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„Attentat vom 20. Juli 1944“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Wolfsschanze Gedenktafel Stauffenberg-Attentat (2011).JPG|mini|Gedenktafel auf dem Gelände des ehemaligen Führerhauptquartiers [[Wolfsschanze]]]]
[[Bild:Erwinvonwitzleben.jpg|thumb|Generalfeldmarschall Erwin v. Witzleben]]
[[Datei:Plaque on Memorial to the German Resistance, Berlin.JPG|mini|Gedenktafel im Innenhof des [[Bendlerblock]]s]]


Das '''Attentat vom 20. Juli 1944''' war der bedeutendste Umsturzversuch des [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus#Widerstand innerhalb der Wehrmacht|militärischen Widerstandes]] in der [[Zeit des Nationalsozialismus]].<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bpb.de/publikationen/9SQ337,0,0,Nr_37_20_Juli_1944.html |titel=Themenblätter im Unterricht: Nr. 37 – 20. Juli 1944 |hrsg= ([[Bundeszentrale für politische Bildung]]) |abruf=2019-07-20}}</ref>
Das [[Attentat]] und der versuchte [[Staatsstreich]] vom '''20. Juli 1944''' waren die stärksten Zeichen des [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus|Widerstands]] von Deutschen gegen das Regime [[Adolf Hitler]]s in der [[Zeit des Nationalsozialismus]]. Die Beteiligten der [[Verschwörung]] stammten aus vielen Schichten der Bevölkerung und hatten vielfältige Kontakte zum [[Kreisauer Kreis]] um [[Helmuth James Graf von Moltke]]. Unter den 200 später wegen der Erhebung Hingerichteten waren ein [[Generalfeldmarschall]] ([[Erwin von Witzleben]]), 19 [[General|Generäle]], 26 Obersten, zwei [[Botschafter]], sieben [[Diplomat|Diplomaten]], ein [[Minister]], drei [[Staatssekretär]]e sowie der Chef der [[Reichskriminalpolizei]]; des Weiteren mehrere [[Oberpräsident]]en, [[Polizeipräsident]]en und [[Regierungspräsident]]en. Voraussetzung für den geplanten Machtwechsel war ein erfolgreiches Attentat auf Hitler. Die von [[Claus Graf Schenk von Stauffenberg]] platzierte Bombe tötete den [[Diktator]] jedoch nicht. Dies und das Zögern beim Auslösen der „[[Operation Walküre]]“, des Plans zum Staatsstreich, ließen den Umsturzversuch scheitern.
Als Voraussetzung für einen Machtwechsel, auch unter dem Gesichtspunkt des „[[Führereid|Eides auf den Führer]]“, galt den Verschwörern die Tötung [[Adolf Hitler]]s. Hitler überlebte jedoch die Explosion der am 20.&nbsp;Juli 1944 im [[Führerhauptquartier Wolfsschanze]] von [[Claus Schenk Graf von Stauffenberg]] deponierten Sprengladung mit relativ leichten Verletzungen.

Dieser Fehlschlag sowie Lücken in der Vorbereitung und das Zögern beim Auslösen der [[Unternehmen Walküre|Operation Walküre]], des Planes zum [[Putsch|Staatsstreich]], ließen den Umsturzversuch scheitern. Die Beteiligten der [[Verschwörung]], die [[Personen des 20.&nbsp;Juli 1944]], stammten vor allem aus dem früheren [[Deutscher Adel|Adel]], der [[Wehrmacht]] und der Verwaltung. Sie hatten vielfach Kontakte zum [[Kreisauer Kreis]] um [[Helmuth James Graf von Moltke]].
Unter den mehr als 200 später wegen der Erhebung Hingerichteten waren [[Generalfeldmarschall]] [[Erwin von Witzleben]], 19 [[Generale]], 26 [[Oberst]]e, zwei [[Botschafter]], sieben [[Diplomat]]en, ein [[Minister]], drei [[Staatssekretär]]e sowie der Chef des [[Reichskriminalpolizeiamt]]s [[Arthur Nebe]]; außerdem mehrere [[Oberpräsident]]en, [[Polizeipräsident]]en und [[Regierungspräsident (Deutschland)|Regierungspräsidenten]].


== Vorgeschichte ==
== Vorgeschichte ==
[[Datei:Bundesarchiv Bild 136-B3516, Wehrmachtmanöver, Werner v. Fritsch, Ludwig Beck.jpg|mini|[[Werner von Fritsch]] und [[Ludwig Beck (General)|Ludwig Beck]] bei einem Wehrmachtsmanöver, 1937]]


Hitler hatte mit seiner [[Liebmann-Aufzeichnung|Ansprache vom 3.&nbsp;Februar 1933]] die Spitzen der Wehrmacht ohne grundsätzliche Einwendungen hinter sich gebracht. Er konnte davon ausgehen, dass sie sein Programm prinzipiell billigten.<ref>Michael Salewski: ''Die bewaffnete Macht im Dritten Reich 1933–1939.'' In: ''Wehrmacht und Nationalsozialismus 1933–1933.'' Hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, München 1983, S. 21–24.</ref> Jedoch war das Verhältnis zwischen den traditionalistischen Elementen in der Militärspitze und der Staatsführung schon in den ersten Jahren nach der NS-„[[Machtergreifung]]“ im Jahr 1933 durch verschiedene Krisen gekennzeichnet, wobei sich die meisten dieser Militärs aber letztlich dem [[Führereid]] und dem [[Primat der Politik]] unterordneten.<ref>Winfried Heinemann: ''Unternehmen «Walküre»: Eine Militärgeschichte des 20. Juli 1944.'' De Gruyter, 2019, S. 51 ff.</ref>
Schon [[1938]] regte sich erster Widerstand in den Kreisen der Offiziere der [[Deutsche Wehrmacht|Wehrmacht]] gegen die Kriegsvorbereitungen der regierenden Nationalsozialisten. Anlass war die Entlassung des Reichskriegsministers General [[Werner von Blomberg]] und die Affäre um [[Werner von Fritsch]] im Frühjahr. Diese nutzte Adolf Hitler zur Entmachtung der Wehrmachtsführung und zur gezielten Vorbereitung eines Krieges. Im Herbst trat der Chef des Generalstabes der Wehrmacht Generaloberst [[Ludwig Beck]] angesichts der sich ankündigenden [[Sudetenkrise]] zurück. Beck hatte von Adolf Hitler Aufklärung über dessen außenpolitische Ziele verlangt. Daraufhin war ihm von diesem beschieden worden, dass er "das Schwert zu führen habe, wo und wann immer er, Hitler, es ihm befehle". Der Weg war frei für das Besetzen wichtiger Positionen mit Hitler ergebenen Admiralen und Generälen.


Im Frühjahr 1938 kam es erstmals zu erheblichen Spannungen zwischen Hitler und den Spitzen der Wehrmacht. Anlass war die Entlassung des [[Reichswehrministerium|Reichskriegsministers]] Generalfeldmarschall [[Werner von Blomberg]] und des [[Oberkommando des Heeres|Oberbefehlshabers des Heeres]] Generaloberst [[Werner von Fritsch]] im Verlauf der [[Blomberg-Fritsch-Krise]]. Diese nutzte Hitler zur Entmachtung der Wehrmachtführung, die sich bisher einer gezielten Kriegsvorbereitung widersetzt hatte, indem er mehrere hohe Generäle in den Ruhestand verabschiedete oder an andere Stellen versetzen ließ, und zur Installation des [[Oberkommando der Wehrmacht|Oberkommandos der Wehrmacht]] (OKW) an Stelle des [[Reichswehrministerium|Reichskriegsministeriums]]. Im August trat außerdem der Chef des [[Oberkommando des Heeres|Generalstabs des Heeres]], Generaloberst [[Ludwig Beck (General)|Ludwig Beck]], angesichts der sich zuspitzenden [[Sudetenkrise]] zurück. Beck, der seit Herbst 1937 von den Plänen Hitlers zur Besetzung der Tschechoslowakei („[[Sudetenkrise#Hitlers Ziele und die erste Eskalation zur Krise|Fall Grün]]“) informiert war, hatte von Hitler Aufklärung über dessen außenpolitische Ziele verlangt. Daraufhin war ihm von Hitler beschieden worden, dass er (Beck) „das Schwert zu führen habe, wo und wann immer“ er, der „[[Führer]]“, es ihm befehle.
[[Erwin von Witzleben]], Kommandeur des [[Wehrkreis]]es III ([[Berlin]]), und [[Walter Graf von Brockdorff-Ahlefeldt]], Kommandant der [[Potsdam]]er Garnison wollten den Umsturz im September 1938 anführen. Eine Panzerdivision unter Generaloberst [[Erich Hoepner]] stand bereit für den Fall, dass die [[Leibstandarte Adolf Hitler|Leibstandarte]] eingreifen sollte. Geplant war eine militärische Aktion und die Gefangennahme Hitlers durch den Generalstabschef des Heeres [[Franz Halder]]. Des Weiteren entschloss sich Major [[Hans Oster]] von der [[Abwehr (Nachrichtendienst)|Abwehr]] mit Staatssekretär [[Ernst von Weizsäcker]] im Auswärtigen Amt zu kooperieren. Der Bruder seines Vertrauten [[Erich Kordt]], Dr. [[Theo Kordt]], war Botschaftsrat in London. Dieser hatte den Auftrag, mit dem englischen Außenminister [[Edward Frederick Lindley Wood, 1. Earl of Halifax|Lord Halifax]], Verbindung aufzunehmen. Dann jedoch reiste der englische Premierminister [[Neville Chamberlain]] im September 1938 nach München. Dort gaben er und seine Kollegen aus Frankreich und Italien im [[Münchner Abkommen]] das [[Sudetenland]] preis. Damit hatte der Widerstand seinen Rückhalt im Ausland verloren. Hitler erhielt auf friedlichem Wege, was er gewaltsam einnehmen wollte. Die angesichts der Kriegsgefahr zögerlich gewordene deutsche Bevölkerung ergab sich mehrheitlich einer euphorischen Begeisterung für Hitler.


Im September 1938 mündete dieser erste Widerstand in den Kreisen der ranghöchsten Offiziere der Wehrmacht in die sogenannte [[Septemberverschwörung]]. Diese wurde von Becks Nachfolger [[Franz Halder]] betrieben, der, anders als Beck, bereit war, wenn nötig, einen Staatsstreich zur Absetzung Hitlers herbeizuführen. [[Erwin von Witzleben]], Befehlshaber im [[Wehrkreis III (Berlin)]], und [[Walter von Brockdorff-Ahlefeldt]], Kommandant der [[23. Infanterie-Division (Wehrmacht)|23. Infanterie-Division]] in [[Potsdam]], sollten diesen im Falle des Kriegsausbruchs durchführen. Eine Panzerdivision unter Generalleutnant [[Erich Hoepner]] stand für den Fall bereit, dass die [[Leibstandarte SS Adolf Hitler|SS-Leibstandarte]] eingreifen würde. Geplant waren von Halder eine militärische Aktion und die Gefangennahme Hitlers. Darüber hinaus entschloss sich Major [[Hans Oster]] vom [[Amt Ausland/Abwehr]], mit [[Staatssekretär]] [[Ernst von Weizsäcker]] im [[Auswärtiges Amt|Auswärtigen Amt]] zu kooperieren.
Vor der Polen-Krise im Sommer [[1939]] kam es zu einem neuen Versuch des Widerstandes. [[Gerhard Graf von Schwerin]], Leiter der Gruppe England/Amerika im Generalstab des Heeres, wurde nach [[London]] geschickt. Er überbrachte die Botschaft: "Schickt ein Flottengeschwader nach Danzig (...) Treibt den Militärpakt mit der Sowjetunion voran. Das einzige, was Hitler von weiteren Abenteuern abhalten kann, ist ein drohender Zweifrontenkrieg." Er scheiterte genau wie der Politiker [[Carl Friedrich Goerdeler]], der es kurz nach ihm versuchte.
Der Bruder seines Vertrauten [[Erich Kordt]], [[Theodor Kordt]], war Botschaftsrat in [[London]]. Er hatte die Aufgabe, mit dem [[Foreign and Commonwealth Office|britischen Außenminister]] [[Edward Wood, 1. Earl of Halifax|Lord Halifax]] Verbindung aufzunehmen. Überraschend reiste aber der [[Premierminister des Vereinigten Königreichs|britische Premierminister]] [[Neville Chamberlain]] im September 1938 nach München, wo im [[Münchner Abkommen]] die Abtretung des [[Sudetenland]]es durch die [[Erste Tschechoslowakische Republik|Tschechoslowakei]] an das [[NS-Staat|Deutsche Reich]] vereinbart wurde. So erhielt Hitler ein Territorium, das er ursprünglich gewaltsam hatte einnehmen wollen, ohne Krieg. „Die Bevölkerung, die angesichts der drohenden Gefahr zunächst zögerlich geworden war, konnte ihrer Begeisterung für den Führer nun wieder freien Lauf lassen.“<ref name="Doenhoff">[[Marion Gräfin Dönhoff]]: [https://www.zeit.de/1998/30/199830.20.juli_.xml ''Der 20. Juli 1944: Ein vergessener Tag.''] In: ''[[Die Zeit]].'' Nr. 30/1998.</ref> Damit war das Staatsstreichunternehmen von 1938 schon gescheitert, bevor es begonnen hatte,<ref>Vgl. Joachim Fest: ''Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli.'' Berlin 1994, ISBN 3-88680-539-5, S. 102.</ref> und diese „Gruppe zerfiel mit Hitlers außenpolitischem Erfolg in München.“<ref>Peter Longerich: ''Hitler. Biographie.'' Siedler, München 2015, S. 964.</ref>


Vor dem [[Überfall auf Polen]] im September 1939 kam es zu einem neuen Versuch, Hitlers Pläne zu durchkreuzen. [[Gerhard Graf von Schwerin]], Leiter der Gruppe England/Amerika in der [[Abteilung Fremde Heere]] des Generalstabs, wurde nach [[London]] geschickt. Er überbrachte die Botschaft: „Schickt ein Flottengeschwader nach Danzig: Treibt den Militärpakt mit der Sowjetunion voran. Das einzige, was Hitler von weiteren Abenteuern abhalten kann, ist ein drohender Zweifrontenkrieg.“<ref name="Doenhoff" /> Es gelang ihm genauso wenig wie dem Politiker [[Carl Friedrich Goerdeler]], der kurz nach ihm versuchte, die britische Seite zu den gewünschten Maßnahmen zu bewegen.
Auch im Vorfeld des Frankreichfeldzuges kam es im Winter 1939/40 zu einer Verschwörung. Hitler wollte Frankreich bereits im November 1939 angreifen, was die Militärs für Wahnsinn hielten. Anfänglich erklärten sich der Oberbefehlshaber des Heeres [[Walther von Brauchitsch]] und sein Stabschef [[Franz Halder]] bereit, Hitler zu verhaften, sobald er den Angriffsbefehl geben würde. Als Hitler Brauchitsch abkanzelte und drohte, den 'Geist von Zossen' (dort saß der Generalstab) auszurotten, bekam dieser kalte Füße und trennte seine Verbindungen zum Widerstand. In der gleichen Zeit, gab Oberst [[Hans Oster]] von der [[Abwehr]] die ihm bekannten Angriffstermine über einen befreundeten holländischen Offizier an die Westmächte bekannt. Da der Angriff jedoch ständig - insgesamt fast 30-mal - wegen schlechten Wetters verschoben wurde, verloren seine Angaben an Glaubwürdigkeit.


Im Winter 1939/40 entstanden im Vorfeld des geplanten [[Westfeldzug|Angriffs auf Frankreich]] erneut Vorbereitungen zu einem Staatsstreich. Hitler wollte [[Dritte Französische Republik|Frankreich]] eigentlich bereits im November 1939 angreifen lassen. Die Spitze der Wehrmacht hielt dieses Vorhaben für absolut undurchführbar. Anfänglich erklärten sich der Oberbefehlshaber des Heeres [[Walther von Brauchitsch]] und sein Stabschef Halder bereit, Hitler verhaften zu lassen, sobald er den Angriffsbefehl geben würde. Brauchitsch suchte Hitler auf und trug ihm die Bedenken des Generalstabs vor. Hitler aber kanzelte ihn ab und drohte, den „Geist von Zossen“ auszurotten. (Im Zossener Ortsteil [[Wünsdorf]] befanden sich die verbunkerten Hauptquartiere des [[Oberkommando des Heeres|Oberkommandos des Heeres]] und des [[Oberkommando der Wehrmacht|Oberkommandos der Wehrmacht]].)
Im Juni [[1942]] brachte [[Adam von Trott zu Solz]] unter Lebensgefahr eine Denkschrift nach London. Der englische Außenminister [[Anthony Eden]] lehnte jedoch jede Antwort an die Leute ab, die er für Landesverräter hielt. Er bezeichnete eine Zusammenarbeit als unmöglich, "solange sie sich nicht decouvrieren und ein sichtbares Zeichen ihrer Absicht, bei der Entmachtung des Nazi-Regimes mitzuwirken, gaben".
Daraufhin brach von Brauchitsch die Verbindung zum Widerstand ab, und Halder vernichtete sämtliche inkriminierenden Dokumente. Die Befehlshaber der drei [[Heeresgruppe]]n im Westen, mit Ausnahme [[Wilhelm Ritter von Leeb]]s, weigerten sich zudem, sich an einem Staatsstreich zu beteiligen. Der misslungene Bombenanschlag des Widerstandskämpfers [[Georg Elser]] am 8.&nbsp;November 1939 im Münchner [[Bürgerbräukeller]] beendete dann vorerst die Staatsstreichpläne. Zwar gab in der gleichen Zeit Oberst [[Hans Oster]] von der Abwehr die ihm bekannten Angriffstermine über den mit ihm befreundeten [[Niederlande|niederländischen]] [[Militärattaché]] in [[Berlin]], [[Bert Sas]], an die Westmächte bekannt. Da aber der Angriff mehr als zwanzigmal wegen der ungünstigen Wetterverhältnisse verschoben wurde, verloren die Angaben von Sas bzw. die seines Informanten zunehmend an Glaubwürdigkeit.


Nach dem [[Waffenstillstand von Compiègne (1940)|Sieg über Frankreich]] im Juni 1940 wich die in der Führung der Wehrmacht verbreitete Skepsis einer Begeisterung für Hitler. „Welche Veränderung in welcher Zeit!“, schwärmte der spätere Hitler-Attentäter Stauffenberg von Hitlers Siegen über Polen und Frankreich 1939/1940.<ref name="Spiegel 2004">{{Der Spiegel |ID=31478228 |Autor=[[Klaus Wiegrefe]] |Titel=Helden und Mörder |Jahr=2004 |Nr=29}}</ref> „Der Vater dieses Mannes war kein Kleinbürger. Der Vater dieses Mannes ist der Krieg.“<ref>[https://www.stern.de/politik/historie/:Claus-Stauffenberg-Der-Mann,-Deutschland/523701.html?id=523701 ''Claus von Stauffenberg. Der Mann, der Deutschland retten wollte''.] In: ''[[Stern (Zeitschrift)|Stern]].'' 20. Juli 2019.</ref>
Mehrere andere Versuche, Hitler zu beseitigen, schlugen fehl: Am 21. März 1943 versuchte [[Rudolf Christoph Freiherr von Gersdorff]], sich mit Hitler und der anwesenden Führungsspitze im Berliner Zeughaus in die Luft zu sprengen. Kurz darauf versuchte der Offizier [[Henning von Tresckow]] Hitler durch eine Sprengladung in dessen Flugzeug zu töten, der Zünder war jedoch defekt.
So war Stauffenbergs Idee zunächst: „Zuerst müssen wir den Krieg gewinnen. Aber dann, wenn wir nach Hause kommen, werden wir mit der braunen Pest aufräumen.“<ref name="Spiegel 2004" /> Erst die Kenntnis der Massentötungen von Zivilisten hinter der Ostfront, der Ermordung von dreieinhalb Millionen sowjetischen [[Kriegsgefangene]]n und vor allem der Erschießung Hunderttausender Juden ließ ihn einen Umsturz noch während des Krieges versuchen.<ref>Richard J. Evans: ''Sein wahres Gesicht.'' In: ''sz-magazin.'' Heft 04/2009 ([https://sz-magazin.sueddeutsche.de/drucken/text/27927 online]).</ref>


Erst als der [[Deutsch-Sowjetischer Krieg|Russlandfeldzug]] während der [[Schlacht um Moskau]] im Winter 1941 zunehmend die Grenzen der deutschen Wehrmacht aufzeigte, kam es erneut zu Widerstandsplänen. Im Juni 1942 brachte [[Adam von Trott zu Solz]] unter Lebensgefahr eine Denkschrift nach London. Der britische Außenminister [[Anthony Eden]] lehnte jedoch jede Antwort an die Leute ab, die er für Landesverräter hielt. Er bezeichnete eine Zusammenarbeit als unmöglich, „solange sie sich nicht decouvrieren und ein sichtbares Zeichen ihrer Absicht geben, bei der Entmachtung des NS-Regimes mitzuwirken“.<ref name="Doenhoff" />
Stauffenberg war keineswegs von Anfang an Gegner des Regimes. Noch 1938 nahm er an der Besetzung des [[Sudetenland]]es teil. Etwa seit Beginn des Jahres 1939 stand er dem Regime skeptisch gegenüber und war im September 1942 entschlossen, selbst aktiv gegen das Regime vorzugehen. Stauffenberg kam in einen Konflikt zwischen seiner Tradition als vaterlandstreuer Soldat, seinem Eid, den er seinem Führer geschworen hatte, und seinem eigenen Gewissen; er wollte nicht länger den Massenermordungen und Verbrechen Hitlers tatenlos zusehen. Dieser Konflikt wird in folgendem Ausspruch Stauffenbergs deutlich:


Ebenfalls Mitte 1942 begann eine Gruppe, für die heute die Namen [[Henning von Tresckow]] und Claus Schenk Graf von Stauffenberg stehen, Pläne zu verwirklichen, die den Tod Hitlers zum Ziel hatten. Mehrere Versuche dieser Gruppe, Hitler zu töten, schlugen fehl. Am 13.&nbsp;März 1943 schmuggelten Henning von Tresckow und [[Fabian von Schlabrendorff]] beim Besuch des Diktators in [[Smolensk]], der sich auf dem Rückflug von [[Winniza]] nach Ostpreußen befand, eine als [[Cointreau]]<nowiki />flaschenpaket getarnte Bombe in das Flugzeug Hitlers.<ref>Horst Mühleisen: [https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1991_3.pdf ''Hellmuth Stieff und der deutsche Widerstand.''] In: ''Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte.'' Heft 3, Juli 1991, S. 346 (PDF; 7,72&nbsp;MB).</ref> Deren Zündmechanismus versagte jedoch.<ref>Bodo Scheurig: ''Henning von Tresckow. Eine Biographie.'' Stalling, Oldenburg 1973, S.&nbsp;138–140.</ref>
''"Es ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem Gewissen. Ich könnte den Frauen und Kindern der Gefallenen nicht in die Augen sehen, wenn ich nicht alles täte, dieses sinnlose Menschenopfer zu verhindern."''
Der Sprengstoff dafür war von [[Wilhelm Canaris|Admiral Canaris]], dem Chef der Abwehr, und dem Oberst i.&nbsp;G. [[Erwin Lahousen]] besorgt worden. Acht Tage später wollte sich [[Rudolf-Christoph von Gersdorff|Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff]] anlässlich einer Ausstellungseröffnung von Beutewaffen im [[Zeughaus Berlin|Berliner Zeughaus]] mit Hitler in die Luft sprengen. Aber Hitler verließ das Zeughaus, kurz bevor der bereits geschärfte und auf zehn Minuten eingestellte Zeitzünder die Bombenexplosion auslösen konnte. Gersdorff gelang es im letzten Augenblick, die Bombe zu entschärfen.


Bis zum Sommer 1943 gingen diese Initiativen von dem an der Ostfront eingesetzten Tresckow aus, ab September 1943 bereitete Stauffenberg Attentat und Putsch vor. Er war keineswegs von Anfang an ein Gegner des Regimes. Anfänglich begrüßte er beispielsweise die Aufkündigung des [[Friedensvertrag von Versailles|Versailler Vertrages]] durch Hitler. Er weigerte sich jedoch, der [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] beizutreten. Nach der [[Novemberpogrome 1938|Reichspogromnacht]] 1938 ging er allmählich auf Distanz zum [[Zeit des Nationalsozialismus|NS-Regime]]. Im Sommer 1940 erlag er kurzfristig der nationalen Euphorie, die durch den erfolgreichen [[Westfeldzug|Frankreichfeldzug]] ausgelöst worden war. Das endgültige Umdenken setzte ein Jahr später mit dem [[Unternehmen Barbarossa|Angriff gegen die Sowjetunion]] ein. Stauffenberg empörte sich über die planmäßigen und massenhaften Morde der [[Schutzstaffel|SS]] und der [[Sicherheitsdienst des Reichsführers SS|SD]]-[[Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD|Einsatzgruppen]] hinter der Front.
Im Juli [[1944]] gab es seitens Stauffenbergs mehrere Versuche, das Attentat auszuführen. Es wurde jedoch mehrmals verschoben, da entweder [[Hermann Göring|Göring]] oder [[Heinrich Himmler|Himmler]] nicht anwesend waren.


Dies und die frühzeitig erlangte Überzeugung, dass der Krieg schon längst verloren sei, waren wie bei vielen Widerständlern aus der Wehrmacht bedeutsame Motive für den [[Tyrannenmord]].
== Donnerstag, 20. Juli 1944 ==
Am frühen Morgen fliegt Oberst [[Claus Graf Schenk von Stauffenberg]] zusammen mit seinem Adjutanten Oberleutnant [[Werner von Haeften]] von Berlin in das [[Führerhauptquartier]] "[[Wolfsschanze]]" bei [[Rastenburg]] (Ostpreußen). Haeften führt in einer Aktentasche zwei von [[Wessel Freiherr von Freytag-Loringhoven]] beschaffte englische Sprengstoffladungen mit zwei englischen Spezialzündern mit sich (Nach Jacobsen (1961)<ref name="Jacobsen1961">Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.): ''Spiegelbild einer Verschwörung - Die Kaltenbrunner-Berichte an Bormann und Hitler über das Attentat vom 20. Juli 1944''. Stuttgart 1961</ref> steht nach neuerer Forschung inzwischen fest, dass Oberst i.G. [[Wessel Freiherr von Freytag-Loringhoven]] den Sprengstoff unbemerkt aus Beutebeständen der Abwehr hatte entnehmen können und dass es sich dabei um keine deutsche Nachbildung englischen [[Sprengstoff]]s vom Typ ''Plastit W'' handelte, sondern um originales englisches Sprengmaterial. Zwei weitere Vermutungen, nach denen [[Philipp Freiherr von Boeselager]] oder [[Rudolf Christoph Freiherr von Gersdorff]] den Sprengstoff besorgt haben sollen, konnten bisher nicht ausreichend erhärtet werden. Philipp von Boeselager war nach eigenem Bekunden nur einer der Transporteure des Sprengstoffs, den von Freytag-Loringhoven ihm übergeben hatte. Ein ähnlicher Tatbestand könnte im Falle Rudolf von Gersdorff zutreffen. Nach dem aktuellen Stand der Forschung, ist deshalb wohl davon auszugehen, dass sowohl von Boeselager, wie auch von Gersdorff den Sprengstoff in Händen gehalten und auf ehrenhafte Weise weitertransportiert haben).


Stauffenberg hat sich über seine Beweggründe unter anderem so geäußert:
Stauffenberg erfährt erst kurz nach seiner Ankunft im Führerhauptquartier, dass die Lagebesprechung um eine halbe Stunde vorverlegt wurde, weil Hitler für den Nachmittag ein Treffen mit [[Benito Mussolini]] vorgesehen hat. Das geplante Attentat droht zu scheitern, da zunächst noch Zeitzünder an den Sprengsätzen zu aktivieren sind. Vor der Berichterstattung an Hitler gibt Stauffenberg vor, sich ein neues Hemd anziehen zu wollen. Da er als Einarmiger dazu Hilfe braucht, kann er gemeinsam mit Haeften die Sprengladungen vorbereiten. Sobald die Säurekapsel an den Sprengsätzen zerstört sind, bleiben nur noch 10-15 Minuten bis zur Explosion. Weil Stauffenberg von einem hinzu kommenden Feldwebel gestört wird, kann er jedoch nur ein Kilogramm statt der geplanten zwei Kilogramm Sprengstoff einsetzen. Damit unterläuft ihm, der nur geringe Kenntnisse über Sprengstoffe besitzt, ein folgenschwerer Fehler. Statt das zweite Paket ohne Zünder zusammen mit dem scharfen Paket Sprengstoff in der Tasche unterzubringen, deponiert Stauffenberg nur das eine Kilogramm Sprengstoff in seiner Tasche. Die Explosion des scharfen Paketes hätte allerdings das Paket ohne Zünder zwangsläufig ebenfalls explodieren lassen, was nach der Meinung von Experten unzweifelhaft zum Tode aller Personen in der Lagerbaracke geführt hätte.
{{Zitat
|Text=Es ist Zeit, daß<!-- sic! gesamte Schreibweise im Zitat mit ‚ß‘ belassen!--> jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muß sich bewußt sein, daß er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterläßt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem Gewissen.
|ref=<ref>Stauffenberg kurz vor dem 20.&nbsp;Juli 1944 in einem Gespräch mit der Frau seines Bamberger Regimentskameraden Bernd von Pezold (Joachim Kramarz: ''Claus Graf Stauffenberg. 15. November 1907 – 20. Juli 1944. Das Leben eines Offiziers.'' Frankfurt am Main 1965, S. 201).</ref>}}
{{Zitat
|Text=Ich könnte den Frauen und Kindern der Gefallenen nicht in die Augen sehen, wenn ich nicht alles täte, dieses sinnlose Menschenopfer zu verhindern.
|ref=<ref>Kramarz: ''Claus Graf Stauffenberg.'' 1965, S. 132.</ref>}}


Geplant war zunächst, das Attentat durch eine andere Person ausführen zu lassen, die wegen der höheren Erfolgschancen zur Selbstopferung bereit war, während es Stauffenbergs Hauptverantwortung sein sollte, nach gelungenem Attentat den Putsch vom „[[Bendlerblock]]“ aus zu dirigieren. Das Gebäude Bendlerstraße 11–13 (seit 1955: Stauffenbergstraße, [[Berlin-Tiergarten]]) war Sitz des [[Allgemeines Heeresamt|Allgemeinen Heeresamtes]] und des Befehlshabers des [[Ersatzheer]]es im [[Oberkommando der Wehrmacht]].
Stauffenberg verlässt die Besprechung unter dem Vorwand eines Telefonates. Kurz vor der Detonation wird die Tasche direkt unter den schweren Eichentisch gestellt, weil sie einen der Anwesenden störte. Um etwa 12:42 Uhr detoniert die Bombe. Vier Personen werden schwer verletzt und erliegen ihren Verletzungen kurz darauf im Spital, fast alle Anwesenden werden verletzt. Hitler selbst wird jedoch nur leicht verletzt (er erleidet lediglich Prellungen, Schürfungen sowie Blutergüsse). Wie der spätere General der Bundeswehr Heusinger berichtet, trug er dem Führer gerade zur Lage weit im Norden der Sowjetunion vor; deshalb lagen beide Männer fast, weit über die riesige Karte gebeugt, auf der dicken Tischplatte, als es zur Detonation kam. Vor allem deshalb wirkte sich wohl die Bombe nur schwach auf Hitler aus. Außerdem war die Wirkung der Explosion in der Baracke geringer, weil ein Teil der Energie durch die Fenster entweichen konnte. In dem Bunker, der ursprünglich als Ort für die Besprechung vorgesehen war, wären Hitler und die anderen Anwesenden getötet worden. Der "Führer" gewinnt nach dem gescheiterten Attentat neue Zuversicht. Er betrachtet es als göttliche Vorsehung, dass er den Angriff überlebt hat.


Stauffenberg gewann zunächst im Herbst 1943 den jungen Offizier [[Axel von dem Bussche]] dafür, das Attentat im November 1943 auszuführen. Von dem Bussche war zuvor im Oktober 1942 bei [[Dubno]] in der Ukraine zufällig Zeuge einer Massenerschießung von über 3000&nbsp;Juden durch den [[Sicherheitsdienst des Reichsführers SS|SD]] geworden. Diese Erfahrung hatte ihn zu einem erbitterten Gegner des Regimes gemacht. Auf Anregung Stauffenbergs erklärte er sich zu einem Selbstmordattentat bereit. Bei einer Vorführung neuer Winteruniformen im [[Führerhauptquartier Wolfsschanze]] wollte er Hitler mit einer selbstgebastelten Bombe töten, deren Detonation durch eine [[Handgranate]] ausgelöst werden sollte. Aber am 16.&nbsp;November 1943 wurde der Eisenbahnwaggon mit den Uniformen bei einem britischen Luftangriff auf Berlin zerstört.
Stauffenberg fliegt mit Haeften in der festen Überzeugung nach Berlin, dass Hitler tot sei. In Berlin sollen unter dem Codewort „[[Operation Walküre|Walküre]]“ alle [[Gestapo]]-, [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|Partei-]] und [[Schutzstaffel|SS]]- Dienststellen von der Wehrmacht besetzt werden. Es wird jedoch nur halbherzig vorgegangen. Der Walküre-Plan ist ein offizieller, aber von Tresckow und Stauffenberg für die Bedürfnisse des Staatsstreichs angepasster Plan für den Fall innerer Unruhen. Lediglich in Paris und ansatzweise in Wien gelingt dieses Vorgehen. Stauffenberg muss nach seiner Ankunft im Berliner [[Bendlerblock]], dem Oberkommando des Heeres und der Verschwörer-Zentrale, gegen 16:30 Uhr feststellen, dass außer der Alarmierung der Truppen des Ersatzheeres, das die militärische und vollziehende Gewalt in Deutschland übernehmen soll, nichts unternommen wurde. Es fehlen zudem klare Nachrichten über den Erfolg des Attentates auf Hitler.
Im Januar 1944 wurde eine weitere Vorführung vereitelt, weil sein (in die Pläne nicht eingeweihter) Vorgesetzter Generalmajor [[Paul Gurran]] die Vorführung untersagte, mit dem Ausspruch: „Meine Offiziere sind keine Mannequins“.<ref>Stefan Wolter: ''Pastorenkinder im Weltkrieg.'' (= Schriftenreihe Denk-MAL-Prora. Bd. 6). Halle 2014, S. 353.</ref><ref>[https://www.healio.com/orthotics-prosthetics/prosthetics/news/print/o-and-p-news/%7Bd20a6449-df40-4856-9f7b-73c2a792c909%7D/amputation-may-have-saved-soldier-from-hitlers-vengeance Amputation May Have Saved Soldier From Hitler’s Vengeance]</ref> Ein schließlich für Februar 1944 geplanter Anschlag konnte nicht ausgeführt werden, weil von dem Bussche Ende Januar 1944 an der Ostfront schwer verwundet worden war.


