joachimsthaler Straße. Von [[Breitenbrunn/Erzgeb.|Breitenbrunn]] aus verlief dieser Weg über die in eine sächsische und böhmische Hälfte geteilte Bergbausiedlung Halbemeile/[[Halbmeil|Halbmeil (Rozhraní)]] und die [[Himmelswiese]] nach Försterhäuser (Myslivny) im oberen [[Schwarzwasser (Mulde)|Schwarzwassertal]]. Hier vereinigte sie sich wieder mit der Rittersgrüner Straße. Von Halbmeile aus bestand aber auch ein Weg über [[Háje (Potůčky)|Zwittermühl (Háje)]] und [[Bludná|Irrgang (Bludná)]] nach [[Nejdek|Neudek (Nejdek)]] und Karlsbad (Karlovy Vary). |
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== Historische Pässe, gelistet von Ost nach West == |
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Im Gegensatz zu den benachbarten Pässen erlangte der Rittersgrüner Pass erst nach der 1516 erfolgten Gründung von Sankt Joachimsthal (Jáchymov) eine gewisse Bedeutung. Er diente wohl vor allem dem Transport von Erzen und Bergbauprodukten zwischen Sankt Joachimsthal (Jáchymov) und der bedeutenden westerzgebirischen Hammerwerksgegend um [[Aue (Sachsen)|Aue]] und Schwarzenberg. Im Dreißigjährigen Krieg gehörte der Rittersgrüner Pass zu den am meisten von Kriegstruppen genutzten Erzgebirgsübergängen. Insbesondere der kaiserliche Feldmarschall [[Heinrich von Holk|Heinrich Graf von Holk]] fiel mit seinen Truppen wiederholt über den Pass nach Sachsen ein und hinterließ große Verwüstungen in den am Straßenverlauf gelegenen Siedlungen. Mit der Aufnahme regelmäßiger Postkutschen- und Botenkurse verlor der Rittersgrüner Pass im 18. Jahrhundert zugunsten der benachbarten Pässe an Bedeutung. Als lokale Verbindungsstraße zwischen Sachsen und Böhmen behielt er jedoch bis 1945 überregionale Bekanntheit. |
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=== Nollendorfer Pass === |
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:''Koordinaten:''{{Coordinate|text=/|NS=50.743842|EW=13.977012|type=mountain|name=Nollendorfer Pass|region=CZ-42}} |
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Eine Wegvariante des Kulmer Steiges führte über den [[Nakléřov|Nollendorfer]] Pass im östlichen Osterzgebirge. Der Fahrweg querte zwischen [[Fürstenwalde (Altenberg)|Fürstenwalde]] im Westen und [[Bad Gottleuba-Berggießhübel#Oelsen|Oelsen]] im Osten die sächsisch-böhmische Grenze und führte über den Steilabfall des Erzgebirges in das böhmische Kulm (Chlumec u Chabařovic) und weiter in das Innere des Königreichs Böhmen. |
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==Plattener Pass== |
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[[Bild:Postkutsche-Johanngeorgenstadt.jpg|thumb|left|270px|Fahrt der letzten Postkutsche über den Plattener Pass, 1899]] |
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[[Bild:Erzgebirgsfahrt.jpg|thumb|250px|right|Historischer Eisenbahnzug bei der Grenzüberquerung, 1992]] |
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Der Plattener Pass führte von [[Schwarzenberg/Erzgeb.]] bzw. Schneeberg über das 1651 gegründete Hammerwerk [[Wittigsthal]] an der Mündung des Breitenbachs in das [[Schwarzwasser (Mulde)|Schwarzwasser]]. Oberhalb von Wittigsthal entstand am [[Fastenberg]] 1654 die [[Exulanten|Exulantensiedlung]] Johanngeorgenstadt, die schon bald als letzte Bergstadt des Erzgebirges aufblühte und zu einer Belebung des Handels im oberen Erzgebirge führte. |
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Der Kulmer Steig wurde nachweislich bereits im 13. Jahrhundert benutzt. Bekannt wurde der Pass durch die [[Befreiungskriege]] und die [[Schlacht bei Kulm|Schlacht bei Kulm und Nollendorf]] am 29. und 30. August 1813. In [[Berlin-Schöneberg]] sind der [[Nollendorfplatz]] und die [[Nollendorfstraße]] nach dem kleinen Erzgebirgsdorf Nollendorf ([[Nakléřov]]) benannt, von dessen heute nicht mehr existierendem Kirchturm der Legende nach Napoleon das Schlachtgeschehen beobachtet haben soll. |
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Die Passstraße überquerte in Wittigsthal die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen und führte nun, vorbei an mehreren, im 17. Jahrhundert entstandenen [[Blaufarbenwerk|Blaufarbenwerken]] im Tal des Breitenbaches aufwärts bis zur [[Horní Blatná|Bergstadt Platten(Horní Blatná)]]. Bis zum Ende des [[Schmalkaldischer Krieg|Schmalkaldischen Krieges]] 1547 befand sich die Grenze südlich von Platten (Horní Blatná). Nach dem Abtreten des Gebietes um Platten (Horní Blatná) und [[Boží Dar|Gottesgab (Boží Dar)]] an den König von Böhmen verschob sich der Grenzverlauf etwa 8 km nach Norden. Für die Wegführung nach Karlsbad (Karlovy Vary) existierten Abstiege über [[Pernink|Bärringen (Pernink)]], [[Hroznětín|Lichtenstadt (Hroznětín)]] oder Hohenstollen bei Neudek (Nejdek). |
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Im Jahr 1794 wird von einem Reisenden berichtet, auf der letzten Höhe vor [[Petrovice u Chabařovic|Peterswalde]] halte ein Schmied nach Reisewagen Ausschau und halte Handwerkszeug bereit, da nach seiner Erfahrung kein Gefährt die schlechte Strecke ohne Schaden zu erleiden nutzen könne.<ref>zitiert in: Hermann Adalbert Daniel: ''Deutschland nach seinen physischen und politischen Verhältnissen'', Band 1, Physische Geographie, 4. Auflage, Fues-Verlag, Leipzig 1873, S. 266 ([https://books.google.de/books?id=kBZaAAAAcAAJ&pg=PA266 Link zum Digitalisat])</ref> |
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Der Plattener Pass wurde bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert als Poststraße benutzt. Selbst [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethe]] reiste 1785 und 1786 über Johanngeorgenstadt nach Karlsbad (Karlovy Vary). Im 19. Jahrhundert verlor der Plattener Pass zugunsten des über Oberwildenthal nach Hirschenstand (Jeleni) führenden neuen Passes an Bedeutung. 1899 verkehrte über ihn die letzte Postkutsche zwischen Johanngeorgenstadt und Karlsbad (Karlovy Vary), da in jenem Jahr die durchgängige [[Erzgebirgischer Semmering|Eisenbahnlinie Johanngeorgenstadt-Neudek (Nejdek)-Karlsbad (Karlovy Vary)]] den Betrieb aufnahm. Der Straßengrenzübergang wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges geschlossen. Seit 1991 kann er von Fußgängern und Radfahreren wieder benutzt werden. Da dem Wirtschaftsraum um Zwickau somit eine leistungsfähige Straßenverbindung nach Nordböhmen fehlt, wird mittelfristig die Öffnung des Übergangs für den KfZ-Verkehr angestrebt. Allerdings lassen die topographischen Verhältnisse einen Ausbau bestehender Straßen nicht zu, so dass die B 93 zwischen Schneeberg und Johanngeorgenstadt zur wahrscheinlichen Weiterführung über den Plattener Pass nach Karlsbad (Karlovy Vary) völlig neu trassiert werden soll. Eine auf sächsischer Seit ebenfalls untersuchte Trassenführung in Richtung Hirschenstander Pass wurde aus finanziellen und ökologischen Gründen verworfen. Bei der jetzt favorisierten Trassenführung wird allein für das 24 km lange sächsische Teilstück von Kosten in Höhe von ca. 65 Mill. € ausgegangen. Mit der Inbetriebnahme dieser neuen Gebirgsquerung ist allerdings nicht vor 2015 zu rechnen.<ref>http://www.dtpa.de/archiv/nachricht22374.html</ref>. |
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Von 1913 bis 29. Januar 1944 stand auf der [[Nollendorfer Höhe]] ein 21 Meter hoher Aussichtsturm, der die Namen ''Kaiserwarte'' und nach 1919 ''Carl-Weis-Warte'' trug. Ein Schneesturm brachte ihn zum Einsturz, die Reste wurden um 1950 beräumt. |
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==Frühbußer und späterer Hirschenstander Pass== |
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[[Bild:Wildenthal.jpg|thumb|left|254px|Die Schneeberger Straße am Ortsausgang von Wildenthal]] |
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[[Bild:Hirschenstand1.jpg|thumb|right|270px|Die Karlsbader Straße am Ortseingang von Hirschenstand]] |
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Der Nollendorfer Pass stand in den letzten beiden Jahrhunderten immer wieder im Fokus der Geschichte. Die Straße spielte 1813 bei der [[Schlacht bei Kulm]] eine entscheidende Rolle. Daran erinnert das unmittelbar an der Straße befindliche ''Kleist-Denkmal'' (Kleistův pomník). 1936 passierte das [[Olympische Fackel|olympische Feuer]] auf seinem Weg von [[Athen]] nach [[Berlin]] die Passstraße. Ein am Grenzübergang [[Bad Gottleuba-Berggießhübel#Markersbach und Hellendorf|Bahratal]] aufgestellter Gedenkstein erinnert daran. 1968 nutzte die [[Rote Armee]] den Gebirgsübergang, um zur Niederschlagung des [[Prager Frühling]]s in die damalige [[Tschechoslowakei|CSSR]] einzumarschieren. |
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Der Pass über die Bergstadt [[Přebuz|Frühbuß (Přebuz)]] ist einer der ältesten des Westerzgebirges und einer der höchstgelegenen im Erzgebirge überhaupt. Sein nördlicher Hauptzugang querte von [[Schneeberg (Erzgebirge)|Schneeberg]] kommend das Tal der [[Zwickauer Mulde]] nördlich von [[Eibenstock]] und führte über die Eibenstocker Hochfläche, am früheren Gasthaus ''Waldschänke'' vorbei, in den dichten Hochwald. Hier setzte sich der Verlauf in südlicher Richtung auf der noch heute so genannten Früßbußer Straße (früher auch Frühbußer Steig genannt), am 964 m hohen Brückenberg und dem spätmittelalterlichen Bergwerk ''Fletschmaul'' vorbei bis zum Zollamt bei [[Weitersglashütte]] fort. Die sächsisch-böhmische Grenze wurde unweit des [[Großer Kranichsee|Großen Kranichsees]] auf 943 m ü. NN überschritten. Auf böhmischer Seite führte die Passstraße über [[Rolava (Přebuz)|Sauersack]], [[Frühbuß|Frühbuß (Prebuz)]], [[Krásná Lípa u Šindelové|Schönlind]] nach Heinrichsgrün (Jindřichovice v Krušných horách), wo sie auf die vom Graslitzer Pass kommende Straße traf. Beide Straßen stiegen von hier aus gemeinsam ins Egertal nach [[Sokolov|Falkenau (Sokolov)]] hinab. |
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Nach dem Aufblühen des neuangelegten Hammerwerkes [[Wildenthal]] in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zogen immer mehr Fuhrwerke über den genannten Hammer im Tal der [[Große Bockau|Großen Bockau]], um den langen und unsicheren Straßenabschnitte im Erzgebirgswald zwischen der ''Waldschänke'' und Sauersack (Rolava) zu vermeiden. Auch der offizielle Postkurs von Zwickau über Schneeberg nach Karlsbad (Karlovy Vary) wurde über Wildenthal gelegt. Dabei führte die Straße ursprünglich von [[Oberwildenthal]] über [[Sauschwemme]] und Steinbach nach Johanngeorgenstadt um dann weiter über den Plattener Pass Karlsbad (Karlovy Vary) zu erreichen. Diese Führung änderte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts. In dieser Zeit wurde der Fahrweg im oberen Tal der Großen Bockau südlich von Oberwildenthal immer mehr für Fahrten und Gänge nach Böhmen genutzt, denn dieser Weg wies weniger Steigungen auf als die Poststraße über die Sauschwemme nach Johanngeorgenstadt. 1819 wurde diese Route über [[Jelení|Hirschenstand (Jelení)]], die ihren höchsten Punkt beim Grenzübertritt auf 938 m ü. NN erreichte, in einem Vertrag zwischen Sachsen und Österreich als Extrapostroute festgelegt. 1827 begann der chausseemäßige Ausbau der Straße von Schneeberg über Eibenstock und Wildenthal zur Grenze unweit des Buchkamp südlich von Oberwildenthal. Die Arbeiten zum Ausbau der Chaussee auf böhmischer Seite von Karlsbad (Karlovy Vary) über Neudek (Nejdek), [[Nové Hamry|Neuhammer (Nové Hamry)]] nach Hirschenstand (Jeleni) wurden erst 1829 in Angriff genommen. Als letztes Teilstück wurde das zwischen Hirschenstand (Jeleni) und der Grenze 1832 fertiggestellt. Seit 1837 nutzte die in der Folge viel benutzte Eilpost-Sommerlinie Zwickau-Karlsbad (Karlovy Vary) die neue Chaussee. Im Gegenzug verlor die Verbindung über Johanngeorgenstadt und Platten nach Karlsbad (Karlovy Vary) an Bedeutung. Eine weitere Aufwertung des Hirsschenstander Passes erfolgte mit der Einstufung seiner nördlichen Zufahrt als Reichsstraße 93 im 20. Jahrhundert. 1945 erfolgte die Schließung des Überganges über den Hirschenstander Pass. Aufgrund eines Tores, das - wie auch an deren Orten üblich - nicht öffentliche Fahrwege an den Grenzen zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Tschechoslowakei seit 1968 versperrte, wird dieser Grenzübergang von einigen Bewohnern auch als ''Eisernes Tor'' bezeichnet. Offiziell konnte sich die Bezeichnung jedoch nicht durchsetzen. Nach der 1991 erfolgten Widereröffnung kann der Grenzübergang von Wanderern, Rad- und Skifahrern benutzt werden. |
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Datei:Nollendorfer Pass (1) 2006-03-24.jpg|Winter am Nollendorfer Pass (Verbindungsstraße von Peterswald (Petrovice) nach Schönwald (Krasny Les)) |
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Datei:D8 CZ, Tunel Panenská.jpg|Die [[Bundesautobahn 17|A 17]] und ihre Fortsetzung [[Dálnice 8]] nutzen den Nollendorfer Pass. Die Straße unterquert dabei die höchsten Erhebungen im Verlauf im [[Tunnel Panenská]] |
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Kleistův pomník, 03-2014, 02.JPG|''Kleist-Denkmal'' in Nollendorf (Nakléřov) |
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File:Olympiadenkmal-Hellendorf.jpg|''Olympia-Denkmal'' in Hellendorf |
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=== Pass am Geiersberg === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.706786|EW=13.88517|type=mountain|elevation=720|name=Pass am Geiersberg|region=CZ-42}} |
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[[Bild:Vogtlandbahn1.jpg|left|thumb|275px|Die Vogtlandbahn fährt auch über den Graslitzer Pass]] |
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[[Bild:Blick vom aschberg.jpg|thumb|246px|Durch das spätere [[Klingenthal/Sa.]] führte der Pass nach Graslitz]] Der nördliche Zugang zum Graslitzer Pass nahm in der Vergangenheit seinen Anfang in der vogtländischen Hauptstadt [[Plauen]] und verlief von dort über die Hochflächen nach dem bereits um 1200 angelegten Burgflecken [[Schöneck/Vogtl.|Schöneck]]. Von hier aus durchquerte die Passstraße den waldreichen Schönecker Forst und zog sich bis zur Landesgrenze im späteren [[Musikwinkel]], wo um 1600 der Marktflecken [[Klingenthal/Sa.|Klingenthal]] entstand. Nach dem Passieren der Grenze führte die Passstraße zuerst im Tal der [[Zwota (Fluss)|Zwota]] durch die böhmischen Stadt Graslitz (Kraslice), bevor sie über [[Heinrichsgrün|Heinrichsgrün (Jindrichovice)]] Falkenau (Sokolov) an der Eger erreichte. Von hier war in westlicher Richtung die Kaiserstadt Eger (Cheb) schnell zu erreichen, während es nach Westen bis nach Karlsbad (Karlovy Vary) von dort nur noch etwa 15 Kilometer Entfernung waren. Geologisch gesehen, befindet sich der Graslitzer Pass noch im westlichen Erzgebirge, politisch gehörte die Gegend um Klingenthal jedoch bereits zum Territorium des Vogtlandes und wird deshalb in einigen Veröffentlichungen als Erzgebirgspass nicht immer anerkannt. Als Besonderheit ist hervorzuheben, dass der Graslitzer Pass einer der wenigen historischen Erzgebirgspässe ist, der in weiten Teilen einem Talverlauf folgt. Die seit 1886 ebenfalls über den Graslitzer Pass führende [[Vogtlandbahn]] bildet wie der obengenannte Graslitzer Pass eine Ausnahme. Sie erreicht im Gegensatz zu den anderen Erzgebirgsquerbahnen ihren auf 767 m ü. NN gelegenen Scheitelpunkt bereits nahe dem sächsischen Schöneck. |
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Der Geiersberger Pass, über den bis 1860 die bekannte [[Alte Dresden-Teplitzer Poststraße]] verlief, begann im heutigen [[Krupka|Graupener (Krupka)]] Stadtteil Hohenstein (Unčín). Hier erreichte der Weg von Teplitz (Teplice) kommend hinter dem Kloster [[Bohosudov|Mariaschein (Bohosudov)]] den Waldsaum. Er führte von dort aus steil ansteigend an der [[Burg Kyšperk|Geiersburg (Kyšperk)]] und dem vor 1785 errichteten ''Goldammerkreuz'' vorbei auf den Osterzgebirgskamm. Dieser wurde etwa 1,5 Kilometer östlich vom [[Komáří hůrka|Mückenberg (Komáří hůrka)]] in einer Höhe von etwa {{Höhe|720|CZ}} überschritten. Danach verzweigte sich die Wegeführung. Ein Zweig folgte der ins [[Elbtalkessel|Elbtal]] führenden Alten Dresden-Teplitzer Poststraße über das kleine böhmische Dorf [[Habartice u Krupky|Ebersdorf]], von dem heute nur noch wenige Reste übrig geblieben sind. Der Grenzübertritt wurde vom ''[[Fürstenwalde (Altenberg)|Schwarzen Kreuz]]'' (ebenfalls bereits vor 1785 errichtet) markiert. Ein anderer Zweig führte westwärts zum [[Komáří hůrka|Mückenberg]] und erreichte die von hier nach [[Freiberg]] führende Straße. Ein nahe [[Bobritzsch (Gemeinde)|Bobritzsch]] befindlicher Abschnitt dieser ''Zinnstraße'' trägt noch heute den Beinamen ''Geiersweg''. |
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==Den Erzgebirgskamm überschreitende Eisenbahnlinien== |
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Wie bereits erwähnt wurde das Erzgebirge zwischen 1872 und 1899 an fünf Stellen überschient. Dabei überwinden die Schienenübergänge den Kamm auf einer durchschnittlichen Höhe von 835 m ü. NN, d.h. 25 m über der durchschnittlichen Sattelhöhe. Mit 914 m ü. NN weist die [[Erzgebirgischer Semmering|Eisenbahnstrecke Johanngeorgenstadt - Karlsbad (Karlovy Vary)]] (Erzgebirgischer Semmering) den höchsten Scheitelpunkt unter den Erzgebirgsquerbahnen auf. Bemerkenswert ist, dass dieser Scheitelpunkt den der bekannten österreichischen [[Semmeringbahn]] um 16 m übersteigt. Die [[Eisenbahnstrecke Nossen-Moldau]] führte über den Pass von Klostergrab und hatte in Moldau (Moldava) Anschluss an die Teplitzer Semmeringbahn nach Brüx (Most). Die [[Flöhatalbahn]] nutzte den Reitzenhainer Pass, wo die Verbindung mit der [[Buschtierader Eisenbahn]] nach Komotau (Chomutov) hergestellt wurde. Die von Annaberg-Buchholz kommende Bahnstrecke über [[Bärenstein (Erzgebirge)|Bärenstein]] und Weipert Vejprty) führt entlang des Erzgebirgskammes nach [[Křimov|Krima (Křimov)]]. Hier zweigte bis 1945 die Strecke über den Reitzenhainer Pass ab. Die bereits im Vogtland gelegene Vogtlandbahn bildet, wie der obengenannte Graslitzer Pass, eine Ausnahme. Als 1927 die [[Schweinitztalbahn]] ihren Betrieb aufnahm, war eine Fortführung der Bahn nach [[Louka u Litvínova|Wiesa (Louka)]] vorgesehen. Dieses Projekt einer weiteren Eisenbahnverbindung über das Gebirge scheiterte jedoch 1931 wegen des Desinteresses auf tschechischer Seite. |
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Die ursprünglich von Hohenstein ([[Unčín]]) auf den Kamm führende Geiersbergstraße ist wahrscheinlich in weiten Teilen von Graupener Bergleuten als schmaler Weg in den Fels des südlichen Erzgebirgssteilabfalls gehauen wurden. Darauf weisen noch heute Felsengassen hin, die abseits der jetzigen Trassenführung abschnittsweise erkennbar sind. Der Abstieg über den Geiersberger Pass nach Hohenstein (Unčín) gehörte in der Vergangenheit zu den steilsten und damit risikoreichsten Wegeabschnitten der Erzgebirgspässe. Ein Reisebericht von 1698 vermerkt: |
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==Literatur (Auswahl)== |
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* Auer Beschäftigungsinitiative e.V. (Hrsg.): ''Informative und unterhaltsame Betrachtungen zur Verkehrsentwicklung im Westerzgebirge''. Aue 2004. |
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* Autorenkollektiv: ''Erzgebirge – Vogtland.'' Tourist Reisehandbuch. Berlin/Leipzig 1980. |
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|Text=Das Herabsteigen vom berühmten Geiersberg ist keine Sache, der man flüchtig und schweigend vorbeigeht. So erfahren Sie denn, dass wir angelangt an dem Rande der Abgründe, welche mit heiligen Schreck dem Reisenden Zittern verursachen, anhielten und aus dem Wagen stiegen. Wir setzten uns in die Lehnstühle, welche mehrere Träger das Gebirge hinabtrugen. Ich erwog in Gedanken, welchen Vorteil es haben könnte, sich das Genick zu brechen, während die Träger von einem Stein auf den anderen sprangen. |
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* Autorenkollektiv: ''Unterwegs durch die Jahrtausende.'' Leipzig/Jena/Berlin 1984. |
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|ref=<ref>zit. in Christian Preiß: ''Die Alte Teplitzer Poststraße. Vom vorgeschichtlichen Steig zur Autobahn des 21. Jahrhunderts''. Pirna 2004 (Eigenverlag). S. 60.</ref>}} |
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* Autorenkollektiv: ''Zwischen Wolkenstein, Marienberg und Jöhstadt.'' Werte unserer Heimat Bd. 41. Berlin 1985. |
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* Autorenkollektiv: ''Lexikon kursächsische Postmeilensäulen.'' Berlin 1989. |
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Diese topografischen Gegebenheiten dürften für das rasche Veröden der Straße nach dem Ausbau der benachbarten Chausseen zwischen [[Dubi|Eichwald (Dubí)]] und [[Zinnwald (Altenberg)|Zinnwald]] sowie [[Petrovice u Chabařovic|Peterswald]] (Petrovice u Chabařovic) und [[Chlumec u Chabařovic|Kulm (Chlumec u Chabařovic)]] zu Beginn des 19. Jahrhunderts verantwortlich sein. Heute wird die Geiersbergstraße nur noch als Forstwirtschafts- und Wanderweg genutzt. |
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* Adolf Böhm: ''Die ehemaligen Erzgebirgsquerbahnen''. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, Heft 1/1995. Dresden 1995. S. 18-25. |
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* Ingolf Gräßler: ''Pässe über das Erzgebirge. Paßwege und Paßstraßen zwischen Freiberger und Zwickauer Mulde im Mittelalter.'' In: Landesgeschichte in Sachsen. Dresden 1997. S. 97-108. |
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File:Geiersburg7.jpg|Mauerreste der Geiersburg (Kyšperk) am Südaufstieg zum Pass |
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Datei:Mückentürmchen.jpg|Mückentürmchen auf dem Mückenberg (Komáří hůrka) unweit des Passes |
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Datei:Geiersbergpass-2.jpg|Passstraßenverlauf vom Geiersberg nach Ebersdorf (Habartice u Krupky) |
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File:SchwarzesKreuz.jpg|Das Schwarze Kreuz am Grenzübertritt von Sachsen nach Böhmen |
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=== Graupener Pass === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.706107|EW=13.852043|type=mountain|name=Graupener Pass|region=CZ-42}} |
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[[Datei:07495-Mückenberg-1906-Mückentürmchen-Brück & Sohn Kunstverlag.jpg|mini|links|Ansichtskarte von 1906 vom [[Komáří hůrka|Mückenberg]], sowie im Vordergrund Häusern von Obergraupen, vor denen der Passweg vorbeiführt.]] |
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[[Datei:B 170 Zinnwald (01).JPG|mini|Verlauf der heutigen [[Bundesstraße 170]]–Silnice 8 auf dem Gebirgskamm. Im Vordergrund links Zinnwald in Deutschland, hinten links Cínovec in Tschechien.]] |
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Der Graupener Pass führt von der Bergstadt [[Krupka|Graupen (Krupka)]] an der [[Burg Krupka|Rosenburg (Rosenberg)]] vorbei nach Obergraupen (Horni Krupka) und erreicht die Hochfläche auf dem Kamm des Osterzgebirges unmittelbar am {{Höhe|808|CZ}} hohen [[Komáří hůrka|Mückenberg (Komáří hůrka)]]. Die Entstehung dieser Verbindung ist im Zusammenhang mit dem [[Plattner Kunstgraben#Der Zinnbergbau|Zinnbergbau]] zu sehen. Böhmische Bergleute drangen auf der Suche nach neuen Vorkommen wahrscheinlich schon seit Ende des 14. Jahrhunderts über den Gebirgskamm vor und entdeckten um 1440 die bedeutende [[Altenberg (Erzgebirge)|Altenberger Zinnlagerstätte]]. Dabei legten sie bei ihrem Vordringen diesen Weg an oder bauten einen bereits bestehenden Pfad aus. Der Graupener Pass wurde z. B. im Juni 1426 in Zusammenhang mit der verlustreichen [[Schlacht bei Aussig]] von teilnehmenden Söldnerheeren benutzt. Auf der Nordseite des Gebirges weist der Übergang drei Zugänge auf, was einerseits auf seine hohe Frequentierung und andererseits auf die höhere Bedeutung gegenüber dem eng benachbarten Geiersberger Pass hinweist. Ein Zugang erfolgte vom erzgebirgischen Bergbauzentrum [[Freiberg]] kommend über [[Zinnwald (Altenberg)|Zinnwald]] auf der sogenannten ''Zinnstraße''. Der zweite Zugang bestand von [[Dippoldiswalde]] und [[Altenberg (Erzgebirge)|Altenberg]] kommend auf dem ''Fürstenweg''. Ein dritter Zugang führte von [[Lauenstein (Altenberg)|Lauenstein]] kommend auf den Pass. Dieser Weg war Teil eines mittelalterlichen [[Pilgerweg]]es, der bis zum 16. Jahrhundert vom [[Elbtalkessel|Elbtal]] kommend über [[Dohna]] und [[Liebstadt]] zum Kloster [[Bohosudov|Mariaschein (Bohosudov)]] nahe [[Krupka|Graupen (Krupka)]] führte. Nach dem Ausbau der Chaussee zwischen [[Dubi|Eichwald (Dubí)]] und [[Zinnwald (Altenberg)|Zinnwald]] zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die heutige [[Bundesstraße 170]] genutzte Verbindung zwischen [[Dresden]] und [[Prag]] (Praha), verlor der Graupener Pass seine Bedeutung und wurde nur noch als Nebenstrecke benutzt. |
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=== Pass von Klostergrab === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.719286|EW=13.687248|type=mountain|name=Pass von Klostergrab|region=CZ-42}} |
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[[Datei:Stürmer 2.jpg|mini|Passstraße über den Stürmer]] |
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[[Datei:Nové Město Moldava.jpg|mini|links|Alte Passstraße bei Neustadt am Stürmer]] |
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Über diesen Pass führte die [[Alte Freiberg-Teplitzer Poststraße]]. Zwischen den Quellen des Hirschbaches und denen des Holperbaches überschritt sie beim heutigen Altenberger Ortsteil Neurehefeld die Grenze zwischen dem [[Kurfürstentum Sachsen]] und dem [[Königreich Böhmen]], wo sich unmittelbar nach der Grenze mehrere Häuser, darunter das einst weitbekannte Gasthaus ''Fischerhaus'', um den 1884 errichteten [[Bahnhof Moldava v Krušných horách|Grenzbahnhof Moldau (Moldava)]] gruppieren. |
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Den Grenzübergang und den jetzigen Ort [[Moldava|Neustadt (Nove Mesto)]] verbindet heute eine asphaltierte Straße über den früheren Glaserberg. Beiderseits davon sind lange Gräben erkennbar, die Reste des alten Straßenverlaufes sind. Neustadt (Nove Mesto) befindet sich fast auf der höchsten Stelle der im Süden herausgehobenen Pultscholle des Erzgebirges. Von hier aus gelangt man heute auf sehr abschüssiger Straße nach Niklasberg (Mikulov). Diese Straße wurde erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts neu angelegt, da sich deren alter Verlauf als zu steil und besonders bei der Schneeschmelze als kaum passierbar erwiesen hatte. Von Niklasberg (Mikulov) gelangt man im Bourlivec-Tal nach Klostergrab (Hrob). In den früheren Jahrhunderten scheint jedoch die kürzere Verbindung über den 869 m hohen [[Bouřňák|Stürmer (Bouřňák)]] bevorzugt worden zu sein. Westlich der heutigen Verbindungsstraße zwischen Neustadt (Nove Mesto) und dem Bergplateau befindet sich auf längeren Strecken ein unübersehbarer, etwa 2 bis 3 m breiter, ausgefahrener Graben. Nach dem Geländebefund wurde der Steilabbruch des Erzgebirges rund 300 m westlich des Gipfelplateaus und als Fortsetzung dieses Grabens überwunden. Dort befinden sich mehrere, bis zu etwa 6 m tiefe, gestaffelte und nach Süden gerichtete Hohlwege. Dabei handelt es sich um Überreste der jahrhundertealten Passstraße nach Klostergrab (Hrob) und weiter nach Teplitz (Teplice). |
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1884 wurde die über den Pass von Klostergrab führende Bahnverbindung [[Bahnstrecke Nossen–Moldava v Krušných horách|Nossen–Moldau (Moldava)]] und [[Bahnstrecke Most–Moldava|weiter nach Brüx (Most)]] erstmals befahren. Der grenzüberschreitende Verkehr wurde aber 1945 eingestellt, wohl auch, weil der Bahnkörper durch die Befahrung sowjetischer Panzer beim Vormarsch Richtung Prag (Praha) unbrauchbar geworden war. 1972 wurden der Abschnitt zwischen Holzhau und Hermsdorf-Rehefeld stillgelegt und die Gleisanlagen später rückgebaut. |
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Ein Wiederaufbau der grenzüberschreitenden Verbindung war seit 1990 immer wieder in der Diskussion. Wegen hoher Kosten und fehlendem politischen Willen scheiterte das insbesondere dem Tourismus dienende Vorhaben bislang. |
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=== Pass von Sayda über den Deutscheinsiedler Sattel === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.64082|EW=13.4869|type=mountain|name=Pass von Sayda|region=DE-SN}} |
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[[Datei:Purschenstein um 1841.jpg|mini|Neuhausen: Schloss Purschenstein, ehemalige Zoll- und Geleitsburg]] |
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Über die bereits 1250 als ''oppidum'' urkundlich erwähnte, {{Höhe|680|DE-NN}} hoch gelegene ehemalige Rast- und Zollstelle [[Sayda]] und den mit {{Höhe|720|DE-NN}} nur wenig höher gelegenen und damit vergleichsweise flachen Gebirgssattel bei [[Deutscheinsiedel]] führte im Mittelalter die alte Handelsstraße [[Leipzig]] – [[Prag]] (Praha). Dabei passierte sie [[Wurzen]], [[Leisnig]] und Oederan, bevor sie über Sayda die Grenze bei [[Mníšek v Krušných horách|Böhmisch-Einsiedel (Mníšek)]] erreichte. Die hier befindliche Zollstätte von [[Most (Tschechien)|Brüx (Most)]] erreichte auch eine Querverbindung von Marienberg aus. In Böhmen führte der weitere Verlauf über [[Osek|Ossegg (Osek)]] nach Brüx (Most) und weiter ins Landesinnere. |
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Geschützt wurde dieser Alte Böhmische Steig, wie der Pass von [[Sayda]] auch genannt wurde, u. a. durch die Zoll- und Geleitsburg [[Schloss Purschenstein|Purschenstein]] am rechten Ufer der [[Flöha (Fluss)|Flöha]], welche später Sitz eines Amtmannes war. Die Stadt Sayda gehörte ab 1300 zur [[Markgrafschaft Meißen]] und gelangte nach der [[Leipziger Teilung]] von 1485 als böhmisches Lehen in den Besitz der [[Wettiner]]. Zu dieser Zeit hatte der Gebirgsübergang seine Bedeutung als Handelsweg aber bereits zugunsten der benachbarten Pässe verloren. Zwar ist überliefert, dass der Weg 1555 in Sayda selbst sechs Ellen tief ausgefahren war, was auf die frühere Bedeutung hinweist. Gleichzeitig förderten landesherrliche Anweisungen im östlichen Erzgebirge seit 1318 eine Wegführung über das benachbarte Freiberg, sie besagten ''…daß nirgends Wagen nach Böhmen fahren sollten außer über die Stadt Freiberg''.<ref>zit. in [[Eduard Zak]]: ''Wetterfichten am Kahleberg''. Dresden 1955. S. 49.</ref> In späteren Jahren, insbesondere im [[Siebenjähriger Krieg|Siebenjährigen Krieg]] und in den [[Befreiungskriege]]n wurde der Pass von Sayda mehrfach von Heeresverbänden benutzt, die wiederholt die Stadt ausplünderten. |
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Nach Inbetriebnahme einer [[Bahnstrecke Pockau-Lengefeld–Neuhausen|Bahnverbindung von Pockau nach Olbernhau]] in Sachsen forderten die Gemeinden im [[Schweinitz (Fluss)|Schweinitztal]] zwei Jahre darauf einen Eisenbahnanschluss. Vorerst wurde dieser aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt, jedoch ab 1908 erneut diskutiert, mit der Idee seitens Österreich-Ungarns, eine Strecke über Deutschneudorf hinaus über den Deutscheinsiedler Sattel bis in das böhmische Braunkohlerevier um [[Litvínov|Oberleutensdorf]] (Litvínov) zu errichten. Von sächsischer Seite wurde auch dies abgelehnt, 1913 jedoch eine Konzession für eine [[Bahnstrecke Olbernhau-Grünthal–Deutschneudorf|Strecke Olbernhau–Deutschneudorf]] erteilt. Durch verschiedenste Hindernisse konnte diese erst 1927 in Betrieb genommen werden. Das ursprüngliche Projekt einer Verbindung bis nach Litvínov wurde 1931 vorläufig zurückgestellt und später mangels Bedarfs nicht wieder aufgegriffen. |
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Zu DDR-Zeiten wurden mit der Erdgasleitung ''Nordlicht'' der [[RWE Transgas]] (1972) und der [[Chemieproduktenleitung]] [[Böhlen (Sachsen)|Böhlen]] – Oberleutensdorf ([[Litvínov]]) zwei weitere ökonomisch bedeutsame Infrastrukturleitungen über diesen Sattel geführt. Die Straßenübergänge Deutschneudorf und Deutscheinsiedel blieben jedoch nach 1945 geschlossen. Seit 2002 ist der Übergang von Deutscheinsiedel nach Böhmisch-Einsiedel (Mníšek) wieder für Kraftfahrzeuge benutzbar, seit 2007 auch der von Deutschneudorf. |
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=== Reitzenhainer Pass === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.549653|EW=13.226166|type=mountain|name=Reitzenhainer Pass|region=DE-SN}} |
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[[Datei:Zschopau Öder 2.png|mini|links|Zschopau samt Handelsweg auf einer Karte aus dem 16. Jahrhundert. Süden ist in dieser Ansicht rechts.]] |
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[[Datei:Reitzenhain Bahnhof.jpg|mini|Winterliche Straßenverhältnisse auf der heutigen [[Bundesstraße 174]] in der Ortslage [[Reitzenhain (Marienberg)|Reitzenhain]] (2010)]] |
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Über den Reitzenhainer Pass führt eine der alten, von Halle (Saale) über Leipzig und Chemnitz kommenden Salzstraßen weiter nach [[Chomutov|Komotau (Chomutov)]] und [[Prag|Prag (Praha)]]. Sie diente vorrangig dem [[Salzhandel]] und -transport nach [[Böhmen]] und in die südlich liegenden Donauländer und wurde auch als Hohe, Reitzenhainer oder Böhmische Straße bezeichnet. Ursprünglich führte der Pass von Zschopau über [[Zöblitz]], Kriegwald, [[Blatno|Platten]] nach Komotau. Nach der 1521 erfolgten Gründung von Marienberg wurde der Straßenverlauf über diese neue Bergstadt und [[Kühnhaide (Marienberg)|Kühnhaide]] verlegt, bis sich letztendlich der Straßenverlauf über das neugegründete Grenzdorf [[Reitzenhain (Marienberg)|Reitzenhain]] dauerhaft durchsetzte. Etwa zwei Kilometer nordwestlich des Ortes weist ein Gedenkstein mit der Inschrift ''An der einstigen Umspanne 1400–1823'' auf die ehemals vorhandene Pferdewechselstation hin. Die Passhöhe der heutigen Straßenführung befindet sich zwischen Reitzenhain und [[Hora Svatého Šebestiána|Sebastiansberg (Hora Svatého Šebestiána)]] auf etwa {{Höhe|840|CZ}} Der Pass ist damit einer der niedrigsten im zentralen Erzgebirge. Seine nördliche Zufahrt stellt heute die [[Bundesstraße 174]] dar. Der Grenzübergang Reitzenhain selbst war nach Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] bis zum Oktober 1978 gesperrt. Mitte der 2000er Jahre wurde der Grenzübergang für den gesamten Verkehr geöffnet. Damit einher ging ein starker Anstieg des Schwerlastverkehrs. So ergab eine Verkehrszählung im Jahr 2015, dass einzelne Abschnitte der Strecke von mehr als 1.800 LKW täglich befahren werden. |
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[[Datei:Krimov reitzenhain abolished bridge km31.jpg|mini|Abgebaute Brücke der Bahnstrecke über den Reitzenhainer Pass nahe Hora Svatého Šebestiána]] |
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Seit 1872 existiert eine von Komotau (Chomutov) ausgehende [[Bahnstrecke Chomutov–Vejprty/Reitzenhain|Eisenbahnverbindung über Krima (Křimov) nach Weipert (Vejprty)]] mit [[Bahnstrecke Vejprty–Annaberg-Buchholz unt Bf|Anschluss ins sächsische Annaberg-Buchholz]]. |
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Ausgehend vom Bahnhof Krima wurde drei Jahre später eine Schienenverbindung nach Reitzenhain über den gleichnamigen Pass mit [[Bahnstrecke Reitzenhain–Flöha|Weiterführung nach Flöha]] in Betrieb genommen. Aufgrund völlig veränderter politischer Verhältnisse fand nach 1945 kein grenzüberschreitender Verkehr mehr statt. 1972 wurde der tschechoslowakische Streckenteil dieser Verbindung über den Reitzenhainer Pass stillgelegt und an Stelle der Eisenbahngrenzbrücke und des dortigen Bahnkörpers folgend der Straßengrenzübergang errichtet. Zwischen 1985 und 1987 wurden dann auch sämtliche Gleisanlagen rückgebaut. Die Gleisanlagen des Streckenteils Reitzenhain–Marienberg auf deutscher Seite wurden 2013 rückgebaut, um später einen [[Bahntrassenradweg]] anzulegen. Dieser sollte ursprünglich 2020 fertiggestellt werden, doch die Planungen verzögerten sich deutlich. Erst im August 2023 wurde der erste Bauabschnitt von der Landesdirektion Sachsen genehmigt.<ref>{{Internetquelle |autor=Thomas Wittig |url=https://www.freiepresse.de/erzgebirge/marienberg/mit-dem-fahrrad-richtung-tschechien-radweg-auf-stillgelegter-bahntrasse-im-erzgebirge-ueberraschend-genehmigt-artikel13023347 |titel=Mit dem Fahrrad Richtung Tschechien: Radweg auf stillgelegter Bahntrasse im Erzgebirge überraschend genehmigt |werk=Freie Presse |hrsg=Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG |datum=2023-08-28 |abruf=2024-02-15 |kommentar=Nur Artikelanfang frei zugänglich}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Sindy Einhorn |url=https://www.antennesachsen.de/beitrag/erster-schritt-fuer-radweg-auf-alter-bahntrasse-bei-marienberg-791455/ |titel=Erster Schritt für Radweg auf alter Bahntrasse bei Marienberg |werk=Antenne Sachsen |hrsg=BCS Broadcast Sachsen GmbH, Dresden |datum=2023-08-25 |abruf=2024-02-15}}</ref>{{Zukunft|2024}} |
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=== Preßnitzer Pass === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.465591|EW=13.134155|type=mountain|name=Preßnitzer Pass|region=CZ-42}} |
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Der Preßnitzer Pass (792 m über NN<ref>Verschiedene Autoren (u. a. Stanislav Ded): ''Přísečnice – zatopena, ale nezapomenuta''/''Preßnitz – versunken aber nicht vergessen''; Sammelband, Regionalmuseum Chomutov, 2004, ohne ISBN. Kap. Die Stadt am Passweg, Preßnitzer Pass S. 62 (tschechisch/deutsch).</ref>) stellt eine der ältesten Pfadanlagen dar, die aus dem Zentrum Mitteldeutschlands über den dichten Grenzwald nach Böhmen führte. Er befindet sich an der alten Straße von Preßnitz nach Pleil/Pleyl (Černý Potok). Rechts von der höchsten Stelle der Passstraße befindet sich das „Husarengrab“ (Hrob Chorvatu), ein wohl zum Gedenken an gefallene Soldaten aufgerichteter Stein, auf dem nur noch schlecht die Jahreszahl 1635 zu lesen ist<ref>Verschiedene Autoren (u. a. Stanislav Ded): ''Přísečnice – zatopena, ale nezapomenuta''/''Preßnitz – versunken aber nicht vergessen''; Sammelband, Regionalmuseum Chomutov, 2004, ohne ISBN. Kap. Die Stadt am Passweg, Husarengrab am Preßnitzer Pass S. 62, Abbildung des Husarengrabs S. 71 (tschechisch/deutsch).</ref>. Der Weg wird zusammen mit der Stadt Preßnitz im Jahr 1335 erstmals urkundlich erwähnt: {{" |Text=''via que ducit de oppido Presnitz''}}<ref name="ArchaeoMontan 2014, S. 177–178" /> |
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Sein ursprünglicher Verlauf ging von Halle (Saale) kommend über [[Altenburg]], Zwickau, [[Hartenstein (Sachsen)|Hartenstein]], [[Grünhain]] und [[Zwönitz]] nach [[Schlettau]]. Hier wurde die obere [[Zschopau (Fluss)|Zschopau]] gequert. Anschließend führte der Weg über [[Bärenstein (Erzgebirge)|Kühberg]] am [[Grund (Vejprty)|Blechhammer]] vorbei nach [[Vejprty|Weipert (Vejprty)]] und erreichte dann östlich schwenkend über [[Černý Potok|Pleil (Černý Potok)]] mit [[Přísečnice|Preßnitz (Přísečnice)]] die älteste Bergstadt des Erzgebirges. |
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Der Weg passierte folgend [[Rusová|Reischdorf (Rusová)]], in deren Ortslage er sich verzweigte. Der westliche führte nach [[Kadaň|Kaaden (Kadaň)]], der östliche nach [[Kralupy u Chomutova|Kralupp (Kralupy u Chomutova)]]. Hier wurden auch die Passhöhen auf jeweils rund {{Höhe|850|CZ}} erreicht.<ref name="ArchaeoMontan 2014, S. 177–178" /> |
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Damit war der Preßnitzer Pass deutlich niedriger als die sich nach Westen hin anschließenden Pässe über Wiesenthal, Rittersgrün, Platten, Hirschenstand und Frühbuß. Dies war einer der Gründe für seine häufige Benutzung während des [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieges]], in dem es im März 1641 zur [[Schlacht bei Preßnitz|Schlacht]] zwischen der sich über den Pass zurückziehenden schwedischen Armee unter [[Johan Banér]] und nachsetzenden kaiserlichen Truppen kam. |
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In einer Urkunde von [[Johann von Böhmen]] und dessen Sohn [[Karl IV. (HRR)|Karl]] an [[Friedrich von Schönburg|Friedrich]] und Hermann [[Schönburg (Adelsgeschlecht)|von Schönburg]] vom 30. April 1339, die u. a. die Silbergruben bei Preßnitz betrifft, sind ausführliche Bestimmungen zur Passstraße enthalten. Um die Versorgung der Bergleute sicherzustellen, wurde angeordnet, dass Händler, die ihre Waren aus Böhmen befördern, von sämtlichen Zöllen und Gebühren befreit werden sollen. Dies betraf aber nicht die umgekehrter Richtung, für solche galt weiterhin die den Schönburgern verliehene Zollpflicht. Dies ist gleichzeitig die erste Erwähnung über das Vorhandensein des Preßnitzer Zollamts. Dieses befand sich im frühen Mittelalter in Kralupp am Fuße der Südabdachung des Gebirges. Zusammen mit der fortschreitenden Besiedelung des Gebirgskammes wurde es in die Kammlage nahe der Landesgrenze verlegt.<ref name="ArchaeoMontan 2014, S. 178" /> |
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Auch wenn über den Preßnitzer Pass eine der alten Salzstraßen führte, war die Verkehrsdichte relativ gering. Die an der Passstraße liegende Klosterstadt Grünhain wurde um 1700 nur von fünf bis sechs Salzhandelszügen (a 20–30 Fuhrleute) pro Jahr passiert. Zwischen September 1830 und März 1831 wurden am Preßnitzer Pass selbst 81 Salzwagen mit etwa 4.700 Zentnern Koch-, Vieh- und Düngesalz gezählt. |
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{{Panorama|Panoramablick vom Jelení hora.JPG|900|Panoramablick vom Gipfelrand des [[Jelení hora]] von Süden nach Nordwest. – Die frühere Passweg wurde mit Füllung der [[Talsperre Preßnitz]] in diesem Abschnitt überstaut. Fast am linken Bildrand wurde der Gebirgskamm überquert.}} |
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Der durch die namensgebende Stadt Preßnitz (Přísečnice) führende Abschnitt des Passweges wurde mit Bau und Füllung der [[Talsperre Preßnitz]] (vodní nádrž Přísečnice) zu Beginn der 1970er Jahre überstaut. Die Stadt wurde nach Baubeschluss ausgesiedelt, aufgegeben und abgerissen, das ehemalige Stadtgebiet mit Resten und Ruinen liegt versunken unter der Wasseroberfläche. |
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=== Wiesenthaler Pass === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.411581|EW=12.937088|type=mountain|name=Wiesenthaler Pass|region=DE-SN}} |
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[[Datei:DS-Oberwiesenthal.jpg|mini|hochkant|links|Postsäule in Oberwiesenthal mit Entfernungsangaben über den Pass nach Karlsbad]] |
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[[Datei:Wiesenthal bei Johann Traugott Lindner 1848.jpg|mini|Der Passweg oberhalb der Stadt Oberwiesenthal (Mitte) bis zur Passhöhe auf einer Zeichnung von 1848]] |
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[[Datei:Bozi dar vom moor.jpg|mini|Blick über Boží Dar zur Passhöhe (Gebäude am rechten Bildrand)]] |
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Über den Wiesenthaler Pass führte die aus Leipzig über die beiden einst selbständigen Bergstädte Annaberg und Buchholz kommende Passstraße weiter in den bekannten Kur- und Badeort Karlsbad (Karlovy Vary). Sie folgte hinter der im 16. Jahrhundert entstandenen höchstgelegenen deutschen Stadt [[Oberwiesenthal]] dem Zechengrund allmählich aufwärts zum Erzgebirgskamm und zum Grenzübergang nach [[Boží Dar|Gottesgab (Boží Dar)]] beim zwischen [[Klínovec|Keil-]] und [[Fichtelberg (Erzgebirge)|Fichtelberg]] gelegenen [[Neues Haus (Oberwiesenthal)|Neuen Haus]]. |
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Die Passhöhe liegt auf {{Höhe|1083|DE-NN}} und ist damit der höchstgelegene Pass des Erzgebirges. Im Winter war die über ihn führende Straße oft mehrere Wochen fast völlig unpassierbar, was heute kaum mehr vorstellbare Folgen hatte. So kamen in einem kalten Winter zu Beginn der 1730er Jahre mehrere [[Salzburg|Salzburger Exulanten]] bei ihrer Vertreibung aus [[Österreich-Ungarn]] am unpassierbaren Wiesenthaler Pass ums Leben und wurden außerhalb der Gottesgaber Friedhofsmauer verscharrt. |
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Im Dreißigjährigen Krieg wurden der Wiesenthaler und der nur wenige Kilometer weiter westlich verlaufende Rittersgrüner Pass wiederholt von zahlreichen Truppen passiert, die in Oberwiesenthal und anderen Städten im oberen Erzgebirge große Verwüstungen hinterließen. Deshalb wurde der Pass mehrfach gesperrt. Dies tat man u. a. mit sogenannten [[Spanischer Reiter (Barriere)|Spanischen Reitern]] und der Errichtung von Wachhäusern. Zur Abschreckung wurde an der Grenze zeitweilig auch ein [[Galgen]] aufgestellt. |
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Mit dem Aufblühen des Bade- und Kurwesens in Karlsbad (Karlovy Vary) wurde der Pass beim Beginn und dem Ende der Badesaison von zahlreichen Kurgästen frequentiert und die am Pass liegenden Orte erlebten die Durchreise zahlreicher berühmter Persönlichkeiten. |
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Dies steht natürlich auch im Zusammenhang mit der ab 1708 regelmäßig über diesen Erzgebirgspass verkehrenden Leipziger Post. |
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1945 wurde auch der Grenzübergang am Neuen Haus für lange Jahre gesperrt. Eine Wiedereröffnung erfolgte erst 1972. Seit 1976 entlastet eine zum Pass führende Ortsumgehungsstraße der [[Bundesstraße 95]] den Stadtkern von Oberwiesenthal und eine Anfang der 2000er Jahre errichtete Ortsumgehung um Boží Dar vom Durchgangsverkehr. Dieser hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 2004 passierten im Schnitt 3.950 Fahrzeuge den Grenzübergang am Wiesenthaler Pass, 2000 waren es noch 2.500. |
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=== Rittersgrüner Pass === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.408736|EW=12.837181|type=mountain|name=Rittersgrüner Pass|region=CZ-412}} |
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[[Datei:Grenzübergang Böhmische Mühle.jpg|mini|Grenzübergang unweit der Böhmischen Mühle bei Rittersgrün]] |
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[[Datei:Raschauer Thalgrund.jpg|mini|links|Der Rittersgrüner Pass querte den Raschauer Talgrund]] |
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Der Weg über den Rittersgrüner Pass verbindet [[Schwarzenberg/Erzgeb.]] über [[Rittersgrün]], vorbei an der [[Böhmische Mühle|Böhmischen Mühle]] und den kleinen Streusiedlungen [[Zlatý Kopec|Goldenhöhe (Zlatý Kopec)]] und [[Myslivny (Boží Dar)|Försterhäuser (Myslivny)]] mit der Bergstadt Sankt Joachimsthal (Jáchymov). Dabei ist zwischen Försterhäuser und Sankt Joachimsthal eine Höhe von {{Höhe|980|CZ}} zu überwinden. Westlich des Rittersgrüner Passes führte über einen Höhenrücken ein Nebenarm der Passstraße, die sogenannte Halbmeiler oder Joachimsthaler Straße. Von [[Breitenbrunn/Erzgeb.|Breitenbrunn]] aus verlief dieser Weg über die in eine sächsische und böhmische Hälfte geteilte Bergbausiedlung [[Halbemeile]]/[[Rozhraní (Boží Dar)|Halbmeil (Rozhraní)]] und die [[Himmelswiese]] nach Försterhäuser (Myslivny) im oberen [[Schwarzwasser (Zwickauer Mulde)|Schwarzwassertal]]. Hier vereinigte sie sich wieder mit der Rittersgrüner Straße. Von Halbmeile aus bestand aber auch ein Weg über [[Háje (Potůčky)|Zwittermühl (Háje)]] und [[Bludná|Irrgang (Bludná)]] nach [[Nejdek|Neudek (Nejdek)]] und Karlsbad (Karlovy Vary). |
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Im Gegensatz zu den benachbarten Pässen erlangte der Rittersgrüner Pass erst nach der 1516 erfolgten Gründung von Sankt Joachimsthal (Jáchymov) eine gewisse Bedeutung. Er diente wohl vor allem dem Transport von Erzen und Bergbauprodukten zwischen Sankt Joachimsthal (Jáchymov) und der bedeutenden westerzgebirgischen Hammerwerksgegend um [[Aue (Sachsen)|Aue]] und Schwarzenberg. Im Dreißigjährigen Krieg gehörte der Rittersgrüner Pass zu den am meisten von Kriegstruppen genutzten Erzgebirgsübergängen. Insbesondere der kaiserliche Feldmarschall [[Heinrich von Holk|Heinrich Graf von Holk]] fiel mit seinen Truppen wiederholt über den Pass nach Sachsen ein und hinterließ große Verwüstungen in den am Straßenverlauf gelegenen Siedlungen. Mit der Aufnahme regelmäßiger Postkutschen- und Botenkurse verlor der Rittersgrüner Pass im 18. Jahrhundert zugunsten der benachbarten Pässe an Bedeutung. Als lokale Verbindungsstraße zwischen Sachsen und Böhmen behielt er jedoch bis 1945 überregionale Bekanntheit. |
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=== Plattener Pass === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.389587|EW=12.757359|type=landmark|name=Plattener Pass|region=CZ-41}} |
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[[Datei:Horní Blatná Hamerská.JPG|mini|links|Verlauf der Passstraße (heute: ''Hamerská'') durch Platten]] |
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[[Datei:Re-opening of railway border crossing Potucky-Johanngeorgenstadt 1992.jpg|mini|Historischer Eisenbahnzug bei der Grenzüberquerung, 1992]] |
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Der Plattener Pass führte von [[Schwarzenberg/Erzgeb.]] bzw. Schneeberg über das 1651 gegründete Hammerwerk [[Wittigsthal]] an der Mündung des Breitenbachs in das Schwarzwasser. Oberhalb von Wittigsthal entstand am [[Fastenberg]] 1654 die [[Exulanten]]siedlung Johanngeorgenstadt, die schon bald als letzte Bergstadt des Erzgebirges aufblühte und zu einer Belebung des Handels im oberen Erzgebirge führte. |
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Die Passstraße überquerte in Wittigsthal die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen und führte nun, vorbei an mehreren, im 17. Jahrhundert entstandenen [[Blaufarbenwerk]]en im Tal des Breitenbaches aufwärts bis zur [[Horní Blatná|Bergstadt Platten (Horní Blatná)]]. Bis zum Ende des [[Schmalkaldischer Krieg|Schmalkaldischen Krieges]] 1547 befand sich die Grenze südlich von Platten (Horní Blatná). Nach dem Abtreten des Gebietes um Platten (Horní Blatná) und [[Boží Dar|Gottesgab (Boží Dar)]] an den König von Böhmen verschob sich der Grenzverlauf etwa 8 km nach Norden. Für die Wegführung nach Karlsbad (Karlovy Vary) existierten Abstiege über [[Pernink|Bärringen (Pernink)]], [[Hroznětín|Lichtenstadt (Hroznětín)]] oder [[Vysoká Štola|Hohenstollen]] bei Neudek (Nejdek). |
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Der Plattener Pass wurde bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert als Poststraße benutzt. Selbst [[Johann Wolfgang von Goethe|Goethe]] reiste 1785 und 1786 über Johanngeorgenstadt nach Karlsbad (Karlovy Vary). Im 19. Jahrhundert verlor der Plattener Pass zugunsten des über Oberwildenthal nach Hirschenstand (Jeleni) führenden neuen Passes an Bedeutung. |
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1899 verkehrte über ihn die letzte Postkutsche zwischen Johanngeorgenstadt und Karlsbad (Karlovy Vary), da in jenem Jahr die durchgängige [[Bahnstrecke Karlsbad–Johanngeorgenstadt|Eisenbahnlinie Johanngeorgenstadt–Neudek (Nejdek)–Karlsbad]] den Betrieb aufnahm. Nach 1945 fand kein grenzüberschreitender Verkehr mehr statt, infolge der politischen Veränderung nach 1990 passierte 1992 erstmals wieder ein Reisezug die Staatsgrenze und im gleichen Jahr wurde dann der planmäßige grenzüberschreitende Verkehr wieder aufgenommen. Mit {{Höhe|914|CZ}} weist diese Bahnstrecke den höchsten Scheitelpunkt der Erzgebirgsquerbahnen auf. Bemerkenswert ist, dass der Scheitelpunkt dieser im heutigen Tschechien als ''Krušnohorský Semmering'' (Erzgebirgischer Semmering) bekannten Bahn den der [[Semmeringbahn]] um 16 m übersteigt. |
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Der Straßengrenzübergang wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges geschlossen. Seit 1991 kann er von Fußgängern und Radfahrern, seit 2008 auch von KFZ wieder benutzt werden. Allerdings lassen die topographischen Verhältnisse einen Ausbau bestehender Straßen nicht zu, so dass die B 93 zwischen Schneeberg und Johanngeorgenstadt zur wahrscheinlichen Weiterführung über einen noch zu schaffenden Grenzübergang nach Karlsbad (Karlovy Vary) völlig neu trassiert werden soll. Die derzeit bevorzugte Variante 3 der Planungsunterlagen sieht im südlichen Bereich folgenden Verlauf vor: Neubau Jägerhäuser Flügel – Umfahrung Schwarzwassertal – Ortsumfahrung Johanngeorgenstadt zwischen den Ortsteilen Steinbach und Neustadt. Eine auf sächsischer Seit ebenfalls untersuchte Trassenführung in Richtung Hirschenstander Pass wurde aus finanziellen und ökologischen Gründen verworfen. Bei der jetzt favorisierten Trassenführung wird allein für das 24 km lange sächsische Teilstück von Kosten in Höhe von etwa 96,6 Mill. € ausgegangen. Mit der Inbetriebnahme dieser neuen Gebirgsquerung ist allerdings nicht vor 2015 zu rechnen.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.dtpa.de/archiv/nachricht22374.html |titel=Neubau der B 93 nach Tschechien nicht vor 2015 |datum=2006-02-14 |abruf=2013-09-12}}</ref> Hingegen wurde der seit 1991 bestehende Fußgängergrenzübergang in Johanngeorgenstadt am 16. Januar 2008 für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen bis 3,5 t geöffnet, wodurch dieser alte Erzgebirgspass auf seiner alten Streckenführung eine wesentliche Belebung erfuhr. |
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=== {{Anker|Frühbuser Pass}} Frühbußer und späterer Hirschenstander Pass === |
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:''Koordinaten Frühbußer Pass:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.41158|EW=12.60833|type=mountain|name=Frühbußer Pass|region=DE-SN}} |
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[[Datei:Sauersack.jpg|mini|Zollhaus in Sauersack an der Frühbußer Straße auf einem Kartenausschnitt (1903)]] |
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Der Pass über die Bergstadt [[Přebuz|Frühbuß (Přebuz)]] ist einer der ältesten des Westerzgebirges und einer der höchstgelegenen im Erzgebirge überhaupt. Sein nördlicher Hauptzugang querte von [[Schneeberg (Erzgebirge)|Schneeberg]] kommend das Tal der [[Zwickauer Mulde]] nördlich von [[Eibenstock]] und führte über die Eibenstocker Hochfläche, am früheren Gasthaus ''Waldschänke'' vorbei, in den dichten Hochwald. Hier setzte sich der Verlauf in südlicher Richtung auf der noch heute so genannten Früßbußer Straße (früher auch Frühbußer Steig genannt), am {{Höhe|964|DE-NN}} [[Brückenberg]] und dem spätmittelalterlichen Bergwerk ''Fletschmaul'' vorbei bis zum Zollamt bei [[Weitersglashütte]] fort. Die sächsisch-böhmische Grenze wurde unweit des [[Großer Kranichsee|Großen Kranichsees]] auf {{Höhe|943|DE-NN}} überschritten. Auf böhmischer Seite führte die Passstraße über [[Rolava (Přebuz)|Sauersack]], [[Frühbuß|Frühbuß (Prebuz)]], [[Krásná Lípa u Šindelové|Schönlind]] nach Heinrichsgrün (Jindřichovice v Krušných horách), wo sie auf die vom Graslitzer Pass kommende Straße traf. Beide Straßen stiegen von hier aus gemeinsam ins Egertal nach [[Sokolov|Falkenau (Sokolov)]] hinab. |
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:''Koordinaten Hirschenstander Pass:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.41163|EW=12.65840|type=mountain|name=Hirschenstander Pass|region=DE-SN}} |
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[[Datei:26588-Wildenthal-1935-Blick auf Wildenthal-Brück & Sohn Kunstverlag.jpg|mini|links|Blick von Süden auf Wildenthal (1935). – Die ausgebaute Passstraße führte durch den Ort weiter nach Oberwildenthal im Süden (im Vordergrund).]] |
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[[Datei:Oberwildenthal Jelení Hirschenstand S 2009.jpg|mini|Die Passhöhe und gleichzeitig Grenzübergang auf {{Höhe|938|DE-NN}}. Blick in Richtung Jelení (2009)]] |
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Nach dem Aufblühen des neuangelegten Hammerwerkes [[Wildenthal (Eibenstock)|Wildenthal]] in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zogen immer mehr Fuhrwerke über den genannten Hammer im Tal der [[Große Bockau|Großen Bockau]], um den langen und unsicheren Straßenabschnitt im Erzgebirgswald zwischen der ''Waldschänke'' und Sauersack (Rolava) zu vermeiden. Auch der offizielle Postkurs von Zwickau über Schneeberg nach Karlsbad (Karlovy Vary) wurde über Wildenthal gelegt. Dabei führte die Straße ursprünglich von Wildenthal über [[Sauschwemme]] und Steinbach nach Johanngeorgenstadt, um weiter über den Plattener Pass Karlsbad (Karlovy Vary) zu erreichen. Diese Führung änderte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts. In dieser Zeit wurde der Fahrweg im oberen Tal der Großen Bockau südlich von Oberwildenthal immer mehr für Fahrten und Gänge nach Böhmen genutzt, denn dieser Weg wies weniger Steigungen auf als die Poststraße über die Sauschwemme nach Johanngeorgenstadt. 1819 wurde diese Route über [[Jelení (Nové Hamry)|Hirschenstand (Jelení)]], die ihren höchsten Punkt beim Grenzübertritt auf {{Höhe|938|DE-NN}} erreichte, in einem Vertrag zwischen Sachsen und Österreich als Extrapostroute festgelegt. 1827 begann der chausseemäßige Ausbau der Straße von Schneeberg über Eibenstock und Wildenthal zur Grenze unweit des [[Buchkamm]]es südlich von Oberwildenthal. Die Arbeiten zum Ausbau der Chaussee auf böhmischer Seite von Karlsbad (Karlovy Vary) über Neudek (Nejdek), [[Nové Hamry|Neuhammer (Nové Hamry)]] nach Hirschenstand (Jeleni) wurden erst 1829 in Angriff genommen. Als letztes Teilstück wurde das zwischen Hirschenstand (Jeleni) und der Grenze 1832 fertiggestellt. Seit 1837 nutzte die stark frequentierte Eilpost-Sommerlinie Zwickau-Karlsbad (Karlovy Vary) die neue Chaussee. Im Gegenzug verlor die Verbindung über Johanngeorgenstadt und Platten nach Karlsbad (Karlovy Vary) an Bedeutung. Eine weitere Aufwertung des Hirschenstander Passes erfolgte mit der Einstufung seiner nördlichen Zufahrt als Reichsstraße 93 im 20. Jahrhundert. 1945 erfolgte die Schließung des Grenzübergangs, der nach der 1997 erfolgten Wiedereröffnung von Wanderern, Rad- und Skifahrern benutzt wird. Eine Überquerung der Grenze mit Kraftfahrzeugen ist an dieser Stelle nicht möglich. Für die wechselvolle Geschichte der alten Erzgebirgspässe ist dieser Grenzübergang von exemplarischer Bedeutung: Während noch im Mai 1968 die Teilnehmer der [[Internationale Friedensfahrt|Internationalen Friedensfahrt]], wie schon am 20. Mai 1964, auf ihrer 5. Etappe das Grenztor passierten, rollten wenige Wochen später, in der Nacht zum 21. August 1968, sowjetische Panzer zur Niederschlagung des [[Prager Frühling]]s hier durch. |
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=== Graslitzer Pass === |
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:''Koordinaten:'' {{Coordinate|text=/|NS=50.344365|EW=12.490082|type=mountain|name=Graslitzer Pass|region=CZ-41}} |
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[[Datei:Blick vom aschberg.jpg|mini|Durch das spätere [[Klingenthal]] führte der Pass nach Graslitz]] |
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[[Datei:Vogtlandbahn1.jpg|mini|links|Die Vogtlandbahn fährt auch über den Graslitzer Pass]] |
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Der nördliche Zugang zum Graslitzer Pass nahm in der Vergangenheit seinen Anfang in der vogtländischen Hauptstadt [[Plauen]] und verlief von dort über die Hochflächen nach dem bereits um 1200 angelegten [[Burg Schöneck (Vogtland)|Burgflecken Schöneck]]. Von hier aus durchquerte die Passstraße den waldreichen Schönecker Forst und zog sich bis zur Landesgrenze im späteren [[Musikwinkel]], wo um 1600 der Marktflecken [[Klingenthal]] entstand. Nach dem Passieren der Grenze führte die Passstraße zuerst im Tal der [[Zwota (Fluss)|Zwota]] durch die böhmischen Stadt Graslitz (Kraslice), bevor sie über [[Jindřichovice|Heinrichsgrün (Jindrichovice)]] Falkenau (Sokolov) an der Eger erreichte. Von hier war in westlicher Richtung die Kaiserstadt Eger (Cheb) schnell zu erreichen, während es nach Osten bis nach Karlsbad (Karlovy Vary) von dort nur noch etwa 15 Kilometer Entfernung waren. Geologisch gesehen, befindet sich der Graslitzer Pass noch im westlichen Erzgebirge, politisch gehörte die Gegend um Klingenthal jedoch bereits zum Territorium des Vogtlandes und wird deshalb in einigen Veröffentlichungen als Erzgebirgspass nicht immer anerkannt. Als Besonderheit ist hervorzuheben, dass der Graslitzer Pass einer der wenigen historischen Erzgebirgspässe ist, der in weiten Teilen einem Talverlauf folgt. |
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Über den Pass führt die 1886 eröffnete [[Bahnstrecke Sokolov–Klingenthal|Bahnverbindung Sokolov (Falkenau)–Klingenthal]]. Nach 1945 fand kein grenzüberschreitender Verkehr mehr statt, zudem wurde 1975 die Brücke üb die Zwota in Klingenthal abgerissen. Infolge der politischen Wende 1990 wurde der Wiederaufbau der Verbindung von Seiten der Politik gefordert. Im Jahre 2000 wurde die Gleislücke geschlossen und der grenzüberschreitende Betrieb wieder aufgenommen. In ihrer nördlichen Fortsetzung über [[Zwotental]] und [[Muldenberg]] nach [[Falkenstein/Vogtl.]] hat die Verbindung gleichsam zum historischen Wegverlauf zum Burgflecken Schöneck eine topografische Besonderheit: Im Gegensatz zu den anderen Erzgebirgsquerbahnen wird der höchste Punkt mit {{Höhe|772|DE-NN}} im sächsischen Schöneck erreicht. |
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== Literatur (Auswahl) == |
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* Renate Arnold: ''Die böhmischen Steige im Mittleren Erzgebirge von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts.'' Diplomarbeit an der Pädagogischen Hochschule Dresden, 1979 |
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* Adolf Böhm: ''Die ehemaligen Erzgebirgsquerbahnen''. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, Heft 1/1995. Dresden 1995. S. 18–25. |
|||
* Ingolf Gräßler: ''Pässe über das Erzgebirge. Paßwege und Paßstraßen zwischen Freiberger und Zwickauer Mulde im Mittelalter.'' In: Rainer Aurig/Steffen Herzog/Simone Lässig (Hrsg.): Landesgeschichte in Sachsen. Tradition und Innovation. Dresden 1997, S. 97–108. ISBN 3-89534-210-6. |
|||
* Johannes Hemleben: ''Die Pässe des Erzgebirges''. Diss. Berlin 1911. |
* Johannes Hemleben: ''Die Pässe des Erzgebirges''. Diss. Berlin 1911. |
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* Albrecht Kirsche: ''Generationen der Fernwege über das Erzgebirge.'' in: Sächsische Heimatblätter Heft 4/2007, S. 311–321 |
|||
* Christian Lehmann: ''Die Kriegschronik. Sachsen mit Erzgebirge''. Nachdruck der 1916 von P. Bönhoff bearbeiteten Ausgabe. Scheibenberg 1998. |
|||
* Manfred Ruttkowski: ''Altstraßen im Erzgebirge. Archäologische Denkmalinventarisation Böhmische Steige.'' In: Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 44, 2002, {{ISSN|0402-7817}}, S. 264–297. |
|||
* Gerhardt Müller: ''Die ältesten Wege in unserere Heimat.'' In: Bezirkslehrerverein Pirna (Hrsg.): Heimat. Jugendblätter zur Heimatkunde für die Sächsische Schweiz und Osterzgebirge. 4. Jahrgang. Heft Nr. 8. S. 60-62. |
|||
* Heinrich Schurtz: ''Die Pässe des Erzgebirges''. Leipzig 1891 [https://archive.org/details/bub_gb_BMMwAAAAYAAJ Digitalisat] und [https://www.google.de/books/edition/Die_P%C3%A4sse_des_Erzgebirges/BMMwAAAAYAAJ?hl= Digitalisat] |
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* Christian Preiß: ''Die Alte Teplitzer Poststraße. Vom vorgeschichtlichen Steig zur Autobahn des 21. Jahrhunderts''. Pirna 2004 (Eigenverlag). |
|||
* Hans Siegert: ''Die Pässe des Erzgebirges.'' In: Kalender für das Erzgebirge und das übrige Sachsen, 1920. S. 21–26. |
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* Sächsisches Institut für Straßenbau (Hrsg.): ''Die historische Entwicklung des Straßennetzes in Sachsen.'' Rochlitz 1997. |
|||
* H. Wiechel: ''Die ältesten Wege Sachsens''. Sitzungsberichte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis. Dresden 1901. ([http://digital.slub-dresden.de/id32421941Z/249 Digitalisat]) |
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* Heinrich Schurtz: ''Die Pässe des Erzgebirges''. Leipzig 1891. |
|||
* R. Wißuwa: ''Die Entwicklung der Altstraßen im Gebiet des heutigen Bezirkes Karl-Marx-Stadt von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis Mitte des 14. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Rekonstruktion des Altstraßennetzes auf archäologischer Grundlage.'' Dissertation (A)1987 |
|||
* Siegfried Sieber: ''Um Aue, Schwarzenberg und Johanngeorgenstadt''. Werte unserer Heimat Bd. 20. Berlin 1972. |
|||
* [[Christian Lehmann (Pfarrer, 1611)|Christian Lehmann]]: ''Von Haupt-Pässen und andern Wegen übers Ober-Ertz-Gebirge.'' In: ''Historischer Schauplatz derer natürlichen Merkwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Ertzgebirge.'' Leipzig 1699, S. 151–155 ([http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/pon/content/pageview/530338 Digitalisat]) |
|||
* Hans Siegert: ''Die Pässe des Erzgebirges.'' In: Kalender für das Erzgebirge und das übrige Sachsen, 1920. S. 21-26. |
|||
* Arthur Speck: ''Die historisch-geographische Entwicklung des sächsischen Straßenetzes.'' Leipzig 1953. |
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== Weblinks == |
|||
* Tomas Velímský/Eva Černá: ''Výsledky rekognoskace středověké cesty z Mostu do Freiburgu.'' In: Archaeologia historica 15, S. 477-487. |
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{{Commonscat}} |
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* H. Wiechel: ''Die ältesten Wege Sachsens''. Sitzungsberichte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis. Dresden 1901. |
|||
* [http://www.alterzgebirge.de/iesb/erzgebirgsuebergaenge.html ''Die alten Erzgebirgsübergänge''], in: Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt, 126. Jahrgang, Nr. 1/1933 ff, abgerufen am 1. März 2015, auf alterzgebirge.de |
|||
* D. Zemmrich/C. Gäbert: ''Das Erzgebirge.'' Reihe Landschaftsbilder aus dem Königreiche Sachsen, Bd. 2. Meißen 1911. |
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* Johannes Zemmrich: ''Landeskunde von Sachsen''. Berlin/Chemnitz |
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== Einzelnachweise == |
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==Quellen== |
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<references |
<references> |
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<ref name="ArchaeoMontan 2014, S. 177–178"> |
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{{Literatur |
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|Autor=Michaela Balášová, Ivonne Burghardt |
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|Hrsg=Landesamt für Archäologie, [[Regina Smolnik]] |
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|Titel=Eine unbekannte Urkunde aus dem Jahr 1339 als ältester schriftlicher Nachweis von Silberbergbau im böhmischen Erzgebirge |
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|Sammelwerk=Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege |
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|Band=Beiheft 29 |
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|Ort=Dresden |
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|Datum=2013 |
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|ISBN=978-3-943770-16-2 |
|||
|ISSN=0138-4546 |
|||
|Seiten=177–178 |
|||
|Online=[http://www.academia.edu/8963999/ArchaeoMontan_2014_Ergebnisse_und_Perspektiven_V%C3%BDsledky_a_v%C3%BDhledy Onlineversion auf www.academia.edu] |
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|Abruf=2016-08-09}} |
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Aktuelle Version vom 29. November 2024, 12:45 Uhr
Erzgebirgspässe sind Übergänge und Durchlässe im Kamm des Erzgebirges, über die Wege, Straßen, Eisenbahnverbindungen und Versorgungsleitungen vom Freistaat Sachsen der Bundesrepublik Deutschland nach Böhmen in der Tschechischen Republik und umgekehrt führen.

