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„Cell Broadcast“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Android 8 CB-Einstellungen für Notfallbenachrichtigungen.png|mini|Standard-Cell-Broadcast-Konfigurationsmenü auf Android 8.0]]
'''Cell Broadcast''' oder '''Cell Broadcasting''' (kurz '''CB''') ist ein Mobilfunkdienst zum Versenden von Kurzmitteilungen


'''Cell Broadcast''', auch [[Short Message Service#Betriebsmodi|SMS-CB]] genannt, ist ein seit 1999<ref>{{Internetquelle |url=https://www.dafu.mobi/redir/redir-cb.html |titel=DaFu – Datenfunk in Deutschland (Cellbroadcast) |archiv-url=https://web.archive.org/web/20201124212247/https://www.dafu.mobi/redir/redir-cb.html |abruf=2020-09-10}}</ref> eingesetzter Mobilfunkdienst zum Versenden von Nachrichten ähnlich [[Short Message Service#Betriebsmodi|SMS-MT]] durch [[Rundsenden]] an alle Empfänger innerhalb einer [[Funkzelle]]. Anders als SMS-MT-Nachrichten, die nur an einen Empfänger gerichtet sind, wird eine Cell-Broadcast-Nachricht von der [[Basisstation]] an alle Mobiltelefone geschickt, die sich in dieser Funkzelle befinden und den Dienst aktiviert haben. Er ist durch das [[3rd Generation Partnership Project|3rd Generation Partnership Project (3GPP)]] standardisiert und ein Teil der [[Global System for Mobile Communications|2G-]], [[UMTS|3G-]], [[Long Term Evolution|4G-]] und [[5G]]-Standards.<ref>{{Internetquelle |autor=3GPP Organizational Partners (ARIB, ATIS, CCSA, ETSI, TSDSI, TTA, TTC) |url=https://portal.3gpp.org/desktopmodules/Specifications/SpecificationDetails.aspx?specificationId=748 |titel=Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS) |datum=2020-09 |sprache=en |abruf=2020-10-17}}</ref> Durch seine Verankerung in den Standards, wenige externe Abhängigkeiten und den technisch einfachen Aufbau ist der Dienst relativ robust.<ref name=":0">{{Internetquelle |url=https://www.ifv.nl/nieuws/Paginas/Burgerbeleving-NL-Alert-bij-burgers-onderzocht.aspx |titel=Beleving NL-Alert bij burgers |datum=2020-07-02 |sprache=nl |abruf=2020-10-20}}</ref>
Im Gegensatz zur [[SMS]], bei der die Nachricht nur an ein bestimmtes Handy gerichtet ist, wird eine CB-Nachricht von der Basisstation (dem Sendemast) an alle Handys geschickt, die diesen Dienst aktiviert haben und sich in derselben [[Funkzelle|Zelle]] befinden. Cell Broadcast wird daher auch '''Videotext fürs Handy''' genannt.
Die aktuelle Generation von Cell-Broadcast-Systemen ist in der Lage, eine Nachricht an hunderttausende Funkzellen zu senden und somit innerhalb von Sekunden Millionen von Mobilfunkteilnehmerinnen und -teilnehmern zu erreichen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.gsma.com/mobilefordevelopment/wp-content/uploads/2013/01/Mobile-Network-Public-Warning-Systems-and-the-Rise-of-Cell-Broadcast.pdf |titel=Mobile Network Public Warning Systems and the Rise of Cell-Broadcast |hrsg=[[GSMA]] |datum=2013-01 |format=PDF |sprache=en |abruf=2020-10-16}}</ref><ref name=":0" />


Die Nachrichten bestehen aus [[alphanumerisch]]en Zeichen, einschließlich nicht lateinischer Alphabete. Somit können auch Weblinks angegeben werden, aber das Mitschicken von Grafiken ist nicht möglich. Mehrsprachlichkeit ist zwar realisierbar, aber durch die Nachrichtenlänge von 1395 Zeichen begrenzt.
Eine CB-Nachricht kann bis zu 93 Zeichen lang sein, da man aber mehrere Nachrichten aneinanderreihen kann, lassen sich auch längere Texte übertragen. Der Benutzer sieht die CB-Mitteilungen meist in Form einer [[Nachrichtenticker|Laufschrift]] am Fuß seines Handy-Displays. Der Empfang von CB ist kostenlos.
Eine Cell-Broadcast-Nachricht ist ein unbestätigter [[Push-Medien|Push-Dienst]], daher werden keine Mobiltelefonnummern benötigt.<ref>{{Internetquelle |autor=Marion Choppin |url=https://www.intersec.com/geosafe |titel=GeoSafe |hrsg=Intersec |sprache=en-GB |abruf=2020-10-17}}</ref> Dementsprechend weiß der Absender der Nachrichten nicht, wer sie empfangen hat.


== Technische Umsetzung ==
Der Cell-Broadcast-Dienst wird bei verschiedenen Anbietern mit unterschiedlichen Namen bezeichnet (z. B. "Rundsendung" oder "Zelleninfo"). Ähnlich dem [[Teletext|Videotext]] läßt sich durch Anwahl einer meist dreistelligen Nummer zwischen verschiedenen Themen auswählen.
Entwickelt wird Cell Broadcast vom GSM-Komitee der [[Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen|ETSI]] und 3GPP und ist Bestandteil der [[Mobilfunkstandard|2G-, 3G-, 4G- und 5G-Mobilfunkstandards]] (Spezifikation 3GPP TS 23.041).


Ein ''Cell Broadcast Center'' (CBC) ist verbunden mit einem:
Da CB für den Benutzer kostenlos ist, wird dieser Dienst meist durch Sponsoren finanziert. Zeitweise gab es Channels mit verschiedenen Themen wie Nachrichten ([[Pro7]], [[handelsblatt]]), Online-Angeboten (snap123 auf Channel 123 im D2-Netz) und Wettervorhersagen. Da diese sich mehr und mehr zurückziehen, stehen bei vielen Anbietern nur noch Basisthemen zur Verfügung (Standortbestimmung, [[Tarif|Tarifinformation]]). So zum Beispiel im [[Vodafone]]-Netz, bei dem die lokalen Ortsnetzvorwahlen, die für bestimmte Tarife relevant sind, mittels CB übertragen werden.


