„Brennnesseln“ – Versionsunterschied
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{{Weiterleitungshinweis|Brennessel|Zur Zeitschrift siehe [[Die Brennessel]]. Zum Kino siehe [[Brennessel (Programmkino)]].}} |
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<!-- Für Informationen zum Umgang mit dieser Vorlage siehe bitte [[Wikipedia:Taxoboxen]]. --> |
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! Brennnesseln |
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| Taxon_Name = Brennnesseln |
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| Taxon_WissName = Urtica |
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[[Bild:Brennnessel.jpg|thumb|290px|[[Große Brennnessel]] (''Urtica dioica'')]] |
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| Taxon_Rang = Gattung |
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| Taxon_Autor = [[Carl von Linné|L.]] |
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! align="center" bgcolor="#ffc0c0" | '''{{Taxonomy}}''' |
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| Taxon2_Name = |
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| Taxon2_WissName = Urticeae |
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| Taxon2_Rang = Tribus |
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| Taxon3_Name = Brennnesselgewächse |
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| Taxon3_WissName = Urticaceae |
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| ''{{Divisio}}:'' || [[Bedecktsamer]] (Magnoliophyta) |
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| Taxon3_Rang = Familie |
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| Taxon4_Name = Rosenartige |
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| ''{{Classis}}:'' || [[Dreifurchenpollen-Zweikeimblättrige]] <br />(Rosopsida) |
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| Taxon4_WissName = Rosales |
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| Taxon4_Rang = Ordnung |
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| ''{{Subclassis}}:'' || [[Rosenähnliche]] (Rosidae) |
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| Taxon5_Name = Eurosiden I |
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| Taxon5_WissName = |
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| ''{{Ordo}}:'' || [[Rosenartige]] (Rosales) |
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| Taxon5_Rang = ohne |
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| Taxon6_Name = Rosiden |
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| ''{{Familia}}:'' || [[Brennnesselgewächse]] <br />(Urticaceae) |
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| Taxon6_WissName = |
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| Taxon6_Rang = ohne |
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| ''{{Tribus}}:'' || Urticeae |
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| Bild = Brennnessel.jpg |
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| Bildbeschreibung = [[Große Brennnessel]] (''Urtica dioica'') |
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| ''{{Genus}}:'' || Brennnesseln |
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! [[Nomenklatur (Biologie)|Wissenschaftlicher Name]] |
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| class="taxo-name" | ''Urtica'' |
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| class="Person" | [[Carl von Linné|L.]] |
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! align="center" bgcolor="#ffc0c0" | '''[[Art (Biologie)|Arten]]''' |
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* [[Große Brennnessel]] (''U. dioica'') |
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* [[Kleine Brennnessel]] (''U. urens'') |
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* [[Pillen-Brennnessel]] (''U. pilulifera'') |
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* [[Sumpf-Brennnessel]] (''U. kioviénsis'') |
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* [[Geschwänzte Brennnessel]] (''U. dubia'') |
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* [[Sibirische Hanfnessel]] (''U. cannabina'') |
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[[Bild:Illustration Urtica dioica0.jpg|thumb|290px|Abbildung der Großen Brennnessel in [[Otto Wilhelm Thomé]]s "Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz", die 1885 in Gera erschien]] |
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Die '''Brennnesseln''' (''Urtica'') bilden eine [[Gattung (Biologie)|Gattung]] in der [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Brennnesselgewächse]] (Urticaceae) und gehören somit zu den [[Bedecktsamer]]n (Magnoliophyta). In [[Mitteleuropa]] sind etwa 45 Arten dieser Gattung anzutreffen. |
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Die '''Brennnesseln''' (''Urtica'') bilden eine [[Gattung (Biologie)|Pflanzengattung]] in der [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[Brennnesselgewächse]] (Urticaceae).<ref name="POWO" /> Die 30 bis 70 Arten kommen fast weltweit vor.<ref name="POWO" /> In Deutschland nahezu überall anzutreffen sind die [[Große Brennnessel]] und die [[Kleine Brennnessel]] sowie seltener die [[Röhricht-Brennnessel]] und die [[Pillen-Brennnessel]]. |
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== Botanische Merkmale == |
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== Beschreibung == |
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[[Datei:Illustration Urtica dioica0.jpg|mini|links|Illustration der Großen Brennnessel in [[Otto Wilhelm Thomé]]: ''Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz'', 1885 in Gera.]] |
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Brennnesseln sind [[krautige Pflanze]]n und erreichen, je nach Art, Standort und Nährstoffsituation, Wuchshöhen von zehn bis 250 Zentimetern. Ihre [[Stängel]] sind zumeist unverzweigt und mit [[Brennhaar|Brenn-]] sowie, artabhängig, [[Borstenhaar]]en besetzt. |
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=== Vegetative Merkmale === |
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Die auf der Oberseite ebenfalls behaarten, länglichen [[Blatt (Pflanze)|Blätter]] sind bis zu acht Zentimeter lang und von tiefgrüner Farbe, nach vorne zugespitzt, am Ansatz herzförmig und am Rande meist grob gesägt. Innerhalb einiger Arten gibt es jedoch auch Vertreter mit glattrandigen Blättern, dieses Merkmal wird etwa bei der [[Pillen-Brennnessel]] (''U. pilulifera'') rezessiv vererbt. Diese glattrandigen Pflanzen ähneln dem [[Majoran]] und waren besonders im [[18. Jahrhundert]] als „Spanischer Majoran“ Mittelpunkt einiger derber Scherze. Bei den meisten Arten sind die Blätter [[Phyllotaxis|kreuz-gegenständig angeordnet]] und besitzen häufig kleine [[Nebenblätter]] in den Blattachseln. Hier stehen auch die Blüten. |
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Brennnessel-Arten wachsen als einjährige oder ausdauernde [[krautige Pflanze]]n, selten als [[Halbstrauch|Halbsträucher]]. Die in Mitteleuropa vertretenen Arten erreichen je nach Art, Standort und Nährstoffsituation Wuchshöhen von 10 bis 300 [[Zentimeter]]n. Die ausdauernden Arten bilden [[Rhizom]]e als Ausbreitungs- und Überdauerungsorgane. Die grünen Pflanzenteile sind mit [[Brennhaar|Brenn-]] sowie [[Borstenhaar]]en besetzt. Ihre oft vierkantigen [[Sprossachse|Stängel]] sind verzweigt oder unverzweigt, aufrecht, aufsteigend oder ausgebreitet. |
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Die meist [[Phyllotaxis#Gegenständig|kreuz-gegenständig]] an der [[Sprossachse]] angeordneten [[Blatt (Pflanze)|Laubblätter]] sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die einfachen Blattspreiten sind elliptisch, lanzettlich, eiförmig oder kreisförmig und besitzen meist drei bis fünf (bis sieben) [[Blattader]]n. Der Blattrand ist meist gezähnt bis mehr oder weniger grob gezähnt. Die oft haltbaren [[Nebenblatt|Nebenblätter]] sind frei oder untereinander verwachsen. Die [[Zystolith]]en sind gerundet bis mehr oder weniger verlängert. |
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Die länglichen, in [[Rispe|Rispen]] stehenden, winzigen bis kleinen, unauffälligen [[Blüte]]n sind von weißer, gelegentlich blass-violetter Farbe und locken kleine Insekten als [[Bestäubung|Bestäuber]] an. Die Blüten sind vorwiegend eingeschlechtlich, enthalten also entweder die männlichen [[Staubbeutel]] oder einen weiblichen [[Fruchtknoten]]. Männliche und weibliche Blüten können auf einer Pflanze (einhäusig = [[monözisch]]) oder auf verschiedenen Pflanzen (zweihäusig = [[diözisch]]) anzutreffen sein. Die Blüte selbst setzt sich meist aus vier [[Blütenhülle|Blütenhüllblätter]]n (seltener können auch zwei bis fünf vorkommen) und einer ebenso großen Anzahl von [[Staubblätter]]n zusammen. Der [[Fruchtknoten]] liegt zentral in der Blüte und wird von nur einem [[Fruchtblatt]] gebildet. |
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=== Brennhaare === |
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Die Vermehrung erfolgt vorwiegend vegetativ über [[Rhizom (Botanik)|Rhizom]]e, ansonsten sind die Pflanzen windbestäubend, wenn sich die männlichen Hüllblätter öffnen, schnellen ihre Staubblätter hervor; dabei wird explosionsartig eine Wolke von [[Pollen]] in die Luft geschleudert. Der Wind überträgt anschließend den Pollen auf die weiblichen Blüten. |
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[[Datei:Urtica dioica stinging hair.jpg|mini|Brennhaare am Blattstiel einer Brennnessel, die Köpfchen sind zu erahnen]] |
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[[Datei:Urtica dioica hairs.jpg|mini|Brennhaare (groß) und normale Haare (klein) auf einem Blatt]] |
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[[Datei:Brennnessel Quaddeln.jpg|mini|Quaddeln nach Hautkontakt mit Brennnesseln]] |
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Bekannt und unbeliebt sind die Brennnesseln wegen der schmerzhaften [[Quaddel]]n (Schwellungen), die auf der Haut nach Berührung der [[Brennhaar]]e entstehen. Je nach Art sind die Folgen unterschiedlich schwer, so ist beispielsweise die Brennflüssigkeit der Kleinen Brennnessel (''Urtica urens'') wesentlich schmerzhafter als die der Großen Brennnessel (''Urtica dioica''). |
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Die daraus hervorgehenden oval elliptischen Früchte sind ein bis zwei Millimeter groß und werden als Nüsschen bezeichnet. |
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Diese Brennhaare wirken als [[Pflanzliche Abwehr von Herbivoren|Schutzmechanismus gegen Fressfeinde]] und sind überwiegend auf der Blattoberseite vorhanden. Es sind lange, einzellige Röhren, deren Wände im oberen Teil durch eingelagerte [[Kieselsäuren|Kieselsäure]] hart und spröde wie Glas sind. Das untere, flexiblere Ende ist stark angeschwollen, mit Brennflüssigkeit gefüllt und in einen Zellbecher eingesenkt, die Spitze besteht aus einem seitwärts gerichteten Köpfchen, unter dem durch die hier sehr dünne Wand eine Art [[Sollbruchstelle]] vorhanden ist. |
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[[Bild:Brennhaare.jpg|thumb|left|Brennhaare einer Brennnessel]] |
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Das Köpfchen kann schon bei einer leichten Berührung abbrechen und hinterlässt eine schräge, scharfe Bruchstelle, ähnlich der einer medizinischen Spritzen[[kanüle]]. Bei Kontakt sticht das Härchen in die Haut des Opfers, sein [[ameisensäure]]haltiger Inhalt spritzt mit Druck in die Wunde und verursacht sofort einen kurzen, brennenden [[Schmerz]] und dann die erwähnten, mit Brennen oder Juckreiz verbundenen Quaddeln. |
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=== Brennhaare === |
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Bekannt und unbeliebt sind die Brennnesseln wegen der schmerzhaften [[Quaddel]]n (Schwellungen), die auf der [[Haut]] nach Berührung der Brennhaare entstehen. |
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Weitere Wirkstoffe der Brennflüssigkeit sind [[Serotonin]], [[Histamin]], [[Acetylcholin]] und [[Natriumformiat]]. Bereits 100 Nanogramm dieser Brennflüssigkeit reichen aus, um die bekannte Wirkung zu erzielen. Histamin erweitert die Blutkapillaren und kann Reaktionen hervorrufen, die allergischen Reaktionen ähneln (diese werden unter anderem durch Freisetzung körpereigenen Histamins verursacht). Acetylcholin ist auch die Überträgersubstanz vieler Nervenendungen und für den brennenden Schmerz verantwortlich. Da fast alle Brennhaare nach oben gerichtet sind, lassen sich Brennnesseln mithilfe einer Überstreichung von unten nach oben relativ gefahrlos anfassen. |
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Diese Brennhaare hat die Pflanze als Schutzmechanismus unter den Blättern und am [[Stängel]] entwickelt. Es sind lange Röhren, deren Wände im oberen Teil durch eingelagerte [[Kieselsäure]] hart und spröde wie Glas sind. Das untere, flexiblere Ende ist stark angeschwollen und in einen Zellbecher eingesenkt, die Spitze besteht aus einem seitwärts gerichteten Köpfchen, unter dem durch die hier sehr dünne Wand eine Art Sollbruchstelle vorhanden ist. Brennnesseln lassen sich gefahrenlos anfassen wenn man die Pflanze von unten nach oben überstreicht. Andernfalls kann das Köpfchen schon bei einer leichten Berührung abbrechen und hinterlässt eine schräge, scharfe Bruchstelle, gleich der einer medizinischen Spritzenkanüle. Bei Kontakt bohrt sich das Härchen in die Haut des Opfers, in der dann der [[ameisensäure]]haltige Inhalt (Methansäure) daraus hervor in die Wunde quillt, die dann brennenden Schmerz und oft auch Entzündungen verursacht. |
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Auch ohne Eindringen der Brennhaare kann allein der Hautkontakt zur Brennflüssigkeit Folgen haben: Frischer Brennnessel-Schnitt verursacht bei Hautkontakt (z. B. beim Rasenmähen) zuerst keine Schmerzen, weil gebrochene Brennhaare nicht in die Haut stechen können und nur noch wenig Gift enthalten. Die spröden Brennhaare brechen bereits bei Mähmesser-Rotation und die Brennflüssigkeit fließt frei aus. Bei Benetzung empfindlicher Hautschichten mit Brennflüssigkeit (Knöchel- und Spannbereich) erfolgt eine späte Schmerzreaktion, da die Brennflüssigkeit nach Kontakt auf nervenloser Oberhaut ([[Epidermis (Wirbeltiere)|Epidermis]]) durch Poren in die darunterliegende Lederhaut ([[Dermis]]) eindringt. Dort erreicht sie erst nach Stunden freie Nervenendigungen ([[Nozizeptor]]en). Dagegen schmerzen Hauteinstiche spröder, ungebrochener Brennhaare schon in Sekundenbruchteilen. Die relativ lange Gift-Kontaktzeit ist zur späteren Verätzungsintensität direkt proportional. Nur langsam unter stechenden Schmerzen mit Schwellungen wird das in die Lederhaut eingedrungene Gift abgebaut und die großflächig verätzte Oberhaut durch eine neue ersetzt. |
