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„Leo von Thun und Hohenstein“ – Versionsunterschied

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'''Leopold (genannt "Leo") Graf von Thun und Hohenstein''' (* [[7. April]] [[1811]] in [[Tetschen]]; † [[17. Dezember]] [[1888]] in [[Wien]]) war ein österreichischer Politiker und Schriftsteller. Er war einer der Väter des politischen Katholizismus in Österreich.
'''Leopold Graf von Thun und Hohenstein''' (genannt auch ''Leo von Thun-Hohenstein''; * [[7. April]] [[1811]] in [[Tetschen]]; † [[17. Dezember]] [[1888]] in [[Wien]]) war ein österreichischer Politiker, insbesondere [[Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung|Cultus- und Unterrichtsminister]], und Autor. Er war Reformer des Unterrichtswesens und einer der Väter des politischen Katholizismus.
[[Bild:Thun und Hohenstein Litho.jpg|thumb|Leo Graf von Thun und Hohenstein, Lithographie von [[Josef Kriehuber]], 1850]]
[[Datei:Leo von Thun-Hohenstein.jpg|miniatur|Leo Graf Thun, Lithographie von [[Josef Kriehuber]], 1850]]
Nach seinem Studium der [[Rechtswissenschaft]]en an der [[Karls-Universität Prag]] ging von Thun 1836 in den österreichischen Staatsdienst. 1848 wurde der Sekretär an der Wiener Hofkanzlei zum Gubernialpräsidenten in [[Böhmen]] berufen. 1849 erfolgte seine Ernennung zum Minister für Cultus und Unterricht.


== Leben ==
Während seiner bis 1860 dauernden Amtszeit reformierte von Thun und Hohenstein das österreichische Bildungswesen. Grundlage dafür bildeten die Vorschläge von [[Franz Serafin Exner]]. Er führte die Hochschulautonomie in Österreich ein und strukturierte die Akademie der Wissenschaften zu Wien neu. Von Thuns Bildungspolitik war von Toleranz geprägt, auch Wissenschaftler evangelischer oder jüdischer Konfession erhielten Lehrbefugnis an den Universitäten und namhafte ausländische Gelehrte wurden ins Land berufen. Die Evangelisch-theologische Lehranstalt erhielt den Status einer Fakultät, das [[Institut für österreichische Geschichtsforschung]] wurde zu einer modernen Ausbildungsstätte nach dem Vorbild der [[École nationale des chartes]] umgewandelt.
[[Datei:August Eisenmenger - Leo Graf Thun-Hohenstein - 228 - Österreichische Galerie Belvedere.jpg|mini|Leo Graf Thun-Hohenstein, porträtiert von [[August Eisenmenger]] (1882)]]
Leo Graf von Thun und Hohensteins Eltern waren Franz Anton Graf von [[Thun und Hohenstein]] (1786–1873) und Theresia Maria von Brühl (1784–1844).
Nach seinem Studium der [[Rechtswissenschaft]]en an der [[Karls-Universität Prag]] ging Thun 1836 in den Staatsdienst und arbeitete zunächst am Prager Kriminalgericht, später an unterschiedlichen Dienststellen der [[Österreichische Hofkanzlei|Vereinigten Hofkanzlei]]. 1848 erfolgte die Berufung zum [[Gubernium|Gubernialpräsidenten]] von [[Böhmen]] und 1849<ref>{{ANNO|izl|11|08|1849|2|Das östreichische (sic!) Ministerium}}</ref> die Ernennung zum österreichischen [[Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung|Minister für Cultus und Unterricht]].


Während seiner bis 1860<ref>{{ANNO|gpt|25|10|1860|8|Tagesneuigkeiten}}</ref> dauernden Amtszeit reformierte von Thun das österreichische Bildungswesen. Grundlage dafür bildeten die Vorschläge von [[Franz Serafin Exner (Philosoph)|Franz Serafin Exner]]. Er führte die Hochschulautonomie in Österreich ein und strukturierte die Wiener [[Österreichische Akademie der Wissenschaften|Akademie der Wissenschaften]] neu. Der [[Universität Wien]] verschaffte er eine Aufstockung ihres Etats und eine Vervielfachung der Anzahl ihrer Lehrstühle.<ref>[[Gundolf Keil]]: ''Robert Koch (1843–1910). Ein Essai.'' In: ''Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung.'' Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 73–109, hier: S. 99.</ref> Seine Bildungspolitik war von Toleranz geprägt. Wissenschaftler evangelischer oder jüdischer Konfession erhielten Lehrbefugnis an den Universitäten und namhafte ausländische Gelehrte wurden ins Land berufen. Die Evangelisch-theologische Lehranstalt erhielt den Status einer Fakultät, das [[Institut für Österreichische Geschichtsforschung]] wurde zu einer modernen Ausbildungsstätte nach dem Vorbild der [[École nationale des chartes]] umgewandelt.
Graf von Thun gehörte 1855 zu den Vätern des [[Wiener Konkordat]]s, das der katholischen Kirche umfangreiche Kompetenzen der Staates übertrug. Als Vorsitzender der [[Katholisch Konservative]]n engagierte er sich ab 1860 erfolglos für eine Schaffung eines föderalistischen österreichischen Staates mit weitgehender Autonomie der Teilstaaten. Zwischen 1865 und 1888 war von Thun verantwortlich für die Herausgabe des Organs "Das Vaterland".