* [[Base Station Controller|BSC]] in GSM-Netzen (beschrieben im 3GPP-Standard TS 48.049)
Aktuell sendet [[Vodafone]] in Deutschland CB Kanäle aus, die für den sogenannten [http://http://www.vodafone.de/dienste_kommunikation/infos_unterhaltung/74770.html Vodafone-Ticker] genutzt werden.
* [[Radio Network Controller|RNC]] in UMTS-Netzen (beschrieben im 3GPP-Standard TS 25.419)
* [[Mobility Management Entity|MME]] in LTE-Netzen (beschrieben im 3GPP-Standard TS 29.168)
* [[Access and Mobility Management Function|AMF]] in 5G-Netzen (beschrieben im 3GPP-Standard TS 29.518)


Durch die verwendete Kodierung entsprechen die Übertragungen maximal 82 Byte oder 93 Zeichen, durch Aneinanderhängen von 15 Nachrichten erreicht man 1395 Zeichen. Zeichen können mit der [[Universal Coded Character Set|UCS-2-Codierung]] (ähnlich UTF-16) dargestellt werden. Cell Broadcast ist von der Netzverkehrsbelastung nicht betroffen, da es sich um priorisierte [[Direktverbindung|Point-to-Multipoint]]-Verbindungen handelt. Dies ist besonders während Katastrophen von Vorteil, wenn Lastspitzen dazu führen, dass das Mobilfunknetz signifikant verlangsamt wird und Daten (Social Media, Warn-Apps), SMS und Sprachanrufe (Massenanrufereignisse) nicht wie gewohnt funktionieren. Daher gibt es weltweit [[Warnsystem]]e, die Cell Broadcast als primären mobilen Alarmkanal nutzen.
siehe auch:
* [http://www.mobilemania.de/facts+infos/sms+cb/cb-info.php Liste von CB-Kanälen bei verschiedenen Mobilfunkbetreibern]


== Nutzungsgeschichte ==
Diese Seite ist nicht mehr aktuell. [[T-Mobile]] Deutschland hat in der Zwischenzeit die Aussendung von Cell Broadcast Nachrichten eingestellt.
Allgemein ist Kanal 50 in vielen Ländern bei verschiedensten Mobilfunkanbietern für die Ortsangabe in Gebrauch.
In der Schweiz sendet die [[Swisscom]] auf Kanal 50 den Namen der Region oder der Stadt, in der man sich befindet. Größere Städte werden dabei meist in mehrere geografische Gebiete unterteilt (z.&nbsp;B. Zürich Airport, Zürich Nord-West, Zürich West usw.).<ref>{{Internetquelle |url=http://www.semmel.ch/cellbroadcast-ch/ |titel=Unvollständige Liste von Cell Broadcast Standortmeldungen der Swisscom auf Kanal 50 |abruf=2021-07-22}}</ref>
Das [[Emergency Alert System]] (EAS), das 1997 eingeführte nationale Warnsystem der [[Vereinigte Staaten von Amerika|Vereinigten Staaten von Amerika]], nutzt neben UKW, Terrestrischem Fernsehen, Satellitenfernsehen und Kabelfernsehen auch Cell Broadcast.


Nachdem in vielen Ländern der Europäischen Union die [[Luftschutzsirene|Sirenen]] abgebaut worden waren, ergab sich auch in der EU die Notwendigkeit, die Bevölkerung auf andere Weise zu warnen. Der [[Rat der Europäischen Union]] passte daher im Dezember 2018 die neue [[Richtlinie (EU) 2018/1972 (EECC-Richtlinie)|Richtlinie zum europäischen Kodex für elektronische Kommunikation]] ({{lang|en|''European Electronic Communications Code'', EECC}})<ref>{{EU-Richtlinie|2018|1972|titel=des europäischen Parlaments und des Rates vom 11.&nbsp;Dezember 2018}}</ref> an. Entsprechend dieser Richtlinie müssen alle EU-Mitgliedstaaten bis zum 21.&nbsp;Juni 2022 ein Warnsystem zum [[Bevölkerungsschutz]] einrichten.<ref>{{Internetquelle |autor=Lars Wienand |url=https://www.t-online.de/-/87602760 |titel=Deutschland macht beim Handy-Alarm für alle nicht mit |hrsg=[[t-online.de]] |datum=2020-03-29 |abruf=2020-11-24}}</ref><ref>{{EU-Richtlinie|2018|1972|titel=des europäischen Parlaments und des Rates vom 11.&nbsp;Dezember 2018|fragment=d1e8588-36-1|abruf=2020-11-24}} Artikel 110:
[[Kategorie:Mobilfunk]]
{{Zitat
|Text=(1) Die Mitgliedstaaten stellen bis zum 21.&nbsp;Juni 2022 sicher, dass dort, wo öffentliche Systeme vorhanden sind, die vor drohenden oder sich ausbreitenden größeren Notfällen und Katastrophen warnen, die Anbieter von mobilen nummerngebundenen interpersonellen Kommunikationsdiensten den Endnutzern öffentliche Warnungen übermitteln.

(2) Ungeachtet des Absatzes&nbsp;1 können die Mitgliedstaaten festlegen, dass öffentliche Warnungen über öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsdienste, bei denen es sich weder um die in Absatz&nbsp;1 genannten Dienste noch um Rundfunkdienste handelt, oder über eine über einen Internetzugangsdienst verfügbare mobile Anwendung übertragen werden, sofern die Effektivität des öffentlichen Warnsystems in Bezug auf Abdeckung und Kapazität zur Erreichbarkeit der Endnutzer, auch derjenigen, die sich nur zeitweilig in dem betreffenden Gebiet aufhalten, gleichwertig ist; dabei tragen sie den GEREK-Leitlinien weitest möglich Rechnung. Öffentliche Warnungen müssen von den Endnutzern leicht empfangen werden können. […]}}
</ref> Neben [[EU-Alert]], das technisch auf Cell-Broadcast aufsetzt, war auch alternativ ein standortbasiertes SMS-Warnsystem zugelassen. Deutschland hatte zunächst eine Ausnahme von EU-Alert erwirkt und setzte auf elektronische Kommunikationsdienste wie Smartphone-Apps ([[Warn-App NINA]], [[Katwarn|KATWARN]]), die aber konzeptionelle Schwierigkeiten wie eine „Belastung der technischen Infrastruktur“ mit sich bringen.<ref>{{Literatur |Titel=Probealarm mit Haken |Sammelwerk=Tagesschau.de |Datum=2020-09-10 |Online=https://www.tagesschau.de/inland/warntag-111.html |Abruf=2020-09-10}}</ref><ref>{{Literatur |Titel=BBK on Twitter |Sammelwerk=Twitter |Datum=2018-09-11 |Online=https://twitter.com/BBK_Bund/status/1039429389589598209 |Abruf=2018-09-12}}</ref>