Stauffenberg selbst hatte ein Attentat für den 26. Dezember 1943 im Hauptquartier Wolfsschanze geplant. Es kam nicht zur Ausführung, weil Hitler, als Stauffenberg schon im Vorzimmer wartete, die Besprechung absagte, da er sich kurzfristig entschlossen hatte, an diesem Tag nach Berchtesgaden zu fliegen.
Die Problematik der Verzögerungen beim Anlauf des Walküre-Plans ist auf zwei Hauptgründe reduzierbar. Die Anschlagsversuche der Wehrmacht mussten, wie oben erwähnt, oft aus diversen Gründen verschoben oder abgebrochen werden. Beim nicht ausgeführten Versuch vom 15. Juli waren in der fälschlichen Annahme, das Attentat sei geglückt, bereits Teile des Walküre-Plans angelaufen. Nur unter größten Anstrengungen und mit viel Glück gelang danach die Vertuschung dieser Operationen. Bis auf den Kern des Widerstandes waren einige Anhänger nun nicht mehr bereit, ihr Leben ohne die Sicherheit über Hitlers Tod aufs Spiel zu setzen.


Im Februar 1944 trat von Stauffenberg an [[Ewald-Heinrich von Kleist-Schmenzin|Ewald-Heinrich von Kleist]] heran. Auf Anraten seines [[Ewald von Kleist-Schmenzin|Vaters]] („Ja, das mußt Du tun!“) stellte sich von Kleist für ein Selbstmordattentat zur Verfügung, das nach dem Muster des geplanten Bussche-Attentates ablaufen sollte. Das Vorhaben scheiterte, weil Hitler den Termin für die Vorführung der Uniformen mehrmals verschob.
Außerdem war mit Stauffenberg die zentrale Figur dieses Plans zunächst verhindert, da er auf dem Rückweg nach Berlin im Flugzeug nicht handlungsfähig war. Tatsächlich wäre seine Anwesenheit in Berlin in den Minuten und Stunden nach dem Attentat von größter Wichtigkeit gewesen, da nur er die strategischen Fähigkeiten und den Überblick besaß, die anstehenden Operationen zu initiieren und zu koordinieren.


Stauffenbergs Ordonnanzoffizier, Oberleutnant [[Werner von Haeften|von Haeften]], lehnte das Ansinnen Stauffenbergs, er solle Hitler töten, aus religiösen Gründen ab.
Die fehlende Nachricht über Hitlers Tod und das Fehlen Stauffenbergs in Berlin führten dazu, dass der Großteil aller nötigen Aktionen nicht oder nur zögerlich anlief.


Rittmeister [[Eberhard von Breitenbuch|von Breitenbuch]], Ordonnanzoffizier des Generalfeldmarschalls [[Ernst Busch (Offizier)|Ernst Busch]], wollte Hitler bei einem für den 11.&nbsp;März 1944 angesetzten Lagevortrag auf dem [[Berghof (Obersalzberg)|Obersalzberg]] mit einer Pistole erschießen. Doch am fraglichen Tag wurde ihm überraschend der Zutritt zum Besprechungssaal verwehrt. Hitler habe befohlen, so wurde ihm von einem SS-Mann bedeutet, dass die Besprechung ausnahmsweise ohne Ordonnanzoffiziere abgehalten werde.
An dieser Stelle darf nicht der Eindruck entstehen, dass der militärische Widerstand unorganisiert oder unfähig gewesen sei. Stauffenberg war als Kopf und Koordinator der Folgeaktionen unersetzlich, dennoch war es nicht möglich, einen anderen für das Attentat zu bestimmen. Der Zeitdruck vor dem Hintergrund der enormen Verluste an beiden Fronten und der schon zu oft verschobenen Versuche war so groß, dass nicht auf weitere Möglichkeiten gewartet werden sollte. Da Stauffenberg direkten Zugang zu Hitler besaß, war er der einzig wirkliche Kandidat für die Durchführung des Attentats, da andere Verschwörer in der Nähe Hitlers wie Stieff und Wagner dazu nicht bereit waren.


Am 7. Juli 1944 entschloss sich auf Anregung Stauffenbergs der Mitverschwörer Generalmajor [[Hellmuth Stieff]], im [[Schloss Kleßheim]] bei Salzburg anlässlich einer Vorführung neuer Uniformen Hitler umzubringen. Stieff versagten jedoch die Nerven. Er fühlte sich außerstande, das Attentat auszuführen. Im Rahmen der Prozessberichterstattung erwähnte die [[Nationalsozialistische Propaganda|NS-Propaganda]] diesen Anschlagsversuch.<ref>{{ANNO|obz|14|08|1944|1|Der Attentatsplan der Verschwörer für den 7. Juli}} (Foto von der Vorführung der neuen Felduniformen, das die mögliche Situation des Attentats mit Stieff zeigt.)</ref>
Erst nach Stauffenbergs Ankunft im Bendlerblock in Berlin, und damit viel zu spät für ein Gelingen der Aktion, gehen Befehle für den Staatsstreich heraus, die jedoch umgehend von der "[[Wolfsschanze]]" aus widerrufen werden. Es scheitern die Abriegelung des Berliner Regierungsviertels in der Wilhelmstraße, die Ausschaltung des Rundfunks in [[Berlin-Charlottenburg|Charlottenburg]], die Verhaftung der SS-Führung in [[Berlin-Lichterfelde|Lichterfelde]] und die Besetzung des Gestapozentrale in der Prinz-Albrecht-Straße. Noch vor Mitternacht gewinnen die Anhänger des Regimes die Oberhand. Maßgeblich an der Niederschlagung des Aufstandes vom 20. Juli 1944 beteiligt war der Wehrmachtsoffizier [[Otto Ernst Remer]]. Dieser gehörte nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches bis zu seinem Lebensende zu der Gruppe der [[Revisionismus#Historisch-nationalsozialistischer Revisionismus|Geschichtsrevisionisten]], die hartnäckig den [[Holocaustleugnung|Holocaust leugnen]].


Daraufhin fasste Stauffenberg wie im Dezember 1943 den Entschluss, persönlich das Attentat gegen Hitler und gleichzeitig gegen Himmler und Göring zu verüben und danach den Aufstand von Berlin aus zu dirigieren.
In Paris und Wien gelingt es dagegen den Verschwörern, die lokale SS unter Kontrolle zu bringen und die Oberhand zu gewinnen. Diese Tatsache wurde später jedoch von den örtlichen Verantwortlichen vertuscht. Die SS hatte sich viel zu leicht und vor allem kampflos entwaffnen und inhaftieren lassen (was Hitler mit Sicherheit nicht toleriert hätte), womit in Paris sowohl Wehrmacht als auch SS größtes Interesse an einer Vertuschung oder Verharmlosung der Aktion hatten.


[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1984-079-02, Führerhauptquartier, Stauffenberg, Hitler, Keitel.jpg|mini|Wolfsschanze am 15.&nbsp;Juli 1944: Hitler begrüßt den General der Flieger [[Karl-Heinrich Bodenschatz|K.-H. Bodenschatz]], der fünf Tage später durch Stauffenbergs Bombe schwer verletzt wurde (ganz links: Stauffenberg, rechts neben Hitler: [[Wilhelm Keitel]])]]
Im Hof des Bendlerblocks werden noch am selben Tag Stauffenberg, Haeften, der General der Infanterie [[Friedrich Olbricht]] und Oberst [[Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim]] standrechtlich - von Soldaten und einzeln - vor einem Sandhaufen und im Scheinwerferlicht eines Lastwagens erschossen. Werner von Haeften wirft sich kurz vor der Exekutierung von Oberst Stauffenberg vor diesen, kann aber dessen Tod nicht verhindern. Bei der Tötung Stauffenbergs ruft der Chef der Verschwörer: "Es lebe das heilige Deutschland!". Andere Quellen nennen auch: "Es lebe das geheime Deutschland!" oder "Heiliges Deutschland!", und wieder andere "Es lebe Deutschland!". Danach sinkt er getötet auf dem Boden zusammen. Die Tötung der fünf Verschwörer befahl [[Generaloberst]] [[Friedrich Fromm]] unter Berufung auf ein angeblich stattgefundenes Standgericht. Fromm lag daran, seine eigene Verstrickung zu vertuschen. Er wurde aber trotzdem später angeklagt, zum Tode verurteilt und hingerichtet. Dem ehemaligen Generaloberst Ludwig Beck gibt er auf die Bitte, die Dienstwaffe "für den eigenen Gebrauch" behalten zu dürfen, Gelegenheit, sich selbst zu töten: Da sich Beck beim ersten Versuch nur einen Streifschuss und beim zweiten Versuch nur eine nicht sofort tödliche Kopfverletzung beibringen kann, wird er von einem Feldwebel erschossen. Nachdem die fünf Offiziere zunächst in Uniform und mit ihren Orden und Ehrenzeichen auf einem Friedhof begraben wurden, annulliert der SS-Chef am nächsten Tag das Begräbnis, lässt die Leichen aus den Gräbern herausholen. Danach werden die Leichen zu Asche verbrannt und über Rieselfelder verteilt.


Seit dem 1. Juli 1944 hatte Stauffenberg als neu ernannter [[Chef des Stabes]] beim [[Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres]] [[Generaloberst]] [[Friedrich Fromm]] regelmäßigen Zugang zu den Lagebesprechungen Hitlers. Wenige Tage nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6.&nbsp;Juni 1944 hatte er durch [[Heinrich Graf von Lehndorff-Steinort]] bei Tresckow anfragen lassen, ob es noch Sinn habe, an dem Attentatsplan festzuhalten, für den ein praktischer Zweck nun nicht mehr erkennbar sei. Tresckow bat Lehndorff darauf, Stauffenberg Folgendes zu übermitteln:
Generalmajor [[Henning von Tresckow]], Chef des Stabes der Heeresgruppe Mitte, begeht Selbstmord; er ahnt, dass ein Schauprozeß bevorsteht. Tresckow lässt sich von einem Soldaten eine 150-Millimeter-Granate bringen, läuft mit dieser zu einem Waldrand und zündet sie. Er stirbt sofort. Tresckow will seinen Tod als Angriff feindlicher Partisanen darstellen.
{{Zitat
|Text=Das Attentat muß erfolgen, coûte que coûte [Anm.: frz. für ,Koste es, was es wolle’]. Sollte es nicht gelingen, so muß trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, daß die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig.
|ref=<ref>Fabian von Schlabrendorff: ''Offiziere gegen Hitler''. Zürich 1946/51. [https://books.google.de/books?id=8kU1AAAAIAAJ&q=wurf S. 175 books.google].</ref>}}


Die Verschwörer hatten zunächst geplant, Hitler, [[Hermann Göring]] und [[Heinrich Himmler]] zusammen mit einer Bombe zu töten. Von einem entsprechenden Versuch am 11.&nbsp;Juli 1944 auf dem Obersalzberg und am 15.&nbsp;Juli im Führerhauptquartier Wolfsschanze sah Stauffenberg auf telefonische Empfehlung von Offizieren der Berliner Bendlerstraße wegen Abwesenheit von Himmler und/oder Göring jedoch ab. Die nächste Gelegenheit zu einem Anschlag auf Hitler wollte er sich nun aber unter keinen Umständen mehr entgehen lassen. Er wollte den Besprechungsraum betreten, sobald die Lagebesprechung begonnen hatte – mit der scharfen Bombe unter dem Arm.<ref>[[Tobias Kniebe]]: ''Verschwörer in Uniform.'' In: ''Der Zweite Weltkrieg – Teil 2. 1942–1945.'' In: ''[[GEO Epoche]].'' Nr. 44, 2010, S. 77.</ref>
Die Ermittlungen der Gestapo ziehen sich bis zum Kriegsende hin, und manche Widerständler, die schon länger auf der 'Abschussliste' standen, werden im Zusammenhang mit dem 20. Juli hingerichtet. Es werden etwa 1.500 Personen inhaftiert und 200 getötet ([[Liste der Beteiligten des Aufstandes vom 20. Juli 1944]]).


== Ziele ==
== Die 24 Teilnehmer an der Lagebesprechung ==
In einem Entwurf für eine [[Regierungserklärung]] der [[Schattenkabinett Beck/Goerdeler|Regierung Goerdeler]] für den Fall einer erfolgreichen Übernahme der Macht nach dem Attentat und der Durchführung von „Walküre“ wurden folgende Ziele der neuen Reichsregierung formuliert:


# „Wiederherstellung der vollkommenen Majestät des Rechts“: Wiederherstellung von [[Rechtsstaatlichkeit]], Unabhängigkeit der Gerichte, Schutz der Sicherheit der Person und des Eigentums, Auflösung der [[Konzentrationslager]], Verhinderung von [[Lynchjustiz]],
Ausgehend von Hitler nach rechts befanden sich in der Lagerbaracke:
# Wiederherstellung der öffentlichen und privaten Moral: Bekämpfung der [[Korruption]], Rückgabe [[Beutekunst (Zweiter Weltkrieg)|geraubter Kunstwerke]], Aufhebung der [[UK-Stellung]] aus politischen Gründen, Einstellung der [[Holocaust|Judenverfolgung]], Bestrafung von [[Kriegsverbrechen]],
# Auflösung des [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda|Propagandaministeriums]] und Beendigung der [[Rundfunkpropaganda im Zweiten Weltkrieg|Propagandaberichterstattung über den Kriegsverlauf]],
# Wiederherstellung der Geistes-, [[Religionsfreiheit|Glaubens-]] und [[Gewissensfreiheit]]: [[Trennung von Staat und Kirche]], christliche Gesinnung als Grundlage staatlichen Handelns, [[Pressefreiheit]],
# Wiederherstellung der christlich-religiösen Erziehung durch die Eltern (vgl. [[Erziehung im Nationalsozialismus]]),
# [[Verwaltungsreform]]: [[Bürokratieabbau]], Ende der „Parteibuchbeamten“, Prüfung und eventuell Bestrafung, Entlassung oder Versetzung aller ab dem 1. Januar 1933 ernannten und beförderten Beamten,
# Umwandlung der [[Liste der Provinzen Preußens|preußischen Provinzen]] und der Länder in [[Reichsgau]]e, [[Kommunale Selbstverwaltung (Deutschland)|Selbstverwaltung der Gaue, Kreise und Gemeinden]] unter Aufsicht von [[Reichsstatthalter]]n,
# Wiederherstellung voller wirtschaftlicher Freiheit nach dem Krieg, [[Schutz des Eigentums]], [[Vierjahresplan|zwangswirtschaftliche]] Maßnahmen nur unter Bedingungen des kriegsbedingten Mangels,
# Verantwortungsbewusste und gewissenhafte Sozialpolitik nach dem [[Subsidiarität]]sprinzip,
# Beendigung der Staatsverschuldung durch Steuererhöhung und Sparpolitik, internationale Verständigung über die Schuldentilgung,
# Fortführung des Krieges nur noch zu Zwecken der Verteidigung,
# Aufnahme von Friedensverhandlungen mit den [[Alliierte]]n, Bestrafung der deutschen Verantwortlichen für den [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]].<ref>{{Internetquelle |autor=Carl Friedrich Goerdeler, Ludwig Beck |url=https://www.gdw-berlin.de/fileadmin/bilder/publikationen/begleitmaterialien/Faksimiles_PDFs_deutsch/FS_10.1_DE_2.Aufl-RZ-web.pdf |titel=Entwurf für eine Regierungserklärung |werk=[[Gedenkstätte Deutscher Widerstand]] |datum=1944 |format=PDF |abruf=2024-12-14}}</ref>

== Ablauf ==
[[Datei:Chemischer.Bleistift.Zeitzuender.jpg|mini|[[Bleistiftzünder|Bleistift-Zeitzünder]] des Anschlags vom 20.&nbsp;Juli 1944 – Exponat im [[Militärhistorisches Museum der Bundeswehr|Militärhistorischen Museum der Bundeswehr]]]]

=== Wolfsschanze ===
Am frühen Donnerstagmorgen des 20.&nbsp;Juli 1944 flog Stauffenberg zusammen mit seinem Adjutanten Oberleutnant Werner von Haeften vom [[Reichssportflughafen Rangsdorf|Flughafen Rangsdorf]] bei Berlin mit einer von [[Eduard Wagner (General)|Eduard Wagner]] zur Verfügung gestellten [[Heinkel He 111|He 111]] in das [[Führerhauptquartier]] [[Führerhauptquartier Wolfsschanze|Wolfsschanze]] bei [[Kętrzyn|Rastenburg]] in [[Ostpreußen]]. Haeften führte in einer Aktentasche zwei mit chemischen [[Zeitzünder]]n („[[Bleistiftzünder]]“) versehene Pakete mit je einem Kilogramm [[Plastiksprengstoff|plastischen Sprengstoffs (Plastik W)]] aus britischer Herstellung mit sich, die Oberst [[Wessel Freytag von Loringhoven|Wessel Freiherr von Freytag-Loringhoven]] beschafft hatte.

Fälschlicherweise wird oft behauptet, die Besprechung hätte eigentlich in einem der unterirdischen Bunker der Wolfsschanze stattfinden sollen. Durch die Explosion von einem Kilogramm Sprengstoff in einem Bunker wären sicher alle Anwesenden ums Leben gekommen. Die Lagebesprechungen wurden aber seit Juli 1944 in einer Baracke der Wolfsschanze abgehalten, wovon Stauffenberg auf Grund seiner Teilnahme an den Lagebesprechungen am 6. und 15.&nbsp;Juli 1944 schon wusste. Stauffenberg hatte daher nicht mit der viel größeren [[Verdämmte Ladung|Verdämmung]] im Bunker gerechnet, sondern sich auf die Wirkung des zusätzlichen zweiten Kilogramms Sprengstoff verlassen.<ref>Vgl. Peter Hoffmann: ''Widerstand gegen Hitler und das Attentat vom 20. Juli 1944.'' Universitätsverlag, Konstanz 1994, S. 134.</ref>

Die Lagebesprechung war um eine halbe Stunde vorverlegt worden, weil Hitler für den Nachmittag den Besuch [[Benito Mussolini]]s erwartete. Das geplante Attentat drohte zu scheitern, da es zunächst keine Gelegenheit zu geben schien, bis dahin die Zeitzünder der beiden Sprengsätze zu aktivieren. Daher gab Stauffenberg vor der Erstattung seines Berichtes an Hitler vor, an dem heißen Sommertag sein Hemd wechseln zu müssen. Er suchte einen Nebenraum auf, wo er, als Einhändiger unterstützt durch Haeften, mit dem Scharfmachen der Sprengladungen begann. Weil sie dabei aber vom Oberfeldwebel Werner Vogel gestört wurden, der Stauffenberg zur Eile mahnte, konnte er nur eines der beiden Päckchen mit einem Kilogramm Sprengstoff aktivieren.
Danach unterlief ihm ein entscheidender Fehler: Statt auch das zweite Paket ungeschärft zu dem ersten in die Aktentasche zu legen, übergab er das zweite Päckchen Haeften, der keinen Zutritt zum Besprechungsraum hatte. „Durch dieses Versäumnis blieb die Explosionswirkung begrenzt.“<ref>Peter Longerich: ''Hitler. Biographie.'' Siedler, München 2015, S. 968.</ref><ref>Der Soziologe [[Dietrich Schmidt-Hackenberg]] (vgl. {{Internetquelle |autor=Elisa Peppel |url=https://www.tagesspiegel.de/berlin/dietrich-schmidt-hackenberg-geb-1925/1873550.html |titel=Dietrich Schmidt-Hackenberg (Geb. 1925) |werk=[[Der Tagesspiegel]] |datum=2010-07-02 |sprache=de |abruf=2020-10-05}}) stellt in seinem 1996 erschienenen Buch ''Das gescheiterte Attentat'' ({{Literatur |Autor=Dietrich Schmidt-Hackenberg |Titel=20. Juli 1944 - das "gescheiterte" Attentat: Untersuchung eines geplanten Fehlschlags |Verlag=Frieling |Ort=Berlin |Datum=1996 |ISBN=3-8280-0059-2 |Sprache=de}}) die These auf, Stauffenberg habe den zweiten Sprengsatz ganz bewusst nicht mit in die Aktentasche gesteckt bzw. scharf gemacht: Demnach habe er sich entschieden, Hitler nur zu verletzen (ein „symbolisches Attentat“) und so Verwirrung für einen Staatsstreich zu schaffen, aber nicht zu töten. Marion Gräfin Dönhoff bezeichnete diese Vorstellung als "absurd" ({{Internetquelle |autor=Marion Graefin Doenhoff |url=https://www.zeit.de/1996/32/Absurde_These |titel=Absurde These |werk=[[Die Zeit]] |datum=1996-08-02 |sprache=de |abruf=2020-10-05}}).</ref>

[[Datei:Bundesarchiv Bild 146-1972-025-12, Zerstörte Lagerbaracke nach dem 20. Juli 1944.jpg|mini|Inneres der Lage&shy;besprechungs&shy;baracke nach dem Anschlag]]
[[Datei:Attentatsbaracke.jpg|mini|Überreste der Baracke, 2007]]

Die Aktentasche mit dem Sprengstoff deponierte Stauffenberg unter dem Kartentisch neben dem massiven Fuß an der Hitler zugewandten Seite. Wenige Minuten später verließ er unter dem Vorwand eines wichtigen Anrufes aus Berlin den Raum. Nach der Zerstörung der Säurekapsel des chemischen Zünders blieben bis zum Auslösen des [[Schlagbolzen]]s zur Detonation nur noch etwa 10&nbsp;Minuten.

Um 12:42 Uhr ([[Sommerzeit#Deutschland|MESZ]]) detonierte die Bombe. Der Stenograf Heinrich Berger, dem die Explosion beide Beine abriss, starb noch am Nachmittag. Von den weiteren zwölf Schwerverwundeten starben an den Verletzungen [[Heinz Brandt (Offizier)|Heinz Brandt]] und [[Günther Korten]] am nächsten bzw. übernächsten Tag und [[Rudolf Schmundt]] am 1.&nbsp;Oktober 1944. Die übrigen elf Anwesenden wurden leicht verletzt, unter ihnen Hitler und [[Adolf Heusinger]], siehe [[#Teilnehmer der Lagebesprechung in der Wolfsschanze|Teilnehmer der Lagebesprechung in der Wolfsschanze]]. In der leicht gebauten Besprechungsbaracke konnte die Druckwelle der Explosion vor allem durch den Holzboden und durch die weit geöffneten Fenster entweichen.
Hitler kamen zusätzlich zwei Umstände zugute: Nachdem Stauffenberg den Besprechungsraum verlassen hatte, hatte ein anderer Konferenzteilnehmer die Aktentasche auf die Hitler abgewandte Seite des schweren Tischfußes verschoben, um besser an den Tisch heranzukommen. Außerdem trug Heusinger Hitler gerade die Lage weit im Norden der Sowjetunion vor; deshalb lagen beide Männer fast über der großen Karte auf der dicken Tischplatte, als es zur Detonation kam. Der Tischfuß und die massive eichene Tischplatte schirmten Hitler von der direkten Wirkung der Detonation weitgehend ab. Er erlitt lediglich leichte Verletzungen in Form von Prellungen, Schürfwunden und dem Platzen der [[Trommelfell]]e.<ref>[[Peter Longerich]]: ''Hitler: Biographie.'' Siedler, München 2015, [https://books.google.de/books?id=vK1pCQAAQBAJ&pg=PT818 S. 818 (E-Book);] siehe auch wörtlich aus dem Untersuchungsbericht von Hitlers Leibarzt [[Theo Morell]] bei [[Hans-Joachim Neumann]], [[Henrik Eberle]]: ''War Hitler krank? Ein abschließender Befund.'' Lübbe, Bergisch Gladbach 2009, [https://books.google.de/books?id=3Y6nRQ-ijRkC&pg=PT200 S. 200 (E-Book).]</ref>

Hitler behauptete später, es sei ein Zeichen der „Vorsehung“, dass er den Angriff überlebt hatte. Bereits wenige Minuten nach der Explosion gelangte die Nachricht von seinem Überleben nach Berlin: Der Mitverschwörer General [[Erich Fellgiebel]] hatte zwar wie vereinbart versucht, die Wolfsschanze nach der Explosion der Bombe von allen Nachrichtenverbindungen abzuschneiden, indem er die zur Lagebaracke gehörende Telefonanlage abschalten ließ. Dies wurde aber bereits nach wenigen Minuten widerrufen. Außerdem betraf diese Unterbrechung nicht gesondert vorhandene Nachrichtenverbindungen der SS und eine Ersatzzentrale im Sperrkreis 2.<ref>Guido Knopp: ''Sie wollten Hitler töten.'' 1. Auflage. 2004, ISBN 3-570-00664-6, S. 222&nbsp;ff.</ref><ref>[[Gerd R. Ueberschär]]: ''Stauffenberg – Der 20. Juli 1944.'' 2004, ISBN 3-10-086003-9, S. 16 ff.</ref>
Daher erhielt [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda|Propagandaminister]] [[Joseph Goebbels]] bereits gegen 13&nbsp;Uhr in Berlin Kenntnis vom Attentat, wenngleich noch ohne nähere Angaben. Als Fellgiebel etwa um dieselbe Zeit erfuhr, dass Hitler überlebt hatte, rief er General [[Fritz Thiele (Generalleutnant)|Thiele]] im [[Bendlerblock]], dem Zentrum der Widerstandsgruppe, an, wo die Verschwörer auf eine Nachricht warteten, und meldete mehrdeutig: „Es ist etwas Furchtbares passiert, der Führer lebt.“ Der Mitverschwörer Oberst [[Kurt Hahn (Offizier)|Hahn]] bestätigte Thiele in einem weiteren Telefonat aus der Wolfsschanze ausdrücklich, dass Hitler das Attentat überlebt habe. Thiele benachrichtigte die Generäle [[Friedrich Olbricht]] und Hoepner von den Ferngesprächen, sie einigten sich darauf, Walküre zunächst noch nicht auszulösen.

Himmler, der nicht an der Besprechung teilgenommen hatte, rief von der Wolfsschanze aus gegen 14 Uhr in Berlin den Leiter des [[Reichskriminalpolizeiamt]]es [[Arthur Nebe]] an und forderte eine Untersuchung. Der ebenfalls benachrichtigte Chef des Amtes IV ([[Geheime Staatspolizei|Gestapo]]) im [[Reichssicherheitshauptamt]], [[Heinrich Müller (Gestapo)|Heinrich Müller]], solle Stauffenberg verhaften lassen.

In der Wolfsschanze herrschte bis zum Abend Unsicherheit über den genauen Umfang und die Urheber der Ereignisse. Bis zum späten Nachmittag wurde aber der Bendlerblock als Zentrum des Aufstands identifiziert, wobei zunächst Friedrich Fromm, in dessen Namen die entsprechenden Befehle an die Wehrmacht ergingen, als Kopf des Putsches angesehen wurde.<ref>{{Literatur |Autor=[[Winfried Heinemann]] |Titel=Das Ende des Staatsstreichs |Sammelwerk=[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]] |Band=68 |Nummer=1 |Datum=2020-01-03 |Seiten=9 |DOI=10.1515/vfzg-2020-0001}}</ref>

=== Berlin ===
Zunächst aber konnten Stauffenberg und sein Adjutant Haeften noch wie geplant aus der in höchsten Alarmzustand versetzten Wolfsschanze entkommen. An einer ersten Sperre ließ sie der Wachhabende passieren, am zweiten Kontrollpunkt wurde ihnen die Weiterfahrt jedoch unter Hinweis auf die aktuelle Lage zunächst verwehrt. In einem Telefonat konnte Stauffenberg einen ihm bekannten Offizier dazu bewegen, dem diensthabenden Wachposten die Öffnung der Schranke zu befehlen. Während der Fahrt zum Flugplatz warf Haeften das nicht verwendete Sprengstoffpaket aus dem Wagen.
Auf dem Rollfeld erwartete Stauffenberg die für diesen Tag für ihn persönlich abgestellte [[Heinkel He 111|He&nbsp;111]]. Stauffenberg hatte zwar nicht mit eigenem Auge sehen können, ob Hitler durch die Explosion tatsächlich umgekommen war, die Wucht der Detonation aber noch wahrgenommen. Er und Haeften flogen daher in der festen Überzeugung nach Berlin, dass Hitler tot sei.

Während die beiden Verschwörer noch auf dem Rückflug nach Berlin waren, hatte Oberst [[Albrecht Mertz von Quirnheim]] gegen 14 Uhr abweichend vom Beschluss seines Vorgesetzten Olbricht bereits einige erste Alarmbefehle mit seiner Unterschrift versehen und abgesandt. Dabei blieb es allerdings zunächst.

[[Datei:Rangsdorf.Gedenkstein.Stauffenberg.P1079615.jpg|mini|Gedenktafel für Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Werner von Haeften am [[Rangsdorfer See]]]]

Gegen 15:45 Uhr auf dem Flugplatz Rangsdorf gelandet, forderte Stauffenberg Olbricht als Vertreter von Fromm fernmündlich auf, die „[[Unternehmen Walküre|Operation Walküre]]“ anlaufen zu lassen. Der Walküre-Plan war ein offizieller, aber durch von Tresckow, Oberstleutnant i.&nbsp;G. [[Robert Bernardis]] und Stauffenberg für die Bedürfnisse des Staatsstreichs angepasster Plan für den Fall innerer Unruhen. Dazu gehörte vor allem, dass alle wichtigen Gestapo-, [[Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]]- und [[Schutzstaffel|SS]]-Dienststellen von der Wehrmacht besetzt würden.

Im Bendlerblock blieb man aber verunsichert durch weitere Hinweise, dass Hitler entgegen den Beteuerungen Stauffenbergs nicht umgekommen war. So bekräftigte Keitel, als Olbricht ein Ferngespräch zur Wolfsschanze herstellte, gegenüber Fromm, dass Hitler nur leicht verletzt worden war.

Daher wurden ab etwa 16 Uhr nur wenige Teile der Walküre-Operation in Angriff genommen; die auf Verschwörerseite stehenden Truppenführer führten vielfach die Befehle nicht aus, wodurch wertvolle Zeit ungenutzt verstrich. So ging zwar das Stichwort Walküre an alle [[Wehrkreis]]e, Lehr- und Ersatztruppen hinaus, eines der Fernschreiben wurde aber versehentlich auch an die Wolfsschanze versandt. Daraufhin gingen von dort aus sofort erste Fernschreiben heraus, dass Befehle aus dem Bendlerblock ungültig seien. Kurz nach 16&nbsp;Uhr befahl der Stadtkommandant Generalleutnant Paul von Hase dem Kommandeur des [[Wachregiment Berlin|Wachbataillons „Großdeutschland“]], Major [[Otto Ernst Remer|Otto Remer]], die Alarmierung seiner Truppen zur Abriegelung des Regierungsviertels.<ref>[[Ludger Tewes]]: ''Die Panzergrenadierdivision "Grossdeutschland" im Feldzug gegen die Sowjetunion 1942–1945.'' Klartext, Essen 2020, zur hochpolitischen NS-Idee "Grossdeutschland" S. 37–39, die Vorgänge am 20. Juli 1944, ISBN 978-3-8375-2089-7, S. 844–855.</ref> Obwohl Remer als fanatischer [[Nationalsozialismus|Nationalsozialist]] galt, erwartete Hase, dass dieser seine Befehle ausführen würde. Kurz nach 17 Uhr rückten die ersten Soldaten des Wachbataillons aus der Ulanenkaserne an der Invalidenstraße aus.<ref>{{Literatur |Autor=[[Winfried Heinemann]] |Titel=Das Ende des Staatsstreichs |Sammelwerk=[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]] |Band=68 |Nummer=1 |Datum=2020-01-03 |Seiten=7 |DOI=10.1515/vfzg-2020-0001}}</ref>

Auch die Besetzung des [[Haus des Rundfunks|Hauses des Rundfunks]] und von Fernmeldezentralen in Berlin konnte wegen fehlender Truppen nicht durchgeführt werden. Lediglich in Paris unter [[Carl-Heinrich von Stülpnagel|General von Stülpnagel]] und in Wien unter der Leitung des Chefs des Stabes im Wehrkreis, Oberst i.&nbsp;G. [[Heinrich Kodré]], gelang es, die Befehle der Operation Walküre umzusetzen. In groß angelegten Aktionen wurden in diesen beiden Städten Mitglieder der SS verhaftet.

Stauffenberg musste bei seiner Ankunft im Bendlerblock gegen 16:30&nbsp;Uhr feststellen, dass bisher außer der Alarmierung der Truppen des Ersatzheeres, das die militärische und vollziehende Gewalt in Deutschland übernehmen sollte, nichts unternommen worden war. Gegenüber Fromm offenbarte er, er selbst habe die Bombe gezündet, und behauptete, er selbst habe auch gesehen, wie Hitler tot aus der Baracke hinausgetragen worden sei, Keitel habe, als er Fromm vom Überleben Hitlers berichtet habe, „wie immer gelogen“. Fromm weigerte sich aber weiterhin, den Aufstand zu unterstützen, und wurde festgesetzt. Weitere Teile der Walküre-Operation wie das Benachrichtigen der [[Wehrkreis]]e wurden nun abgearbeitet.