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Weitere Wirkstoffe sind [[Serotonin]], [[Histamin]], [[Acetylcholin]] und [[Natriumformiat]]. Bereits ein Zehnmillionstel Gramm dieser Brennflüssigkeit reicht aus, um die bekannte Wirkung zu erzielen. |
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Die Brennnessel hat damit einer Reaktion der Haut ihren Namen gegeben, der [[Nesselsucht]] oder Urtikaria. Genau wie bei einer Reizung durch Brennnesseln verursacht sie juckende Quaddeln und es wird Histamin aus [[Mastzelle]]n der Haut freigesetzt. Die Ursachen können jedoch sehr unterschiedlich sein. |
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Histamin erweitert die Blutkapillaren und kann Reaktionen hervorrufen, die allergischen Reaktionen ähneln (diese werden u.A. durch Freisetzung körpereigenen Histamins verursacht). |
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[[Datei:Urtica dioica flowers.jpg|mini|Männlicher Blütenstand einer Großen Brennnessel kurz vor dem Aufblühen]] |
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Acetylcholin ist auch die Überträgersubstanz vieler Nervenendungen und für den brennenden Schmerz verantwortlich. |
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[[Datei:Urtica flowerdiagram.png|mini|links|hochkant|[[Blütendiagramm]]e von ''Urtica'':<br /> A männliche, B weibliche Blüte]] |
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[[Datei:Urtica dioica male-2.jpg|mini|hochkant|links|Ausschnitt eines Teilblütenstandes: Nahaufnahme einer männlichen Blüte, bei der Blüte in der Bildmitte sind die Blütenhüllblätter bereits geöffnet, die Staubblätter aber noch gespannt]] |
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=== Generative Merkmale === |
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Die Brennnessel hat auch einer [[Allergie|allergischen]] Reaktion der Haut ihren Namen gegeben, der [[Nesselsucht]] oder Urtikaria. Genau wie bei einer Reizung durch Brennnesseln verursacht sie juckende Quaddeln. Hierbei wird das Histamin aus [[Mastzelle]]n der Haut freigesetzt. |
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Brennnesseln sind je nach Art einhäusig ([[Monözie|monözisch]]) oder zweihäusig ([[Diözie|diözisch]]) getrenntgeschlechtig. In den Blattachseln stehen in verzweigten, [[Rispe|rispigen]], [[Ähre|ährigen]], [[Traube|traubigen]] oder kopfigen Gesamtblütenständen viele [[Sympodium|zymöse]] [[Blütenstand|Teilblütenstände]] mit jeweils vielen Blüten zusammen. Die relativ kleinen, unauffälligen, immer eingeschlechtigen [[Blüte]]n sind zwei- bis sechs-, meist jedoch vier- bis fünfzählig. |
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Die eingeschlechtigen Blüten sind etwas reduziert. Es sind (zwei bis) vier (bis fünf) [[Blütenhülle|Blütenhüllblätter]] vorhanden. Die männlichen Blüten enthalten meist (zwei bis) vier (bis fünf) [[Staubblatt|Staubblätter]]. Die weiblichen Blüten enthalten einen [[Fruchtknoten]], der zentral in der Blüte liegt und aus nur einem [[Fruchtblatt]] gebildet wird. |
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[[Bild:Brennnessel 1.JPG|thumb|left|Brennnessel im Wald]] |
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Die sitzenden, in den haltbaren inneren Blütenhüllblättern locker eingehüllten [[Nussfrucht|Nüsschen]] sind gerade, seitlich abgeflacht, eiförmig oder deltoid. Die aufrechten Samen enthalten wenig [[Endosperm]] und zwei fleischige, fast kreisförmige Keimblätter ([[Kotyledonen]]). |
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=== Verbreitung === |
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Die Brennnesseln sind nahezu weltweit verbreitet, sie sind nicht besonders anspruchsvoll, sie fehlen nur in [[Permafrost]]gebieten. Einzelne Arten sind nicht überall zu finden, die Große Brennnessel (''Urtica dioica'') zum Beispiel fehlt in den [[Tropen]], in [[Südafrika]], auf den [[Balearische Inseln|Balearen]] und auf [[Kreta]]. |
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Die [[Chromosom]]engrundzahl beträgt x = 12 oder 13. |
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Die Große Brennnessel kommt schwerpunktmäßig in [[Staude]]n- und ausdauernden [[Unkraut]][[flur]]en vor, aber auch in [[Bruchwald|Bruch-]] und [[Auwald|Auenwäldern]]. Sie ist eine [[Zeigerpflanze]] für hohe [[Stickstoff]]-Vorkommen im Boden und besiedelt als Pionierpflanze sehr schnell unbewachsene Flächen. Wenn sich die Pflanze erst einmal etabliert hat, die Nährstoffe zur Verfügung stehen und es nicht extrem trocken wird, hat die Brennnessel keine Probleme mehr, sich über viele Jahre (bis zu 20 Jahre) gegen alle anderen Pflanzen zu behaupten. Viele Arten leben auch als Bodenpflanzen, vornehmlich in tropischen und subtropischen Wäldern. |
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== Einige morphologisch ähnliche Arten == |
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[[Bild:KleinerFuchs(Raupe).jpg|thumb|Raupe Kleiner Fuchs auf Brennnessel]] |
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Die Arten der mit den Brennnesseln nicht verwandten Gattung der [[Taubnesseln]] (''Lamium'') sehen den Brennnesseln in Wuchs und Blattform sehr ähnlich, besitzen aber keine Brennhaare und sehr viel größere und auffälligere Blüten. Die ebenfalls ähnlichen Blätter der [[Nesselblättrige Glockenblume|Nesselblättrigen Glockenblume]] (''Campanula trachelium'') sind dagegen wechselständig. |
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=== Schmetterlingsweide === |
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Für die [[Raupe (Schmetterling)|Raupen]] von rund 50 [[Schmetterlinge|Schmetterlingsarten]] sind die Brennnesseln eine Futterpflanze. Die Schmetterlingsarten [[Admiral (Schmetterling)|Admiral]], [[Tagpfauenauge]], [[Kleiner Fuchs]] (auch als Nesselfalter bekannt), [[Silbergraue Nessel-Höckereule]], [[Dunkelgraue Nessel-Höckereule]], [[Brennnessel-Zünslereule]] (wissenschaftlich: ''Hypena obesalis'') und das [[Landkärtchen]] sind dafür sogar auf die Brennnessel angewiesen, andere Pflanzen kommen für diese Arten nicht in Betracht ([[Monophagie]]). |
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== Ökologie == |
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Trotzdem scheinen sich diese Schmetterlingsarten kaum gegenseitig [[Konkurrenz]] zu machen, denn sie bevorzugen jeweils andere Wuchssorten der Brennnessel oder sind relativ selten. |
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Brennnessel-Arten sind windbestäubt. Wenn sich bei den männlichen Blüten die Blütenhüllblätter öffnen, schnellen ihre Staubblätter hervor; dabei wird explosionsartig eine Wolke von [[Pollen]] in die Luft geschleudert. Der Wind überträgt anschließend den Pollen auf die weiblichen Blüten. |
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Die Ausbreitung der [[Diaspore]]n erfolgt durch Wind und Tiere. |
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=== Lebensraum für Schmetterlinge === |
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[[Datei:KleinerFuchs(Raupe).jpg|mini|Raupe des [[Kleiner Fuchs|Kleinen Fuchses]] auf Brennnessel]] |
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Für die [[Raupe (Schmetterling)|Raupen]] von rund 50 [[Schmetterlinge|Schmetterlingsarten]] sind bestimmte Brennnessel-Arten eine Futterpflanze. |
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Die Schmetterlingsarten [[Admiral (Schmetterling)|Admiral]], [[Tagpfauenauge]], [[Kleiner Fuchs]] (auch als Nesselfalter bekannt), [[Silbergraue Nessel-Höckereule]], [[Dunkelgraue Nessel-Höckereule]], [[Brennnessel-Zünslereule]] (''Hypena obesalis'') und das [[Landkärtchen]] sind dafür sogar auf die Brennnessel angewiesen, andere Pflanzenarten kommen für diese Arten nicht in Betracht ([[Monophagie]]). Trotzdem scheinen sich diese Schmetterlingsarten kaum gegenseitig [[Konkurrenz (Ökologie)|Konkurrenz]] zu machen, da sie entweder jeweils eine andere Wuchssorte der Brennnesseln bevorzugen oder relativ selten sind. |
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* Die Raupen des Kleinen Fuchses sind an trockenen und sonnigen Stellen zu finden. |
* Die Raupen des Kleinen Fuchses sind an trockenen und sonnigen Stellen zu finden. |
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* Das Tagpfauenauge mag es zwar gleichfalls sonnig, aber dennoch luftfeucht und bevorzugt daher Plätze an Gewässern. |
* Das Tagpfauenauge mag es zwar gleichfalls sonnig, aber dennoch luftfeucht und bevorzugt daher Plätze an Gewässern. |
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Beide Arten benötigen überdies größere Brennnesselbestände. |
Beide Arten benötigen überdies größere Brennnesselbestände. |
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* Der Admiral dagegen gibt sich schon mit Ansammlungen einiger weniger Pflanzen zufrieden und bevorzugt eher |
* Der Admiral dagegen gibt sich schon mit Ansammlungen einiger weniger Pflanzen zufrieden und bevorzugt eher kümmerliche Brennnesseln. |
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* Das Landkärtchen sucht sich die schattigsten Wuchsorte der Brennnessel aus, die oft großen und dichten Bestände in den fluss- und bachbegleitenden Auwäldern. |
* Das Landkärtchen sucht sich die schattigsten Wuchsorte der Brennnessel aus, die oft großen und dichten Bestände in den fluss- und bachbegleitenden Auwäldern. |
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Auf fast jeder Brennnessel sind Fraßspuren einzelner Insekten zu finden. Dabei müssen diese eine Strategie entwickelt haben, mit der sie die Brennhaare umgehen. Sie fressen sich um die Haare herum und bevorzugen dabei die Wege entlang der [[Blattader]]n und der Blattränder, da sich dort keine Brennhaare befinden. Vorteilhaft für die Insekten: Das Gift dringt nicht aus der Spitze, wenn das Haar unten an der Wurzel angefressen wird. |
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Auf fast jeder Brennnessel sind Fressspuren einzelner Insekten zu sehen. |
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Dabei müssen diese eine Strategie entwickelt haben, mit der sie die Brennhaare umgehen. |
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Sie fressen sich um die Haare herum und bevorzugen dabei die Wege entlang der Blattnerven und den Blatträndern, da sich dort keine Brennhaare befinden. |
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Vorteilhaft für die Insekten: Das "Gift" dringt nicht aus der Spitze, wenn das Haar unten an der Wurzel angefressen wird. |
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== Vorkommen == |
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Die Gattung ''Urtica'' ist fast weltweit verbreitet, lediglich in der [[Antarktis]] kommen keine Arten vor. Von den 30 bis 70 ''Urtica''-Arten kommen 14 in China vor. Hauptsächlich gedeihen ''Urtica''-Arten in den gemäßigten Gebieten der Nord- und der Südhalbkugel. Es gibt aber auch Arten in den Gebirgen der Tropen. |
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[[Bild:Urtica dioica dioica.jpg|thumb|200px|Brennnessel-Standort]] |
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Im deutschsprachigen Raum kommen vier Brennnessel-Arten vor: Die bekanntesten sind die zweihäusige [[Große Brennnessel]] (''Urtica dioica'') und die einhäusige [[Kleine Brennnessel]] (''Urtica urens''); außerdem existieren hier noch die [[Röhricht-Brennnessel]] (''Urtica kioviensis'') und die aus dem Mittelmeerraum eingeschleppte [[Pillen-Brennnessel]] (''Urtica pilulifera''),<ref name="ExkÖst2" /><ref name="Oberdorfer7" /><ref name="Rothmaler2-13" /><ref name="Hess3" /> deren gelegentliche mitteleuropäische Vorkommen auf die Kulturflucht aus Kräutergärten zurückzuführen ist, in denen sie wegen ihrer schleimigen Samen kultiviert wurde. |
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=== Die Brennnessel in der Küche === |
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Junge Brennnesseltriebe können wie [[Spinat]] als [[Blattgemüse]] zubereitet und, sofern sie ganz jung sind, sogar im [[Salat]] verwendet werden. Am besten schmecken die ersten, etwa 20 Zentimeter langen Triebe im Frühjahr. In Mitteleuropa, unter anderem den Niederlanden, Luxemburg, Österreich und Deutschland werden Brennnesseln auch zur Herstellung von [[Brennnesselkäse]] verwendet. |
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Einige Arten sind sehr anspruchslos und besiedeln deshalb ein breites Spektrum an [[Habitat]]en. |
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Früher wurden gelegentlich [[Butter]], [[Speisefisch|Fisch]] und [[Fleisch]] in Brennnesselblätter gepackt, um sie länger frisch zu halten. Tatsächlich verhindern die Wirkstoffe der Brennnessel die Vermehrung bestimmter [[Bakterien]]. Diese Praxis ist sogar gerichtsnotorisch: [[1902]] wurde eine [[Berlin]]er Milchhändlerin auf Grund der Brennnesselblätter in ihrer [[Milch]] wegen Lebensmittelverfälschung angeklagt. Mit der Begründung, dass dies ein „allgemein geübtes Verfahren“ sei, wurde die Händlerin jedoch freigesprochen. |
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=== Zeigerfunktion === |
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In [[Russland]] gab man Brennnesseltriebe in das Futter von [[Küken]] und [[Kalb|Kälbern]] damit sie schneller wuchsen, in Deutschland häckselte man die Brennnessel und gab sie den Schweinen als Beifutter. |
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Ein starker Brennnesselwuchs gilt allgemein als [[Zeigerpflanzen|Zeiger]] für einen [[stickstoff]]reichen Boden und bildet sich oft als [[Ruderalvegetation|Ruderalpflanze]] auf früher besiedelten Stellen aus. Eine große Anzahl Brennnesseln in einem Gebiet erlaubt es somit, auch ohne chemische Untersuchungen Rückschlüsse auf die Bodenbeschaffenheit zu ziehen. |
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== Systematik == |
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Der unangenehmen Wirkung der Brennnesselhärchen kann man entgegenwirken, indem man die Triebe in ein Tuch wickelt und stark wringt, sie kurz in ein heißes Wasserbad taucht oder ihnen eine kräftige Dusche verabreicht. |