=== Nutzung in Deutschland ===
{{Hauptartikel|Warnung der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland}}
[[Datei:Cell broadcast zum bundesweiten Warntag 2022.jpg|mini|Screenshot vom Cell Broadcast zum [[Bundesweiter Warntag|Bundesweiten Warntag]] 2022.<br />Die Nachricht wird fälschlich als „Benachrichtigung des Präsidenten“ betitelt (statt als „Warnstufe 1“ oder „Warnung auf höchster Stufe“), da das empfangende Mobiltelefon die Bezeichnungen des US-Systems ''[[Emergency Alert System]]'' benutzt.]]

'''Allgemeine Nutzung von Cell Broadcast'''

Praktisch alle Handys und Smartphones unterstützen Cell Broadcast in seiner originären Form mit 3-stelligen CB-Message-IDs.<ref>{{Internetquelle |url=https://source.android.com/devices/architecture/modular-system/cellbroadcast?hl=de |titel=CellBroadcast |werk=Android wiki |hrsg=Android/Google |abruf=2020-10-17}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://support.apple.com/en-us/HT202743 |titel=About emergency and government alerts on iPhone and Apple Watch |hrsg=Apple Inc. |datum=2019-08-14 |sprache=en |abruf=2020-10-17}}</ref> Mit Stand 2020 war in Deutschland die Funktion nicht bei allen Betreibern aktiviert. Zeitweise gab es Kanäle mit verschiedenen Themen wie Nachrichten ([[ProSieben]], [[Handelsblatt]]), Online-Angeboten (snap123 auf Kanal 123 im D2-Netz) und Wettervorhersagen. Da diese sich mehr und mehr zurückziehen, stehen bei vielen Anbietern nur noch Basisthemen zur Verfügung (Standortbestimmung, [[Tarif]]information). Da CB für den Benutzer kostenlos ist, wurden diese Dienste meist durch Sponsoren finanziert.

'''Nutzung von Cell Broadcast zur Warnung der Bevölkerung'''

Nach dem von einer technischen Panne überschatteten [[Bundesweiter Warntag|Bundesweiten Warntag]] am 10.&nbsp;September 2020 kamen zunehmend Forderungen auf, den Cell Broadcast-Dienst auch in Deutschland zur Warnung der Bevölkerung einzusetzen.<ref>{{Internetquelle |autor=Urs Mansmann |url=https://www.heise.de/hintergrund/App-Desaster-am-Warntag-Warum-die-Handys-stumm-blieben-4920151.html |titel=App-Desaster am Warntag: Warum die Handys stumm blieben |werk=heise online |datum=2020-10-19 |abruf=2021-11-28 |zitat=Eine lastfeste Alternative zu einer App-Lösung wären Cell Broadcasts, wie sie in anderen EU-Ländern eingesetzt werden, etwa den Niederlanden oder Rumänien.}}</ref> Die Forderungen verstärkten sich nach dem [[Hochwasser in West- und Mitteleuropa 2021]] mit Schwerpunkt innerhalb Deutschlands in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.<ref>[[Sascha Lobo]]: ''[https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/cell-broadcast-deutschlands-buerokratische-verhoehnung-des-21-jahrhunderts-kolumne-a-6fd98f51-201e-4d43-897a-feed75b18f65 Die bürokratische Verhöhnung des 21. Jahrhunderts.]'' In: ''spiegel.de'', 21.&nbsp;Juli 2021.</ref> Die [[Bundesregierung (Deutschland)|Bundesregierung]] beschloss die Einführung im August 2021.<ref>{{Internetquelle |autor=heise online |url=https://www.heise.de/news/Cell-Broadcast-Bundesregierung-bringt-TKG-Aenderung-auf-den-Weg-6168931.html |titel=Cell Broadcast: Bundesregierung bringt TKG-Änderung auf den Weg |sprache=de |abruf=2021-08-18}}</ref> [[Deutscher Bundestag|Bundestag]] und [[Bundesrat (Deutschland)|Bundesrat]] stimmten der hierfür nötigen Änderung des [[Telekommunikationsgesetz (Deutschland)|Telekommunikationsgesetzes]] in der Folge zu. Mit der Zustimmung des Bundesrats zur Einführung der [[Mobilfunk-Warn-Verordnung]] des [[Bundesministerium für Wirtschaft und Energie|Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie]] am 26.&nbsp;November 2021 sollte der Dienst Ende 2022 nutzbar sein.<ref name=":1">''[https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-11/katastrophenschutz-warn-sms-cell-broadcast-bundesrat Bundesrat stimmt für Handy-Warnung im Katastrophenfall.]'' [[Die Zeit#Zeit Online|Zeit Online]], 26. November 2021, abgerufen am 26. November 2021.</ref> Bundesweit verfügbar ist er seit dem 23.&nbsp;Februar 2023.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/panorama/cell_broadcast_katastrophenwarnungen_ab_sofort_auf_handy_100.html |titel=Handy-Warnsystem "Cell Broadcast" startet heute bundesweit |hrsg=Saarländischer Rundfunk |datum=2023-02-23 |abruf=2023-02-23 |abruf-verborgen=1}}</ref>