Thun gehörte zu den Vätern des [[Konkordat]]s von 1855, das der katholischen Kirche umfangreiche Kompetenzen des Staates übertrug. 1857 wurde er [[Ehrenbürger]] von [[Innsbruck]]. Als Vorsitzender der Katholisch Konservativen engagierte er sich ab 1860 erfolglos für eine Schaffung eines föderalistischen österreichischen Staates mit weitgehender Autonomie der Teilstaaten. Am 26. Mai 1860 wurde er zum Ehrenmitglied der [[Österreichische Akademie der Wissenschaften|Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften]] ernannt.<ref>{{ANNO|izl|16|06|1860|6|Personalnachrichten}}</ref> Zwischen 1865 und 1888 war er verantwortlich für die Herausgabe der Zeitschrift [[Das Vaterland]].
Von Thun gehörte von 1861 bis zu seinem Tode als erblichen Mitglied dem österreichischen Herrenhaus an und war Wortführer der Katholiken. Zwischen 1861 und 1867, 1870 und 1871 sowie von 1883 bis 1888 dem böhmischen Landtag an, wo er ab 1883 der tschechischen Autonomiefraktion angehörte.


Von 1861 bis zu seinem Tode gehörte Leo von Thun-Hohenstein als erbliches Mitglied dem [[Reichsrat (Österreich)#Herrenhaus|österreichischen Herrenhaus]] an und war Wortführer der Katholiken. Zwischen 1861 und 1867, 1870 und 1871 sowie von 1883 bis 1888 gehörte er dem [[Böhmischer Landtag|böhmischen Landtag]] an, wo er ab 1883 der tschechischen Autonomiefraktion angehörte.
Leo Graf von Thun war der Bruder des Diplomaten [[Friedrich Graf von Thun und Hohenstein|Friedrich Graf von Thun und Hohenstein]] und der Onkel des Politikers [[Franz von Thun und Hohenstein|Franz Fürst von Thun und Hohenstein]].

== Werke ==
== Schriften (Auswahl) ==
*"Über den gegenwärtigen Stand der böhmischen Literatur", 1842
* ''Über den gegenwärtigen Stand der böhmischen Literatur.'' 1842
*"Die Stellung der Slowaken in Ungarn", 1843
* ''Die Stellung der Slowaken in Ungarn.'' 1843

== Literatur ==
* {{NDB|26|222||Thun, Leo Graf von|[[Ralph Melville]]|118757393}}
* Christoph Thienen-Adlerflycht: ''Graf Leo Thun-Hohenstein als [[Josephinismus|nachjosephinischer]] Vorkämpfer eines aufgeklärten Absolutismus.'' In: Ulrich E. Zellenberg (Hrsg.): ''Konservative Profile. Ideen & Praxis in der Politik zwischen FM Radetzky, Karl Kraus und Alois Mock.'' [[Leopold Stocker Verlag]], Graz/Stuttgart 2003, ISBN 3-7020-1007-6, S. 103–168.
* {{ÖBL|14|326|327|Thun und Hohenstein Leo (Leopold) Gf. von|T. Kraler}}
* Lars Maximilian von Thun und Hohenstein: ''Bildungspolitik im Kaiserreich. Die Thun-Hohenstein’sche Universitätsreform insbesondere am Beispiel der Juristenausbildung in Österreich.'' Dissertation, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien 2015 ([http://othes.univie.ac.at/36376/1/2014-09-22_0657107.pdf PDF, 2,4 MB]), auch erschienen im Peter Lang Verlag, ISBN 978-3-631-66980-8.
* {{Literatur |Titel=Die Korrespondenz des Ministers für Cultus und Unterricht Leo Thun-Hohenstein (1849–1860). Auswahledition zu den Reformen von Unterricht und Bildung in der Habsburgermonarchie |Hrsg=Christof Aichner, [[Brigitte Mazohl]] |Verlag=Böhlau |Ort=Wien/Köln |ISBN=978-3-205-21600-1 |Reihe=Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs |BandReihe=122 |DOI=10.7767/9783205216018 |Kommentar=[[Open Access]]}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Leo von Thun-Hohenstein|Leo von Thun und Hohenstein}}
* {{aeiou|.t/t457399.htm}}
* [https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Thun-Hohenstein_9.shtml ''Thun-Hohenstein, Leo Graf'']. Kurzbiografie auf der Webseite des [[Österreichisches Parlament|Österreichischen Parlaments]]
* Thun-Hohenstein, Leo Leopold Graf in [[Constantin von Wurzbach]] ''Biographiesches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich'', Band 45, Wien 1882, Elektronische Version. [http://www.literature.at/webinterface/library/ALO-BOOK_V01?objid=11664&page=62&zoom=5&ocr=]

