„Günter Zehm“ – Versionsunterschied
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'''Günther Albrecht Zehm''' (*12. Oktober [[1933]] in [[Crimmitschau]]/[[Sachsen]]) ist ein deutscher [[Publizist]] und [[Philosoph]]. Er war Mitarbeiter der Tageszeitungen [[Die Welt]] und [[Junge Freiheit]] und seit 1993 [[Honorarprofessor]] für [[Philosophie]] an der [[Friedrich-Schiller-Universität]] in [[Jena]]. Durch seine Aktivitäten im rechtskonservativen bis [[Rechtsextremismus|rechtsextremen]] Lager geriet er stark in die Kritik. |
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'''Günter Albrecht Zehm''' (* [[12. Oktober]] [[1933]] in [[Crimmitschau]]; † [[1. November]] [[2019]] in [[Bonn]]<ref name="SZ">Willi Winkler: [https://www.sueddeutsche.de/medien/nachruf-der-pankraz-1.4666407 ''Nachruf: Der Pankraz''] www.sueddeutsche.de, 3. November 2019</ref>) war ein deutscher [[Publizist]], [[Politische Verfolgung|politisch Verfolgter]] in der [[DDR]] und [[Philosoph]]. Ab 1993 war er [[Honorarprofessor]] für [[Philosophie]] an der [[Friedrich-Schiller-Universität Jena|Friedrich-Schiller-Universität]] in [[Jena]]. Zehm war ein langjähriger Mitarbeiter der Tageszeitung ''[[Die Welt]]''. Ab 1995 war er [[Kolumnist]] der [[Neue Rechte|neurechten]] Wochenzeitung ''[[Junge Freiheit]]''. |
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⚫ | Zehm studierte von 1950 bis 1952 in [[Universität Leipzig|Leipzig]] Publizistik, danach Philosophie bei [[Ernst Bloch]]. Nach seinem Abschluss als Diplomphilosoph erhielt er 1956 eine Assistenzstelle an der Universität Jena. In der Folge des [[Geschichte Ungarns#Liberale Demokratie und westliche Integration (1989–2010)|Volksaufstandes in Ungarn]] 1956 und der darauffolgenden Verfolgung Andersdenkender auch in der [[Deutsche Demokratische Republik|DDR]] wurde Zehm, aufgrund seiner Forderung nach Meinungsfreiheit und Kritik an der [[Sozialistische Einheitspartei Deutschlands|SED]], 1957 verhaftet und zu vier Jahren [[Zuchthaus]] verurteilt. Nach seiner Verurteilung saß Zehm drei Jahre in den [[Justizvollzugsanstalt Waldheim|Zuchthäusern Waldheim]] und [[Justizvollzugsanstalt Torgau|Torgau]]. Nach einer [[Amnestie]] 1960 [[Flucht aus der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR|floh er 1961 in die Bundesrepublik Deutschland]], studierte dann an der [[Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main|Universität Frankfurt]] bei [[Theodor W. Adorno]], [[Iring Fetscher]] und [[Carlo Schmid]] und wurde mit einer Arbeit über [[Jean-Paul Sartre]] promoviert. |
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Günter Zehm starb am 1. November 2019 im Alter von 86 Jahren an den Folgen eines Herzanfalles. Seine Grabstätte befindet sich auf dem [[Burgfriedhof (Bad Godesberg)|Burgfriedhof Bad Godesberg]].<ref>[[General-Anzeiger (Bonn)|Bonner General-Anzeiger]]: [https://trauer.general-anzeiger-bonn.de/MEDIASERVER/content/LH83/obi_new/2019_11/G%C3%BCnterAlbrecht-Zehm-Traueranzeige-835ee954-db96-4b34-9aa8-7ad52b5cbafb.pdf Traueranzeige].</ref> |
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Nach seinem Studium begann er [[1963]] als Feuilleton-Redakteur bei der Tageszeitung „[[Die Welt]]” und stieg bis zum stellvertretenden Chefredakteur auf (1977 bis 1989). Dabei vertrat er konsequent seine konservative Grundhaltung. [[1975]] begann Zehm unter dem Pseudonym „Pankraz” eine wöchentliche [[Kolumne]], die nach seinem Ausscheiden bei der „Welt” zunächst im konservativen „[[Rheinischer Merkur|Rheinischen Merkur]]” erschien. Nach einem dort wegen rechtsextremer Inhalte abgelehnten Kolumnenbeitrag veröffentlichte er ab [[1995]] in der rechtskonservativen bis rechtsextremen „[[Junge Freiheit|Jungen Freiheit]]” („JF”). Die Tätigkeit für die ''JF'' brachte ihm Kritik, insbesondere aus den Kreisen der [[Antifa]], ein, da sie dazu dienen würde, auch sonstige Beiträge gesellschaftsfähiger zu machen. Kritiker Zehms weisen auch darauf hin, dass er schon zu Beginn der Veröffentlichungen unter Pankraz nicht davor zurückschreckte, ihm unliebsamen Personen zu diffamieren. Andere beurteilen seine Beiträge dagegen so: „''In seinen Beiträgen balanciert Zehm als ,Pankraz’ teilweise auf einem schmalen Grat zwischen Regierungs- oder Justizkritik und Beleidigung, ohne jedoch bisher abgestürzt zu sein''.”{{lit|Hochschulzeitung 'Akruetzel'}} |
