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„Urban VIII.“ – Versionsunterschied

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[[Image:Urban VIII.jpg|thumb|150px|Papst Urban VIII. auf einem Porträtgemälde von Pietro da Cortona, 1627]]
[[Datei:Pietro da Cortona - Portrait of Urban VIII (ca. 1624-1627) - Google Art Project - edited.jpg|mini|Urban VIII. (von [[Pietro da Cortona]], 1627)]]
'''Maffeo Barberini''' (* [[5. April]] [[1568]] in [[Florenz]]; † [[29. Juli]] [[1644]]) war unter dem Namen '''Urban VIII.''' [[Papst]] von [[1623]] bis [[1644]].
'''Urban VIII.''' (* [[5. April]] [[1568]] als ''Maffeo Barberini'' in [[Barberino Val d’Elsa]]; † [[29. Juli]] [[1644]] in [[Rom]]) war von 1623 bis 1644 [[Papst]] der [[Römisch-katholische Kirche|katholischen Kirche]].


== Herkunft ==
== Herkunft ==
Maffeo [[Barberini]] wird in [[Barberino Val d’Elsa]] im Haus „Tafania“ geboren. Er entstammt einer einflussreichen Florentiner Kaufmannsfamilie und studierte bei den [[Jesuiten]] in [[Rom]]. Im Jahr 1589 [[Promotion (Doktor)|promovierte]] er in [[Universität Pisa|Pisa]] zum [[Dr. jur.]]<ref>{{CE|http://www.newadvent.org/cathen/15218b.htm|Pope Urban VIII|Autor=Michael Ott|Band=15}}</ref> und schlug bald darauf eine Laufbahn in der [[Römische Kurie|römischen Kurie]] ein.


[[Datei:Caravaggio Maffeo Barberini.jpg|mini|hochkant=0.7|Maffeo Barberini (von [[Michelangelo Merisi da Caravaggio|Caravaggio]], 1598)]]
Der Vater Maffeo Barberinis war ein reicher Kaufmann aus [[Florenz]]. Maffeo studierte bei den [[Jesuiten]] in [[Rom]]. Im Jahr [[1589]] [[Promotion (Doktor)|promovierte]] er in [[Pisa]] zum Dr. jur. und schlug bald darauf eine Laufbahn in der römischen [[Kurie]] ein.


== Kirchliche Laufbahn ==
[[Bild:Urbanviii.jpg|thumb|right|150px|Maffeo Barberini auf einem Porträtgemälde von Michelangelo Merisi Caravaggio]]
1601 wurde er als außerordentlicher Gesandter nach [[Paris]] an den Hof von König [[Heinrich IV. (Frankreich)|Heinrich IV.]] beordert. Im Jahr 1604 ernannte ihn Papst [[Clemens VIII. (Papst)|Clemens VIII.]] zum [[Titularerzbischof]] von ''[[Titularerzbistum Nazareth|Nazareth]]'' und zum päpstlichen [[Apostolischer Nuntius|Nuntius]] in [[Königreich Frankreich (987–1792)|Frankreich]].


Zwei Jahre später, am 11. September 1606, ernannte ihn Papst [[Paul V.]] zum [[Kardinal]] der [[Titelkirche]] [[San Pietro in Montorio]]. Wieder zwei Jahre später ernannte ihn der Papst zum [[Bischof]] von [[Erzbistum Spoleto-Norcia|Spoleto]], 1611 zum [[Päpstlicher Legat|päpstlichen Legaten]] in [[Bologna]] und im Jahr 1617 zum Präfekten der [[Apostolische Signatur|Signatura]]. Seit seiner Kreierung zum Kardinal pflegte er eine freundschaftliche Beziehung zu [[Galileo Galilei]].
== Klerikale Karriere ==


== Pontifikat ==
[[1601]] wurde er als außerordentlicher Gesandter nach [[Paris]] an den Hof von König [[Heinrich IV. (Frankreich)|Heinrich IV.]] beordert. Im Jahr [[1604]] ernannte ihn Papst [[Clemens VIII. (Papst)|Clemens VIII.]] zum [[Titularbischof|Titularerzbischof]] von [[Nazaret]] und zum päpstlichen [[Nuntius]] in [[Frankreich]].
[[Datei:C o a Urbanus VIII.svg|mini|hochkant|Papstwappen Urbans VIII.]]
Am 6.&nbsp;August 1623 wurde er vom [[Konklave 1623|Konklave]] zum neuen Papst gewählt. Er pflegte alle Staatsgeschäfte mit [[Diplomatie|diplomatischem]] Geschick selbst zu führen, ohne den Rat der Kardinäle zu achten. Urban VIII. gilt als ein klassisches Beispiel für einen [[Nepotismus am Heiligen Stuhl|nepotistischen]] Papst. Kardinal [[Lorenzo Magalotti]], der während seines [[Pontifikat]]s innerhalb der Kurie wichtige Ämter wahrnahm, war mit ihm verschwägert. Als [[Kardinalnepot]] diente Urbans VIII. Neffe [[Francesco Barberini]]. Auch dessen jüngeren Bruder [[Antonio Barberini]] ernannte er ebenso wie seinen Bruder [[Antonio Barberini der Ältere|Antonio Barberini den Älteren]] zum Kardinal. Historiker weisen jedoch darauf hin, dass ein Papst der frühen Neuzeit darauf angewiesen war, sich mit engen Verwandten oder anderweitig ihm nahestehenden Personen zu umgeben, um seine Politik durchsetzen zu können. Auch Urban VIII. hat sich diesen Zwängen gebeugt und drei seiner ihm langjährig dienenden Begleiter in den Kardinalsstand erhoben. Es sind dies [[Angelo Giori]], der einst Hauslehrer der Familie Barberini war, sowie der ''maggiordomo'' [[Fausto Poli]] und [[Francesco Adriano Ceva]].