Allerdings waren mehrere für die Zeit nach dem Umsturz entscheidende Mitverschwörer schlecht in den Ablauf nach dem Attentat eingebunden: So traf Generaloberst [[Ludwig Beck (General)|Ludwig Beck]], immerhin als Staatsoberhaupt vorgesehen, erst gegen 17 Uhr im Bendlerblock ein. Als er vom zweifelhaften Ausgang des Attentats erfuhr, schloss er sich zwar der Einstellung Stauffenbergs an: „Für mich ist dieser Mann tot, davon lasse ich mein weiteres Handeln bestimmen.“ Erwin von Witzleben aber, immerhin als Oberbefehlshaber über die gesamte Wehrmacht vorgesehen, befand sich zur Zeit des Attentats sogar noch in Ostpreußen. Ohne zuverlässige Information über den bisherigen Verlauf traf er erst gegen 19:30 Uhr in der Bendlerstraße ein.
Als Stauffenberg ihm Bericht über den bisherigen Ablauf erstattete, kritisierte Witzleben scharf die Unzulänglichkeiten der bisher getroffenen Maßnahmen, vor allem, dass kein energischer Einsatz der Truppen erfolgte, und bemerkte „Schöne Schweinerei, das!“<ref>Heinrich Fraenkel, Roger Manvell: ''Der 20. Juli''. Ullstein, 1964, S. 126.</ref><ref>Karl Balzer: ''Der 20. Juli und der Landesverrat: eine Dokumentation über Verratshandlungen im deutschen Widerstand.'' Verlag Oldendorf, K. W. Schütz, 1971, S. 60.</ref><ref>Kurt Finker: ''Der 20. Juli 1944.'' Dietz Verlag, 1994, S. 271.</ref> Er verließ gegen 20:45&nbsp;Uhr den Bendlerblock wieder und fuhr auf seinen Landsitz außerhalb Berlins, wo er am folgenden Tag verhaftet wurde. Andere von den Umstürzlern ebenfalls für wichtige Positionen vorgesehene Mitverschwörer wie Admiral Canaris blieben in den Stunden nach dem Attentat passiv.

Eine schwerwiegende Panne ereignete sich beim Versand derjenigen Fernschreiben, welche den nicht in die Verschwörung Eingeweihten den Anlass der Walküre-Operation klarmachen sollten („innere Unruhen“). Stauffenbergs Adjutant [[Friedrich Karl Klausing]] ließ das Fernschreiben als „Geheime Kommandosache“ einstufen. Dadurch konnte es nicht gleichzeitig an jeweils 30 Empfänger durchgegeben werden, sondern musste zunächst verschlüsselt und dann einzeln und seitenweise versandt werden. Außerdem standen dafür statt etwa zwanzig nur vier [[Fernschreiber]] zur Verfügung.
Bis beginnend ab etwa 16:45&nbsp;Uhr das letzte Fernschreiben zur Auslösung von Walküre alle Empfänger erreicht hatte, dauerte es etwa drei Stunden. Weitere Fernschreiben beispielsweise mit Ausführungsdetails trafen später als 21&nbsp;Uhr ein. In der Zwischenzeit war aber sowohl die Bevölkerung zwischen 18:28 und 18:42&nbsp;Uhr durch drei Sondermeldungen des [[Deutschlandsender]]s darüber informiert worden, dass Hitler nur leichte Verletzungen erlitten hatte, als auch bei den militärischen Dienststellen das Fernschreiben Keitels von 20:20&nbsp;Uhr eingetroffen, in dem dieser Befehle aus dem Bendlerblock für ungültig erklärte und mitgeteilt hatte: „Der Führer lebt! Völlig gesund!“<ref name="BZHD 1960">Bundeszentrale für Heimatdienst (Hrsg.), Erich Zimmermann, Hans-Adolf Jacobsen: ''20. Juli 1944''. Berto-Verlag, Bonn, 3. Aufl., 1960, S. 124&nbsp;ff.</ref>

Außerdem scheiterten auch die Abriegelung des Regierungsviertels rund um die [[Wilhelmstraße (Berlin-Mitte)|Wilhelmstraße]] in Berlin, die Ausschaltung des Deutschlandsenders im Haus des Rundfunks in Berlin-Charlottenburg, die Verhaftung der SS-Führung und die Besetzung der [[Prinz-Albrecht-Palais|Gestapozentrale]] in der [[Niederkirchnerstraße|Prinz-Albrecht-Straße]]: Gegen 18&nbsp;Uhr überzeugte sich der Kommandeur des Wachbataillons [[Otto Ernst Remer|Otto Remer]], der das Regierungsviertel absichern sollte, durch ein von seinem Ordonnanzoffizier [[Hans Wilhelm Hagen]], im Zivilberuf Mitarbeiter des Propagandaministeriums, und Joseph Goebbels vermitteltes Telefongespräch mit Hitler („Major Remer, erkennen Sie meine Stimme?“) vom Überleben des „Führers“. Er erhielt von ihm das Kommando über die gesamte Hauptstadt übertragen. Von etwa 19&nbsp;Uhr an stand das Wachbataillon damit zur Niederschlagung des Staatsstreichs zur Verfügung.

Stauffenberg indes versuchte, durch zahlreiche Ferngespräche ein Scheitern der Verschwörung noch abzuwenden. Wiederholt beharrte er dabei darauf, Hitler sei tot. Dennoch brachte das Regime die Verschwörer zunehmend in die Defensive. Etliche Offiziere im Bendlerblock hatten sich bereits zuvor abwartend verhalten. Nun gingen sie offen auf die Seite des Regimes über, setzten sich ab oder hintertrieben Befehle der Verschwörer. Dienstältester unter den „führertreuen“ Offizieren war Oberstleutnant [[Franz Herber (Offizier)|Franz Herber]], der eine zentrale Rolle bei der Niederschlagung des Staatsstreichs innerhalb des Bendlerblocks übernahm. Er konfrontierte gegen 21&nbsp;Uhr seinen Vorgesetzten Olbricht.
Als dieser ihm keine befriedigende Aufklärung über die wahren Zusammenhänge gab, stattete Herber, der für die Verwaltung der Waffenbestände im Gebäude verantwortlich war, einen Offizierstrupp mit Waffen aus. Dieser nahm dann Stauffenberg, Mertz und Olbricht fest.<ref>{{Literatur |Autor=[[Winfried Heinemann]] |Titel=Das Ende des Staatsstreichs |Sammelwerk=[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]] |Band=68 |Nummer=1 |Datum=2020-01-03 |Seiten=10 |DOI=10.1515/vfzg-2020-0001}}</ref> Gegen 20&nbsp;Uhr gab General [[Wolfgang Thomale]] der auf dem [[Fehrbelliner Platz]] in Berlin-Wilmersdorf eingetroffenen Panzer-Ersatzbrigade den Befehl, den Putsch niederzuschlagen. Gegen 23&nbsp;Uhr wurde der Bendlerblock von diesen Truppen besetzt. Die meisten der Verschwörer wurden nach einem Schusswechsel festgesetzt. Nur Hauptmann Klausing und einige jüngere Offiziere (von Hammerstein, von Oppen, von Kleist) konnten aus dem Gebäude entkommen.

[[Datei:Innenhof Bendlerblock.jpg|mini|Blick in den Innenhof des Bendlerblocks]]
Dem Generaloberst Beck gab Fromm, einst sein Untergebener, auf die Bitte, die Dienstwaffe „für den eigenen Gebrauch“ behalten zu dürfen, zuvor Gelegenheit, sich selbst zu töten. Nachdem sich Beck beim ersten Versuch nur einen Streifschuss und beim zweiten nur eine nicht sofort tödliche Kopfverletzung beibringen konnte, wurde er auf Befehl Fromms durch den [[Gnadenschuss]] eines Feldwebels getötet. Als um Mitternacht die ersten Soldaten des Wachbataillons den Bendlerblock erreichten, war dort die Entscheidung bereits gefallen.

Im Hof des Bendlerblocks wurden wenige Minuten nach Mitternacht Stauffenberg, Haeften, Olbricht und Mertz von Quirnheim einzeln von Soldaten des Wachbataillons vor einem Sandhaufen im Scheinwerferlicht eines Lastwagens erschossen.<ref>[[Wolfgang Benz]]: [https://www.bpb.de/publikationen/OG4UQC,1,0,Der_milit%E4rische_Widerstand.html#art1 ''Der militärische Widerstand – 20. Juli 1944.''] Informationen zur politischen Bildung (Heft 243), [[Bundeszentrale für politische Bildung]].</ref> Die Erschießung der Verschwörer war von [[Generaloberst]] [[Friedrich Fromm]] unter Berufung auf ein [[Standgericht]], das angeblich stattgefunden habe, befohlen worden.<ref>Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.): ''„Spiegelbild einer Verschwörung“. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20.&nbsp;Juli 1944 in der SD-Berichterstattung.'' Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt. 2 Bände. Seewald, Stuttgart-Degerloch 1984, ISBN 3-512-00657-4, S. 757.</ref> Nachdem die vier erschossenen Offiziere samt Ludwig Beck auf Anordnung Fromms zunächst in Uniform mit Orden und Ehrenzeichen auf dem [[Alter St.-Matthäus-Kirchhof Berlin|Alten St.-Matthäus-Kirchhof]] begraben worden waren, ließ Himmler die Leichen am nächsten Tag exhumieren, verbrennen und ihre Asche über [[Berliner Rieselfelder|Rieselfelder]] der Berliner Kläranlagen verteilen.

Fromm lag daran, seine eigene Verstrickung in die Attentatspläne zu vertuschen. Er wurde dennoch, nachdem eine Liste der geplanten Regierung in seinem Safe gefunden worden war, angeklagt, zum Tode verurteilt und am 12.&nbsp;März 1945 hingerichtet.

Gegen 1 Uhr des 21. Juli 1944 traf in der Wolfsschanze der aus dem 90&nbsp;Kilometer entfernten [[Königsberg (Preußen)|Königsberg]] angeforderte [[Übertragungswagen]] der [[Reichs-Rundfunk-Gesellschaft]] ein und wurde betriebsbereit gemacht, sodass sich Hitler über den Rundfunk an die Öffentlichkeit wenden konnte: „Eine ganz kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich unvernünftiger, verbrecherisch-dummer Offiziere hat ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen und mit mir den Stab praktisch der deutschen Wehrmachtführung auszurotten.“<ref>[https://www.1000dokumente.de/index.html?c=dokument_de&dokument=0083_ahr&object=translation&st=&l=de Vollständiger Text der Rundfunkansprache Hitlers an das deutsche Volk vom 21. Juli 1944]; ([https://www1.wdr.de/av/audio-hitlers-rundfunkansprache-nach-dem-stauffenberg-attentat--100.html Original-Tondokument in der WDR-Madiathek]).</ref><ref>Im Gegensatz zum Diktator sprach Himmler zwei Wochen später in [[Posen]] nicht mehr von einer ganz kleinen Clique, sondern identifizierte das ganze Heer mit dem Widerstand und erklärte diesen mit dem traditionsbedingten Gegensatz der Offiziere zur nationalsozialistischen Bewegung.<br />Vgl. [https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1953_4.pdf ''Die Rede Himmlers vor den Gauleitern am 3. August 1944''.] In: ''[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]].'' München 4/1953, S. 357–394 (PDF; 5,27&nbsp;MB).</ref>

Generalmajor [[Henning von Tresckow]], Chef des Stabes der Heeresgruppe Mitte, ahnte, dass ein [[Schauprozess]] bevorstand. Er ließ sich am 21.&nbsp;Juli 1944 in die Nähe der Front fahren und zündete an einem Waldrand eine [[Gewehrgranate]]. Er starb sofort. Dadurch blieben [[Georg Freiherr von Boeselager|Georg]] und [[Philipp Freiherr von Boeselager|Philipp von Boeselager]] unentdeckt, die bereits unterwegs waren, um mit der [[3. Kavallerie-Division (Wehrmacht)|3.&nbsp;Kavallerie-Brigade]] das Reichssicherheitshauptamt zu besetzen; als das Scheitern des Anschlages bekannt wurde, wurde der Marsch abgebrochen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fr.de/politik/letzte-ueberlebende-11732292.html |titel=Der letzte Überlebende |sprache=de |abruf=2024-01-18}}</ref>

=== Paris ===
In Paris verlief der Umsturz nach Plan, bis den Verschwörern das Misslingen des Attentats bekannt wurde. Der Kommandant von Groß-Paris, Generalleutnant [[Hans von Boineburg-Lengsfeld|Hans Freiherr von Boineburg-Lengsfeld]], setzte am 20.&nbsp;Juli 1944 an leitender Stelle die Verhaftung der führenden Gestapo- und SS-Offiziere, einschließlich des Höheren SS- und Polizeiführers in Frankreich, SS-Gruppenführer [[Carl Oberg]], und deren Einheiten in Paris durch.
Die Verhaftung der rund 1200 in Paris stationierten SS- und SD-Männer wurde vom Sicherungs-Regiment&nbsp;1 der [[325. Sicherungs-Division (Wehrmacht)|325.&nbsp;Sicherungs-Division]] unter Oberstleutnant d.&nbsp;R. [[Kurt von Kraewel]]<ref>Später Oberst a.&nbsp;D. und Besitzer der Papierfabrik Zell am Harmersbach.</ref><ref>[https://www.ifz-muenchen.de/archiv/zs/zs-0257.pdf ifz-muenchen.de]</ref> durchgeführt. Speidel hatte ursprünglich vorgesehen die [[2. Panzer-Division (Wehrmacht)|2.]] ([[Heinrich von Lüttwitz|v. Lüttwitz]]) und die [[116. Panzer-Division (Wehrmacht)|116. Panzer-Division]] ([[Gerhard Graf von Schwerin|v. Schwerin]]) in den Umsturz miteinzubeziehen,<ref>{{Literatur |Autor=Peter M. Quadflieg |Titel=Gerhard Graf von Schwerin (1899–1980): Wehrmachtgeneral – Kanzlerberater – Lobbyist |Verlag=Verlag Ferdinand Schöningh |Datum=2016 |ISBN=978-3-657-78229-1 |Online=https://books.google.de/books?id=nkh4DwAAQBAJ&pg=PA90&dq=speidel+l%C3%BCttwitz&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiNstGq8JHsAhWpMewKHfvnD2sQ6AEwAnoECAMQAg#v=onepage&q=speidel%20l%C3%BCttwitz&f=false |Abruf=2020-09-30}}</ref> allerdings gelang es nur bzgl. letzterer, diese längere Zeit in Paris zurückzuhalten, bis auch sie am 19. Juli in die Normandie beordert wurde.<ref>Speidel hat dagegen wohl nicht mehr rechtzeitig interveniert, laut [https://www.google.de/search?tbm=bks&hl=de&q=%22m%C3%B6glich+gewesen%2C+weil+der+Entschlu%C3%9F+zur+Tat+des+20.+Juli+erst+am+19.+Juli+nachmittags+in+Berlin+gefa%C3%9Ft+wurde%22 Eigenaussage] weil "der Entschluss zur Tat des 20.&nbsp;Juli erst am 19.&nbsp;Juli nachmittags in Berlin gefasst wurde."</ref>
Als nach einigen Stunden der Fehlschlag des Attentats gemeldet wurde und die in Paris Festgesetzten wieder freigelassen wurden, erklärte Boineburg ihnen die Aktion als „Übung“. Er hatte enormes Glück und wurde nicht als Mitverschwörer erkannt, da General [[Carl-Heinrich von Stülpnagel]] (der [[Militärbefehlshaber#Frankreich|Militärbefehlshaber in Frankreich]]) schwieg, Generalleutnant [[Hans Speidel (General)|Hans Speidel]] (Stabschef des [[Oberbefehlshaber West|Oberbefehlshabers West]], Generalfeldmarschall [[Günther von Kluge]]) ihn deckte und SS-Gruppenführer Oberg kein Aufhebens machte. Unter zunehmendem Druck durch Ermittlungen des Regimes wurde Kluge abgesetzt und starb im August 1944 durch Suizid. Stülpnagel versuchte vergeblich, sich das Leben zu nehmen – er wurde Ende August 1944 hingerichtet.

== Gründe für das Scheitern ==
Zusammenfassend gab es dafür, dass es trotz des Attentats nicht zum Sturz des Hitler-Regimes kam, drei Hauptgründe:
* Die vorangegangenen zahlreichen Anschlagsversuche gegen Hitler mussten aus unterschiedlichen Gründen immer wieder verschoben oder abgebrochen werden. Beim nicht ausgeführten Versuch Stauffenbergs vom 15.&nbsp;Juli waren in der fälschlichen Annahme, das Attentat sei geglückt, bereits Teile des Walküre-Plans angelaufen. Nur unter größten Anstrengungen und mit viel Glück gelang danach die Vertuschung dieser Operationen. Bis auf den Kern des Widerstandes waren einige Anhänger nun nicht mehr bereit, ihr Leben ohne absolut verlässliche Nachrichten über Hitlers Tod aufs Spiel zu setzen.
* Die Vorbereitung der Machtübernahme durch die Verschwörer war in vieler Hinsicht völlig unzureichend. Insbesondere war keine Vorsorge dafür getroffen worden, den regimetreuen Kräften nach dem Attentat den Zugriff auf Rundfunk und Fernmeldewesen unmöglich zu machen. In Berlin fehlten zuverlässige militärische Kräfte, um politische Zentralen wie das [[Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda|Propagandaministerium]], das Reichssicherheitshauptamt, wichtige NSDAP-Dienststellen und die Gestapo-Zentrale zu besetzen und zu sichern. Fernschreiben der Verschwörer kamen nicht schnell genug und gleichzeitig bei den Empfängern an. Die Nutzung der [[Reichs-Rundfunk-Gesellschaft|Rundfunksender]] gelang den Verschwörern ohnehin nicht.
* Claus von Stauffenberg war irrtümlich vom Tod Hitlers überzeugt und leitete nach seiner Landung in Berlin gegen 15:45 Uhr telefonisch erste Maßnahmen ein (s.&nbsp;o.). Er war die zentrale Figur dieses Plans, aber bis 16:30 Uhr im Bendlerblock nicht verfügbar. Seine Anwesenheit dort in den Stunden nach dem Attentat und folgender Verwirrung wäre von großem Vorteil gewesen. Stauffenberg verfügte über ein hohes Maß an Entschlossenheit. Sie stand im Gegensatz zur wankelmütigen Haltung vieler, die man nur unter größten Vorbehalten auf die Verschwörerseite hatte ziehen können. Diese Leute schwankten nun und konnten sich zu keiner Aktivität durchringen.

Ferner war nicht abgesprochen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, wenn es trotz zunächst erfolgreichen Umsturzes längerfristig, zusätzlich zum [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]], in Deutschland zu einem Bürgerkrieg gekommen wäre.

== NS-Justiz ==
=== Verfahren vor dem Volksgerichtshof ===
Die Ermittlungen der Gestapo zogen sich bis Kriegsende hin. Man geht insgesamt von ca. 700&nbsp;Inhaftierungen und mehr als 110&nbsp;Exekutionen aus.<ref>von Aretin: ''Die Enkel des 20. Juli.'' 2004.</ref> Die Familienangehörigen der Attentäter wurden in [[Sippenhaftung#Nationalsozialismus|Sippenhaft]] genommen und 46 Kinder im [[Kinderheim im Borntal]] in [[Bad Sachsa]] interniert.<ref>Lisa Erdmann: [https://www.spiegel.de/panorama/attentat-vom-20-juli-1944-blutrache-an-den-kindern-der-verschwoerer-a-307732.html ''Attentat vom 20. Juli 1944: Blutrache an den Kindern der Verschwörer''] [[Der Spiegel]], 13. Juli 2004.</ref>
Etwa 5000 weitere Verhaftungen erfolgten während der [[Aktion Gitter]] im August 1944. Neben den Verschwörern fielen damit zahlreiche andere Oppositionelle der [[NS-Justiz]] zum Opfer, die schon länger das Missfallen des nationalsozialistischen Regimes erregt hatten, aber nicht in das Attentat verwickelt waren.

[[Datei:Bundesarchiv Bild 151-12-16, Volksgerichtshof, Erwin v. Witzleben.jpg|mini|[[Erwin von Witzleben]] vor dem [[Volksgerichtshof]], 1944]]

Im Gefolge des Attentats wurde am 2. August 1944 der sogenannte „[[Ehrenhof (Wehrmacht)|Ehrenhof der Wehrmacht]]“ errichtet, dessen Aufgabe darin bestand, die möglicherweise am Attentat beteiligten Offiziere aus der Armee auszuschließen. Für diejenigen Offiziere, die vom Ehrenhof aus der Wehrmacht als „unehrenhaft“ (zu „Schützen“ degradiert) entlassen wurden, war das [[Militärgerichtsbarkeit (Nationalsozialismus)|Militärstrafrecht]] nicht anwendbar und deshalb das [[Reichskriegsgericht]] nicht zuständig.
Sie konnten aufgrund dieser Formalie in Schauprozessen vor dem [[Volksgerichtshof]] unter dem Vorsitz von [[Roland Freisler]] abgeurteilt werden. Im Gerichtssaal waren die Angeklagten massiven Demütigungen ausgesetzt – so musste sich beispielsweise [[Erwin von Witzleben]] während der Verhandlung die Hose festhalten, da ihm die Geheime Staatspolizei den Gürtel abgenommen hatte. Gleichzeitig wurde er durch Roland Freisler beschimpft als „dreckiger alter Mann, der an seiner Hose herumnestele“.<ref>[[Bengt von zur Mühlen]], [[Andreas von Klewitz]]: ''Die Angeklagten des 20.&nbsp;Juli vor dem Volksgerichtshof''. Berlin, Chronos-Verlag 2001, ISBN 3-931054-06-3.</ref>

Die Prozesse wurden gefilmt. Dabei entstanden schätzungsweise 50.000 Meter Filmmaterial, von denen rund 5.700 Meter für eine offizielle Dokumentation mit dem Titel ''Verräter vor dem Volksgericht'' verwertet wurden. Die Dokumentation sollte geschätzt 210 Minuten dauern. Davon sind rund 190 Minuten in Fragmenten verschiedenen Umfangs und unterschiedlicher Bedeutung erhalten. Über die Genesis des Filmprojekts ist wenig bekannt. Alle Angaben zu den Entstehungs- und Produktionsverhältnissen sind lückenhaft und von politischen und persönlichen Interessen geprägt.<ref>Bernd Sösemann: ''Verräter vor dem Volksgericht – Die denkwürdige Geschichte eines Filmprojekts.'' In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hrsg.): ''Der Umgang des Dritten Reiches mit den Freindes des Regimes''. Lit, Berlin 2010, S. 147–163, hier S. 147.</ref> [[Johannes Tuchel]] sieht die Entscheidung, die Gerichtsverhandlung aufzunehmen, bei [[Joseph Goebbels]], wenngleich nicht bekannt sei, ob er auf Weisung Hitlers oder aus eigener Initiative handelte.<ref name="T651">Johannes Tuchel: ''Vor dem „Volksgerichtshof“. Schauprozesse vor laufender Kamera.'' In: Gerhard Paul (Hrsg.): ''Das Jahrhundert der Bilder''. Bd. 1. ''1900 bis 1949''. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, S. 648–657, hier S. 651.</ref>
[[Bernd Sösemann]] sieht den tatsächlichen Einfluss Goebbels’ kritischer und die entscheidende Rolle von Anfang an bei Hitler.<ref>Bernd Sösemann: ''Verräter vor dem Volksgericht – Die denkwürdige Geschichte eines Filmprojekts.'' In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hrsg.): ''Der Umgang des Dritten Reiches mit den Freindes des Regimes''. Lit, Berlin 2010, S. 152–155, 160.</ref> Mit den Filmaufnahmen hatte Reichsfilmintendant [[Hans Hinkel]] Kameramänner der [[Deutsche Wochenschau|Deutschen Wochenschau GmbH]] unter der Leitung von Chefkameramann [[Erich Stoll (Kameramann)|Erich Stoll]] beauftragt. Im Plenarsaal des Berliner [[Kammergericht]]s waren dazu verdeckte Kameras installiert und anfangs auch die Mikrofone versteckt worden.<ref>Bernd Sösemann: ''Verräter vor dem Volksgericht – Die denkwürdige Geschichte eines Filmprojekts.'' In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hrsg.): ''Der Umgang des Dritten Reiches mit den Freindes des Regimes''. Lit, Berlin 2010, S. 155f.</ref> Die Tonaufnahmen vom 7. und 8.&nbsp;August waren deshalb wegen Freislers Gebrüll fast nicht zu gebrauchen.<ref name="T651" />

Filmaufnahmen lassen sich bis zum 13. Oktober 1944 nachweisen. Das Material wurde in Berlin-Tempelhof entwickelt und zum Schnitt zur ''Deutschen Wochenschau'' gebracht. Ein geplanter Kurzbeitrag von sechs Minuten Länge für die Wochenschau 728 vom 17.&nbsp;August 1944 wurde von Joseph Goebbels offensichtlich nicht genehmigt. Der Rohschnitt des Filmes war Ende August 1944 fertig und erhielt im Vorspann einen Hinweis, dass der Film eine Geheimsache im Sinne des §&nbsp;88 [[Reichsstrafgesetzbuch|RStGB]] in der Fassung vom 24.&nbsp;April 1934 sei und mit Sondergenehmigung des Reichspropagandaministers zu sehen sei. Enthalten waren Aufnahmen aus dem ersten Prozess vom 7. und 8.&nbsp;August, aus dem dritten vom 15. August und dem Verfahren vom 21.&nbsp;August, aber keine aus dem vom 10.&nbsp;August 1944 gegen [[Berthold Schenk Graf von Stauffenberg]] und [[Fritz-Dietlof von der Schulenburg|Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg]].
Erstmals wurde der Film am 29.&nbsp;August 1944 den Reichspropagandaamtsleitern im Reichspropagandaministerium gezeigt. Weitere Vorführungen unterblieben. Johannes Tuchel vermutet, Freislers Prozessführung habe den von Goebbels beabsichtigten Effekt konterkariert.<ref>Johannes Tuchel: ''Vor dem „Volksgerichtshof“. Schauprozesse vor laufender Kamera.'' In: Gerhard Paul (Hrsg.): ''Das Jahrhundert der Bilder''. Bd. 1. ''1900 bis 1949''. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, S. 652.</ref> Bernd Sösemann meint, das ursprünglich von Hitler favorisierte Projekt eines Schauprozesses sei aufgrund der schnellen Ernüchterung über die sachlichen und mentalen Grenzen des Projekts aufgegeben worden.<ref>Bernd Sösemann: ''Verräter vor dem Volksgericht – Die denkwürdige Geschichte eines Filmprojekts.'' In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hrsg.): ''Der Umgang des Dritten Reiches mit den Freindes des Regimes''. Lit, Berlin 2010, S. 163.</ref>

Die Hinrichtung der am 8. August Verurteilten, die noch am selben Tag in [[Gedenkstätte Plötzensee|Berlin-Plötzensee]] erfolgte, wurde auf kurzfristige Anordnung Hinkels auch von den Kameramännern der Wochenschau gefilmt. Der insgesamt 25-minütige Film zeigt die Gefangenen einzeln in Sträflingskleidung auf dem Weg zum Hinrichtungsraum und ihre [[Hängen|Erhängung]] an der dortigen Galgenschiene. Ob Hitler den Film je gesehen hat, ist ungewiss. Der Film befand sich noch am 17.&nbsp;Januar 1945 im Reichspropagandaministerium, ist aber seit Kriegsende verschollen.<ref>Johannes Tuchel: ''Vor dem „Volksgerichtshof“. Schauprozesse vor laufender Kamera.'' In: Gerhard Paul (Hrsg.): ''Das Jahrhundert der Bilder''. Bd. 1. ''1900 bis 1949''. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, S. 653.</ref>

=== Exekutionen und Todesfälle auf Seiten der Attentäter ===
{{Hauptartikel|Personen des 20. Juli 1944}}

Etwa 200 Personen wurden kurz nach dem Attentat von Hitlers Gefolgschaft als (vermeintliche) Attentäter oder Mitwisser getötet oder in den Tod getrieben.<ref>[[Johannes Tuchel]]: ''»… und ihrer aller wartete der Strick.« Das Zellengefängnis Lehrter Straße&nbsp;3 nach dem 20.&nbsp;Juli 1944.'' Lukas Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-86732-178-5, S.&nbsp;38.</ref><ref>Die Zahlen bzw. das Verhältnis von Verhafteten zu Hingerichteten differiert stark in der Literatur – wenngleich hier oftmals Schätzungen zugrunde liegen, die auf die Gestapostatistik von [https://books.google.de/books?id=9xgbigJ9Z9AC&hl=de&source=gbs_navlinks_s Kiesel (1947)] zurückgehen. Er ging von einem Verhältnis 7000 zu 700 aus, andere Autoren wie [https://books.google.de/books?id=uicfAAAAMAAJ&hl=de&source=gbs_navlinks_s Mittler (1985)] von 7000 zu 5000! – ähnlich hoch sind die Angaben oftmals in englischen Schriften. [https://books.google.de/books?hl=de&id=bJAiAQAAIAAJ&dq=Die+bisherige+Literatur+nannte+oft%2C+von+Kiesel+ausgehend4%2C+%C3%BCber+7000+Inhaftierte+und+mehr+als+700+Tote+in+der&focus=searchwithinvolume&q=%22nannte+oft%2C+von+Kiesel%22 Steinbach und Tuchel (1994)] weisen darauf hin, dass [[Peter Hoffmann (Historiker, 1930)|Peter Hoffmann]] die Anzahl an Verhafteten schon um [https://books.google.de/books?hl=de&id=DhJoAAAAMAAJ&dq=B.+die+7000%2C+die+Dr.+Kiesel+angab%2C+einen+eindrucksvollen+Hinweis+auf+die+Verbreitung+der+Opposition+geben%2C+so+sind+sie+doch+nur&focus=searchwithinvolume&q=%22700%22kiesel 1970] nach unten korrigiert hatte, so dass vielmehr von 700 Verhafteten auszugehen ist. Selbst wenn die Gesamtzahl an Ermordeten größer als 200 gewesen sein sollte, können hierzu keine Angaben gemacht werden, weil die [https://books.google.de/books?id=tgKaAwAAQBAJ&pg=PA37&dq=700+offiziere+%2220.+juli%22&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwiJwKi78JfoAhXKX8AKHRUMBdwQ6AEIMzAB#v=onepage&q=700%20offiziere%20%20&f=false Opfer nicht namentlich] bekannt sind.</ref>

== Teilnehmer der Lagebesprechung in der Wolfsschanze ==
[[Datei:20 July plot Wolfsschanze conference.svg|mini|Die genaue Position aller nebenstehend Genannten während der Lagebesprechung vom 20. Juli 1944 in der [[Wolfsschanze]]. Die Bombe befand sich im Augenblick der Explosion hinter dem rechten Tischträger.<br />{{Farbe |#FFFFFF |border=1 |Kreis=1 |width=9px}} leichtverletzt {{Farbe |#0000FF |Kreis=1 |width=10px}} schwerverletzt {{Farbe |#FF0000 |Kreis=1 |width=10px}} getötet]]

Ausgehend von Hitler nach rechts befanden sich in der Lagebaracke:
# [[Adolf Hitler]] (leicht verletzt)
# [[Adolf Hitler]] (leicht verletzt)
# Generalleutnant [[Adolf Heusinger]]: Chef der Operationsabteilung des Generalstabes des Heeres und Stellvertreter des Chefs des Generalstabes des Heeres
# Generalleutnant [[Adolf Heusinger]]: Chef der Operationsabteilung des Generalstabes des Heeres und Stellvertreter des Chefs des Generalstabes des Heeres (leicht verletzt)
# General der Flieger [[Günther Korten]]: Chef des Generalstabes der Luftwaffe ()
# General der Flieger [[Günther Korten]]: Chef des Generalstabes der Luftwaffe {{FN|}}
# Oberst i.G*. [[Heinz Brandt (Militär)|Heinz Brandt]]: Erster Generalstabsoffizier; Heusingers Stellvertreter ()
# Oberst i.&nbsp;G.{{FN|*}} [[Heinz Brandt (Offizier)|Heinz Brandt]]: [[Erster Generalstabsoffizier]]; Heusingers Stellvertreter {{FN|}}
# General der Flieger [[Karl-Heinrich Bodenschatz]]: Verbindungsoffizier des Oberbefehlshabers der Luftwaffe im Führerhauptquartier (schwer verletzt)
# General der Flieger [[Karl-Heinrich Bodenschatz]]: Verbindungsoffizier des Oberbefehlshabers der Luftwaffe im Führerhauptquartier (schwer verletzt)
# Oberstleutnant i.&nbsp;G.{{FN|*}} [[Heinz Waizenegger]]: Adjutant Jodls
# Generalleutnant [[Rudolf Schmundt]]: Chefadjutant der Wehrmacht bei Hitler und Chef des Heerespersonalamtes (†)
# Generalleutnant [[Rudolf Schmundt]]: Chefadjutant der Wehrmacht bei Hitler und Chef des [[Heerespersonalamt]]es {{FN|†}}
# Oberstleutnant i.G. [[Heinrich Borgmann]]: Adjutant Hitlers (schwer verletzt)
# Konteradmiral [[Karl-Jesco von Puttkamer]]: Marineadjutant Hitlers (leicht Verletzt)
# Oberstleutnant i.&nbsp;G.{{FN|*}} [[Heinrich Borgmann]]: Adjutant Hitlers (schwer verletzt)
# General der Infanterie [[Walter Buhle]]: Chef des Heeresstabes beim [[Oberkommando der Wehrmacht]]
# Stenograph [[Heinrich Berger]] (†)
# Konteradmiral [[Karl-Jesko von Puttkamer]]: Marineadjutant Hitlers (leicht verletzt)
# Kapitän zur See [[Heinz Assmann (Offizier)|Heinz Assmann]]: Admiralstabsoffizier im Wehrmachtführungsstab
# Stenograf Heinrich Berger {{FN|†}}
# Kapitän zur See [[Heinz Assmann (Kapitän)|Heinz Assmann]]: Führungsstabsoffizier im Wehrmachtführungsstab
# Major [[Ernst John von Freyend]]: Adjutant Keitels (leicht verletzt)
# Generalmajor [[Walter Scherff]]: Sonderbeauftragter Hitlers für die militärische Geschichtsschreibung (leicht verletzt)
# Generalmajor [[Walter Scherff]]: Sonderbeauftragter Hitlers für die militärische Geschichtsschreibung (leicht verletzt)
# Konteradmiral [[Hans-Erich Voss|Hans-Erich Voß]]: Vertreter des Oberbefehlshabers der [[Kriegsmarine]] im Führerhauptquartier (verletzt)
# General [[Walther Buhle]]: Chef des Heeresstabes beim Oberkommando der Wehrmacht
# SS-Hauptsturmführer [[Otto Günsche]]: Adjutant Hitlers (leicht verletzt)
# Konteradmiral [[Hans-Erich Voss]]: Vertreter des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine im Führerhauptquartier
# Oberst i.&nbsp;G.{{FN|*}} [[Nicolaus von Below]]: Luftwaffenadjutant Hitlers
# SS-Gruppenführer [[Hermann Fegelein]]: Vertreter der Waffen-SS im Führerhauptquartier
# SS-Gruppenführer [[Hermann Fegelein]]: Vertreter der [[Waffen-SS]] im Führerhauptquartier
# Oberst d.G**. [[Nikolaus von Below]]: Luftwaffenadjutant Hitlers
# Stenograf Heinz Buchholz
# SS-Hauptsturmführer [[Otto Günsche]]: Adjutant Hitlers
# Major i.&nbsp;G.{{FN|*}} [[Herbert Büchs]]: Adjutant Jodls
# Stenograph [[Kurt Hagen]]
# Ministerialdirigent [[Franz von Sonnleithner|Franz Edler von Sonnleithner]]: Vertreter des Auswärtigen Amtes im Führerhauptquartier
# Oberstleutnant d.G. [[Ernst John von Freyend]]: Adjutant Keitels
# General der Artillerie [[Walter Warlimont]]: stellvertretender Chef des Wehrmachtführungsstabes
# Major d.G. [[Herbert Büchs]]: Adjutant Jodls
# Oberstleutnant d.G. [[Heinz Waizenegger]]: Adjutant Keitels
# Ministerialrat [[Franz Edler von Sonnleithner]]: Vertreter des Auswärtigen Amtes im Führerhauptquartier
# General [[Walter Warlimont]]: stellvertretender Chef des Wehrmachtführungsstabes
# Generaloberst [[Alfred Jodl]]: Chef des Wehrmachtführungsstabes (leicht verletzt)
# Generaloberst [[Alfred Jodl]]: Chef des Wehrmachtführungsstabes (leicht verletzt)
# Generalfeldmarschall [[Wilhelm Keitel]]: Chef des Oberkommandos der Wehrmacht
# Generalfeldmarschall [[Wilhelm Keitel]]: Chef des Oberkommandos der Wehrmacht
<small>(†) = sofort getötet oder später seinen Verletzungen erlegen <br />
i.G. = im Generalstab <br />
d.G. = des Generalstabs</small>


{{FNBox|
== Bewertung ==
{{FNZ|*|i.&nbsp;G.: im Generalstab}}
Die Ereignisse vom 20. Juli 1944 wurden im Kern von Mitgliedern der Wehrmacht und Polizei getragen, sind aber nicht als reiner [[Militärputsch]] zu bewerten. Die Nazi-Propaganda brandmarkte Stauffenberg und die Verschwörer des 20. Juli als feige Landesverräter, die dem Deutschen Reich in Zeiten höchster Not in den Rücken gefallen seien. Die nationalsozialistische Interpretation des Attentats wirkt bis heute nach. Der 20. Juli ist ein Beweis, dass ein paar wenige Widerständler sich gegen Hitler zur Wehr setzten. Es befreit diese aber nicht von der individuellen Schuld, Hitler zumindest lange toleriert zu haben. Auch im Ausland wurde der versuchte Umsturz zunächst herabgewürdigt, um den damaligen Feind als moralisch minderwertigen monolithischen Block zu zeigen.
{{FNZ|†|sofort getötet oder später seinen Verletzungen erlegen}}}}
[[Winston Churchill]], der von den Attentatsplänen im Voraus unterrichtet war, erklärte am [[2. August]] [[1944]] im britischen Unterhaus, es handle sich lediglich "um Ausrottungskämpfe unter den Würdenträgern des Dritten Reiches". Die USA wiederholten die von Hitler vorgegebene Interpretation des Ereignisses. Die [[The New York Times|New York Times]] schrieb am [[9. August]] [[1944]], dass das Attentat eher an die "Atmosphäre einer finsteren Verbrecherwelt" erinnere als an die, welche man "normalerweise im Offizierscorps eines Kulturstaates" erwarten würde.