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Vom verurteilten Rechtsextremisten [[Hans-Dietrich Sander]], in dessen [[Staatsbriefe (Zeitschrift)|Staatsbriefen]] Beiträge von ihm veröffentlicht wurden, distanzierte Zehm sich später. Jedoch stellte er noch [[1998]] in einem Beitrag zu einer „Festschrift” unter dem Titel „Wagnis Wahrheit” (''erschienen im rechtsextremen Arndt-Verlag in Kiel'') für den verurteilten Holocaust-Leugner [[David Irving]] die Frage nach der Würde und dem Wert des Lebens eines hirngeschädigten Kindes. |
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Nach seinem Studium begann er 1963 als Feuilleton-Redakteur bei der Tageszeitung ''[[Die Welt]]'' und stieg bis zum stellvertretenden Chefredakteur auf (1977 bis 1989). Dabei vertrat er konsequent seine konservative Grundhaltung. Als der Westdeutsche Rundfunk (WDR) 1981 die Filmserie ''Holocaust'' senden wollte, kritisierte der nunmehr zum Feuilleton-Chef avancierte Zehm noch vor der ersten Ausstrahlung in der ''Welt'', dass die Ausstrahlung eine Unverschämtheit sei und dass der damalige Verantwortliche beim WDR, Hans-Ulrich Wagner, die 1,1 Millionen DM, die die Serie gekostet hatte, aus seiner Tasche bezahlen müsse.<ref>Heinz Werner Hübner im Gespräch mit Peter von Rüden in: Nordwestdeutsche Hefte zur Rundfunkgeschichte, Hrsg. von Peter von Rüden und Hans-Ulrich Wagner, Heft 3, März 2005, S. 50.</ref> [[Peter Weiss]]’ [[KZ Auschwitz|Auschwitz]]-Drama bezeichnete er in einem Leitartikel als Ostpropaganda und „[[Gehirnwäsche]] auf der Bühne“.<ref name="SZ" /> 1975 begann Zehm unter dem Pseudonym „Pankraz“ (nach der Novelle ''[[Pankraz, der Schmoller]]'' von [[Gottfried Keller]]<ref name="SZ" />) eine wöchentliche [[Kolumne]], die nach seinem Ausscheiden bei der ''Welt'' zunächst im konservativen ''[[Rheinischer Merkur|Rheinischen Merkur]]'' erschien. Nach seinem Ausscheiden beim ''Rheinischen Merkur'' veröffentlichte er ab 1995 in der rechtskonservativen ''[[Junge Freiheit|Jungen Freiheit]] (JF)''.<ref name="SZ" /> |
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Von dem wegen [[Volksverhetzung]] verurteilten Publizisten [[Hans-Dietrich Sander]], in dessen ''[[Staatsbriefe]]n'' (6–7/1992) eine am 19. Juni 1992 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gehaltene Rede Zehms abgedruckt wurde, distanzierte er sich später. |
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1998 trug er den Essay ''Über Würde und Anmut'' zu der Festschrift ''Wagnis Wahrheit'' (erschienen im [[Rechtsextremismus|rechtsextremen]] [[Arndt-Verlag (Kiel)|Arndt-Verlag]] in Kiel) für den verurteilten [[Holocaust]]-Leugner [[David Irving]] bei. Diesen Text hatte Zehm am 27. Juni 1998 auch an der Universität Jena vorgetragen. |
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Im [[Neue Rechte|neurechten]] [[Verlag Antaios|Antaios-Verlag]] von [[Götz Kubitschek]] wurden Zehms Jenaer Vorlesungen nachgedruckt.<ref name="SZ" /> |
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⚫ | Ende des Jahres 2000 startete die „Antifaschistische Hochschulgruppe Jena“ eine [[Kampagne]], mit der sie Zehm in einer „Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus“ verortete und insbesondere die Publikationen in der ''Jungen Freiheit'' und der genannten Festschrift kritisierte. Rückendeckung bekam der Professor unter anderem vom damaligen Rektor der Universität, [[Karl-Ulrich Meyn]]: „Ich teile die Meinungsäußerungen Herrn Zehms in keiner Weise und finde auch die von ihm gewählten Publikationswege nicht adäquat, aber ich kann darin nicht erkennen, dass er den Boden unserer freiheitlich-demokratischen Verfassung verlassen hat. … Das, was ich von Herrn Zehm gelesen habe, ist durch die Wissenschaftsfreiheit gedeckt. Wie sollte ich als Jurist ihm seine Grundrechte verwehren?“<ref>[https://idw-online.de/de/news27638 Rektor fordert faire intellektuelle Auseinandersetzung]</ref> |