=== Bautätigkeit ===
Zwei Jahre später, im Jahr [[1606]], ernannte ihn Papst [[Paul V.]] zum [[Kardinal]]. Wieder zwei Jahre später ernannte ihn der Papst zum [[Bischof]] von Spoleto, [[1611]] zum päpstlichen [[Legat (Botschafter)|Legat]]en in [[Bologna]] und im Jahr [[1617]] zum Präfekten der [[Signatura]]. Seit seiner Erhebung zum Kardinal pflegte er eine freundschaftliche Beziehung zu [[Galileo Galilei]].
[[Datei:UrbanVIII BienenWappen.JPG|mini|150px|Wappen von Papst Urban VIII. mit den drei Bienen]]
Urban VIII. verwandte große Summen für bauliche Maßnahmen in Rom, wovon heute noch das allgegenwärtige Wappen mit den Arbeit, Sparsamkeit und Süße symbolisierenden drei Bienen zeugt. Am 18.&nbsp;November 1626 weihte er nach 120 Jahren Bauzeit den [[Petersdom]] ein.


Er förderte [[Gian Lorenzo Bernini|Bernini]], bei dem er schon als Kardinal 1617 die Statue ''Knabe mit Drache'' (heute im [[Getty Museum]]) in Auftrag gegeben hatte. Dass er für dessen Altarbaldachin über dem Grab des [[Simon Petrus|Petrus]] die noch vorhandene Bronzeverkleidung vom [[Pantheon (Rom)|Pantheon]] entfernen und einschmelzen ließ, ist eine von ihm selbst lancierte Legende, um aufkommende Kritik abzufangen; vielmehr wurde die Bronze für Kanonen verwendet. Bernini arbeitete in seinem Auftrag auch am [[Palazzo Barberini]], an der Nordfassade des [[Palazzo di Propaganda Fide]] und am [[Tritonenbrunnen (Rom)|Tritonenbrunnen]] auf der Piazza Barberini. Er schuf sowohl vom Papst als auch von dessen Brüdern Carlo und Antonio Statuen und porträtierte Urban VIII. Dieser und seine Nepoten erteilten außerdem Malern wie [[Nicolas Poussin]] und [[Claude Lorrain]] Aufträge. [[Pietro da Cortona]] schuf 1627 nicht nur ein Porträt des Papstes, sondern 1633–36 auch das monumentale Deckengemälde ''Allegorie der himmlischen Vorsehung'' (auch ''Macht der Barberini'' genannt) im großen Saal des Palazzo Barberini.
== Pontifikat ==


Auf [[antike]] Baudenkmäler nahm Urban VIII. bei seinen modernisierenden Baumaßnahmen allerdings keinerlei Rücksicht. So gab er das [[Kolosseum]] in Rom als Steinbruch frei, so dass noch heute in Rom das lateinische Sprichwort umgeht: „Quod non fecerunt Barbari, fecerunt Barberini“ – „Was die Barbaren nicht schafften, schafften die Barberini“. Er ließ die [[Engelsburg]] verstärken und mit modernen Kanonen ausrüsten. Das südöstlich von Rom gelegene [[Castel Gandolfo]] baute er zu seiner Sommerresidenz aus.
Am [[6. August]] 1623 wurde er durch ein [[Konklave]] zum neuen Papst gewählt. Er pflegte alle Staatsgeschäfte mit [[Diplomatie|diplomatischem]] Geschick selbst zu führen, ohne den Rat der Kardinäle. Urban VIII. gilt als ein klassisches Beispiel für einen [[Nepotismus|nepotistischen]] Papst. Kardinal [[Lorenzo Magalotti]], der während seines [[Pontifikat]]s innerhalb der Kurie wichtige Ämter wahrnahm, war mit ihm verschwägert. Als [[Kardinalnepot]] diente Urban VIII. sein Neffe [[Francesco Barberini]]. Auch dessen jüngeren Bruder [[Antonio Barberini]] ernannte er ebenso wie seinen Bruder [[Antonio Barberini der Ältere]] zum Kardinal. Historiker, die sich ausführlicher mit der Kurienpolitik in der frühen Neuzeit beschäftigen, weisen jedoch darauf hin, dass ein Papst der frühen Neuzeit darauf angewiesen war, sich mit engen Verwandten oder anderweitig ihm nahestehenden Personen zu umgeben, um seine Politik durchsetzen zu können. Dem entsprechend erhob Urban VIII. in seiner letzten Kardinalsernennung drei seiner ihm langjährig dienenden Begleiter in den Kardinalsstand. Es sind dies [[Angelo Giori]], der einst Hauslehrer der Familie Barberini war, sowie der ''maggiordomo'' [[Fausto Poli]] und [[Francesco Adriano Ceva]].


