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„Marga von Etzdorf“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-2008-0814-500, Marga von Etzdorf.jpg|mini|Marga von Etzdorf (1932)]]
'''Marga von Etzdorf''' (*[[1. August]] [[1907]] in Berlin-Spandau; † [[28. Mai]] [[1933]] in [[Aleppo]], [[Syrien]]) war eine deutsche Fliegerin.
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-2008-0814-505, Marga von Etzdorf.jpg|mini|hochkant|Marga von Etzdorf am Tag ihrer Flugprüfung im Dezember 1927 in [[Flugplatz Staaken|Berlin-Staaken]]]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-2008-0814-503, Marga von Etzdorf.jpg|mini|hochkant|Marga von Etzdorf im Jahr 1930]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-2008-0814-510, Berlin-Tempelhof, Marga v. Etzdorf.jpg|mini|Marga von Etzdorf 1932 auf dem Flughafen Tempelhof]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-W0801-521, Tokio, Ankunft Marga von Etzdorf.jpg|mini|Ankunft in Tokio]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-2008-0814-502, Tokio, Marga von Etzdorf, Ordensverleihung.jpg|mini|Ordensverleihung in Tokio; von links nach rechts: ihr Onkel [[Hasso von Etzdorf]] (im diplomatischen Dienst des Deutschen Reiches), der ehemaligen Kriegsgeneral [[Nagaoka Gaishi]] ({{lang|ja-Hani|長岡外史}}; 1858–1933) und Chef der japanischen Zivilluftfahrt, Marga von Etzdorf, der deutsche [[Geschäftsträger]] in Tokio und Hashimoto Keizaburō]]
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-2008-0814-507, Hamburg, Aufbahrung Marga von Etzdorf, SS-Ehrenwache.jpg|mini|Aufbahrung in Hamburg – SS halten Ehrenwache an ihrem Sarg.]]
[[Datei:Grab Marga von Etzdorf auf dem Invalidenfriedhof Berlin.jpg|mini|Grabmal von Etzdorf auf dem Invalidenfriedhof Berlin]]
'''Margarete „Marga“ Wolff [[Genanntname|gen.]] von Etzdorf''' (* [[1. August]] [[1907]] in [[Berlin-Spandau|Spandau]]; † [[28. Mai]] [[1933]] in Mouslimieh bei [[Aleppo]], [[Syrien]]) war eine deutsche [[Pilot|Fliegerin]].

Sie flog 1931 als erste Frau [[Alleinflug|alleine]] von Deutschland nach Japan.


== Leben ==
== Leben ==
Marga Wolff genannt von Etzdorf entstammte einer begüterten adligen Offiziersfamilie. Ihr Vater war der [[Königreich Preußen|königlich preußische]] Hauptmann Fritz Wolff und ihre Mutter war Margarethe, geborene [[Etzdorff (Adelsgeschlecht)|von Etzdorf]]. Nach dem frühen Unfalltod ihrer Eltern 1911 in [[Ragusa]] wuchs sie mit ihrer Schwester Ursula bei ihren Großeltern, dem 1910 geadelten königlich preußischen General der Infanterie [[Ulrich von Etzdorf]] und seiner Frau auf deren Gut bei [[Gehren (Heideblick)|Gehren]] (Niederlausitz) auf. Seit dem Jahr 1920 führten ihre Schwester Ursula und sie den Namen Wolff [[Genanntname|gen.]] von Etzdorf. Ihr Onkel war [[Hasso von Etzdorf]].<ref name="Gunkel">{{Internetquelle |autor=Christoph Gunkel |url=https://www.spiegel.de/geschichte/pilotin-marga-von-etzdorf-rekordflug-nach-tokio-waffendeal-mit-den-nazis-a-84359390-7b9f-46f5-a910-a88708113f7a |titel=Flugpionierin Marga von Etzdorf: Rekordflug nach Tokio, Waffendeal mit den Nazis |werk=spiegel.de |datum=2021-08-27 |abruf=2021-08-30}}</ref>


=== Ausbildung ===
Marga von Etzdorf stammte aus einer preußischen Offiziersfamilie. Nach dem frühen Tod ihrer Eltern wuchs sie bei ihren Großeltern auf.
Marga Wolff gen. von Etzdorf war eine sehr sportliche Frau und an Fechten, Reiten und Hockey interessiert. Im Alter von 19 Jahren entschloss sie sich zu einer Ausbildung zur [[Pilot]]in. Im Dezember 1927 bestand sie nach viermonatiger Schulung bei der Flugschule Bornemann in [[Flugplatz Staaken|Berlin-Staaken]] die Prüfung. Sie war nach [[Thea Rasche (Pilotin)|Thea Rasche]] die zweite Frau, die nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] die [[Fluglizenz]] A2 erhielt. Wahrscheinlich konnte sie dort auch noch die Erlaubnis für die Klasse B1 erwerben. Ihre Ausbildung schloss sie mit dem [[Kunstflug]]schein ab.


Sie erhielt als erste Frau eine Stelle als [[Copilot]]in bei der [[Geschichte der Lufthansa|Lufthansa]] (DLH). In einer [[Junkers F 13]] beförderte sie Passagiere auf den Strecken Berlin–[[Breslau]] und Berlin–[[Stuttgart]]–[[Basel]].<ref>{{Internetquelle |autor=Rainer Schauer |url=https://www.faz.net/aktuell/reise/nah/luftfahrt-die-kuehnen-schwestern-des-ikarus-1351547.html |titel=Die kühnen Schwestern des Ikarus |werk=faz.net |datum=2006-08-08 |abruf=2021-08-30}}</ref> Nach 10.000 Flugkilometern, welche mit der DLH vertraglich vereinbart waren, erflog sie sich die für den Erwerb des B2-Scheins nötigen weiteren 5.000 km bei der [[Hamburger Luftverkehrsgesellschaft]]. Dazu musste sie dann als einziger Prüfling fünf Prüfern drei Stunden lang Rede und Antwort stehen. Die nötigen Kenntnisse hatte sie sich [[Autodidakt|selbst beigebracht]], weil Frauen an der [[Deutsche Verkehrsfliegerschule|Deutschen Verkehrsfliegerschule]] nicht zugelassen waren. Unterstützung erhielt sie dabei von [[Melitta Schiller]], die als Ingenieurin bei der [[Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt|Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt]] in Adlershof arbeitete.
Mit Neunzehn entschloss sie sich zu einer Ausbildung zur [[Pilot]]in. [[1927]] bestand sie nach viermonatiger Ausbildung die Prüfung für den A-Schein, bald darauf machte sie auch den B-Schein, obwohl Frauen an der Deutschen Verkehrsfliegerschule nicht zugelassen waren. Anschließend machte sie auch noch den Kunstflugschein.