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⚫ | Zehm wiederum bezeichnete seine Kritiker, denen sich auch Gewerkschaftsvertreter angeschlossen hatten, in einem Interview mit der ''[[Ostthüringer Zeitung|OTZ]]'' als „verlorene(n) Haufen von Radikalkommunisten“ und sprach von „Rufmord“. Er würde es sich nicht vorwerfen lassen wollen, „für eine Zeitung zu arbeiten, die keine Gesetze verletzt“. |
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=== Zitate === |
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* In einem Interview mit der Jungen Freiheit forderte Zehm, neben [[CDU]] und [[CSU]] ''„auch im parlamentarischen Raum eine seriöse Rechte zu etablieren”''. |
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* Auszug aus einem Artikel von Zehm für die Junge Freiheit: „''Der [[Holocaust]] ist an die Stelle Gottes getreten. Über 'das hohe C' im Namen von Parteien darf man spotten, aber an den Holocaust muß man glauben; wer Zweifel erkennen läßt, verschwindet hinter Gittern. Nicht viel anders steht es mit [[Multikulti]]. Das Vaterland, die Polis, darf nach Belieben verhöhnt werden; wer Multikulti ablehnt, wer Zuwanderung begrenzen oder Sozialhilfe für ,Asylanten’ kürzen will, der outet sich als ,Rassist’, und das ist fast so schlimm wie ,Verharmloser des Holocaust’.''” |
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* Zu David Irving äußerte Zehm: „''Wenn ein englisches Gericht sagt, dass er ein Auschwitz-Leugner ist, ist er für mich noch lange kein Verbrecher.''” Er sei vielmehr „''ein interessanter Wissenschaftler, der nur die Quellen sprechen lassen will''”. |
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== Publikationen == |
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''Siehe auch'': [[Neue Rechte]] |
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* ''Pankraz und der gesunde Menschenverstand. Glossen aus der Lebenswelt gegen Dick- und Dünnbrettbohrer.'' Verlag Styria, Köln/Graz/Wien 1988, ISBN 3-7990-5546-0 (255 Seiten). |
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* ''Pankraz. Kolumnen aus der Jungen Freiheit.'' Edition JF, Berlin 2000, ISBN 3-929886-05-7 (237 Seiten). |
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* ''Die große Schauspielerin Vernunft. Eine Geschichte des Rationalismus in der frühen Neuzeit.'' Edition Antaios, Schnellroda 2005, ISBN 3-935063-43-1. |
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* ''Das Böse und die Gerechten. Auf der Suche nach dem ethischen Minimum.'' Edition Antaios, Schnellroda 2005, ISBN 3-935063-44-X. |
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* ''Das Schlußwort Zarathustras. Friedrich Nietzsche und die Folgen.'' Edition Antaios, Schnellroda 2006, ISBN 3-935063-45-8. |
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* ''Maske und Mimesis. Eine kleine Philosophie der Medien.'' Edition Antaios, Schnellroda 2007, ISBN 978-3-935063-46-3. |
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* ''War Platon in Asien? Adnoten zur Globalisierung des Geistes.'' Edition Antaios, Schnellroda 2008, ISBN 978-3-935063-47-0. |
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* ''An der Kehre. Über die Krisen des Kapitalismus, des Westens und der Demokratie.'' Edition JF, Berlin 2012, ISBN 978-3-929886-38-2. |
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*''Freie Rede: über Tiefen und Untiefen genauen Sprechens.'' JF Edition, Berlin 2013, ISBN 978-3-929886-42-9. |
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*''Abbild und Ereignis: über Kunst, Theater und Film in der Moderne.'' JF Edition, Berlin 2016, ISBN 978-3-929886-60-3. |