Beim zweiten Bundesweiten Warntag am 8. Dezember 2022 wurde in Deutschland erstmals Cell Broadcast als Warnmittel getestet. Die Nachricht sollte alle Mobilfunkgeräte erreichen, die mit Cell Broadcast kompatibel sind<ref>{{Internetquelle |url=https://www.heise.de/news/Cell-Broadcast-Netzbetreiber-werden-Kunden-per-SMS-auf-Warnsystem-hinweisen-7335547.html |titel=Cell Broadcast: Netzbetreiber werden Kunden per SMS auf Warnsystem hinweisen |werk=heise online |datum=2022-11-10 |abruf=2022-11-13 |zitat=Bei den Smartphones wird das Warnsystem beim iPhone von Apple mit den Betriebssystem-Versionen iOS 16, 15.7.1 und 15.6.1. [sic!] Geräte mit dem Google-Betriebssystem Android sind ab Version 11 kompatibel.}}</ref> und Empfang haben.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/2022-pdf/07/pm-19-bundesweiter-warntag-221208_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=4 |titel=Bundesweiter Warntag am 8. Dezember 2022 |hrsg=Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe |datum=2022-07-19 |format=PDF |abruf=2022-11-13 |abruf-verborgen=1}}</ref> Wie die Ergebnisse der deutschlandweiten Bevölkerungsumfragen zum Bundesweiten Warntag zeigen, gehörte Cell Broadcast beim bundesweiten Test 2022<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bbk.bund.de/DE/Warnung-Vorsorge/Bundesweiter-Warntag/Umfrageergebnisse-buwata/umfrageergebnisse-buwata_node.html |titel=Bundesweiten Warntag Umfrage - BBK |abruf=2024-08-16}}</ref> und 2023<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/05/pm-29-umfrageergebnisse-warntag-2023.html |titel=Bundesweiter Warntag 2023: erneut ein großer Erfolg |abruf=2024-08-16}}</ref> zu den reichweitenstärksten und damit effektivsten Warnmitteln. Der Anteil der Befragten, der am Warntag über Cell Broadcast eine Probewarnung wahrgenommen hat, lag 2022 bei 53,7 Prozent und konnte 2023 im Vergleich zum Vorjahr mit 72 Prozent deutlich gesteigert werden. Cell Broadcast stellt eine wichtige Ergänzung für den Warnmittelmix in Deutschland dar, denn 11 Prozent der Befragten gaben in der Befragung zum Bundesweiten Warntag 2023 an, ausschließlich über Cell Broadcast gewarnt worden zu sein.

'''Kritik'''

Nachdem die Bundesrepublik nicht den jahrzehntelang international bewährten Cell-Broadcast-Standard nutzt, der mit quasi allen Handys und Smartphones kompatibel ist, sondern ein eigenständiges System mit Abweichungen vom Standard entwickeln ließ, werden viele Nutzer älterer Smartphones sowie alle Nutzer klassischer Handys nicht gewarnt. Es wird, im Gegensatz zum internationalen Standard, der in zahlreichen anderen Ländern erfolgreich eingesetzt wird, aufgrund des nationalen Sonderwegs ein Gerät mit mindestens Android Version 11 bzw. iOS 16 vorausgesetzt.<ref>{{Internetquelle |url=https://stadt-bremerhaven.de/cell-broadcasts-kaum-kompatible-smartphones-generalprobe-verschoben/ |titel=Cell Broadcast: Kaum kompatible Smartphones – Generalprobe verschoben |datum=2022-05-25 |sprache=de |abruf=2025-03-13}}</ref>
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=== Warnsysteme in anderen Ländern ===
[[Datei:CB Seoul.png|mini|Eine Cell-Broadcast-Nachricht aus [[Seoul]] vom 29. November 2022. Sie warnt vor der winterlichen Kälte und gibt Empfehlungen wie bspw. „Wenn Sie nach draußen gehen, tragen Sie einen Schal, eine Mütze, Handschuhe usw.“ Die im Hintergrund sichtbaren Uhrzeiten der anderen Cell-Broadcast-Meldungen zu dieser Zeit zeigen den intensiven Einsatz der Technik in Seoul.<br />Cell-Broadcast-Meldungen können wie in diesem Beispiel auch nach dem Wegklicken über die Einstellungen des Smartphones erneut aufgerufen werden.]]

In [[Südkorea]] wird über Cell Broadcast Stand Dezember 2022 täglich die aktuelle Zahl der Corona-Fälle in der Stadt bzw. Region, in der man sich gerade befindet, mitgeteilt. Zusätzlich gibt es fast täglich regionale Meldungen bspw. zu Sperrungen von [[U-Bahn Seoul|U-Bahn]]-Linien oder von Kälte im Winter, inkl. Verhaltensempfehlungen.