1929 machte sie auf Anregung von [[Adolf II. (Schaumburg-Lippe)|Adolf II. Fürst zu Schaumburg-Lippe]] eine [[Segelflug]]ausbildung. Mit einem 90-Minuten-Flug auf dem [[Großer Heuberg|Großen Heuberg]] (Schwäbische Alb) erwarb sie als eine der ersten Frauen weltweit den [[Segelflug#Ausbildung|Segelflug-C-Schein]]. Noch im selben Jahr nahm sie mit dem Segelflugzeug „Hugo“ des Württembergischen Fliegervereins am 10. [[Rhön-Segelflugwettbewerb]] teil. Laut Ergebnisliste des Preisgerichts erhielt sie eine Prämie von 50 Reichsmark und eine [[Bonbonniere]] als Ehrenpreis.
Irgendwie gelang es ihr, als erste Frau eine Stelle als Copilotin bei der [[Lufthansa]] zu bekommen. In einer [[Junkers F13]] beförderte sie Passagiere auf den Strecken Berlin—Breslau und Berlin—Stuttgart—Basel. [[1929]] machte sie auf Wunsch des Prinzen von Schaumburg-Lippe den [[Segelflug]]schein.


=== Erste Langstreckenflüge ===
=== Erste Langstreckenflüge ===
1930 kaufte sie sich mit Unterstützung ihrer Großeltern ein eigenes Flugzeug, eine [[Junkers A 50|Junkers A 50 ce „Junior“]], mit der Werknummer 3519 und dem Kennzeichen D-1811, die sie knallgelb spritzen ließ und der sie den Namen „Kiek in die Welt“ gab. Erst führte sie damit Reklame-, [[Passagierflugzeug|Passagier-]] und [[Kunstflug|Kunstflüge]] durch. Zu ihren Spezialitäten gehörten [[Looping (Kunstflug)|Loopings]] und Flüge auf dem Rücken. Im Mai 1930 nahm sie an der ersten deutschen Damen-Kunstflugmeisterschaft teil, bei der sie Vierte wurde. Bald packte sie das Langstreckenfieber. Noch im selben Jahr flog sie mit ihrem „Junior“ nach [[Istanbul]]. Probleme mit dem Motor zwangen sie mehrfach zu Notlandungen. Nach einem längeren Aufenthalt in Istanbul konnte sie jedoch ohne weitere Probleme zurück nach Deutschland fliegen. Ihre Bewerbung mit diesem Flug für den [[Hindenburg-Pokal]], die höchste deutsche Sportflugauszeichnung, musste abgelehnt werden, weil ihr Flugzeug entgegen dem Reglement keinen deutschen Motor hatte.


Bald danach bereitete sie ihren zweiten Langstreckenflug vor. „Kiek in die Welt“ erhielt größere Tanks, um die Reichweite zu verlängern und um Notlandungen aus Benzinmangel zu vermeiden. Am 14. November 1930 startete Marga von Etzdorf in Berlin und flog über Basel und [[Lyon]] nach [[Madrid]]. Da von Spanien aus die direkte Strecke bis [[Las Palmas de Gran Canaria]] immer noch zu lang war, musste sie in [[Rabat]] ([[Marokko]]) zum Tanken zwischenlanden, ehe sie am 6. Dezember bei ihrer Landung auf den [[Kanarische Inseln|Kanarischen Inseln]] mit Begeisterung empfangen wurde. Schwierigkeiten traten erst auf dem Rückflug auf: Schwere Unwetter über dem Mittelmeer zwangen sie zur Notlandung auf [[Sizilien]]. Beim Abflug von einer nassen Wiese am nächsten Tag berührte ein Flügel eine Mauer, was zum unfreiwilligen Startabbruch führte. Die Maschine war schwer beschädigt und musste, da Ersatzteile nicht zu beschaffen waren, mit der Eisenbahn nach Deutschland in das [[Junkers Flugzeug- und Motorenwerke|Junkers-Werk]] Dessau zurückgebracht werden.
[[1930]] kaufte sie sich mit Unterstützung ihrer Großeltern ein eigenes Flugzeug. Erst führte sie damit Reklame-, [[Passagierflug|Passagier]]- und [[Kunstflug|Kunstflüge]] durch. Zu ihren Spezialitäten gehörten [[Looping]]s und Flüge auf dem Rücken. Bald jedoch packte sie das Langstreckenfieber. [[1930]] flog sie mit ihrer gelben [[A50|Junkers Junior]] namens ''Kiek in die Welt'' nach [[Konstantinopel]]. Probleme mit dem Motor zwangen sie immer wieder zu Notlandungen. Nach einem längeren Aufenthalt in Konstantinopel konnte sie jedoch ohne weitere Probleme zurück nach Deutschland fliegen.


=== Berlin–Tokio ===
Dort bereitete sie sogleich ihren zweiten Langstreckenflug vor. ''Kiek in die Welt'' erhielt größere Tanks, um den Aktionsradius zu vergrößern und Notlandungen aus Benzinmangel vermeiden zu können. Am [[14. November]] [[1930]] startete Marga von Etzdorf in Berlin. Über Basel, Lyon und Madrid flog sie nach [[Rabat]], wo sie zum ersten Mal landen musste. Von dort war es nur ein Katzensprung auf die [[Kanarische Inseln|Kanarischen Inseln]], die sie am [[6. Dezember]] erreichte. Schwierigkeiten traten erst auf dem Rückflug auf: Schwere Unwetter über dem Mittelmeer zwangen sie zur Notlandung auf [[Sizilien]]. Beim Start am nächsten Tag von einer nassen Wiese touchierte die Pilotin ein Mäuerchen und stürzte ab. Die Maschine war schwer beschädigt, und Ersatzteile waren nicht aufzutreiben, so dass sie mit der Eisenbahn nach Deutschland in die [[Junkers|Junkers-Werke]] gebracht werden musste.
Marga von Etzdorf fing 1931 an, einen – für die Sportfliegerei der [[Weimarer Republik]] – spektakulären Rekordflug nach [[Tokio]] vorzubereiten. Es galt nicht nur, Überfluggenehmigungen für alle Länder einzuholen, sondern auch die Finanzierung des Unternehmens sicherzustellen.


