„Halbinsel-Feldzug“ – Versionsunterschied
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{{Infobox Militärischer Konflikt |
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Der '''Halbinselfeldzug''' (März bis Juli [[1862]]) war der erste groß angelegte Feldzug des [[Sezessionskrieg|Amerikanischen Bürgerkriegs]] auf dem östlichen Kriegsschauplatz. Er fand im Süden [[Virginia|Virginias]], auf der von den Flüssen [[James River|James]] und [[Appomattox River|Appomattox]] gebildeten "Halbinsel" (''Peninsula'') statt. |
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|KONFLIKT = Halbinsel-Feldzug |
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Um die Verteidigungsstellungen der [[Konföderierte Staaten von Amerika|Konföderierten]] im Norden Virginias zu umgehen, wurde die nordstaatliche [[Army of the Potomac|Potomac-Armee]] unter [[Generalmajor]] [[George Brinton McClellan]] mit Schiffen nach [[Fort Monroe]] am östlichen Ende der Halbinsel transportiert, von wo aus sie die konföderierte Hauptstadt [[Richmond (Virginia)|Richmond]] erobern sollte. Nach anfänglichen Erfolgen wurden die Nordstaaten jedoch durch eine Gegenoffensive der Konföderierten unter [[Robert Edward Lee]] zum Rückzug gezwungen. |
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|TEILVON = Sezessionskrieg |
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Das Scheitern der Nordstaaten wenige Meilen vor Richmond bedeutete den endgültigen Abschied von der Vorstellung eines kurzen Krieges und war ein wichtiger Grund für die Entwicklung des Bürgerkrieges hin zum "ersten modernen Krieg". |
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|BILD = Arrival of General McClellan, 5th of April, 1862, to take personal command of the Union army in its advance on Yorktown.jpg |
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|Alternativtext= |
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|BILDBREITE = |
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|BESCHREIBUNG = |
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|DATUM = März 1862 |
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|DATUMBIS = Juli 1862 |
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|ORT = Virginia-Halbinsel |
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|BREITENGRAD = |
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|LÄNGENGRAD = |
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|REGION-ISO = |
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|CASUS = |
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|GEBIETE = |
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|AUSGANG = Sieg der Südstaaten |
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|FOLGEN = |
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|FRIEDENSSCHLUSS= |
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|KONTRAHENT1 = {{USA 34 Stars}} |
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|KONTRAHENT2 = {{CSA-1861-4}} |
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|KONTRAHENT3 = |
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|BEFEHLSHABER1= George B. McClellan |
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|BEFEHLSHABER2= Joseph E. Johnston<br />Robert E. Lee |
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|BEFEHLSHABER3= |
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|TRUPPENSTÄRKE1= 105.857 |
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|TRUPPENSTÄRKE2= 112.220 |
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|TRUPPENSTÄRKE3= |
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|VERLUSTE1 = 23.119 |
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|VERLUSTE2 = 29.298 |
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|VERLUSTE3 = |
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|ZIVILVERLUSTE= |
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|NOTIZEN = |
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|ÜBERBLICK = {{Linkbox Halbinsel-Feldzug}} |
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[[Datei:Peninsula Campaign March 17 - May 31, 1862.png|mini|Halbinsel-Feldzug von Ft. Monroe bis Seven Pines]] |