Beispiele für Warnsysteme, die Cell Broadcast als primären mobilen Alarmkanal nutzen:
{{Mehrspaltige Liste
|breite = 20em
|liste = * [[Japan]] – [[Erdbebenfrühwarnung]] (緊急地震速報, kinkyū jishin sokuhō), J-Alert
* [[Kanada]] – Alert Ready
* [[Vereinigte Staaten|USA]] – [[Emergency Alert System]], Wireless Emergency Alerts
* [[Neuseeland]] – Emergency Mobile Alert (aktiv seit 2018)
* [[Vereinigte Arabische Emirate]] – UAE-Alert
* [[Oman]] – OMAN-Alert
* [[Europäische Union]] – [[EU-Alert]]
** [[Deutschland]] – DE-Alert (aktiv seit Februar 2023) innerhalb des Warn-Mix
** [[Niederlande]] – [[NL-Alert]] (EU-Alert konform, aktiv seit 2012)
** [[Litauen]] – LT-Alert<ref>{{cite web|url=http://gpis.vpgt.lt/go.php/lit/English|title=Lithuania Public Warning and Information System|accessdate=2019-08-27| language=en|archiveurl=https://web.archive.org/web/20190827170546/http://gpis.vpgt.lt/go.php/lit/English|archivedate=2019-08-27|offline=yes|archivebot=2023-03-30 11:30:12 InternetArchiveBot}}</ref>
** [[Rumänien]] – RO-Alert (aktiv seit September 2018)<ref>[https://isubif.ro/local/testare-ro-alert/ Testare RO-ALERT], INSPECTORATUL PENTRU SITUAȚII DE URGENȚĂ „DEALUL SPIRII” BUCUREȘTI-ILFOV</ref>
** [[Griechenland]] – GR-Alert (aktiv seit März 2020)
** [[Vereinigtes Königreich]] – UK-Alert (soll 2021 starten)<ref>{{cite web|url=https://www.telegraph.co.uk/technology/2020/08/28/uk-developing-mobile-warning-system-enforce-local-lockdowns/|title=UK EU-Alert-System aktiv 2021|language=en}}</ref>
** [[Italien]] – IT-Alert (soll Anfang 2021 starten)<ref>{{cite web|url=https://www.agendadigitale.eu/infrastrutture/dal-safety-check-di-facebook-allit-alert-cosi-il-sistema-di-allarme-social-diventa-nazionale/|title=Italien EU-Alert-System aktiv 2020|language=en}}</ref>
** [[Frankreich]] – FR-Alert (aktiv seit Juni 2022)<ref>{{cite web|url=https://www.service-public.fr/particuliers/actualites/A15732|title=FR-Alert : le nouveau dispositif d'alerte à la population française|language=fr}}</ref>
** [[Österreich]] – AT-Alert<ref>{{Internetquelle |url=https://www.bmi.gv.at/204/at-alert/ |titel=AT-Alert |hrsg=[[Bundesministerium für Inneres]] |abruf=2024-10-06}}</ref> (aktiv seit 5.&nbsp;Oktober 2024)<ref>{{Internetquelle |autor=Erich Moechel |url=https://fm4.orf.at/stories/3027025/ |titel=Katastrophenwarnsystem AT-Alert kommt ohne Schnörkel |werk=ORF |datum=2022-08-28 |sprache=de |abruf=2022-08-29 |abruf-verborgen=1}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=APA |url=https://www.derstandard.at/story/3000000210466/katastrophen-alarm-auf-smartphones-kommt-im-sommer |titel=Katastrophen-Alarm auf Smartphones kommt im Sommer |werk=Der Standard |hrsg=STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. |datum=2024-03-06 |sprache=de-AT |abruf=2024-03-15}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.derstandard.at/consent/tcf/story/3000000235381/katastrophenalarm-at-alert-auf-handys-wird-ab-9-september-getestet |titel=Katastrophenalarm "AT-Alert" auf Handys wird ab 9. September getestet |sprache=de-AT |abruf=2024-09-06}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.bmi.gv.at/news.aspx?id=7949357663653645416A4D3D |titel=Katastrophenwarnung: Bundesweite Sirenenprobe und Testung "AT-Alert" |hrsg=[[Bundesministerium für Inneres]] |datum=2024-10-04 |abruf=2024-10-06}}</ref>
** [[Dänemark]] – S!RENEN (aktiv seit April 2023)<ref>{{cite web | url=https://www.dr.dk/nyheder/indland/i-dag-lyder-en-ny-type-sirene-det-skal-du-vaere-opmaerksom-paa| title=I dag lyder en ny type sirene - det skal du være opmærksom på| accessdate=2024-09-05 | publisher=DR|date=2023-05-03|language=da|author=Mathilde Bugge}}</ref>
* [[Südkorea]] – Korean Public Alert Service. Baut hauptsächlich auf einer mehrsprachigen App auf, zusätzlich werden Textnachrichten durch Cell Broadcast gesendet.
* [[Republik China (Taiwan)]] – Public Warning System<ref>{{cite web|url=https://en.cbe.tw/|title=Taiwan Public Warning Cell Broadcast Service|accessdate=2019-08-27|language=en|archiveurl=https://web.archive.org/web/20200911025720/https://en.cbe.tw/|archivedate=2020-09-11|offline=yes|archivebot=2023-03-30 11:30:12 InternetArchiveBot}}</ref>
* [[Sri Lanka]] – Disaster and Emergency Warning Network
* [[Philippinen]] – Emergency Cell Broadcast System
* [[Chile]] – Sistema de Alerta de Emergencias (SAE)
* [[Peru]] – Sismate (2020 aktiv)<ref>{{cite web|url=https://www.entel.pe/promo/sismate/|title=Peruanisches öffentliches Warnsystem SISMATE}}</ref>
* [[Israel]] – National Message
}}

Die [[Schweiz]] hat im Juni 2023 ebenfalls entschieden, Cell Broadcast zur Alarmierung der Bevölkerung einsetzen zu wollen.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20214152 |titel=21.4152 {{!}} Cell Broadcast. Gezielte Warnung bei Naturkatastrophen |werk=Die Bundesversammlung — Das Schweizer Parlament |abruf=2023-07-11}}</ref>

== Literatur ==
* {{Literatur
|Autor=Martin Stößlein
|Titel=Anspruchsgruppenkommunikation: Wertorientierte Gestaltungsmöglichkeiten mit wissensbasierten Stakeholder-Informations-Systemen
|Verlag=Springer
|Datum=2007
|ISBN=978-3-8350-9289-1
|Seiten=49
|Online={{Google Buch |BuchID=6bwNpRRGnLIC |Seite=49}}}}
* {{Literatur
|Autor=Michael Decker
|Titel=Modellierung ortsabhängiger Zugriffskontrolle für mobile Geschäftsprozesse
|Verlag=KIT Scientific Publishing
|Datum=2011
|ISBN=978-3-86644-732-5
|Seiten=64
|Online={{Google Buch |BuchID=LDehNA7nuF4C |Seite=64}}}}
* {{Literatur
|Autor=Mahmoud Al-Dalahmeh, u.&nbsp;a.
|Titel=The Viability of Mobile Services (SMS and Cell Broadcast) in Emergency Management Solutions: An Exploratory Study.
|Sammelwerk=International Journal of Interactive Mobile Technologies (iJIM)
|Band=Vol. 12
|Nummer=1
|Datum=2018-01
|ISSN=1865-7923
|Seiten=95–115
|Sprache=en
|DOI=10.3991/ijim.v12i1.7677}}

== Weblinks ==
{{Commonscat|Cell Broadcast}}
* [https://web.archive.org/web/20180823105925/http://www.eena.org/ressource/static/files/2011_11_17_one2many.pdf Peter Sanders – one2many: Cell Broadcast. Präsentation, 2011. (PDF)]
* [https://www.3gpp.org/ 3GPP – The current standardization body for GSM with free standards available]
* [https://www.3gpp.org/ftp/Specs/html-info/23041.htm 3GPP TS 23.041 Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS)]
* ''[https://www.deutschlandfunk.de/cell-broadcast-kommt-in-deutschland-nur-schleppend-an-den-start-dlf-109ad1bc-100.html Cell Broadcast kommt in Deutschland nur schleppend an den Start]'', 8 Minuten, [[Deutschlandfunk]] am 20. August 2022, [https://download.deutschlandfunk.de/file/dradio/2022/08/20/cell_broadcast_kommt_in_deutschland_nur_schleppend_an_den_dlf_20220820_1643_109ad1bc.mp3 mp3]