Am 18. August 1931 startete sie ohne großes Aufsehen in Berlin. Wegen des schlechten Wetters musste sie bereits nach drei Stunden in [[Königsberg (Preußen)|Königsberg]] zwischenlanden. Elf Stunden später erreichte sie ihr erstes Etappenziel, [[Moskau]]. Von dort flog sie über [[Nischni Nowgorod]] die [[Wolga]] entlang nach [[Kasan]]. Am dritten Tag ihrer Reise überquerte sie den [[Ural]] und folgte anschließend der Linie der [[Transsibirische Eisenbahn|Transsibirischen Eisenbahn]] bis [[Nowosibirsk]]. In [[Hailar]] nahe der [[Mongolei|mongolischen]] Grenze wunderte sie sich über die anwesende Presse, die jedoch nicht auf sie, sondern auf die britische Langstreckenpilotin [[Amy Johnson]] wartete, die ebenfalls nach Tokio unterwegs war. Da Johnson in Begleitung ihres Mechanikers flog, wurde Marga von Etzdorf die Anerkennung des ersten Alleinfluges einer Frau nach Japan zuteil. Am nächsten Tag überflog sie die [[Borealer Nadelwald|Taiga]] und erreichte den [[Baikalsee]]. Nächste Station war [[Mukden]], wo sie einen Tag pausieren musste, weil die für Japan benötigten Einreisepapiere noch nicht eingetroffen waren. In [[Korea]] landete sie ein weiteres Mal, um aufzutanken, bevor sie sich über die [[Japanisches Meer|Japanische See]] wagte. Am Abend desselben Tages landete sie in [[Hiroshima]]. Nächstes Ziel war [[Osaka]] und von dort aus [[Tokio]], das sie wegen der vielen militärischen Sperrgebiete aber nicht direkt anfliegen konnte.
=== Berlin-Tokio ===


Am 29. August 1931 erreichte Marga von Etzdorf nach 12 Tagen (11 Flugtagen) die japanische Hauptstadt. Tausende von Menschen begrüßten die Rekordfliegerin am Tokioter Flughafen.
Marga von Etzdorf ließ sich von ihrem Misserfolg nicht entmutigen. Monatelang dachte sie darüber nach, welche Fehler sie gemacht hatte, und weshalb ihr das nötige Quentchen Glück fehlte. Bald überwand sie jedoch ihre Zweifel und fing an, ihren – für die Sportfliegerei der Weimarer Republik – spektakulären Rekordflug nach Tokio vorzubereiten. Es galt nicht nur, Überfluggenehmigungen für alle Länder einzuholen, sondern auch die Finanzierung des Unternehmens abzusichern.


Nach sechs Wochen Aufenthalt und einer Generalüberholung ihres Flugzeuges machte sich Marga von Etzdorf dann auf den Heimflug. In China saß sie zunächst wegen politischer Wirren monatelang fest. Als sie endlich weiterfliegen konnte, wollte sie in [[Bangkok]] Bekannte besuchen. Beim Start in Bangkok setzte jedoch der Motor ihres „Junior“ aus, und sie stürzte aus etwa 80&nbsp;m Höhe ab. Dabei verletzte sie sich schwer, vor allem an der Wirbelsäule. Das Flugzeug hatte Totalschaden. Monatelang befand sie sich in medizinischer Behandlung in der Hauptstadt von [[Siam]]. Da „Kiek in die Welt“ nicht mehr zu retten war, flog sie schließlich in einem Verkehrsflugzeug zurück nach Berlin.<br />
Am [[18. August]] [[1931]] startete sie ohne großes Aufsehen in Berlin. Wegen des schlechten Wetters musste sie bereits nach drei Stunden in [[Kaliningrad|Königsberg]] zwischenlanden; elf Stunden später erreichte sie ihr erstes Etappenziel, [[Moskau]]. Von Moskau flog sie über [[Nischni Nowgorod]] die [[Wolga]] entlang nach [[Kasan]]. Am dritten Tag ihrer Reise überflog sie den [[Ural (Gebirge)|Ural]] und folgte anschließend der Linie der [[Transsibirische Eisenbahn|Transsibirischen Eisenbahn]] bis [[Nowosibirsk]]. Am nächsten Tag überfog sie die [[Taiga]] und erreichte den [[Baikal]]see. Nächste Station war [[Mukden]], wo sie einen Tag pausieren musste, weil die für Japan benötigten Einreisepapiere noch nicht eingetroffen waren. In [[Korea]] landete sie ein weiteres Mal um aufzutanken, bevor sie sich über die japanische See wagte. Am Abend desselben Tages landete sie in [[Hiroshima]]. Nächstes Ziel war [[Osaka]] und von dort aus [[Tokio]], das sie jedoch wegen der vielen militärischen Sperrgebiete nicht direkt anfliegen konnte.
[[Hans Bertram (Flugpionier)|Hans Bertram]] schrieb 1933 in seinem Buch ''Flug in die Hölle'',<ref name="Bertram33">Hans Bertram: ''Flug in die Hölle''. Drei Masken Verlag AG, Berlin 1933, S. 74.</ref> er habe sie kurz nach dem Unglück am 4. April 1932 im Krankenhaus in Bangkok besucht.
<!-- [[:en:Harmon Trophy]] – vermutlich für diesen Flug -->


=== Nach dem Japanflug ===
Am [[29. August]] [[1931]] erreichte Marga von Etzdorf nach 12 Tagen (11 Flugtagen) die japanische Hauptstadt. Tausende von Menschen begrüßten die Rekordfliegerin am Tokioter Flughafen.
Im Juli 1932 begrüßte Marga von Etzdorf ihre Kollegin, die Rekordfliegerin [[Elly Beinhorn]], persönlich bei deren Rückkehr von ihrem Weltflug. In den folgenden Monaten hielt sie Vorträge über ihren Japanflug, um die leeren Kassen wieder zu füllen. In ihrem Kopf wuchs ein neuer Plan: Sie wollte nach [[Kapstadt]] fliegen, wofür sie bereits Vorbereitungen laufen hatte. Als sie aber erfuhr, dass Elly Beinhorn ebenfalls dieses Ziel ansteuern wollte, strebte sie nun danach, solo nach [[Australien (Kontinent)|Australien]] zu fliegen.