Der Naturraum des oberen Erzgebirges aus Sicht des Transportwesens
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Unter den physikalisch-geografischen Bedingungen üben vor allem die Oberflächengestalt und das Klima bis in die heutige Zeit einen bestimmenden Einfluss auf die Verkehrsführung und -gestaltung der Wege über das Erzgebirge aus. Morphologisch stellt das Gebirge eine im Süden angehobene Pultscholle mit einer allmählichen Abdachung nach Norden dar. Der Gebirgseindruck wird im sächsischen Teil weniger durch die absoluten Höhen als vielmehr durch bis zu 200 Meter tief eingekerbte und teils windungsreiche Täler hervorgerufen. Die zwischen den Tälern gelegenen sanft ansteigenden Hochflächen ermöglichten frühzeitig verkehrsgünstige, d. h. vor allem steigungsarme Trassenführungen. Problematisch gestaltete sich die Verkehrsführung nur dort, wo eines der tief eingeschnittenen Täler gequert werden musste. Eine deutliche Verkehrsungunst weist hingegen der markante Steilabfall nach Süden zum Böhmischen Becken hin auf, da hier das Erzgebirge auf weniger als 10 Kilometer um bis zu 700 Meter abfällt. Noch heute weisen selbst ausgebaute Transitstraßen in diesem Abschnitt Steigungen von zum Teil über 10 Prozent auf.
Der Erzgebirgskamm selbst bildet eine Abfolge von Hochflächen und Einzelbergen, die von Sätteln unterbrochen wird. Vom Vogtland an steigt der Kamm auf etwa 1000 m ü. NN an und fällt bei Johanngeorgenstadt (Plattener Pass) auf rund 720 m ü. NN ab. Ein weiterer Anstieg erfolgt bis zum Fichtelberg/Keilberg (Klínovec) auf über 1200 m ü. NN. Zwischen beiden Bergen senkt sich der Kamm im Wiesenthaler Pass auf 1080 m ü. NN. Bis zum Deutscheinsiedler Sattel, dem tiefsten Durchgang des Gebirges, erfolgt über den Reitzenhainer Pass (820 m n.m.) eine Absenkung bis auf 750 m ü. NN. In nordöstlicher Richtung erreicht der Kamm im Kahleberg noch einmal über 900 m ü. NN, bevor er auf etwa 500 m ü. NN zum Elbsandsteingebirge hin abfällt.
Aufgrund des Fehlens eines Durchbruchstales liegen die Gebirgspässe vergleichsweise hoch. So beträgt die mittlere Kammhöhe des Erzgebirges etwa 880 m ü. NN, die mittlere Sattelhöhe liegt nur knapp 10 Meter darunter. Wegen der einseitigen Hebung der Pultscholle längs des Egergrabens und des abweichenden Verlaufes der Grenze von der Kammlinie erreicht das Erzgebirge seine größten Höhen auf der böhmischen Seite. Dadurch liegt ein Großteil der Pässe bereits in Böhmen. Sie erreichen im Schnitt Höhen von 700 bis 900 m ü. NN. Der höchstgelegene Pass ist der Wiesenthaler Pass auf 1083 m ü. NN, der niedrigstgelegene der Nollendorfer Pass auf 680 m ü. NN.