== Einzelnachweise ==
<references responsive />

[[Kategorie:Mobilfunktechnik]]

Aktuelle Version vom 13. März 2025, 13:20 Uhr

Standard-Cell-Broadcast-Konfigurationsmenü auf Android 8.0

Cell Broadcast, auch SMS-CB genannt, ist ein seit 1999[1] eingesetzter Mobilfunkdienst zum Versenden von Nachrichten ähnlich SMS-MT durch Rundsenden an alle Empfänger innerhalb einer Funkzelle. Anders als SMS-MT-Nachrichten, die nur an einen Empfänger gerichtet sind, wird eine Cell-Broadcast-Nachricht von der Basisstation an alle Mobiltelefone geschickt, die sich in dieser Funkzelle befinden und den Dienst aktiviert haben. Er ist durch das 3rd Generation Partnership Project (3GPP) standardisiert und ein Teil der 2G-, 3G-, 4G- und 5G-Standards.[2] Durch seine Verankerung in den Standards, wenige externe Abhängigkeiten und den technisch einfachen Aufbau ist der Dienst relativ robust.[3] Die aktuelle Generation von Cell-Broadcast-Systemen ist in der Lage, eine Nachricht an hunderttausende Funkzellen zu senden und somit innerhalb von Sekunden Millionen von Mobilfunkteilnehmerinnen und -teilnehmern zu erreichen.[4][3]

Die Nachrichten bestehen aus alphanumerischen Zeichen, einschließlich nicht lateinischer Alphabete. Somit können auch Weblinks angegeben werden, aber das Mitschicken von Grafiken ist nicht möglich. Mehrsprachlichkeit ist zwar realisierbar, aber durch die Nachrichtenlänge von 1395 Zeichen begrenzt. Eine Cell-Broadcast-Nachricht ist ein unbestätigter Push-Dienst, daher werden keine Mobiltelefonnummern benötigt.[5] Dementsprechend weiß der Absender der Nachrichten nicht, wer sie empfangen hat.

Technische Umsetzung

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Entwickelt wird Cell Broadcast vom GSM-Komitee der ETSI und 3GPP und ist Bestandteil der 2G-, 3G-, 4G- und 5G-Mobilfunkstandards (Spezifikation 3GPP TS 23.041).

Ein Cell Broadcast Center (CBC) ist verbunden mit einem:

  • BSC in GSM-Netzen (beschrieben im 3GPP-Standard TS 48.049)
  • RNC in UMTS-Netzen (beschrieben im 3GPP-Standard TS 25.419)
  • MME in LTE-Netzen (beschrieben im 3GPP-Standard TS 29.168)
  • AMF in 5G-Netzen (beschrieben im 3GPP-Standard TS 29.518)

Durch die verwendete Kodierung entsprechen die Übertragungen maximal 82 Byte oder 93 Zeichen, durch Aneinanderhängen von 15 Nachrichten erreicht man 1395 Zeichen. Zeichen können mit der UCS-2-Codierung (ähnlich UTF-16) dargestellt werden. Cell Broadcast ist von der Netzverkehrsbelastung nicht betroffen, da es sich um priorisierte Point-to-Multipoint-Verbindungen handelt. Dies ist besonders während Katastrophen von Vorteil, wenn Lastspitzen dazu führen, dass das Mobilfunknetz signifikant verlangsamt wird und Daten (Social Media, Warn-Apps), SMS und Sprachanrufe (Massenanrufereignisse) nicht wie gewohnt funktionieren. Daher gibt es weltweit Warnsysteme, die Cell Broadcast als primären mobilen Alarmkanal nutzen.

Nutzungsgeschichte

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Allgemein ist Kanal 50 in vielen Ländern bei verschiedensten Mobilfunkanbietern für die Ortsangabe in Gebrauch. In der Schweiz sendet die Swisscom auf Kanal 50 den Namen der Region oder der Stadt, in der man sich befindet. Größere Städte werden dabei meist in mehrere geografische Gebiete unterteilt (z. B. Zürich Airport, Zürich Nord-West, Zürich West usw.).[6] Das Emergency Alert System (EAS), das 1997 eingeführte nationale Warnsystem der Vereinigten Staaten von Amerika, nutzt neben UKW, Terrestrischem Fernsehen, Satellitenfernsehen und Kabelfernsehen auch Cell Broadcast.

Nachdem in vielen Ländern der Europäischen Union die Sirenen abgebaut worden waren, ergab sich auch in der EU die Notwendigkeit, die Bevölkerung auf andere Weise zu warnen. Der Rat der Europäischen Union passte daher im Dezember 2018 die neue Richtlinie zum europäischen Kodex für elektronische Kommunikation (European Electronic Communications Code, EECC)[7] an. Entsprechend dieser Richtlinie müssen alle EU-Mitgliedstaaten bis zum 21. Juni 2022 ein Warnsystem zum Bevölkerungsschutz einrichten.[8][9] Neben EU-Alert, das technisch auf Cell-Broadcast aufsetzt, war auch alternativ ein standortbasiertes SMS-Warnsystem zugelassen. Deutschland hatte zunächst eine Ausnahme von EU-Alert erwirkt und setzte auf elektronische Kommunikationsdienste wie Smartphone-Apps (Warn-App NINA, KATWARN), die aber konzeptionelle Schwierigkeiten wie eine „Belastung der technischen Infrastruktur“ mit sich bringen.[10][11]

Nutzung in Deutschland

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Screenshot vom Cell Broadcast zum Bundesweiten Warntag 2022.
Die Nachricht wird fälschlich als „Benachrichtigung des Präsidenten“ betitelt (statt als „Warnstufe 1“ oder „Warnung auf höchster Stufe“), da das empfangende Mobiltelefon die Bezeichnungen des US-Systems Emergency Alert System benutzt.