Nach langen Verhandlungen stellte ihr die Firma [[Hanns Klemm|Leichtflugzeugbau Klemm]] in Böblingen eine [[Klemm Kl 32]] zur Verfügung. Am 27. Mai 1933 startete sie damit, gut vorbereitet, von [[Flugplatz Staaken|Berlin-Staaken]].
Nach sechs Wochen Aufenthalt und einer Generalüberholung ihres Flugzeuges machte sich Marga von Etzdorf dann auf den Heimflug. In China musste sie wegen politischer Wirren monatelang festsitzen. Als sie endlich weiterfliegen konnte, wollte sie in [[Bangkok]] Bekannte besuchen. Beim Start in Bangkok jedoch hatte holte sie das Pech ein: der Motor der Junkers Junior setzte aus und sie stürzte ab. Dabei verletzte sie sich schwer an der Wirbelsäule; das Flugzeug hatte Totalschaden. Monatelang befand sie sich in medizinischer Behandlung in der Hauptstadt von [[Siam]]. Da ''Kiek in die Welt'' nicht mehr zu retten war, flog sie schließlich in einem Verkehrsflugzeug nach Berlin.


Bereits am nächsten Tag wurde ihr Flugzeug bei der Landung auf dem von der französischen Mandatsverwaltung betriebenen Flugplatz Mouslimieh bei [[Aleppo]] ([[Syrien]]) beschädigt, weil sie mit dem Wind gelandet war. Eine Reparatur wäre aber möglich gewesen. Nach Erledigung der Formalitäten soll sie die Flughafenpolizei um einen Raum gebeten haben, wo sie sich „eine halbe Stunde“ hinlegen konnte. Kaum war sie allein, lud sie die mitgeführte Maschinenpistole ([[MP28|Schmeisser 28/II]], 9&nbsp;mm) und setzte ihrem Leben mit zwei gezielten Schüssen in die Schläfe ein Ende. Ihre Leiche wurde einbalsamiert und im Sarg, zusammen mit ihrer Fliegeruniform, per Schiff nach Europa zurückgebracht.
=== Nach dem Japanflug ===


Die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] in Deutschland schlachteten ihren Tod [[Nationalsozialistische Propaganda|propagandistisch]] aus und inszenierten sie als Fliegerheldin.<ref name="Gunkel" /> Nach feierlicher Aufbahrung in Hamburg und einem Trauergottesdienst in der evangelischen Kapelle des Berliner [[Invalidenhaus Berlin|Invalidenhauses]] wurde sie, wenige Monate nach der [[Machtübernahme]] des [[NS-Regime]]s unter großer Anteilnahme u.&nbsp;a. der [[Sturmabteilung|SA]] und [[Schutzstaffel|SS]] auf dem dortigen [[Invalidenfriedhof]] bestattet. Ihr Grabstein trägt die von ihr selbst gewählte Aufschrift: „Der Flug ist das Leben wert.“ Der durch die Ausweitung der Sperranlagen an der [[Berliner Mauer]] in den 1970er Jahren zerstörte Grabstein ist 2003 rekonstruiert worden.
Im Juli [[1932]] begrüßte Marga von Etzdorf ihre Kollegin, die Rekordfliegerin [[Elly Beinhorn]], persönlich. In den folgenden Monaten hielt sie Vorträge über ihren Japanflug, um die leeren Kassen wieder zu füllen. In ihrem Kopf wuchs ein neuer Plan: Inspiriert von Elly Beinhorns Leistungen wollte sie Solo nach [[Australien (Kontinent)|Australien]] fliegen.


Über die Gründe für den [[Suizid]] ist viel spekuliert worden: Eine weitere Rückkehr ohne Flugzeug hätte ihren Ruf als Fliegerin zerstört&nbsp;– kein Hersteller hätte ihr mehr eine Maschine anvertraut, kein Sponsor nochmals ihre Unternehmungen finanziell unterstützt. Die Fliegerkarriere der erst 25-Jährigen wäre zu Ende gewesen. Erst 2007<ref name="Gunkel" /> wurde durch die Forschungen der Historikerin Evelyn Crellin öffentlich, dass von Etzdorf eine geheime Übereinkunft mit den Nazis eingegangen war und sie illegale Waffengeschäfte einleiten sollte. In ihrem letzten Gepäck wurde ein Brief von Ernst Heymann (Hauptmann a.&nbsp;D., Mitarbeiter der Rüstungsfirma [[C. G. Haenel|Haenel]] und Waffenlobbyist mit Kontakten zur NSDAP) gefunden.<ref>{{Literatur |Autor=Alice Bota |Titel=Pilotin Marga von Etzdorf : Der Flug ist das Leben wert |Sammelwerk=Die Zeit |Ort=Hamburg |Datum=2014-02-02 |ISSN=0044-2070 |Online=https://www.zeit.de/2014/05/marga-von-etzdorf-fliegerin |Abruf=2019-02-11}}</ref> Aus dem Brief von Heymann ging hervor, dass die Maschinenpistole nicht nur der Selbstverteidigung, sondern vor allem illegalen Verhandlungen zum Vertrieb von [[Maschinenpistole 40|Schmeisser-Maschinenpistolen]] dienen sollte. Beigefügt waren neben Zubehör und 100 Schuss Munition deutsche und englische Kataloge und Preislisten. An eventuellen Verkäufen solle sie mitverdienen.<ref>{{Literatur |Autor=Evelyn Zegenhagen |Titel=„Schneidige deutsche Mädel“: Fliegerinnen zwischen 1918 und 1945 |Verlag=Wallstein |Ort=Göttingen |Datum=2007 |ISBN=978-3-8353-0179-5 |Seiten=174–175 |Kommentar=Teilansicht bei [[Google Books]]}} Ihre Angaben stützen sich maßgeblich auf eine Akte im [[Politisches Archiv des Auswärtigen Amts|Politischen Archiv des Auswärtigen Amts]] (R 32480), die auch den auf S. 174, Anm. 121 abgedruckten Text des Briefes von Heymann enthält.</ref> Das Mitführen der Maschinenpistole wäre schon zum privaten Gebrauch nur mit Genehmigung des überflogenen Landes erlaubt gewesen. Der Handel mit derartigen Waffen verstieß aber auch gegen grundsätzliche Bestimmungen des [[Versailler Vertrag]]es. Das [[Auswärtiges Amt|Auswärtige Amt]], das einen Diplomaten nach Aleppo geschickt hatte, war sich der Brisanz dieser Situation sehr wohl bewusst.<ref name=":0">Zegenhagen, S. 175</ref> Frankreich hatte damals das [[Völkerbundmandat für Syrien und Libanon]].
Nach langen Verhandlungen stellte ihr die Firma [[Leichflugzeugbau Klemm]] aus Böblingen eine [[Klemm KL32]] zur Verfügung. Am [[27. Mai]] [[1933]] startete sie gut vorbereitet von Berlin-Staaken.
Es wird heute vermutet, dass mit ein Grund für den Suizid die Furcht vor Entdeckung durch französische Offizielle und vor propagandistischer Verwertung durch die französische Regierung war. Diese verzichtete nach dem Tod darauf, aus dem Vorfall Kapital zu schlagen. In Deutschland wurde der Waffenschmuggel jahrzehntelang nie publiziert oder thematisiert.<ref name=":0" />