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Die Gattung ''Urtica'' wurde 1753 durch [[Carl von Linné]] in ''[[Species Plantarum]]'' aufgestellt.<ref name="SpPl" /> Zum [[Protolog]] gehört auch die Diagnose in ''[[Genera Plantarum]]''.<ref name="GenPl" /> Der Gattungsname ''Urtica'' leitet sich vom lateinischen Wort ''urere'' für „brennen“ ab. Synonyme für ''Urtica'' {{Person|L.}} sind: ''Selepsion'' {{Person|Raf.}}, ''Vrtica'' {{Person|Noronha}}<ref name="POWO" /> |
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[[Datei:Urtica atrovirens plage Bussaglia Corse.jpg|mini|Blühende ''[[Urtica atrovirens]]'']] |
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=== Die Brennnessel in der Pflanzenheilkunde === |
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[[Datei:Urtica cannabina.jpg|mini|[[Sibirische Hanfnessel]] (''Urtica cannabina''), blühend]] |
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Die mehrjährige Große Brennnessel (''Urtica dioica'') ist eines der ältesten [[Heilkraut|Heilkräuter]] mit einem breiten Wirkungsspektrum und gilt heute längst nicht mehr nur als [[Unkraut]], sondern auch unter Wissenschaftlern wieder als eine „Königin unter den Heilpflanzen“. |
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[[Datei:Ongaonga close-up.jpg|mini|[[Ongaonga]] (''[[Urtica ferox]]'')]] |
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[[Datei:Urtica membranacea (Flower).jpg|mini|[[Geschwänzte Brennnessel]] (''Urtica membranacea''), blühend]] |
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[[Datei:Urtica pilulifera DSC 0062.JPG|mini|[[Pillen-Brennnessel]] (''Urtica pilulifera'')]] |
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[[Datei:Urtica stachyoideskz4.jpg|mini|''[[Urtica stachyoides]]'']] |
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[[Datei:Urtica thunbergiana01.jpg|mini|Stängel, gegenständige, gestielte Laubblätter und Nebenblätter von ''[[Urtica thunbergiana]]'']] |
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Die Gattung der Brennnesseln (''Urtica'') enthält je nach Autor 30 bis 70 Arten:<ref name="POWO" /> |
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Die Brennnessel enthält als wirksame Bestandteile viel [[Vitamin C]] und [[Vitamin A|Provitamin A]], [[Caffeoyl]]-[[Chinasäure]]n, beispielsweise [[Caffeoyl]]-[[Äpfelsäure]], [[Mineral]]salze, besonders [[Kalzium]]- und [[Kalium]]salze, [[Gerbstoffe]] wie [[Kieselsäure|Kiesel-]] und [[Ameisensäure]], [[Magnesium]], [[Eisen]], [[Chlorophyll]], [[Schleim]], [[Acetylcholin]], [[Wachs]] und [[Ätherisches Öl|ätherische Öle]] sowie [[biogen|biogene]] [[Amin]]e wie [[Histamin]] und [[Serotonin]] als Bestandteil des Nesselgiftes. |
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Sie wirkt blutreinigend, [[Blut|blutbildend]] und [[Harn|harntreibend]]. |
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* ''[[Urtica ardens]]'' {{Person|Link}} (Syn.: ''Urtica parviflora'' {{Person|Roxb.}}, ''Urtica virulenta'' {{Person|Wall.}}): Sie kommt im [[Himalaja]] vom nördlichen [[Indien]] über [[Bhutan]], [[Sikkim]] sowie [[Nepal]] bis zum südöstlichen [[Tibet]] und den chinesischen Provinzen westlichen [[Guangxi]], zentralen bis südlichen [[Yunnan]] vor.<ref name="FOC" /> |
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Die Caffeoyl-Chinasäuren wirken [[Schmerz|schmerzlindernd]], [[adstringierend]] und [[Entzündung|entzündungshemmend]], was die Medizin vor allem zur Linderung von [[Arthrose|Arthroseschmerzen]] und [[Rheumatismus|Gelenkrheumatismus]] nutzt; außerdem werden Brennnesseln therapeutisch eingesetzt bei Erkrankungen der [[Atmungsorgane]] und [[Magen-Darm-Katarrh]] mit [[Kolik]]schmerzen. |
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* ''[[Urtica aspera]]'' {{Person|Petrie}}: Sie kommt nur auf der neuseeländischen Südinsel vor.<ref name="FloraNZ" /> |
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* ''[[Urtica atrichocaulis]]'' ({{Person|Hand.-Mazz.}}) {{Person|C.J.Chen}}: Sie gedeiht in Tälern, entlang von Fließgewässern und an Straßenrändern in Höhenlagen von 300 bis 2600 Metern in den chinesischen Provinzen südwestliches [[Guizhou]], [[Sichuan]] sowie Yunnan.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica atrovirens]]'' {{Person|Req.}} ex {{Person|Loisel.}} (Syn.: ''Urtica grandidentata'' {{Person|Moris}}): Sie kommt nur auf [[Korsika]], [[Sardinien]] und dem italienischen [[Toskanisches Archipel|Toskanischen Archipel]] vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica australis]]'' {{Person|Hook. f.}} (Syn.: ''Urtica aucklandica'' {{Person|Hook. f.}}): Sie kommt nur auf kleinen Inseln um [[Neuseeland]] vor.<ref name="FloraNZ" /> |
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* ''[[Urtica ballotifolia]]'' {{Person|Wedd.}} (Syn.: ''Urtica ballotifolia'' var. ''macrostachya'' {{Person|Wedd.}}, ''Urtica longispica'' {{Person|Killip}}): Sie kommt im westlichen Südamerika von [[Kolumbien]] über [[Ecuador]] bis [[Peru]] und bis zum nordwestlichen [[Venezuela]] vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica berteroana]]'' {{Person|Phil.}} (Syn.: ''Urtica echinata'' var. ''berteroana'' {{Person|(Phil.) Wedd.}}): Sie kommt im westlichen Bolivien und im zentralen Chile vor.<ref name="POWO" /> |
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* [[Mallorca-Brennnessel]]<ref name="Zander2008" /> (''Urtica bianorii'' ({{Person|Knoche}}) {{Person|Paiva}}): Sie ist auf [[Mallorca]] endemisch.<ref name="Euro+Med" /> |
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* [[Sibirische Hanfnessel]]<ref name="Zander2008" /> (''Urtica cannabina'' {{Person|L.}}): Sie ist in Zentralasien von Sibirien und China weitverbreitet. Es gibt Fundortangaben für [[Kasachstan]], [[Kirgisistan]], China, [[Chita (Aichi)|Chita]], die [[Innere Mongolei]], die [[Mongolei]], [[Republik Altai|Altai]], [[Burjatien]], [[Oblast Irkutsk|Irkutsk]], [[Krasnoyarsk]] sowie [[Sacha|Jakutien]]. Sie ist in vielen Gebieten Eurasiens ein [[Neophyt]].<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica chamaedryoides]]'' {{Person|Pursh}}: Es gibt zwei Unterarten:<ref name="POWO" /> |
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** ''Urtica chamaedryoides'' {{Person|Pursh}} subsp. ''chamaedryoides'' (Syn.: ''Urtica alba'' {{Person|Raf.}}, ''Urtica aureliana'' {{Person|Riddell}}, ''Urtica berlandiera'' {{Person|Blume}}, ''Urtica bovista'' {{Person|Riddell ex Wedd.}}, ''Urtica chamaedryoides'' var. ''angustifolia'' {{Person|Wedd.}}, ''Urtica chamaedryoides'' var. ''latifolia'' {{Person|Wedd.}}, ''Urtica chamaedryoides'' var. ''orizabae'' {{Person|(Liebm.) Wedd.}}, ''Urtica chamaedryoides'' var. ''parvifolia'' {{Person|Wedd.}}, ''Urtica chamaedryoides'' var. ''runyonii'' {{Person|Correll}}, ''Urtica gracilescens'' {{Person|Blume}}, ''Urtica gracilis'' {{Person|Raf.}} non {{Person|Aiton}}, ''Urtica orizabae'' {{Person|Liebm.}}, ''Urtica propinqua'' {{Person|Liebm.}}, ''Urtica purpurascens'' {{Person|Nutt.}}, ''Urtica stachydifolia'' {{Person|Kunth & C.D.Bouché}}, ''Urtica verna'' {{Person|Raf.}}): Sie kommt von den zentralen und südöstlichen Vereinigten Staaten bis Guatemala vor.<ref name="POWO" /> |
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** ''Urtica chamaedryoides'' subsp. ''microsperma'' {{Person|Hauman}}: Sie kommt von Bolivien bis ins nordöstliche und nördliche-zentrale Argentinien vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica chengkouensis]]'' {{Person|W.T.Wang}}: Sie wurde 2017 aus Sichuan erstbeschrieben.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica circularis]]'' {{Person|Sorarú}} (Syn.: ''Urtica chamaedryoides'' var. ''circularis'' {{Person|(Hicken) Hauman}}, ''Urtica spatulata'' var. ''circularis'' {{Person|Hicken}}): Sie kommt vom südlichen [[Bolivien]] über [[Paraguay]] sowie [[Uruguay]] bis zum südlichen [[Brasilien]] und nördlichen [[Argentinien]] vor.<ref name="POWO" /> |
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* [[Große Brennnessel]]<ref name="Zander2008" /> (''Urtica dioica'' {{Person|L.}}): Sie ist in Eurasien, Nordafrika und Nordamerika weitverbreitet und ist in Polynesien sowie Südamerika ein Neophyt. |
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* ''[[Urtica echinata]]'' {{Person|Benth.}}: Sie kommt vom westlichen Südamerika bis zum nordwestlichen Argentinien vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica ferox]]'' {{Person|G.Forst.}}: Sie kommt auf der Nord- und Südinsel Neuseelands vor.<ref name="FloraNZ" /> Die Berührung mit den Blättern dieser Art kann schwere Vergiftungen hervorrufen. |
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* ''[[Urtica fissa]]'' {{Person|E.Pritz.}}: Sie kommt in Vietnam und in China vor.<ref name="FOC" /> |
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* ''[[Urtica flabellata]]'' {{Person|Kunth}}: Sie kommt von westlichen Südamerika bis Argentinien vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica glomeruliflora]]'' {{Person|Steud.}}: Dieser [[Endemit]] kommt auf den [[Juan-Fernández-Inseln]] vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica gracilis]]'' {{Person|Aiton}}: Es gibt etwa fünf Unterarten:<ref name="POWO" /> |
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** ''Urtica gracilis'' subsp. ''aquatica'' {{Person|(Liebm.) Weigend}} (Syn.: ''Urtica aquatica'' {{Person|Liebm.}}, ''Urtica mexicana'' {{Person|Blume}}, ''Urtica serra'' {{Person|Blume}}): Sie kommt von Mexiko bis Guatemala vor.<ref name="POWO" /> |
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** ''Urtica gracilis'' {{Person|Aiton}} subsp. ''gracilis'' (Syn.: ''Urtica californica'' {{Person|Greene}}, ''Urtica cardiophylla'' {{Person|Rydb.}}, ''Urtica dioica'' var. ''californica'' {{Person|(Greene) C.L.Hitchc.}}, ''Urtica dioica'' subsp. ''gracilis'' {{Person|(Aiton) Selander}}, ''Urtica dioica'' var. ''gracilis'' {{Person|(Aiton) Roy L.Taylor & MacBryde}}, ''Urtica dioica'' var. ''lyallii'' {{Person|(S.Watson) C.L.Hitchc.}}, ''Urtica dioica'' var. ''procera'' {{Person|(Muhl. ex Willd.) Wedd.}}, ''Urtica gracilis'' var. ''latifolia'' {{Person|Farw.}}, ''Urtica lyallii'' {{Person|S.Watson}}, ''Urtica lyallii'' var. ''californica'' {{Person|(Greene) Jeps.}}, ''Urtica procera'' {{Person|Muhl. ex Willd.}}, ''Urtica strigosissima'' {{Person|Rydb.}}, ''Urtica viridis'' {{Person|Rydb.}}): Sie ist in Nordamerika von [[Alaska]] über die USA bis Mexiko weitverbreitet.<ref name="POWO" /> |
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** ''Urtica gracilis'' subsp. ''holosericea'' {{Person|(Nutt.) W.A.Weber}} (Syn.: ''Urtica breweri'' {{Person|S.Watson}}, ''Urtica dioica'' subsp. ''holosericea'' {{Person|(Nutt.) Thorne}}, ''Urtica dioica'' var. ''holosericea'' {{Person|(Nutt.) C.L.Hitchc.}}, ''Urtica dioica'' var. ''occidentalis'' {{Person|S.Watson}}, ''Urtica gracilis'' var. ''densa'' {{Person|(Jeps.) Jeps.}}, ''Urtica gracilis'' var. ''greenei'' {{Person|(Jeps.) Jeps.}}, ''Urtica gracilis'' var. ''holosericea'' {{Person|(Nutt.) Jeps.}}, ''Urtica holosericea'' {{Person|(Nutt.) Nutt.}}, ''Urtica trachycarpa'' {{Person|Wedd.}}): Sie kommt von den westlichen bis westlichen-zentralen USA bis zum mexikanischen Bundesstaat [[Baja California Norte]] vor.<ref name="POWO" /> |
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** ''Urtica gracilis'' subsp. ''incaica'' {{Person|Weigend}}: Sie kommt in Peru vor.<ref name="POWO" /> |
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** ''Urtica gracilis'' subsp. ''mollis'' {{Person|(Steud.) Weigend}} (Syn.: ''Urtica buchtienii'' {{Person|Ross}}): Sie kommt in Chile und in Argentinien vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica hyperborea]]'' {{Person|Jacq.}} ex {{Person|Wedd.}}: Sie kommt in China und in [[Sikkim]] vor.<ref name="FOC" /> |
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* ''[[Urtica incisa]]'' {{Person|Poir.}}: Sie kommt in Australien, Tasmanien und auf Neuseeland vor.<ref name="FloraNZ" /> |
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* [[Röhricht-Brennnessel]]<ref name="Zander2008" /> (''Urtica kioviensis'' {{Person|Rogow.}}): Sie kommt in Mittel- und Osteuropa vor. |
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* ''[[Urtica laetevirens]]'' {{Person|Maxim.}}: Sie kommt in zwei Unterarten in China, Japan, Korea und im fernöstlichen Russland vor.<ref name="FOC" /> |
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* ''[[Urtica leptophylla]]'' {{Person|Kunth}}: Sie kommt von Mittelamerika bis Bolivien und dem nordwestlichen Venezuela vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica lilloi]]'' ({{Person|Hauman}}) {{Person|Geltman}}: Sie kommt im nordwestlichen Argentinien vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica linearifolia]]'' ({{Person|Hook. f.}}) {{Person|Cockayne}}: Sie kommt in Neuseeland vor.<ref name="FloraNZ" /> |
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* ''[[Urtica macbridei]]'' {{Person|Killip}}: Sie kommt in Ecuador und in Peru vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica magellanica]]'' {{Person|Juss.}} ex {{Person|Poir.}}: Sie kommt von Ecuador bis ins südliche Südamerika vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica mairei]]'' {{Person|H.Lév.}}: Sie kommt vom südöstlichen Tibet bis China und dem nordöstlichen Vietnam und in Taiwan vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica masafuerae]]'' {{Person|Phil.}}: Dieser Endemit kommt nur auf den [[Juan-Fernández-Inseln]] vor.<ref name="POWO" /> |
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* [[Geschwänzte Brennnessel]]<ref name="Zander2008" /> (''Urtica membranacea'' {{Person|Poir.}} ex {{Person|Savigny}}): Sie kommt in Europa im Mittelmeerraum, in Westeuropa und auf den [[Azoren]] vor. |
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* ''[[Urtica mexicana]]'' {{Person|Liebm.}}: Sie kommt von Mexiko bis Guatemala vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica mollis]]'' {{Person|Steud.}}: Sie wird auch als Unterart ''Urtica gracilis'' subsp. ''mollis'' {{Person|(Steud.) Weigend}} angesehen. Sie kommt in Chile und Argentinien vor.<ref name="POWO" /> |
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* [[Maulbeerblättrige Brennnessel]]<ref name="Zander2008" /> (''Urtica morifolia'' {{Person|Poir.}}), kommt auf Madeira, den Kanaren und eingebürgert auf den Azoren vor.<ref name="Euro+Med" /> |
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* ''[[Urtica orizabae]]'' {{Person|Liebm.}}: Sie wird als Synonym von ''Urtica chamaedryoides'' {{Person|Pursh}} angesehen.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica parviflora]]'' {{Person|Roxb.}}: Sie kommt im nördlichen Indien, in Kaschmir, Nepal, Sikkim, Bhutan und in China vor.<ref name="FOC" /> |