In den oberen Lagen des Erzgebirges ist das Klima deutlich als rau zu charakterisieren. Daher wurde die Gegend des oberen Erzgebirges in der Vergangenheit auch als Sächsisches Sibirien bezeichnet. Die jährlichen Niederschlagsmengen steigen bis in die Kammlagen auf über 1.100 Millimeter an, wobei ein Großteil als Schnee fällt. Die Jahresmitteltemperaturen erreichen nur Werte von 3 bis 5 °C. Im auf 922 m ü. NN gelegenen Oberwiesenthal treten im Schnitt nur etwa 140 frostfreie Tage im Jahr auf. Im Transportwesen führen diese winterlichen Temperaturen und die Schneefälle vor allem auf den Passhöhen selbst in den Wintermonaten bis in die heutige Zeit hinein zu Verkehrsbehinderungen, -stockungen und -ausfällen. Dabei müssen, den Berichten älterer Chronisten nach, die Winter in den vergangenen Jahrhunderten in den oberen Erzgebirgslagen noch härter als heute gewesen sein. Lang anhaltende Frostperioden und durchgehende Schneedecken, meterhohe Verwehungen und wiederholte Schneestürme haben einzelne Wege und Pässe über Wochen unpassierbar gemacht. Berichte der Posthalterei der an der Straße zum Deutscheinsiedler Sattel gelegenen Bergstadt Sayda vom Februar 1855 besagen, dass „…wegen der ungeheuren Schneemassen das Fortkommen fast noch nicht möglich [ist], ebenso unmöglich auch das Zustandekommen des Schneeauswerfens“. Die Post musste mit kleinen Schlitten und durch Boten befördert werden, weil „zwei Pferde nebeneinander die Schneemassen durchwaten nicht im Stande sind“.[1]
Erwähnt werden muss auch die Hochwassergefahr während der Schneeschmelzen bzw. bei sommerlichen Gewittern. Hochwasser haben in der Vergangenheit wiederholt, zuletzt im August 2002, beträchtliche Zerstörungen an den in Tallagen befindlichen Zufahrtsstraßen zu den Erzgebirgspässen verursacht.
Geschichte der Erzgebirgspässe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorgeschichte und Frühmittelalter
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Der dichte Grenzwald des Erzgebirges wurde trotz seiner scheinbaren Undurchdringlichkeit schon vor dem Mittelalter teilweise genutzt und an seinen Rändern als Verbindung zwischen den fruchtbaren Altsiedellandschaften des heutigen Nord- und Mitteldeutschlands und Böhmens gequert. Gleichwohl kann davon ausgegangen werden, dass beim Passieren des Erzgebirges der östliche Teil zwischen Altenberg und dem Elbtal sowie das westliche Übergangsgebiet zum Elstergebirge im Vogtland bevorzugt wurde, da hier das Erzgebirge am niedrigsten und der Waldsaum am schmalsten war. Die wichtigste Verbindung stellte in der Ur- und Frühgeschichte und bis in das 12. Jahrhundert der etwa parallel zum Elbdurchbruch verlaufende Kulmer Steig dar. Im Osterzgebirge weisen zahlreiche bis in die Kammlagen aufgetretene archäologische Funde (Beile, Äxte, Gräber) aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit auf einen seit alters her vorhandenen Gebirgsübergang hin. Es ist erwiesen, dass sich bereits vor der Einrichtung der Markgrafschaft Meißen, deren Mittelpunkt die an der Elbe gelegene Burg Meißen war, im Bereich zwischen Pirna und Litoměřice ein Netz von Pfaden, Wegen und Steigen über das Gebirge zog. Der exakte Verlauf dieser vorgeschichtlichen Wege ist heute allerdings nicht mehr genau rekonstruierbar. Mit Sicherheit bereits in prähistorischer Zeit, vermutlich auch noch im frühen und hohen Mittelalter, wurde auch das wesentlich flachere Vogtland über den Ullitzer Pass gequert. So wurde das relativ hohe Mittel- und Westerzgebirge nicht nur östlich, sondern auch westlich umgangen.
Hoch- und Spätmittelalter und Frühe Neuzeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die in der ersten Hälfte und der Mitte des 12. Jahrhunderts einsetzende dichte Besiedlung des Erzgebirges bis auf die meißnischen und böhmischen Kammlagen führte zwangsläufig zur deutlichen Erweiterung des Wege- und Straßennetzes. Nicht zufällig sind gerade aus der Zeit um 1100 die ersten Steige und Pässe urkundlich erwähnt. Gleichzeitig beschleunigte die Besiedlung des Gebirges den Ausbau der vorhandenen Straßen. So besagt eine Urkunde aus dem Jahr 1449, dass die von Chemnitz über Zschopau nach Böhmen führende Verbindung bei ihrer Führung über freies Feld derartig befestigt werden sollte, dass drei beladene Rüstwagen nebeneinander fahren konnten. In einer etwa zur gleichen Zeit erschienenen Landkarte der meißnisch-thüringischen Länder sind Straßenverbindungen von Lübeck über Halle, Leipzig, Borna, Chemnitz, Heinzebank, Marienberg, Komotau (Chomutov) nach Prag (Praha) sowie von Heinzebank über Annaberg, St. Joachimsthal (Jáchymov) nach Karlsbad (Karlovy Vary) und Eger (Cheb) eingezeichnet.