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== Auszeichnungen == |
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* 1970: [[Theodor-Wolff-Preis]]<ref>{{Webarchiv|url=http://www.bdzv.de/twp/preistraeger-preisverleihung/preisverleihung-weitere-jahre/preisverleihung-weitere-jahre0/preisverleihung-1962-1997/ |wayback=20151208054652 |text=Preisträger der Jahre 1962 bis 1997 }} beim [[Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger]]</ref> |
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* ''Über den Tag hinaus. Festschrift für Günter Zehm.'' Edition JF, Berlin 2003, ISBN 3-929886-16-2 (399 Seiten). |
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* {{WWW-DDR|id=guenter-zehm|lemma=Zehm, Günter|autor=[[Siegmar Faust]]|band=2|idNum=3926}} |
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* Über den Tag hinaus. Festschrift für Günter Zehm. - Berlin: Edition JF, 2003, 399 S., ISBN 3-929886-16-2 |
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* [[Detlef Kühn]]: ''Günter Zehm.'' In: [[Karl Wilhelm Fricke]] (Hrsg.): ''Opposition und Widerstand in der DDR.'' C.H. Beck, München 2002, ISBN 978-3-406-47619-8, S. 254–257. |
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* [http://www.akruetzel.de/155/studentisch.html Hochschulzeitung 'Akruetzel' zu Günther Zehm] |
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== Weblinks == |
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* {{DNB-Portal|124966179}} |
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* [http://www.studis-online.de/Studieren/zehm1.doc Steffen Graefe: Der „Philosoph” des Ressentiments. Wie Günther Zehm 1976 Max Frisch diffamierte...] |
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* [http://www.nadir.org/nadir/aktuell/2000/12/21/2002.html Erklärung der Antifaschistischen Hochschulgruppe Jena vom 21.12.2000] |
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* [http://www.uni-protokolle.de/nachrichten/id/65941/ Rektor fordert faire intellektuelle Auseinandersetzung] |
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* [http://www.taz.de/pt/2001/02/10/a0042.nf/text Publizierender Philosoph.] Die Tageszeitung vom 10. Februar 2001 |
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* [http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2001/0221/feuilleton/0008/index.html Schlimmer als in der DDR. Dem Philosophieprofessor Günther Zehm in Jena wird geistige Brandstiftung vorgeworfen.] Berliner Zeitung vom 21. Februar 2001 |
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== Quellen == |
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Aktuelle Version vom 26. Juli 2024, 09:08 Uhr

Günter Albrecht Zehm (* 12. Oktober 1933 in Crimmitschau; † 1. November 2019 in Bonn[1]) war ein deutscher Publizist, politisch Verfolgter in der DDR und Philosoph. Ab 1993 war er Honorarprofessor für Philosophie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Zehm war ein langjähriger Mitarbeiter der Tageszeitung Die Welt. Ab 1995 war er Kolumnist der neurechten Wochenzeitung Junge Freiheit.
Studium und Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zehm studierte von 1950 bis 1952 in Leipzig Publizistik, danach Philosophie bei Ernst Bloch. Nach seinem Abschluss als Diplomphilosoph erhielt er 1956 eine Assistenzstelle an der Universität Jena. In der Folge des Volksaufstandes in Ungarn 1956 und der darauffolgenden Verfolgung Andersdenkender auch in der DDR wurde Zehm, aufgrund seiner Forderung nach Meinungsfreiheit und Kritik an der SED, 1957 verhaftet und zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Verurteilung saß Zehm drei Jahre in den Zuchthäusern Waldheim und Torgau. Nach einer Amnestie 1960 floh er 1961 in die Bundesrepublik Deutschland, studierte dann an der Universität Frankfurt bei Theodor W. Adorno, Iring Fetscher und Carlo Schmid und wurde mit einer Arbeit über Jean-Paul Sartre promoviert.