=== Kirchenpolitik ===
[[Image:Stemma-Urbano-VIII.jpg|right|thumb|150px|Wappen Urban VIII.]]
Im Jahr 1625 schuf Urban VIII. eine erste [[kirchenrecht]]liche Regelung, die Bestimmungen zum Verfahren der [[Seligsprechung|Selig-]] und [[Heiligsprechung]]sprozesse enthielt. Er gründete 1627 das [[Collegium Urbanum]] und richtete die [[päpstliche Druckerei]] ein. Urban VIII. bestätigte in seinem [[Pontifikat]] mehrere geistliche Orden und setzte die auf den Beschlüssen des [[Konzil von Trient|Konzils von Trient]] beruhenden Regelungen für die Residenzpflicht der Bischöfe durch.


Im Jahr 1628 erließ er das Verbot, den [[Heiliger Geist|Heiligen Geist]] in Menschenform abzubilden. Papst [[Benedikt XIV. (Papst)|Benedikt XIV.]] verfügte in 1745, dass der Heilige Geist ausschließlich als Taube dargestellt werden solle.<ref>[https://www.kath.ch/newsd/der-heilige-geist-was-sie-schon-immer-ueber-den-dritten-im-goettlichen-bund-wissen-wollten/ Der Heilige Geist – Was Sie schon immer über den Dritten im göttlichen Bund wissen wollten.]; abgerufen am 11. September 2024.</ref>
=== Bautätigkeit ===


Obwohl an der Spitze der Kirchenhierarchie stehend, gelang es ihm nicht, der [[Inquisition]] Einhalt zu gebieten – so fallen der Prozess und die Verurteilung [[Galileo Galilei]]s in sein Pontifikat. Urban VIII., der sich als Förderer der Künste und Wissenschaften betätigt hatte, bewunderte den Forscher Galileo, war jedoch auf Drängen der Inquisition gezwungen, mit diesem zu brechen. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass Urban VIII. seinen Jugend- und Studienfreund durch den erzwungenen Widerruf seiner Lehren vor dem Tod auf dem [[Scheiterhaufen]] bewahrt hat. Mit dem Fall Galilei wurde während des Pontifikats Urbans VIII. der [[Konflikt]] zwischen kirchlichem [[Autorität]]sanspruch und freier Wissenschaft zum ersten Mal über die Kirche hinaus ins gesellschaftliche Bewusstsein gehoben.
Urban VIII. verwandte große Summen für bauliche Maßnahmen in Rom, wovon heute noch die allgegenwärtigen Bienen seines Wappens zeugen. Am [[18. November]] [[1626]] weihte er nach 120 Jahren Bauzeit den [[Petersdom]] ein. Dass er für [[Gian Lorenzo Bernini|Berninis]] Altarbaldachin über dem Grab des [[Simon Petrus|Petrus]] vom [[Pantheon]] die noch vorhandene Bronzeverkleidung entfernen und einschmelzen ließ, ist eine von ihm selbst lancierte Legende, um aufkommende Kritik abzufangen; vielmehr wurde die Bronze für Kanonen verwendet. Auch viele andere [[antike]] Baudenkmäler litten unter seinen Baumaßnahmen, so gab er das [[Kolosseum]] in Rom als Steinbruch frei, so dass noch heute in Rom das Sprichwort umgeht: "Was die Barbaren nicht schafften, schafften die Barberini". Er ließ die [[Engelsburg]] verstärken und mit modernen Kanonen ausrüsten. Er bestimmte das südöstlich von Rom gelegene [[Castel Gandolfo]] zu seiner Sommerresidenz.


Mehrfach zwischen 1624 und 1634 empfing Urban zu Audienzen die englische Adelige [[Maria Ward]], die von ihm die Bestätigung zur Gründung eines an den Konstitutionen der Jesuiten orientierten weiblichen Ordens erwartete, der die institutionelle Basis für ihre zahlreichen, bereits existenten Institute zur Ausbildung von Mädchen und jungen Frauen bilden sollte. Da Maria Ward die kirchlichen [[Klausur (Kloster)|Klausurregelungen]] nicht anerkennen wollte, wurde ihr Ansinnen zu ihren Lebzeiten abgelehnt.
=== Kirchenpolitik ===


Als theologie- und kirchengeschichtlich bedeutsam erwies sich, dass Urban VIII. mit der Bulle „[[In eminenti]]“ 1643 die erste päpstliche Verurteilung des [[Jansenismus]] veröffentlichte und damit einen langanhaltenden Konflikt auslöste.
Im Jahr [[1625]] schuf Urban VIII. eine erste [[Kirchenrecht|kirchenrechtliche]] Regelung, die Bestimmungen zum Verfahren der [[Seligsprechung|Selig-]] und [[Heiligsprechung]]sprozesse enthielt. Er gründete [[1627]] das [[Collegium Urbanum]] und richtete die [[päpstliche Druckerei]] ein.