Eine der frühesten Beschreibungen der Gegend stammt von etwa 1490. Dort heißt es, übersetzt aus dem Lateinischen, u. a.:
„Ein ungeheurer Wald ergießt sich zusammenhängend gegen Lichtenstadt. Er birgt in sich Berge, Hügel und jähe Täler. Darinnen sprudeln viele Quellen, die Anfänge von Bächen und Flüssen. Der Wanderer ist besonders darüber erstaunt, daß dort auf einem Berg zwei Flüsse entspringen, die sich nach verschiedenen Gegenden wenden. Zur Rechten die Mulde, die ihren Lauf durch einen großen Teil Meißens nimmt, zur Linken, gar nicht weit davon, die Zwota, die nach Böhmen fließt, aber ihren Namen verliert, sobald sie in die Eger einmündet. Jedoch ragt nicht nur ein Gipfel auf, sondern es gibt viele, besonders nach dem Kamm des Waldgebirges zu. Der Wald ist weiträumig und so langgestreckt, daß er beinahe ganz Böhmen umschließt. Deswegen heißt er Böhmischer Wald.“[2]
Vor allem Händler und Kaufleute nutzen die Wege über das Erzgebirge. Eines der ersten Handelsgüter dürfte das Salz gewesen sein. Böhmen und die weiter südlich gelegenen Donauländer waren zum Kochen und vor allem zum Haltbarmachen von Nahrungsmitteln auf die Einfuhr von Salz angewiesen, das in den heimischen Landen als Rohstoff völlig fehlte und deshalb insbesondere aus den Salinen in Halle (Saale) und Umgebung bezogen werden musste. Die sogenannten Salzstraßen zogen sich einem Wegbündel gleich in mehreren Routen über den Erzgebirgskamm. Eine nutzte nachweislich von Zwickau kommend den Preßnitzer Pass, eine weitere den zwischen Sayda und Brüx (Most) gelegenen Sattel nahe dem heutigen Ort Deutscheinsiedel. Weitere Handelsgüter waren Bergbauprodukte und Fernhandelsgüter wie Wein, Lederwaren, Felle, Stoffe, Tücher und Fisch, die an überregional bedeutsamen Markt- und Messeplätzen wie Leipzig gehandelt wurden.
Neben Händlern und Pilgern (zum Beispiel zum Kloster Mariaschein nahe Graupen) wurden die Wege zudem von Heeren und kleineren Militäreinheiten genutzt. In Zeiten militärischer Auseinandersetzungen wurden die Pässe verhauen, d. h. gesperrt. Dies tat man u. a. mit Spanischen Reitern und dem Einsatz von Wachmannschaften. Am einfachsten war das Fällen von Bäumen, wie es z. B. von Christian Lehmann für das Jahr 1632 beschrieben wird:
„Do fielen viel 100 beume und ein gantzer strich auf einmahl 3 bis 6 Ellen hoh, daß die erde bebete, und wer auß Böhmen was haben und hohlen wollt, muste entweder solches drüber steigendt schleppen oder drunder durchziehen.“[3]
Der nach 1990 einsetzende Autoschmuggel hat das neuzeitliche Verhauen zahlreicher Waldwege mittels Baum- und Steinsperren forciert. Die Pässe selbst sind davon aber nicht betroffen.
Entwicklung des Botenwesens und der Poststraßen
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Ab dem 15. Jahrhundert gewannen die Straßen und Pässe auch für das Botenwesen an Bedeutung. Im Zuge dieser Entwicklung wurden die wichtigsten Verbindungen zu Beginn des 18. Jahrhunderts durch den kursächsischen Land- und Grenzkommissar Adam Friedrich Zürner (1679–1742) exakt vermessen und mit Postmeilensäulen versehen und zum Teil weiter ausgebaut. Zu dieser Zeit war die Dresden-Teplitzer Poststraße eine der wichtigsten Verbindungen über das Osterzgebirge, die in zunehmendem Maße auch von Kurgästen von Teplitz (Teplice) benutzt wurde. Regen Zuspruch fand bei Besuchern des sich zu Weltruf entwickelnden Karlsbad (Karlovy Vary) der Pass über die Bergstadt Platten, im ausgehenden 18. Jahrhundert dann der niedriger gelegene Pass über Wildenthal und Hirschenstand (Jelení).
Insgesamt gesehen blieben aber die von Sachsen nach Böhmen führenden Straßen genau wie das ganze sächsische Straßennetz bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert in einem schlechten Zustand, da Kriege und damit verbundene wirtschaftliche Flauten oft einen kontinuierlichen Ausbau verhinderten. Trotz zahlreicher Straßenbaumandate, so zum Beispiel auf sächsischer Seite von 1781, blieben viele Straßen nur spärlich befestigte Wege, deren festgefahrenes Erdreich bei schlechtem Wetter oder an steilen Passagen oft nur mühsam oder manchmal auch gar nicht mehr passierbar war. So wird aus der am Handelsweg Oederan–Brüx (Most) gelegenen Bergstadt Sayda berichtet, dass sich die Straße bereits bis 1550 etwa drei Meter tief ausgefahren hatte. Der Grundherr Caspar von Schönberg auf Purschenstein ließ sie deshalb im Stadtbereich bereits 1555 pflastern, was allerdings eine Ausnahme dargestellt haben dürfte.[4] In der Regel bildeten die Zufahrtswege zu den Pässen bis ins 18. Jahrhundert hinein ein Bündel mehrerer nebeneinander führender Pfade oder Hohlwege, sogenannte Gleise, die in Abhängigkeit vom Wetter und den zu transportierenden Gütern benutzt wurden.