Sie erhielt für ihre fliegerischen Leistungen mehrfach hohe Auszeichnungen. In Japan hatte sie die selten verliehene „Goldene Verdienstmedaille“ des Kaiserlich Japanischen Aero-Clubs erhalten. Der [[Deutscher Aero Club|Aero-Club von Deutschland]] verlieh ihr seine höchste Auszeichnung, die „Goldene Ehrenplakette“.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.kulturring.org/konkret/frauen-persoenlichkeiten/index.php?frauen-persoenlichkeiten=wissenschaft/bildung&id=113 |titel=Startseite – Frauenpersönlichkeiten in Berlin Mitte |abruf=2019-02-11}}</ref>
Aber bereits am [[28. Mai]] hatte sie bei der Landung in [[Aleppo]] ([[Syrien]]) auf Grund eines Pilotinnenfehlers eine Bruchlandung (sie landete mit dem Wind). Nach Erledigung der Formalitäten bat sie die Flughafenpolizei um einen Raum, wo sie sich "eine halbe Stunde" hinlegen konnte. Kaum war sie allein, erschoss sich Marga von Etzdorf.


== Ehrung ==
Eine weitere Rückkehr ohne Flugzeug hätte ihren Ruf als Fliegerin zerstört – kein Hersteller hätte ihr mehr eine Maschine anvertraut, kein Sponsor hätte mehr ihre Unternehmungen finanziell unterstützt. Die Fliegerinnenkarriere der erst 26-jährigen wäre zu Ende gewesen, und sie zog die Konsequenzen.
In [[Stuttgart]]-[[Bad Cannstatt]] wurde im [[NeckarPark]], einem neuen Wohn- und Gewerbegebiet, ein Platz nach Marga von Etzdorf benannt.<ref>{{Internetquelle |autor=Stuttgarter Nachrichten, Stuttgart Germany |url=https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.bad-cannstatt-mobilitaetskonzept-in-der-kritik.4779835c-1e6b-4b72-b7fc-10f39761372e.html |titel=Bad Cannstatt: Mobilitätskonzept in der Kritik |sprache=de |abruf=2020-12-11}}</ref>


== Veröffentlichungen ==
Ihr Grab auf dem Invalidenfriedhof in Berlin trägt die Aufschrift: ''Der Flug ist das Leben wert.''

* ''Kiek in die Welt. Als deutsche Fliegerin über drei Erdteilen''. [[Union Verlag Berlin|Union Verlag]], Berlin 1931.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Stammreihe der Familie von Etzdorf in: ''[[Gothaischer Hofkalender|Gothaisches Genealogisches Taschenbuch]] der Adeligen Häuser 1935'', Teil B (Briefadel). Jg. 27. Zugleich Adelsmatrikel der [[Deutsche Adelsgenossenschaft|Deutschen Adelsgenossenschaft]], [[Justus Perthes]], Gotha 1934, S. 164–166.
* [[Hans Friedrich von Ehrenkrook]], [[Friedrich Wilhelm Euler (Genealoge)|Friedrich Wilhelm Euler]]: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser B (Briefadel), Band IV, Band 20 der Gesamtreihe [[Genealogisches Handbuch des Adels|GHdA]], [[Starke Verlag|C. A. Starke]], Glücksburg/Ostsee 1959, S. 145 ff. {{ISSN|0435-2408}}
* Evelyn Zegenhagen: ''Schneidige deutsche Mädel: Fliegerinnen zwischen 1918 und 1945.'' Wallstein Verlag, Göttingen 2007, S. 166–176. ISBN 978-3-8353-0179-5. Teilansicht bei [[Google Books]]
* [[Uwe Timm]]: ''Halbschatten''. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2008, ISBN 978-3-462-04043-2.
* [[Ernst Probst]]: ''Marga von Etzdorf. Die tragische deutsche Fliegerin''. [[GRIN Verlag|Grin Verlag]], München 2010, ISBN 978-3-640-54541-4.
* ''AERO International. Das Magazin zur Zivilluftfahrt.'' Nr. 3/2018, [[Jahr Media|Jahr-Top-Special-Verlag]], Hamburg 2018, S. 74–75. {{ISSN|0946-0802}}

