„Engerhafe“ – Versionsunterschied
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Der Ort '''Engerhafe''' gehört seit der [[Gemeindegebietsreform]] vom 1. Juli 1972 zum Ortsteil Oldeborg der Gemeinde [[Südbrookmerland]] in [[Ostfriesland]]. Bereits 1938 wurden die früher selbständigen Landgemeinden Engerhafe, [[Fehnhusen]], [[Oldeborg]] und [[Upende]] zu der größeren Gemeinde Oldeborg vereinigt, die zusammen etwa das Gebiet des mittelalterlichen Kirchspiels Engerhafe umfassten. Der Ort hat ungefähr 600 Einwohner. Ortsvorsteher ist aktuell Dr. Andreas Bukowski (FWG)<ref>{{Internetquelle |url=https://suedbrookmerland.more-rubin1.de/profil.php?user=171 |titel=Rats- und Bürgerinfosystem |abruf=2023-06-12}}</ref> (geändert 2023). |
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==Geographie== |
== Geographie == |
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⚫ | Engerhafe liegt auf einer natürlichen Geestinsel am westlichen Rand der ostfriesischen [[Geest]] zwischen den hier verbreiteten Reihensiedlungen (Upstrecksiedlungen = Aufstrecksiedlungen) auf künstlich geschaffenen Erdwällen, zu denen auch die benachbarten Orte Victorbur und [[Siegelsum]] gehören, zwischen denen Engerhafe liegt. Die Siedlung folgt der südwestlich-nordöstlich verlaufenden Geesterhebung zwischen zwei von der [[Marsch (Schwemmland)|Marsch]] kommenden Niederungen. Am gegenüberliegenden Rand der südlichen Niederung mit dem heutigen [[Abelitz-Moordorf-Kanal]] liegt ganz in der Nähe von Engerhafe [[Uthwerdum]] und der ebenfalls mit einer großen [[St.-Victor-Kirche (Victorbur)|Kirche]] versehene Ort [[Victorbur]]. Westlich von Engerhafe erstrecken sich ausgedehnte Weideflächen, die im ostfriesischen [[Ostfriesisches Platt|Plattdeutsch]] "[[Meede|Meeden]]" genannt werden und sich südlich bis an das [[Großes Meer (Südbrookmerland)|Große Meer]] und nach Norden und Westen bis an die [[Abelitz (Fluss)|Abelitz]] erstrecken, wo sie in die Upganter Meede bzw. Osteeler Meede übergehen. |
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== Geschichte == |
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⚫ | Engerhafe liegt auf einer natürlichen Geestinsel am westlichen Rand der ostfriesischen [[Geest]] zwischen den hier verbreiteten Reihensiedlungen (Upstrecksiedlungen = Aufstrecksiedlungen) auf künstlich geschaffenen Erdwällen, zu denen auch die benachbarten Orte Victorbur und [[Siegelsum]] gehören, zwischen denen Engerhafe liegt. Die Siedlung folgt der südwestlich-nordöstlich verlaufenden Geesterhebung zwischen zwei von der [[Marsch (Schwemmland)|Marsch]] kommenden Niederungen. Am gegenüberliegenden Rand der südlichen Niederung mit dem heutigen [[Abelitz |
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⚫ | In frühen urkundlichen Erwähnungen von 1250 und 1276 wird Engerhafe als „Buta-ee“ (außerhalb, jenseits der Ehe, eines kleinen Flusses südlich von Engerhafe) und „Uthengrahove“ erwähnt. Uthengrahove ist danach wie „Marienhove“ (= Marienhafe), „Victorishove“ (= [[St.-Victor-Kirche (Victorbur)]]) und „Lamberthove“ (= [[Lambertikirche (Aurich)|Lambertikirche Aurich]]) ein Platz, an dem Gericht gehalten wurde. |
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== Wirtschaft == |
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Engerhafe ist vor allem landwirtschaftlich geprägt. Eine Einkaufsmöglichkeit bietet ein kleiner Hofladen auf Selbstbedienungsbasis. |
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[[Datei:Erdgas-Bohrplatz in Engerhafe.jpg|mini|Der Erdgas-Bohrplatz in Engerhafe]] |