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* [[Pillen-Brennnessel]]<ref name="Zander2008" /> (''Urtica pilulifera'' {{Person|L.}}): Sie ist in Eurasien und Nordafrika weitverbreitet. |
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* ''[[Urtica pubescens]]'' {{Person|Ledeb.}}: Sie kommt in Russland vor. |
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* ''[[Urtica platyphylla]]'' {{Person|Wedd.}}: Sie kommt in Japan, auf den Kurilen, in Sachalin, Kamtschatka und in Russlands fernem Osten vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica praetermissa]]'' {{Person|V.W.Steinm.}}: Sie kommt im zentralen und südwestlichen Mexiko vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica rupestris]]'' {{Person|Guss.}}: Dieser Endemit kommt nur auf Sizilien vor. |
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* ''[[Urtica sondenii]]'' ({{Person|Simmons}}) {{Person|Avrorin}} ex {{Person|Geltman}}: Sie kommt in Nord- und Osteuropa vor. |
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* ''[[Urtica spirealis]]'' {{Person|Blume}}: Sie kommt von Mexiko bis Guatemala vor.<ref name="POWO" /> |
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* ''[[Urtica stachyoides]]'' {{Person|Webb}} & {{Person|Benth.}}: Sie kommt nur auf den Kanaren vor.<ref name="Euro+Med" /> |
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* ''[[Urtica taiwaniana]]'' {{Person|S.S.Ying}}: Sie kommt in Taiwan in Höhenlagen zwischen 3400 und 3600 Metern vor.<ref name="FOC" /> |
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* ''[[Urtica thunbergiana]]'' {{Person|Sieb.}} & {{Person|Zucc.}}: Sie kommt im westlichen Yunnan, in Taiwan und im südlichen Japan vor.<ref name="FOC" /> |
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* ''[[Urtica triangularis]]'' {{Person|Hand.-Mazz.}}: Sie kommt in drei Unterarten in China in Höhenlagen zwischen 2500 und 4100 Metern vor.<ref name="FOC" /> |
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* ''[[Urtica trichantha]]'' ({{Person|Wedd.}}) {{Person|Acevedo}} & {{Person|Navas}}: Sie kommt von Peru bis ins nördliche Chile vor.<ref name="POWO" /> |
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* [[Kleine Brennnessel]]<ref name="Zander2008" /> (''Urtica urens'' {{Person|L.}}): Sie ist in Eurasien, Nordafrika, Nordamerika und [[Grönland]] weitverbreitet. |
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Nicht mehr zur Gattung ''Urtica'' gehören:<ref name="POWO" /> |
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Für die harntreibende Wirkung sind vor allem die Kaliumsalze verantwortlich. Besonders die [[Wurzel (Pflanze)|Wurzel]] gilt als wichtiges Mittel bei [[Prostata]]beschwerden, da sie die Prostata entstaut, wodurch das Urinieren leichter fällt. Auch andere Erkrankungen der [[Harn]]organe werden mit Brennnesselpräparaten behandelt. Bei Blutarmut soll die kurmäßige Einnahme von Brennnesselsaft helfen. |
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* ''[[Urtica angustifolia]]'' {{Person|Fisch.}} ex {{Person|Hornem.}}: Sie kommt in Asien, besonders in China, vor.<ref name="FOC" /> → ''[[Boehmeria virgata]]'' subsp. ''macrophylla'' {{Person|(Hornem.) Friis & Wilmot-Dear}} |
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* ''Urtica heterophylla'' {{Person|Vahl}} → ''Girardinia diversifolia'' {{Person|(Link) Friis}} |
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== Inhaltsstoffe == |
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Daneben setzt die [[Medizin|Volksmedizin]] die Brennnessel zur Anregung des [[Milch|Milchflusses]] bei Stillenden, bei [[Haarausfall]], [[Ausschlag|Hautausschlägen]], [[Allergie|Allergien]], [[Osteoporose]] und [[Wechseljahre|Wechseljahrsbeschwerden]] sowie bei [[Blutarmut]] und Erschöpfung ein. In [[Milch]] gekochte Wurzeln werden gegen [[Ruhr (Medizin)|Ruhr]] und [[Durchfall]] empfohlen. Früher kam die Brennnessel auch zur Bekämpfung und Vorbeugung von [[Skorbut]] zum Einsatz. |
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Es konnten verschiedene [[Phenolsäuren|phenolische Säuren]], [[Lignane]] sowie [[Flavonoide]] wie [[Rutin]] und Isoquercitrin identifiziert werden.<ref>M. Francišković, R. Gonzalez-Pérez, D. Orčić, F. Sánchez de Medina, O. Martínez-Augustin, E. Svirčev, N. Simin, N. Mimica-Dukić: ''Chemical Composition and Immuno-Modulatory Effects of Urtica dioica L. (Stinging Nettle) Extracts.'' In: ''Phytother Res.'' Band 31, Nr. 8, Aug 2017, S. 1183–1191. PMID 28544187.</ref> |
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== Verwendung == |
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Noch im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] sollen Brennnesseln zum Verbinden infizierter [[Wunde]]n verwendet worden sein, um den [[Heilung]]sprozess zu beschleunigen. |
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Die meisten der folgenden Aspekte beziehen sich auf die Große Brennnessel (''Urtica dioica''), die unter anderem als Heil- und Nutzpflanze dient.<ref>[http://www.kostbarenatur.net/anwendung-und-inhaltsstoffe/grosse-brennnessel/ Pflanzenporträt: Anwendung und Inhaltsstoffe Große Brennessel]</ref> |
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=== Lebensmittel === |
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Die Heilpflanze wird in Form von [[Kapsel]]n, [[Dragée]]s, [[Saft|Presssäften]] und [[Kräutertee|Tee]]s angeboten. Gesammelt wird das ganze Kraut ''(Herb. Urticae)''. |
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[[Datei:Brennnesselspinat.jpg|mini|Brennnesselspinat mit Salzkartoffeln und Ei]] |
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Von einigen Arten werden die grünen Pflanzenteile, die unterirdischen Pflanzenteile und die Samen verwendet. Als Frühjahrsgemüse werden die jungen Brennnesseltriebe wegen ihres hohen Gehalts an [[Flavonoide]]n, Mineralstoffen wie [[Magnesium]], [[Kalzium]] und [[Silizium]], [[Vitamin A]] und [[Vitamin C|C]]<ref>J. Wolska, M. Czop, K. Jakubczyk, K. Janda: ''Influence of temperature and brewing time of nettle (Urtica dioica L.) infusions on vitamin C content.'' In: ''Rocz Panstw Zakl Hig.'' Band 67, Nr. 4, 2016, S. 367–371. PMID 27925706.</ref> (etwa doppelt so viel Vitamin C wie Orangen), Eisen, aber auch wegen ihres hohen Eiweißgehalts geschätzt. Die Brennnessel enthält in der Trockenmasse etwa 30 Prozent Eiweißanteil. Der Geschmack wird als „dem Spinat ähnlich, aber aromatischer“<ref name="Bissegger2011" /> und als feinsäuerlich beschrieben. |
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'''''Warnhinweis''': Bei eingeschränkter [[Herz]]- und [[Niere]]ntätigkeit sollte eine Durchspülungstherapie nur nach Rücksprache mit einem Arzt erfolgen!'' |
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Die Nutzung von wild gesammelten Brennnesseln als Nahrungsmittel ([[Wildkraut]]), vor allem von frischen Trieben im Frühjahr, ist seit der Antike aus Nord- und Westeuropa sowie der indigenen Bevölkerung Kanadas bezeugt.<ref name="Randall2003">Colin Randall: ''Historical and modern uses of Urtica.'' Chapter 2 In: Gulsel M. Kavalali (Hrsg.): ''Urtica. Therapeutic and nutritional aspects of stinging nettles.'' Taylor & Francis, London/New York 2003, ISBN 0-415-30833-X. (Reihe Medicinal and aromatic plants–industrial profiles Band 37).</ref> Die Nutzung erfolgte als Wildgemüse (in Schottland ''kail''<ref>[http://www.countrylovers.co.uk/wfs/eating-nettles.htm ''Eat up Your Nettles''] M. Harrison, 2010. Wild Food School, abgerufen am 2. Juli 2019.</ref>), Suppe oder Tee. Besondere Verwendungen waren etwa die Zugabe beim Kochen, um zartes Fleisch zu erhalten, oder als Ersatz für [[Lab]] zur Käsebereitung.<ref name="Randall2003" /> |
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=== Die Brennnessel in der Ethnobotanik === |
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Die lange Geschichte der Brennnessel als [[Heilpflanze]] und [[Nahrungsmittel]] führt dazu, dass es eine Vielzahl ethnobotanischer [[Tradition]]en und Ansichten über die Pflanze gibt, die teils dem Bereich der [[Mythos|Mythen]] und des [[Aberglaube|Aber-]] und [[Wunder]]glaubens entstammen. |
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Die Samen der Brennnessel eignen sich geröstet<ref name="Bissegger2011" /> zum Verzehr oder lassen sich zu [[Brennnesselsamenöl]] weiterverarbeiten. |
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Einige der Bräuche: |
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{{Hauptartikel|Brennnesselspinat|Brennnesselsuppe}} |
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* Am [[Gründonnerstag]] [[Gemüse]] aus Brennnesseln zu essen, was für das folgende Jahr vor Geldnot schützen soll. |
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* Fünf Nesselblätter in der Hand zu halten, um frei von Furcht und bei kühlem Verstand zu bleiben. |
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* Am [[Johannistag]] Brennnesselpfannkuchen zu essen, um gegen [[Nixe]]n- und [[Elfe]]n[[zauber]] gefeit zu sein. |
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* Am [[1. Januar]] Brennnesselkuchen zu essen, um sich ein gutes Jahr zu sichern. |
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Der unangenehmen Wirkung der Nesselhaare kann man bei der rohen Verwendung für beispielsweise Salate entgegenwirken, indem man die jungen oberirdischen Pflanzenteile in ein Tuch wickelt und stark wringt, sie beispielsweise mit einem [[Wiegemesser]] sehr fein schneidet,<ref name="Bissegger2011" /> mit einem Nudelholz gut durchwalkt<ref name="Bissegger2011" /> oder ihnen eine kräftige Dusche verabreicht. Kochen sowie kurzes [[Blanchieren]] für Brennnesselspinat sowie -suppe macht die Nesselhaare ebenfalls unschädlich. Auch durch das Trocknen der oberirdischen Pflanzenteile für die [[Tee]]zubereitung verlieren sie ihre reizende Wirkung. |
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[[Bild:Brennesselfeld.jpg|thumb|Brennnesselfeld]] |
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=== Die Brennnessel in der Fasergewinnung === |
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Stoffe aus Brennnessel gab es schon vor Jahrtausenden. |
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=== Fasergewinnung === |
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Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts lebte das Interesse an der heimischen Faserpflanze aufgrund einer Baumwollknappheit wieder auf und galt um [[1900]] als das [[Leinen]] der armen Leute. Zuletzt wurde sie im Zweiten Weltkrieg verstärkt in Deutschland für Armee-Bekleidung verwendet. |
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{{Hauptartikel|Fasernessel|Nesseltuch}} |
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[[Textilie]]n aus Brennnesseln wurden bereits im [[Altertum]] hergestellt. Dieser Art der Verwendung war nicht auf einzelne Regionen beschränkt.<ref name="Bouché1884">Carl David Bouché Bouché, Hermann Grothe: ''Geschichte der technischen Benutzung der Nesselfasern.'' Kapitel 7 In: [[Carl David Bouché]], Hermann Grothe: ''Ramie, Rheea, Chinagras und Nesselfaser. Ihre Erzeugung und Bearbeitung als Material für die Textilindustrie''. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1884.</ref> Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts lebte das Interesse an der heimischen Faserpflanze aufgrund einer [[Baumwolle|Baumwollknappheit]] wieder auf. Um 1900 galt Nessel als das „[[Flachsfaser|Leinen]] der armen Leute“. Im Zweiten Weltkrieg wurde Nesseltuch verstärkt in Deutschland für Armee-Bekleidung verwendet. |
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Die außerordentlichen Eigenschaften der Brennnesselfaser sind unter anderem hohe Reißfestigkeit, extrem hohe Feuchtigkeitsaufnahme, Bauschfähigkeit ähnlich der Baumwolle und ein edler Glanz. |
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Der Fasergehalt der Zellulosefasern in wilden Brennnesseln erreicht im Durchschnitt etwa fünf Prozent und konnte in zur Fasergewinnung optimierten Zuchtlinien bis auf 22 Prozent gesteigert werden. Der Rohfaserertrag lag bei Anbauversuchen um 2003 bei maximal etwa einer Tonne pro Hektar Anbaufläche.<ref name="Vogl2003" /> Die Fasern können durch mikrobiologische Prozesse freigelegt werden.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Jens Soentgen]] |url=https://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/frontdoor/index/index/docId/3706 |titel=Fasern aus der Brennnessel |datum=2016 |abruf=2022-01-02}}</ref> |
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Der Stängel vor allem der alten Pflanzen der Großen Brennnessel hat sehr lange und feste [[Faser|Bastfasern]]. Die Fasern eignen sich zur Herstellung von [[Tuch|Stoffen]] wie zum Beispiel dem [[Nesseltuch]], das fester als [[Leinen (Faser)|Leinen]] ist, ebenso wie für [[Netz]]e und [[Seil|Stricke]]. Die Einzelfasern der Brennnessel können dabei maximal 250 Millimeter betragen, bei Zuchtformen konnte man eine durchschnittliche Faserlänge von 52 Millimetern erreichen. |
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<!-- Heute wird das Nesseltuch jedoch vorwiegend aus den Fasern der nahe verwandten [[Ramie]] (''Boehméria nivea'') hergestellt. --> |
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=== Färberpflanze === |
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Durch die Zunahme unzähliger [[Allergie]]n auf chemisch behandelte Textilien, durch den Wunsch der Verbraucher nach Naturwaren, ist es erst wieder zu einer Wiederbelebung unserer heimischen Faserpflanzen gekommen. Nach dem ersten Leinen-Boom wurde auch [[Hanf]] wieder in Deutschland angebaut. Nur die Brennnessel hatte man vergessen. Die Generationen haben verlernt, wie man aus Brennnesseln Stoffe machen kann. Erst in den letzten Jahren erlebte die Brennnessel eine [[Renaissance]]. Doch alle Initiativen beschränkten sich auf die wissenschaftliche Erfassung von Daten über Brennnesseln oder mit der Aufarbeitung der historischen Überlieferung. Es war niemandem gelungen, über kleine Versuchsfelder hinaus, eine marktkonforme Produktentwicklung zu erarbeiten und umzusetzen. |
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Lange Zeit gehörte die Brennnessel zu den [[Färberpflanze]]n. Wolle kann man mit ihrer Wurzel, nach Vorbeizen mit [[Alaun]], wachsgelb färben. Mit einer Zinnvorbeize, Kupfernachbeize und einem [[Ammoniak]]-Entwicklungsbad erzielen die oberirdischen Teile ein kräftiges Graugrün. Man benötigt etwa 600 Gramm Brennnessel pro 100 Gramm Wolle; besonders bei der Brennnessel kann der Farbton vom Zeitpunkt des Pflückens und Färbens abhängen, deshalb ist die Technik bei Massenproduktion von Kollektionen in Vergessenheit geraten. |