== Weblinks ==
{{Commonscat}}
* {{DNB-Portal|12355800X}}
* [http://www.dra.de/online/hinweisdienste/wort/2007/mai30.html ''100. Geburtstag von Elly Beinhorn.''] ([[Deutsches Rundfunkarchiv]] – Tondokumente, u. a. Aufnahmen mit Marga von Etzdorf. Link tot, 30. August 2021)
* {{Internetquelle |autor=Sybille Dörr |url=https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/marga-von-etzdorf/ |titel=Marga von Etzdorf |werk=fembio.org |hrsg=Institut für Frauen-Biographieforschung Hannover/Boston |abruf=2021-01-08 |kommentar=mit Zitaten, Links und Literaturangaben}}
* Gabriele Pfaffenberger: [https://www.deutschlandfunkkultur.de/pionierin-des-kleinflugzeugs-abenteurerinnen-4-4.3682.de.html?dram:article_id=493214 ''Pionierin des Kleinflugzeugs: Die Flugpionierin Marga von Etzdorf'']. Reihe: Abenteurerinnen, Teil 4. ''Deutschlandfunk Kultur'', Feature vom 15. Mai 2021.
* [[Maren Gottschalk]]: [https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/zeitzeichen/zeitzeichen-marga-von-etzdorf-100.html ''28. Mai 1933 - Suizid der deutschen Flugpionierin Marga von Etzdorf''] [[WDR]] [[ZeitZeichen (Hörfunksendung)|ZeitZeichen]] vom 28. Mai 2023. (Podcast, verfügbar bis 28. Mai 2099.)

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Normdaten|TYP=p|GND=12355800X|VIAF=57523746}}

{{SORTIERUNG:Etzdorf, Marga Von}}
[[Kategorie:Etzdorff (Adelsgeschlecht)|Marga]]
[[Kategorie:Pilot (Deutschland)]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1907]]
[[Kategorie:Gestorben 1933]]
[[Kategorie:Frau]]


{{Personendaten
*Marga von Etzdorf: ''Kiek in die Welt. Als deutsche Fliegerin über drei Erdteile.'' Hamburg, 1931.
|NAME=Etzdorf, Marga von
|ALTERNATIVNAMEN=Wolff genannt von Etzdorf, Margarete (vollständiger Name)
|KURZBESCHREIBUNG=deutsche Fliegerin
|GEBURTSDATUM=1. August 1907
|GEBURTSORT=[[Berlin-Spandau]]
|STERBEDATUM=28. Mai 1933
|STERBEORT=Mouslimieh bei [[Aleppo]], Syrien
}}

Aktuelle Version vom 14. April 2025, 20:01 Uhr

Marga von Etzdorf (1932)
Marga von Etzdorf am Tag ihrer Flugprüfung im Dezember 1927 in Berlin-Staaken
Marga von Etzdorf im Jahr 1930
Marga von Etzdorf 1932 auf dem Flughafen Tempelhof
Ankunft in Tokio
Ordensverleihung in Tokio; von links nach rechts: ihr Onkel Hasso von Etzdorf (im diplomatischen Dienst des Deutschen Reiches), der ehemaligen Kriegsgeneral Nagaoka Gaishi (長岡外史; 1858–1933) und Chef der japanischen Zivilluftfahrt, Marga von Etzdorf, der deutsche Geschäftsträger in Tokio und Hashimoto Keizaburō
Aufbahrung in Hamburg – SS halten Ehrenwache an ihrem Sarg.
Grabmal von Etzdorf auf dem Invalidenfriedhof Berlin

Margarete „Marga“ Wolff gen. von Etzdorf (* 1. August 1907 in Spandau; † 28. Mai 1933 in Mouslimieh bei Aleppo, Syrien) war eine deutsche Fliegerin.

Sie flog 1931 als erste Frau alleine von Deutschland nach Japan.

Marga Wolff genannt von Etzdorf entstammte einer begüterten adligen Offiziersfamilie. Ihr Vater war der königlich preußische Hauptmann Fritz Wolff und ihre Mutter war Margarethe, geborene von Etzdorf. Nach dem frühen Unfalltod ihrer Eltern 1911 in Ragusa wuchs sie mit ihrer Schwester Ursula bei ihren Großeltern, dem 1910 geadelten königlich preußischen General der Infanterie Ulrich von Etzdorf und seiner Frau auf deren Gut bei Gehren (Niederlausitz) auf. Seit dem Jahr 1920 führten ihre Schwester Ursula und sie den Namen Wolff gen. von Etzdorf. Ihr Onkel war Hasso von Etzdorf.[1]

Marga Wolff gen. von Etzdorf war eine sehr sportliche Frau und an Fechten, Reiten und Hockey interessiert. Im Alter von 19 Jahren entschloss sie sich zu einer Ausbildung zur Pilotin. Im Dezember 1927 bestand sie nach viermonatiger Schulung bei der Flugschule Bornemann in Berlin-Staaken die Prüfung. Sie war nach Thea Rasche die zweite Frau, die nach dem Ersten Weltkrieg die Fluglizenz A2 erhielt. Wahrscheinlich konnte sie dort auch noch die Erlaubnis für die Klasse B1 erwerben. Ihre Ausbildung schloss sie mit dem Kunstflugschein ab.

Sie erhielt als erste Frau eine Stelle als Copilotin bei der Lufthansa (DLH). In einer Junkers F 13 beförderte sie Passagiere auf den Strecken Berlin–Breslau und Berlin–StuttgartBasel.[2] Nach 10.000 Flugkilometern, welche mit der DLH vertraglich vereinbart waren, erflog sie sich die für den Erwerb des B2-Scheins nötigen weiteren 5.000 km bei der Hamburger Luftverkehrsgesellschaft. Dazu musste sie dann als einziger Prüfling fünf Prüfern drei Stunden lang Rede und Antwort stehen. Die nötigen Kenntnisse hatte sie sich selbst beigebracht, weil Frauen an der Deutschen Verkehrsfliegerschule nicht zugelassen waren. Unterstützung erhielt sie dabei von Melitta Schiller, die als Ingenieurin bei der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in Adlershof arbeitete.

1929 machte sie auf Anregung von Adolf II. Fürst zu Schaumburg-Lippe eine Segelflugausbildung. Mit einem 90-Minuten-Flug auf dem Großen Heuberg (Schwäbische Alb) erwarb sie als eine der ersten Frauen weltweit den Segelflug-C-Schein. Noch im selben Jahr nahm sie mit dem Segelflugzeug „Hugo“ des Württembergischen Fliegervereins am 10. Rhön-Segelflugwettbewerb teil. Laut Ergebnisliste des Preisgerichts erhielt sie eine Prämie von 50 Reichsmark und eine Bonbonniere als Ehrenpreis.