== Historische Bewertung ==
Die Motivlage für die mutige Aktion lässt sich im Nachhinein schwer beurteilen und ist bei der sehr heterogenen Gruppe von Widerständlern ebenso schwer zusammenzufassen. Die heutige Geschichtsschreibung sieht jedoch im "nationalen Interesse" den Grund für die Beteiligung der meisten Widerständler. Dafür spricht auch, dass die Gruppe nach dem Sieg über Frankreich 1940 auf einen winzigen Kern reduziert war. Erst nachdem sich die Niederlage in der Sowjetunion abzeichnete, wurde es leichter, neue Männer zu gewinnen. Allen gemein war ein Bedürfnis, den "Aufstand des Gewissens" gegen die verbrecherische Politik Hitlers zu führen. Andere Interpretationen stellen den nahenden militärischen Zusammenbruch Deutschlands in den Vordergrund.
Die [[NS-Propaganda]] schmähte Graf von Stauffenberg und die Verschwörer des 20. Juli als ''feige [[Landesverrat|Landesverräter]]'', die dem Deutschen Reich in Zeiten höchster Not in den Rücken gefallen seien. Diese (nationalsozialistische) Interpretation des Attentats wirkt bis heute nach.


Es ist bei der heterogenen und großen Gruppe der Widerständler des 20. Juli 1944 schwer, Motive zu nennen, die für alle Teilnehmer gleich maßgeblich waren.<ref>Siehe z. B. Hans Rothfels: ''Die deutsche Opposition gegen Hitler – Eine Würdigung.'' Fischer Bücherei, Neuausgabe 1957.</ref> [[Ethos|Ethische]] und allgemein-religiöse Fragen oder mehr persönliche [[Gewissen]]sfragen, insbesondere die Erlebnisse der hinter der Front im Osten verübten Untaten, sind jedenfalls als „motivgebend“ nicht zu unterschätzen, besonders nicht bei den gescheiterten frühen Attentatsversuchen.
Abschließend lässt sich stellvertretend für die Angehörigen des Widerstandes gegen Hitler folgendes Zitat von [[Henning von Tresckow]] anführen: ''"Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben zu geben."''
Die heutige deutsche Geschichtsschreibung hebt aber überwiegend das „nationale Interesse“ als entscheidenden Ansporn für die meisten der opponierenden Militärs hervor. Das „nationale Interesse“ ist in der Sprache dieser Wissenschaftler ein Kürzel für die Einigkeit der Verschwörer in der negativen Beurteilung des [[Dilettant]]ismus Hitlers in [[Strategie (Militär)|kriegsstrategischen]] Fragen und die seit 1942 eingetretene aussichtslose militärische Lage an den meisten Fronten. Die sich abzeichnende Niederlage müsse im nationalen Interesse unbedingt verhindert werden. Dafür sei die Beseitigung der Person Hitlers erforderlich und ein Hochverrat gerechtfertigt.


Von 1938 bis 1940 war anscheinend das „nationale Interesse“ im Offizierskorps ohnehin ausschlaggebend. Für diese Annahme spricht insbesondere, dass die militärische Opposition nach dem [[Westfeldzug|Frankreichfeldzug]] 1940 auf einen kleinen Kern zusammengeschmolzen war, auch bedingt durch den unverhofft schnellen und leichten Sieg über den „Erbfeind“, der Deutschland 1939 den Krieg erklärt hatte. Im Jahre 1941 dagegen überfiel das Deutsche Reich die verbündete Sowjetunion, erzielte trotz großer Bodengewinne keinen entscheidenden Erfolg, und hinter den Fronten fanden Massenhinrichtungen statt. Da spätestens mit der Niederlage in der [[Schlacht von Stalingrad]] Anfang 1943 ein Sieg gegen die Sowjetunion unwahrscheinlich geworden war, wurde es wieder leichter, neue Männer für den Widerstand zu gewinnen.
== Quellen ==
<references />


Vielen der Männer des 20. Juli war es im Verlaufe der Kriegsjahre ein immer größer werdendes Bedürfnis geworden, gegen die diktatorische Politik Hitlers und seiner Partei Widerstand zu leisten, insbesondere gegen die Verbrechen der [[Schutzstaffel|SS]] hinter der Front. Sie waren in zunehmendem Maße Zeugen von systematischen Massentötungen von Unschuldigen geworden, was sie mit ihrem Gewissen und ihrer Offiziersehre nicht in Einklang bringen konnten. Etliche fürchteten eine langfristige Schädigung des deutschen Rufs und eine Auferlegung moralischer Schuld für kommende Generationen. Mit dieser Argumentation hatte Tresckow schon nach der Bekanntgabe des [[Kommissarbefehl]]s vergeblich versucht, seinen Vorgesetzten zu einem offiziellen Protest bei Hitler zu bewegen.
== Literatur ==

* [[Marion Gräfin Dönhoff]], ''"Um der Ehre willen". Erinnerungen an die Freunde vom 20. Juli''. Berlin 1994, ISBN 3-88680-532-8 (Erstausgabe), ISBN 3-442-72009-5 (Taschenbuchausgabe)
Andere Interpretationen stellen den immer näher rückenden und unvermeidlichen militärischen Zusammenbruch Deutschlands als Motiv für den Umsturzversuch in den Vordergrund. Insbesondere marxistisch orientierte Historiker sehen den Putsch als Versuch einiger „Hitleroffiziere“ aristokratischer Herkunft, Deutschland eine Besetzung, den Adeligen den Verlust ihres Landbesitzes im Osten und der Offizierskaste den Verlust ihrer Privilegien zu ersparen. Der wahre Widerstand sei von der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]] und der [[Rote Kapelle|Roten Kapelle]] ausgegangen. Andere Historiker wie [[Andreas Hillgruber]] räumen dem gescheiterten Attentat [[Georg Elser]]s vom 8.&nbsp;November 1939 und den Flugblattaktionen der [[Weiße Rose|Weißen Rose]] in der Universität von München am 18.&nbsp;Februar 1943 größere Bedeutung als der Verschwörung des 20. Juli 1944 ein, weil beide demokratischen Charakter gehabt hätten. Stauffenberg dagegen sei Monarchist und daher kein Demokrat gewesen. Joachim Fest und andere haben dagegen ihre Meinung bekundet, Stauffenberg sei zwar Monarchist und damit kein Republikaner, aber durchaus Demokrat gewesen.
* Günter Brakelmann, "Der Kreisauer Kreis : Chronologie, Kurzbiographien und Texte aus dem Widerstand" Münster 2003, ISBN 3-8258-7025-1. Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 ; 3

* [[Ulrich Cartarius]]: ''Opposition gegen Hitler. Deutscher Widerstand 1933-1945'' Berlin 1984, ISBN 3-88680-110-1
Festzuhalten ist, dass einige radikale [[Geschichte des Antisemitismus bis 1945|Antisemiten]] und [[Kriegsverbrecher]] an der Verschwörung des 20.&nbsp;Juli beteiligt waren, so zum Beispiel der [[Generalquartiermeister]] [[Eduard Wagner (General)|Eduard Wagner]], der Mitverantwortung für den Tod von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener trug und der sich aus Furcht vor der Rache der Roten Armee dem Widerstand angeschlossen hatte. Zum engeren Kreis zählte auch der 1945 hingerichtete [[Arthur Nebe]], der als Kommandeur der [[Einsatzgruppe B]] zahlreiche [[Massaker]] an Juden und anderen Zivilisten zu verantworten hatte und als Chef des Reichskriminalpolizeiamtes im [[Reichssicherheitshauptamt|RSHA]] einer der Hauptverantwortlichen für den [[Porajmos|Völkermord an den Roma]] war. Ebenfalls zum Kreis der Mitverschwörer gehörte der [[Der Polizeipräsident in Berlin|Berliner Polizeipräsident]], [[Wolf-Heinrich von Helldorff|Wolf-Heinrich Graf von Helldorff]], der sich als ''alter Parteigenosse'' schon vor 1933 bei Übergriffen gegen Juden hervorgetan hatte.
* Dieter Ehlers, ''Technik und Moral einer Verschwörung: 20. Juli 1944.'' Frankfurt am Main-Bonn 1964

* [[Joachim Fest|Joachim C. Fest]], ''Der lange Weg zum 20. Juli.'' Berlin 1994 ISBN 3886805395
Demgegenüber haben nachweislich 20 Beteiligte vor dem Volksgerichtshof das Verbrechen der Ausrottung der Juden ([[Holocaust]]) als Hauptbeweggrund für ihr Handeln genannt. Die meisten Historiker nehmen an, dass ein Teil der Männer des 20.&nbsp;Juli unter dem Eindruck der brutalen und verbrecherischen Gewaltpolitik Hitlers und seiner Partei einen Lernprozess durchgemacht hat, der von anfänglicher Zustimmung zu entschiedener Ablehnung geführt habe – auch um den Preis des eigenen Lebens. Keiner der Angeklagten ließ sich vor Freislers Volksgerichtshof psychisch brechen oder versuchte, durch Ausflüchte den eigenen Kopf zu retten. Speziell die Widerständler aus dem Offizierskorps gewinnen nach Meinung einiger besondere historische Bedeutung durch die ethische Begründung ihres Vorgehens, wie sie beispielsweise Henning von Tresckow am 21. Juli 1944 Fabian von Schlabrendorff zum Abschied formulierte:
* Kurt Finker / Annerose Busse, ''Stauffenberg und der 20. Juli 1944.'' 7. Aufl. Berlin (Ost) 1989 ISBN 3372002989

* Peter Hoffmann, ''Widerstand gegen Hitler und das Attentat vom 20. Juli 1944. Probleme des Umsturzes.'' München-Zürich 1984 ISBN 3896698249
{{Zitat
* ders., ''Widerstand - Staatsstreich - Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler.'' München 1985 ISBN 349200718X
|Text=Wenn einst Gott Abraham verheißen hat, er werde [[Sodom und Gomorra|Sodom]] nicht verderben, wenn auch nur zehn Gerechte darin seien, so hoffe ich, daß Gott Deutschland um unseretwillen nicht vernichten wird. […] Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben.
* Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.), ''Spiegelbild einer Verschwörung. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SD-Berichterstattung. Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt.'' Stuttgart-Degerloch 1983 ISBN 3512006574
|ref=<ref>Fabian von Schlabrendorff: ''Offiziere gegen Hitler.'' Zürich 1946/51. [https://books.google.de/books?id=8kU1AAAAIAAJ&q=abraham S. 195 books.google].</ref>}}
* ''[[Kaltenbrunner]]-Berichte an Bormann und Hitler über das Attentat vom 20. Juli 1944'', in: [[Hans-Adolf Jacobsen]] (Hrsg.): ''Spiegelbild einer Verschwörung'', Stuttgart 1961

* Klemens von Klemperer / Enrico Syring / Rainer Zitelmann (Hrsg.), ''Für Deutschland. Die Männer des 20. Juli'' Berlin 1994 ISBN 3550072465
== Rezeption ==
* Daniil Melnikow, ''Der 20. Juli 1944. Legende und Wirklichkeit.'' Hamburg 1968
=== Ausland ===
* Klaus-Jürgen Müller, ''20. Juli 1944: Der Entschluß zum Staatsstreich.'' Berlin 1985
Im Ausland wurde der versuchte Umsturz zunächst herabgewürdigt: Der damalige Feind wurde als insgesamt moralisch minderwertig und im Zerbrechen begriffen dargestellt. [[Winston Churchill]], der von den Attentatsplänen im Voraus unterrichtet war, erklärte am 2.&nbsp;August 1944 im [[House of Commons|britischen Unterhaus]], es handle sich lediglich „um Ausrottungskämpfe unter den Würdenträgern des Dritten Reiches“.<ref>[[Marion Gräfin Dönhoff]]: [https://www.zeit.de/1995/30/Neue_Dokumente/komplettansicht ''Neue Dokumente'' (zeit.de)], DIE ZEIT 30/1995.</ref> Weiter kommentierte er das Attentat: „Die führenden Persönlichkeiten des Deutschen Reiches bringen sich gegenseitig um, oder sie trachten sich nach dem Leben; aber ihre Tage sind gezählt.“<ref name="Brendle">Frank Brendle: [https://jungle.world/artikel/2006/29/17880.html ''Wir sind Stauffenberg'' (jungle.world)] 19. Juli 2006.</ref><ref>In der [https://api.parliament.uk/historic-hansard/commons/1944/aug/02/war-situation#S5CV0402P0_19440802_HOC_380 Unterhausdebatte am 2. August 1944] erklärte Churchill am Ende seiner Rede: "''Not only are those once proud German armies being beaten back on every front […], but, in their homeland in Germany, tremendous events have occurred which must shake to their foundations the confidence of the people and the loyalty of the troops. The highest personalities in the German Reich are murdering one another, or trying to, while the avenging Armies of the Allies close upon the doomed and ever-narrowing circle of their power. We have never based ourselves on the strength of our enemy but only on the righteousness of our cause. Therefore, potent as may be these manifestations of internal disease, decisive as they may be one of these days, it is not in them that we should put our trust, but in our own strong arms and the justice of our cause. Let us go on then to battle on every front. Thrust forward every man who can be found. Arm and equip the Forces in bountiful supply. Listen to no parley from the enemy. Vie with our valiant Allies to intensify the conflict. Bear with unflinching fortitude whatever evils and blows we may receive. Drive on through the storm, now that it reaches its fury, with the same singleness of purpose and inflexibility of resolve as we showed to all the world when we were all alone.''" (c 1487)<br />
* Hans Royce / Erich Zimmermann / Hans-Adolf Jacobsen, ''20. Juli 1944.'' Bonn 1964
[[Arthur Greenwood]] stimmte zu, "''that the Nazi Party and the military leaders are now at daggers drawn.''" (Sp. 1488) "''[…] two partners who have now parted company. Neither of them can be trusted by this country. It would be a fatal mistake if, having broken the Nazi Party, although they are temporarily on top, we were to present any better terms to the militarists of Germany than we have done to the discredited Nazis.''" (c 1490)<br />
* Wilhelm von Schramm, ''Aufstand der Generale. Der 20. Juli 1944 in Paris.'' München 1978
[[George Strauss, Baron Strauss|George Strauss]] meinte hingegen: "''I suggest that, now we know that there is an element in the German army which probably is strong and which thinks that the continuation of the war is foolish and suicidal, we should change our whole policy and tell the people of Germany what is the alternative to continuing the war, so that they will know what they are risking if they do not take steps to bring it to an end.''" (cc 1518-9)</ref>
* Hans J. Schultz (Hrsg.), ''Der zwanzigste Juli. Alternative zu Hitler?'' Stuttgart-Berlin 1974 ISBN 3783104475

* Peter Steinbach, ''Der 20. Juli 1944 - Gesichter des Widerstands.'' München 2004 ISBN 3886801551
Die [[Vereinigte Staaten|USA]] wiederholten die von Churchill vorgegebene Interpretation des Ereignisses. Die ''[[The New York Times|New York Times]]'' schrieb am 9.&nbsp;August 1944, das Attentat erinnere eher an einen Kontenausgleich in der „Atmosphäre einer finsteren Verbrecherwelt“. Es handele sich nicht um ein Verhalten, wie man es „normalerweise vom Offizierskorps eines Kulturstaates“ erwarten würde.
* Gerd R. Ueberschär (Hrsg.), ''Der 20. Juli 1944. Bewertung und Rezeption des deutschen Widerstands gegen das NS-Regime.'' Köln 1994

* Gerd R. Ueberschär (Hrsg.), ''NS-Verbrechen und der militärische Widerstand gegen Hitler'' Darmstadt 2000
[[Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg|Ilja Ehrenburg]] schrieb in der ''[[Krasnaja Swesda]]'', das [[Deutsches Reich 1933 bis 1945|nationalsozialistische Deutschland]] werde nicht von meuternden Offizieren in die Knie gezwungen, sondern von der Roten Armee und ihren Verbündeten. „Unsere Armeen sind schneller als das Gewissen der ‚Fritzen‘.“<ref name="Brendle" />
* Gerd R. Ueberschär, ''Für ein anderes Deutschland. Der deutsche Widerstand gegen den NS-Staat 1933 - 1945.'' Frankfurt am Main 2005

* Rüdiger von Voss / Günther Neske, ''20. Juli 1944. Annäherung an den geschichtlichen Augenblick.'' Pfullingen 1984 ISBN 3788502703
Die Journalistin und Mitherausgeberin der Wochenzeitung ''[[Die Zeit]]'', [[Marion Gräfin Dönhoff]], hat darauf hingewiesen, dass trotz der Bemühungen von [[Carl Friedrich Goerdeler]] und [[Adam von Trott zu Solz]] um Unterstützung im Ausland eine „Mauer des Schweigens“ die Folge gewesen sei. Dönhoff sah darin eine „unterlassene Hilfeleistung“: Wider besseres Wissen hätten die Westmächte sich der Interpretation Hitlers angeschlossen und das Attentat als die Tat „ehrgeiziger Offiziere“ bezeichnet.<ref>Christian Graf von Krockow: ''Eine Frage der Ehre.'' Rowohlt, Berlin 2002, S. 119.</ref><ref>Haug von Kuehnheim: ''Marion Dönhoff.'' Rowohlt Reinbek 1999, S. 36.</ref>
* Eberhard Zeller, ''Geist der Freiheit. Der 20. Juli.'' München 1963

* Theodore S. Hamerow, ''"Die Attentäter" Der 20.Juli - von der Kollaboration zum Widerstand'', München 2004, ISBN 3423341009
=== Deutschland nach 1945 ===
* E. Zimmermann: ''20. Juli 1944''. Berto-Verlag, 1961
Im geteilten [[Nachkriegsdeutschland]] war die Haltung gegenüber dem Attentat des 20. Juli 1944 uneinheitlich. In [[Westdeutschland]] wurden die Männer des 20.&nbsp;Juli 1944 Mitte der 1950er Jahre infolge des [[Remer-Prozess]]es langsam zu „Helden“ erhoben, wohingegen die Bevölkerung in der DDR mit diesem Datum wenig anfangen konnte. Bei vielen Deutschen im Westen und im Osten wirkte auch noch der Verratsvorwurf der NS-Propaganda nach, und es wurde befürchtet, einer neuen „[[Dolchstoßlegende]]“ Vorschub zu leisten. Zum Gedenken an die Verschwörer gehörte in Westdeutschland schon bald die Behauptung, Churchill habe sich vor dem britischen Unterhaus wie folgt über den deutschen Widerstand geäußert:

{{Zitat
|Text=In Deutschland lebte eine Opposition, die quantitativ durch ihre Opfer und eine entnervende internationale Politik immer schwächer wurde, aber zu dem Edelsten und Größten gehört, das in der politischen Geschichte aller Völker hervorgebracht wurde. Diese Männer kämpften ohne Hilfe von innen oder von außen, einzig getrieben von der Unruhe ihres Gewissens. Solange sie lebten, waren sie für uns unerkennbar, da sie sich tarnen mußten. Aber an den Toten ist der Widerstand sichtbar geworden. Diese Toten vermögen nicht alles zu rechtfertigen, was in Deutschland geschah. Aber ihre Taten und Opfer sind das unzerstörbare Fundament des neuen Aufbaus. Wir hoffen auf die Zeit, in der erst das heroische Kapitel der inneren deutschen Geschichte seine gerechte Würdigung findet.}}

Veröffentlicht wurde diese angebliche Erklärung erstmals 1946 in der Zeitschrift ''[[Deutsche Rundschau]]'',<ref>Ausgabe Dezember, S. 173, 180.</ref> wo ihr Herausgeber [[Rudolf Pechel]] sie am Ende seines „Tatsachen“ betitelten Aufsatzes über deutsche Widerstandsaktivitäten gegen Hitler ohne weitere Erläuterung mit dieser schlichten Einleitung präsentierte:

{{Zitat
|Text=Es war Winston Churchill, der im britischen Unterhaus folgende Worte sprach: […]}}

In Heft 1/2 des Jahrgangs 1950 druckte die ''Deutsche Rundschau'' diese „Worte“ unter der Überschrift „Eine Bestätigung durch Churchill“ noch einmal. Dieses Mal hieß es dazu, die im Dezemberheft 1946 „auf Grund einer Zeitungsnotiz“ veröffentlichten „Worte Winston Churchills“ hätten „in der ganzen Welt Aufsehen erregt“ …

{{Zitat
|Text=Die Quelle, aus der wir das angebliche Zitat aus einer Rede Churchills im Unterhaus nahmen, ging durch ein Versehen verloren. In den Stenogrammen des Unterhauses fand sich kein Beleg über diese Worte Churchills. Angehörige der deutschen Widerstandsbewegung haben nun alles versucht, um Klarheit zu schaffen und veranlaßten einen englischen Freund, sich an Winston Churchill selber um Auskunft zu wenden. Auf diese Anfrage hat Churchill am 19.&nbsp;November 1949 folgendes geantwortet: ‚Since the receipt of your letter I have had a search made through my speeches for the passage to which you and [[Carl-Hans Graf von Hardenberg|Count Hardenberg]] refer; but so far no record can be found of any such pronouncement by me. But I might quite well have used the words you quote, as they represent my feelings aspect of German affairs. I am sorry I cannot be more precise or helpful, but if we are able to identify the speech I will of course be pleased to send you a copy for your friend, as you request.‘}}

Churchills angebliche Erklärung vor dem Unterhaus wurde 1952 in eine Sonderveröffentlichung zum 20. Juli (Hrsg. Hans Royce) der von der [[Bundeszentrale für politische Bildung]] herausgegebenen Zeitung ''[[Das Parlament]]'' aufgenommen und auch in Eberhard Zellers Standardwerk ''Geist der Freiheit'', dort allerdings mit dem einschränkenden Vorspruch: „Churchill […] soll im Jahr 1946 einmal so vor dem britischen Unterhaus gesprochen haben“ (S. 487). Die Bundeszentrale für politische Bildung nennt den Text inzwischen selbst „undokumentiert“,<ref>Unter Hinweis auf Lothar Kettenacker: ''Die Haltung der Westalliierten gegenüber Hitlerattentat und Widerstand nach dem 20. Juli.'' In: Gerd R. Ueberschär: ''Der 20. Juli 1944.'' 1998, S. 29 (Anm. 4) [https://www.bpb.de/themen/Z7W3ZV,0,0,Auf_dem_Weg_zum_20_Juli_1944.html online]</ref> und [[Peter Steinbach (Historiker)|Peter Steinbach]] bezeichnete ihn schon 1999 als „mit Sicherheit nicht authentisch“.<ref>''Widerstand und Wehrmacht.'' In: ''Die Wehrmacht. Mythos und Realität.'' Oldenbourg Verlag, München 1999, S. 1156 f.</ref> Von einer englischsprachigen Version ist nach wie vor nichts bekannt, und es gibt wie 1950 keine Dokumente oder Zeugen, die die Darstellung der ''Deutschen Rundschau'' bestätigen.

In der [[Sowjetische Besatzungszone|Sowjetischen Besatzungszone]] bzw. der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] gab das [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]]-Regime die allgemeinverbindliche Sichtweise unmissverständlich vor, indem sie die Männer des 20.&nbsp;Juli zunächst als „reaktionäre Agenten des US-Imperialismus“ bezeichnete. Laut [[Kurt Finker]] {{" |war die Verschwörung in ihrer Gesamtheit und in ihrem Wesen ein radikal reaktionäres Unternehmen zur Rettung des deutschen Imperialismus und der Macht der Monopole vor ihrer Zerschlagung}}.<ref>Kurt Finker: ''Stauffenberg und der 20. Juli 1944.'' Union Verlag, Berlin 1973, S. 280.</ref>
Später wurden sie im Sinne der [[Historischer Materialismus|marxistischen Geschichtstheorie]] eher in die Kategorie der „[[Nützlicher Idiot|nützlichen Idioten]]“ eingestuft, also als ursprünglich arbeiterklassenfeindliche Elemente, die jedoch die siegreiche Sowjetarmee bei ihrem Kampf gegen den [[Faschismus]] unbewusst unterstützt hatten. Um 1980 besann sich die SED-Führung ihrer [[Preußen|preußischen]] Tradition und bewertete die Teilnehmer des 20. Juli verhalten positiv. Im internationalen Filmmehrteiler ''[[Befreiung (Film)|Befreiung]]'', der unter der Leitung der [[Sowjetunion]] von 1969 bis 1972 produziert wurde, nimmt das Attentat einen recht großen Raum ein und wird deutlich positiv dargestellt.

=== Unmittelbare Nachkriegszeit in Westdeutschland ===
[[Datei:DBPB 1954 119 Jahrestag 20. Juli 1944.jpg|mini|20-[[Deutsche Mark|Pfennig]]-[[Sondermarke]] der [[Briefmarken-Jahrgang 1954 der Deutschen Bundespost Berlin|Bundespost Berlin (1954)]] zum 10.&nbsp;Jahrestag des Attentats (Mahnmal von [[Richard Scheibe]] im Hof des Bendlerblocks)]]

Das Attentat des 20. Juli 1944 entfaltete trotz seines Scheiterns nach [[Nachkriegsdeutschland|Kriegsende]] eine beachtliche Wirkung. Während sich dieses Datum unter den ehemaligen und zukünftigen Soldaten durch heftige Konflikte hindurch als die wesentliche Wurzel der Konzeption ''[[Innere Führung]]'' für eine neuartige Armee durchsetzte, blieb es bei der Mehrheit der Bevölkerung zunächst ein ungeliebtes und vorwiegend durch Gedenkreden am Leben gehaltenes Erbe.<ref>Tobias Baur: ''Das ungeliebte Erbe. Ein Vergleich der zivilen und militärischen Rezeption des 20. Juli 1944 im Westdeutschland der Nachkriegszeit.'' [[Peter-Lang-Verlagsgruppe|Peter Lang]] Frankfurt am Main 2007.</ref>
[[Joachim Fest]] erklärt die anfängliche Ablehnung innerhalb der Zivilbevölkerung nach dem Kriege durch die in wesentliche Positionen der [[Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (bis 1990)|Bundesrepublik Deutschland]] gelangten ehemaligen Nationalsozialisten. Die nach links gerückten Nachfolgegenerationen, vor allem die [[68er-Bewegung|68er]], wollten eine Sichtweise nur ungern akzeptieren, nach welcher der maßgebliche Widerstand gegen den deutschen Faschismus nicht von Arbeitern, Bauern, Hausfrauen, Häftlingen und Deserteuren, sondern von Grafen und Generälen, Faschisten und Kriegsverbrechern geleistet wurde.

==== Medien und Gedenkreden ====
In den Medien und den seit 1946 stattfindenden Gedenkreden zum 20.&nbsp;Juli ist eine Tendenz festzustellen, den 20.&nbsp;Juli positiv zu bewerten. Diese Tendenz setzte sich nach dem [[Lizenzzeitung#Ende der Lizenzpflicht|Wegfall der Lizenzpflicht für die Presse]] am 21. September 1949 vollends durch. Innerhalb der bundesrepublikanischen Eliten wurde jede Stellungnahme gegen den 20.&nbsp;Juli 1944 vor allem nach dem Remer-Prozess 1952 zunehmend als ein Verstoß gegen das empfunden, was heute „[[Politische Korrektheit|political correctness]]“ genannt wird, und entsprechend scharf kritisiert.<ref>Tobias Baur: ''Das ungeliebte Erbe.'' Frankfurt am Main 2007, S. 134&nbsp;f.</ref>
Von Anfang an erfolgte in den Gedenkreden neben einer Verteidigung der Akteure des 20.&nbsp;Juli 1944 eine Funktionalisierung des 20. Juli: nach außen zur Widerlegung der [[Kollektivschuld]]these, nach innen zur Stiftung einer neuen Identität in einer Tradition der Freiheit.
Dabei wurde dem Widerstand angesichts der Unfähigkeit der Deutschen, mit ihrer eigenen Verstrickung in das nationalsozialistische Unrecht umzugehen, stellenweise auch eine Katharsisfunktion zugeschrieben,<ref>Vgl. Britta Morf: ''Der Widerstand gegen Hitler im Spiegel der Gedenkreden zum 20. Juli 1944'' (Lizentiatsarbeit). Zürich 1994 [Bibliothek der Gedenkstätte Deutscher Widerstand], S. 75&nbsp;f.</ref> die –&nbsp;z.&nbsp;B. noch 1958 bei [[Carlo Schmid]], einem prominenten [[Sozialdemokratische Partei Deutschlands|SPD]]-Mitglied&nbsp;– in einer pseudochristlichen Opfer-[[Rhetorik]] gipfelte: „Sie, die unter dem Beil, die am Galgen, die in den Gaskammern, am Pfahle gestorben sind, haben stellvertretend auch für uns gehandelt; der harte Lorbeer, den sie, einer Dornenkrone gleich, in ihre Stirne gedrückt haben, hat die Schuld weggenommen, die auf uns lastete.“<ref>Carlo Schmid: [https://stiftung-20-juli-1944.de/reden/menschenrechte-und-tyrannenmord Gedenkrede am 20. Juli 1958 im Bendlerblock]</ref> Ab 1953 verknüpften viele Gedenkredner den 20. Juli 1944 mit dem [[17. Juni 1953]] als aufeinanderfolgende Fanale des Freiheitswillens einer deutschen Bevölkerung in einer Diktatur.<ref>Tobias Baur: ''Das ungeliebte Erbe.'' Frankfurt am Main 2007, S. 136.</ref>

==== Politikermeinungen ====
Zur politischen Auseinandersetzung zum Thema „20. Juli“ finden sich in den Plenarprotokollen des [[Deutscher Bundestag|Deutschen Bundestages]] in Nuancen unterschiedliche Haltungen, wobei handfest negative Äußerungen im gesamten Untersuchungszeitraum in den Debatten ausgeblieben sind&nbsp;– auch von Angehörigen der [[KPD]]<!-- ?? --> oder der rechtsextremen [[Sozialistische Reichspartei|Sozialistischen Reichspartei]] (SRP). Gleichzeitig unterblieben eindeutige und signalhafte Stellungnahmen&nbsp;– beispielsweise im Rahmen der [[Deutsche Wiedergutmachungspolitik#Bundesentschädigungsgesetz vom 29. Juni 1956|Wiedergutmachungsgesetzgebung]]&nbsp;– im Bundestag und von Seiten der Bundesregierung. Es wurde nie in Erwägung gezogen, den 20.&nbsp;Juli als nationalen Gedenk- oder Feiertag einzuführen. Öffentliche Gebäude in Westdeutschland wurden am 20.&nbsp;Juli bundesweit ab dem Jahr 1963 beflaggt,<ref>Regina Holler: ''Die Funktion des Widerstands 1933–1945 gegen den Nationalsozialismus für die politische Kultur der Bundesrepublik von 1945 bis heute.'' In: ''50 Jahre 20. Juli 1944.'' Dokumentation der Fachtagung am 14. Juli 1994 in Hannover. Hrsg. vom Niedersächsischen Kultusministerium, Hannover 1995, S. 98. – 1957 wurden erstmals „in zahlreichen deutschen Städten“ die öffentlichen Gebäude halbmast beflaggt. (In: ''[[Frankfurter Allgemeine Zeitung]].'' 20. Juli 1959, S. 3.)</ref> und die Bundespost brachte im Jahr 1964 zum 20.&nbsp;Jahrestag eine Briefmarke zum Gedenken an den deutschen Widerstand in Umlauf.