[[Datei:Gian Lorenzo Bernini - Portrait d'Urbain VIII.jpg|mini|Urban VIII. (von [[Gian Lorenzo Bernini|Bernini]], 1632)]]
[[Bild:UrbanVIII_BienenWappen.JPG|thumb|150px|Wappen von Papst Urban VIII. mit drei Bienen]]


Auffallend zurückhaltend agierte der Barberini-Papst im [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährigen Krieg]], der in sein [[Pontifikat]] fiel. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Papst [[Gregor XV.]] gewährte er Kaiser [[Ferdinand II. (HRR)|Ferdinand II.]] keine Gelder mehr, obwohl dieser nicht nur in den [[Habsburgische Erblande|habsburgischen Erblanden]] mit aller Schärfe die [[Gegenreformation]] durchführte, sondern durch das [[Restitutionsedikt]] auch den – infolge protestantischer Säkularisation – verlorenen Kirchenbesitz einschließlich vieler Fürstbistümer und Klöster an die katholische Kirche zurückgab. Urbans Sympathien waren auf der Seite Frankreichs, weil er eine Umklammerung des [[Kirchenstaat]]es durch die [[Habsburger]] befürchtete, die den Süden der [[Italienische Halbinsel|Italienischen Halbinsel]] (Königreiche Neapel und Sizilien) und jenseits der Alpen weite Teile Mittel- und Osteuropas beherrschten, dazu Spanien und die spanischen Niederlande, und die er keinesfalls auch noch in Norditalien Fuß fassen sehen wollte. Im [[Mantuanischer Erbfolgekrieg|Mantuanischen Erbfolgekrieg]] unterstützte er daher den französischen Kandidaten gegen den spanisch-habsburgischen.<ref>David Perrot: [http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/finde/langDatensatz.php?urlID=420&url_tabelle=tab_texte ''Reichsitalien im Dreißigjährigen Krieg. Der Mantuanische Erbfolgekrieg und der Dreißigjährige Krieg.'' In: ''1648: Krieg und Frieden in Europa.'' Band 1, S. 153–160, München 1998] ISBN 3-88789-127-9.</ref><ref>[[Cicely Veronica Wedgwood]]: ''Der 30jährige Krieg''. Cormoran Verlag, München 1999, ISBN 3-517-09017-4, S. 168f, 214f, 270f.</ref>
Urban VIII. bestätigte in seinem [[Pontifikat]] mehrere geistliche Orden und setzt die auf den Beschlüssen des [[Konzil von Trient|Konzils von Trient]] beruhenden Regelungen für die Residenzpflicht der Bischöfe durch. Auch der bekannte Prozess und die Verurteilung [[Galileo Galilei]]s fiel in sein Pontifikat. Durch das Drängen der [[Inquisition]] war Urban VIII. letztlich gezwungen, mit dem von ihm bewunderten Forscher zu brechen und begründete damit den [[Konflikt]] zwischen freier wissenschaftlicher Forschung und starrer päpstlicher [[Autorität]].


Doch als „Vater der Christen“, wie er sich selbst sah, versuchte er sich ansonsten in den europäischen Konflikten so weit wie möglich [[Neutralität (Internationale Politik)|neutral]] zu verhalten. Er ergriff aber keine wirksamen Maßnahmen gegen die Machtpolitik des französischen Kardinals und Ersten Ministers [[Richelieu]]. Einzig das Bündnis Frankreichs mit der protestantischen Führungsmacht [[Schweden]] 1631 versuchte er offen zu verhindern.
In sein Pontifikat fiel auch der [[Dreißigjähriger Krieg|Dreißigjährige Krieg]], in dem sich der Papst auffallend zurückhielt. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Papst [[Gregor XV.]] gewährte er Kaiser [[Ferdinand II. (HRR)|Ferdinand II.]] keine Gelder mehr.
Seine Sympathien waren auf der Seite Frankreichs, doch als ''Vater der Christen'', wie er sich selbst sah, versuchte er sich in diesem Konflikt soweit wie möglich [[Neutralität|neutral]] zu verhalten.


