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„Koenigs-Knorr-Methode“ – Versionsunterschied

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Die '''Koenigs-Knorr-Methode''' dient zur synthetischen Herstellung von [[Polysaccharide]]n aus [[Monosaccarid]]en.
Die '''Koenigs-Knorr-Methode''' – benannt nach [[Wilhelm Koenigs]] (1851–1906) und seinem Mitarbeiter [[Eduard Knorr]] (1867–1926) – ist eine der bekanntesten Reaktionen in der [[Kohlenhydrat]]chemie und dient zur synthetischen Herstellung von [[Glykosid]]en aus [[Monosaccharid]]-[[Derivat (Chemie)|Derivaten]].


Die Chemiker Koenigs und Knorr behandelten im Jahre 1901 [[Acetobromglucose]] in [[Methanol]] mit Silber-(I)-carbonat und erhielten [[Methyl-b-D-glucose-tetraacetat]].
Die Chemiker Koenigs und Knorr behandelten im Jahre 1901 [[2,3,4,6-Tetra-O-acetyl-α-D-glucopyranosylbromid|2,3,4,6-Tetra-''O''-acetyl-α-D-glucopyranosylbromid]] (Acetobromglucose) in [[Methanol]] mit [[Silber(I)-carbonat]] und erhielten Methyl-2,3,4,6-tetra-''O''-acetyl-β-D-glucopyranosid.


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Die Methode wurde später durch Fischer und Helferich auf andere chlorsubstituierte Purine übertragen und damit erstmals auf synthetischem Weg [[Nucleosid]]e erzeugt. Sie wurde später durch zahlreiche Chemiker weiter verbessert und modifiziert.


== Reaktionsmechanismus ==
==Literatur==
Im ersten Schritt reagiert das Glycosylbromid mit [[Silbercarbonat]] unter Abspaltung von [[Silberbromid]] und dem Silbercarbonatanion zum Oxocarbeniumion. Aus diesem bildet sich ein Dioxolaniumion, welches vom Methanol über einen [[Nucleophile Substitution|S<sub>N</sub>2]]-Mechanismus am Carbonylkohlenstoffatom angegriffen wird. Durch diesen Angriff kommt es zur [[Walden-Umkehr|Inversion]]. Nach der Abspaltung eines Protons entsteht letztlich das [[Glykosid]].<ref>[[László Kürti]] und Barbara Czakó: ''Strategic Applications of Named Reactions in Organic Synthesis: Background and Detailed Mechanisms'', Elsevier Academic Press, 2005, S. 246–247, ISBN 978-0-12-429785-2.</ref>
* W. Koenigs, E. Knorr, Chem. Ber. 1901, 34, 957-981.


:[[Datei:Mechanismus Koenigs-Knorr-Methode V1.svg|rahmenlos|hochkant=3.0]]
[[Kategorie: Chemische Reaktion]]

Diese Reaktion kann auch auf Kohlenhydrate mit anderen [[Schutzgruppe]]n übertragen werden. In der [[Oligosaccharid]]synthese werden anstelle des Methanols Kohlenhydrate verwendet, die mit Schutzgruppen so verändert wurden, dass sie nur noch eine „freie“ [[Hydroxygruppe]] enthalten.

Die Methode wurde später durch [[Emil Fischer]] und [[Burckhardt Helferich]] auf andere chlorsubstituierte [[Purine]] übertragen und damit erstmals auf synthetischem Weg [[Nucleosid]]e erzeugt. Sie wurde später durch zahlreiche Chemiker weiter verbessert und modifiziert.

== Koenigs-Knorr-Kondensation ==
Eine Modifikation der Koenigs-Knorr-Methode ist die '''Koenigs-Knorr-Kondensation'''. Hierbei wird der Alkohol nicht als Lösungsmittel verwendet, sondern nur stöchiometrisch wie ein Reagenz eingesetzt und als Lösungsmittel dient ein aprotisches Lösungsmittel wie zum Beispiel [[Benzol]]. Im Ergebnis wird statt einem Glykosid dann ein über die anomere Position und die benachbarte Position verbrückter [[Orthoester]] gebildet. Dies kann dadurch erklärt werden, dass bei vorliegen einer geringeren Alkohol Konzentration dieser nicht im anomeren Zentrum nukleophil angreift, sondern stattdessen an der Stelle des Carbeniumions in der Dioxolan-Zwischenstufe. Der durch den Nachbargruppeneffekt gebildete Fünfring bleibt also nach Abspaltung eines Protons als neutrales Produkt erhalten.<ref name="perlin1963formation">{{Literatur |Autor=A. S. Perlin |Titel=FORMATION OF DIASTEREOISOMERIC ORTHOACETATES OF d-MANNOSE: NMR SPECTRAL EVIDENCE |Sammelwerk=[[Canadian Journal of Chemistry]] |Band=41 |Nummer=2 |Datum=1963 |Seiten=399–406 |DOI=10.1139/v63-058}}</ref><ref name="zhang1992glycosylation">{{Literatur |Autor=Y.-M. Zhang, J.-M. Mallet, P. Sinaÿ |Titel=Glycosylation using a one-electron-transfer, homogeneous reagent. Application to an efficient synthesis of the trimannosyl core of N-glycosylproteins |Sammelwerk=[[Carbohydrate Research]] |Band=236 |Nummer= |Datum=1992 |Seiten=73–88 |DOI=10.1016/0008-6215(92)85007-M}}</ref>
[[Datei:3,4,6-Tri-O-acetyl-1,2-O-(1-methoxyethyliden)-alpha-D-glucopyranose.svg|ohne|mini|250x250px|Beispielhaftes Produkt einer Koenigs-Knorr-Kondensation.]]