Günter Zehm starb am 1. November 2019 im Alter von 86 Jahren an den Folgen eines Herzanfalles. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Burgfriedhof Bad Godesberg.[2]
Publizistische Tätigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach seinem Studium begann er 1963 als Feuilleton-Redakteur bei der Tageszeitung Die Welt und stieg bis zum stellvertretenden Chefredakteur auf (1977 bis 1989). Dabei vertrat er konsequent seine konservative Grundhaltung. Als der Westdeutsche Rundfunk (WDR) 1981 die Filmserie Holocaust senden wollte, kritisierte der nunmehr zum Feuilleton-Chef avancierte Zehm noch vor der ersten Ausstrahlung in der Welt, dass die Ausstrahlung eine Unverschämtheit sei und dass der damalige Verantwortliche beim WDR, Hans-Ulrich Wagner, die 1,1 Millionen DM, die die Serie gekostet hatte, aus seiner Tasche bezahlen müsse.[3] Peter Weiss’ Auschwitz-Drama bezeichnete er in einem Leitartikel als Ostpropaganda und „Gehirnwäsche auf der Bühne“.[1] 1975 begann Zehm unter dem Pseudonym „Pankraz“ (nach der Novelle Pankraz, der Schmoller von Gottfried Keller[1]) eine wöchentliche Kolumne, die nach seinem Ausscheiden bei der Welt zunächst im konservativen Rheinischen Merkur erschien. Nach seinem Ausscheiden beim Rheinischen Merkur veröffentlichte er ab 1995 in der rechtskonservativen Jungen Freiheit (JF).[1]
Von dem wegen Volksverhetzung verurteilten Publizisten Hans-Dietrich Sander, in dessen Staatsbriefen (6–7/1992) eine am 19. Juni 1992 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gehaltene Rede Zehms abgedruckt wurde, distanzierte er sich später.
1998 trug er den Essay Über Würde und Anmut zu der Festschrift Wagnis Wahrheit (erschienen im rechtsextremen Arndt-Verlag in Kiel) für den verurteilten Holocaust-Leugner David Irving bei. Diesen Text hatte Zehm am 27. Juni 1998 auch an der Universität Jena vorgetragen.
Im neurechten Antaios-Verlag von Götz Kubitschek wurden Zehms Jenaer Vorlesungen nachgedruckt.[1]
Honorarprofessur in Jena
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1990 erhielt Zehm, nach der politischen Wende in der DDR, eine Dozentenstelle an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, die 1993 in eine Honorarprofessur umgewandelt wurde. Dies war vom Philosophischen Institut intern als „eine Form der Wiedergutmachung“ für die Vorgänge des Jahres 1957 verstanden worden. Weiterhin trat er auf den Sommeruniversitäten der Jungen Freiheit und den Bogenhausener Gesprächen der von 2001 bis 2006 bzw. seit 2012 als rechtsextrem eingestuften[4] Burschenschaft Danubia München als Referent auf, so zuletzt im Jahr 2000.
Die Debatten der Jahre 2000/2001
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ende des Jahres 2000 startete die „Antifaschistische Hochschulgruppe Jena“ eine Kampagne, mit der sie Zehm in einer „Grauzone zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus“ verortete und insbesondere die Publikationen in der Jungen Freiheit und der genannten Festschrift kritisierte. Rückendeckung bekam der Professor unter anderem vom damaligen Rektor der Universität, Karl-Ulrich Meyn: „Ich teile die Meinungsäußerungen Herrn Zehms in keiner Weise und finde auch die von ihm gewählten Publikationswege nicht adäquat, aber ich kann darin nicht erkennen, dass er den Boden unserer freiheitlich-demokratischen Verfassung verlassen hat. … Das, was ich von Herrn Zehm gelesen habe, ist durch die Wissenschaftsfreiheit gedeckt. Wie sollte ich als Jurist ihm seine Grundrechte verwehren?“[5]
Zehm wiederum bezeichnete seine Kritiker, denen sich auch Gewerkschaftsvertreter angeschlossen hatten, in einem Interview mit der OTZ als „verlorene(n) Haufen von Radikalkommunisten“ und sprach von „Rufmord“. Er würde es sich nicht vorwerfen lassen wollen, „für eine Zeitung zu arbeiten, die keine Gesetze verletzt“.
Die kontroversen Debatten wirkten über die Universitätsstadt hinaus und fanden deutschlandweit Beachtung, beispielsweise im Spiegel, der Tageszeitung und der Berliner Zeitung.
Publikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Historische Vernunft und direkte Aktion. Zur Politik und Philosophie Jean-Paul Sartres. Phil. F., Dissertation v. 27. Febr. 1963, Frankfurt am Main 1963, DNB 482341297 (230 Seiten).