Als am 20.&nbsp;Mai 1631 die Truppen der katholischen Liga mit 26.800 Soldaten unter den Feldherren [[Gottfried Heinrich zu Pappenheim|Pappenheim]] und [[Johann T’Serclaes von Tilly|Tilly]] die [[Magdeburger Hochzeit|Stadt Magdeburg stürmten]], wurden alle Einwohner, ohne Ausnahme des Geschlechts, für [[Vogelfreiheit|vogelfrei]] erklärt. Es kam zu tagelangen Raubzügen, Vergewaltigungen und Ermordungen, bei denen mehr als 20.000 Bürger getötet wurden. In ganz Europa war man über dieses Massaker entsetzt und es gilt als das größte und schlimmste während des Dreißigjährigen Krieges. Es hieß, die Taten und der Schrecken seien in ihrer Entsetzlichkeit „nicht in Worte zu fassen und nicht mit Tränen zu beweinen“. Papst Urban VIII. hingegen verfasste am 24.&nbsp;Juni 1631 ein Schreiben, in dem er seine Freude über die „Vernichtung des Ketzernestes“ zum Ausdruck brachte.
Er ergriff auch keine wirksamen Maßnahmen gegen den französischen Kardinal [[Armand Jean du Plessis Richelieu|Richelieu]], einzig das Bündnis Frankreichs mit [[Schweden]] [[1631]] versuchte er offen zu verhindern.

Durch seine Verschwendungssucht vergrößerte sich das Defizit des Kirchenstaats von 16 Millionen Scudi zur Zeit seines Amtsantritts auf 35 Millionen im Jahr 1640. Daher planten im Jahre 1636 Mitglieder der spanischen Fraktion des Kardinalskollegiums seine Absetzung, womöglich gar Ermordung, um [[Laudivio Zacchia]] als Nachfolger zu wählen.<ref>John Bargrave: [https://archive.org/details/popealexandersev00bargrich/page/n5 ''Pope Alexander the Seventh and the College of Cardinals''], 1867, herausgegeben als Nachdruck von James Craigie Robertson, 2009.</ref> Als Urban nach Castel Gandolfo abgereist war, fanden in Rom konspirative Treffen statt. Nachdem ihm diese jedoch verraten worden waren, kehrte er unverzüglich zurück, berief ein [[Konsistorium]] ein und verlangte Erklärungen; anschließend wies er sämtliche Kardinäle aus Rom aus.


== Tod ==
== Tod ==
[[Datei:Urban VIII Bernini Musei Capitolini.jpg|mini|Statue von Bernini (1635–40)]]
Das römische Volk, das unter den schwelgerischen Extravaganzen Urbans VIII. zu leiden hatte, soll bei der Nachricht von seinem Tod am 29.&nbsp;Juli 1644 in stürmischen Jubel ausgebrochen sein. Beigesetzt wurde er in einem prachtvollen Grabmal in [[Petersdom|St. Peter]] unmittelbar rechts von der [[Cathedra Petri (Kunstwerk)|''Cathedra Petri'']], welches zu den Meisterwerken Berninis zählt. Sein Nachfolger [[Innozenz X.]] zog die Nepoten Urbans VIII. zur Rechenschaft, doch diese flohen nach Frankreich zu Kardinal [[Jules Mazarin|Mazarin]], auf dessen Einwirken hin der Prozess 1646 niedergeschlagen wurde.


== Textausgaben und Übersetzungen ==
Das römische Volk, das unter den schwelgerischen Extravaganzen Urbans VIII. zu leiden hatte, soll bei der Nachricht von seinem Tod am 29. Juli 1644 in stürmischen Jubel ausgebrochen sein. Beigesetzt wurde er in einem prachtvollen Grabmal in [[Petersdom|St. Peter]], das zu den Meisterwerken Berninis zählt.
* Jolanta Wiendlocha (Hrsg.): ''Die Jugendgedichte Papst Urbans VIII. (1623–1644). Erstedition, Übersetzung, Kommentar und Nachwort.'' Winter, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-1687-4 (kritische Ausgabe der lateinischen Gedichte)


== Quellen ==
== Siehe auch ==
* [[Liste der Kardinalskreierungen Urbans VIII.]]

*Chr. Schmälzle, "Rhetorik religiöser Machtentfaltung. Barock im Vatikan: Ein Bonner Gipfeltreffen der internationalen St.-Peter-Forschung", FAZ 8.3.2006 (N3)


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{RGG|8|818|819|Urban VIII.|[[Dominik Burkard]]}}