Erste Langstreckenflüge

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1930 kaufte sie sich mit Unterstützung ihrer Großeltern ein eigenes Flugzeug, eine Junkers A 50 ce „Junior“, mit der Werknummer 3519 und dem Kennzeichen D-1811, die sie knallgelb spritzen ließ und der sie den Namen „Kiek in die Welt“ gab. Erst führte sie damit Reklame-, Passagier- und Kunstflüge durch. Zu ihren Spezialitäten gehörten Loopings und Flüge auf dem Rücken. Im Mai 1930 nahm sie an der ersten deutschen Damen-Kunstflugmeisterschaft teil, bei der sie Vierte wurde. Bald packte sie das Langstreckenfieber. Noch im selben Jahr flog sie mit ihrem „Junior“ nach Istanbul. Probleme mit dem Motor zwangen sie mehrfach zu Notlandungen. Nach einem längeren Aufenthalt in Istanbul konnte sie jedoch ohne weitere Probleme zurück nach Deutschland fliegen. Ihre Bewerbung mit diesem Flug für den Hindenburg-Pokal, die höchste deutsche Sportflugauszeichnung, musste abgelehnt werden, weil ihr Flugzeug entgegen dem Reglement keinen deutschen Motor hatte.

Bald danach bereitete sie ihren zweiten Langstreckenflug vor. „Kiek in die Welt“ erhielt größere Tanks, um die Reichweite zu verlängern und um Notlandungen aus Benzinmangel zu vermeiden. Am 14. November 1930 startete Marga von Etzdorf in Berlin und flog über Basel und Lyon nach Madrid. Da von Spanien aus die direkte Strecke bis Las Palmas de Gran Canaria immer noch zu lang war, musste sie in Rabat (Marokko) zum Tanken zwischenlanden, ehe sie am 6. Dezember bei ihrer Landung auf den Kanarischen Inseln mit Begeisterung empfangen wurde. Schwierigkeiten traten erst auf dem Rückflug auf: Schwere Unwetter über dem Mittelmeer zwangen sie zur Notlandung auf Sizilien. Beim Abflug von einer nassen Wiese am nächsten Tag berührte ein Flügel eine Mauer, was zum unfreiwilligen Startabbruch führte. Die Maschine war schwer beschädigt und musste, da Ersatzteile nicht zu beschaffen waren, mit der Eisenbahn nach Deutschland in das Junkers-Werk Dessau zurückgebracht werden.

Marga von Etzdorf fing 1931 an, einen – für die Sportfliegerei der Weimarer Republik – spektakulären Rekordflug nach Tokio vorzubereiten. Es galt nicht nur, Überfluggenehmigungen für alle Länder einzuholen, sondern auch die Finanzierung des Unternehmens sicherzustellen.

Am 18. August 1931 startete sie ohne großes Aufsehen in Berlin. Wegen des schlechten Wetters musste sie bereits nach drei Stunden in Königsberg zwischenlanden. Elf Stunden später erreichte sie ihr erstes Etappenziel, Moskau. Von dort flog sie über Nischni Nowgorod die Wolga entlang nach Kasan. Am dritten Tag ihrer Reise überquerte sie den Ural und folgte anschließend der Linie der Transsibirischen Eisenbahn bis Nowosibirsk. In Hailar nahe der mongolischen Grenze wunderte sie sich über die anwesende Presse, die jedoch nicht auf sie, sondern auf die britische Langstreckenpilotin Amy Johnson wartete, die ebenfalls nach Tokio unterwegs war. Da Johnson in Begleitung ihres Mechanikers flog, wurde Marga von Etzdorf die Anerkennung des ersten Alleinfluges einer Frau nach Japan zuteil. Am nächsten Tag überflog sie die Taiga und erreichte den Baikalsee. Nächste Station war Mukden, wo sie einen Tag pausieren musste, weil die für Japan benötigten Einreisepapiere noch nicht eingetroffen waren. In Korea landete sie ein weiteres Mal, um aufzutanken, bevor sie sich über die Japanische See wagte. Am Abend desselben Tages landete sie in Hiroshima. Nächstes Ziel war Osaka und von dort aus Tokio, das sie wegen der vielen militärischen Sperrgebiete aber nicht direkt anfliegen konnte.

Am 29. August 1931 erreichte Marga von Etzdorf nach 12 Tagen (11 Flugtagen) die japanische Hauptstadt. Tausende von Menschen begrüßten die Rekordfliegerin am Tokioter Flughafen.

Nach sechs Wochen Aufenthalt und einer Generalüberholung ihres Flugzeuges machte sich Marga von Etzdorf dann auf den Heimflug. In China saß sie zunächst wegen politischer Wirren monatelang fest. Als sie endlich weiterfliegen konnte, wollte sie in Bangkok Bekannte besuchen. Beim Start in Bangkok setzte jedoch der Motor ihres „Junior“ aus, und sie stürzte aus etwa 80 m Höhe ab. Dabei verletzte sie sich schwer, vor allem an der Wirbelsäule. Das Flugzeug hatte Totalschaden. Monatelang befand sie sich in medizinischer Behandlung in der Hauptstadt von Siam. Da „Kiek in die Welt“ nicht mehr zu retten war, flog sie schließlich in einem Verkehrsflugzeug zurück nach Berlin.
Hans Bertram schrieb 1933 in seinem Buch Flug in die Hölle,[3] er habe sie kurz nach dem Unglück am 4. April 1932 im Krankenhaus in Bangkok besucht.

Nach dem Japanflug

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Im Juli 1932 begrüßte Marga von Etzdorf ihre Kollegin, die Rekordfliegerin Elly Beinhorn, persönlich bei deren Rückkehr von ihrem Weltflug. In den folgenden Monaten hielt sie Vorträge über ihren Japanflug, um die leeren Kassen wieder zu füllen. In ihrem Kopf wuchs ein neuer Plan: Sie wollte nach Kapstadt fliegen, wofür sie bereits Vorbereitungen laufen hatte. Als sie aber erfuhr, dass Elly Beinhorn ebenfalls dieses Ziel ansteuern wollte, strebte sie nun danach, solo nach Australien zu fliegen.