- Pankraz und der gesunde Menschenverstand. Glossen aus der Lebenswelt gegen Dick- und Dünnbrettbohrer. Verlag Styria, Köln/Graz/Wien 1988, ISBN 3-7990-5546-0 (255 Seiten).
- Pankraz. Kolumnen aus der Jungen Freiheit. Edition JF, Berlin 2000, ISBN 3-929886-05-7 (237 Seiten).
- Eros und Logos. Eine Geschichte der antiken Philosophie. Edition Antaios, Schnellroda 2004, ISBN 3-935063-41-5.
- Der Leib und die Seele. Von den vielen Wurzeln der menschlichen Vernunft. Edition Antaios, Schnellroda 2004, ISBN 3-935063-42-3.
- Die große Schauspielerin Vernunft. Eine Geschichte des Rationalismus in der frühen Neuzeit. Edition Antaios, Schnellroda 2005, ISBN 3-935063-43-1.
- Das Böse und die Gerechten. Auf der Suche nach dem ethischen Minimum. Edition Antaios, Schnellroda 2005, ISBN 3-935063-44-X.
- Das Schlußwort Zarathustras. Friedrich Nietzsche und die Folgen. Edition Antaios, Schnellroda 2006, ISBN 3-935063-45-8.
- Maske und Mimesis. Eine kleine Philosophie der Medien. Edition Antaios, Schnellroda 2007, ISBN 978-3-935063-46-3.
- War Platon in Asien? Adnoten zur Globalisierung des Geistes. Edition Antaios, Schnellroda 2008, ISBN 978-3-935063-47-0.
- An der Kehre. Über die Krisen des Kapitalismus, des Westens und der Demokratie. Edition JF, Berlin 2012, ISBN 978-3-929886-38-2.
- Freie Rede: über Tiefen und Untiefen genauen Sprechens. JF Edition, Berlin 2013, ISBN 978-3-929886-42-9.
- Abbild und Ereignis: über Kunst, Theater und Film in der Moderne. JF Edition, Berlin 2016, ISBN 978-3-929886-60-3.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1970: Theodor-Wolff-Preis[6]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Über den Tag hinaus. Festschrift für Günter Zehm. Edition JF, Berlin 2003, ISBN 3-929886-16-2 (399 Seiten).
- Siegmar Faust: Zehm, Günter. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Detlef Kühn: Günter Zehm. In: Karl Wilhelm Fricke (Hrsg.): Opposition und Widerstand in der DDR. C.H. Beck, München 2002, ISBN 978-3-406-47619-8, S. 254–257.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Günter Zehm im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e Willi Winkler: Nachruf: Der Pankraz www.sueddeutsche.de, 3. November 2019
- ↑ Bonner General-Anzeiger: Traueranzeige.
- ↑ Heinz Werner Hübner im Gespräch mit Peter von Rüden in: Nordwestdeutsche Hefte zur Rundfunkgeschichte, Hrsg. von Peter von Rüden und Hans-Ulrich Wagner, Heft 3, März 2005, S. 50.
- ↑ Verfassungsschutzbericht Bayern 2003, S. 89.
- ↑ Rektor fordert faire intellektuelle Auseinandersetzung
- ↑ Preisträger der Jahre 1962 bis 1997 ( vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive) beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger
Personendaten | |
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NAME | Zehm, Günter |
ALTERNATIVNAMEN | Zehm, Günter Albrecht |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Publizist und Philosoph |
GEBURTSDATUM | 12. Oktober 1933 |
GEBURTSORT | Crimmitschau, Sachsen |
STERBEDATUM | 1. November 2019 |
STERBEORT | Bonn |
- Journalist (Deutschland)
- Zeitungsjournalist
- Kulturjournalist
- Person (Die Welt)
- Person (Junge Freiheit)
- Kolumnist
- Publizist
- Politische Literatur
- Literatur (Deutsch)
- Philosoph (20. Jahrhundert)
- Philosoph (21. Jahrhundert)
- Hochschullehrer (Friedrich-Schiller-Universität Jena)
- Person (Widerstand gegen die SED-Diktatur)
- Opfer der Diktatur in der DDR
- DDR-Flüchtling
- Träger des Theodor-Wolff-Preises
- Deutscher
- Geboren 1933
- Gestorben 2019
- Mann
- Person (Medien, Bonn)