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=== Gärtnerische Verwendung === |
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Eine Firma in [[Lüchow (Wendland)|Lüchow]] hat seit Jahren an der Entwicklung der Faserpflanze Brennnessel gearbeitet, um Erkenntnisse zu gewinnen, wie aus dem vermeintlichen Unkraut marktfähige Stoffe herzustellen sind. Seit [[1996]] wird an einer Technologie gearbeitet, um Stoffe aus Brennnesselfaser (Plattdeutsch=Nettle) ohne Chemie herzustellen. Inzwischen ist diese Firma das weltweit einzige Unternehmen, das aus Brennnesselfasern hochwertige Textilgewebe industriell herstellt. |
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Die Brennnesseln finden insbesondere im [[Biologischer Gartenbau|biologischen Gartenbau]] vielfältige Verwendung. Ein scharfer, nur 24 Stunden angesetzter [[Kaltwasserauszug]] („brennende Brennnesseljauche“) als [[Pflanzenstärkungsmittel]] soll sowohl die Widerstandskraft behandelter Pflanzen gegenüber Schädlingen erhöhen als auch düngend wirken. [[Pflanzenjauche|Brennnesseljauche]] wird, im Verhältnis 1:10 bis 1:20, bei verschiedenen Gemüsepflanzen, insbesondere bei Gurken, Kohl, Porree, Tomaten und Zucchini, eingesetzt.<ref name="Drangmeister2011">H. Drangmeister: ''Pflanzenschutz im Öko-Landbau – Grundlagen und Prinzipien.'' ''D1 Allgemeiner Pflanzenbau.'' Informationsmaterialien über den ökologischen Landbau (Landwirtschaft einschließlich Wein-, Obst- und Gemüsebau) für den Unterricht an landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen. herausgegeben vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 2011.</ref> Im Garten angebaute oder wildwachsend gesammelte Brennnesseln können zudem als Tee<ref name="SchönTeepflanzen">Barbara Schön: ''Teepflanzen. Anbau im Kräutergarten, Ernte und Zubereitung.'' Broschüre, herausgegeben vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Freistaat Sachsen. 2. Auflage, 2011.</ref> oder Gemüse (Wildkraut)<ref name="SchönGartensalate">Barbara Schön: ''Gartensalate. Anbau im Haus- und Kleingarten.'' Broschüre, herausgegeben vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Freistaat Sachsen. 2. Auflage, 2011.</ref> verwendet werden. |
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== Anbau == |
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=== Die Brennnessel als Färberpflanze === |
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Als Kulturpflanze angebaut wird ausschließlich die Große Brennnessel (''Urtica dioica''), meist als Faserpflanze. Es handelt sich um eine ausdauernde Pflanze, die mehrere Jahre hintereinander auf derselben Fläche geerntet wird, der Anbau gilt als vorteilhaft aufgrund des geringen Aufwands, die Pflanze benötigt aber nährstoffreiche Böden und hat einen hohen Wasserbedarf. Die Art kann aus Samen vermehrt werden, im großflächigen Anbau ist aber vegetative Vermehrung Standard, um einheitliche Erträge zu gewährleisten. Angebaut werden ausgewählte Kulturlinien (meist Klone), deren genaue botanische Zuordnung nicht immer eindeutig ist; diese erreichen Wuchshöhen bis über zwei Meter. Die erste Ernte erfolgt im zweiten Wuchsjahr. Es können Erträge von 3 bis 12 Tonnen pro Hektar Trockenmasse erzielt werden, höhere Erträge aber meist nur bei intensiver Stickstoff-Düngung. Während für Faserproduktion im Herbst geerntet wird, erfolgt die Ernte bereits im Frühjahr (April), wenn vorwiegend Blätter gewonnen werden sollen, etwa für pharmazeutische Produkte.<ref name="Virgilio2015">Nicola Di Virgilio, Eleni Papazoglou, Zofija Jankauskiene, Sara Di Lonardo, Marcin Praczyk, Kataryna Wielgusz: ''The potential of stinging nettle (Urtica dioica L.) as a crop with multiple uses.'' In: ''Industrial Crops and Products.'' Volume 68, 2015, S. 42–49, [[doi:10.1016/j.indcrop.2014.08.012]].</ref> Angebaute Pflanzen können möglicherweise 10 bis 15 Jahre beerntet werden, gute Erträge werden aber, nach den alten Anbauversuchen von Bredemann (1959) vor allem bis zum vierten Jahr berichtet.<ref name="Baltina2012">Ilze Baltina, Lilita Lapsa, Elvyra Gruzdeviene: ''Nettle Fibers as a Potential Natural Raw Material for Textile in Latvia.'' In: ''Materials Science. Textile and Clothing Technology.'' Volume 7, Nr. 1, 2012, S. 23–27.</ref> Für den Anbau zur Blättergewinnung wird auch die einjährige Kleine Brennnessel (''Urtica urens'') eingesetzt.<ref>{{Webarchiv |url=https://pflanzen.fnr.de/industriepflanzen/arzneipflanzen/pflanzen/brennnessel/ |text=''Große Brennessel (Urtica dioica L.), Kleine Brennessel (Urtica urens L.)'', Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., Industriepflanzen. |wayback=20190702091142 }} abgerufen am 2. Juli 2019.</ref> |
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Lange Zeit gehörte die Brennnessel zu den Färbekräutern. [[Wolle]] konnte man mit ihrer Wurzel, nach Vorbeizen mit [[Alaun]], wachsgelb färben. Mit einer [[Zinn]]vorbeize, [[Kupfer]]-Nachbeize und einem [[Ammoniak]]-Entwicklungsbad erzielen die oberirdischen Teile ein kräftiges Graugrün. Man benötigt etwa 600 Gramm Brennnessel pro 100 Gramm Wolle; besonders bei der Brennnessel kann der Farbton vom Zeitpunkt des Pflückens und Färbens abhängen. |
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Der Anbau der Brennnessel wurde in Deutschland und Österreich vor allem in den Kriegsjahren, als Substitut für ausbleibende Baumwollimporte, betrieben. Damals wurden etwa 500 Hektar Nesseln angebaut.<ref name="Vogl2003" /> Er geriet nachher bald in Vergessenheit. Klone aus den alten Anbauversuchen durch [[Gustav Bredemann]] sind aber in einigen Universitätssammlungen erhalten geblieben. Seit den 1990er Jahren gibt es neue Anbauversuche als nachwachsender Rohstoff, die aber derzeit noch überwiegend experimenteller Natur sind. Ein Anbau, als Nischenprodukt, erfolgt etwa in Ungarn.<ref>[http://www.brennnessel-textil.de/ Story of Nettle, Die Geschichte der Fasernessel Marlene. Mattes & Ammann GmbH & CO. KG, Meßstetten-Tieringen]</ref> |
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=== Die Brennnessel im Gartenbau === |
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Die Brennnesseln finden insbesondere im biologischen Gartenbau vielfältige Verwendung. Ein scharfer [[Kaltwasserauszug]] (nur 24 Stunden angesetzt) ist ein hervorragendes [[Pflanzenstärkungsmittel]], da die enthaltene [[Kieselsäure]] die Zellwände der damit gegossenen Pflanzen festigt und sie so gegen den Befall beißender wie saugender [[Insekten]] stärkt. Eine [[Jauche]] löst zusätzlich noch den Stickstoff der Brennnessel sowie Spurenelemente heraus und hat dadurch hervorragende Düngewirkung (Herstellung und Anwendung siehe [[Pflanzenjauche]]). Die anfallenden Reste können im [[Kompost]] optimal verwertet werden. |
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Nach der Ernte werden die Pflanzen eine Zeit lang auf dem Acker liegen gelassen, um durch mikrobiellen Abbau die Isolierung der Fasern zu erleichtern (analog dem [[Röste]]n beim Flachs). Die Fasern werden anschließend, entweder traditionell enzymatisch durch mikrobiellen Abbau oder alternativ durch chemische Verfahren, isoliert. Mechanische Isolierung ist ebenfalls möglich, liefert aber ein geringwertiges Produkt, das nicht für Textilien verwendbar ist.<ref name="Vogl2003" /> |
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== Systematik == |
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Die Gattung der Brennnesseln unterteilt sich in zahlreiche Arten, von denen in Mitteleuropa vier vorkommen. Die bekanntesten sind die zweihäusige [[Große Brennnessel]] (''Urtica dioica'') und die einhäusige [[Kleine Brennnessel]] (''Urtica urens''); außerdem existieren hier noch die [[Röhricht-Brennnessel]] (''Urtica kioviensis'') und die aus dem Mittelmeerraum eingeschleppte [[Pillen-Brennnessel]] (''Urtica pilulifera''), deren gelegentliche mitteleuropäische Vorkommen auf die Kulturflucht aus Kräutergärten zurückzuführen ist, in denen sie wegen ihrer schleimigen Samen kultiviert wurde. |
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== Kulturelle Bedeutung == |
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'''Gattung Brennnesseln''' (''Urtica'') |
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Die lange Geschichte der Brennnessel als Heilpflanze und Nahrungsmittel<ref name="Lutomsk1983">Jerzy Lutomski, Henryk Speichert: ''Die Brennessel in Heilkunde und Ernährung.'' In: ''Pharmazie in unserer Zeit.'' Band 12, Nr. 6, 1983, S. 181–186.</ref> führt dazu, dass es eine Vielzahl [[Ethnobotanik|ethnobotanischer]] Traditionen und Ansichten über diese Pflanzenarten gibt, die teils dem Bereich der Mythen und des Aber- und Wunderglaubens entstammen.<ref name="Marzell1911" /> |
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* [[Große Brennnessel]] (''U. dioica'') |
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* [[Kleine Brennnessel]] (''U. urens'') |
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* [[Röhricht-Brennnessel]] (''U. kioviensis'') |
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* [[Pillen-Brennnessel]] (''U. pilulifera'') |
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* [[Geschwänzte Brennnessel]] (''U. dubia'') |
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* [[Sibirische Hanfnessel]] (''U. cannabina'') |
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* ''U. angustifolia'' |
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* ''U. ardens'' |
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* ''U. balaerica'' |
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* ''U. ballotifolia'' |
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* ''U. buchtienii'' |
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* ''U. chamaedryoides'' |
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* ''U. circularis'' |
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* ''U. cordifolia'' |
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* ''U. dodartii'' |
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* ''U. echinata'' |
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* ''U. flabellata'' |
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* ''U. gracilenta'' |
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* ''U. himalayensis'' |
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* ''U. hyperborea'' |
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* ''U. incisa'' |
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* ''U. integrifolia'' |
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* ''U. laetivirens'' |
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* ''U. lilloi'' |
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* ''U. magellanica'' |
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* ''U. massaica'' |
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* ''U. membranacea'' |
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* ''U. parviflora'' |
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* ''U. platyphylla'' |
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* ''U. spatulata'' |
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* ''U. thunbergiana'' |
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* ''U. virulenta'' |
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Einige der Bräuche: |
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* Am [[Gründonnerstag]] Brennnesselgemüse zu essen, was für das folgende Jahr vor Geldnot schützen soll. |
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* Fünf Nesselblätter in der Hand zu halten, um frei von Furcht und bei kühlem Verstand zu bleiben. |
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* Am [[Johannistag]] Brennnesselpfannkuchen zu essen, um gegen Nixen- und Elfenzauber gefeit zu sein. |
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* Am 1. Januar Brennnesselkuchen zu essen, um sich ein gutes Jahr zu sichern. |
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== Quellen == |
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=== Literatur === |
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* Chen Jiarui (陈家瑞), Ib Friis, C. Melanie Wilmot-Dear: ''Urtica.'' In: {{BibISBN|1-930723-27-X|Seite=76|URL=http://www.efloras.org/florataxon.aspx?flora_id=2&taxon_id=134249|Linktext=online}} (Abschnitte Beschreibung und Verbreitung). |
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* David E. Boufford: ''Urtica.'' In: {{BibISBN|0-19-511246-6|Seite=401|URL=http://www.efloras.org/florataxon.aspx?flora_id=1&taxon_id=134249|Linktext=online}} (Abschnitte Beschreibung und Systematik). |
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* P. W. Ball, D. V. Geltman: ''Urtica.'' In: {{BibISBN|0-521-41007-X|Seite=80}} |
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* Eva Hanke, Ernst Wegner: ''Die Heilkraft der Brennessel.'' Droemer Knaur, München 2000, ISBN 3-426-87041-X. |
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* Heidelore Kluge: ''Brennessel: Heilpflanze und mehr.'' Haug, Heidelberg 1999, ISBN 3-7760-1751-1. |
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* Renate Spannagel: ''Heilkraut Brennnessel: Gesundheitspflege, Teezubereitung, kosmetische Anwendung.'' Weltbild, Augsburg 1998, ISBN 3-89604-731-0. |
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* [[Wolf-Dieter Storl]]: ''Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor.'' AT Verlag, Aarau/Baden 2000, ISBN 3-85502-693-9. |
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=== Einzelnachweise === |
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Die Vertreter der mit den Brennnesseln nicht verwandten Gattung der [[Taubnesseln]] (''Lamium''), zu der z. B. die verbreitete [[Goldnessel]] (''Lamium galeobdolon'') gehört, sehen den Brennnesseln in Wuchs und Blattform sehr ähnlich, besitzen aber keine Brennhaare und auch sehr viel größere Blüten. |
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<references> |
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<ref name="ExkÖst2"> |
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== Literatur == |
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{{BibISBN|3-85474-140-5}} |
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* Renate Spannagel: ''Heilkraut Brennnessel.'' Weltbild, Augsburg 1998. ISBN 3-89604-731-0 |