==== Mehrheitsmeinung der westdeutschen Bevölkerung ====
Die ausführlichste ältere Umfrage zum 20.&nbsp;Juli stammt aus dem Jahr 1951 und zeigt das Bild einer Dreiteilung: Ein Drittel verband mit dem Datum 20.&nbsp;Juli kein Ereignis oder hatte dazu keine Meinung. Ein weiteres Drittel äußerte sich positiv, das letzte Drittel hatte eine kritische Haltung zum Attentat.<ref>''Die Stimmung im Bundesgebiet''. August 1951. Nr. 15: ''Helden oder Verräter? Rückschau auf den 20. Juli 1944.'' Hrsg. vom Institut für Demoskopie. Allensbach 1951, S. 4&nbsp;f.</ref> Von letzteren wurden die Männer und Frauen des Widerstandes öffentlich auch als „Feiglinge“ und „Verräter“ [[Denunziation|denunziert]] und [[Diffamierung|diffamiert]].<ref>Johannes Tuchel: [https://www.zeit.de/2009/03/A-Zwanzigster-Juli/komplettansicht ''20. Juli: »Feiglinge« und »Verräter«''.] In: [[Die Zeit|Zeit Online]], 8. Januar 2009.</ref>
Die Meinungsverschiedenheit innerhalb der Bevölkerung wurde von Zeitgenossen durchaus als problematisch empfunden, besorgte Stellungnahmen zur Rezeption des 20. Juli –&nbsp;wie die folgende&nbsp;– waren vor allem bis 1952 an der Tagesordnung: „Oberste Pflicht eines jeden verantwortungsvollen Deutschen muss es […] sein, diesen unseligen Riss, der durch das Denken unseres Volkes geht, nach Möglichkeit zu überbrücken und allmählich ganz zu schließen.“<ref>Eduard Hermann: ''Der 20. Juli vom politischen Standpunkt gesehen.'' Selbstverlag, Isny 1952 [Bibliothek der Gedenkstätte Deutscher Widerstand], S. 1.</ref> Die fehlende Auseinandersetzungsbereitschaft weiter Teile der deutschen Bevölkerung lag zum einen an den nachwirkenden Vorurteilen gegen die Widerstandskämpfer des 20. Juli als Folge der [[NS-Propaganda]], zum anderen an der zur Verdrängung der persönlichen politischen Vergangenheit neigenden Grunddisposition der Bevölkerung.

Die kritische Haltung der Bevölkerung erreichte im Rahmen des Erstarkens der Sozialistischen Reichspartei (SRP) und der Etablierung der [[Soldatenverband|Soldatenverbände]] kurz vor dem [[Remer-Prozess]] im Frühjahr 1952 einen Höhepunkt, sodass in diesem Zeitraum in der [[veröffentlichte Meinung|veröffentlichten Meinung]] vermehrt davor gewarnt wurde, dass „das Attentat auf Hitler den Mittelpunkt einer aktiven politischen Legendenbildung darstellt“.<ref>''Die Stimmung im Bundesgebiet''. August 1951. Nr. 15: Helden oder Verräter? Rückschau auf den 20. Juli 1944. Hrsg. vom Institut für Demoskopie. Allensbach 1951, S. 1.</ref>
Als Reaktion auf die intensive Berichterstattung des Prozesses und das Scheitern der SRP verringerte sich der Anteil der Kritiker des 20. Juli zumindest zeitweise, weshalb in der veröffentlichten Meinung nicht mehr in dem Maße vor einer neuen [[Dolchstoßlegende]] gewarnt wurde. Das Thema „20. Juli“ hatte fortan seinen explosiven Charakter verloren – zumindest im zivilen Bereich.

==== Verbreitete Gespaltenheit ====
Ein Dilemma zog sich durch alle Institutionen, einschließlich der politischen Gruppierungen. „Für alle Parteien galt: Sie wollten sich für alle Deutschen öffnen – für ehemalige Nationalsozialisten ebenso wie für Verfolgte, für Mitläufer ebenso wie für die Opfer des NS-Regimes. Ein einseitiges Hervorheben der Männer und Frauen im Widerstand hätte sicher polarisierend gewirkt und so manchen Mitläufer abgeschreckt.“<ref name="ReferenceB">Holler: ''Funktion des Widerstands.'' 1995, S. 7.</ref> Insofern erklärt sich aus dem beschriebenen Zwiespalt auch die Ambivalenz in der Haltung der politischen Öffentlichkeit: Auch manche Politiker mussten sich erst mit dem 20. Juli „anfreunden“. Viele von ihnen entstammten zwar der demokratischen Tradition der [[Weimarer Republik]], bis auf wenige Ausnahmen hatten sie aber nicht dem Widerstand angehört.<ref name="ReferenceB" />
Ein Vertreter dieser Gruppe war [[Konrad Adenauer]]. 1946 opponierte er als Mitglied des britischen [[Zonenbeirat]]es aufs heftigste gegen den Antrag von Angehörigen der Widerstandskämpfer des 20. Juli auf finanzielle Unterstützung ([[Rente wegen Todes|Hinterbliebenenrente]]).<ref>Aus einem vertraulichen britischen Bericht über eine Sitzung des Britischen Zonenbeirates ''([[Control Commission for Germany/British Element]])'', ''British Liaison Staff/Zonal Advisory Council, Confidential Report No. 5 (Public Record Office, London, FO 371/5562.1).'' 3. Oktober 1946.</ref> Acht Jahre später würdigte der [[Bundeskanzler (Deutschland)|Kanzler]] freilich die Widerstandskämpfer in einer Rundfunkansprache: „Wer aus Liebe zum deutschen Volk es unternahm, die Tyrannei zu brechen, wie das die Opfer des 20.&nbsp;Juli getan haben, ist der Hochschätzung und Verehrung aller würdig.“<ref>Rundfunkerklärung vom 6. August 1954, zitiert in: ''Verhandlungen des Deutschen Bundestages, II. Wahlperiode.'' Sitzung vom 16. September 1954, S. 1956.</ref>

Andere machten aus ihrer Ablehnung des Attentats keinen Hehl und änderten diese Ansicht auch nicht. Dieser Gruppe gehörte beispielsweise der Bundestagsabgeordnete [[Wolfgang Hedler]] aus der [[Deutsche Partei|Deutschen Partei]] (DP) an, die in Adenauers erster Legislaturperiode eine Regierungskoalition mit der [[Christlich Demokratische Union Deutschlands|CDU]]/[[Christlich-Soziale Union in Bayern|CSU]] gebildet hatte.<ref>Norbert Frei: ''Der Fall Hedler.'' In: ''Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik Deutschland und die NS-Vergangenheit.'' München 1996, S. 309–325.</ref>
1949 beschimpfte er in einer mit antisemitischen Ausfällen durchsetzten Wahlkampfrede<ref>Vgl. ''„Geteilte“ Meinung eines Abgeordneten über Vergasung von Juden.'' In: ''Frankfurter Rundschau.'' 12. Dezember 1949, S. 2.</ref> die Attentäter des 20. Juli so massiv, dass ihm daraufhin der Prozess gemacht wurde, nachdem der [[Deutscher Bundestag|Deutsche Bundestag]] nach hitziger Debatte mit Mehrheitsentscheid seine Immunität aufgehoben hatte.<ref>Vgl. ''Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode.'' 25. Sitzung vom 16. Dezember 1949, S. 765 u. 773&nbsp;ff.</ref> Die Tatsache, dass der inzwischen zur rechtsextremen [[Deutsche Reichspartei (1950)|DRP]] übergetretene Hedler in erster Instanz freigesprochen und erst vom Revisionsgericht zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde, zeigt exemplarisch, dass eine ambivalente Haltung gegenüber dem 20. Juli damals auch in der westdeutschen Justiz verbreitet war.

=== Weitere Rezeptionsgeschichte bis zur Gegenwart ===
[[Datei:DBP 1994 Block 29 Attentat vom 20. Juli 1944.jpg|mini|100-Pfennig-[[Briefmarkenblock]] der [[Briefmarken-Jahrgang 1994 der Deutschen Bundespost|Deutschen Bundespost (1994)]] zum 50.&nbsp;Jahrestag des Attentats]]
[[Datei:Gedenkstein.20.Juli.1944.P1151320.jpg|mini|Gedenkstein für die kurzzeitig dort bestatteten Männer des 20.&nbsp;Julis auf dem [[Alter St.-Matthäus-Kirchhof Berlin|Alten St.-Matthäus-Kirchhof Berlin]]<br />Lage: {{Coordinate|text=/|NS=52.490151|EW=13.367810|type=landmark|region=DE-BE|name=Ruhestätte}}]]

Als 1968 das [[Widerstandsrecht]] in das [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland]] aufgenommen wurde, spielte der 20. Juli 1944 in der politischen Debatte eine wichtige Rolle. Die Generation der [[Studentenbewegung]] von 1968 störte sich zwar an der Herkunft und an der politischen Ausrichtung sowie dem Beruf der Mehrzahl dieser Widerständler: aristokratische Herkunft, konservative Gesinnung, Berufssoldatentum. Damit entsprachen sie dem Antitypus eines idealtypischen Mitglieds der Studentenbewegung: pseudoproletarische Herkunft, anarcholinke Ausrichtung und pazifistische Gesinnung. Dies verhinderte aber nicht die Auseinandersetzung mit den Motiven und dem Mut der Widerständler, die bereit gewesen waren, für ihre Überzeugungen ihr Leben aufs Spiel zu setzen.

In der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] begann man nach 1989, den 20. Juli unter einem neuen Blickwinkel zu sehen: Im bewussten Rückgriff auf die Geschichte setzte die erstmals frei und demokratisch gewählte [[Volkskammer]] die Neuvereidigung der [[Nationale Volksarmee|NVA]] auf den 20.&nbsp;Juli 1990 fest. Die [[Bundeswehr]] führte wiederholt [[Feierliches Gelöbnis|Gelöbnisfeiern]] an diesem historischen und symbolträchtigen Gedenktag durch.
Zum 60.&nbsp;Jahrestag des gescheiterten Attentats 2004 fand in den Medien –&nbsp;unter anderem durch ausführliche Artikel der [[Nachrichtenmagazin]]e ''[[Stern (Zeitschrift)|Stern]]'' und ''[[Der Spiegel]]'' sowie die Verfilmung ''[[Stauffenberg (Film)|Stauffenberg]]'' von [[Jo Baier]]&nbsp;– eine intensive Auseinandersetzung mit dem 20. Juli statt. In Umfragen zum Thema zeigte sich, dass vielfach Respekt und Bewunderung für die Widerständler empfunden werden. Nur noch ein geringer Prozentsatz an Befragten gab an, die Verschwörer zu verachten. Aus Anlass von Stauffenbergs 100.&nbsp;Geburtstag im November 2007 und zum Abschluss der Dreharbeiten für den Film ''[[Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat|Operation&nbsp;Walküre&nbsp;–&nbsp;Das&nbsp;Stauffenberg-Attentat]]'' schrieb ''Der Spiegel'', „erst jetzt ist der erstaunliche Höhepunkt einer postumen Karriere, die alles andere als selbstverständlich schien“.<ref>{{Der Spiegel |ID=53621866 |Autor=Malte Herwig |Titel=Der gute Deutsche |Jahr=2007 |Nr=46 |Seiten=179}}</ref>

In ihrem 2024 erschienenen Buch ''Das deutsche Alibi. Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird.'' legt [[Ruth Hoffmann (Journalistin)|Ruth Hoffmann]] ausführlich die Rezeptionsgeschichte des 20. Juli 1944 im Zusammenhang mit dem sonstigen Widerstand dar und konstatiert, dass schließlich das konservative Narrativ gesiegt habe<ref>{{Literatur |Autor=Ruth Hoffmann |Titel=Das deutsche Alibi : Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird |Verlag=Goldmann |Ort=München |Datum=2024 |ISBN=978-3-641-30676-2}}</ref>: Der 20. Juli 1944 sei „zum Sinnbild des Widerstands“ überhöht worden, da „die SPD es versäumte, ihm eine eigene Darstellung entgegenzusetzen.“ „Ausgerechnet die Konservativen, die sich anfangs jeglicher Würdigung des Widerstands in den Weg gestellt hatten …, betrachten sich bis heute als die geistigen Erben Stauffenbergs.“ Mit der Monumentalisierung des „Aufstands des schlechten Gewissens“ ([[Stephan Malinowski]]) sei in Vergessenheit geraten, „dass die Opposition vor und nach 1933 von ganz anderer Seite gekommen war.“ Viele andere Widerstandskämpferinnen und -kämpfer blieben unbekannt bzw. wurden nicht anerkannt. Sie wären „gar nicht in der Position gewesen, ein Attentat auf Hitler zu verüben oder dem Regime ernstlich zu schaden.“ Darum träfen auf die meisten von ihnen nicht die Definitionen für Widerstand zu, die in der Bundesrepublik im Rahmen der Entschädigungsgesetze entwickelt worden seien. Die Männer des 20. Juli 1944 müssten als Kronzeugen dafür herhalten, das die „Konservativen, über alle Brüche, Irrwege und Katastrophen der vergangenen rund 100 Jahre hinweg stets auf der richtigen Seite gewesen“ seien. Jedoch sei „gerade das Gegenteil, nämlich die Überwindung ideologischer Grenzen, das Besondere an dieser Verschwörung“ gewesen. „Jeder wusste, dass sie nur vereint eine Chance haben würden. In der Zusammenarbeit für ein gemeinsames Ziel gelang es diesen Menschen, aufeinander zuzugehen, obwohl sie politisch, menschlich und sozial vieles trennte.“ Das „unausgesprochene Vermächtnis der Menschen im Widerstand“ und ihre demokratische „Bereitschaft zu Toleranz und Kompromiss“ „könnte heute ein leuchtendes Beispiel sein.“

== Gedenkfeiern ==
Mit Ansprachen, Kranzniederlegungen und Gedenkfeiern wird seit 1952 vornehmlich in Berlin am 20. Juli an die Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 erinnert und deren Vorbildfunktion für die Gegenwart herausgehoben. Federführend sind dabei die [[Stiftung 20. Juli 1944]] und die [[Gedenkstätte Deutscher Widerstand]].<ref>[https://www.20-juli-44.de/stiftung ''Über die Stiftung''], Website der Stiftung 20. Juli.</ref> Seit 1999 legen Rekruten der Bundeswehr in Berlin am 20. Juli das [[Feierliches Gelöbnis|Feierliche Gelöbnis]] ab. Zunächst geschah dies im [[Bendlerblock]], seit 2008 auch vor dem [[Reichstagsgebäude]].<ref>[https://www.welt.de/politik/article2203223/Geloebnis-nun-doch-vor-dem-Reichstag.html ''Gelöbnis nun doch vor dem Reichstag.''] In: ''[[Die Welt]].'' 11. Juli 2008.</ref> Das [[Haus der Geschichte Baden-Württemberg]], das auch die [[Stauffenberg-Erinnerungsstätte im Stuttgarter Alten Schloss]] betreibt, erinnert seit 2006 mit der Stauffenberg-Gedächtnisvorlesung an den 20. Juli.<ref>[https://www.hdgbw.de/veranstaltungen/reihen/#stauffenbergvorlesung Stauffenberg-Gedächtnisvorlesung], auf hdgbw.de</ref>

== Künstlerische Bearbeitung ==

=== Belletristik ===
* {{Literatur
|Autor=[[Hans Hellmut Kirst]]
|Titel=Aufstand der Soldaten: Roman des 20. Juli 1944
|Verlag=Goldmann
|Ort=München
|Datum=1965}}
* {{Literatur
|Autor=[[Christian v. Ditfurth]]
|Titel=[[Der 21. Juli]]
|Verlag=Droemer
|Ort=München
|Datum=2001
|ISBN=3-426-27199-0}}
* {{Literatur
|Autor=Dörte Schipper
|Titel=Ein schwarzer Tag im Juli
|Verlag=Piper
|Ort=München
|Datum=2024
|ISBN=978-3-492-06744-7
|Umfang=363}}

=== Dokumentarfilme ===
* 1964: ''Revolution am Telefon – Eine Dokumentation zum 20. Juli.'' 143 Min. Drehbuch und Regie: [[Karl Gass]]. DDR 1964.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.imdb.com/title/tt0386746/ |titel=Revolution am Telefon – Eine Dokumentation zum 20. Juli |werk=Internet Movie Database |abruf=2024-07-24}}</ref>
* 1979: ''Geheime Reichssache.'' 85 Min. Drehbuch und Regie: Jochen Bauer. Deutschland 1979.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fernsehserien.de/filme/geheime-reichssache |titel=Geheime Reichssache |werk=Fernsehserien.de |abruf=2024-07-24}}</ref>
* 2004: ''Was geschah wirklich am 20. Juli 1944?'' 60 Min. Drehbuch und Regie: Artem Demenok. Deutschland 2004.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.imdb.com/title/tt1786760/ |titel=Was geschah wirklich am 20. Juli 1944? |werk=Internet Movie Database |abruf=2024-07-24}}</ref>
* 2008: ''[[Stauffenbergs Anschlag auf Hitler]].'' 77 Min. Drehbuch und Regie: Jean-Pierre Isbouts. USA 2008.
* 2009: ''[[Stauffenberg – Die wahre Geschichte]].'' 2 Teile. 90 Min. Drehbuch und Regie: [[Oliver Halmburger]]. Deutschland 2009.
* 2024: ''Attentat auf Hitler. Stauffenberg und der deutsche Widerstand.'' 89 Min. Drehbuch und Regie: [[Peter Hartl]]. Deutschland 2024 ([https://www.zdf.de/dokumentation/terra-x-history/stauffenberg-und-der-deutsche-widerstand-100.html Online] in der [[ZDF Mediathek]]. Video verfügbar bis 18. Juli 2029).<ref>{{Internetquelle |url=https://www.fernsehserien.de/filme/attentat-auf-hitler-stauffenberg-und-der-deutsche-widerstand |titel=Attentat auf Hitler. Stauffenberg und der deutsche Widerstand |werk=Fernsehserien.de |abruf=2024-07-24}}</ref>

=== Spielfilme ===
* 1955: ''[[Der 20. Juli]]'' – Regie: [[Falk Harnack]]. Der Film erhielt 1956 den ''[[Deutscher Filmpreis|Deutschen Filmpreis]]'' in der Kategorie „Filme, die zur Förderung des demokratischen Gedankens beitragen“.<ref>vgl. Peter Trummer: [https://www.lpb-freiburg.de/fileadmin/stauffenberg/pdf/20Juli_im_Spielfilm.pdf ''Im Focus der Kamera: Der 20. Juli und die Brüder Stauffenberg im Spielfilm''] [[Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg]], abgerufen am 3. März 2019.</ref>
* 1955: ''[[Es geschah am 20. Juli]]'' – Regie: [[Georg Wilhelm Pabst]]
* 1971: ''[[Befreiung (Film)|Befreiung]]''. Im dritten Teil der monumentalen internationalen Koproduktion nehmen Vorbereitungen zum Attentat, das Attentat und die Folgen weiten Raum ein.
* 1971: ''[[Operation Walküre (Fernsehfilm)|Operation Walküre]]''
* 1990: ''[[Stauffenberg – Verschwörung gegen Hitler]]''
* 2003: ''[[Die Stunde der Offiziere]]'', Doku-Drama
* 2004: ''[[Stauffenberg (Film)|Stauffenberg]]''
* 2008: ''[[Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat]]''


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Liste der Beteiligten des Aufstandes vom 20. Juli 1944]]
* [[Liste der Attentate auf Adolf Hitler]]
* [[Personen des 20. Juli 1944]]
* [[Gelöbnis-Störung]]
* [[Schattenkabinett Beck/Goerdeler]]
* [[Widerstand gegen den Nationalsozialismus]]
* [[Zeit des Nationalsozialismus]]
* [[Stiftung 20. Juli 1944]]

== Literatur ==
* [[Felicitas von Aretin]]: ''Die Enkel des 20. Juli.'' Leipzig 2004.
* Tobias Baur: ''Das ungeliebte Erbe. Ein Vergleich der zivilen und militärischen Rezeption des 20. Juli 1944 im Westdeutschland der Nachkriegszeit.'' [[Peter-Lang-Verlagsgruppe|Peter Lang]] Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-631-56468-4. (= ''Militärhistorische Untersuchungen.'' Band 8 – Dissertation (phil) [[Universität der Bundeswehr München]] 2006). [https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-10401 Rezension von Christine Hikel in H-Soz-Kult, 31. Oktober 2007]
* [[Philipp Freiherr von Boeselager|Philipp von Boeselager]], [[Hans Sarkowicz]]: ''Der 20. Juli 1944''. Gespräch. Audiobuch, Freiburg 2004, ISBN 3-89964-046-2.
* [[Günter Brakelmann]]: ''Der Kreisauer Kreis: Chronologie, Kurzbiographien und Texte aus dem Widerstand.'' Münster 2003, ISBN 3-8258-7025-1. (= ''Schriftenreihe der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944.'').
* [[Ulrich Cartarius]]: ''Opposition gegen Hitler. Deutscher Widerstand 1933–1945.'' Berlin 1984, ISBN 3-88680-110-1.
* [[Marion Gräfin Dönhoff]]: ''„Um der Ehre willen“ – Erinnerungen an die Freunde vom 20. Juli.'' Berlin 1994, ISBN 3-88680-532-8 (Erstausgabe), ISBN 3-442-72009-5 (Taschenbuchausgabe).
* Marion Gräfin Dönhoff: ''Axel von dem Bussche.'' Von Hase und Koehler, Mainz 1994, ISBN 3-7758-1311-X.
* [[Allen Welsh Dulles]]: ''Verschwörung in Deutschland''. Harriet Schleber, Kassel 1949/1947; engl.: ''Germany’s Underground''.
* Dieter Ehlers: ''Technik und Moral einer Verschwörung: 20. Juli 1944.'' Frankfurt am Main/Bonn 1964.
* Wolfgang Ernst: ''Der Ruf des Vaterlandes: das höhere Offizierskorps unter Hitler&nbsp;– Selbstanspruch und Wirklichkeit.'' Friehling, Berlin 1994, ISBN 3-89009-723-5.
* [[Joachim Fest]]: ''Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli.'' Siedler, Berlin 1994, ISBN 3-88680-539-5.
* Kurt Finker, Annerose Busse: ''Stauffenberg und der 20. Juli 1944.'' 7. Auflage. Union-Verlag, Berlin 1989, ISBN 3-372-00298-9.
* Kurt Finker: ''Der 20. Juli 1944 – Militärputsch oder Revolution?'' Dietz, Berlin 1994, ISBN 3-320-01836-1.
* [[Ludger Fittkau]]/Marie-Christine Werner: ''Die Konspirateure. Der zivile Widerstand hinter dem 20. Juli 1944'', wbg Theiss, Darmstadt 2019, ISBN 978-3-8062-3893-8.
* Ludger Fittkau: ''„Man lebt ja nicht um seiner selbst willen“. Die Frauenrechtlerin Käthe Kern und der 20. Juli 1944''. Lukas, Berlin 2023, ISBN 978-3-86732-435-9.
* Eberhard Fritz: ''Claus Schenk Graf von Stauffenberg und die Herzöge von Württemberg. Überlegungen zu den Motiven des Attentats vom 20. Juli 1944.'' In: ''Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte.'' 47/48 (2012), S. 225–261.
* [[Hans Bernd Gisevius]]: ''Bis zum bittern Ende''. II. Band, Fretz & Wasmuth, Zürich 1946.
* [[Karl Glaubauf]], Stefanie Lahousen: ''Generalmajor Erwin Lahousen, Edler von Vivremont. Ein Linzer Abwehroffizier im militärischen Widerstand.'' LIT, Münster 2005, ISBN 3-8258-7259-9.
* Karl Glaubauf: ''Oberst i. G. [[Heinrich Kodré]] – Ein Linzer Ritterkreuzträger im militärischen Widerstand.'' In: ''Jahrbuch des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands.'' Wien 2002.
* Theodore S. Hamerow: ''„Die Attentäter.“ Der 20. Juli – von der Kollaboration zum Widerstand.'' München 2004, ISBN 3-423-34100-9.
* [[Winfried Heinemann]]: *''Unternehmen „Walküre“''. Eine Militärgeschichte des 20. Juli 1944 (= ''Zeitalter der Weltkriege.'' 21). de Gruyter/Oldenbourg, München 2019, ISBN 978-3-11-063731-1.
* [[Peter Hoffmann (Historiker, 1930)|Peter Hoffmann]]: ''Widerstand gegen Hitler und das Attentat vom 20. Juli 1944. Probleme des Umsturzes.'' München/Zürich 1984, ISBN 3-89669-824-9.
* Peter Hoffmann: ''Widerstand – Staatsstreich – Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler.'' München 1985, ISBN 3-492-00718-X.
* [[Ruth Hoffmann (Journalistin)|Ruth Hoffmann]]: ''Das deutsche Alibi. Mythos »Stauffenberg-Attentat« – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird''. Goldmann, München 2024, ISBN 978-3-442-31722-6.
* [[Hans-Adolf Jacobsen]] (Hrsg.): ''Spiegelbild einer Verschwörung. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SD-Berichterstattung. Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt.'' Stuttgart-Degerloch 1983, ISBN 3-512-00657-4.
* [[Ludwig Jedlicka]]: ''Der 20. Juli 1944 in Österreich.'' Herold, Wien 1965.
* ''[[Ernst Kaltenbrunner|Kaltenbrunner]]-Berichte an Bormann und Hitler über das Attentat vom 20. Juli 1944.'' In: [[Hans-Adolf Jacobsen]] (Hrsg.): ''Spiegelbild einer Verschwörung.'' Stuttgart 1961.
* [[Walter Kempowski]]: [https://www.zeit.de/2004/29/echolot ''„Das Wichtigste: Unser Führer lebt.“ Der 20. Juli 1944 – Echo eines Attentats. Ein Zeitbild aus Tagebüchern, Briefen und Erinnerungen.''] In: ''[[Die Zeit]]'', Nr. 29, 2004.
* [[Johannes Tuchel]], Christin Sandow: ''Der 20. Juli 1944 in Berlin''. Lukas, Berlin 2024, ISBN 978-3-86732-463-2.
* Linda von Keyserlingk-Rehbein: ''Nur eine »ganz kleine Clique«? Die NS-Ermittlungen über das Netzwerk vom 20. Juli 1944.'' Lukas, Berlin 2018, ISBN 978-3-86732-303-1.
* [[Klemens von Klemperer]], Enrico Syring, [[Rainer Zitelmann]] (Hrsg.): ''Für Deutschland. Die Männer des 20. Juli.'' Berlin 1994, ISBN 3-550-07246-5.
* [[Christian Graf von Krockow]]: ''Eine Frage der Ehre. Stauffenberg und das Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944''. Rowohlt, Berlin 2002, ISBN 3-87134-441-9.
* [[Hedwig Maier]]: [https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1966_3.pdf ''Die SS und der 20. Juli 1944''] (PDF; 5,84&nbsp;MB). In: ''[[Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte]].'' 14 (1966), H. 3, S. 299–316.
* Dorothee von Meding: ''Mit dem Mut des Herzens. Die Frauen des 20. Juli.'' btb, 1997, ISBN 3-442-72171-7.
* Martina Metzger: ''Offiziersehre und Widerstand. Das Reiterregiment 17 und die Wurzeln des Staatsstreichs vom 20. Juli 1944.'' VS, Bayreuth 2016, ISBN 978-3-938845-63-9.
* Klaus-Jürgen Müller: ''20. Juli 1944: Der Entschluss zum Staatsstreich.'' [[Gedenkstätte Deutscher Widerstand]], Berlin 1985 (= ''Beiträge zum Widerstand 1933–1945'', Band 27,<!-- ohne ISBN --> {{DNB|860782123}}).
* [[Tim Pröse]]: ''Wir Kinder des 20. Juli. Gegen das Vergessen: Die Töchter und Söhne des Widerstands erzählen ihre Geschichte.'' Heyne, München 2024, ISBN 978-3-453-21875-8.
* Arnim Ramm: ''Der 20. Juli vor dem Volksgerichtshof.'' Wissenschaftlicher Verlag Berlin, Berlin 2007, ISBN 978-3-86573-264-4.
* [[Manfred Riedel]]: ''Geheimes Deutschland – Stefan George und die Brüder Stauffenberg.'' Böhlau, Köln 2006, ISBN 3-412-07706-2 ([https://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2007-1-068 Rezension] von Gunilla Eschenbach, in: [[H-Soz-u-Kult]], 31. Januar 2007).
* ''Robert Bernardis (1908–1944), Österreichs Stauffenberg zum ehrenden Gedenken anläßlich seines 100. Geburtsjubiläums.'' [[Evangelische Kirche A. u. H. B. in Österreich]] (Hrsg.). Text und Bilder von Karl Glaubauf und K. R. Trauner. Mit einer Einführung von [[Bundespräsident (Österreich)|Bundespräsident]] Heinz Fischer. Evangelischer Presseverband, Wien 2008, ISBN 978-3-85073-314-4.
* Hans Royce, Erich Zimmermann, Hans-Adolf Jacobsen: ''20. Juli 1944.'' Bonn 1964.
* [[Fabian von Schlabrendorff]]: ''Offiziere gegen Hitler.'' Zürich 1946, mehrere weitere Auflagen.
* [[Wilhelm Ritter von Schramm|Wilhelm von Schramm]]: ''Aufstand der Generale. Der 20. Juli 1944 in Paris.'' Heyne, München 1978, ISBN 3-453-48041-4.
* [[Peter Steinbach (Historiker)|Peter Steinbach]]: ''Der 20. Juli 1944 – Gesichter des Widerstands.'' München 2004, ISBN 3-88680-155-1.
* [[Johannes Tuchel]], [[Uwe Neumärker]]: ''Der 20. Juli 1944 im »Führerhauptquartier Wolfschanze«'', Berlin 2021, ISBN 978-3-86732-342-0.<ref>[https://zms.bundeswehr.de/resource/blob/5770546/2830174852ff7565487f0617f1eaea4c/zmg-2024-2-pdf-data.pdf#page=34 Rezension]</ref>
* [[Gerd R. Ueberschär]] (Hrsg.): ''Der 20. Juli 1944. Bewertung und Rezeption des deutschen Widerstands gegen das NS-Regime.'' Bund, Köln 1994, ISBN 3-7663-2370-9.
* Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): ''NS-Verbrechen und der militärische Widerstand gegen Hitler.'' Primus, Darmstadt 2000, ISBN 3-89678-169-3.
* Gerd R. Ueberschär: ''Für ein anderes Deutschland. Der deutsche Widerstand gegen den NS-Staat 1933–1945.'' Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-13934-1.
* [[Rüdiger von Voss]], [[Günther Neske]]: ''20. Juli 1944. Annäherung an den geschichtlichen Augenblick.'' Pfullingen 1984, ISBN 3-7885-0270-3.
* Rüdiger von Voss: ''Der Staatsstreich vom 20. Juli 1944. Politische Rezeption und Traditionsbildung in der Bundesrepublik Deutschland.'' Mit einer Vorrede von [[Karl-Theodor zu Guttenberg]]. Lukas, Berlin 2011, ISBN 978-3-86732-097-9.
* Eberhard Zeller: ''Geist der Freiheit. Der 20. Juli.'' G. Müller, München 1963 (Neuauflage Edition JF, Berlin 2004, ISBN 3-929886-20-0).
* Erich Zimmermann, [[Hans-Adolf Jacobsen]]: ''20. Juli 1944.'' Berto, Bonn 1961 ({{DNB|730378128}}).


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|20 July plot|Attentat vom 20. Juli 1944}}
* Website zu ''Stauffenberg - Der Film'', Preisträger des Grimme-Online-Award 2004, http://www.swr.de/stauffenberg/index_sat_main.html
* [https://www.stiftung-20-juli-1944.de/ Stiftung 20. Juli 1944]
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* Fotos und Dokumente des Bundearchivs http://www.bundesarchiv.de/aktuelles/aus_dem_archiv/galerie/00068/
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* [[Walter Kempowski]]: ''[http://zeit.de/2004/29/echolot »Das Wichtigste: Unser Führer lebt«. Der 20. Juli 1944 – Echo eines Attentats. Ein Zeitbild aus Tagebüchern, Briefen und Erinnerungen''] [[Die Zeit]] 8. Juli 2004
* [https://www.zeitgeschichte-online.de/thema/der-20-juli-1944 Der 20. Juli 1944. Beiträge und Materialien zum 60. Jahrestag des Umsturzversuches vom 20. Juli 1944] bei ''zeitgeschichte-online.de''.
* Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 e.V. http://www.fg-20-juli.de/
* [https://www.politische-bildung.de/20_juli_1944_attentat_auf_hitler.html 20. Juli 1944] auf dem Informationsportal zur politischen Bildung
* Stiftung 20. Juli 1944 http://www.stiftung-20-juli-1944.de/
* [[Tim Pröse]]: [https://www.spiegel.de/einestages/hitler-attentaeter-des-20-juli-1944-stauffenbergs-weggefaehrten-a-1277721.html#ref=recom-outbrain Hitler-Attentäter des 20. Juli 1944 - „Immer wieder denke ich: Hättest du ihn doch nur erschossen!“]
* [http://www.discoverychannel.co.uk/virtualhistory/_pages/the_secret_plot/the_secret_plot_to_kill_hitler.shtml ''The secret plot to kill Hitler''] - Dokumentation von Discovery Channel
* [[Ludger Fittkau]]: ''[https://www.deutschlandfunkkultur.de/lange-nacht-zum-20-juli-1944-versuchter-umsturz-dlf-kultur-e98dedab-100.html Hitler-Attentat 1944: Mehr als nur ein Militärputsch.]'' ''Lange Nacht'' auf ''[[Deutschlandfunk Kultur]]'' vom 20. Juli 2024 (158:22 Minuten).

== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 2. Juni 2025, 18:00 Uhr

Gedenktafel auf dem Gelände des ehemaligen Führerhauptquartiers Wolfsschanze
Gedenktafel im Innenhof des Bendlerblocks

Das Attentat vom 20. Juli 1944 war der bedeutendste Umsturzversuch des militärischen Widerstandes in der Zeit des Nationalsozialismus.[1] Als Voraussetzung für einen Machtwechsel, auch unter dem Gesichtspunkt des „Eides auf den Führer“, galt den Verschwörern die Tötung Adolf Hitlers. Hitler überlebte jedoch die Explosion der am 20. Juli 1944 im Führerhauptquartier Wolfsschanze von Claus Schenk Graf von Stauffenberg deponierten Sprengladung mit relativ leichten Verletzungen.