Nach langen Verhandlungen stellte ihr die Firma Leichtflugzeugbau Klemm in Böblingen eine Klemm Kl 32 zur Verfügung. Am 27. Mai 1933 startete sie damit, gut vorbereitet, von Berlin-Staaken.

Bereits am nächsten Tag wurde ihr Flugzeug bei der Landung auf dem von der französischen Mandatsverwaltung betriebenen Flugplatz Mouslimieh bei Aleppo (Syrien) beschädigt, weil sie mit dem Wind gelandet war. Eine Reparatur wäre aber möglich gewesen. Nach Erledigung der Formalitäten soll sie die Flughafenpolizei um einen Raum gebeten haben, wo sie sich „eine halbe Stunde“ hinlegen konnte. Kaum war sie allein, lud sie die mitgeführte Maschinenpistole (Schmeisser 28/II, 9 mm) und setzte ihrem Leben mit zwei gezielten Schüssen in die Schläfe ein Ende. Ihre Leiche wurde einbalsamiert und im Sarg, zusammen mit ihrer Fliegeruniform, per Schiff nach Europa zurückgebracht.

Die Nationalsozialisten in Deutschland schlachteten ihren Tod propagandistisch aus und inszenierten sie als Fliegerheldin.[1] Nach feierlicher Aufbahrung in Hamburg und einem Trauergottesdienst in der evangelischen Kapelle des Berliner Invalidenhauses wurde sie, wenige Monate nach der Machtübernahme des NS-Regimes unter großer Anteilnahme u. a. der SA und SS auf dem dortigen Invalidenfriedhof bestattet. Ihr Grabstein trägt die von ihr selbst gewählte Aufschrift: „Der Flug ist das Leben wert.“ Der durch die Ausweitung der Sperranlagen an der Berliner Mauer in den 1970er Jahren zerstörte Grabstein ist 2003 rekonstruiert worden.

Über die Gründe für den Suizid ist viel spekuliert worden: Eine weitere Rückkehr ohne Flugzeug hätte ihren Ruf als Fliegerin zerstört – kein Hersteller hätte ihr mehr eine Maschine anvertraut, kein Sponsor nochmals ihre Unternehmungen finanziell unterstützt. Die Fliegerkarriere der erst 25-Jährigen wäre zu Ende gewesen. Erst 2007[1] wurde durch die Forschungen der Historikerin Evelyn Crellin öffentlich, dass von Etzdorf eine geheime Übereinkunft mit den Nazis eingegangen war und sie illegale Waffengeschäfte einleiten sollte. In ihrem letzten Gepäck wurde ein Brief von Ernst Heymann (Hauptmann a. D., Mitarbeiter der Rüstungsfirma Haenel und Waffenlobbyist mit Kontakten zur NSDAP) gefunden.[4] Aus dem Brief von Heymann ging hervor, dass die Maschinenpistole nicht nur der Selbstverteidigung, sondern vor allem illegalen Verhandlungen zum Vertrieb von Schmeisser-Maschinenpistolen dienen sollte. Beigefügt waren neben Zubehör und 100 Schuss Munition deutsche und englische Kataloge und Preislisten. An eventuellen Verkäufen solle sie mitverdienen.[5] Das Mitführen der Maschinenpistole wäre schon zum privaten Gebrauch nur mit Genehmigung des überflogenen Landes erlaubt gewesen. Der Handel mit derartigen Waffen verstieß aber auch gegen grundsätzliche Bestimmungen des Versailler Vertrages. Das Auswärtige Amt, das einen Diplomaten nach Aleppo geschickt hatte, war sich der Brisanz dieser Situation sehr wohl bewusst.[6] Frankreich hatte damals das Völkerbundmandat für Syrien und Libanon. Es wird heute vermutet, dass mit ein Grund für den Suizid die Furcht vor Entdeckung durch französische Offizielle und vor propagandistischer Verwertung durch die französische Regierung war. Diese verzichtete nach dem Tod darauf, aus dem Vorfall Kapital zu schlagen. In Deutschland wurde der Waffenschmuggel jahrzehntelang nie publiziert oder thematisiert.[6]

Sie erhielt für ihre fliegerischen Leistungen mehrfach hohe Auszeichnungen. In Japan hatte sie die selten verliehene „Goldene Verdienstmedaille“ des Kaiserlich Japanischen Aero-Clubs erhalten. Der Aero-Club von Deutschland verlieh ihr seine höchste Auszeichnung, die „Goldene Ehrenplakette“.[7]

In Stuttgart-Bad Cannstatt wurde im NeckarPark, einem neuen Wohn- und Gewerbegebiet, ein Platz nach Marga von Etzdorf benannt.[8]

Veröffentlichungen

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  • Kiek in die Welt. Als deutsche Fliegerin über drei Erdteilen. Union Verlag, Berlin 1931.
Commons: Marga von Etzdorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Christoph Gunkel: Flugpionierin Marga von Etzdorf: Rekordflug nach Tokio, Waffendeal mit den Nazis. In: spiegel.de. 27. August 2021, abgerufen am 30. August 2021.
  2. Rainer Schauer: Die kühnen Schwestern des Ikarus. In: faz.net. 8. August 2006, abgerufen am 30. August 2021.
  3. Hans Bertram: Flug in die Hölle. Drei Masken Verlag AG, Berlin 1933, S. 74.
  4. Alice Bota: Pilotin Marga von Etzdorf : Der Flug ist das Leben wert. In: Die Zeit. 2. Februar 2014, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 11. Februar 2019]).
  5. Evelyn Zegenhagen: „Schneidige deutsche Mädel“: Fliegerinnen zwischen 1918 und 1945. Wallstein, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8353-0179-5, S. 174–175 (Teilansicht bei Google Books). Ihre Angaben stützen sich maßgeblich auf eine Akte im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts (R 32480), die auch den auf S. 174, Anm. 121 abgedruckten Text des Briefes von Heymann enthält.
  6. a b Zegenhagen, S. 175
  7. Startseite – Frauenpersönlichkeiten in Berlin Mitte. Abgerufen am 11. Februar 2019.
  8. Stuttgarter Nachrichten, Stuttgart Germany: Bad Cannstatt: Mobilitätskonzept in der Kritik. Abgerufen am 11. Dezember 2020.