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* Heidelore Kluge: ''Brennnessel.'' Haug, Heidelberg 1999, 2001. ISBN 3-7760-1751-1 |
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<ref name="Oberdorfer7"> |
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* Eva Hanke, Ernst Wegner: ''Brennnessel.'' Droemer Knaur, München 1999, 2000. ISBN 3-426-87041-X |
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{{BibISBN|3-8252-1828-7}} |
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{{BibISBN|3-06-012539-2}} |
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<ref name="Hess3"> |
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Hans Ernst Hess, Elias Landolt, Rosemarie Hirzel: ''Bestimmungsschlüssel zur Flora der Schweiz.'' 3. Auflage. Birkhäuser, Basel 1991, ISBN 3-7643-2606-9. |
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Heinrich Marzell: ''Die Brennessel im Volksglauben. Ein Beitrag zur Volkskunde.'' In: ''Naturwissenschaftliche Wochenschrift.'' Band 26, 1911, S. 401–406. {{ISSN|0369-3430}}, {{Digitalisat |http://www.biodiversitylibrary.org/page/1771617}}. |
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Pertti Uotila: ''Urticaceae.'' [http://ww2.bgbm.org/EuroPlusMed/PTaxonDetail.asp?NameId=35146&PTRefFk=7300000 Datenblatt ''Urtica.'' In: ''Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.'' Berlin 2011]. |
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H. H. Allan: ''Flora of New Zealand.'' Volume I: ''Indigenous Tracheophyta – Psilopsida, Lycopsida, Filicopsida, Gymnospermae, Dicotyledons.'' 1961, Nachdruck 1982, ISBN 0-477-01056-3. [http://floraseries.landcareresearch.co.nz/pages/taxon.aspx?id=_5df87d9f-873d-4a6f-b4f4-dc9a91293cad (online)] |
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Meret Bissegger: ''Meine wilde Pflanzenküche. Bestimmen, Sammeln und Kochen von Wildpflanzen.'' AT Verlag, Aarau/München 2011, ISBN 978-3-03800-552-0, S. 47. |
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Carl von Linné: ''Genera Plantarum.'' 5. Auflage. Lars Salvius, Stockholm 1754, S. 423, {{Digitalisat |1=http://www.biodiversitylibrary.org/openurl?pid=title:746&volume=&issue=&spage=423&date=1754}}. |
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Chen Jiarui, Ib Friis, C. Melanie Wilmot-Dear: ''Urtica.'' In: {{BibISBN|1-930723-27-X|Seite=76|URL=http://www.efloras.org/florataxon.aspx?flora_id=2&taxon_id=134249|Linktext=online}} |
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[http://www.plantsoftheworldonline.org/taxon/urn:lsid:ipni.org:names:30002031-2 Datenblatt ''Urtica'' bei ''POWO'' = ''Plants of the World Online'' von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: ''Kew Science''.] |
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<ref name="Zander2008"> |
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Walter Erhardt, Erich Götz, Nils Bödeker, Siegmund Seybold: ''Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen.'' Band 2: ''Arten und Sorten.'' Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7. |
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<ref name="Vogl2003"> |
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C. R. Vogl, A. Hartl: ''Production and processing of organically grown fiber nettle (Urtica dioica L.) and its potential use in the natural textile industry: A review.'' In: ''American Journal of Alternative Agriculture.'' Volume 18, Nr. 3, 2003, S. 119–128. |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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{{Commonscat|Urtica|Brennnesseln}} |
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* Inhaltsstoffe der |
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{{Wiktionary|Brennnessel}} |
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** [http://www.giftpflanzen.com/urtica_dioica.html Großen Brennnessel] |
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* National Geographic: [http://www.nationalgeographic.de/aktuelles/wissenswert-warum-brennen-brennnesseln ''Wissenswert: Warum brennen Brennnesseln?''] |
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** [http://www.giftpflanzen.com/urtica_pilulifera.html Pillen-Brennnessel] |
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* [https://www.awl.ch/heilpflanzen/urtica_dioica/brennessel.htm Brennnessel als Heilpflanze]. |
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* [http://www. |
* [http://www.giftpflanzen.com/urtica_dioica.html Große Brennnessel im GIFTPFLANZEN.COMpendium]. |
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* [http://www.giftpflanzen.com/urtica_pilulifera.html Pillen-Brennnessel im GIFTPFLANZEN.COMpendium]. |
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* [http://www.wdrmaus.de/sachgeschichten/brennnessel/ Sendung mit der Maus: Infos zur Brennnessel] |
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* [http://www.naturel.biz/die_brennnessel_allen_bekannt_von_vielen_verkannt.htm Die Brennnessel – allen bekannt, von vielen verkannt; von Christiane Thomas, Zeitschrift naturel] |
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{{Gesprochene Version |
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* [http://www.salvia-pflanzen.de/salvia_duengen_tipps.html Mit der Brennnessel umweltbewusst, billig und effektiv düngen] |
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* [http://www.nettleworld.com Stoffe aus Brennnessel] ([[landwirtschaft]]liche Nutzung) |
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* [http://www.br-online.de/wissen-bildung/collegeradio/medien/hsu/brennnessel/ "Kinder fragen: Warum brennt die Brennnessel?"] (Material des [[CollegeRadio]] mit Sendemanuskript, zusätzlichen Infos und Anhörmöglichkeit als [[RealAudio]] bzw. Download für den [[Realplayer]]) |
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* [http://www.bio-gaertner.de/Articles/I.Pflanzen-dieDatenbank/Heilkraeuter-Heilpflanzen/Brennnessel.html Der Bio-Gärtner: Brennnesseln] |
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[[pt:Urticaceae]] |
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[[sv:Nässlor]] |
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[[tr:Isırgan]] |
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[[uk:Кропива]] |
Aktuelle Version vom 12. Mai 2025, 16:50 Uhr
Brennnesseln | ||||||||||||
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![]() Große Brennnessel (Urtica dioica) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Urtica | ||||||||||||
L. |
Die Brennnesseln (Urtica) bilden eine Pflanzengattung in der Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae).[1] Die 30 bis 70 Arten kommen fast weltweit vor.[1] In Deutschland nahezu überall anzutreffen sind die Große Brennnessel und die Kleine Brennnessel sowie seltener die Röhricht-Brennnessel und die Pillen-Brennnessel.
Beschreibung
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Vegetative Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Brennnessel-Arten wachsen als einjährige oder ausdauernde krautige Pflanzen, selten als Halbsträucher. Die in Mitteleuropa vertretenen Arten erreichen je nach Art, Standort und Nährstoffsituation Wuchshöhen von 10 bis 300 Zentimetern. Die ausdauernden Arten bilden Rhizome als Ausbreitungs- und Überdauerungsorgane. Die grünen Pflanzenteile sind mit Brenn- sowie Borstenhaaren besetzt. Ihre oft vierkantigen Stängel sind verzweigt oder unverzweigt, aufrecht, aufsteigend oder ausgebreitet.
Die meist kreuz-gegenständig an der Sprossachse angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die einfachen Blattspreiten sind elliptisch, lanzettlich, eiförmig oder kreisförmig und besitzen meist drei bis fünf (bis sieben) Blattadern. Der Blattrand ist meist gezähnt bis mehr oder weniger grob gezähnt. Die oft haltbaren Nebenblätter sind frei oder untereinander verwachsen. Die Zystolithen sind gerundet bis mehr oder weniger verlängert.
Brennhaare
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Bekannt und unbeliebt sind die Brennnesseln wegen der schmerzhaften Quaddeln (Schwellungen), die auf der Haut nach Berührung der Brennhaare entstehen. Je nach Art sind die Folgen unterschiedlich schwer, so ist beispielsweise die Brennflüssigkeit der Kleinen Brennnessel (Urtica urens) wesentlich schmerzhafter als die der Großen Brennnessel (Urtica dioica).
Diese Brennhaare wirken als Schutzmechanismus gegen Fressfeinde und sind überwiegend auf der Blattoberseite vorhanden. Es sind lange, einzellige Röhren, deren Wände im oberen Teil durch eingelagerte Kieselsäure hart und spröde wie Glas sind. Das untere, flexiblere Ende ist stark angeschwollen, mit Brennflüssigkeit gefüllt und in einen Zellbecher eingesenkt, die Spitze besteht aus einem seitwärts gerichteten Köpfchen, unter dem durch die hier sehr dünne Wand eine Art Sollbruchstelle vorhanden ist.
Das Köpfchen kann schon bei einer leichten Berührung abbrechen und hinterlässt eine schräge, scharfe Bruchstelle, ähnlich der einer medizinischen Spritzenkanüle. Bei Kontakt sticht das Härchen in die Haut des Opfers, sein ameisensäurehaltiger Inhalt spritzt mit Druck in die Wunde und verursacht sofort einen kurzen, brennenden Schmerz und dann die erwähnten, mit Brennen oder Juckreiz verbundenen Quaddeln.
Weitere Wirkstoffe der Brennflüssigkeit sind Serotonin, Histamin, Acetylcholin und Natriumformiat. Bereits 100 Nanogramm dieser Brennflüssigkeit reichen aus, um die bekannte Wirkung zu erzielen. Histamin erweitert die Blutkapillaren und kann Reaktionen hervorrufen, die allergischen Reaktionen ähneln (diese werden unter anderem durch Freisetzung körpereigenen Histamins verursacht). Acetylcholin ist auch die Überträgersubstanz vieler Nervenendungen und für den brennenden Schmerz verantwortlich. Da fast alle Brennhaare nach oben gerichtet sind, lassen sich Brennnesseln mithilfe einer Überstreichung von unten nach oben relativ gefahrlos anfassen.
Auch ohne Eindringen der Brennhaare kann allein der Hautkontakt zur Brennflüssigkeit Folgen haben: Frischer Brennnessel-Schnitt verursacht bei Hautkontakt (z. B. beim Rasenmähen) zuerst keine Schmerzen, weil gebrochene Brennhaare nicht in die Haut stechen können und nur noch wenig Gift enthalten. Die spröden Brennhaare brechen bereits bei Mähmesser-Rotation und die Brennflüssigkeit fließt frei aus. Bei Benetzung empfindlicher Hautschichten mit Brennflüssigkeit (Knöchel- und Spannbereich) erfolgt eine späte Schmerzreaktion, da die Brennflüssigkeit nach Kontakt auf nervenloser Oberhaut (Epidermis) durch Poren in die darunterliegende Lederhaut (Dermis) eindringt. Dort erreicht sie erst nach Stunden freie Nervenendigungen (Nozizeptoren). Dagegen schmerzen Hauteinstiche spröder, ungebrochener Brennhaare schon in Sekundenbruchteilen. Die relativ lange Gift-Kontaktzeit ist zur späteren Verätzungsintensität direkt proportional. Nur langsam unter stechenden Schmerzen mit Schwellungen wird das in die Lederhaut eingedrungene Gift abgebaut und die großflächig verätzte Oberhaut durch eine neue ersetzt.
Die Brennnessel hat damit einer Reaktion der Haut ihren Namen gegeben, der Nesselsucht oder Urtikaria. Genau wie bei einer Reizung durch Brennnesseln verursacht sie juckende Quaddeln und es wird Histamin aus Mastzellen der Haut freigesetzt. Die Ursachen können jedoch sehr unterschiedlich sein.


A männliche, B weibliche Blüte

Generative Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Brennnesseln sind je nach Art einhäusig (monözisch) oder zweihäusig (diözisch) getrenntgeschlechtig. In den Blattachseln stehen in verzweigten, rispigen, ährigen, traubigen oder kopfigen Gesamtblütenständen viele zymöse Teilblütenstände mit jeweils vielen Blüten zusammen. Die relativ kleinen, unauffälligen, immer eingeschlechtigen Blüten sind zwei- bis sechs-, meist jedoch vier- bis fünfzählig.
Die eingeschlechtigen Blüten sind etwas reduziert. Es sind (zwei bis) vier (bis fünf) Blütenhüllblätter vorhanden. Die männlichen Blüten enthalten meist (zwei bis) vier (bis fünf) Staubblätter. Die weiblichen Blüten enthalten einen Fruchtknoten, der zentral in der Blüte liegt und aus nur einem Fruchtblatt gebildet wird.
Die sitzenden, in den haltbaren inneren Blütenhüllblättern locker eingehüllten Nüsschen sind gerade, seitlich abgeflacht, eiförmig oder deltoid. Die aufrechten Samen enthalten wenig Endosperm und zwei fleischige, fast kreisförmige Keimblätter (Kotyledonen).
Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 12 oder 13.
Einige morphologisch ähnliche Arten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Arten der mit den Brennnesseln nicht verwandten Gattung der Taubnesseln (Lamium) sehen den Brennnesseln in Wuchs und Blattform sehr ähnlich, besitzen aber keine Brennhaare und sehr viel größere und auffälligere Blüten. Die ebenfalls ähnlichen Blätter der Nesselblättrigen Glockenblume (Campanula trachelium) sind dagegen wechselständig.
Ökologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Brennnessel-Arten sind windbestäubt. Wenn sich bei den männlichen Blüten die Blütenhüllblätter öffnen, schnellen ihre Staubblätter hervor; dabei wird explosionsartig eine Wolke von Pollen in die Luft geschleudert. Der Wind überträgt anschließend den Pollen auf die weiblichen Blüten.
Die Ausbreitung der Diasporen erfolgt durch Wind und Tiere.
Lebensraum für Schmetterlinge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Für die Raupen von rund 50 Schmetterlingsarten sind bestimmte Brennnessel-Arten eine Futterpflanze.
Die Schmetterlingsarten Admiral, Tagpfauenauge, Kleiner Fuchs (auch als Nesselfalter bekannt), Silbergraue Nessel-Höckereule, Dunkelgraue Nessel-Höckereule, Brennnessel-Zünslereule (Hypena obesalis) und das Landkärtchen sind dafür sogar auf die Brennnessel angewiesen, andere Pflanzenarten kommen für diese Arten nicht in Betracht (Monophagie). Trotzdem scheinen sich diese Schmetterlingsarten kaum gegenseitig Konkurrenz zu machen, da sie entweder jeweils eine andere Wuchssorte der Brennnesseln bevorzugen oder relativ selten sind.
- Die Raupen des Kleinen Fuchses sind an trockenen und sonnigen Stellen zu finden.
- Das Tagpfauenauge mag es zwar gleichfalls sonnig, aber dennoch luftfeucht und bevorzugt daher Plätze an Gewässern.
Beide Arten benötigen überdies größere Brennnesselbestände.
- Der Admiral dagegen gibt sich schon mit Ansammlungen einiger weniger Pflanzen zufrieden und bevorzugt eher kümmerliche Brennnesseln.
- Das Landkärtchen sucht sich die schattigsten Wuchsorte der Brennnessel aus, die oft großen und dichten Bestände in den fluss- und bachbegleitenden Auwäldern.