Allgemeine Nutzung von Cell Broadcast

Praktisch alle Handys und Smartphones unterstützen Cell Broadcast in seiner originären Form mit 3-stelligen CB-Message-IDs.[12][13] Mit Stand 2020 war in Deutschland die Funktion nicht bei allen Betreibern aktiviert. Zeitweise gab es Kanäle mit verschiedenen Themen wie Nachrichten (ProSieben, Handelsblatt), Online-Angeboten (snap123 auf Kanal 123 im D2-Netz) und Wettervorhersagen. Da diese sich mehr und mehr zurückziehen, stehen bei vielen Anbietern nur noch Basisthemen zur Verfügung (Standortbestimmung, Tarifinformation). Da CB für den Benutzer kostenlos ist, wurden diese Dienste meist durch Sponsoren finanziert.

Nutzung von Cell Broadcast zur Warnung der Bevölkerung

Nach dem von einer technischen Panne überschatteten Bundesweiten Warntag am 10. September 2020 kamen zunehmend Forderungen auf, den Cell Broadcast-Dienst auch in Deutschland zur Warnung der Bevölkerung einzusetzen.[14] Die Forderungen verstärkten sich nach dem Hochwasser in West- und Mitteleuropa 2021 mit Schwerpunkt innerhalb Deutschlands in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.[15] Die Bundesregierung beschloss die Einführung im August 2021.[16] Bundestag und Bundesrat stimmten der hierfür nötigen Änderung des Telekommunikationsgesetzes in der Folge zu. Mit der Zustimmung des Bundesrats zur Einführung der Mobilfunk-Warn-Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie am 26. November 2021 sollte der Dienst Ende 2022 nutzbar sein.[17] Bundesweit verfügbar ist er seit dem 23. Februar 2023.[18]

Beim zweiten Bundesweiten Warntag am 8. Dezember 2022 wurde in Deutschland erstmals Cell Broadcast als Warnmittel getestet. Die Nachricht sollte alle Mobilfunkgeräte erreichen, die mit Cell Broadcast kompatibel sind[19] und Empfang haben.[20] Wie die Ergebnisse der deutschlandweiten Bevölkerungsumfragen zum Bundesweiten Warntag zeigen, gehörte Cell Broadcast beim bundesweiten Test 2022[21] und 2023[22] zu den reichweitenstärksten und damit effektivsten Warnmitteln. Der Anteil der Befragten, der am Warntag über Cell Broadcast eine Probewarnung wahrgenommen hat, lag 2022 bei 53,7 Prozent und konnte 2023 im Vergleich zum Vorjahr mit 72 Prozent deutlich gesteigert werden. Cell Broadcast stellt eine wichtige Ergänzung für den Warnmittelmix in Deutschland dar, denn 11 Prozent der Befragten gaben in der Befragung zum Bundesweiten Warntag 2023 an, ausschließlich über Cell Broadcast gewarnt worden zu sein.

Kritik

Nachdem die Bundesrepublik nicht den jahrzehntelang international bewährten Cell-Broadcast-Standard nutzt, der mit quasi allen Handys und Smartphones kompatibel ist, sondern ein eigenständiges System mit Abweichungen vom Standard entwickeln ließ, werden viele Nutzer älterer Smartphones sowie alle Nutzer klassischer Handys nicht gewarnt. Es wird, im Gegensatz zum internationalen Standard, der in zahlreichen anderen Ländern erfolgreich eingesetzt wird, aufgrund des nationalen Sonderwegs ein Gerät mit mindestens Android Version 11 bzw. iOS 16 vorausgesetzt.[23]


Warnsysteme in anderen Ländern

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Eine Cell-Broadcast-Nachricht aus Seoul vom 29. November 2022. Sie warnt vor der winterlichen Kälte und gibt Empfehlungen wie bspw. „Wenn Sie nach draußen gehen, tragen Sie einen Schal, eine Mütze, Handschuhe usw.“ Die im Hintergrund sichtbaren Uhrzeiten der anderen Cell-Broadcast-Meldungen zu dieser Zeit zeigen den intensiven Einsatz der Technik in Seoul.
Cell-Broadcast-Meldungen können wie in diesem Beispiel auch nach dem Wegklicken über die Einstellungen des Smartphones erneut aufgerufen werden.

In Südkorea wird über Cell Broadcast Stand Dezember 2022 täglich die aktuelle Zahl der Corona-Fälle in der Stadt bzw. Region, in der man sich gerade befindet, mitgeteilt. Zusätzlich gibt es fast täglich regionale Meldungen bspw. zu Sperrungen von U-Bahn-Linien oder von Kälte im Winter, inkl. Verhaltensempfehlungen.

Beispiele für Warnsysteme, die Cell Broadcast als primären mobilen Alarmkanal nutzen:

Die Schweiz hat im Juni 2023 ebenfalls entschieden, Cell Broadcast zur Alarmierung der Bevölkerung einsetzen zu wollen.[37]

  • Martin Stößlein: Anspruchsgruppenkommunikation: Wertorientierte Gestaltungsmöglichkeiten mit wissensbasierten Stakeholder-Informations-Systemen. Springer, 2007, ISBN 978-3-8350-9289-1, S. 49 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Michael Decker: Modellierung ortsabhängiger Zugriffskontrolle für mobile Geschäftsprozesse. KIT Scientific Publishing, 2011, ISBN 978-3-86644-732-5, S. 64 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Mahmoud Al-Dalahmeh, u. a.: The Viability of Mobile Services (SMS and Cell Broadcast) in Emergency Management Solutions: An Exploratory Study. In: International Journal of Interactive Mobile Technologies (iJIM). Vol. 12, Nr. 1, Januar 2018, ISSN 1865-7923, S. 95–115, doi:10.3991/ijim.v12i1.7677 (englisch).
Commons: Cell Broadcast – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. DaFu – Datenfunk in Deutschland (Cellbroadcast). Archiviert vom Original; abgerufen am 10. September 2020.
  2. 3GPP Organizational Partners (ARIB, ATIS, CCSA, ETSI, TSDSI, TTA, TTC): Technical realization of Cell Broadcast Service (CBS). September 2020, abgerufen am 17. Oktober 2020 (englisch).
  3. a b Beleving NL-Alert bij burgers. 2. Juli 2020, abgerufen am 20. Oktober 2020 (niederländisch).
  4. Mobile Network Public Warning Systems and the Rise of Cell-Broadcast. (PDF) GSMA, Januar 2013, abgerufen am 16. Oktober 2020 (englisch).
  5. Marion Choppin: GeoSafe. Intersec, abgerufen am 17. Oktober 2020 (britisches Englisch).
  6. Unvollständige Liste von Cell Broadcast Standortmeldungen der Swisscom auf Kanal 50. Abgerufen am 22. Juli 2021.
  7. Richtlinie (EU) 2018/1972 des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018
  8. Lars Wienand: Deutschland macht beim Handy-Alarm für alle nicht mit. t-online.de, 29. März 2020, abgerufen am 24. November 2020.
  9. Richtlinie (EU) 2018/1972 des europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018, abgerufen am 24. November 2020 Artikel 110:

    „(1) Die Mitgliedstaaten stellen bis zum 21. Juni 2022 sicher, dass dort, wo öffentliche Systeme vorhanden sind, die vor drohenden oder sich ausbreitenden größeren Notfällen und Katastrophen warnen, die Anbieter von mobilen nummerngebundenen interpersonellen Kommunikationsdiensten den Endnutzern öffentliche Warnungen übermitteln.

    (2) Ungeachtet des Absatzes 1 können die Mitgliedstaaten festlegen, dass öffentliche Warnungen über öffentlich zugängliche elektronische Kommunikationsdienste, bei denen es sich weder um die in Absatz 1 genannten Dienste noch um Rundfunkdienste handelt, oder über eine über einen Internetzugangsdienst verfügbare mobile Anwendung übertragen werden, sofern die Effektivität des öffentlichen Warnsystems in Bezug auf Abdeckung und Kapazität zur Erreichbarkeit der Endnutzer, auch derjenigen, die sich nur zeitweilig in dem betreffenden Gebiet aufhalten, gleichwertig ist; dabei tragen sie den GEREK-Leitlinien weitest möglich Rechnung. Öffentliche Warnungen müssen von den Endnutzern leicht empfangen werden können. […]“

  10. Probealarm mit Haken. In: Tagesschau.de. 10. September 2020 (tagesschau.de [abgerufen am 10. September 2020]).
  11. BBK on Twitter. In: Twitter. 11. September 2018 (twitter.com [abgerufen am 12. September 2018]).
  12. CellBroadcast. In: Android wiki. Android/Google, abgerufen am 17. Oktober 2020.
  13. About emergency and government alerts on iPhone and Apple Watch. Apple Inc., 14. August 2019, abgerufen am 17. Oktober 2020 (englisch).
  14. Urs Mansmann: App-Desaster am Warntag: Warum die Handys stumm blieben. In: heise online. 19. Oktober 2020, abgerufen am 28. November 2021: „Eine lastfeste Alternative zu einer App-Lösung wären Cell Broadcasts, wie sie in anderen EU-Ländern eingesetzt werden, etwa den Niederlanden oder Rumänien.“
  15. Sascha Lobo: Die bürokratische Verhöhnung des 21. Jahrhunderts. In: spiegel.de, 21. Juli 2021.
  16. heise online: Cell Broadcast: Bundesregierung bringt TKG-Änderung auf den Weg. Abgerufen am 18. August 2021.
  17. Bundesrat stimmt für Handy-Warnung im Katastrophenfall. Zeit Online, 26. November 2021, abgerufen am 26. November 2021.
  18. Handy-Warnsystem "Cell Broadcast" startet heute bundesweit. Saarländischer Rundfunk, 23. Februar 2023;.
  19. Cell Broadcast: Netzbetreiber werden Kunden per SMS auf Warnsystem hinweisen. In: heise online. 10. November 2022, abgerufen am 13. November 2022: „Bei den Smartphones wird das Warnsystem beim iPhone von Apple mit den Betriebssystem-Versionen iOS 16, 15.7.1 und 15.6.1. [sic!] Geräte mit dem Google-Betriebssystem Android sind ab Version 11 kompatibel.“
  20. Bundesweiter Warntag am 8. Dezember 2022. (PDF) Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, 19. Juli 2022;.
  21. Bundesweiten Warntag Umfrage - BBK. Abgerufen am 16. August 2024.
  22. Bundesweiter Warntag 2023: erneut ein großer Erfolg. Abgerufen am 16. August 2024.
  23. Cell Broadcast: Kaum kompatible Smartphones – Generalprobe verschoben. 25. Mai 2022, abgerufen am 13. März 2025.
  24. Lithuania Public Warning and Information System. Archiviert vom Original am 27. August 2019; abgerufen am 27. August 2019 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/gpis.vpgt.lt
  25. Testare RO-ALERT, INSPECTORATUL PENTRU SITUAȚII DE URGENȚĂ „DEALUL SPIRII” BUCUREȘTI-ILFOV
  26. UK EU-Alert-System aktiv 2021. (englisch).
  27. Italien EU-Alert-System aktiv 2020. (englisch).
  28. FR-Alert : le nouveau dispositif d'alerte à la population française. (französisch).
  29. AT-Alert. Bundesministerium für Inneres, abgerufen am 6. Oktober 2024.
  30. Erich Moechel: Katastrophenwarnsystem AT-Alert kommt ohne Schnörkel. In: ORF. 28. August 2022;.
  31. APA: Katastrophen-Alarm auf Smartphones kommt im Sommer. In: Der Standard. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H., 6. März 2024, abgerufen am 15. März 2024 (österreichisches Deutsch).
  32. Katastrophenalarm "AT-Alert" auf Handys wird ab 9. September getestet. Abgerufen am 6. September 2024 (österreichisches Deutsch).
  33. Katastrophenwarnung: Bundesweite Sirenenprobe und Testung "AT-Alert". Bundesministerium für Inneres, 4. Oktober 2024, abgerufen am 6. Oktober 2024.
  34. Mathilde Bugge: I dag lyder en ny type sirene - det skal du være opmærksom på. DR, 3. Mai 2023, abgerufen am 5. September 2024 (dänisch).
  35. Taiwan Public Warning Cell Broadcast Service. Archiviert vom Original am 11. September 2020; abgerufen am 27. August 2019 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/en.cbe.tw
  36. Peruanisches öffentliches Warnsystem SISMATE.
  37. 21.4152 | Cell Broadcast. Gezielte Warnung bei Naturkatastrophen. In: Die Bundesversammlung — Das Schweizer Parlament. Abgerufen am 11. Juli 2023.