== Einzelnachweise ==
<references />

== Literatur ==
* {{Literatur | Autor=W. Koenigs, E. Knorr | Titel=[[Chemische Berichte]] | Nummer=34 | Seiten=957 | Verlag= | Ort=| Jahr= 1901}} [https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k907582/f1075.image.r=Berichte%20der%20Deutschen%20chemischen%20Gesellschaft.langDE online]

[[Kategorie:Namensreaktion]]

Aktuelle Version vom 30. August 2023, 01:14 Uhr

Die Koenigs-Knorr-Methode – benannt nach Wilhelm Koenigs (1851–1906) und seinem Mitarbeiter Eduard Knorr (1867–1926) – ist eine der bekanntesten Reaktionen in der Kohlenhydratchemie und dient zur synthetischen Herstellung von Glykosiden aus Monosaccharid-Derivaten.

Die Chemiker Koenigs und Knorr behandelten im Jahre 1901 2,3,4,6-Tetra-O-acetyl-α-D-glucopyranosylbromid (Acetobromglucose) in Methanol mit Silber(I)-carbonat und erhielten Methyl-2,3,4,6-tetra-O-acetyl-β-D-glucopyranosid.

Reaktionsmechanismus

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Im ersten Schritt reagiert das Glycosylbromid mit Silbercarbonat unter Abspaltung von Silberbromid und dem Silbercarbonatanion zum Oxocarbeniumion. Aus diesem bildet sich ein Dioxolaniumion, welches vom Methanol über einen SN2-Mechanismus am Carbonylkohlenstoffatom angegriffen wird. Durch diesen Angriff kommt es zur Inversion. Nach der Abspaltung eines Protons entsteht letztlich das Glykosid.[1]

Diese Reaktion kann auch auf Kohlenhydrate mit anderen Schutzgruppen übertragen werden. In der Oligosaccharidsynthese werden anstelle des Methanols Kohlenhydrate verwendet, die mit Schutzgruppen so verändert wurden, dass sie nur noch eine „freie“ Hydroxygruppe enthalten.

Die Methode wurde später durch Emil Fischer und Burckhardt Helferich auf andere chlorsubstituierte Purine übertragen und damit erstmals auf synthetischem Weg Nucleoside erzeugt. Sie wurde später durch zahlreiche Chemiker weiter verbessert und modifiziert.

Koenigs-Knorr-Kondensation

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Eine Modifikation der Koenigs-Knorr-Methode ist die Koenigs-Knorr-Kondensation. Hierbei wird der Alkohol nicht als Lösungsmittel verwendet, sondern nur stöchiometrisch wie ein Reagenz eingesetzt und als Lösungsmittel dient ein aprotisches Lösungsmittel wie zum Beispiel Benzol. Im Ergebnis wird statt einem Glykosid dann ein über die anomere Position und die benachbarte Position verbrückter Orthoester gebildet. Dies kann dadurch erklärt werden, dass bei vorliegen einer geringeren Alkohol Konzentration dieser nicht im anomeren Zentrum nukleophil angreift, sondern stattdessen an der Stelle des Carbeniumions in der Dioxolan-Zwischenstufe. Der durch den Nachbargruppeneffekt gebildete Fünfring bleibt also nach Abspaltung eines Protons als neutrales Produkt erhalten.[2][3]

Beispielhaftes Produkt einer Koenigs-Knorr-Kondensation.

Einzelnachweise

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  1. László Kürti und Barbara Czakó: Strategic Applications of Named Reactions in Organic Synthesis: Background and Detailed Mechanisms, Elsevier Academic Press, 2005, S. 246–247, ISBN 978-0-12-429785-2.
  2. A. S. Perlin: FORMATION OF DIASTEREOISOMERIC ORTHOACETATES OF d-MANNOSE: NMR SPECTRAL EVIDENCE. In: Canadian Journal of Chemistry. Band 41, Nr. 2, 1963, S. 399–406, doi:10.1139/v63-058.
  3. Y.-M. Zhang, J.-M. Mallet, P. Sinaÿ: Glycosylation using a one-electron-transfer, homogeneous reagent. Application to an efficient synthesis of the trimannosyl core of N-glycosylproteins. In: Carbohydrate Research. Band 236, 1992, S. 73–88, doi:10.1016/0008-6215(92)85007-M.