Dieser Fehlschlag sowie Lücken in der Vorbereitung und das Zögern beim Auslösen der Operation Walküre, des Planes zum Staatsstreich, ließen den Umsturzversuch scheitern. Die Beteiligten der Verschwörung, die Personen des 20. Juli 1944, stammten vor allem aus dem früheren Adel, der Wehrmacht und der Verwaltung. Sie hatten vielfach Kontakte zum Kreisauer Kreis um Helmuth James Graf von Moltke. Unter den mehr als 200 später wegen der Erhebung Hingerichteten waren Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben, 19 Generale, 26 Oberste, zwei Botschafter, sieben Diplomaten, ein Minister, drei Staatssekretäre sowie der Chef des Reichskriminalpolizeiamts Arthur Nebe; außerdem mehrere Oberpräsidenten, Polizeipräsidenten und Regierungspräsidenten.

Werner von Fritsch und Ludwig Beck bei einem Wehrmachtsmanöver, 1937

Hitler hatte mit seiner Ansprache vom 3. Februar 1933 die Spitzen der Wehrmacht ohne grundsätzliche Einwendungen hinter sich gebracht. Er konnte davon ausgehen, dass sie sein Programm prinzipiell billigten.[2] Jedoch war das Verhältnis zwischen den traditionalistischen Elementen in der Militärspitze und der Staatsführung schon in den ersten Jahren nach der NS-„Machtergreifung“ im Jahr 1933 durch verschiedene Krisen gekennzeichnet, wobei sich die meisten dieser Militärs aber letztlich dem Führereid und dem Primat der Politik unterordneten.[3]

Im Frühjahr 1938 kam es erstmals zu erheblichen Spannungen zwischen Hitler und den Spitzen der Wehrmacht. Anlass war die Entlassung des Reichskriegsministers Generalfeldmarschall Werner von Blomberg und des Oberbefehlshabers des Heeres Generaloberst Werner von Fritsch im Verlauf der Blomberg-Fritsch-Krise. Diese nutzte Hitler zur Entmachtung der Wehrmachtführung, die sich bisher einer gezielten Kriegsvorbereitung widersetzt hatte, indem er mehrere hohe Generäle in den Ruhestand verabschiedete oder an andere Stellen versetzen ließ, und zur Installation des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) an Stelle des Reichskriegsministeriums. Im August trat außerdem der Chef des Generalstabs des Heeres, Generaloberst Ludwig Beck, angesichts der sich zuspitzenden Sudetenkrise zurück. Beck, der seit Herbst 1937 von den Plänen Hitlers zur Besetzung der Tschechoslowakei („Fall Grün“) informiert war, hatte von Hitler Aufklärung über dessen außenpolitische Ziele verlangt. Daraufhin war ihm von Hitler beschieden worden, dass er (Beck) „das Schwert zu führen habe, wo und wann immer“ er, der „Führer“, es ihm befehle.

Im September 1938 mündete dieser erste Widerstand in den Kreisen der ranghöchsten Offiziere der Wehrmacht in die sogenannte Septemberverschwörung. Diese wurde von Becks Nachfolger Franz Halder betrieben, der, anders als Beck, bereit war, wenn nötig, einen Staatsstreich zur Absetzung Hitlers herbeizuführen. Erwin von Witzleben, Befehlshaber im Wehrkreis III (Berlin), und Walter von Brockdorff-Ahlefeldt, Kommandant der 23. Infanterie-Division in Potsdam, sollten diesen im Falle des Kriegsausbruchs durchführen. Eine Panzerdivision unter Generalleutnant Erich Hoepner stand für den Fall bereit, dass die SS-Leibstandarte eingreifen würde. Geplant waren von Halder eine militärische Aktion und die Gefangennahme Hitlers. Darüber hinaus entschloss sich Major Hans Oster vom Amt Ausland/Abwehr, mit Staatssekretär Ernst von Weizsäcker im Auswärtigen Amt zu kooperieren. Der Bruder seines Vertrauten Erich Kordt, Theodor Kordt, war Botschaftsrat in London. Er hatte die Aufgabe, mit dem britischen Außenminister Lord Halifax Verbindung aufzunehmen. Überraschend reiste aber der britische Premierminister Neville Chamberlain im September 1938 nach München, wo im Münchner Abkommen die Abtretung des Sudetenlandes durch die Tschechoslowakei an das Deutsche Reich vereinbart wurde. So erhielt Hitler ein Territorium, das er ursprünglich gewaltsam hatte einnehmen wollen, ohne Krieg. „Die Bevölkerung, die angesichts der drohenden Gefahr zunächst zögerlich geworden war, konnte ihrer Begeisterung für den Führer nun wieder freien Lauf lassen.“[4] Damit war das Staatsstreichunternehmen von 1938 schon gescheitert, bevor es begonnen hatte,[5] und diese „Gruppe zerfiel mit Hitlers außenpolitischem Erfolg in München.“[6]

Vor dem Überfall auf Polen im September 1939 kam es zu einem neuen Versuch, Hitlers Pläne zu durchkreuzen. Gerhard Graf von Schwerin, Leiter der Gruppe England/Amerika in der Abteilung Fremde Heere des Generalstabs, wurde nach London geschickt. Er überbrachte die Botschaft: „Schickt ein Flottengeschwader nach Danzig: Treibt den Militärpakt mit der Sowjetunion voran. Das einzige, was Hitler von weiteren Abenteuern abhalten kann, ist ein drohender Zweifrontenkrieg.“[4] Es gelang ihm genauso wenig wie dem Politiker Carl Friedrich Goerdeler, der kurz nach ihm versuchte, die britische Seite zu den gewünschten Maßnahmen zu bewegen.

Im Winter 1939/40 entstanden im Vorfeld des geplanten Angriffs auf Frankreich erneut Vorbereitungen zu einem Staatsstreich. Hitler wollte Frankreich eigentlich bereits im November 1939 angreifen lassen. Die Spitze der Wehrmacht hielt dieses Vorhaben für absolut undurchführbar. Anfänglich erklärten sich der Oberbefehlshaber des Heeres Walther von Brauchitsch und sein Stabschef Halder bereit, Hitler verhaften zu lassen, sobald er den Angriffsbefehl geben würde. Brauchitsch suchte Hitler auf und trug ihm die Bedenken des Generalstabs vor. Hitler aber kanzelte ihn ab und drohte, den „Geist von Zossen“ auszurotten. (Im Zossener Ortsteil Wünsdorf befanden sich die verbunkerten Hauptquartiere des Oberkommandos des Heeres und des Oberkommandos der Wehrmacht.) Daraufhin brach von Brauchitsch die Verbindung zum Widerstand ab, und Halder vernichtete sämtliche inkriminierenden Dokumente. Die Befehlshaber der drei Heeresgruppen im Westen, mit Ausnahme Wilhelm Ritter von Leebs, weigerten sich zudem, sich an einem Staatsstreich zu beteiligen. Der misslungene Bombenanschlag des Widerstandskämpfers Georg Elser am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller beendete dann vorerst die Staatsstreichpläne. Zwar gab in der gleichen Zeit Oberst Hans Oster von der Abwehr die ihm bekannten Angriffstermine über den mit ihm befreundeten niederländischen Militärattaché in Berlin, Bert Sas, an die Westmächte bekannt. Da aber der Angriff mehr als zwanzigmal wegen der ungünstigen Wetterverhältnisse verschoben wurde, verloren die Angaben von Sas bzw. die seines Informanten zunehmend an Glaubwürdigkeit.

Nach dem Sieg über Frankreich im Juni 1940 wich die in der Führung der Wehrmacht verbreitete Skepsis einer Begeisterung für Hitler. „Welche Veränderung in welcher Zeit!“, schwärmte der spätere Hitler-Attentäter Stauffenberg von Hitlers Siegen über Polen und Frankreich 1939/1940.[7] „Der Vater dieses Mannes war kein Kleinbürger. Der Vater dieses Mannes ist der Krieg.“[8] So war Stauffenbergs Idee zunächst: „Zuerst müssen wir den Krieg gewinnen. Aber dann, wenn wir nach Hause kommen, werden wir mit der braunen Pest aufräumen.“[7] Erst die Kenntnis der Massentötungen von Zivilisten hinter der Ostfront, der Ermordung von dreieinhalb Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen und vor allem der Erschießung Hunderttausender Juden ließ ihn einen Umsturz noch während des Krieges versuchen.[9]

Erst als der Russlandfeldzug während der Schlacht um Moskau im Winter 1941 zunehmend die Grenzen der deutschen Wehrmacht aufzeigte, kam es erneut zu Widerstandsplänen. Im Juni 1942 brachte Adam von Trott zu Solz unter Lebensgefahr eine Denkschrift nach London. Der britische Außenminister Anthony Eden lehnte jedoch jede Antwort an die Leute ab, die er für Landesverräter hielt. Er bezeichnete eine Zusammenarbeit als unmöglich, „solange sie sich nicht decouvrieren und ein sichtbares Zeichen ihrer Absicht geben, bei der Entmachtung des NS-Regimes mitzuwirken“.[4]

Ebenfalls Mitte 1942 begann eine Gruppe, für die heute die Namen Henning von Tresckow und Claus Schenk Graf von Stauffenberg stehen, Pläne zu verwirklichen, die den Tod Hitlers zum Ziel hatten. Mehrere Versuche dieser Gruppe, Hitler zu töten, schlugen fehl. Am 13. März 1943 schmuggelten Henning von Tresckow und Fabian von Schlabrendorff beim Besuch des Diktators in Smolensk, der sich auf dem Rückflug von Winniza nach Ostpreußen befand, eine als Cointreauflaschenpaket getarnte Bombe in das Flugzeug Hitlers.[10] Deren Zündmechanismus versagte jedoch.[11] Der Sprengstoff dafür war von Admiral Canaris, dem Chef der Abwehr, und dem Oberst i. G. Erwin Lahousen besorgt worden. Acht Tage später wollte sich Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff anlässlich einer Ausstellungseröffnung von Beutewaffen im Berliner Zeughaus mit Hitler in die Luft sprengen. Aber Hitler verließ das Zeughaus, kurz bevor der bereits geschärfte und auf zehn Minuten eingestellte Zeitzünder die Bombenexplosion auslösen konnte. Gersdorff gelang es im letzten Augenblick, die Bombe zu entschärfen.

Bis zum Sommer 1943 gingen diese Initiativen von dem an der Ostfront eingesetzten Tresckow aus, ab September 1943 bereitete Stauffenberg Attentat und Putsch vor. Er war keineswegs von Anfang an ein Gegner des Regimes. Anfänglich begrüßte er beispielsweise die Aufkündigung des Versailler Vertrages durch Hitler. Er weigerte sich jedoch, der NSDAP beizutreten. Nach der Reichspogromnacht 1938 ging er allmählich auf Distanz zum NS-Regime. Im Sommer 1940 erlag er kurzfristig der nationalen Euphorie, die durch den erfolgreichen Frankreichfeldzug ausgelöst worden war. Das endgültige Umdenken setzte ein Jahr später mit dem Angriff gegen die Sowjetunion ein. Stauffenberg empörte sich über die planmäßigen und massenhaften Morde der SS und der SD-Einsatzgruppen hinter der Front.

Dies und die frühzeitig erlangte Überzeugung, dass der Krieg schon längst verloren sei, waren wie bei vielen Widerständlern aus der Wehrmacht bedeutsame Motive für den Tyrannenmord.

Stauffenberg hat sich über seine Beweggründe unter anderem so geäußert:

„Es ist Zeit, daß jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muß sich bewußt sein, daß er wohl als Verräter in die deutsche Geschichte eingehen wird. Unterläßt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem Gewissen.“[12]

„Ich könnte den Frauen und Kindern der Gefallenen nicht in die Augen sehen, wenn ich nicht alles täte, dieses sinnlose Menschenopfer zu verhindern.“[13]

Geplant war zunächst, das Attentat durch eine andere Person ausführen zu lassen, die wegen der höheren Erfolgschancen zur Selbstopferung bereit war, während es Stauffenbergs Hauptverantwortung sein sollte, nach gelungenem Attentat den Putsch vom „Bendlerblock“ aus zu dirigieren. Das Gebäude Bendlerstraße 11–13 (seit 1955: Stauffenbergstraße, Berlin-Tiergarten) war Sitz des Allgemeinen Heeresamtes und des Befehlshabers des Ersatzheeres im Oberkommando der Wehrmacht.

Stauffenberg gewann zunächst im Herbst 1943 den jungen Offizier Axel von dem Bussche dafür, das Attentat im November 1943 auszuführen. Von dem Bussche war zuvor im Oktober 1942 bei Dubno in der Ukraine zufällig Zeuge einer Massenerschießung von über 3000 Juden durch den SD geworden. Diese Erfahrung hatte ihn zu einem erbitterten Gegner des Regimes gemacht. Auf Anregung Stauffenbergs erklärte er sich zu einem Selbstmordattentat bereit. Bei einer Vorführung neuer Winteruniformen im Führerhauptquartier Wolfsschanze wollte er Hitler mit einer selbstgebastelten Bombe töten, deren Detonation durch eine Handgranate ausgelöst werden sollte. Aber am 16. November 1943 wurde der Eisenbahnwaggon mit den Uniformen bei einem britischen Luftangriff auf Berlin zerstört. Im Januar 1944 wurde eine weitere Vorführung vereitelt, weil sein (in die Pläne nicht eingeweihter) Vorgesetzter Generalmajor Paul Gurran die Vorführung untersagte, mit dem Ausspruch: „Meine Offiziere sind keine Mannequins“.[14][15] Ein schließlich für Februar 1944 geplanter Anschlag konnte nicht ausgeführt werden, weil von dem Bussche Ende Januar 1944 an der Ostfront schwer verwundet worden war.

Stauffenberg selbst hatte ein Attentat für den 26. Dezember 1943 im Hauptquartier Wolfsschanze geplant. Es kam nicht zur Ausführung, weil Hitler, als Stauffenberg schon im Vorzimmer wartete, die Besprechung absagte, da er sich kurzfristig entschlossen hatte, an diesem Tag nach Berchtesgaden zu fliegen.

Im Februar 1944 trat von Stauffenberg an Ewald-Heinrich von Kleist heran. Auf Anraten seines Vaters („Ja, das mußt Du tun!“) stellte sich von Kleist für ein Selbstmordattentat zur Verfügung, das nach dem Muster des geplanten Bussche-Attentates ablaufen sollte. Das Vorhaben scheiterte, weil Hitler den Termin für die Vorführung der Uniformen mehrmals verschob.

Stauffenbergs Ordonnanzoffizier, Oberleutnant von Haeften, lehnte das Ansinnen Stauffenbergs, er solle Hitler töten, aus religiösen Gründen ab.

Rittmeister von Breitenbuch, Ordonnanzoffizier des Generalfeldmarschalls Ernst Busch, wollte Hitler bei einem für den 11. März 1944 angesetzten Lagevortrag auf dem Obersalzberg mit einer Pistole erschießen. Doch am fraglichen Tag wurde ihm überraschend der Zutritt zum Besprechungssaal verwehrt. Hitler habe befohlen, so wurde ihm von einem SS-Mann bedeutet, dass die Besprechung ausnahmsweise ohne Ordonnanzoffiziere abgehalten werde.

Am 7. Juli 1944 entschloss sich auf Anregung Stauffenbergs der Mitverschwörer Generalmajor Hellmuth Stieff, im Schloss Kleßheim bei Salzburg anlässlich einer Vorführung neuer Uniformen Hitler umzubringen. Stieff versagten jedoch die Nerven. Er fühlte sich außerstande, das Attentat auszuführen. Im Rahmen der Prozessberichterstattung erwähnte die NS-Propaganda diesen Anschlagsversuch.[16]

Daraufhin fasste Stauffenberg wie im Dezember 1943 den Entschluss, persönlich das Attentat gegen Hitler und gleichzeitig gegen Himmler und Göring zu verüben und danach den Aufstand von Berlin aus zu dirigieren.

Wolfsschanze am 15. Juli 1944: Hitler begrüßt den General der Flieger K.-H. Bodenschatz, der fünf Tage später durch Stauffenbergs Bombe schwer verletzt wurde (ganz links: Stauffenberg, rechts neben Hitler: Wilhelm Keitel)

Seit dem 1. Juli 1944 hatte Stauffenberg als neu ernannter Chef des Stabes beim Chef der Heeresrüstung und Befehlshaber des Ersatzheeres Generaloberst Friedrich Fromm regelmäßigen Zugang zu den Lagebesprechungen Hitlers. Wenige Tage nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 hatte er durch Heinrich Graf von Lehndorff-Steinort bei Tresckow anfragen lassen, ob es noch Sinn habe, an dem Attentatsplan festzuhalten, für den ein praktischer Zweck nun nicht mehr erkennbar sei. Tresckow bat Lehndorff darauf, Stauffenberg Folgendes zu übermitteln:

„Das Attentat muß erfolgen, coûte que coûte [Anm.: frz. für ,Koste es, was es wolle’]. Sollte es nicht gelingen, so muß trotzdem in Berlin gehandelt werden. Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, daß die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig.“[17]

Die Verschwörer hatten zunächst geplant, Hitler, Hermann Göring und Heinrich Himmler zusammen mit einer Bombe zu töten. Von einem entsprechenden Versuch am 11. Juli 1944 auf dem Obersalzberg und am 15. Juli im Führerhauptquartier Wolfsschanze sah Stauffenberg auf telefonische Empfehlung von Offizieren der Berliner Bendlerstraße wegen Abwesenheit von Himmler und/oder Göring jedoch ab. Die nächste Gelegenheit zu einem Anschlag auf Hitler wollte er sich nun aber unter keinen Umständen mehr entgehen lassen. Er wollte den Besprechungsraum betreten, sobald die Lagebesprechung begonnen hatte – mit der scharfen Bombe unter dem Arm.[18]

In einem Entwurf für eine Regierungserklärung der Regierung Goerdeler für den Fall einer erfolgreichen Übernahme der Macht nach dem Attentat und der Durchführung von „Walküre“ wurden folgende Ziele der neuen Reichsregierung formuliert:

  1. „Wiederherstellung der vollkommenen Majestät des Rechts“: Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Gerichte, Schutz der Sicherheit der Person und des Eigentums, Auflösung der Konzentrationslager, Verhinderung von Lynchjustiz,
  2. Wiederherstellung der öffentlichen und privaten Moral: Bekämpfung der Korruption, Rückgabe geraubter Kunstwerke, Aufhebung der UK-Stellung aus politischen Gründen, Einstellung der Judenverfolgung, Bestrafung von Kriegsverbrechen,
  3. Auflösung des Propagandaministeriums und Beendigung der Propagandaberichterstattung über den Kriegsverlauf,
  4. Wiederherstellung der Geistes-, Glaubens- und Gewissensfreiheit: Trennung von Staat und Kirche, christliche Gesinnung als Grundlage staatlichen Handelns, Pressefreiheit,
  5. Wiederherstellung der christlich-religiösen Erziehung durch die Eltern (vgl. Erziehung im Nationalsozialismus),
  6. Verwaltungsreform: Bürokratieabbau, Ende der „Parteibuchbeamten“, Prüfung und eventuell Bestrafung, Entlassung oder Versetzung aller ab dem 1. Januar 1933 ernannten und beförderten Beamten,
  7. Umwandlung der preußischen Provinzen und der Länder in Reichsgaue, Selbstverwaltung der Gaue, Kreise und Gemeinden unter Aufsicht von Reichsstatthaltern,
  8. Wiederherstellung voller wirtschaftlicher Freiheit nach dem Krieg, Schutz des Eigentums, zwangswirtschaftliche Maßnahmen nur unter Bedingungen des kriegsbedingten Mangels,
  9. Verantwortungsbewusste und gewissenhafte Sozialpolitik nach dem Subsidiaritätsprinzip,
  10. Beendigung der Staatsverschuldung durch Steuererhöhung und Sparpolitik, internationale Verständigung über die Schuldentilgung,
  11. Fortführung des Krieges nur noch zu Zwecken der Verteidigung,
  12. Aufnahme von Friedensverhandlungen mit den Alliierten, Bestrafung der deutschen Verantwortlichen für den Zweiten Weltkrieg.[19]
Bleistift-Zeitzünder des Anschlags vom 20. Juli 1944 – Exponat im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr

Am frühen Donnerstagmorgen des 20. Juli 1944 flog Stauffenberg zusammen mit seinem Adjutanten Oberleutnant Werner von Haeften vom Flughafen Rangsdorf bei Berlin mit einer von Eduard Wagner zur Verfügung gestellten He 111 in das Führerhauptquartier Wolfsschanze bei Rastenburg in Ostpreußen. Haeften führte in einer Aktentasche zwei mit chemischen Zeitzündern („Bleistiftzünder“) versehene Pakete mit je einem Kilogramm plastischen Sprengstoffs (Plastik W) aus britischer Herstellung mit sich, die Oberst Wessel Freiherr von Freytag-Loringhoven beschafft hatte.

Fälschlicherweise wird oft behauptet, die Besprechung hätte eigentlich in einem der unterirdischen Bunker der Wolfsschanze stattfinden sollen. Durch die Explosion von einem Kilogramm Sprengstoff in einem Bunker wären sicher alle Anwesenden ums Leben gekommen. Die Lagebesprechungen wurden aber seit Juli 1944 in einer Baracke der Wolfsschanze abgehalten, wovon Stauffenberg auf Grund seiner Teilnahme an den Lagebesprechungen am 6. und 15. Juli 1944 schon wusste. Stauffenberg hatte daher nicht mit der viel größeren Verdämmung im Bunker gerechnet, sondern sich auf die Wirkung des zusätzlichen zweiten Kilogramms Sprengstoff verlassen.[20]

Die Lagebesprechung war um eine halbe Stunde vorverlegt worden, weil Hitler für den Nachmittag den Besuch Benito Mussolinis erwartete. Das geplante Attentat drohte zu scheitern, da es zunächst keine Gelegenheit zu geben schien, bis dahin die Zeitzünder der beiden Sprengsätze zu aktivieren. Daher gab Stauffenberg vor der Erstattung seines Berichtes an Hitler vor, an dem heißen Sommertag sein Hemd wechseln zu müssen. Er suchte einen Nebenraum auf, wo er, als Einhändiger unterstützt durch Haeften, mit dem Scharfmachen der Sprengladungen begann. Weil sie dabei aber vom Oberfeldwebel Werner Vogel gestört wurden, der Stauffenberg zur Eile mahnte, konnte er nur eines der beiden Päckchen mit einem Kilogramm Sprengstoff aktivieren. Danach unterlief ihm ein entscheidender Fehler: Statt auch das zweite Paket ungeschärft zu dem ersten in die Aktentasche zu legen, übergab er das zweite Päckchen Haeften, der keinen Zutritt zum Besprechungsraum hatte. „Durch dieses Versäumnis blieb die Explosionswirkung begrenzt.“[21][22]

Inneres der Lage­besprechungs­baracke nach dem Anschlag
Überreste der Baracke, 2007

Die Aktentasche mit dem Sprengstoff deponierte Stauffenberg unter dem Kartentisch neben dem massiven Fuß an der Hitler zugewandten Seite. Wenige Minuten später verließ er unter dem Vorwand eines wichtigen Anrufes aus Berlin den Raum. Nach der Zerstörung der Säurekapsel des chemischen Zünders blieben bis zum Auslösen des Schlagbolzens zur Detonation nur noch etwa 10 Minuten.

Um 12:42 Uhr (MESZ) detonierte die Bombe. Der Stenograf Heinrich Berger, dem die Explosion beide Beine abriss, starb noch am Nachmittag. Von den weiteren zwölf Schwerverwundeten starben an den Verletzungen Heinz Brandt und Günther Korten am nächsten bzw. übernächsten Tag und Rudolf Schmundt am 1. Oktober 1944. Die übrigen elf Anwesenden wurden leicht verletzt, unter ihnen Hitler und Adolf Heusinger, siehe Teilnehmer der Lagebesprechung in der Wolfsschanze. In der leicht gebauten Besprechungsbaracke konnte die Druckwelle der Explosion vor allem durch den Holzboden und durch die weit geöffneten Fenster entweichen. Hitler kamen zusätzlich zwei Umstände zugute: Nachdem Stauffenberg den Besprechungsraum verlassen hatte, hatte ein anderer Konferenzteilnehmer die Aktentasche auf die Hitler abgewandte Seite des schweren Tischfußes verschoben, um besser an den Tisch heranzukommen. Außerdem trug Heusinger Hitler gerade die Lage weit im Norden der Sowjetunion vor; deshalb lagen beide Männer fast über der großen Karte auf der dicken Tischplatte, als es zur Detonation kam. Der Tischfuß und die massive eichene Tischplatte schirmten Hitler von der direkten Wirkung der Detonation weitgehend ab. Er erlitt lediglich leichte Verletzungen in Form von Prellungen, Schürfwunden und dem Platzen der Trommelfelle.[23]

Hitler behauptete später, es sei ein Zeichen der „Vorsehung“, dass er den Angriff überlebt hatte. Bereits wenige Minuten nach der Explosion gelangte die Nachricht von seinem Überleben nach Berlin: Der Mitverschwörer General Erich Fellgiebel hatte zwar wie vereinbart versucht, die Wolfsschanze nach der Explosion der Bombe von allen Nachrichtenverbindungen abzuschneiden, indem er die zur Lagebaracke gehörende Telefonanlage abschalten ließ. Dies wurde aber bereits nach wenigen Minuten widerrufen. Außerdem betraf diese Unterbrechung nicht gesondert vorhandene Nachrichtenverbindungen der SS und eine Ersatzzentrale im Sperrkreis 2.[24][25] Daher erhielt Propagandaminister Joseph Goebbels bereits gegen 13 Uhr in Berlin Kenntnis vom Attentat, wenngleich noch ohne nähere Angaben. Als Fellgiebel etwa um dieselbe Zeit erfuhr, dass Hitler überlebt hatte, rief er General Thiele im Bendlerblock, dem Zentrum der Widerstandsgruppe, an, wo die Verschwörer auf eine Nachricht warteten, und meldete mehrdeutig: „Es ist etwas Furchtbares passiert, der Führer lebt.“ Der Mitverschwörer Oberst Hahn bestätigte Thiele in einem weiteren Telefonat aus der Wolfsschanze ausdrücklich, dass Hitler das Attentat überlebt habe. Thiele benachrichtigte die Generäle Friedrich Olbricht und Hoepner von den Ferngesprächen, sie einigten sich darauf, Walküre zunächst noch nicht auszulösen.

Himmler, der nicht an der Besprechung teilgenommen hatte, rief von der Wolfsschanze aus gegen 14 Uhr in Berlin den Leiter des Reichskriminalpolizeiamtes Arthur Nebe an und forderte eine Untersuchung. Der ebenfalls benachrichtigte Chef des Amtes IV (Gestapo) im Reichssicherheitshauptamt, Heinrich Müller, solle Stauffenberg verhaften lassen.

In der Wolfsschanze herrschte bis zum Abend Unsicherheit über den genauen Umfang und die Urheber der Ereignisse. Bis zum späten Nachmittag wurde aber der Bendlerblock als Zentrum des Aufstands identifiziert, wobei zunächst Friedrich Fromm, in dessen Namen die entsprechenden Befehle an die Wehrmacht ergingen, als Kopf des Putsches angesehen wurde.[26]

Zunächst aber konnten Stauffenberg und sein Adjutant Haeften noch wie geplant aus der in höchsten Alarmzustand versetzten Wolfsschanze entkommen. An einer ersten Sperre ließ sie der Wachhabende passieren, am zweiten Kontrollpunkt wurde ihnen die Weiterfahrt jedoch unter Hinweis auf die aktuelle Lage zunächst verwehrt. In einem Telefonat konnte Stauffenberg einen ihm bekannten Offizier dazu bewegen, dem diensthabenden Wachposten die Öffnung der Schranke zu befehlen. Während der Fahrt zum Flugplatz warf Haeften das nicht verwendete Sprengstoffpaket aus dem Wagen. Auf dem Rollfeld erwartete Stauffenberg die für diesen Tag für ihn persönlich abgestellte He 111. Stauffenberg hatte zwar nicht mit eigenem Auge sehen können, ob Hitler durch die Explosion tatsächlich umgekommen war, die Wucht der Detonation aber noch wahrgenommen. Er und Haeften flogen daher in der festen Überzeugung nach Berlin, dass Hitler tot sei.

Während die beiden Verschwörer noch auf dem Rückflug nach Berlin waren, hatte Oberst Albrecht Mertz von Quirnheim gegen 14 Uhr abweichend vom Beschluss seines Vorgesetzten Olbricht bereits einige erste Alarmbefehle mit seiner Unterschrift versehen und abgesandt. Dabei blieb es allerdings zunächst.

Gedenktafel für Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Werner von Haeften am Rangsdorfer See

Gegen 15:45 Uhr auf dem Flugplatz Rangsdorf gelandet, forderte Stauffenberg Olbricht als Vertreter von Fromm fernmündlich auf, die „Operation Walküre“ anlaufen zu lassen. Der Walküre-Plan war ein offizieller, aber durch von Tresckow, Oberstleutnant i. G. Robert Bernardis und Stauffenberg für die Bedürfnisse des Staatsstreichs angepasster Plan für den Fall innerer Unruhen. Dazu gehörte vor allem, dass alle wichtigen Gestapo-, NSDAP- und SS-Dienststellen von der Wehrmacht besetzt würden.

Im Bendlerblock blieb man aber verunsichert durch weitere Hinweise, dass Hitler entgegen den Beteuerungen Stauffenbergs nicht umgekommen war. So bekräftigte Keitel, als Olbricht ein Ferngespräch zur Wolfsschanze herstellte, gegenüber Fromm, dass Hitler nur leicht verletzt worden war.

Daher wurden ab etwa 16 Uhr nur wenige Teile der Walküre-Operation in Angriff genommen; die auf Verschwörerseite stehenden Truppenführer führten vielfach die Befehle nicht aus, wodurch wertvolle Zeit ungenutzt verstrich. So ging zwar das Stichwort Walküre an alle Wehrkreise, Lehr- und Ersatztruppen hinaus, eines der Fernschreiben wurde aber versehentlich auch an die Wolfsschanze versandt. Daraufhin gingen von dort aus sofort erste Fernschreiben heraus, dass Befehle aus dem Bendlerblock ungültig seien. Kurz nach 16 Uhr befahl der Stadtkommandant Generalleutnant Paul von Hase dem Kommandeur des Wachbataillons „Großdeutschland“, Major Otto Remer, die Alarmierung seiner Truppen zur Abriegelung des Regierungsviertels.[27] Obwohl Remer als fanatischer Nationalsozialist galt, erwartete Hase, dass dieser seine Befehle ausführen würde. Kurz nach 17 Uhr rückten die ersten Soldaten des Wachbataillons aus der Ulanenkaserne an der Invalidenstraße aus.[28]

Auch die Besetzung des Hauses des Rundfunks und von Fernmeldezentralen in Berlin konnte wegen fehlender Truppen nicht durchgeführt werden. Lediglich in Paris unter General von Stülpnagel und in Wien unter der Leitung des Chefs des Stabes im Wehrkreis, Oberst i. G. Heinrich Kodré, gelang es, die Befehle der Operation Walküre umzusetzen. In groß angelegten Aktionen wurden in diesen beiden Städten Mitglieder der SS verhaftet.

Stauffenberg musste bei seiner Ankunft im Bendlerblock gegen 16:30 Uhr feststellen, dass bisher außer der Alarmierung der Truppen des Ersatzheeres, das die militärische und vollziehende Gewalt in Deutschland übernehmen sollte, nichts unternommen worden war. Gegenüber Fromm offenbarte er, er selbst habe die Bombe gezündet, und behauptete, er selbst habe auch gesehen, wie Hitler tot aus der Baracke hinausgetragen worden sei, Keitel habe, als er Fromm vom Überleben Hitlers berichtet habe, „wie immer gelogen“. Fromm weigerte sich aber weiterhin, den Aufstand zu unterstützen, und wurde festgesetzt. Weitere Teile der Walküre-Operation wie das Benachrichtigen der Wehrkreise wurden nun abgearbeitet.

Allerdings waren mehrere für die Zeit nach dem Umsturz entscheidende Mitverschwörer schlecht in den Ablauf nach dem Attentat eingebunden: So traf Generaloberst Ludwig Beck, immerhin als Staatsoberhaupt vorgesehen, erst gegen 17 Uhr im Bendlerblock ein. Als er vom zweifelhaften Ausgang des Attentats erfuhr, schloss er sich zwar der Einstellung Stauffenbergs an: „Für mich ist dieser Mann tot, davon lasse ich mein weiteres Handeln bestimmen.“ Erwin von Witzleben aber, immerhin als Oberbefehlshaber über die gesamte Wehrmacht vorgesehen, befand sich zur Zeit des Attentats sogar noch in Ostpreußen. Ohne zuverlässige Information über den bisherigen Verlauf traf er erst gegen 19:30 Uhr in der Bendlerstraße ein. Als Stauffenberg ihm Bericht über den bisherigen Ablauf erstattete, kritisierte Witzleben scharf die Unzulänglichkeiten der bisher getroffenen Maßnahmen, vor allem, dass kein energischer Einsatz der Truppen erfolgte, und bemerkte „Schöne Schweinerei, das!“[29][30][31] Er verließ gegen 20:45 Uhr den Bendlerblock wieder und fuhr auf seinen Landsitz außerhalb Berlins, wo er am folgenden Tag verhaftet wurde. Andere von den Umstürzlern ebenfalls für wichtige Positionen vorgesehene Mitverschwörer wie Admiral Canaris blieben in den Stunden nach dem Attentat passiv.