Auf fast jeder Brennnessel sind Fraßspuren einzelner Insekten zu finden. Dabei müssen diese eine Strategie entwickelt haben, mit der sie die Brennhaare umgehen. Sie fressen sich um die Haare herum und bevorzugen dabei die Wege entlang der Blattadern und der Blattränder, da sich dort keine Brennhaare befinden. Vorteilhaft für die Insekten: Das Gift dringt nicht aus der Spitze, wenn das Haar unten an der Wurzel angefressen wird.
Vorkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gattung Urtica ist fast weltweit verbreitet, lediglich in der Antarktis kommen keine Arten vor. Von den 30 bis 70 Urtica-Arten kommen 14 in China vor. Hauptsächlich gedeihen Urtica-Arten in den gemäßigten Gebieten der Nord- und der Südhalbkugel. Es gibt aber auch Arten in den Gebirgen der Tropen.
Im deutschsprachigen Raum kommen vier Brennnessel-Arten vor: Die bekanntesten sind die zweihäusige Große Brennnessel (Urtica dioica) und die einhäusige Kleine Brennnessel (Urtica urens); außerdem existieren hier noch die Röhricht-Brennnessel (Urtica kioviensis) und die aus dem Mittelmeerraum eingeschleppte Pillen-Brennnessel (Urtica pilulifera),[2][3][4][5] deren gelegentliche mitteleuropäische Vorkommen auf die Kulturflucht aus Kräutergärten zurückzuführen ist, in denen sie wegen ihrer schleimigen Samen kultiviert wurde.
Einige Arten sind sehr anspruchslos und besiedeln deshalb ein breites Spektrum an Habitaten.
Zeigerfunktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein starker Brennnesselwuchs gilt allgemein als Zeiger für einen stickstoffreichen Boden und bildet sich oft als Ruderalpflanze auf früher besiedelten Stellen aus. Eine große Anzahl Brennnesseln in einem Gebiet erlaubt es somit, auch ohne chemische Untersuchungen Rückschlüsse auf die Bodenbeschaffenheit zu ziehen.
Systematik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gattung Urtica wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum aufgestellt.[6] Zum Protolog gehört auch die Diagnose in Genera Plantarum.[7] Der Gattungsname Urtica leitet sich vom lateinischen Wort urere für „brennen“ ab. Synonyme für Urtica L. sind: Selepsion Raf., Vrtica Noronha[1]






Die Gattung der Brennnesseln (Urtica) enthält je nach Autor 30 bis 70 Arten:[1]
- Urtica ardens Link (Syn.: Urtica parviflora Roxb., Urtica virulenta Wall.): Sie kommt im Himalaja vom nördlichen Indien über Bhutan, Sikkim sowie Nepal bis zum südöstlichen Tibet und den chinesischen Provinzen westlichen Guangxi, zentralen bis südlichen Yunnan vor.[8]
- Urtica aspera Petrie: Sie kommt nur auf der neuseeländischen Südinsel vor.[9]
- Urtica atrichocaulis (Hand.-Mazz.) C.J.Chen: Sie gedeiht in Tälern, entlang von Fließgewässern und an Straßenrändern in Höhenlagen von 300 bis 2600 Metern in den chinesischen Provinzen südwestliches Guizhou, Sichuan sowie Yunnan.[1]
- Urtica atrovirens Req. ex Loisel. (Syn.: Urtica grandidentata Moris): Sie kommt nur auf Korsika, Sardinien und dem italienischen Toskanischen Archipel vor.[1]
- Urtica australis Hook. f. (Syn.: Urtica aucklandica Hook. f.): Sie kommt nur auf kleinen Inseln um Neuseeland vor.[9]
- Urtica ballotifolia Wedd. (Syn.: Urtica ballotifolia var. macrostachya Wedd., Urtica longispica Killip): Sie kommt im westlichen Südamerika von Kolumbien über Ecuador bis Peru und bis zum nordwestlichen Venezuela vor.[1]
- Urtica berteroana Phil. (Syn.: Urtica echinata var. berteroana (Phil.) Wedd.): Sie kommt im westlichen Bolivien und im zentralen Chile vor.[1]
- Mallorca-Brennnessel[10] (Urtica bianorii (Knoche) Paiva): Sie ist auf Mallorca endemisch.[11]
- Sibirische Hanfnessel[10] (Urtica cannabina L.): Sie ist in Zentralasien von Sibirien und China weitverbreitet. Es gibt Fundortangaben für Kasachstan, Kirgisistan, China, Chita, die Innere Mongolei, die Mongolei, Altai, Burjatien, Irkutsk, Krasnoyarsk sowie Jakutien. Sie ist in vielen Gebieten Eurasiens ein Neophyt.[1]
- Urtica chamaedryoides Pursh: Es gibt zwei Unterarten:[1]
- Urtica chamaedryoides Pursh subsp. chamaedryoides (Syn.: Urtica alba Raf., Urtica aureliana Riddell, Urtica berlandiera Blume, Urtica bovista Riddell ex Wedd., Urtica chamaedryoides var. angustifolia Wedd., Urtica chamaedryoides var. latifolia Wedd., Urtica chamaedryoides var. orizabae (Liebm.) Wedd., Urtica chamaedryoides var. parvifolia Wedd., Urtica chamaedryoides var. runyonii Correll, Urtica gracilescens Blume, Urtica gracilis Raf. non Aiton, Urtica orizabae Liebm., Urtica propinqua Liebm., Urtica purpurascens Nutt., Urtica stachydifolia Kunth & C.D.Bouché, Urtica verna Raf.): Sie kommt von den zentralen und südöstlichen Vereinigten Staaten bis Guatemala vor.[1]
- Urtica chamaedryoides subsp. microsperma Hauman: Sie kommt von Bolivien bis ins nordöstliche und nördliche-zentrale Argentinien vor.[1]
- Urtica chengkouensis W.T.Wang: Sie wurde 2017 aus Sichuan erstbeschrieben.[1]
- Urtica circularis Sorarú (Syn.: Urtica chamaedryoides var. circularis (Hicken) Hauman, Urtica spatulata var. circularis Hicken): Sie kommt vom südlichen Bolivien über Paraguay sowie Uruguay bis zum südlichen Brasilien und nördlichen Argentinien vor.[1]
- Große Brennnessel[10] (Urtica dioica L.): Sie ist in Eurasien, Nordafrika und Nordamerika weitverbreitet und ist in Polynesien sowie Südamerika ein Neophyt.
- Urtica echinata Benth.: Sie kommt vom westlichen Südamerika bis zum nordwestlichen Argentinien vor.[1]
- Urtica ferox G.Forst.: Sie kommt auf der Nord- und Südinsel Neuseelands vor.[9] Die Berührung mit den Blättern dieser Art kann schwere Vergiftungen hervorrufen.
- Urtica fissa E.Pritz.: Sie kommt in Vietnam und in China vor.[8]
- Urtica flabellata Kunth: Sie kommt von westlichen Südamerika bis Argentinien vor.[1]
- Urtica glomeruliflora Steud.: Dieser Endemit kommt auf den Juan-Fernández-Inseln vor.[1]
- Urtica gracilis Aiton: Es gibt etwa fünf Unterarten:[1]
- Urtica gracilis subsp. aquatica (Liebm.) Weigend (Syn.: Urtica aquatica Liebm., Urtica mexicana Blume, Urtica serra Blume): Sie kommt von Mexiko bis Guatemala vor.[1]
- Urtica gracilis Aiton subsp. gracilis (Syn.: Urtica californica Greene, Urtica cardiophylla Rydb., Urtica dioica var. californica (Greene) C.L.Hitchc., Urtica dioica subsp. gracilis (Aiton) Selander, Urtica dioica var. gracilis (Aiton) Roy L.Taylor & MacBryde, Urtica dioica var. lyallii (S.Watson) C.L.Hitchc., Urtica dioica var. procera (Muhl. ex Willd.) Wedd., Urtica gracilis var. latifolia Farw., Urtica lyallii S.Watson, Urtica lyallii var. californica (Greene) Jeps., Urtica procera Muhl. ex Willd., Urtica strigosissima Rydb., Urtica viridis Rydb.): Sie ist in Nordamerika von Alaska über die USA bis Mexiko weitverbreitet.[1]
- Urtica gracilis subsp. holosericea (Nutt.) W.A.Weber (Syn.: Urtica breweri S.Watson, Urtica dioica subsp. holosericea (Nutt.) Thorne, Urtica dioica var. holosericea (Nutt.) C.L.Hitchc., Urtica dioica var. occidentalis S.Watson, Urtica gracilis var. densa (Jeps.) Jeps., Urtica gracilis var. greenei (Jeps.) Jeps., Urtica gracilis var. holosericea (Nutt.) Jeps., Urtica holosericea (Nutt.) Nutt., Urtica trachycarpa Wedd.): Sie kommt von den westlichen bis westlichen-zentralen USA bis zum mexikanischen Bundesstaat Baja California Norte vor.[1]
- Urtica gracilis subsp. incaica Weigend: Sie kommt in Peru vor.[1]
- Urtica gracilis subsp. mollis (Steud.) Weigend (Syn.: Urtica buchtienii Ross): Sie kommt in Chile und in Argentinien vor.[1]
- Urtica hyperborea Jacq. ex Wedd.: Sie kommt in China und in Sikkim vor.[8]
- Urtica incisa Poir.: Sie kommt in Australien, Tasmanien und auf Neuseeland vor.[9]
- Röhricht-Brennnessel[10] (Urtica kioviensis Rogow.): Sie kommt in Mittel- und Osteuropa vor.
- Urtica laetevirens Maxim.: Sie kommt in zwei Unterarten in China, Japan, Korea und im fernöstlichen Russland vor.[8]
- Urtica leptophylla Kunth: Sie kommt von Mittelamerika bis Bolivien und dem nordwestlichen Venezuela vor.[1]
- Urtica lilloi (Hauman) Geltman: Sie kommt im nordwestlichen Argentinien vor.[1]
- Urtica linearifolia (Hook. f.) Cockayne: Sie kommt in Neuseeland vor.[9]
- Urtica macbridei Killip: Sie kommt in Ecuador und in Peru vor.[1]
- Urtica magellanica Juss. ex Poir.: Sie kommt von Ecuador bis ins südliche Südamerika vor.[1]
- Urtica mairei H.Lév.: Sie kommt vom südöstlichen Tibet bis China und dem nordöstlichen Vietnam und in Taiwan vor.[1]
- Urtica masafuerae Phil.: Dieser Endemit kommt nur auf den Juan-Fernández-Inseln vor.[1]
- Geschwänzte Brennnessel[10] (Urtica membranacea Poir. ex Savigny): Sie kommt in Europa im Mittelmeerraum, in Westeuropa und auf den Azoren vor.
- Urtica mexicana Liebm.: Sie kommt von Mexiko bis Guatemala vor.[1]
- Urtica mollis Steud.: Sie wird auch als Unterart Urtica gracilis subsp. mollis (Steud.) Weigend angesehen. Sie kommt in Chile und Argentinien vor.[1]
- Maulbeerblättrige Brennnessel[10] (Urtica morifolia Poir.), kommt auf Madeira, den Kanaren und eingebürgert auf den Azoren vor.[11]
- Urtica orizabae Liebm.: Sie wird als Synonym von Urtica chamaedryoides Pursh angesehen.[1]
- Urtica parviflora Roxb.: Sie kommt im nördlichen Indien, in Kaschmir, Nepal, Sikkim, Bhutan und in China vor.[8]
- Pillen-Brennnessel[10] (Urtica pilulifera L.): Sie ist in Eurasien und Nordafrika weitverbreitet.
- Urtica pubescens Ledeb.: Sie kommt in Russland vor.
- Urtica platyphylla Wedd.: Sie kommt in Japan, auf den Kurilen, in Sachalin, Kamtschatka und in Russlands fernem Osten vor.[1]
- Urtica praetermissa V.W.Steinm.: Sie kommt im zentralen und südwestlichen Mexiko vor.[1]
- Urtica rupestris Guss.: Dieser Endemit kommt nur auf Sizilien vor.
- Urtica sondenii (Simmons) Avrorin ex Geltman: Sie kommt in Nord- und Osteuropa vor.
- Urtica spirealis Blume: Sie kommt von Mexiko bis Guatemala vor.[1]
- Urtica stachyoides Webb & Benth.: Sie kommt nur auf den Kanaren vor.[11]
- Urtica taiwaniana S.S.Ying: Sie kommt in Taiwan in Höhenlagen zwischen 3400 und 3600 Metern vor.[8]
- Urtica thunbergiana Sieb. & Zucc.: Sie kommt im westlichen Yunnan, in Taiwan und im südlichen Japan vor.[8]
- Urtica triangularis Hand.-Mazz.: Sie kommt in drei Unterarten in China in Höhenlagen zwischen 2500 und 4100 Metern vor.[8]
- Urtica trichantha (Wedd.) Acevedo & Navas: Sie kommt von Peru bis ins nördliche Chile vor.[1]
- Kleine Brennnessel[10] (Urtica urens L.): Sie ist in Eurasien, Nordafrika, Nordamerika und Grönland weitverbreitet.
Nicht mehr zur Gattung Urtica gehören:[1]
- Urtica angustifolia Fisch. ex Hornem.: Sie kommt in Asien, besonders in China, vor.[8] → Boehmeria virgata subsp. macrophylla (Hornem.) Friis & Wilmot-Dear
- Urtica heterophylla Vahl → Girardinia diversifolia (Link) Friis
Inhaltsstoffe
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es konnten verschiedene phenolische Säuren, Lignane sowie Flavonoide wie Rutin und Isoquercitrin identifiziert werden.[12]
Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die meisten der folgenden Aspekte beziehen sich auf die Große Brennnessel (Urtica dioica), die unter anderem als Heil- und Nutzpflanze dient.[13]
Lebensmittel
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Von einigen Arten werden die grünen Pflanzenteile, die unterirdischen Pflanzenteile und die Samen verwendet. Als Frühjahrsgemüse werden die jungen Brennnesseltriebe wegen ihres hohen Gehalts an Flavonoiden, Mineralstoffen wie Magnesium, Kalzium und Silizium, Vitamin A und C[14] (etwa doppelt so viel Vitamin C wie Orangen), Eisen, aber auch wegen ihres hohen Eiweißgehalts geschätzt. Die Brennnessel enthält in der Trockenmasse etwa 30 Prozent Eiweißanteil. Der Geschmack wird als „dem Spinat ähnlich, aber aromatischer“[15] und als feinsäuerlich beschrieben.
Die Nutzung von wild gesammelten Brennnesseln als Nahrungsmittel (Wildkraut), vor allem von frischen Trieben im Frühjahr, ist seit der Antike aus Nord- und Westeuropa sowie der indigenen Bevölkerung Kanadas bezeugt.[16] Die Nutzung erfolgte als Wildgemüse (in Schottland kail[17]), Suppe oder Tee. Besondere Verwendungen waren etwa die Zugabe beim Kochen, um zartes Fleisch zu erhalten, oder als Ersatz für Lab zur Käsebereitung.[16]
Die Samen der Brennnessel eignen sich geröstet[15] zum Verzehr oder lassen sich zu Brennnesselsamenöl weiterverarbeiten.