* Carolin Behrmann: ''Die Rückkehr des lebenden Toten. Berninis Grabmal für Urban VIII. Barberini'', in: Totenkult und Wille zur Macht. Die unruhigen Ruhestätten der Päpste in St. Peter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, S. 179-196.
* Carolin Behrmann: ''Die Rückkehr des lebenden Toten. Berninis Grabmal für Urban VIII. Barberini.'' In: [[Horst Bredekamp]], [[Volker Reinhardt (Historiker)|Volker Reinhardt]] (Hrsg.): ''Totenkult und Wille zur Macht. Die unruhigen Ruhestätten der Päpste in St. Peter.'' Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004, ISBN 3-534-17224-8, S. 179–196.
* [[Hubert Jedin]]: ''Urban VIII., Innozenz X. und der Stillstand der Gegenreformation''. In: [[Erwin Iserloh]], [[Josef Glazik]], Hubert Jedin (Hrsg.): ''Reformation, katholische Reform und Gegenreformation'' (= ''[[Handbuch der Kirchengeschichte]]'' Band IV). Herder, Freiburg im Breisgau 1967, Sonderausgabe 1999, ISBN 3-451-27100-1, S. 661–669. bes. 661–665 [Urban VIII.].
* Sebastian Schütze: ''Kardinal Maffeo Barberini, später Papst Urban VIII., als Auftraggeber und Mäzen''. (= Römische Forschungen der Bibliotheka Hertziana). Hirmer, München 2005, ISBN 3-7774-9670-7
* Ulrich Köchli: ''Urban VIII. und die Barberini. Nepotismus als Strukturmerkmal päpstlicher Herrschaftsorganisation in der Vormoderne''. Anton Hiersemann, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7772-1720-8.
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070613061422/http://www.bautz.de/bbkl/u/urban_viii.shtml |autor=Ernst Pulsfort|artikel=Urban VIII|band=12|spalte=929–933}}
* Sebastian Schütze: ''Kardinal Maffeo Barberini, später Papst Urban VIII., als Auftraggeber und Mäzen'' (= ''Römische Forschungen der [[Bibliotheca Hertziana]].'' Band 32). Hirmer, München 2007, ISBN 978-3-7774-9670-2.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Urbanus VIII|Urban VIII.}}
* {{VerzDtDrucke|VD=17|PPN=004292669}}
* {{DNB-Portal|118625586}}
* {{DDB|Person|118625586}}
* {{CE|http://www.newadvent.org/cathen/15218b.htm|Pope Urban VIII|Autor=Michael Ott|Band=15}}


== Einzelnachweise ==
*{{BBKL|http://www.bautz.de/bbkl/u/urban_viii.shtml}}
<references />
*{{CE|http://www.newadvent.org/cathen/15218b.htm}}(Engl.)


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Aktuelle Version vom 13. Mai 2025, 15:48 Uhr

Urban VIII. (von Pietro da Cortona, 1627)

Urban VIII. (* 5. April 1568 als Maffeo Barberini in Barberino Val d’Elsa; † 29. Juli 1644 in Rom) war von 1623 bis 1644 Papst der katholischen Kirche.

Maffeo Barberini wird in Barberino Val d’Elsa im Haus „Tafania“ geboren. Er entstammt einer einflussreichen Florentiner Kaufmannsfamilie und studierte bei den Jesuiten in Rom. Im Jahr 1589 promovierte er in Pisa zum Dr. jur.[1] und schlug bald darauf eine Laufbahn in der römischen Kurie ein.

Maffeo Barberini (von Caravaggio, 1598)

Kirchliche Laufbahn

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1601 wurde er als außerordentlicher Gesandter nach Paris an den Hof von König Heinrich IV. beordert. Im Jahr 1604 ernannte ihn Papst Clemens VIII. zum Titularerzbischof von Nazareth und zum päpstlichen Nuntius in Frankreich.

Zwei Jahre später, am 11. September 1606, ernannte ihn Papst Paul V. zum Kardinal der Titelkirche San Pietro in Montorio. Wieder zwei Jahre später ernannte ihn der Papst zum Bischof von Spoleto, 1611 zum päpstlichen Legaten in Bologna und im Jahr 1617 zum Präfekten der Signatura. Seit seiner Kreierung zum Kardinal pflegte er eine freundschaftliche Beziehung zu Galileo Galilei.

Papstwappen Urbans VIII.

Am 6. August 1623 wurde er vom Konklave zum neuen Papst gewählt. Er pflegte alle Staatsgeschäfte mit diplomatischem Geschick selbst zu führen, ohne den Rat der Kardinäle zu achten. Urban VIII. gilt als ein klassisches Beispiel für einen nepotistischen Papst. Kardinal Lorenzo Magalotti, der während seines Pontifikats innerhalb der Kurie wichtige Ämter wahrnahm, war mit ihm verschwägert. Als Kardinalnepot diente Urbans VIII. Neffe Francesco Barberini. Auch dessen jüngeren Bruder Antonio Barberini ernannte er ebenso wie seinen Bruder Antonio Barberini den Älteren zum Kardinal. Historiker weisen jedoch darauf hin, dass ein Papst der frühen Neuzeit darauf angewiesen war, sich mit engen Verwandten oder anderweitig ihm nahestehenden Personen zu umgeben, um seine Politik durchsetzen zu können. Auch Urban VIII. hat sich diesen Zwängen gebeugt und drei seiner ihm langjährig dienenden Begleiter in den Kardinalsstand erhoben. Es sind dies Angelo Giori, der einst Hauslehrer der Familie Barberini war, sowie der maggiordomo Fausto Poli und Francesco Adriano Ceva.