Eine schwerwiegende Panne ereignete sich beim Versand derjenigen Fernschreiben, welche den nicht in die Verschwörung Eingeweihten den Anlass der Walküre-Operation klarmachen sollten („innere Unruhen“). Stauffenbergs Adjutant Friedrich Karl Klausing ließ das Fernschreiben als „Geheime Kommandosache“ einstufen. Dadurch konnte es nicht gleichzeitig an jeweils 30 Empfänger durchgegeben werden, sondern musste zunächst verschlüsselt und dann einzeln und seitenweise versandt werden. Außerdem standen dafür statt etwa zwanzig nur vier Fernschreiber zur Verfügung. Bis beginnend ab etwa 16:45 Uhr das letzte Fernschreiben zur Auslösung von Walküre alle Empfänger erreicht hatte, dauerte es etwa drei Stunden. Weitere Fernschreiben beispielsweise mit Ausführungsdetails trafen später als 21 Uhr ein. In der Zwischenzeit war aber sowohl die Bevölkerung zwischen 18:28 und 18:42 Uhr durch drei Sondermeldungen des Deutschlandsenders darüber informiert worden, dass Hitler nur leichte Verletzungen erlitten hatte, als auch bei den militärischen Dienststellen das Fernschreiben Keitels von 20:20 Uhr eingetroffen, in dem dieser Befehle aus dem Bendlerblock für ungültig erklärte und mitgeteilt hatte: „Der Führer lebt! Völlig gesund!“[32]

Außerdem scheiterten auch die Abriegelung des Regierungsviertels rund um die Wilhelmstraße in Berlin, die Ausschaltung des Deutschlandsenders im Haus des Rundfunks in Berlin-Charlottenburg, die Verhaftung der SS-Führung und die Besetzung der Gestapozentrale in der Prinz-Albrecht-Straße: Gegen 18 Uhr überzeugte sich der Kommandeur des Wachbataillons Otto Remer, der das Regierungsviertel absichern sollte, durch ein von seinem Ordonnanzoffizier Hans Wilhelm Hagen, im Zivilberuf Mitarbeiter des Propagandaministeriums, und Joseph Goebbels vermitteltes Telefongespräch mit Hitler („Major Remer, erkennen Sie meine Stimme?“) vom Überleben des „Führers“. Er erhielt von ihm das Kommando über die gesamte Hauptstadt übertragen. Von etwa 19 Uhr an stand das Wachbataillon damit zur Niederschlagung des Staatsstreichs zur Verfügung.

Stauffenberg indes versuchte, durch zahlreiche Ferngespräche ein Scheitern der Verschwörung noch abzuwenden. Wiederholt beharrte er dabei darauf, Hitler sei tot. Dennoch brachte das Regime die Verschwörer zunehmend in die Defensive. Etliche Offiziere im Bendlerblock hatten sich bereits zuvor abwartend verhalten. Nun gingen sie offen auf die Seite des Regimes über, setzten sich ab oder hintertrieben Befehle der Verschwörer. Dienstältester unter den „führertreuen“ Offizieren war Oberstleutnant Franz Herber, der eine zentrale Rolle bei der Niederschlagung des Staatsstreichs innerhalb des Bendlerblocks übernahm. Er konfrontierte gegen 21 Uhr seinen Vorgesetzten Olbricht. Als dieser ihm keine befriedigende Aufklärung über die wahren Zusammenhänge gab, stattete Herber, der für die Verwaltung der Waffenbestände im Gebäude verantwortlich war, einen Offizierstrupp mit Waffen aus. Dieser nahm dann Stauffenberg, Mertz und Olbricht fest.[33] Gegen 20 Uhr gab General Wolfgang Thomale der auf dem Fehrbelliner Platz in Berlin-Wilmersdorf eingetroffenen Panzer-Ersatzbrigade den Befehl, den Putsch niederzuschlagen. Gegen 23 Uhr wurde der Bendlerblock von diesen Truppen besetzt. Die meisten der Verschwörer wurden nach einem Schusswechsel festgesetzt. Nur Hauptmann Klausing und einige jüngere Offiziere (von Hammerstein, von Oppen, von Kleist) konnten aus dem Gebäude entkommen.

Blick in den Innenhof des Bendlerblocks

Dem Generaloberst Beck gab Fromm, einst sein Untergebener, auf die Bitte, die Dienstwaffe „für den eigenen Gebrauch“ behalten zu dürfen, zuvor Gelegenheit, sich selbst zu töten. Nachdem sich Beck beim ersten Versuch nur einen Streifschuss und beim zweiten nur eine nicht sofort tödliche Kopfverletzung beibringen konnte, wurde er auf Befehl Fromms durch den Gnadenschuss eines Feldwebels getötet. Als um Mitternacht die ersten Soldaten des Wachbataillons den Bendlerblock erreichten, war dort die Entscheidung bereits gefallen.

Im Hof des Bendlerblocks wurden wenige Minuten nach Mitternacht Stauffenberg, Haeften, Olbricht und Mertz von Quirnheim einzeln von Soldaten des Wachbataillons vor einem Sandhaufen im Scheinwerferlicht eines Lastwagens erschossen.[34] Die Erschießung der Verschwörer war von Generaloberst Friedrich Fromm unter Berufung auf ein Standgericht, das angeblich stattgefunden habe, befohlen worden.[35] Nachdem die vier erschossenen Offiziere samt Ludwig Beck auf Anordnung Fromms zunächst in Uniform mit Orden und Ehrenzeichen auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof begraben worden waren, ließ Himmler die Leichen am nächsten Tag exhumieren, verbrennen und ihre Asche über Rieselfelder der Berliner Kläranlagen verteilen.

Fromm lag daran, seine eigene Verstrickung in die Attentatspläne zu vertuschen. Er wurde dennoch, nachdem eine Liste der geplanten Regierung in seinem Safe gefunden worden war, angeklagt, zum Tode verurteilt und am 12. März 1945 hingerichtet.

Gegen 1 Uhr des 21. Juli 1944 traf in der Wolfsschanze der aus dem 90 Kilometer entfernten Königsberg angeforderte Übertragungswagen der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft ein und wurde betriebsbereit gemacht, sodass sich Hitler über den Rundfunk an die Öffentlichkeit wenden konnte: „Eine ganz kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser und zugleich unvernünftiger, verbrecherisch-dummer Offiziere hat ein Komplott geschmiedet, um mich zu beseitigen und mit mir den Stab praktisch der deutschen Wehrmachtführung auszurotten.“[36][37]

Generalmajor Henning von Tresckow, Chef des Stabes der Heeresgruppe Mitte, ahnte, dass ein Schauprozess bevorstand. Er ließ sich am 21. Juli 1944 in die Nähe der Front fahren und zündete an einem Waldrand eine Gewehrgranate. Er starb sofort. Dadurch blieben Georg und Philipp von Boeselager unentdeckt, die bereits unterwegs waren, um mit der 3. Kavallerie-Brigade das Reichssicherheitshauptamt zu besetzen; als das Scheitern des Anschlages bekannt wurde, wurde der Marsch abgebrochen.[38]

In Paris verlief der Umsturz nach Plan, bis den Verschwörern das Misslingen des Attentats bekannt wurde. Der Kommandant von Groß-Paris, Generalleutnant Hans Freiherr von Boineburg-Lengsfeld, setzte am 20. Juli 1944 an leitender Stelle die Verhaftung der führenden Gestapo- und SS-Offiziere, einschließlich des Höheren SS- und Polizeiführers in Frankreich, SS-Gruppenführer Carl Oberg, und deren Einheiten in Paris durch. Die Verhaftung der rund 1200 in Paris stationierten SS- und SD-Männer wurde vom Sicherungs-Regiment 1 der 325. Sicherungs-Division unter Oberstleutnant d. R. Kurt von Kraewel[39][40] durchgeführt. Speidel hatte ursprünglich vorgesehen die 2. (v. Lüttwitz) und die 116. Panzer-Division (v. Schwerin) in den Umsturz miteinzubeziehen,[41] allerdings gelang es nur bzgl. letzterer, diese längere Zeit in Paris zurückzuhalten, bis auch sie am 19. Juli in die Normandie beordert wurde.[42] Als nach einigen Stunden der Fehlschlag des Attentats gemeldet wurde und die in Paris Festgesetzten wieder freigelassen wurden, erklärte Boineburg ihnen die Aktion als „Übung“. Er hatte enormes Glück und wurde nicht als Mitverschwörer erkannt, da General Carl-Heinrich von Stülpnagel (der Militärbefehlshaber in Frankreich) schwieg, Generalleutnant Hans Speidel (Stabschef des Oberbefehlshabers West, Generalfeldmarschall Günther von Kluge) ihn deckte und SS-Gruppenführer Oberg kein Aufhebens machte. Unter zunehmendem Druck durch Ermittlungen des Regimes wurde Kluge abgesetzt und starb im August 1944 durch Suizid. Stülpnagel versuchte vergeblich, sich das Leben zu nehmen – er wurde Ende August 1944 hingerichtet.

Gründe für das Scheitern

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Zusammenfassend gab es dafür, dass es trotz des Attentats nicht zum Sturz des Hitler-Regimes kam, drei Hauptgründe:

  • Die vorangegangenen zahlreichen Anschlagsversuche gegen Hitler mussten aus unterschiedlichen Gründen immer wieder verschoben oder abgebrochen werden. Beim nicht ausgeführten Versuch Stauffenbergs vom 15. Juli waren in der fälschlichen Annahme, das Attentat sei geglückt, bereits Teile des Walküre-Plans angelaufen. Nur unter größten Anstrengungen und mit viel Glück gelang danach die Vertuschung dieser Operationen. Bis auf den Kern des Widerstandes waren einige Anhänger nun nicht mehr bereit, ihr Leben ohne absolut verlässliche Nachrichten über Hitlers Tod aufs Spiel zu setzen.
  • Die Vorbereitung der Machtübernahme durch die Verschwörer war in vieler Hinsicht völlig unzureichend. Insbesondere war keine Vorsorge dafür getroffen worden, den regimetreuen Kräften nach dem Attentat den Zugriff auf Rundfunk und Fernmeldewesen unmöglich zu machen. In Berlin fehlten zuverlässige militärische Kräfte, um politische Zentralen wie das Propagandaministerium, das Reichssicherheitshauptamt, wichtige NSDAP-Dienststellen und die Gestapo-Zentrale zu besetzen und zu sichern. Fernschreiben der Verschwörer kamen nicht schnell genug und gleichzeitig bei den Empfängern an. Die Nutzung der Rundfunksender gelang den Verschwörern ohnehin nicht.
  • Claus von Stauffenberg war irrtümlich vom Tod Hitlers überzeugt und leitete nach seiner Landung in Berlin gegen 15:45 Uhr telefonisch erste Maßnahmen ein (s. o.). Er war die zentrale Figur dieses Plans, aber bis 16:30 Uhr im Bendlerblock nicht verfügbar. Seine Anwesenheit dort in den Stunden nach dem Attentat und folgender Verwirrung wäre von großem Vorteil gewesen. Stauffenberg verfügte über ein hohes Maß an Entschlossenheit. Sie stand im Gegensatz zur wankelmütigen Haltung vieler, die man nur unter größten Vorbehalten auf die Verschwörerseite hatte ziehen können. Diese Leute schwankten nun und konnten sich zu keiner Aktivität durchringen.

Ferner war nicht abgesprochen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollten, wenn es trotz zunächst erfolgreichen Umsturzes längerfristig, zusätzlich zum Zweiten Weltkrieg, in Deutschland zu einem Bürgerkrieg gekommen wäre.

Verfahren vor dem Volksgerichtshof

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Die Ermittlungen der Gestapo zogen sich bis Kriegsende hin. Man geht insgesamt von ca. 700 Inhaftierungen und mehr als 110 Exekutionen aus.[43] Die Familienangehörigen der Attentäter wurden in Sippenhaft genommen und 46 Kinder im Kinderheim im Borntal in Bad Sachsa interniert.[44] Etwa 5000 weitere Verhaftungen erfolgten während der Aktion Gitter im August 1944. Neben den Verschwörern fielen damit zahlreiche andere Oppositionelle der NS-Justiz zum Opfer, die schon länger das Missfallen des nationalsozialistischen Regimes erregt hatten, aber nicht in das Attentat verwickelt waren.

Erwin von Witzleben vor dem Volksgerichtshof, 1944

Im Gefolge des Attentats wurde am 2. August 1944 der sogenannte „Ehrenhof der Wehrmacht“ errichtet, dessen Aufgabe darin bestand, die möglicherweise am Attentat beteiligten Offiziere aus der Armee auszuschließen. Für diejenigen Offiziere, die vom Ehrenhof aus der Wehrmacht als „unehrenhaft“ (zu „Schützen“ degradiert) entlassen wurden, war das Militärstrafrecht nicht anwendbar und deshalb das Reichskriegsgericht nicht zuständig. Sie konnten aufgrund dieser Formalie in Schauprozessen vor dem Volksgerichtshof unter dem Vorsitz von Roland Freisler abgeurteilt werden. Im Gerichtssaal waren die Angeklagten massiven Demütigungen ausgesetzt – so musste sich beispielsweise Erwin von Witzleben während der Verhandlung die Hose festhalten, da ihm die Geheime Staatspolizei den Gürtel abgenommen hatte. Gleichzeitig wurde er durch Roland Freisler beschimpft als „dreckiger alter Mann, der an seiner Hose herumnestele“.[45]

Die Prozesse wurden gefilmt. Dabei entstanden schätzungsweise 50.000 Meter Filmmaterial, von denen rund 5.700 Meter für eine offizielle Dokumentation mit dem Titel Verräter vor dem Volksgericht verwertet wurden. Die Dokumentation sollte geschätzt 210 Minuten dauern. Davon sind rund 190 Minuten in Fragmenten verschiedenen Umfangs und unterschiedlicher Bedeutung erhalten. Über die Genesis des Filmprojekts ist wenig bekannt. Alle Angaben zu den Entstehungs- und Produktionsverhältnissen sind lückenhaft und von politischen und persönlichen Interessen geprägt.[46] Johannes Tuchel sieht die Entscheidung, die Gerichtsverhandlung aufzunehmen, bei Joseph Goebbels, wenngleich nicht bekannt sei, ob er auf Weisung Hitlers oder aus eigener Initiative handelte.[47] Bernd Sösemann sieht den tatsächlichen Einfluss Goebbels’ kritischer und die entscheidende Rolle von Anfang an bei Hitler.[48] Mit den Filmaufnahmen hatte Reichsfilmintendant Hans Hinkel Kameramänner der Deutschen Wochenschau GmbH unter der Leitung von Chefkameramann Erich Stoll beauftragt. Im Plenarsaal des Berliner Kammergerichts waren dazu verdeckte Kameras installiert und anfangs auch die Mikrofone versteckt worden.[49] Die Tonaufnahmen vom 7. und 8. August waren deshalb wegen Freislers Gebrüll fast nicht zu gebrauchen.[47]

Filmaufnahmen lassen sich bis zum 13. Oktober 1944 nachweisen. Das Material wurde in Berlin-Tempelhof entwickelt und zum Schnitt zur Deutschen Wochenschau gebracht. Ein geplanter Kurzbeitrag von sechs Minuten Länge für die Wochenschau 728 vom 17. August 1944 wurde von Joseph Goebbels offensichtlich nicht genehmigt. Der Rohschnitt des Filmes war Ende August 1944 fertig und erhielt im Vorspann einen Hinweis, dass der Film eine Geheimsache im Sinne des § 88 RStGB in der Fassung vom 24. April 1934 sei und mit Sondergenehmigung des Reichspropagandaministers zu sehen sei. Enthalten waren Aufnahmen aus dem ersten Prozess vom 7. und 8. August, aus dem dritten vom 15. August und dem Verfahren vom 21. August, aber keine aus dem vom 10. August 1944 gegen Berthold Schenk Graf von Stauffenberg und Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg. Erstmals wurde der Film am 29. August 1944 den Reichspropagandaamtsleitern im Reichspropagandaministerium gezeigt. Weitere Vorführungen unterblieben. Johannes Tuchel vermutet, Freislers Prozessführung habe den von Goebbels beabsichtigten Effekt konterkariert.[50] Bernd Sösemann meint, das ursprünglich von Hitler favorisierte Projekt eines Schauprozesses sei aufgrund der schnellen Ernüchterung über die sachlichen und mentalen Grenzen des Projekts aufgegeben worden.[51]

Die Hinrichtung der am 8. August Verurteilten, die noch am selben Tag in Berlin-Plötzensee erfolgte, wurde auf kurzfristige Anordnung Hinkels auch von den Kameramännern der Wochenschau gefilmt. Der insgesamt 25-minütige Film zeigt die Gefangenen einzeln in Sträflingskleidung auf dem Weg zum Hinrichtungsraum und ihre Erhängung an der dortigen Galgenschiene. Ob Hitler den Film je gesehen hat, ist ungewiss. Der Film befand sich noch am 17. Januar 1945 im Reichspropagandaministerium, ist aber seit Kriegsende verschollen.[52]

Exekutionen und Todesfälle auf Seiten der Attentäter

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Etwa 200 Personen wurden kurz nach dem Attentat von Hitlers Gefolgschaft als (vermeintliche) Attentäter oder Mitwisser getötet oder in den Tod getrieben.[53][54]

Teilnehmer der Lagebesprechung in der Wolfsschanze

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Die genaue Position aller nebenstehend Genannten während der Lagebesprechung vom 20. Juli 1944 in der Wolfsschanze. Die Bombe befand sich im Augenblick der Explosion hinter dem rechten Tischträger.
_ leichtverletzt _ schwerverletzt _ getötet

Ausgehend von Hitler nach rechts befanden sich in der Lagebaracke:

  1. Adolf Hitler (leicht verletzt)
  2. Generalleutnant Adolf Heusinger: Chef der Operationsabteilung des Generalstabes des Heeres und Stellvertreter des Chefs des Generalstabes des Heeres (leicht verletzt)
  3. General der Flieger Günther Korten: Chef des Generalstabes der Luftwaffe  
  4. Oberst i. G. * Heinz Brandt: Erster Generalstabsoffizier; Heusingers Stellvertreter  
  5. General der Flieger Karl-Heinrich Bodenschatz: Verbindungsoffizier des Oberbefehlshabers der Luftwaffe im Führerhauptquartier (schwer verletzt)
  6. Oberstleutnant i. G. * Heinz Waizenegger: Adjutant Jodls
  7. Generalleutnant Rudolf Schmundt: Chefadjutant der Wehrmacht bei Hitler und Chef des Heerespersonalamtes  
  8. Oberstleutnant i. G. * Heinrich Borgmann: Adjutant Hitlers (schwer verletzt)
  9. General der Infanterie Walter Buhle: Chef des Heeresstabes beim Oberkommando der Wehrmacht
  10. Konteradmiral Karl-Jesko von Puttkamer: Marineadjutant Hitlers (leicht verletzt)
  11. Stenograf Heinrich Berger  
  12. Kapitän zur See Heinz Assmann: Führungsstabsoffizier im Wehrmachtführungsstab
  13. Major Ernst John von Freyend: Adjutant Keitels (leicht verletzt)
  14. Generalmajor Walter Scherff: Sonderbeauftragter Hitlers für die militärische Geschichtsschreibung (leicht verletzt)
  15. Konteradmiral Hans-Erich Voß: Vertreter des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine im Führerhauptquartier (verletzt)
  16. SS-Hauptsturmführer Otto Günsche: Adjutant Hitlers (leicht verletzt)
  17. Oberst i. G. * Nicolaus von Below: Luftwaffenadjutant Hitlers
  18. SS-Gruppenführer Hermann Fegelein: Vertreter der Waffen-SS im Führerhauptquartier
  19. Stenograf Heinz Buchholz
  20. Major i. G. * Herbert Büchs: Adjutant Jodls
  21. Ministerialdirigent Franz Edler von Sonnleithner: Vertreter des Auswärtigen Amtes im Führerhauptquartier
  22. General der Artillerie Walter Warlimont: stellvertretender Chef des Wehrmachtführungsstabes
  23. Generaloberst Alfred Jodl: Chef des Wehrmachtführungsstabes (leicht verletzt)
  24. Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel: Chef des Oberkommandos der Wehrmacht
* 
i. G.: im Generalstab
 
sofort getötet oder später seinen Verletzungen erlegen

Historische Bewertung

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Die NS-Propaganda schmähte Graf von Stauffenberg und die Verschwörer des 20. Juli als feige Landesverräter, die dem Deutschen Reich in Zeiten höchster Not in den Rücken gefallen seien. Diese (nationalsozialistische) Interpretation des Attentats wirkt bis heute nach.

Es ist bei der heterogenen und großen Gruppe der Widerständler des 20. Juli 1944 schwer, Motive zu nennen, die für alle Teilnehmer gleich maßgeblich waren.[55] Ethische und allgemein-religiöse Fragen oder mehr persönliche Gewissensfragen, insbesondere die Erlebnisse der hinter der Front im Osten verübten Untaten, sind jedenfalls als „motivgebend“ nicht zu unterschätzen, besonders nicht bei den gescheiterten frühen Attentatsversuchen. Die heutige deutsche Geschichtsschreibung hebt aber überwiegend das „nationale Interesse“ als entscheidenden Ansporn für die meisten der opponierenden Militärs hervor. Das „nationale Interesse“ ist in der Sprache dieser Wissenschaftler ein Kürzel für die Einigkeit der Verschwörer in der negativen Beurteilung des Dilettantismus Hitlers in kriegsstrategischen Fragen und die seit 1942 eingetretene aussichtslose militärische Lage an den meisten Fronten. Die sich abzeichnende Niederlage müsse im nationalen Interesse unbedingt verhindert werden. Dafür sei die Beseitigung der Person Hitlers erforderlich und ein Hochverrat gerechtfertigt.

Von 1938 bis 1940 war anscheinend das „nationale Interesse“ im Offizierskorps ohnehin ausschlaggebend. Für diese Annahme spricht insbesondere, dass die militärische Opposition nach dem Frankreichfeldzug 1940 auf einen kleinen Kern zusammengeschmolzen war, auch bedingt durch den unverhofft schnellen und leichten Sieg über den „Erbfeind“, der Deutschland 1939 den Krieg erklärt hatte. Im Jahre 1941 dagegen überfiel das Deutsche Reich die verbündete Sowjetunion, erzielte trotz großer Bodengewinne keinen entscheidenden Erfolg, und hinter den Fronten fanden Massenhinrichtungen statt. Da spätestens mit der Niederlage in der Schlacht von Stalingrad Anfang 1943 ein Sieg gegen die Sowjetunion unwahrscheinlich geworden war, wurde es wieder leichter, neue Männer für den Widerstand zu gewinnen.

Vielen der Männer des 20. Juli war es im Verlaufe der Kriegsjahre ein immer größer werdendes Bedürfnis geworden, gegen die diktatorische Politik Hitlers und seiner Partei Widerstand zu leisten, insbesondere gegen die Verbrechen der SS hinter der Front. Sie waren in zunehmendem Maße Zeugen von systematischen Massentötungen von Unschuldigen geworden, was sie mit ihrem Gewissen und ihrer Offiziersehre nicht in Einklang bringen konnten. Etliche fürchteten eine langfristige Schädigung des deutschen Rufs und eine Auferlegung moralischer Schuld für kommende Generationen. Mit dieser Argumentation hatte Tresckow schon nach der Bekanntgabe des Kommissarbefehls vergeblich versucht, seinen Vorgesetzten zu einem offiziellen Protest bei Hitler zu bewegen.

Andere Interpretationen stellen den immer näher rückenden und unvermeidlichen militärischen Zusammenbruch Deutschlands als Motiv für den Umsturzversuch in den Vordergrund. Insbesondere marxistisch orientierte Historiker sehen den Putsch als Versuch einiger „Hitleroffiziere“ aristokratischer Herkunft, Deutschland eine Besetzung, den Adeligen den Verlust ihres Landbesitzes im Osten und der Offizierskaste den Verlust ihrer Privilegien zu ersparen. Der wahre Widerstand sei von der KPD und der Roten Kapelle ausgegangen. Andere Historiker wie Andreas Hillgruber räumen dem gescheiterten Attentat Georg Elsers vom 8. November 1939 und den Flugblattaktionen der Weißen Rose in der Universität von München am 18. Februar 1943 größere Bedeutung als der Verschwörung des 20. Juli 1944 ein, weil beide demokratischen Charakter gehabt hätten. Stauffenberg dagegen sei Monarchist und daher kein Demokrat gewesen. Joachim Fest und andere haben dagegen ihre Meinung bekundet, Stauffenberg sei zwar Monarchist und damit kein Republikaner, aber durchaus Demokrat gewesen.

Festzuhalten ist, dass einige radikale Antisemiten und Kriegsverbrecher an der Verschwörung des 20. Juli beteiligt waren, so zum Beispiel der Generalquartiermeister Eduard Wagner, der Mitverantwortung für den Tod von Millionen sowjetischer Kriegsgefangener trug und der sich aus Furcht vor der Rache der Roten Armee dem Widerstand angeschlossen hatte. Zum engeren Kreis zählte auch der 1945 hingerichtete Arthur Nebe, der als Kommandeur der Einsatzgruppe B zahlreiche Massaker an Juden und anderen Zivilisten zu verantworten hatte und als Chef des Reichskriminalpolizeiamtes im RSHA einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Roma war. Ebenfalls zum Kreis der Mitverschwörer gehörte der Berliner Polizeipräsident, Wolf-Heinrich Graf von Helldorff, der sich als alter Parteigenosse schon vor 1933 bei Übergriffen gegen Juden hervorgetan hatte.

Demgegenüber haben nachweislich 20 Beteiligte vor dem Volksgerichtshof das Verbrechen der Ausrottung der Juden (Holocaust) als Hauptbeweggrund für ihr Handeln genannt. Die meisten Historiker nehmen an, dass ein Teil der Männer des 20. Juli unter dem Eindruck der brutalen und verbrecherischen Gewaltpolitik Hitlers und seiner Partei einen Lernprozess durchgemacht hat, der von anfänglicher Zustimmung zu entschiedener Ablehnung geführt habe – auch um den Preis des eigenen Lebens. Keiner der Angeklagten ließ sich vor Freislers Volksgerichtshof psychisch brechen oder versuchte, durch Ausflüchte den eigenen Kopf zu retten. Speziell die Widerständler aus dem Offizierskorps gewinnen nach Meinung einiger besondere historische Bedeutung durch die ethische Begründung ihres Vorgehens, wie sie beispielsweise Henning von Tresckow am 21. Juli 1944 Fabian von Schlabrendorff zum Abschied formulierte:

„Wenn einst Gott Abraham verheißen hat, er werde Sodom nicht verderben, wenn auch nur zehn Gerechte darin seien, so hoffe ich, daß Gott Deutschland um unseretwillen nicht vernichten wird. […] Der sittliche Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben.“[56]

Im Ausland wurde der versuchte Umsturz zunächst herabgewürdigt: Der damalige Feind wurde als insgesamt moralisch minderwertig und im Zerbrechen begriffen dargestellt. Winston Churchill, der von den Attentatsplänen im Voraus unterrichtet war, erklärte am 2. August 1944 im britischen Unterhaus, es handle sich lediglich „um Ausrottungskämpfe unter den Würdenträgern des Dritten Reiches“.[57] Weiter kommentierte er das Attentat: „Die führenden Persönlichkeiten des Deutschen Reiches bringen sich gegenseitig um, oder sie trachten sich nach dem Leben; aber ihre Tage sind gezählt.“[58][59]

Die USA wiederholten die von Churchill vorgegebene Interpretation des Ereignisses. Die New York Times schrieb am 9. August 1944, das Attentat erinnere eher an einen Kontenausgleich in der „Atmosphäre einer finsteren Verbrecherwelt“. Es handele sich nicht um ein Verhalten, wie man es „normalerweise vom Offizierskorps eines Kulturstaates“ erwarten würde.

Ilja Ehrenburg schrieb in der Krasnaja Swesda, das nationalsozialistische Deutschland werde nicht von meuternden Offizieren in die Knie gezwungen, sondern von der Roten Armee und ihren Verbündeten. „Unsere Armeen sind schneller als das Gewissen der ‚Fritzen‘.“[58]

Die Journalistin und Mitherausgeberin der Wochenzeitung Die Zeit, Marion Gräfin Dönhoff, hat darauf hingewiesen, dass trotz der Bemühungen von Carl Friedrich Goerdeler und Adam von Trott zu Solz um Unterstützung im Ausland eine „Mauer des Schweigens“ die Folge gewesen sei. Dönhoff sah darin eine „unterlassene Hilfeleistung“: Wider besseres Wissen hätten die Westmächte sich der Interpretation Hitlers angeschlossen und das Attentat als die Tat „ehrgeiziger Offiziere“ bezeichnet.[60][61]

Deutschland nach 1945

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Im geteilten Nachkriegsdeutschland war die Haltung gegenüber dem Attentat des 20. Juli 1944 uneinheitlich. In Westdeutschland wurden die Männer des 20. Juli 1944 Mitte der 1950er Jahre infolge des Remer-Prozesses langsam zu „Helden“ erhoben, wohingegen die Bevölkerung in der DDR mit diesem Datum wenig anfangen konnte. Bei vielen Deutschen im Westen und im Osten wirkte auch noch der Verratsvorwurf der NS-Propaganda nach, und es wurde befürchtet, einer neuen „Dolchstoßlegende“ Vorschub zu leisten. Zum Gedenken an die Verschwörer gehörte in Westdeutschland schon bald die Behauptung, Churchill habe sich vor dem britischen Unterhaus wie folgt über den deutschen Widerstand geäußert:

„In Deutschland lebte eine Opposition, die quantitativ durch ihre Opfer und eine entnervende internationale Politik immer schwächer wurde, aber zu dem Edelsten und Größten gehört, das in der politischen Geschichte aller Völker hervorgebracht wurde. Diese Männer kämpften ohne Hilfe von innen oder von außen, einzig getrieben von der Unruhe ihres Gewissens. Solange sie lebten, waren sie für uns unerkennbar, da sie sich tarnen mußten. Aber an den Toten ist der Widerstand sichtbar geworden. Diese Toten vermögen nicht alles zu rechtfertigen, was in Deutschland geschah. Aber ihre Taten und Opfer sind das unzerstörbare Fundament des neuen Aufbaus. Wir hoffen auf die Zeit, in der erst das heroische Kapitel der inneren deutschen Geschichte seine gerechte Würdigung findet.“

Veröffentlicht wurde diese angebliche Erklärung erstmals 1946 in der Zeitschrift Deutsche Rundschau,[62] wo ihr Herausgeber Rudolf Pechel sie am Ende seines „Tatsachen“ betitelten Aufsatzes über deutsche Widerstandsaktivitäten gegen Hitler ohne weitere Erläuterung mit dieser schlichten Einleitung präsentierte:

„Es war Winston Churchill, der im britischen Unterhaus folgende Worte sprach: […]“

In Heft 1/2 des Jahrgangs 1950 druckte die Deutsche Rundschau diese „Worte“ unter der Überschrift „Eine Bestätigung durch Churchill“ noch einmal. Dieses Mal hieß es dazu, die im Dezemberheft 1946 „auf Grund einer Zeitungsnotiz“ veröffentlichten „Worte Winston Churchills“ hätten „in der ganzen Welt Aufsehen erregt“ …

„Die Quelle, aus der wir das angebliche Zitat aus einer Rede Churchills im Unterhaus nahmen, ging durch ein Versehen verloren. In den Stenogrammen des Unterhauses fand sich kein Beleg über diese Worte Churchills. Angehörige der deutschen Widerstandsbewegung haben nun alles versucht, um Klarheit zu schaffen und veranlaßten einen englischen Freund, sich an Winston Churchill selber um Auskunft zu wenden. Auf diese Anfrage hat Churchill am 19. November 1949 folgendes geantwortet: ‚Since the receipt of your letter I have had a search made through my speeches for the passage to which you and Count Hardenberg refer; but so far no record can be found of any such pronouncement by me. But I might quite well have used the words you quote, as they represent my feelings aspect of German affairs. I am sorry I cannot be more precise or helpful, but if we are able to identify the speech I will of course be pleased to send you a copy for your friend, as you request.‘“

Churchills angebliche Erklärung vor dem Unterhaus wurde 1952 in eine Sonderveröffentlichung zum 20. Juli (Hrsg. Hans Royce) der von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebenen Zeitung Das Parlament aufgenommen und auch in Eberhard Zellers Standardwerk Geist der Freiheit, dort allerdings mit dem einschränkenden Vorspruch: „Churchill […] soll im Jahr 1946 einmal so vor dem britischen Unterhaus gesprochen haben“ (S. 487). Die Bundeszentrale für politische Bildung nennt den Text inzwischen selbst „undokumentiert“,[63] und Peter Steinbach bezeichnete ihn schon 1999 als „mit Sicherheit nicht authentisch“.[64] Von einer englischsprachigen Version ist nach wie vor nichts bekannt, und es gibt wie 1950 keine Dokumente oder Zeugen, die die Darstellung der Deutschen Rundschau bestätigen.

In der Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR gab das SED-Regime die allgemeinverbindliche Sichtweise unmissverständlich vor, indem sie die Männer des 20. Juli zunächst als „reaktionäre Agenten des US-Imperialismus“ bezeichnete. Laut Kurt Finker „war die Verschwörung in ihrer Gesamtheit und in ihrem Wesen ein radikal reaktionäres Unternehmen zur Rettung des deutschen Imperialismus und der Macht der Monopole vor ihrer Zerschlagung“.[65] Später wurden sie im Sinne der marxistischen Geschichtstheorie eher in die Kategorie der „nützlichen Idioten“ eingestuft, also als ursprünglich arbeiterklassenfeindliche Elemente, die jedoch die siegreiche Sowjetarmee bei ihrem Kampf gegen den Faschismus unbewusst unterstützt hatten. Um 1980 besann sich die SED-Führung ihrer preußischen Tradition und bewertete die Teilnehmer des 20. Juli verhalten positiv. Im internationalen Filmmehrteiler Befreiung, der unter der Leitung der Sowjetunion von 1969 bis 1972 produziert wurde, nimmt das Attentat einen recht großen Raum ein und wird deutlich positiv dargestellt.

Unmittelbare Nachkriegszeit in Westdeutschland

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20-Pfennig-Sondermarke der Bundespost Berlin (1954) zum 10. Jahrestag des Attentats (Mahnmal von Richard Scheibe im Hof des Bendlerblocks)

Das Attentat des 20. Juli 1944 entfaltete trotz seines Scheiterns nach Kriegsende eine beachtliche Wirkung. Während sich dieses Datum unter den ehemaligen und zukünftigen Soldaten durch heftige Konflikte hindurch als die wesentliche Wurzel der Konzeption Innere Führung für eine neuartige Armee durchsetzte, blieb es bei der Mehrheit der Bevölkerung zunächst ein ungeliebtes und vorwiegend durch Gedenkreden am Leben gehaltenes Erbe.[66] Joachim Fest erklärt die anfängliche Ablehnung innerhalb der Zivilbevölkerung nach dem Kriege durch die in wesentliche Positionen der Bundesrepublik Deutschland gelangten ehemaligen Nationalsozialisten. Die nach links gerückten Nachfolgegenerationen, vor allem die 68er, wollten eine Sichtweise nur ungern akzeptieren, nach welcher der maßgebliche Widerstand gegen den deutschen Faschismus nicht von Arbeitern, Bauern, Hausfrauen, Häftlingen und Deserteuren, sondern von Grafen und Generälen, Faschisten und Kriegsverbrechern geleistet wurde.