Im Unterschied zu den Hochgebirgspässen verliefen diese Wege im Mittelalter und der Frühen Neuzeit fast ausschließlich auf den Höhenzügen, da die engen und sumpfigen Flusstäler als Verkehrswege meist ungeeignet waren. Sie konnten zudem im Kriegsfall leicht gesperrt werden. Für die Nutzung der Hochflächen sprachen außerdem das Fehlen von extremen Steigungen bzw. Gefällen und die Möglichkeit, sich wegen fehlender Karten und Wegmarkierungen quasi durch den Blick von oben an markanten Bergen und Landschaftspunkten orientieren zu können. Erst nach Erlass der kurfürstlich-sächsischen Befehle von 1795 und 1800 kann von einem beginnenden plan- und chausseemäßigen, d. h. befestigten Ausbau auch der Passstraßen auf kursächsischer Gebirgsseite gesprochen werden. Im Königreich Böhmen wurden ähnliche Straßenbaumandate nur wenige Jahre später erlassen. Als eine der ersten Verbindungen wurden ab 1803 die Straße Leipzig–Reitzenhain und ab 1810 die zum Nollendorfer Pass führende Neue Dresden-Teplitzer Poststraße grundlegend ausgebaut.
Industrialisierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit der Industrialisierung setzte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein deutlicher Bedeutungswandel der Passstraßen ein. Der Verkehr verlagerte sich einerseits von den Höhenstraßen zu den neuerbauten Talstraßen. So wurde beispielsweise der bis dahin recht bedeutungslose Gebirgsübergang bei Zinnwald durch den Bau der Müglitztalstraße ab 1846 und den Ausbau der Verbindung Dresden–Dippoldiswalde–Schmiedeberg–Altenberg ab 1842 aufgewertet, während die benachbarte Alte Dresden-Teplitzer Poststraße über den Pass an der Geiersburg (Kyšperk) verödete und der Grenzübergang nahe Fürstenwalde 1860 geschlossen wurde. Auch der Pass über die Bergstadt Graupen (Krupka) nach Zinnwald verlor durch den chausseemäßigen Ausbau der Strecke über Eichwald (Dubí) seine frühere Bedeutung.
1858 kam es auf sächsischer Seite des Gebirges zu einer grundlegenden Neuerung, da alle damals vorhandenen Postkurse neu vermessen und mit königlich-sächsischen Meilensteinen gekennzeichnet wurden. Unmittelbar an den Grenzübergängen der als Postroute befahrenden Postkurse wurden sogenannte Grenzübergangssteine aufgestellt, von denen heute noch einige Exemplare vorhanden sind. In Böhmen hingegen wurde die beispielhafte Errichtung von Postsäulen und Meilensteinen nicht übernommen, hier blieb man bei den hölzernen Wegtafeln.
Im 19. Jahrhundert veränderte letztendlich der Bau der Erzgebirgsquerbahnen Rolle und Bedeutung der Erzgebirgspässe. Bereits 1843 wurde eine Planung zum Bau einer Eisenbahn von Pirna aus entlang der Alten Dresden-Teplitzer nach Aussig erarbeitet.[5] Doch erst 1872 verkehrte der erste Zug auf der durchgängigen Verbindung von Komotau (Chomutov) nach Weipert (Vejprty) und von dort weiter nach Annaberg über das Gebirge. Im Juli 1875 folgte die Verbindung von Flöha nach Reitzenhain, die einen Monat später über den Reitzenhainer Pass über Krima (Křimov) bis zur Bahnstrecke Komotau (Chomutov) – Weipert (Vejprty) verlängert wurde. 1884 wurde die Bahnstrecke von Nossen nach Moldau (Moldava) und von dort weiter nach Most (Brüx) über den Pass von Klostergrab (Hrob) in Betrieb genommen. Zwei Jahre später nahm 1886 die Strecke Klingenthal – Falkenau (Sokolov) über den Graslitzer Pass den Betrieb auf. Als letzte Strecke über das Erzgebirge wurde 1899 die Verbindung von Johanngeorgenstadt nach Karlsbad (Karlovy Vary) über den Plattener Pass eröffnet.


Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts waren die dichten Kammwälder des Erzgebirges oftmals beliebter Aufenthaltsort von Räuberbanden, Schmugglern und Wilddieben. Nicht ohne Grund wurden zahlreiche Verordnungen zur Bekämpfung der Räuberunwesens auf beiden Seiten des Gebirges erlassen. Legendär wurde im Erzgebirge insbesondere der Wilddieb Karl Stülpner, aber auch von den beiden Räuberhauptmännern Nikol List und Lips Tullian erzählt man sich noch heute unzählige Geschichten. Insbesondere dort, wo die Passstraßen in die dichten Erzgebirgswälder hinein führten, wurden mit besonderer Vorliebe von Straßenlagerern Postkutschen und Passanten überfallen, ausgeraubt und oft sogar getötet. Mehrere Stein- und Sühnekreuze erinnern noch heute an grausam verübte Morde.
20. Jahrhundert
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden, nicht zuletzt auch durch den im Oktober 1938 erfolgten Anschluss des Sudetenlandes, die Pässe über den Erzgebirgskamm am intensivsten genutzt. Schmidt (1935) nennt allein 16 große Heerstraßen, welche die sächsisch-böhmische Grenze überschritten. Hinzu kamen eine Vielzahl kleinerer Wege und die bereits erwähnten fünf Eisenbahnverbindungen.
Diese Durchlässigkeit wurde nach 1945 für etwa 25 Jahre durch die Schließung der Eisenbahnübergänge und fast aller Straßenübergänge drastisch reduziert. Eine erhöhte Durchlässigkeit trat erst nach Einführung des visafreien Grenzverkehrs zwischen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Tschechoslowakei (ČSSR) ab 1972 wieder ein. Dem sich entwickelnden beiderseitigen Urlaubs- und Einkaufstourismus trug vor allem die (Wieder-)Eröffnung der jahrhundertealten Straßengrenzübergänge im Zuge der Pässe Wiesenthal (1972) und Reitzenhain (1978) Rechnung. Mit der Eröffnung des Grenzübergangs Bahratal wurde (1976) auch die nördliche Zufahrt zum Nollendorfer Pass wieder für den Verkehr freigegeben. Die über den Erzgebirgskamm führenden fünf Eisenbahnstrecken blieben aber während des Bestehens der DDR geschlossen. Eine Zugfahrt von Sachsen nach Böhmen und umgekehrt war vor 1990 nur über die außerhalb des Erzgebirges gelegenen Grenzübergänge Bad Brambach/Vojtanov im Vogtland und Bad Schandau/Děčín im Elbtal möglich. Mit der Erdgasleitung Nordlicht der RWE Transgas (1972) und der Chemieproduktenleitung Böhlen–Oberleutensdorf (Litvínov) (beide über den Sattel von Deutscheinsiedel) sowie einer 380-kV-Hochspannungsleitung von Röhrsdorf nach Hradec und einer 220-kV-Hochspannungsleitung von Zwönitz nach Hradec wurden zu DDR-Zeiten auch neue Infrastrukturleitungen über das Erzgebirge geführt.
Nach der wirtschaftlichen Öffnung der osteuropäischen Staaten erlangte das Erzgebirge 1990 seine frühere Bedeutung als Transitland im Nord-Süd-Verkehr wieder. Dies führte zur Wiedereröffnung zahlreicher Straßen- und Fußgängerübergänge und zur Wiederaufnahme des Bahnverkehrs zwischen Klingenthal und Falkenau (Sokolov), Johanngeorgenstadt und Karlsbad (Karlovy Vary) sowie zwischen Chemnitz und Komotau (Chomutov) über Weipert (Vejprty). Durch den Beitritt Tschechiens zum Schengen-Raum am 21. Dezember 2007 und den Wegfall der Grenzkontrollen haben sich neue Entwicklungsmöglichkeiten ergeben.
Gegenwart
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Zuge der Anpassung der Verkehrswege an neue Anforderungen wurden seit 1990 einige der Zufahrtsstraßen zu den Erzgebirgspässen vor allem durch den Bau von Ortsumgehungen neu trassiert. Dies betrifft u. a. Abschnitte der B 170 Dresden–Zinnwald, der B 174 Chemnitz–Reitzenhain und der Straße I/7 Komotau (Chomutov)–Reitzenhain.
Den derzeit einzigen Straßenneubau über das Erzgebirge stellt die im Dezember 2006 fertiggestellte Bundesautobahn 17/Dálnice 8 Dresden–Prag (Praha) dar. Ihr Verlauf folgt weitgehend der jahrhundertealten westlichen Trasse des Kulmer Steiges. Dies spricht vor allem unter ökonomischen Gesichtspunkten für die Rationalität, nach der unsere Vorfahren ihre Wege über das Gebirge suchten. Die Bundesautobahn 17 schneidet Dresden zuerst in West-Ost-Richtung im Süden des Stadtgebiets und wendet sich hinter Pirna Richtung Südosten. Zum einen dient die von Dresden nach Prag führende Europastraße damit dem regionalen Straßenverkehr, zum anderen nutzt sie den flachen Nollendorfer Pass. Durch die modernen Spannbetonbauwerke über die Kerbtäler, so zum Beispiel die Lockwitztalbrücke oder die Seidewitztalbrücke wurde dieser Pass wieder aus den Tallagen in die ebenen Höhenlagen der erzgebirgischen Pultscholle verlagert. Damit folgt die einzige Autobahn, die das Gebirge quert, dem wohl ältesten Pass. Sie nähert sich der Alten Dresden-Teplitzer Poststraße, die teilweise auch als Staats- und Kreisstraße noch genutzt wird, häufig auf wenige Meter und schneidet diese.
Im ehemaligen Landkreis Aue-Schwarzenberg bestand lange kein Straßengrenzübergang zwischen Sachsen und Böhmen, da sich die tschechische Gemeinde Breitenbach (Potůčky) erfolgreich gegen die Wiedereröffnung des Johanngeorgenstädter Überganges wehrte, um von den Einnahmen für den auf tschechischer Seite entstandenen, überdimensional großen Einkaufsmarkt zu profitieren. Der Übergang wurde am 16. Januar 2008 auch für Kraftfahrzeuge geöffnet.
Planungen des Landes Sachsen sahen in den 2000er Jahren die Neutrassierung der B 93 zwischen Schneeberg und Johanngeorgenstadt zur Weiterführung nach Karlsbad (Karlovy Vary) über einen neuen, zwischen Plattener und Hirschenstander Pass gelegenen Grenzübergang, vor. Die Straße sollte vor allem die im Raum Aue-Schneeberg zufließenden Hauptströme des grenzüberschreitenden Fernverkehrs bündeln. Eine Querverbindung bis zur B 101 bei Lauter war Bestandteil der Planung. Gegen die Trassenführung regte sich Widerstand in der Bevölkerung. Da auf tschechischer Seite kein Interesse an der Fortführung der Schnellstraße in Richtung Karlsbad bestand[6] wurde das Projekt nicht mehr weiterverfolgt und aus dem Bundesverkehrswegeplan 2030 gestrichen.
Aktuell (Stand 12/2022) sind zwischen Klingenthal und Bahratal drei Eisenbahnübergänge und 17 Straßenübergänge geöffnet. Sie nutzen dabei weitgehend teils jahrhundertealte Pässe und Steiganlagen.
Im Eisenbahnnetz gibt es Überlegungen, die Lücke zwischen der Teplitzer Semmeringbahn und der Strecke Nossen–Holzhau wieder zu schließen.
Darüber hinaus erfolgt die Planung der Schnellfahrstrecke Dresden–Prag, welche das Osterzgebirge in einem Basistunnel unterqueren soll. Die Elbtalbahn zwischen Dresden und Děčín umgeht das Erzgebirge östlich und ist die leistungsfähigste Hauptstrecke zwischen Deutschland und Tschechien. Aufgrund der verhältnismäßig geringen Radien im engen Elbtal ist dort kein Hochgeschwindigkeitsverkehr möglich.
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Alte Dresden-Teplitzer Poststraße und Trasse der A 17 bei Göppersdorf
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Trasse der Autobahn D8 auf dem Kamm des Osterzgebirges mit dem Špičák u Krásného Lesa im Hintergrund
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Ausgebaute B174 am Ortsausgang von Chemnitz in Richtung Erzgebirgskamm
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Die Teplitzer Semmeringbahn endet seit 1972 auf dem Kamm im Bahnhof Moldava v Krušných horách
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Mögliche Streckenvariante der Bahnneubaustrecke Dresden – Prag mit dem Basistunnel unter dem Osterzgebirge
Ersterwähnungen von Wegen über das Erzgebirge
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Die ältesten schriftlichen Quellen belegen lediglich eine direkte Verbindung zwischen Sachsen und Böhmen, ohne das Aussagen zu einer genauen Streckenführung getroffen werden. Sofern aus der Beschreibung der näheren Umstände überhaupt Anhaltspunkte für eine Lokalisierung gewonnen werden können, so deuten sie jedoch bis in die Zeit um 1100 ausschließlich auf eine Nutzung des Kulmer Steigs hin.
- 805: In diesem Jahr ließ Karl der Große den in Böhmen agierenden Herrscher Semela mit drei Heeren angreifen, von denen eins gemeinsam mit den Sachsen über das Warnenfeld und Daleminzien nach Böhmen zog („tertium vero transmisit cum Saxonibus super Hwerenofelda et Demelchion“, Chronicon Moissiacense). Die drei Heere trafen sich an der Eger („ad fluvium qui vocatur Agara“) und anschließend kam es zu Kämpfen an der Burg Canburg.
- 892: Der Würzburger Bischof Arn wurde auf dem Rückweg von einem Heereszug nach Böhmen zusammen mit seinen Gefährten von Slawen überfallen und getötet. Thietmar von Merseburg beschrieb in seiner Chronik etwa hundert Jahre später, dass dies „in pago Chutizi“ geschehen sei. Die genutzte Route und der genaue Ort sind nicht überliefert. Spätere Lokalisierungsvorschläge entbehren einer glaubhaften Begründung. Allerdings verfestigte sich im 19. und 20. Jahrhundert die Anschauung, der Todesort von Arn hätte im Bereich der Chemnitz oder Zschopau gelegen, weshalb das Martyrium Arns häufig als angeblicher Beleg für eine frühe Nutzung der Steige entlang der beiden Flüsse genannt wird. Wesentlich wahrscheinlicher ist jedoch auch hier ein Zug Arns über den Kulmer Steig und sein gewaltsamer Tod im Bereich des Altsiedellandes entlang von Elbe, Mulde oder Pleiße.
- 929/30: König Heinrich I. eroberte die Brandenburg an der Havel und Gana, die Hauptburg der Daleminzier. Anschließend gründete er die Burg Meißen an der Elbe und zog mit sehr hohen Wahrscheinlichkeit über den Kulmer Steig nach Böhmen.
- um 960/970: Der arabische Kaufmann Ibrahim Ibn Jakub reiste im Anschluss an seine Teilnahme an einem Hoftag Kaiser Ottos des Großen in Quedlinburg über Halle, Nienburg (Saale) und das Muldegebiet (Wurzen oder Püchau) nach Prag. Dabei wird unter anderem eine hölzerne Brücke erwähnt, die irgendwo auf der langen Strecke lag. Diese Brücke wurde und wird noch heute häufig mit der Stadt Most in Nordböhmen in Verbindung gebracht und daraufhin angenommen, dass Ibrahim ibn Jaqub über einen der böhmischen Steige ins Böhmische Becken gelangte. Tschechische Historiker und Archäologen konnten jedoch nachweisen, dass diese Gleichsetzung der im Text erwähnten Brücke mit Most keinerlei Grundlage hat und alle archäologischen und historischen Indizien dagegen sprechen. Man kann aufgrund des Textes als einzige Quelle für die Reise nichts Konkretes über die Verbindungen zwischen Mitteldeutschland und dem Böhmischen Becken aussagen. Es ist aber anzunehmen, dass auch Ibrahim ibn Jaqub über den Kulmer Steig reiste.
- 1040: Der meißnische Markgraf Ekkehard II. zog 1040 mit einem Heer über den Kulmer Steig nach Böhmen.
- 1118: Bei der Stiftung einer Kirche in Zwickau durch die mit den Schwarzburgern verwandte Gräfin Bertha wurde unter anderem eine Zollstelle erwähnt. Diese kann als ein indirekter Beleg für die Existenz eines Weges von Leipzig über Zwickau, Grünhain, Weipert (Vejprty) und über den Preßnitzer Pass nach und Kaaden (Kadan) gewertet werden. Urkundlich belegt ist dieser Weg seit 1325.
- 1143: Eine Urkunde belegt die Existenz eines von Altenburg über Waldenburg und Zschopau nach Böhmen führenden Steiges (semita Bohemica)
- 1185: Der Pass über Deutscheinsiedel wird erstmals in einer Urkunde des Markgrafen Otto von Meißen urkundlich erwähnt.[7]
Historische Pässe, gelistet von Ost nach West
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nollendorfer Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten:50° 45′ N, 13° 59′ O
Eine Wegvariante des Kulmer Steiges führte über den Nollendorfer Pass im östlichen Osterzgebirge. Der Fahrweg querte zwischen Fürstenwalde im Westen und Oelsen im Osten die sächsisch-böhmische Grenze und führte über den Steilabfall des Erzgebirges in das böhmische Kulm (Chlumec u Chabařovic) und weiter in das Innere des Königreichs Böhmen.
Der Kulmer Steig wurde nachweislich bereits im 13. Jahrhundert benutzt. Bekannt wurde der Pass durch die Befreiungskriege und die Schlacht bei Kulm und Nollendorf am 29. und 30. August 1813. In Berlin-Schöneberg sind der Nollendorfplatz und die Nollendorfstraße nach dem kleinen Erzgebirgsdorf Nollendorf (Nakléřov) benannt, von dessen heute nicht mehr existierendem Kirchturm der Legende nach Napoleon das Schlachtgeschehen beobachtet haben soll.
Im Jahr 1794 wird von einem Reisenden berichtet, auf der letzten Höhe vor Peterswalde halte ein Schmied nach Reisewagen Ausschau und halte Handwerkszeug bereit, da nach seiner Erfahrung kein Gefährt die schlechte Strecke ohne Schaden zu erleiden nutzen könne.[8]
Von 1913 bis 29. Januar 1944 stand auf der Nollendorfer Höhe ein 21 Meter hoher Aussichtsturm, der die Namen Kaiserwarte und nach 1919 Carl-Weis-Warte trug. Ein Schneesturm brachte ihn zum Einsturz, die Reste wurden um 1950 beräumt.
Der Nollendorfer Pass stand in den letzten beiden Jahrhunderten immer wieder im Fokus der Geschichte. Die Straße spielte 1813 bei der Schlacht bei Kulm eine entscheidende Rolle. Daran erinnert das unmittelbar an der Straße befindliche Kleist-Denkmal (Kleistův pomník). 1936 passierte das olympische Feuer auf seinem Weg von Athen nach Berlin die Passstraße. Ein am Grenzübergang Bahratal aufgestellter Gedenkstein erinnert daran. 1968 nutzte die Rote Armee den Gebirgsübergang, um zur Niederschlagung des Prager Frühlings in die damalige CSSR einzumarschieren.
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Winter am Nollendorfer Pass (Verbindungsstraße von Peterswald (Petrovice) nach Schönwald (Krasny Les))
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Die A 17 und ihre Fortsetzung Dálnice 8 nutzen den Nollendorfer Pass. Die Straße unterquert dabei die höchsten Erhebungen im Verlauf im Tunnel Panenská
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Kleist-Denkmal in Nollendorf (Nakléřov)
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Olympia-Denkmal in Hellendorf
Pass am Geiersberg
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 42′ N, 13° 53′ O
Der Geiersberger Pass, über den bis 1860 die bekannte Alte Dresden-Teplitzer Poststraße verlief, begann im heutigen Graupener (Krupka) Stadtteil Hohenstein (Unčín). Hier erreichte der Weg von Teplitz (Teplice) kommend hinter dem Kloster Mariaschein (Bohosudov) den Waldsaum. Er führte von dort aus steil ansteigend an der Geiersburg (Kyšperk) und dem vor 1785 errichteten Goldammerkreuz vorbei auf den Osterzgebirgskamm. Dieser wurde etwa 1,5 Kilometer östlich vom Mückenberg (Komáří hůrka) in einer Höhe von etwa 720 m n.m. überschritten. Danach verzweigte sich die Wegeführung. Ein Zweig folgte der ins Elbtal führenden Alten Dresden-Teplitzer Poststraße über das kleine böhmische Dorf Ebersdorf, von dem heute nur noch wenige Reste übrig geblieben sind. Der Grenzübertritt wurde vom Schwarzen Kreuz (ebenfalls bereits vor 1785 errichtet) markiert. Ein anderer Zweig führte westwärts zum Mückenberg und erreichte die von hier nach Freiberg führende Straße. Ein nahe Bobritzsch befindlicher Abschnitt dieser Zinnstraße trägt noch heute den Beinamen Geiersweg.
Die ursprünglich von Hohenstein (Unčín) auf den Kamm führende Geiersbergstraße ist wahrscheinlich in weiten Teilen von Graupener Bergleuten als schmaler Weg in den Fels des südlichen Erzgebirgssteilabfalls gehauen wurden. Darauf weisen noch heute Felsengassen hin, die abseits der jetzigen Trassenführung abschnittsweise erkennbar sind. Der Abstieg über den Geiersberger Pass nach Hohenstein (Unčín) gehörte in der Vergangenheit zu den steilsten und damit risikoreichsten Wegeabschnitten der Erzgebirgspässe. Ein Reisebericht von 1698 vermerkt:
„Das Herabsteigen vom berühmten Geiersberg ist keine Sache, der man flüchtig und schweigend vorbeigeht. So erfahren Sie denn, dass wir angelangt an dem Rande der Abgründe, welche mit heiligen Schreck dem Reisenden Zittern verursachen, anhielten und aus dem Wagen stiegen. Wir setzten uns in die Lehnstühle, welche mehrere Träger das Gebirge hinabtrugen. Ich erwog in Gedanken, welchen Vorteil es haben könnte, sich das Genick zu brechen, während die Träger von einem Stein auf den anderen sprangen.“[9]
Diese topografischen Gegebenheiten dürften für das rasche Veröden der Straße nach dem Ausbau der benachbarten Chausseen zwischen Eichwald (Dubí) und Zinnwald sowie Peterswald (Petrovice u Chabařovic) und Kulm (Chlumec u Chabařovic) zu Beginn des 19. Jahrhunderts verantwortlich sein. Heute wird die Geiersbergstraße nur noch als Forstwirtschafts- und Wanderweg genutzt.
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Mauerreste der Geiersburg (Kyšperk) am Südaufstieg zum Pass
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Mückentürmchen auf dem Mückenberg (Komáří hůrka) unweit des Passes
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Passstraßenverlauf vom Geiersberg nach Ebersdorf (Habartice u Krupky)
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Das Schwarze Kreuz am Grenzübertritt von Sachsen nach Böhmen
Graupener Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 42′ N, 13° 51′ O