Wappen von Papst Urban VIII. mit den drei Bienen

Urban VIII. verwandte große Summen für bauliche Maßnahmen in Rom, wovon heute noch das allgegenwärtige Wappen mit den Arbeit, Sparsamkeit und Süße symbolisierenden drei Bienen zeugt. Am 18. November 1626 weihte er nach 120 Jahren Bauzeit den Petersdom ein.

Er förderte Bernini, bei dem er schon als Kardinal 1617 die Statue Knabe mit Drache (heute im Getty Museum) in Auftrag gegeben hatte. Dass er für dessen Altarbaldachin über dem Grab des Petrus die noch vorhandene Bronzeverkleidung vom Pantheon entfernen und einschmelzen ließ, ist eine von ihm selbst lancierte Legende, um aufkommende Kritik abzufangen; vielmehr wurde die Bronze für Kanonen verwendet. Bernini arbeitete in seinem Auftrag auch am Palazzo Barberini, an der Nordfassade des Palazzo di Propaganda Fide und am Tritonenbrunnen auf der Piazza Barberini. Er schuf sowohl vom Papst als auch von dessen Brüdern Carlo und Antonio Statuen und porträtierte Urban VIII. Dieser und seine Nepoten erteilten außerdem Malern wie Nicolas Poussin und Claude Lorrain Aufträge. Pietro da Cortona schuf 1627 nicht nur ein Porträt des Papstes, sondern 1633–36 auch das monumentale Deckengemälde Allegorie der himmlischen Vorsehung (auch Macht der Barberini genannt) im großen Saal des Palazzo Barberini.

Auf antike Baudenkmäler nahm Urban VIII. bei seinen modernisierenden Baumaßnahmen allerdings keinerlei Rücksicht. So gab er das Kolosseum in Rom als Steinbruch frei, so dass noch heute in Rom das lateinische Sprichwort umgeht: „Quod non fecerunt Barbari, fecerunt Barberini“ – „Was die Barbaren nicht schafften, schafften die Barberini“. Er ließ die Engelsburg verstärken und mit modernen Kanonen ausrüsten. Das südöstlich von Rom gelegene Castel Gandolfo baute er zu seiner Sommerresidenz aus.

Im Jahr 1625 schuf Urban VIII. eine erste kirchenrechtliche Regelung, die Bestimmungen zum Verfahren der Selig- und Heiligsprechungsprozesse enthielt. Er gründete 1627 das Collegium Urbanum und richtete die päpstliche Druckerei ein. Urban VIII. bestätigte in seinem Pontifikat mehrere geistliche Orden und setzte die auf den Beschlüssen des Konzils von Trient beruhenden Regelungen für die Residenzpflicht der Bischöfe durch.

Im Jahr 1628 erließ er das Verbot, den Heiligen Geist in Menschenform abzubilden. Papst Benedikt XIV. verfügte in 1745, dass der Heilige Geist ausschließlich als Taube dargestellt werden solle.[2]

Obwohl an der Spitze der Kirchenhierarchie stehend, gelang es ihm nicht, der Inquisition Einhalt zu gebieten – so fallen der Prozess und die Verurteilung Galileo Galileis in sein Pontifikat. Urban VIII., der sich als Förderer der Künste und Wissenschaften betätigt hatte, bewunderte den Forscher Galileo, war jedoch auf Drängen der Inquisition gezwungen, mit diesem zu brechen. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass Urban VIII. seinen Jugend- und Studienfreund durch den erzwungenen Widerruf seiner Lehren vor dem Tod auf dem Scheiterhaufen bewahrt hat. Mit dem Fall Galilei wurde während des Pontifikats Urbans VIII. der Konflikt zwischen kirchlichem Autoritätsanspruch und freier Wissenschaft zum ersten Mal über die Kirche hinaus ins gesellschaftliche Bewusstsein gehoben.

Mehrfach zwischen 1624 und 1634 empfing Urban zu Audienzen die englische Adelige Maria Ward, die von ihm die Bestätigung zur Gründung eines an den Konstitutionen der Jesuiten orientierten weiblichen Ordens erwartete, der die institutionelle Basis für ihre zahlreichen, bereits existenten Institute zur Ausbildung von Mädchen und jungen Frauen bilden sollte. Da Maria Ward die kirchlichen Klausurregelungen nicht anerkennen wollte, wurde ihr Ansinnen zu ihren Lebzeiten abgelehnt.

Als theologie- und kirchengeschichtlich bedeutsam erwies sich, dass Urban VIII. mit der Bulle „In eminenti“ 1643 die erste päpstliche Verurteilung des Jansenismus veröffentlichte und damit einen langanhaltenden Konflikt auslöste.