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Bis Anfang der 1990er Jahre spielte in Engerhafe die Förderung von Erdgas eine größere Rolle, bevor die Bohrung ''Engerhafe Z1'' durch die damalige [[Preussag AG]] abgeteuft und verfüllt wurde. 2018 sicherte sich der deutsche Ableger des Unternehmens [[Vermilion Energy|Vermillion Energy]] die Rechte am Erdgasfeld Engerhafe und prüfte die Wiederaufnahme der Förderung. Der [[Landkreis Aurich]] reagierte und vergrößerte ein [[Wasserschutzgebiet]], sodass der Bohrplatz nun einem Schutzstatus untersteht. Dagegen wehrt sich Vermillion mit einer [[Normenkontrollklage]] vor dem [[Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht|Oberverwaltungsgericht in Lüneburg]]. Eine Entscheidung steht noch aus.<ref>{{Internetquelle |autor=Holger Janssen |url=https://www.on-online.de/artikel/955425/Verordnung-verbietet-Gasfoerderung |titel=Verordnung verbietet Gasförderung |werk=Ostfriesische Nachrichten |datum=2021-03-05 |abruf=2021-11-02}}</ref> |
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== Kultur == |
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⚫ | In frühen urkundlichen Erwähnungen von 1250 und 1276 wird Engerhafe als |
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In Sichtweite der Kirche steht ein renoviertes Bauernhaus im typisch ostfriesischen Stil, der ''Gulfhof Ihnen''. Ein Trägerverein pflegt dieses Gebäude und lässt dort seit einiger Zeit Musikveranstaltungen stattfinden, vorrangig Folk, schwerpunktmäßig auch plattdeutsche Musik. Das ''Festival zwischen den Jahren'' hat sich etabliert. Der Gulfhof sieht sich in der Nachfolge der ''Kulturinitiative Strackholt'' als überregionales Kulturzentrum, vor allem für [[Ostfriesische Liedermacher]]. |
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Der ostfriesische [[Ostfriesische Häuptlinge|Häuptling]] [[Keno I. tom Brok|Keno tom Brok]] hatte seinen Sitz auf Burg in [[Oldeborg]] bei Engerhafe. Sein Sohn [[Ocko I. tom Brok|Ocko]] dehnte seine Macht auf beinahe ganz Ostfriesland aus. Unter Häuptling [[Focko Ukena]] aus [[Leer]] verbündeten sich viele ostfriesische Häuptlinge gegen Ocko tom Brok und versuchten, die Macht der tom Brok zu zerstören. Am [[28. Oktober]] [[1427]] kam es bei Oldeborg zur letzten Schlacht, die als "[[Schlacht auf den Wilden Äckern]]" in Ostfriesland berühmt wurde. Ein Gedenkstein am Ort der Schlacht weist heute auf das - für die ostfriesische Geschichte sehr bedeutsame - Ereignis hin. |
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[[Datei:Engerhafe Pfarrhaus.jpg|mini|220px|[[Pfarrhaus (Engerhafe)|Pfarrhaus Engerhafe]]]] |
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⚫ | Die von 1250 bis 1280 erbaute [[Kirche Johannes der Täufer (Engerhafe)|Kirche von Engerhafe]] bildet mit dem mittelalterlichen Steinhaus (Pfarrei) noch heute eine Einheit. Von der einst größeren Kirche sind die verbliebenen Reste noch immer von imponierender Erscheinung. Die einschiffige, hochaufragende Anlage besteht aus den Resten von zwei Bauabschnitten. |
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⚫ | Gegenüber der Kirche steht das [[Pfarrhaus (Engerhafe)|alte Pastorenhaus]]. Der zweigeschossige Bau ist im Stil der ostfriesischen „Steensen“ (Steinhäuser) vermutlich im 15. Jahrhundert errichtet worden. Die Decken beider Etagen ruhen auf Balkenlagen. Da die Stockwerke quer zur Längsachse unterteilt sind, erstrecken sich die Räume über die ganze Breite des Hauses. Einige kleine alte Fenster sind noch erhalten. |
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[[Datei:Kzengerhafe.JPG|mini|220px|Mahnmal mit den Namen der 188 Opfer des Lagers]] |