Medien und Gedenkreden

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In den Medien und den seit 1946 stattfindenden Gedenkreden zum 20. Juli ist eine Tendenz festzustellen, den 20. Juli positiv zu bewerten. Diese Tendenz setzte sich nach dem Wegfall der Lizenzpflicht für die Presse am 21. September 1949 vollends durch. Innerhalb der bundesrepublikanischen Eliten wurde jede Stellungnahme gegen den 20. Juli 1944 vor allem nach dem Remer-Prozess 1952 zunehmend als ein Verstoß gegen das empfunden, was heute „political correctness“ genannt wird, und entsprechend scharf kritisiert.[67] Von Anfang an erfolgte in den Gedenkreden neben einer Verteidigung der Akteure des 20. Juli 1944 eine Funktionalisierung des 20. Juli: nach außen zur Widerlegung der Kollektivschuldthese, nach innen zur Stiftung einer neuen Identität in einer Tradition der Freiheit. Dabei wurde dem Widerstand angesichts der Unfähigkeit der Deutschen, mit ihrer eigenen Verstrickung in das nationalsozialistische Unrecht umzugehen, stellenweise auch eine Katharsisfunktion zugeschrieben,[68] die – z. B. noch 1958 bei Carlo Schmid, einem prominenten SPD-Mitglied – in einer pseudochristlichen Opfer-Rhetorik gipfelte: „Sie, die unter dem Beil, die am Galgen, die in den Gaskammern, am Pfahle gestorben sind, haben stellvertretend auch für uns gehandelt; der harte Lorbeer, den sie, einer Dornenkrone gleich, in ihre Stirne gedrückt haben, hat die Schuld weggenommen, die auf uns lastete.“[69] Ab 1953 verknüpften viele Gedenkredner den 20. Juli 1944 mit dem 17. Juni 1953 als aufeinanderfolgende Fanale des Freiheitswillens einer deutschen Bevölkerung in einer Diktatur.[70]

Politikermeinungen

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Zur politischen Auseinandersetzung zum Thema „20. Juli“ finden sich in den Plenarprotokollen des Deutschen Bundestages in Nuancen unterschiedliche Haltungen, wobei handfest negative Äußerungen im gesamten Untersuchungszeitraum in den Debatten ausgeblieben sind – auch von Angehörigen der KPD oder der rechtsextremen Sozialistischen Reichspartei (SRP). Gleichzeitig unterblieben eindeutige und signalhafte Stellungnahmen – beispielsweise im Rahmen der Wiedergutmachungsgesetzgebung – im Bundestag und von Seiten der Bundesregierung. Es wurde nie in Erwägung gezogen, den 20. Juli als nationalen Gedenk- oder Feiertag einzuführen. Öffentliche Gebäude in Westdeutschland wurden am 20. Juli bundesweit ab dem Jahr 1963 beflaggt,[71] und die Bundespost brachte im Jahr 1964 zum 20. Jahrestag eine Briefmarke zum Gedenken an den deutschen Widerstand in Umlauf.

Mehrheitsmeinung der westdeutschen Bevölkerung

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Die ausführlichste ältere Umfrage zum 20. Juli stammt aus dem Jahr 1951 und zeigt das Bild einer Dreiteilung: Ein Drittel verband mit dem Datum 20. Juli kein Ereignis oder hatte dazu keine Meinung. Ein weiteres Drittel äußerte sich positiv, das letzte Drittel hatte eine kritische Haltung zum Attentat.[72] Von letzteren wurden die Männer und Frauen des Widerstandes öffentlich auch als „Feiglinge“ und „Verräter“ denunziert und diffamiert.[73] Die Meinungsverschiedenheit innerhalb der Bevölkerung wurde von Zeitgenossen durchaus als problematisch empfunden, besorgte Stellungnahmen zur Rezeption des 20. Juli – wie die folgende – waren vor allem bis 1952 an der Tagesordnung: „Oberste Pflicht eines jeden verantwortungsvollen Deutschen muss es […] sein, diesen unseligen Riss, der durch das Denken unseres Volkes geht, nach Möglichkeit zu überbrücken und allmählich ganz zu schließen.“[74] Die fehlende Auseinandersetzungsbereitschaft weiter Teile der deutschen Bevölkerung lag zum einen an den nachwirkenden Vorurteilen gegen die Widerstandskämpfer des 20. Juli als Folge der NS-Propaganda, zum anderen an der zur Verdrängung der persönlichen politischen Vergangenheit neigenden Grunddisposition der Bevölkerung.

Die kritische Haltung der Bevölkerung erreichte im Rahmen des Erstarkens der Sozialistischen Reichspartei (SRP) und der Etablierung der Soldatenverbände kurz vor dem Remer-Prozess im Frühjahr 1952 einen Höhepunkt, sodass in diesem Zeitraum in der veröffentlichten Meinung vermehrt davor gewarnt wurde, dass „das Attentat auf Hitler den Mittelpunkt einer aktiven politischen Legendenbildung darstellt“.[75] Als Reaktion auf die intensive Berichterstattung des Prozesses und das Scheitern der SRP verringerte sich der Anteil der Kritiker des 20. Juli zumindest zeitweise, weshalb in der veröffentlichten Meinung nicht mehr in dem Maße vor einer neuen Dolchstoßlegende gewarnt wurde. Das Thema „20. Juli“ hatte fortan seinen explosiven Charakter verloren – zumindest im zivilen Bereich.

Verbreitete Gespaltenheit

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Ein Dilemma zog sich durch alle Institutionen, einschließlich der politischen Gruppierungen. „Für alle Parteien galt: Sie wollten sich für alle Deutschen öffnen – für ehemalige Nationalsozialisten ebenso wie für Verfolgte, für Mitläufer ebenso wie für die Opfer des NS-Regimes. Ein einseitiges Hervorheben der Männer und Frauen im Widerstand hätte sicher polarisierend gewirkt und so manchen Mitläufer abgeschreckt.“[76] Insofern erklärt sich aus dem beschriebenen Zwiespalt auch die Ambivalenz in der Haltung der politischen Öffentlichkeit: Auch manche Politiker mussten sich erst mit dem 20. Juli „anfreunden“. Viele von ihnen entstammten zwar der demokratischen Tradition der Weimarer Republik, bis auf wenige Ausnahmen hatten sie aber nicht dem Widerstand angehört.[76] Ein Vertreter dieser Gruppe war Konrad Adenauer. 1946 opponierte er als Mitglied des britischen Zonenbeirates aufs heftigste gegen den Antrag von Angehörigen der Widerstandskämpfer des 20. Juli auf finanzielle Unterstützung (Hinterbliebenenrente).[77] Acht Jahre später würdigte der Kanzler freilich die Widerstandskämpfer in einer Rundfunkansprache: „Wer aus Liebe zum deutschen Volk es unternahm, die Tyrannei zu brechen, wie das die Opfer des 20. Juli getan haben, ist der Hochschätzung und Verehrung aller würdig.“[78]

Andere machten aus ihrer Ablehnung des Attentats keinen Hehl und änderten diese Ansicht auch nicht. Dieser Gruppe gehörte beispielsweise der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Hedler aus der Deutschen Partei (DP) an, die in Adenauers erster Legislaturperiode eine Regierungskoalition mit der CDU/CSU gebildet hatte.[79] 1949 beschimpfte er in einer mit antisemitischen Ausfällen durchsetzten Wahlkampfrede[80] die Attentäter des 20. Juli so massiv, dass ihm daraufhin der Prozess gemacht wurde, nachdem der Deutsche Bundestag nach hitziger Debatte mit Mehrheitsentscheid seine Immunität aufgehoben hatte.[81] Die Tatsache, dass der inzwischen zur rechtsextremen DRP übergetretene Hedler in erster Instanz freigesprochen und erst vom Revisionsgericht zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde, zeigt exemplarisch, dass eine ambivalente Haltung gegenüber dem 20. Juli damals auch in der westdeutschen Justiz verbreitet war.

Weitere Rezeptionsgeschichte bis zur Gegenwart

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100-Pfennig-Briefmarkenblock der Deutschen Bundespost (1994) zum 50. Jahrestag des Attentats
Gedenkstein für die kurzzeitig dort bestatteten Männer des 20. Julis auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof Berlin
Lage: 52° 29′ 24,5″ N, 13° 22′ 4,1″ O

Als 1968 das Widerstandsrecht in das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland aufgenommen wurde, spielte der 20. Juli 1944 in der politischen Debatte eine wichtige Rolle. Die Generation der Studentenbewegung von 1968 störte sich zwar an der Herkunft und an der politischen Ausrichtung sowie dem Beruf der Mehrzahl dieser Widerständler: aristokratische Herkunft, konservative Gesinnung, Berufssoldatentum. Damit entsprachen sie dem Antitypus eines idealtypischen Mitglieds der Studentenbewegung: pseudoproletarische Herkunft, anarcholinke Ausrichtung und pazifistische Gesinnung. Dies verhinderte aber nicht die Auseinandersetzung mit den Motiven und dem Mut der Widerständler, die bereit gewesen waren, für ihre Überzeugungen ihr Leben aufs Spiel zu setzen.

In der DDR begann man nach 1989, den 20. Juli unter einem neuen Blickwinkel zu sehen: Im bewussten Rückgriff auf die Geschichte setzte die erstmals frei und demokratisch gewählte Volkskammer die Neuvereidigung der NVA auf den 20. Juli 1990 fest. Die Bundeswehr führte wiederholt Gelöbnisfeiern an diesem historischen und symbolträchtigen Gedenktag durch. Zum 60. Jahrestag des gescheiterten Attentats 2004 fand in den Medien – unter anderem durch ausführliche Artikel der Nachrichtenmagazine Stern und Der Spiegel sowie die Verfilmung Stauffenberg von Jo Baier – eine intensive Auseinandersetzung mit dem 20. Juli statt. In Umfragen zum Thema zeigte sich, dass vielfach Respekt und Bewunderung für die Widerständler empfunden werden. Nur noch ein geringer Prozentsatz an Befragten gab an, die Verschwörer zu verachten. Aus Anlass von Stauffenbergs 100. Geburtstag im November 2007 und zum Abschluss der Dreharbeiten für den Film Operation Walküre – Das Stauffenberg-Attentat schrieb Der Spiegel, „erst jetzt ist der erstaunliche Höhepunkt einer postumen Karriere, die alles andere als selbstverständlich schien“.[82]

In ihrem 2024 erschienenen Buch Das deutsche Alibi. Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird. legt Ruth Hoffmann ausführlich die Rezeptionsgeschichte des 20. Juli 1944 im Zusammenhang mit dem sonstigen Widerstand dar und konstatiert, dass schließlich das konservative Narrativ gesiegt habe[83]: Der 20. Juli 1944 sei „zum Sinnbild des Widerstands“ überhöht worden, da „die SPD es versäumte, ihm eine eigene Darstellung entgegenzusetzen.“ „Ausgerechnet die Konservativen, die sich anfangs jeglicher Würdigung des Widerstands in den Weg gestellt hatten …, betrachten sich bis heute als die geistigen Erben Stauffenbergs.“ Mit der Monumentalisierung des „Aufstands des schlechten Gewissens“ (Stephan Malinowski) sei in Vergessenheit geraten, „dass die Opposition vor und nach 1933 von ganz anderer Seite gekommen war.“ Viele andere Widerstandskämpferinnen und -kämpfer blieben unbekannt bzw. wurden nicht anerkannt. Sie wären „gar nicht in der Position gewesen, ein Attentat auf Hitler zu verüben oder dem Regime ernstlich zu schaden.“ Darum träfen auf die meisten von ihnen nicht die Definitionen für Widerstand zu, die in der Bundesrepublik im Rahmen der Entschädigungsgesetze entwickelt worden seien. Die Männer des 20. Juli 1944 müssten als Kronzeugen dafür herhalten, das die „Konservativen, über alle Brüche, Irrwege und Katastrophen der vergangenen rund 100 Jahre hinweg stets auf der richtigen Seite gewesen“ seien. Jedoch sei „gerade das Gegenteil, nämlich die Überwindung ideologischer Grenzen, das Besondere an dieser Verschwörung“ gewesen. „Jeder wusste, dass sie nur vereint eine Chance haben würden. In der Zusammenarbeit für ein gemeinsames Ziel gelang es diesen Menschen, aufeinander zuzugehen, obwohl sie politisch, menschlich und sozial vieles trennte.“ Das „unausgesprochene Vermächtnis der Menschen im Widerstand“ und ihre demokratische „Bereitschaft zu Toleranz und Kompromiss“ „könnte heute ein leuchtendes Beispiel sein.“

Mit Ansprachen, Kranzniederlegungen und Gedenkfeiern wird seit 1952 vornehmlich in Berlin am 20. Juli an die Widerstandsbewegung des 20. Juli 1944 erinnert und deren Vorbildfunktion für die Gegenwart herausgehoben. Federführend sind dabei die Stiftung 20. Juli 1944 und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand.[84] Seit 1999 legen Rekruten der Bundeswehr in Berlin am 20. Juli das Feierliche Gelöbnis ab. Zunächst geschah dies im Bendlerblock, seit 2008 auch vor dem Reichstagsgebäude.[85] Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg, das auch die Stauffenberg-Erinnerungsstätte im Stuttgarter Alten Schloss betreibt, erinnert seit 2006 mit der Stauffenberg-Gedächtnisvorlesung an den 20. Juli.[86]

Künstlerische Bearbeitung

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Dokumentarfilme

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  • 1964: Revolution am Telefon – Eine Dokumentation zum 20. Juli. 143 Min. Drehbuch und Regie: Karl Gass. DDR 1964.[87]
  • 1979: Geheime Reichssache. 85 Min. Drehbuch und Regie: Jochen Bauer. Deutschland 1979.[88]
  • 2004: Was geschah wirklich am 20. Juli 1944? 60 Min. Drehbuch und Regie: Artem Demenok. Deutschland 2004.[89]
  • 2008: Stauffenbergs Anschlag auf Hitler. 77 Min. Drehbuch und Regie: Jean-Pierre Isbouts. USA 2008.
  • 2009: Stauffenberg – Die wahre Geschichte. 2 Teile. 90 Min. Drehbuch und Regie: Oliver Halmburger. Deutschland 2009.
  • 2024: Attentat auf Hitler. Stauffenberg und der deutsche Widerstand. 89 Min. Drehbuch und Regie: Peter Hartl. Deutschland 2024 (Online in der ZDF Mediathek. Video verfügbar bis 18. Juli 2029).[90]
Commons: Attentat vom 20. Juli 1944 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Themenblätter im Unterricht: Nr. 37 – 20. Juli 1944. (Bundeszentrale für politische Bildung), abgerufen am 20. Juli 2019.
  2. Michael Salewski: Die bewaffnete Macht im Dritten Reich 1933–1939. In: Wehrmacht und Nationalsozialismus 1933–1933. Hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, München 1983, S. 21–24.
  3. Winfried Heinemann: Unternehmen «Walküre»: Eine Militärgeschichte des 20. Juli 1944. De Gruyter, 2019, S. 51 ff.
  4. a b c Marion Gräfin Dönhoff: Der 20. Juli 1944: Ein vergessener Tag. In: Die Zeit. Nr. 30/1998.
  5. Vgl. Joachim Fest: Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli. Berlin 1994, ISBN 3-88680-539-5, S. 102.
  6. Peter Longerich: Hitler. Biographie. Siedler, München 2015, S. 964.
  7. a b Klaus Wiegrefe: Helden und Mörder. In: Der Spiegel. Nr. 29, 2004 (online).
  8. Claus von Stauffenberg. Der Mann, der Deutschland retten wollte. In: Stern. 20. Juli 2019.
  9. Richard J. Evans: Sein wahres Gesicht. In: sz-magazin. Heft 04/2009 (online).
  10. Horst Mühleisen: Hellmuth Stieff und der deutsche Widerstand. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Heft 3, Juli 1991, S. 346 (PDF; 7,72 MB).
  11. Bodo Scheurig: Henning von Tresckow. Eine Biographie. Stalling, Oldenburg 1973, S. 138–140.
  12. Stauffenberg kurz vor dem 20. Juli 1944 in einem Gespräch mit der Frau seines Bamberger Regimentskameraden Bernd von Pezold (Joachim Kramarz: Claus Graf Stauffenberg. 15. November 1907 – 20. Juli 1944. Das Leben eines Offiziers. Frankfurt am Main 1965, S. 201).
  13. Kramarz: Claus Graf Stauffenberg. 1965, S. 132.
  14. Stefan Wolter: Pastorenkinder im Weltkrieg. (= Schriftenreihe Denk-MAL-Prora. Bd. 6). Halle 2014, S. 353.
  15. Amputation May Have Saved Soldier From Hitler’s Vengeance
  16. Der Attentatsplan der Verschwörer für den 7. Juli. In: Oberdonau-Zeitung. Amtliche Tageszeitung der NSDAP. Gau Oberdonau / Oberdonau-Zeitung. Tages-Post. Amtliche Tageszeitung der NSDAP. Gau Oberdonau, 14. August 1944, S. 1 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/obz (Foto von der Vorführung der neuen Felduniformen, das die mögliche Situation des Attentats mit Stieff zeigt.)
  17. Fabian von Schlabrendorff: Offiziere gegen Hitler. Zürich 1946/51. S. 175 books.google.
  18. Tobias Kniebe: Verschwörer in Uniform. In: Der Zweite Weltkrieg – Teil 2. 1942–1945. In: GEO Epoche. Nr. 44, 2010, S. 77.
  19. Carl Friedrich Goerdeler, Ludwig Beck: Entwurf für eine Regierungserklärung. (PDF) In: Gedenkstätte Deutscher Widerstand. 1944, abgerufen am 14. Dezember 2024.
  20. Vgl. Peter Hoffmann: Widerstand gegen Hitler und das Attentat vom 20. Juli 1944. Universitätsverlag, Konstanz 1994, S. 134.
  21. Peter Longerich: Hitler. Biographie. Siedler, München 2015, S. 968.
  22. Der Soziologe Dietrich Schmidt-Hackenberg (vgl. Elisa Peppel: Dietrich Schmidt-Hackenberg (Geb. 1925). In: Der Tagesspiegel. 2. Juli 2010, abgerufen am 5. Oktober 2020.) stellt in seinem 1996 erschienenen Buch Das gescheiterte Attentat (Dietrich Schmidt-Hackenberg: 20. Juli 1944 - das "gescheiterte" Attentat: Untersuchung eines geplanten Fehlschlags. Frieling, Berlin 1996, ISBN 3-8280-0059-2.) die These auf, Stauffenberg habe den zweiten Sprengsatz ganz bewusst nicht mit in die Aktentasche gesteckt bzw. scharf gemacht: Demnach habe er sich entschieden, Hitler nur zu verletzen (ein „symbolisches Attentat“) und so Verwirrung für einen Staatsstreich zu schaffen, aber nicht zu töten. Marion Gräfin Dönhoff bezeichnete diese Vorstellung als "absurd" (Marion Graefin Doenhoff: Absurde These. In: Die Zeit. 2. August 1996, abgerufen am 5. Oktober 2020.).
  23. Peter Longerich: Hitler: Biographie. Siedler, München 2015, S. 818 (E-Book); siehe auch wörtlich aus dem Untersuchungsbericht von Hitlers Leibarzt Theo Morell bei Hans-Joachim Neumann, Henrik Eberle: War Hitler krank? Ein abschließender Befund. Lübbe, Bergisch Gladbach 2009, S. 200 (E-Book).
  24. Guido Knopp: Sie wollten Hitler töten. 1. Auflage. 2004, ISBN 3-570-00664-6, S. 222 ff.
  25. Gerd R. Ueberschär: Stauffenberg – Der 20. Juli 1944. 2004, ISBN 3-10-086003-9, S. 16 ff.
  26. Winfried Heinemann: Das Ende des Staatsstreichs. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 68, Nr. 1, 3. Januar 2020, S. 9, doi:10.1515/vfzg-2020-0001.
  27. Ludger Tewes: Die Panzergrenadierdivision "Grossdeutschland" im Feldzug gegen die Sowjetunion 1942–1945. Klartext, Essen 2020, zur hochpolitischen NS-Idee "Grossdeutschland" S. 37–39, die Vorgänge am 20. Juli 1944, ISBN 978-3-8375-2089-7, S. 844–855.
  28. Winfried Heinemann: Das Ende des Staatsstreichs. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 68, Nr. 1, 3. Januar 2020, S. 7, doi:10.1515/vfzg-2020-0001.
  29. Heinrich Fraenkel, Roger Manvell: Der 20. Juli. Ullstein, 1964, S. 126.
  30. Karl Balzer: Der 20. Juli und der Landesverrat: eine Dokumentation über Verratshandlungen im deutschen Widerstand. Verlag Oldendorf, K. W. Schütz, 1971, S. 60.
  31. Kurt Finker: Der 20. Juli 1944. Dietz Verlag, 1994, S. 271.
  32. Bundeszentrale für Heimatdienst (Hrsg.), Erich Zimmermann, Hans-Adolf Jacobsen: 20. Juli 1944. Berto-Verlag, Bonn, 3. Aufl., 1960, S. 124 ff.
  33. Winfried Heinemann: Das Ende des Staatsstreichs. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Band 68, Nr. 1, 3. Januar 2020, S. 10, doi:10.1515/vfzg-2020-0001.
  34. Wolfgang Benz: Der militärische Widerstand – 20. Juli 1944. Informationen zur politischen Bildung (Heft 243), Bundeszentrale für politische Bildung.
  35. Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.): „Spiegelbild einer Verschwörung“. Die Opposition gegen Hitler und der Staatsstreich vom 20. Juli 1944 in der SD-Berichterstattung. Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichssicherheitshauptamt. 2 Bände. Seewald, Stuttgart-Degerloch 1984, ISBN 3-512-00657-4, S. 757.
  36. Vollständiger Text der Rundfunkansprache Hitlers an das deutsche Volk vom 21. Juli 1944; (Original-Tondokument in der WDR-Madiathek).
  37. Im Gegensatz zum Diktator sprach Himmler zwei Wochen später in Posen nicht mehr von einer ganz kleinen Clique, sondern identifizierte das ganze Heer mit dem Widerstand und erklärte diesen mit dem traditionsbedingten Gegensatz der Offiziere zur nationalsozialistischen Bewegung.
    Vgl. Die Rede Himmlers vor den Gauleitern am 3. August 1944. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. München 4/1953, S. 357–394 (PDF; 5,27 MB).
  38. Der letzte Überlebende. Abgerufen am 18. Januar 2024.
  39. Später Oberst a. D. und Besitzer der Papierfabrik Zell am Harmersbach.
  40. ifz-muenchen.de
  41. Peter M. Quadflieg: Gerhard Graf von Schwerin (1899–1980): Wehrmachtgeneral – Kanzlerberater – Lobbyist. Verlag Ferdinand Schöningh, 2016, ISBN 978-3-657-78229-1 (google.de [abgerufen am 30. September 2020]).
  42. Speidel hat dagegen wohl nicht mehr rechtzeitig interveniert, laut Eigenaussage weil "der Entschluss zur Tat des 20. Juli erst am 19. Juli nachmittags in Berlin gefasst wurde."
  43. von Aretin: Die Enkel des 20. Juli. 2004.
  44. Lisa Erdmann: Attentat vom 20. Juli 1944: Blutrache an den Kindern der Verschwörer Der Spiegel, 13. Juli 2004.
  45. Bengt von zur Mühlen, Andreas von Klewitz: Die Angeklagten des 20. Juli vor dem Volksgerichtshof. Berlin, Chronos-Verlag 2001, ISBN 3-931054-06-3.
  46. Bernd Sösemann: Verräter vor dem Volksgericht – Die denkwürdige Geschichte eines Filmprojekts. In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hrsg.): Der Umgang des Dritten Reiches mit den Freindes des Regimes. Lit, Berlin 2010, S. 147–163, hier S. 147.
  47. a b Johannes Tuchel: Vor dem „Volksgerichtshof“. Schauprozesse vor laufender Kamera. In: Gerhard Paul (Hrsg.): Das Jahrhundert der Bilder. Bd. 1. 1900 bis 1949. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, S. 648–657, hier S. 651.
  48. Bernd Sösemann: Verräter vor dem Volksgericht – Die denkwürdige Geschichte eines Filmprojekts. In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hrsg.): Der Umgang des Dritten Reiches mit den Freindes des Regimes. Lit, Berlin 2010, S. 152–155, 160.
  49. Bernd Sösemann: Verräter vor dem Volksgericht – Die denkwürdige Geschichte eines Filmprojekts. In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hrsg.): Der Umgang des Dritten Reiches mit den Freindes des Regimes. Lit, Berlin 2010, S. 155f.
  50. Johannes Tuchel: Vor dem „Volksgerichtshof“. Schauprozesse vor laufender Kamera. In: Gerhard Paul (Hrsg.): Das Jahrhundert der Bilder. Bd. 1. 1900 bis 1949. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, S. 652.
  51. Bernd Sösemann: Verräter vor dem Volksgericht – Die denkwürdige Geschichte eines Filmprojekts. In: Manuel Becker, Christoph Studt (Hrsg.): Der Umgang des Dritten Reiches mit den Freindes des Regimes. Lit, Berlin 2010, S. 163.
  52. Johannes Tuchel: Vor dem „Volksgerichtshof“. Schauprozesse vor laufender Kamera. In: Gerhard Paul (Hrsg.): Das Jahrhundert der Bilder. Bd. 1. 1900 bis 1949. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, S. 653.
  53. Johannes Tuchel: »… und ihrer aller wartete der Strick.« Das Zellengefängnis Lehrter Straße 3 nach dem 20. Juli 1944. Lukas Verlag, Berlin 2014, ISBN 978-3-86732-178-5, S. 38.
  54. Die Zahlen bzw. das Verhältnis von Verhafteten zu Hingerichteten differiert stark in der Literatur – wenngleich hier oftmals Schätzungen zugrunde liegen, die auf die Gestapostatistik von Kiesel (1947) zurückgehen. Er ging von einem Verhältnis 7000 zu 700 aus, andere Autoren wie Mittler (1985) von 7000 zu 5000! – ähnlich hoch sind die Angaben oftmals in englischen Schriften. Steinbach und Tuchel (1994) weisen darauf hin, dass Peter Hoffmann die Anzahl an Verhafteten schon um 1970 nach unten korrigiert hatte, so dass vielmehr von 700 Verhafteten auszugehen ist. Selbst wenn die Gesamtzahl an Ermordeten größer als 200 gewesen sein sollte, können hierzu keine Angaben gemacht werden, weil die Opfer nicht namentlich bekannt sind.
  55. Siehe z. B. Hans Rothfels: Die deutsche Opposition gegen Hitler – Eine Würdigung. Fischer Bücherei, Neuausgabe 1957.
  56. Fabian von Schlabrendorff: Offiziere gegen Hitler. Zürich 1946/51. S. 195 books.google.
  57. Marion Gräfin Dönhoff: Neue Dokumente (zeit.de), DIE ZEIT 30/1995.
  58. a b Frank Brendle: Wir sind Stauffenberg (jungle.world) 19. Juli 2006.
  59. In der Unterhausdebatte am 2. August 1944 erklärte Churchill am Ende seiner Rede: "Not only are those once proud German armies being beaten back on every front […], but, in their homeland in Germany, tremendous events have occurred which must shake to their foundations the confidence of the people and the loyalty of the troops. The highest personalities in the German Reich are murdering one another, or trying to, while the avenging Armies of the Allies close upon the doomed and ever-narrowing circle of their power. We have never based ourselves on the strength of our enemy but only on the righteousness of our cause. Therefore, potent as may be these manifestations of internal disease, decisive as they may be one of these days, it is not in them that we should put our trust, but in our own strong arms and the justice of our cause. Let us go on then to battle on every front. Thrust forward every man who can be found. Arm and equip the Forces in bountiful supply. Listen to no parley from the enemy. Vie with our valiant Allies to intensify the conflict. Bear with unflinching fortitude whatever evils and blows we may receive. Drive on through the storm, now that it reaches its fury, with the same singleness of purpose and inflexibility of resolve as we showed to all the world when we were all alone." (c 1487)
    Arthur Greenwood stimmte zu, "that the Nazi Party and the military leaders are now at daggers drawn." (Sp. 1488) "[…] two partners who have now parted company. Neither of them can be trusted by this country. It would be a fatal mistake if, having broken the Nazi Party, although they are temporarily on top, we were to present any better terms to the militarists of Germany than we have done to the discredited Nazis." (c 1490)
    George Strauss meinte hingegen: "I suggest that, now we know that there is an element in the German army which probably is strong and which thinks that the continuation of the war is foolish and suicidal, we should change our whole policy and tell the people of Germany what is the alternative to continuing the war, so that they will know what they are risking if they do not take steps to bring it to an end." (cc 1518-9)
  60. Christian Graf von Krockow: Eine Frage der Ehre. Rowohlt, Berlin 2002, S. 119.
  61. Haug von Kuehnheim: Marion Dönhoff. Rowohlt Reinbek 1999, S. 36.
  62. Ausgabe Dezember, S. 173, 180.
  63. Unter Hinweis auf Lothar Kettenacker: Die Haltung der Westalliierten gegenüber Hitlerattentat und Widerstand nach dem 20. Juli. In: Gerd R. Ueberschär: Der 20. Juli 1944. 1998, S. 29 (Anm. 4) online
  64. Widerstand und Wehrmacht. In: Die Wehrmacht. Mythos und Realität. Oldenbourg Verlag, München 1999, S. 1156 f.
  65. Kurt Finker: Stauffenberg und der 20. Juli 1944. Union Verlag, Berlin 1973, S. 280.
  66. Tobias Baur: Das ungeliebte Erbe. Ein Vergleich der zivilen und militärischen Rezeption des 20. Juli 1944 im Westdeutschland der Nachkriegszeit. Peter Lang Frankfurt am Main 2007.
  67. Tobias Baur: Das ungeliebte Erbe. Frankfurt am Main 2007, S. 134 f.
  68. Vgl. Britta Morf: Der Widerstand gegen Hitler im Spiegel der Gedenkreden zum 20. Juli 1944 (Lizentiatsarbeit). Zürich 1994 [Bibliothek der Gedenkstätte Deutscher Widerstand], S. 75 f.
  69. Carlo Schmid: Gedenkrede am 20. Juli 1958 im Bendlerblock
  70. Tobias Baur: Das ungeliebte Erbe. Frankfurt am Main 2007, S. 136.
  71. Regina Holler: Die Funktion des Widerstands 1933–1945 gegen den Nationalsozialismus für die politische Kultur der Bundesrepublik von 1945 bis heute. In: 50 Jahre 20. Juli 1944. Dokumentation der Fachtagung am 14. Juli 1994 in Hannover. Hrsg. vom Niedersächsischen Kultusministerium, Hannover 1995, S. 98. – 1957 wurden erstmals „in zahlreichen deutschen Städten“ die öffentlichen Gebäude halbmast beflaggt. (In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 20. Juli 1959, S. 3.)
  72. Die Stimmung im Bundesgebiet. August 1951. Nr. 15: Helden oder Verräter? Rückschau auf den 20. Juli 1944. Hrsg. vom Institut für Demoskopie. Allensbach 1951, S. 4 f.
  73. Johannes Tuchel: 20. Juli: »Feiglinge« und »Verräter«. In: Zeit Online, 8. Januar 2009.
  74. Eduard Hermann: Der 20. Juli vom politischen Standpunkt gesehen. Selbstverlag, Isny 1952 [Bibliothek der Gedenkstätte Deutscher Widerstand], S. 1.
  75. Die Stimmung im Bundesgebiet. August 1951. Nr. 15: Helden oder Verräter? Rückschau auf den 20. Juli 1944. Hrsg. vom Institut für Demoskopie. Allensbach 1951, S. 1.
  76. a b Holler: Funktion des Widerstands. 1995, S. 7.
  77. Aus einem vertraulichen britischen Bericht über eine Sitzung des Britischen Zonenbeirates (Control Commission for Germany/British Element), British Liaison Staff/Zonal Advisory Council, Confidential Report No. 5 (Public Record Office, London, FO 371/5562.1). 3. Oktober 1946.
  78. Rundfunkerklärung vom 6. August 1954, zitiert in: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, II. Wahlperiode. Sitzung vom 16. September 1954, S. 1956.
  79. Norbert Frei: Der Fall Hedler. In: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik Deutschland und die NS-Vergangenheit. München 1996, S. 309–325.
  80. Vgl. „Geteilte“ Meinung eines Abgeordneten über Vergasung von Juden. In: Frankfurter Rundschau. 12. Dezember 1949, S. 2.
  81. Vgl. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, I. Wahlperiode. 25. Sitzung vom 16. Dezember 1949, S. 765 u. 773 ff.
  82. Malte Herwig: Der gute Deutsche. In: Der Spiegel. Nr. 46, 2007, S. 179 (online).
  83. Ruth Hoffmann: Das deutsche Alibi : Mythos „Stauffenberg-Attentat“ – wie der 20. Juli 1944 verklärt und politisch instrumentalisiert wird. Goldmann, München 2024, ISBN 978-3-641-30676-2.
  84. Über die Stiftung, Website der Stiftung 20. Juli.
  85. Gelöbnis nun doch vor dem Reichstag. In: Die Welt. 11. Juli 2008.
  86. Stauffenberg-Gedächtnisvorlesung, auf hdgbw.de
  87. Revolution am Telefon – Eine Dokumentation zum 20. Juli. In: Internet Movie Database. Abgerufen am 24. Juli 2024.
  88. Geheime Reichssache. In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 24. Juli 2024.
  89. Was geschah wirklich am 20. Juli 1944? In: Internet Movie Database. Abgerufen am 24. Juli 2024.
  90. Attentat auf Hitler. Stauffenberg und der deutsche Widerstand. In: Fernsehserien.de. Abgerufen am 24. Juli 2024.
  91. vgl. Peter Trummer: Im Focus der Kamera: Der 20. Juli und die Brüder Stauffenberg im Spielfilm Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, abgerufen am 3. März 2019.
  92. Rezension