Urban VIII. (von Bernini, 1632)

Auffallend zurückhaltend agierte der Barberini-Papst im Dreißigjährigen Krieg, der in sein Pontifikat fiel. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Papst Gregor XV. gewährte er Kaiser Ferdinand II. keine Gelder mehr, obwohl dieser nicht nur in den habsburgischen Erblanden mit aller Schärfe die Gegenreformation durchführte, sondern durch das Restitutionsedikt auch den – infolge protestantischer Säkularisation – verlorenen Kirchenbesitz einschließlich vieler Fürstbistümer und Klöster an die katholische Kirche zurückgab. Urbans Sympathien waren auf der Seite Frankreichs, weil er eine Umklammerung des Kirchenstaates durch die Habsburger befürchtete, die den Süden der Italienischen Halbinsel (Königreiche Neapel und Sizilien) und jenseits der Alpen weite Teile Mittel- und Osteuropas beherrschten, dazu Spanien und die spanischen Niederlande, und die er keinesfalls auch noch in Norditalien Fuß fassen sehen wollte. Im Mantuanischen Erbfolgekrieg unterstützte er daher den französischen Kandidaten gegen den spanisch-habsburgischen.[3][4]

Doch als „Vater der Christen“, wie er sich selbst sah, versuchte er sich ansonsten in den europäischen Konflikten so weit wie möglich neutral zu verhalten. Er ergriff aber keine wirksamen Maßnahmen gegen die Machtpolitik des französischen Kardinals und Ersten Ministers Richelieu. Einzig das Bündnis Frankreichs mit der protestantischen Führungsmacht Schweden 1631 versuchte er offen zu verhindern.

Als am 20. Mai 1631 die Truppen der katholischen Liga mit 26.800 Soldaten unter den Feldherren Pappenheim und Tilly die Stadt Magdeburg stürmten, wurden alle Einwohner, ohne Ausnahme des Geschlechts, für vogelfrei erklärt. Es kam zu tagelangen Raubzügen, Vergewaltigungen und Ermordungen, bei denen mehr als 20.000 Bürger getötet wurden. In ganz Europa war man über dieses Massaker entsetzt und es gilt als das größte und schlimmste während des Dreißigjährigen Krieges. Es hieß, die Taten und der Schrecken seien in ihrer Entsetzlichkeit „nicht in Worte zu fassen und nicht mit Tränen zu beweinen“. Papst Urban VIII. hingegen verfasste am 24. Juni 1631 ein Schreiben, in dem er seine Freude über die „Vernichtung des Ketzernestes“ zum Ausdruck brachte.

Durch seine Verschwendungssucht vergrößerte sich das Defizit des Kirchenstaats von 16 Millionen Scudi zur Zeit seines Amtsantritts auf 35 Millionen im Jahr 1640. Daher planten im Jahre 1636 Mitglieder der spanischen Fraktion des Kardinalskollegiums seine Absetzung, womöglich gar Ermordung, um Laudivio Zacchia als Nachfolger zu wählen.[5] Als Urban nach Castel Gandolfo abgereist war, fanden in Rom konspirative Treffen statt. Nachdem ihm diese jedoch verraten worden waren, kehrte er unverzüglich zurück, berief ein Konsistorium ein und verlangte Erklärungen; anschließend wies er sämtliche Kardinäle aus Rom aus.

Statue von Bernini (1635–40)

Das römische Volk, das unter den schwelgerischen Extravaganzen Urbans VIII. zu leiden hatte, soll bei der Nachricht von seinem Tod am 29. Juli 1644 in stürmischen Jubel ausgebrochen sein. Beigesetzt wurde er in einem prachtvollen Grabmal in St. Peter unmittelbar rechts von der Cathedra Petri, welches zu den Meisterwerken Berninis zählt. Sein Nachfolger Innozenz X. zog die Nepoten Urbans VIII. zur Rechenschaft, doch diese flohen nach Frankreich zu Kardinal Mazarin, auf dessen Einwirken hin der Prozess 1646 niedergeschlagen wurde.

Textausgaben und Übersetzungen

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  • Jolanta Wiendlocha (Hrsg.): Die Jugendgedichte Papst Urbans VIII. (1623–1644). Erstedition, Übersetzung, Kommentar und Nachwort. Winter, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-1687-4 (kritische Ausgabe der lateinischen Gedichte)
Commons: Urban VIII. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Michael Ott: Pope Urban VIII. In: Catholic Encyclopedia, Band 15, Robert Appleton Company, New York 1912.
  2. Der Heilige Geist – Was Sie schon immer über den Dritten im göttlichen Bund wissen wollten.; abgerufen am 11. September 2024.
  3. David Perrot: Reichsitalien im Dreißigjährigen Krieg. Der Mantuanische Erbfolgekrieg und der Dreißigjährige Krieg. In: 1648: Krieg und Frieden in Europa. Band 1, S. 153–160, München 1998 ISBN 3-88789-127-9.
  4. Cicely Veronica Wedgwood: Der 30jährige Krieg. Cormoran Verlag, München 1999, ISBN 3-517-09017-4, S. 168f, 214f, 270f.
  5. John Bargrave: Pope Alexander the Seventh and the College of Cardinals, 1867, herausgegeben als Nachdruck von James Craigie Robertson, 2009.
VorgängerAmtNachfolger
Alfonso ViscontiBischof von Spoleto
1608–1617
Lorenzo III. Castrucci
Gregor XV.Papst
1623–1644
Innozenz X.