Der unangenehmen Wirkung der Nesselhaare kann man bei der rohen Verwendung für beispielsweise Salate entgegenwirken, indem man die jungen oberirdischen Pflanzenteile in ein Tuch wickelt und stark wringt, sie beispielsweise mit einem Wiegemesser sehr fein schneidet,[15] mit einem Nudelholz gut durchwalkt[15] oder ihnen eine kräftige Dusche verabreicht. Kochen sowie kurzes Blanchieren für Brennnesselspinat sowie -suppe macht die Nesselhaare ebenfalls unschädlich. Auch durch das Trocknen der oberirdischen Pflanzenteile für die Teezubereitung verlieren sie ihre reizende Wirkung.
Fasergewinnung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Textilien aus Brennnesseln wurden bereits im Altertum hergestellt. Dieser Art der Verwendung war nicht auf einzelne Regionen beschränkt.[18] Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts lebte das Interesse an der heimischen Faserpflanze aufgrund einer Baumwollknappheit wieder auf. Um 1900 galt Nessel als das „Leinen der armen Leute“. Im Zweiten Weltkrieg wurde Nesseltuch verstärkt in Deutschland für Armee-Bekleidung verwendet.
Der Fasergehalt der Zellulosefasern in wilden Brennnesseln erreicht im Durchschnitt etwa fünf Prozent und konnte in zur Fasergewinnung optimierten Zuchtlinien bis auf 22 Prozent gesteigert werden. Der Rohfaserertrag lag bei Anbauversuchen um 2003 bei maximal etwa einer Tonne pro Hektar Anbaufläche.[19] Die Fasern können durch mikrobiologische Prozesse freigelegt werden.[20]
Färberpflanze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Lange Zeit gehörte die Brennnessel zu den Färberpflanzen. Wolle kann man mit ihrer Wurzel, nach Vorbeizen mit Alaun, wachsgelb färben. Mit einer Zinnvorbeize, Kupfernachbeize und einem Ammoniak-Entwicklungsbad erzielen die oberirdischen Teile ein kräftiges Graugrün. Man benötigt etwa 600 Gramm Brennnessel pro 100 Gramm Wolle; besonders bei der Brennnessel kann der Farbton vom Zeitpunkt des Pflückens und Färbens abhängen, deshalb ist die Technik bei Massenproduktion von Kollektionen in Vergessenheit geraten.
Gärtnerische Verwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Brennnesseln finden insbesondere im biologischen Gartenbau vielfältige Verwendung. Ein scharfer, nur 24 Stunden angesetzter Kaltwasserauszug („brennende Brennnesseljauche“) als Pflanzenstärkungsmittel soll sowohl die Widerstandskraft behandelter Pflanzen gegenüber Schädlingen erhöhen als auch düngend wirken. Brennnesseljauche wird, im Verhältnis 1:10 bis 1:20, bei verschiedenen Gemüsepflanzen, insbesondere bei Gurken, Kohl, Porree, Tomaten und Zucchini, eingesetzt.[21] Im Garten angebaute oder wildwachsend gesammelte Brennnesseln können zudem als Tee[22] oder Gemüse (Wildkraut)[23] verwendet werden.
Anbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Kulturpflanze angebaut wird ausschließlich die Große Brennnessel (Urtica dioica), meist als Faserpflanze. Es handelt sich um eine ausdauernde Pflanze, die mehrere Jahre hintereinander auf derselben Fläche geerntet wird, der Anbau gilt als vorteilhaft aufgrund des geringen Aufwands, die Pflanze benötigt aber nährstoffreiche Böden und hat einen hohen Wasserbedarf. Die Art kann aus Samen vermehrt werden, im großflächigen Anbau ist aber vegetative Vermehrung Standard, um einheitliche Erträge zu gewährleisten. Angebaut werden ausgewählte Kulturlinien (meist Klone), deren genaue botanische Zuordnung nicht immer eindeutig ist; diese erreichen Wuchshöhen bis über zwei Meter. Die erste Ernte erfolgt im zweiten Wuchsjahr. Es können Erträge von 3 bis 12 Tonnen pro Hektar Trockenmasse erzielt werden, höhere Erträge aber meist nur bei intensiver Stickstoff-Düngung. Während für Faserproduktion im Herbst geerntet wird, erfolgt die Ernte bereits im Frühjahr (April), wenn vorwiegend Blätter gewonnen werden sollen, etwa für pharmazeutische Produkte.[24] Angebaute Pflanzen können möglicherweise 10 bis 15 Jahre beerntet werden, gute Erträge werden aber, nach den alten Anbauversuchen von Bredemann (1959) vor allem bis zum vierten Jahr berichtet.[25] Für den Anbau zur Blättergewinnung wird auch die einjährige Kleine Brennnessel (Urtica urens) eingesetzt.[26]
Der Anbau der Brennnessel wurde in Deutschland und Österreich vor allem in den Kriegsjahren, als Substitut für ausbleibende Baumwollimporte, betrieben. Damals wurden etwa 500 Hektar Nesseln angebaut.[19] Er geriet nachher bald in Vergessenheit. Klone aus den alten Anbauversuchen durch Gustav Bredemann sind aber in einigen Universitätssammlungen erhalten geblieben. Seit den 1990er Jahren gibt es neue Anbauversuche als nachwachsender Rohstoff, die aber derzeit noch überwiegend experimenteller Natur sind. Ein Anbau, als Nischenprodukt, erfolgt etwa in Ungarn.[27]
Nach der Ernte werden die Pflanzen eine Zeit lang auf dem Acker liegen gelassen, um durch mikrobiellen Abbau die Isolierung der Fasern zu erleichtern (analog dem Rösten beim Flachs). Die Fasern werden anschließend, entweder traditionell enzymatisch durch mikrobiellen Abbau oder alternativ durch chemische Verfahren, isoliert. Mechanische Isolierung ist ebenfalls möglich, liefert aber ein geringwertiges Produkt, das nicht für Textilien verwendbar ist.[19]
Kulturelle Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die lange Geschichte der Brennnessel als Heilpflanze und Nahrungsmittel[28] führt dazu, dass es eine Vielzahl ethnobotanischer Traditionen und Ansichten über diese Pflanzenarten gibt, die teils dem Bereich der Mythen und des Aber- und Wunderglaubens entstammen.[29]
Einige der Bräuche:
- Am Gründonnerstag Brennnesselgemüse zu essen, was für das folgende Jahr vor Geldnot schützen soll.
- Fünf Nesselblätter in der Hand zu halten, um frei von Furcht und bei kühlem Verstand zu bleiben.
- Am Johannistag Brennnesselpfannkuchen zu essen, um gegen Nixen- und Elfenzauber gefeit zu sein.
- Am 1. Januar Brennnesselkuchen zu essen, um sich ein gutes Jahr zu sichern.
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Chen Jiarui (陈家瑞), Ib Friis, C. Melanie Wilmot-Dear: Urtica. In: Wu Zhengyi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 5: Ulmaceae through Basellaceae. Science Press / Missouri Botanical Garden Press, Beijing / St. Louis 2003, ISBN 1-930723-27-X, S. 76 (englisch, online). (Abschnitte Beschreibung und Verbreitung).
- David E. Boufford: Urtica. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 3: Magnoliophyta: Magnoliidae and Hamamelidae. Oxford University Press, New York / Oxford u. a. 1997, ISBN 0-19-511246-6, S. 401 (englisch, online). (Abschnitte Beschreibung und Systematik).
- P. W. Ball, D. V. Geltman: Urtica. In: T. G. Tutin, N. A. Burges, A. O. Chater, J. R. Edmondson, V. H. Heywood, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. 2., überarbeitete Auflage. Volume 1: Psilotaceae to Platanaceae. Cambridge University Press, Cambridge / New York / Melbourne 1993, ISBN 0-521-41007-X, S. 80 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Eva Hanke, Ernst Wegner: Die Heilkraft der Brennessel. Droemer Knaur, München 2000, ISBN 3-426-87041-X.
- Heidelore Kluge: Brennessel: Heilpflanze und mehr. Haug, Heidelberg 1999, ISBN 3-7760-1751-1.
- Renate Spannagel: Heilkraut Brennnessel: Gesundheitspflege, Teezubereitung, kosmetische Anwendung. Weltbild, Augsburg 1998, ISBN 3-89604-731-0.
- Wolf-Dieter Storl: Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor. AT Verlag, Aarau/Baden 2000, ISBN 3-85502-693-9.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak Datenblatt Urtica bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
- ↑ Manfred A. Fischer, Wolfgang Adler, Karl Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 2., verbesserte und erweiterte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2005, ISBN 3-85474-140-5.
- ↑ Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Unter Mitarbeit von Theo Müller. 7., überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1994, ISBN 3-8252-1828-7.
- ↑ Rudolf Schubert, Klaus Werner, Hermann Meusel (Hrsg.): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Begründet von Werner Rothmaler. 13./14. Auflage. Band 2: Gefäßpflanzen. Volk und Wissen, Berlin (DDR) 1987, ISBN 3-06-012539-2.
- ↑ Hans Ernst Hess, Elias Landolt, Rosemarie Hirzel: Bestimmungsschlüssel zur Flora der Schweiz. 3. Auflage. Birkhäuser, Basel 1991, ISBN 3-7643-2606-9.
- ↑ Carl von Linné: Species Plantarum. Band 2, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 983, Digitalisat .
- ↑ Carl von Linné: Genera Plantarum. 5. Auflage. Lars Salvius, Stockholm 1754, S. 423, Digitalisat .
- ↑ a b c d e f g h i Chen Jiarui, Ib Friis, C. Melanie Wilmot-Dear: Urtica. In: Wu Zhengyi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 5: Ulmaceae through Basellaceae. Science Press / Missouri Botanical Garden Press, Beijing / St. Louis 2003, ISBN 1-930723-27-X, S. 76 (englisch, online).
- ↑ a b c d e H. H. Allan: Flora of New Zealand. Volume I: Indigenous Tracheophyta – Psilopsida, Lycopsida, Filicopsida, Gymnospermae, Dicotyledons. 1961, Nachdruck 1982, ISBN 0-477-01056-3. (online)
- ↑ a b c d e f g h Walter Erhardt, Erich Götz, Nils Bödeker, Siegmund Seybold: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2: Arten und Sorten. Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7.
- ↑ a b c Pertti Uotila: Urticaceae. Datenblatt Urtica. In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Berlin 2011.
- ↑ M. Francišković, R. Gonzalez-Pérez, D. Orčić, F. Sánchez de Medina, O. Martínez-Augustin, E. Svirčev, N. Simin, N. Mimica-Dukić: Chemical Composition and Immuno-Modulatory Effects of Urtica dioica L. (Stinging Nettle) Extracts. In: Phytother Res. Band 31, Nr. 8, Aug 2017, S. 1183–1191. PMID 28544187.
- ↑ Pflanzenporträt: Anwendung und Inhaltsstoffe Große Brennessel
- ↑ J. Wolska, M. Czop, K. Jakubczyk, K. Janda: Influence of temperature and brewing time of nettle (Urtica dioica L.) infusions on vitamin C content. In: Rocz Panstw Zakl Hig. Band 67, Nr. 4, 2016, S. 367–371. PMID 27925706.
- ↑ a b c d Meret Bissegger: Meine wilde Pflanzenküche. Bestimmen, Sammeln und Kochen von Wildpflanzen. AT Verlag, Aarau/München 2011, ISBN 978-3-03800-552-0, S. 47.
- ↑ a b Colin Randall: Historical and modern uses of Urtica. Chapter 2 In: Gulsel M. Kavalali (Hrsg.): Urtica. Therapeutic and nutritional aspects of stinging nettles. Taylor & Francis, London/New York 2003, ISBN 0-415-30833-X. (Reihe Medicinal and aromatic plants–industrial profiles Band 37).
- ↑ Eat up Your Nettles M. Harrison, 2010. Wild Food School, abgerufen am 2. Juli 2019.
- ↑ Carl David Bouché Bouché, Hermann Grothe: Geschichte der technischen Benutzung der Nesselfasern. Kapitel 7 In: Carl David Bouché, Hermann Grothe: Ramie, Rheea, Chinagras und Nesselfaser. Ihre Erzeugung und Bearbeitung als Material für die Textilindustrie. Springer Verlag, Berlin/Heidelberg 1884.
- ↑ a b c C. R. Vogl, A. Hartl: Production and processing of organically grown fiber nettle (Urtica dioica L.) and its potential use in the natural textile industry: A review. In: American Journal of Alternative Agriculture. Volume 18, Nr. 3, 2003, S. 119–128.
- ↑ Jens Soentgen: Fasern aus der Brennnessel. 2016, abgerufen am 2. Januar 2022.
- ↑ H. Drangmeister: Pflanzenschutz im Öko-Landbau – Grundlagen und Prinzipien. D1 Allgemeiner Pflanzenbau. Informationsmaterialien über den ökologischen Landbau (Landwirtschaft einschließlich Wein-, Obst- und Gemüsebau) für den Unterricht an landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen. herausgegeben vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, 2011.
- ↑ Barbara Schön: Teepflanzen. Anbau im Kräutergarten, Ernte und Zubereitung. Broschüre, herausgegeben vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Freistaat Sachsen. 2. Auflage, 2011.
- ↑ Barbara Schön: Gartensalate. Anbau im Haus- und Kleingarten. Broschüre, herausgegeben vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Freistaat Sachsen. 2. Auflage, 2011.
- ↑ Nicola Di Virgilio, Eleni Papazoglou, Zofija Jankauskiene, Sara Di Lonardo, Marcin Praczyk, Kataryna Wielgusz: The potential of stinging nettle (Urtica dioica L.) as a crop with multiple uses. In: Industrial Crops and Products. Volume 68, 2015, S. 42–49, doi:10.1016/j.indcrop.2014.08.012.
- ↑ Ilze Baltina, Lilita Lapsa, Elvyra Gruzdeviene: Nettle Fibers as a Potential Natural Raw Material for Textile in Latvia. In: Materials Science. Textile and Clothing Technology. Volume 7, Nr. 1, 2012, S. 23–27.
- ↑ Große Brennessel (Urtica dioica L.), Kleine Brennessel (Urtica urens L.), Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V., Industriepflanzen. ( vom 2. Juli 2019 im Internet Archive) abgerufen am 2. Juli 2019.
- ↑ Story of Nettle, Die Geschichte der Fasernessel Marlene. Mattes & Ammann GmbH & CO. KG, Meßstetten-Tieringen
- ↑ Jerzy Lutomski, Henryk Speichert: Die Brennessel in Heilkunde und Ernährung. In: Pharmazie in unserer Zeit. Band 12, Nr. 6, 1983, S. 181–186.
- ↑ Heinrich Marzell: Die Brennessel im Volksglauben. Ein Beitrag zur Volkskunde. In: Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Band 26, 1911, S. 401–406. ISSN 0369-3430, Digitalisat .