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⚫ | Auf dem Gelände des Pfarrgartens von Engerhafe wurde im Oktober 1944 ein Nebenlager des [[KZ Neuengamme|Konzentrationslagers Neuengamme]] eingerichtet. Etwa 2000 Menschen waren hier unter jämmerlichsten Bedingungen untergebracht. Sie sollten insbesondere im Zusammenhang mit dem Bau des so genannten [[Friesenwall (Zweiter Weltkrieg)|Friesenwalls]] einen Panzergraben rund um die Stadt Aurich erstellen. Das Lager wurde Ende 1944 wieder aufgelöst. Nahezu 200 Menschen sind in der Zeit von Oktober bis Dezember 1944 hier zu Tode gekommen. Ein Museum im [[Pfarrhaus (Engerhafe)|Pfarrhaus Engerhafe]] berichtet darüber. |
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== Literatur == |
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⚫ | Gegenüber der Kirche steht das alte Pastorenhaus. Der zweigeschossige Bau ist im Stil der ostfriesischen |
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* [[Manfred Meinz]]: ''Die Kirche zu Engerhafe'' ([[Ostfriesische Kunstführer]], Heft 1). Aurich 1962 |
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* Robert Noah: ''Die Kirche zu Engerhafe'' (Ostfriesische Kunstführer, Heft 14). Aurich 1989 |
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* [https://www.ostfriesischelandschaft.de/fileadmin/user_upload/BIBLIOTHEK/HOO/HOO_Engerhafe.pdf Beschreibung von Engerhafe] in der [[Historische Ortsdatenbank für Ostfriesland|Historischen Ortsdatenbank]] der [[Ostfriesische Landschaft|Ostfriesischen Landschaft]] |
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== Einzelnachweise == |
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⚫ | Auf dem Gelände des Pfarrgartens von Engerhafe wurde im Oktober |
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Aktuelle Version vom 5. Februar 2024, 10:43 Uhr


Der Ort Engerhafe gehört seit der Gemeindegebietsreform vom 1. Juli 1972 zum Ortsteil Oldeborg der Gemeinde Südbrookmerland in Ostfriesland. Bereits 1938 wurden die früher selbständigen Landgemeinden Engerhafe, Fehnhusen, Oldeborg und Upende zu der größeren Gemeinde Oldeborg vereinigt, die zusammen etwa das Gebiet des mittelalterlichen Kirchspiels Engerhafe umfassten. Der Ort hat ungefähr 600 Einwohner. Ortsvorsteher ist aktuell Dr. Andreas Bukowski (FWG)[1] (geändert 2023).
Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Engerhafe liegt auf einer natürlichen Geestinsel am westlichen Rand der ostfriesischen Geest zwischen den hier verbreiteten Reihensiedlungen (Upstrecksiedlungen = Aufstrecksiedlungen) auf künstlich geschaffenen Erdwällen, zu denen auch die benachbarten Orte Victorbur und Siegelsum gehören, zwischen denen Engerhafe liegt. Die Siedlung folgt der südwestlich-nordöstlich verlaufenden Geesterhebung zwischen zwei von der Marsch kommenden Niederungen. Am gegenüberliegenden Rand der südlichen Niederung mit dem heutigen Abelitz-Moordorf-Kanal liegt ganz in der Nähe von Engerhafe Uthwerdum und der ebenfalls mit einer großen Kirche versehene Ort Victorbur. Westlich von Engerhafe erstrecken sich ausgedehnte Weideflächen, die im ostfriesischen Plattdeutsch "Meeden" genannt werden und sich südlich bis an das Große Meer und nach Norden und Westen bis an die Abelitz erstrecken, wo sie in die Upganter Meede bzw. Osteeler Meede übergehen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In frühen urkundlichen Erwähnungen von 1250 und 1276 wird Engerhafe als „Buta-ee“ (außerhalb, jenseits der Ehe, eines kleinen Flusses südlich von Engerhafe) und „Uthengrahove“ erwähnt. Uthengrahove ist danach wie „Marienhove“ (= Marienhafe), „Victorishove“ (= St.-Victor-Kirche (Victorbur)) und „Lamberthove“ (= Lambertikirche Aurich) ein Platz, an dem Gericht gehalten wurde.
Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Engerhafe ist vor allem landwirtschaftlich geprägt. Eine Einkaufsmöglichkeit bietet ein kleiner Hofladen auf Selbstbedienungsbasis.

Bis Anfang der 1990er Jahre spielte in Engerhafe die Förderung von Erdgas eine größere Rolle, bevor die Bohrung Engerhafe Z1 durch die damalige Preussag AG abgeteuft und verfüllt wurde. 2018 sicherte sich der deutsche Ableger des Unternehmens Vermillion Energy die Rechte am Erdgasfeld Engerhafe und prüfte die Wiederaufnahme der Förderung. Der Landkreis Aurich reagierte und vergrößerte ein Wasserschutzgebiet, sodass der Bohrplatz nun einem Schutzstatus untersteht. Dagegen wehrt sich Vermillion mit einer Normenkontrollklage vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. Eine Entscheidung steht noch aus.[2]
Kultur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Sichtweite der Kirche steht ein renoviertes Bauernhaus im typisch ostfriesischen Stil, der Gulfhof Ihnen. Ein Trägerverein pflegt dieses Gebäude und lässt dort seit einiger Zeit Musikveranstaltungen stattfinden, vorrangig Folk, schwerpunktmäßig auch plattdeutsche Musik. Das Festival zwischen den Jahren hat sich etabliert. Der Gulfhof sieht sich in der Nachfolge der Kulturinitiative Strackholt als überregionales Kulturzentrum, vor allem für Ostfriesische Liedermacher.
Kirche
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die von 1250 bis 1280 erbaute Kirche von Engerhafe bildet mit dem mittelalterlichen Steinhaus (Pfarrei) noch heute eine Einheit. Von der einst größeren Kirche sind die verbliebenen Reste noch immer von imponierender Erscheinung. Die einschiffige, hochaufragende Anlage besteht aus den Resten von zwei Bauabschnitten.
Gegenüber der Kirche steht das alte Pastorenhaus. Der zweigeschossige Bau ist im Stil der ostfriesischen „Steensen“ (Steinhäuser) vermutlich im 15. Jahrhundert errichtet worden. Die Decken beider Etagen ruhen auf Balkenlagen. Da die Stockwerke quer zur Längsachse unterteilt sind, erstrecken sich die Räume über die ganze Breite des Hauses. Einige kleine alte Fenster sind noch erhalten.
Konzentrationslager
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf dem Gelände des Pfarrgartens von Engerhafe wurde im Oktober 1944 ein Nebenlager des Konzentrationslagers Neuengamme eingerichtet. Etwa 2000 Menschen waren hier unter jämmerlichsten Bedingungen untergebracht. Sie sollten insbesondere im Zusammenhang mit dem Bau des so genannten Friesenwalls einen Panzergraben rund um die Stadt Aurich erstellen. Das Lager wurde Ende 1944 wieder aufgelöst. Nahezu 200 Menschen sind in der Zeit von Oktober bis Dezember 1944 hier zu Tode gekommen. Ein Museum im Pfarrhaus Engerhafe berichtet darüber.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Manfred Meinz: Die Kirche zu Engerhafe (Ostfriesische Kunstführer, Heft 1). Aurich 1962
- Robert Noah: Die Kirche zu Engerhafe (Ostfriesische Kunstführer, Heft 14). Aurich 1989
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Beschreibung von Engerhafe in der Historischen Ortsdatenbank der Ostfriesischen Landschaft
- Vom Konzentrationslager Engerhafe gibt es kaum Spuren ( vom 31. März 2004 im Internet Archive)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Rats- und Bürgerinfosystem. Abgerufen am 12. Juni 2023.
- ↑ Holger Janssen: Verordnung verbietet Gasförderung. In: Ostfriesische Nachrichten. 5. März 2021, abgerufen am 2. November 2021.
Koordinaten: 53° 29′ N, 7° 19′ O