Der Graupener Pass führt von der Bergstadt Graupen (Krupka) an der Rosenburg (Rosenberg) vorbei nach Obergraupen (Horni Krupka) und erreicht die Hochfläche auf dem Kamm des Osterzgebirges unmittelbar am 808 m n.m. hohen Mückenberg (Komáří hůrka). Die Entstehung dieser Verbindung ist im Zusammenhang mit dem Zinnbergbau zu sehen. Böhmische Bergleute drangen auf der Suche nach neuen Vorkommen wahrscheinlich schon seit Ende des 14. Jahrhunderts über den Gebirgskamm vor und entdeckten um 1440 die bedeutende Altenberger Zinnlagerstätte. Dabei legten sie bei ihrem Vordringen diesen Weg an oder bauten einen bereits bestehenden Pfad aus. Der Graupener Pass wurde z. B. im Juni 1426 in Zusammenhang mit der verlustreichen Schlacht bei Aussig von teilnehmenden Söldnerheeren benutzt. Auf der Nordseite des Gebirges weist der Übergang drei Zugänge auf, was einerseits auf seine hohe Frequentierung und andererseits auf die höhere Bedeutung gegenüber dem eng benachbarten Geiersberger Pass hinweist. Ein Zugang erfolgte vom erzgebirgischen Bergbauzentrum Freiberg kommend über Zinnwald auf der sogenannten Zinnstraße. Der zweite Zugang bestand von Dippoldiswalde und Altenberg kommend auf dem Fürstenweg. Ein dritter Zugang führte von Lauenstein kommend auf den Pass. Dieser Weg war Teil eines mittelalterlichen Pilgerweges, der bis zum 16. Jahrhundert vom Elbtal kommend über Dohna und Liebstadt zum Kloster Mariaschein (Bohosudov) nahe Graupen (Krupka) führte. Nach dem Ausbau der Chaussee zwischen Eichwald (Dubí) und Zinnwald zu Beginn des 19. Jahrhunderts, die heutige Bundesstraße 170 genutzte Verbindung zwischen Dresden und Prag (Praha), verlor der Graupener Pass seine Bedeutung und wurde nur noch als Nebenstrecke benutzt.
Pass von Klostergrab
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 43′ N, 13° 41′ O


Über diesen Pass führte die Alte Freiberg-Teplitzer Poststraße. Zwischen den Quellen des Hirschbaches und denen des Holperbaches überschritt sie beim heutigen Altenberger Ortsteil Neurehefeld die Grenze zwischen dem Kurfürstentum Sachsen und dem Königreich Böhmen, wo sich unmittelbar nach der Grenze mehrere Häuser, darunter das einst weitbekannte Gasthaus Fischerhaus, um den 1884 errichteten Grenzbahnhof Moldau (Moldava) gruppieren.
Den Grenzübergang und den jetzigen Ort Neustadt (Nove Mesto) verbindet heute eine asphaltierte Straße über den früheren Glaserberg. Beiderseits davon sind lange Gräben erkennbar, die Reste des alten Straßenverlaufes sind. Neustadt (Nove Mesto) befindet sich fast auf der höchsten Stelle der im Süden herausgehobenen Pultscholle des Erzgebirges. Von hier aus gelangt man heute auf sehr abschüssiger Straße nach Niklasberg (Mikulov). Diese Straße wurde erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts neu angelegt, da sich deren alter Verlauf als zu steil und besonders bei der Schneeschmelze als kaum passierbar erwiesen hatte. Von Niklasberg (Mikulov) gelangt man im Bourlivec-Tal nach Klostergrab (Hrob). In den früheren Jahrhunderten scheint jedoch die kürzere Verbindung über den 869 m hohen Stürmer (Bouřňák) bevorzugt worden zu sein. Westlich der heutigen Verbindungsstraße zwischen Neustadt (Nove Mesto) und dem Bergplateau befindet sich auf längeren Strecken ein unübersehbarer, etwa 2 bis 3 m breiter, ausgefahrener Graben. Nach dem Geländebefund wurde der Steilabbruch des Erzgebirges rund 300 m westlich des Gipfelplateaus und als Fortsetzung dieses Grabens überwunden. Dort befinden sich mehrere, bis zu etwa 6 m tiefe, gestaffelte und nach Süden gerichtete Hohlwege. Dabei handelt es sich um Überreste der jahrhundertealten Passstraße nach Klostergrab (Hrob) und weiter nach Teplitz (Teplice).
1884 wurde die über den Pass von Klostergrab führende Bahnverbindung Nossen–Moldau (Moldava) und weiter nach Brüx (Most) erstmals befahren. Der grenzüberschreitende Verkehr wurde aber 1945 eingestellt, wohl auch, weil der Bahnkörper durch die Befahrung sowjetischer Panzer beim Vormarsch Richtung Prag (Praha) unbrauchbar geworden war. 1972 wurden der Abschnitt zwischen Holzhau und Hermsdorf-Rehefeld stillgelegt und die Gleisanlagen später rückgebaut. Ein Wiederaufbau der grenzüberschreitenden Verbindung war seit 1990 immer wieder in der Diskussion. Wegen hoher Kosten und fehlendem politischen Willen scheiterte das insbesondere dem Tourismus dienende Vorhaben bislang.
Pass von Sayda über den Deutscheinsiedler Sattel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 38′ N, 13° 29′ O

Über die bereits 1250 als oppidum urkundlich erwähnte, 680 m ü. NN hoch gelegene ehemalige Rast- und Zollstelle Sayda und den mit 720 m ü. NN nur wenig höher gelegenen und damit vergleichsweise flachen Gebirgssattel bei Deutscheinsiedel führte im Mittelalter die alte Handelsstraße Leipzig – Prag (Praha). Dabei passierte sie Wurzen, Leisnig und Oederan, bevor sie über Sayda die Grenze bei Böhmisch-Einsiedel (Mníšek) erreichte. Die hier befindliche Zollstätte von Brüx (Most) erreichte auch eine Querverbindung von Marienberg aus. In Böhmen führte der weitere Verlauf über Ossegg (Osek) nach Brüx (Most) und weiter ins Landesinnere.
Geschützt wurde dieser Alte Böhmische Steig, wie der Pass von Sayda auch genannt wurde, u. a. durch die Zoll- und Geleitsburg Purschenstein am rechten Ufer der Flöha, welche später Sitz eines Amtmannes war. Die Stadt Sayda gehörte ab 1300 zur Markgrafschaft Meißen und gelangte nach der Leipziger Teilung von 1485 als böhmisches Lehen in den Besitz der Wettiner. Zu dieser Zeit hatte der Gebirgsübergang seine Bedeutung als Handelsweg aber bereits zugunsten der benachbarten Pässe verloren. Zwar ist überliefert, dass der Weg 1555 in Sayda selbst sechs Ellen tief ausgefahren war, was auf die frühere Bedeutung hinweist. Gleichzeitig förderten landesherrliche Anweisungen im östlichen Erzgebirge seit 1318 eine Wegführung über das benachbarte Freiberg, sie besagten …daß nirgends Wagen nach Böhmen fahren sollten außer über die Stadt Freiberg.[10] In späteren Jahren, insbesondere im Siebenjährigen Krieg und in den Befreiungskriegen wurde der Pass von Sayda mehrfach von Heeresverbänden benutzt, die wiederholt die Stadt ausplünderten.
Nach Inbetriebnahme einer Bahnverbindung von Pockau nach Olbernhau in Sachsen forderten die Gemeinden im Schweinitztal zwei Jahre darauf einen Eisenbahnanschluss. Vorerst wurde dieser aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt, jedoch ab 1908 erneut diskutiert, mit der Idee seitens Österreich-Ungarns, eine Strecke über Deutschneudorf hinaus über den Deutscheinsiedler Sattel bis in das böhmische Braunkohlerevier um Oberleutensdorf (Litvínov) zu errichten. Von sächsischer Seite wurde auch dies abgelehnt, 1913 jedoch eine Konzession für eine Strecke Olbernhau–Deutschneudorf erteilt. Durch verschiedenste Hindernisse konnte diese erst 1927 in Betrieb genommen werden. Das ursprüngliche Projekt einer Verbindung bis nach Litvínov wurde 1931 vorläufig zurückgestellt und später mangels Bedarfs nicht wieder aufgegriffen.
Zu DDR-Zeiten wurden mit der Erdgasleitung Nordlicht der RWE Transgas (1972) und der Chemieproduktenleitung Böhlen – Oberleutensdorf (Litvínov) zwei weitere ökonomisch bedeutsame Infrastrukturleitungen über diesen Sattel geführt. Die Straßenübergänge Deutschneudorf und Deutscheinsiedel blieben jedoch nach 1945 geschlossen. Seit 2002 ist der Übergang von Deutscheinsiedel nach Böhmisch-Einsiedel (Mníšek) wieder für Kraftfahrzeuge benutzbar, seit 2007 auch der von Deutschneudorf.
Reitzenhainer Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 33′ N, 13° 14′ O


Über den Reitzenhainer Pass führt eine der alten, von Halle (Saale) über Leipzig und Chemnitz kommenden Salzstraßen weiter nach Komotau (Chomutov) und Prag (Praha). Sie diente vorrangig dem Salzhandel und -transport nach Böhmen und in die südlich liegenden Donauländer und wurde auch als Hohe, Reitzenhainer oder Böhmische Straße bezeichnet. Ursprünglich führte der Pass von Zschopau über Zöblitz, Kriegwald, Platten nach Komotau. Nach der 1521 erfolgten Gründung von Marienberg wurde der Straßenverlauf über diese neue Bergstadt und Kühnhaide verlegt, bis sich letztendlich der Straßenverlauf über das neugegründete Grenzdorf Reitzenhain dauerhaft durchsetzte. Etwa zwei Kilometer nordwestlich des Ortes weist ein Gedenkstein mit der Inschrift An der einstigen Umspanne 1400–1823 auf die ehemals vorhandene Pferdewechselstation hin. Die Passhöhe der heutigen Straßenführung befindet sich zwischen Reitzenhain und Sebastiansberg (Hora Svatého Šebestiána) auf etwa 840 m n.m. Der Pass ist damit einer der niedrigsten im zentralen Erzgebirge. Seine nördliche Zufahrt stellt heute die Bundesstraße 174 dar. Der Grenzübergang Reitzenhain selbst war nach Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Oktober 1978 gesperrt. Mitte der 2000er Jahre wurde der Grenzübergang für den gesamten Verkehr geöffnet. Damit einher ging ein starker Anstieg des Schwerlastverkehrs. So ergab eine Verkehrszählung im Jahr 2015, dass einzelne Abschnitte der Strecke von mehr als 1.800 LKW täglich befahren werden.

Seit 1872 existiert eine von Komotau (Chomutov) ausgehende Eisenbahnverbindung über Krima (Křimov) nach Weipert (Vejprty) mit Anschluss ins sächsische Annaberg-Buchholz. Ausgehend vom Bahnhof Krima wurde drei Jahre später eine Schienenverbindung nach Reitzenhain über den gleichnamigen Pass mit Weiterführung nach Flöha in Betrieb genommen. Aufgrund völlig veränderter politischer Verhältnisse fand nach 1945 kein grenzüberschreitender Verkehr mehr statt. 1972 wurde der tschechoslowakische Streckenteil dieser Verbindung über den Reitzenhainer Pass stillgelegt und an Stelle der Eisenbahngrenzbrücke und des dortigen Bahnkörpers folgend der Straßengrenzübergang errichtet. Zwischen 1985 und 1987 wurden dann auch sämtliche Gleisanlagen rückgebaut. Die Gleisanlagen des Streckenteils Reitzenhain–Marienberg auf deutscher Seite wurden 2013 rückgebaut, um später einen Bahntrassenradweg anzulegen. Dieser sollte ursprünglich 2020 fertiggestellt werden, doch die Planungen verzögerten sich deutlich. Erst im August 2023 wurde der erste Bauabschnitt von der Landesdirektion Sachsen genehmigt.[11][12][veraltet]
Preßnitzer Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 28′ N, 13° 8′ O
Der Preßnitzer Pass (792 m über NN[13]) stellt eine der ältesten Pfadanlagen dar, die aus dem Zentrum Mitteldeutschlands über den dichten Grenzwald nach Böhmen führte. Er befindet sich an der alten Straße von Preßnitz nach Pleil/Pleyl (Černý Potok). Rechts von der höchsten Stelle der Passstraße befindet sich das „Husarengrab“ (Hrob Chorvatu), ein wohl zum Gedenken an gefallene Soldaten aufgerichteter Stein, auf dem nur noch schlecht die Jahreszahl 1635 zu lesen ist[14]. Der Weg wird zusammen mit der Stadt Preßnitz im Jahr 1335 erstmals urkundlich erwähnt: „via que ducit de oppido Presnitz“[15]
Sein ursprünglicher Verlauf ging von Halle (Saale) kommend über Altenburg, Zwickau, Hartenstein, Grünhain und Zwönitz nach Schlettau. Hier wurde die obere Zschopau gequert. Anschließend führte der Weg über Kühberg am Blechhammer vorbei nach Weipert (Vejprty) und erreichte dann östlich schwenkend über Pleil (Černý Potok) mit Preßnitz (Přísečnice) die älteste Bergstadt des Erzgebirges.
Der Weg passierte folgend Reischdorf (Rusová), in deren Ortslage er sich verzweigte. Der westliche führte nach Kaaden (Kadaň), der östliche nach Kralupp (Kralupy u Chomutova). Hier wurden auch die Passhöhen auf jeweils rund 850 m n.m. erreicht.[15]
Damit war der Preßnitzer Pass deutlich niedriger als die sich nach Westen hin anschließenden Pässe über Wiesenthal, Rittersgrün, Platten, Hirschenstand und Frühbuß. Dies war einer der Gründe für seine häufige Benutzung während des Dreißigjährigen Krieges, in dem es im März 1641 zur Schlacht zwischen der sich über den Pass zurückziehenden schwedischen Armee unter Johan Banér und nachsetzenden kaiserlichen Truppen kam.
In einer Urkunde von Johann von Böhmen und dessen Sohn Karl an Friedrich und Hermann von Schönburg vom 30. April 1339, die u. a. die Silbergruben bei Preßnitz betrifft, sind ausführliche Bestimmungen zur Passstraße enthalten. Um die Versorgung der Bergleute sicherzustellen, wurde angeordnet, dass Händler, die ihre Waren aus Böhmen befördern, von sämtlichen Zöllen und Gebühren befreit werden sollen. Dies betraf aber nicht die umgekehrter Richtung, für solche galt weiterhin die den Schönburgern verliehene Zollpflicht. Dies ist gleichzeitig die erste Erwähnung über das Vorhandensein des Preßnitzer Zollamts. Dieses befand sich im frühen Mittelalter in Kralupp am Fuße der Südabdachung des Gebirges. Zusammen mit der fortschreitenden Besiedelung des Gebirgskammes wurde es in die Kammlage nahe der Landesgrenze verlegt.[16]
Auch wenn über den Preßnitzer Pass eine der alten Salzstraßen führte, war die Verkehrsdichte relativ gering. Die an der Passstraße liegende Klosterstadt Grünhain wurde um 1700 nur von fünf bis sechs Salzhandelszügen (a 20–30 Fuhrleute) pro Jahr passiert. Zwischen September 1830 und März 1831 wurden am Preßnitzer Pass selbst 81 Salzwagen mit etwa 4.700 Zentnern Koch-, Vieh- und Düngesalz gezählt.
Der durch die namensgebende Stadt Preßnitz (Přísečnice) führende Abschnitt des Passweges wurde mit Bau und Füllung der Talsperre Preßnitz (vodní nádrž Přísečnice) zu Beginn der 1970er Jahre überstaut. Die Stadt wurde nach Baubeschluss ausgesiedelt, aufgegeben und abgerissen, das ehemalige Stadtgebiet mit Resten und Ruinen liegt versunken unter der Wasseroberfläche.
Wiesenthaler Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 25′ N, 12° 56′ O



Über den Wiesenthaler Pass führte die aus Leipzig über die beiden einst selbständigen Bergstädte Annaberg und Buchholz kommende Passstraße weiter in den bekannten Kur- und Badeort Karlsbad (Karlovy Vary). Sie folgte hinter der im 16. Jahrhundert entstandenen höchstgelegenen deutschen Stadt Oberwiesenthal dem Zechengrund allmählich aufwärts zum Erzgebirgskamm und zum Grenzübergang nach Gottesgab (Boží Dar) beim zwischen Keil- und Fichtelberg gelegenen Neuen Haus.
Die Passhöhe liegt auf 1083 m ü. NN und ist damit der höchstgelegene Pass des Erzgebirges. Im Winter war die über ihn führende Straße oft mehrere Wochen fast völlig unpassierbar, was heute kaum mehr vorstellbare Folgen hatte. So kamen in einem kalten Winter zu Beginn der 1730er Jahre mehrere Salzburger Exulanten bei ihrer Vertreibung aus Österreich-Ungarn am unpassierbaren Wiesenthaler Pass ums Leben und wurden außerhalb der Gottesgaber Friedhofsmauer verscharrt.
Im Dreißigjährigen Krieg wurden der Wiesenthaler und der nur wenige Kilometer weiter westlich verlaufende Rittersgrüner Pass wiederholt von zahlreichen Truppen passiert, die in Oberwiesenthal und anderen Städten im oberen Erzgebirge große Verwüstungen hinterließen. Deshalb wurde der Pass mehrfach gesperrt. Dies tat man u. a. mit sogenannten Spanischen Reitern und der Errichtung von Wachhäusern. Zur Abschreckung wurde an der Grenze zeitweilig auch ein Galgen aufgestellt.
Mit dem Aufblühen des Bade- und Kurwesens in Karlsbad (Karlovy Vary) wurde der Pass beim Beginn und dem Ende der Badesaison von zahlreichen Kurgästen frequentiert und die am Pass liegenden Orte erlebten die Durchreise zahlreicher berühmter Persönlichkeiten. Dies steht natürlich auch im Zusammenhang mit der ab 1708 regelmäßig über diesen Erzgebirgspass verkehrenden Leipziger Post.
1945 wurde auch der Grenzübergang am Neuen Haus für lange Jahre gesperrt. Eine Wiedereröffnung erfolgte erst 1972. Seit 1976 entlastet eine zum Pass führende Ortsumgehungsstraße der Bundesstraße 95 den Stadtkern von Oberwiesenthal und eine Anfang der 2000er Jahre errichtete Ortsumgehung um Boží Dar vom Durchgangsverkehr. Dieser hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. 2004 passierten im Schnitt 3.950 Fahrzeuge den Grenzübergang am Wiesenthaler Pass, 2000 waren es noch 2.500.
Rittersgrüner Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 25′ N, 12° 50′ O