== Einzelnachweise ==
<references />

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[[Kategorie:Minister|Thun-Hohenstein, Leo]]
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[[Kategorie:Thun-Hohenstein]]
[[Kategorie:Minister (Kaisertum Österreich)]]
[[Kategorie:Politiker (Österreich)|Thun-Hohenstein, Leo]]
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Aktuelle Version vom 10. März 2025, 12:18 Uhr

Leopold Graf von Thun und Hohenstein (genannt auch Leo von Thun-Hohenstein; * 7. April 1811 in Tetschen; † 17. Dezember 1888 in Wien) war ein österreichischer Politiker, insbesondere Cultus- und Unterrichtsminister, und Autor. Er war Reformer des Unterrichtswesens und einer der Väter des politischen Katholizismus.

Leo Graf Thun, Lithographie von Josef Kriehuber, 1850
Leo Graf Thun-Hohenstein, porträtiert von August Eisenmenger (1882)

Leo Graf von Thun und Hohensteins Eltern waren Franz Anton Graf von Thun und Hohenstein (1786–1873) und Theresia Maria von Brühl (1784–1844). Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften an der Karls-Universität Prag ging Thun 1836 in den Staatsdienst und arbeitete zunächst am Prager Kriminalgericht, später an unterschiedlichen Dienststellen der Vereinigten Hofkanzlei. 1848 erfolgte die Berufung zum Gubernialpräsidenten von Böhmen und 1849[1] die Ernennung zum österreichischen Minister für Cultus und Unterricht.

Während seiner bis 1860[2] dauernden Amtszeit reformierte von Thun das österreichische Bildungswesen. Grundlage dafür bildeten die Vorschläge von Franz Serafin Exner. Er führte die Hochschulautonomie in Österreich ein und strukturierte die Wiener Akademie der Wissenschaften neu. Der Universität Wien verschaffte er eine Aufstockung ihres Etats und eine Vervielfachung der Anzahl ihrer Lehrstühle.[3] Seine Bildungspolitik war von Toleranz geprägt. Wissenschaftler evangelischer oder jüdischer Konfession erhielten Lehrbefugnis an den Universitäten und namhafte ausländische Gelehrte wurden ins Land berufen. Die Evangelisch-theologische Lehranstalt erhielt den Status einer Fakultät, das Institut für Österreichische Geschichtsforschung wurde zu einer modernen Ausbildungsstätte nach dem Vorbild der École nationale des chartes umgewandelt.

Thun gehörte zu den Vätern des Konkordats von 1855, das der katholischen Kirche umfangreiche Kompetenzen des Staates übertrug. 1857 wurde er Ehrenbürger von Innsbruck. Als Vorsitzender der Katholisch Konservativen engagierte er sich ab 1860 erfolglos für eine Schaffung eines föderalistischen österreichischen Staates mit weitgehender Autonomie der Teilstaaten. Am 26. Mai 1860 wurde er zum Ehrenmitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften ernannt.[4] Zwischen 1865 und 1888 war er verantwortlich für die Herausgabe der Zeitschrift Das Vaterland.

Von 1861 bis zu seinem Tode gehörte Leo von Thun-Hohenstein als erbliches Mitglied dem österreichischen Herrenhaus an und war Wortführer der Katholiken. Zwischen 1861 und 1867, 1870 und 1871 sowie von 1883 bis 1888 gehörte er dem böhmischen Landtag an, wo er ab 1883 der tschechischen Autonomiefraktion angehörte.

Schriften (Auswahl)

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  • Über den gegenwärtigen Stand der böhmischen Literatur. 1842
  • Die Stellung der Slowaken in Ungarn. 1843
Commons: Leo von Thun und Hohenstein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Das östreichische (sic!) Ministerium. In: Illustrirte Zeitung, 11. August 1849, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/izl
  2. Tagesneuigkeiten. In: (Grazer) Tagespost, 25. Oktober 1860, S. 8 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/gpt
  3. Gundolf Keil: Robert Koch (1843–1910). Ein Essai. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 73–109, hier: S. 99.
  4. Personalnachrichten. In: Illustrirte Zeitung, 16. Juni 1860, S. 6 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/izl