Der Weg über den Rittersgrüner Pass verbindet Schwarzenberg/Erzgeb. über Rittersgrün, vorbei an der Böhmischen Mühle und den kleinen Streusiedlungen Goldenhöhe (Zlatý Kopec) und Försterhäuser (Myslivny) mit der Bergstadt Sankt Joachimsthal (Jáchymov). Dabei ist zwischen Försterhäuser und Sankt Joachimsthal eine Höhe von 980 m n.m. zu überwinden. Westlich des Rittersgrüner Passes führte über einen Höhenrücken ein Nebenarm der Passstraße, die sogenannte Halbmeiler oder Joachimsthaler Straße. Von Breitenbrunn aus verlief dieser Weg über die in eine sächsische und böhmische Hälfte geteilte Bergbausiedlung Halbemeile/Halbmeil (Rozhraní) und die Himmelswiese nach Försterhäuser (Myslivny) im oberen Schwarzwassertal. Hier vereinigte sie sich wieder mit der Rittersgrüner Straße. Von Halbmeile aus bestand aber auch ein Weg über Zwittermühl (Háje) und Irrgang (Bludná) nach Neudek (Nejdek) und Karlsbad (Karlovy Vary).
Im Gegensatz zu den benachbarten Pässen erlangte der Rittersgrüner Pass erst nach der 1516 erfolgten Gründung von Sankt Joachimsthal (Jáchymov) eine gewisse Bedeutung. Er diente wohl vor allem dem Transport von Erzen und Bergbauprodukten zwischen Sankt Joachimsthal (Jáchymov) und der bedeutenden westerzgebirgischen Hammerwerksgegend um Aue und Schwarzenberg. Im Dreißigjährigen Krieg gehörte der Rittersgrüner Pass zu den am meisten von Kriegstruppen genutzten Erzgebirgsübergängen. Insbesondere der kaiserliche Feldmarschall Heinrich Graf von Holk fiel mit seinen Truppen wiederholt über den Pass nach Sachsen ein und hinterließ große Verwüstungen in den am Straßenverlauf gelegenen Siedlungen. Mit der Aufnahme regelmäßiger Postkutschen- und Botenkurse verlor der Rittersgrüner Pass im 18. Jahrhundert zugunsten der benachbarten Pässe an Bedeutung. Als lokale Verbindungsstraße zwischen Sachsen und Böhmen behielt er jedoch bis 1945 überregionale Bekanntheit.
Plattener Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 23′ 22,5″ N, 12° 45′ 26,5″ O

Der Plattener Pass führte von Schwarzenberg/Erzgeb. bzw. Schneeberg über das 1651 gegründete Hammerwerk Wittigsthal an der Mündung des Breitenbachs in das Schwarzwasser. Oberhalb von Wittigsthal entstand am Fastenberg 1654 die Exulantensiedlung Johanngeorgenstadt, die schon bald als letzte Bergstadt des Erzgebirges aufblühte und zu einer Belebung des Handels im oberen Erzgebirge führte.
Die Passstraße überquerte in Wittigsthal die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen und führte nun, vorbei an mehreren, im 17. Jahrhundert entstandenen Blaufarbenwerken im Tal des Breitenbaches aufwärts bis zur Bergstadt Platten (Horní Blatná). Bis zum Ende des Schmalkaldischen Krieges 1547 befand sich die Grenze südlich von Platten (Horní Blatná). Nach dem Abtreten des Gebietes um Platten (Horní Blatná) und Gottesgab (Boží Dar) an den König von Böhmen verschob sich der Grenzverlauf etwa 8 km nach Norden. Für die Wegführung nach Karlsbad (Karlovy Vary) existierten Abstiege über Bärringen (Pernink), Lichtenstadt (Hroznětín) oder Hohenstollen bei Neudek (Nejdek).
Der Plattener Pass wurde bereits im ausgehenden 17. Jahrhundert als Poststraße benutzt. Selbst Goethe reiste 1785 und 1786 über Johanngeorgenstadt nach Karlsbad (Karlovy Vary). Im 19. Jahrhundert verlor der Plattener Pass zugunsten des über Oberwildenthal nach Hirschenstand (Jeleni) führenden neuen Passes an Bedeutung.
1899 verkehrte über ihn die letzte Postkutsche zwischen Johanngeorgenstadt und Karlsbad (Karlovy Vary), da in jenem Jahr die durchgängige Eisenbahnlinie Johanngeorgenstadt–Neudek (Nejdek)–Karlsbad den Betrieb aufnahm. Nach 1945 fand kein grenzüberschreitender Verkehr mehr statt, infolge der politischen Veränderung nach 1990 passierte 1992 erstmals wieder ein Reisezug die Staatsgrenze und im gleichen Jahr wurde dann der planmäßige grenzüberschreitende Verkehr wieder aufgenommen. Mit 914 m n.m. weist diese Bahnstrecke den höchsten Scheitelpunkt der Erzgebirgsquerbahnen auf. Bemerkenswert ist, dass der Scheitelpunkt dieser im heutigen Tschechien als Krušnohorský Semmering (Erzgebirgischer Semmering) bekannten Bahn den der Semmeringbahn um 16 m übersteigt.
Der Straßengrenzübergang wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges geschlossen. Seit 1991 kann er von Fußgängern und Radfahrern, seit 2008 auch von KFZ wieder benutzt werden. Allerdings lassen die topographischen Verhältnisse einen Ausbau bestehender Straßen nicht zu, so dass die B 93 zwischen Schneeberg und Johanngeorgenstadt zur wahrscheinlichen Weiterführung über einen noch zu schaffenden Grenzübergang nach Karlsbad (Karlovy Vary) völlig neu trassiert werden soll. Die derzeit bevorzugte Variante 3 der Planungsunterlagen sieht im südlichen Bereich folgenden Verlauf vor: Neubau Jägerhäuser Flügel – Umfahrung Schwarzwassertal – Ortsumfahrung Johanngeorgenstadt zwischen den Ortsteilen Steinbach und Neustadt. Eine auf sächsischer Seit ebenfalls untersuchte Trassenführung in Richtung Hirschenstander Pass wurde aus finanziellen und ökologischen Gründen verworfen. Bei der jetzt favorisierten Trassenführung wird allein für das 24 km lange sächsische Teilstück von Kosten in Höhe von etwa 96,6 Mill. € ausgegangen. Mit der Inbetriebnahme dieser neuen Gebirgsquerung ist allerdings nicht vor 2015 zu rechnen.[17] Hingegen wurde der seit 1991 bestehende Fußgängergrenzübergang in Johanngeorgenstadt am 16. Januar 2008 für den Verkehr mit Kraftfahrzeugen bis 3,5 t geöffnet, wodurch dieser alte Erzgebirgspass auf seiner alten Streckenführung eine wesentliche Belebung erfuhr.
Frühbußer und späterer Hirschenstander Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten Frühbußer Pass: 50° 25′ N, 12° 36′ O

Der Pass über die Bergstadt Frühbuß (Přebuz) ist einer der ältesten des Westerzgebirges und einer der höchstgelegenen im Erzgebirge überhaupt. Sein nördlicher Hauptzugang querte von Schneeberg kommend das Tal der Zwickauer Mulde nördlich von Eibenstock und führte über die Eibenstocker Hochfläche, am früheren Gasthaus Waldschänke vorbei, in den dichten Hochwald. Hier setzte sich der Verlauf in südlicher Richtung auf der noch heute so genannten Früßbußer Straße (früher auch Frühbußer Steig genannt), am 964 m ü. NN Brückenberg und dem spätmittelalterlichen Bergwerk Fletschmaul vorbei bis zum Zollamt bei Weitersglashütte fort. Die sächsisch-böhmische Grenze wurde unweit des Großen Kranichsees auf 943 m ü. NN überschritten. Auf böhmischer Seite führte die Passstraße über Sauersack, Frühbuß (Prebuz), Schönlind nach Heinrichsgrün (Jindřichovice v Krušných horách), wo sie auf die vom Graslitzer Pass kommende Straße traf. Beide Straßen stiegen von hier aus gemeinsam ins Egertal nach Falkenau (Sokolov) hinab.
- Koordinaten Hirschenstander Pass: 50° 25′ N, 12° 40′ O


Nach dem Aufblühen des neuangelegten Hammerwerkes Wildenthal in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zogen immer mehr Fuhrwerke über den genannten Hammer im Tal der Großen Bockau, um den langen und unsicheren Straßenabschnitt im Erzgebirgswald zwischen der Waldschänke und Sauersack (Rolava) zu vermeiden. Auch der offizielle Postkurs von Zwickau über Schneeberg nach Karlsbad (Karlovy Vary) wurde über Wildenthal gelegt. Dabei führte die Straße ursprünglich von Wildenthal über Sauschwemme und Steinbach nach Johanngeorgenstadt, um weiter über den Plattener Pass Karlsbad (Karlovy Vary) zu erreichen. Diese Führung änderte sich im Laufe des 18. Jahrhunderts. In dieser Zeit wurde der Fahrweg im oberen Tal der Großen Bockau südlich von Oberwildenthal immer mehr für Fahrten und Gänge nach Böhmen genutzt, denn dieser Weg wies weniger Steigungen auf als die Poststraße über die Sauschwemme nach Johanngeorgenstadt. 1819 wurde diese Route über Hirschenstand (Jelení), die ihren höchsten Punkt beim Grenzübertritt auf 938 m ü. NN erreichte, in einem Vertrag zwischen Sachsen und Österreich als Extrapostroute festgelegt. 1827 begann der chausseemäßige Ausbau der Straße von Schneeberg über Eibenstock und Wildenthal zur Grenze unweit des Buchkammes südlich von Oberwildenthal. Die Arbeiten zum Ausbau der Chaussee auf böhmischer Seite von Karlsbad (Karlovy Vary) über Neudek (Nejdek), Neuhammer (Nové Hamry) nach Hirschenstand (Jeleni) wurden erst 1829 in Angriff genommen. Als letztes Teilstück wurde das zwischen Hirschenstand (Jeleni) und der Grenze 1832 fertiggestellt. Seit 1837 nutzte die stark frequentierte Eilpost-Sommerlinie Zwickau-Karlsbad (Karlovy Vary) die neue Chaussee. Im Gegenzug verlor die Verbindung über Johanngeorgenstadt und Platten nach Karlsbad (Karlovy Vary) an Bedeutung. Eine weitere Aufwertung des Hirschenstander Passes erfolgte mit der Einstufung seiner nördlichen Zufahrt als Reichsstraße 93 im 20. Jahrhundert. 1945 erfolgte die Schließung des Grenzübergangs, der nach der 1997 erfolgten Wiedereröffnung von Wanderern, Rad- und Skifahrern benutzt wird. Eine Überquerung der Grenze mit Kraftfahrzeugen ist an dieser Stelle nicht möglich. Für die wechselvolle Geschichte der alten Erzgebirgspässe ist dieser Grenzübergang von exemplarischer Bedeutung: Während noch im Mai 1968 die Teilnehmer der Internationalen Friedensfahrt, wie schon am 20. Mai 1964, auf ihrer 5. Etappe das Grenztor passierten, rollten wenige Wochen später, in der Nacht zum 21. August 1968, sowjetische Panzer zur Niederschlagung des Prager Frühlings hier durch.
Graslitzer Pass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Koordinaten: 50° 21′ N, 12° 29′ O


Der nördliche Zugang zum Graslitzer Pass nahm in der Vergangenheit seinen Anfang in der vogtländischen Hauptstadt Plauen und verlief von dort über die Hochflächen nach dem bereits um 1200 angelegten Burgflecken Schöneck. Von hier aus durchquerte die Passstraße den waldreichen Schönecker Forst und zog sich bis zur Landesgrenze im späteren Musikwinkel, wo um 1600 der Marktflecken Klingenthal entstand. Nach dem Passieren der Grenze führte die Passstraße zuerst im Tal der Zwota durch die böhmischen Stadt Graslitz (Kraslice), bevor sie über Heinrichsgrün (Jindrichovice) Falkenau (Sokolov) an der Eger erreichte. Von hier war in westlicher Richtung die Kaiserstadt Eger (Cheb) schnell zu erreichen, während es nach Osten bis nach Karlsbad (Karlovy Vary) von dort nur noch etwa 15 Kilometer Entfernung waren. Geologisch gesehen, befindet sich der Graslitzer Pass noch im westlichen Erzgebirge, politisch gehörte die Gegend um Klingenthal jedoch bereits zum Territorium des Vogtlandes und wird deshalb in einigen Veröffentlichungen als Erzgebirgspass nicht immer anerkannt. Als Besonderheit ist hervorzuheben, dass der Graslitzer Pass einer der wenigen historischen Erzgebirgspässe ist, der in weiten Teilen einem Talverlauf folgt.
Über den Pass führt die 1886 eröffnete Bahnverbindung Sokolov (Falkenau)–Klingenthal. Nach 1945 fand kein grenzüberschreitender Verkehr mehr statt, zudem wurde 1975 die Brücke üb die Zwota in Klingenthal abgerissen. Infolge der politischen Wende 1990 wurde der Wiederaufbau der Verbindung von Seiten der Politik gefordert. Im Jahre 2000 wurde die Gleislücke geschlossen und der grenzüberschreitende Betrieb wieder aufgenommen. In ihrer nördlichen Fortsetzung über Zwotental und Muldenberg nach Falkenstein/Vogtl. hat die Verbindung gleichsam zum historischen Wegverlauf zum Burgflecken Schöneck eine topografische Besonderheit: Im Gegensatz zu den anderen Erzgebirgsquerbahnen wird der höchste Punkt mit 772 m ü. NN im sächsischen Schöneck erreicht.
Literatur (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Renate Arnold: Die böhmischen Steige im Mittleren Erzgebirge von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Diplomarbeit an der Pädagogischen Hochschule Dresden, 1979
- Adolf Böhm: Die ehemaligen Erzgebirgsquerbahnen. In: Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, Heft 1/1995. Dresden 1995. S. 18–25.
- Ingolf Gräßler: Pässe über das Erzgebirge. Paßwege und Paßstraßen zwischen Freiberger und Zwickauer Mulde im Mittelalter. In: Rainer Aurig/Steffen Herzog/Simone Lässig (Hrsg.): Landesgeschichte in Sachsen. Tradition und Innovation. Dresden 1997, S. 97–108. ISBN 3-89534-210-6.
- Johannes Hemleben: Die Pässe des Erzgebirges. Diss. Berlin 1911.
- Albrecht Kirsche: Generationen der Fernwege über das Erzgebirge. in: Sächsische Heimatblätter Heft 4/2007, S. 311–321
- Manfred Ruttkowski: Altstraßen im Erzgebirge. Archäologische Denkmalinventarisation Böhmische Steige. In: Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege 44, 2002, ISSN 0402-7817, S. 264–297.
- Heinrich Schurtz: Die Pässe des Erzgebirges. Leipzig 1891 Digitalisat und Digitalisat
- Hans Siegert: Die Pässe des Erzgebirges. In: Kalender für das Erzgebirge und das übrige Sachsen, 1920. S. 21–26.
- H. Wiechel: Die ältesten Wege Sachsens. Sitzungsberichte der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis. Dresden 1901. (Digitalisat)
- R. Wißuwa: Die Entwicklung der Altstraßen im Gebiet des heutigen Bezirkes Karl-Marx-Stadt von der Mitte des 10. Jahrhunderts bis Mitte des 14. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Rekonstruktion des Altstraßennetzes auf archäologischer Grundlage. Dissertation (A)1987
- Christian Lehmann: Von Haupt-Pässen und andern Wegen übers Ober-Ertz-Gebirge. In: Historischer Schauplatz derer natürlichen Merkwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Ertzgebirge. Leipzig 1699, S. 151–155 (Digitalisat)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die alten Erzgebirgsübergänge, in: Illustriertes Erzgebirgisches Sonntagsblatt, 126. Jahrgang, Nr. 1/1933 ff, abgerufen am 1. März 2015, auf alterzgebirge.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ o.A.: Schneestürme in den Wintern 1855 und 1856. in: Saydaer Amts- und Heimatblatt. Heft 12/2004. S. 16.
- ↑ Gerhard Heilfurth: Gottes Richterspruch, in: Glückauf 55 (1933), S. 176.
- ↑ Christian Lehmann: Die Kriegschronik. Sachsen mit Erzgebirge. Nachdruck der 1916 von P. Bönhoff bearbeiteten Ausgabe. Scheibenberg 1998. S. 33.
- ↑ Carl Wilhelm Hering: Geschichte des Sächsischen Hochlandes. Band 2, Leipzig 1828, S. 47.
- ↑ Joseph von Westfalen: Vorschlag: die projektirte Eisenbahn von Prag nach Dresden von Aussig aus nicht an der Elbe her, sondern gegen das Erzgebirge und über dasselbe von Herbitz aus … auszuführen. Dresden 1843
- ↑ Schnellstraße im Erzgebirge vor dem Aus, Deutsche Verkehrszeitung vom 28. Januar 2009
- ↑ Codex diplomaticus Saxoniae regiae, I A 2, Nr. 510
- ↑ zitiert in: Hermann Adalbert Daniel: Deutschland nach seinen physischen und politischen Verhältnissen, Band 1, Physische Geographie, 4. Auflage, Fues-Verlag, Leipzig 1873, S. 266 (Link zum Digitalisat)
- ↑ zit. in Christian Preiß: Die Alte Teplitzer Poststraße. Vom vorgeschichtlichen Steig zur Autobahn des 21. Jahrhunderts. Pirna 2004 (Eigenverlag). S. 60.
- ↑ zit. in Eduard Zak: Wetterfichten am Kahleberg. Dresden 1955. S. 49.
- ↑ Thomas Wittig: Mit dem Fahrrad Richtung Tschechien: Radweg auf stillgelegter Bahntrasse im Erzgebirge überraschend genehmigt. In: Freie Presse. Chemnitzer Verlag und Druck GmbH & Co. KG, 28. August 2023, abgerufen am 15. Februar 2024 (Nur Artikelanfang frei zugänglich).
- ↑ Sindy Einhorn: Erster Schritt für Radweg auf alter Bahntrasse bei Marienberg. In: Antenne Sachsen. BCS Broadcast Sachsen GmbH, Dresden, 25. August 2023, abgerufen am 15. Februar 2024.
- ↑ Verschiedene Autoren (u. a. Stanislav Ded): Přísečnice – zatopena, ale nezapomenuta/Preßnitz – versunken aber nicht vergessen; Sammelband, Regionalmuseum Chomutov, 2004, ohne ISBN. Kap. Die Stadt am Passweg, Preßnitzer Pass S. 62 (tschechisch/deutsch).
- ↑ Verschiedene Autoren (u. a. Stanislav Ded): Přísečnice – zatopena, ale nezapomenuta/Preßnitz – versunken aber nicht vergessen; Sammelband, Regionalmuseum Chomutov, 2004, ohne ISBN. Kap. Die Stadt am Passweg, Husarengrab am Preßnitzer Pass S. 62, Abbildung des Husarengrabs S. 71 (tschechisch/deutsch).
- ↑ a b Michaela Balášová, Ivonne Burghardt: Eine unbekannte Urkunde aus dem Jahr 1339 als ältester schriftlicher Nachweis von Silberbergbau im böhmischen Erzgebirge. In: Landesamt für Archäologie, Regina Smolnik (Hrsg.): Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege. Beiheft 29, 2013, ISBN 978-3-943770-16-2, ISSN 0138-4546, S. 177–178 (Onlineversion auf academia.edu [abgerufen am 9. August 2016]).
- ↑ Michaela Balášová, Ivonne Burghardt: Eine unbekannte Urkunde aus dem Jahr 1339 als ältester schriftlicher Nachweis von Silberbergbau im böhmischen Erzgebirge. … S. 178.
- ↑ Neubau der B 93 nach Tschechien nicht vor 2015. 14. Februar 2006, abgerufen am 12. September 2013.