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Der '''Halbinsel-Feldzug''' ({{enS|Peninsula(r) Campaign}}) von März bis Juli 1862 war ein Feldzug der [[Nordstaaten]] auf dem östlichen Kriegsschauplatz des [[Sezessionskrieg|Amerikanischen Bürgerkriegs]]. Sein Ziel war es, über die von [[James River (Virginia)|James River]], [[York River]] und [[Chesapeake Bay]] umgebene Virginia-Halbinsel im Südosten [[Virginia]]s rasch nach Nordwesten vorzustoßen und die Hauptstadt der [[Konföderierte Staaten von Amerika|Konföderierten]] [[Richmond (Virginia)|Richmond]] einzunehmen. |
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Um die Verteidigungsstellungen der Konföderierten im Norden Virginias zu umgehen, wurde die [[Army of the Potomac (Union)|Potomac-Armee]] der [[United States Army im Sezessionskrieg|Union]] unter [[Generalmajor]] [[George B. McClellan|McClellan]] per Schiff nach [[Fort Monroe]] am südöstlichen Ende der Halbinsel verlegt. Nach anfänglichen Erfolgen zwang eine Gegenoffensive der [[Army of Northern Virginia|Südstaatenarmee]] unter [[General]] [[Robert Edward Lee|Lee]] die Unionstruppen zum Rückzug. Das Scheitern der Nordstaaten wenige Meilen vor Richmond beendete bei Politikern wie Militärs endgültig die Vorstellung von einem raschen Sieg und beschleunigte die Entwicklung des Konflikts zum „ersten modernen Krieg“. |
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== Hintergrund == |
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[[bild:PeninsulaCampaign.jpg|300px|right|thumb|Karte des Feldzuges bis Seven Pines]] |
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Nach der schweren Niederlage der Nordstaatler in der [[Erste Schlacht von Bull Run|Ersten Schlacht von Bull Run]] übernahm Generalmajor George Brinton McClellan, der im Westen Virginias einige kleinere Erfolge errungen hatte, den Befehl über die von nun als Potomac-Armee bekannten nordstaatlichen Streitkräfte in Virginia. Den Winter über verbrachte er damit, seine noch unerfahrenen Soldaten auszubilden und seine Armee neu zu organisieren und auszurüsten. |
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Als das Frühjahr 1862 begann, drängte US-Präsident [[Abraham Lincoln|Lincoln]] dazu, etwas gegen [[Joseph Eggleston Johnston]]s Armee von [[Army of Northern Virginia|Nord-Virginia]] zu unternehmen, die 30 Meilen von [[Washington D.C.]] entfernt, bei Centreville, Virginia, stand. |
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McClellan zögerte jedoch. Er überschätzte die zahlenmäßige Stärke der Konföderierten und wollte deswegen nicht über Land gegen Johnston vorgehen. Stattdessen schlug er vor, seine Armee auf Schiffe zu verladen und bei Urbanna in Johnstons Rücken zu landen und von dort aus nach Richmond zu marschieren. Lincoln zögerte jedoch, dieser Operation zuzustimmen, da er um die Sicherheit Washingtons besorgt war und deswegen den Landweg bevorzugte. |
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Die Diskussionen über McClellans Vorschlag zogen sich drei Monate hin, bis sich Johnston Anfang März 1862 von Centreville nach Culpeper zurückzog und dadurch McClellans Plan vereitelte. Der nordstaatliche General schlug nun eine andere amphibische Operation vor: Dieses Mal wollte er mit seiner Armee bei Fort Monroe im Süden Virginias landen und von dort auf der Halbinsel zwischen James und Appomattox westwärts nach Richmond marschieren. |
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Lincoln stimmte dem schließlich zu, verlangte jedoch von McClellan, das Korps von General [[Irwin McDowell]], rund 50.000 Mann, zum Schutze Washingtons im Norden Virginias zurückzulassen. |
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McClellan verblieben somit noch rund 120.000 Mann. Auch wenn er damit nicht recht glücklich war und McDowell lieber früher als später bei sich gehabt hätte, begann er seine Offensive am 17.März mit dem Einschiffen der Armee nach Fort Monroe. |
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Als er seine Armee dort versammelt hatte, stand nur der konföderierte General [[John Bankhead Magruder]] mit rund 13.000 Mann zwischen ihm und Richmond. Der Großteil von Johnstons Armee, rund 43.000 Mann, war noch immer bei Culpeper, andere Teile unter den Generälen [[Thomas Jonathan Jackson|Jackson]], [[Theophilus Hunter Holmes|Holmes]] und [[Benjamin Huger|Huger]] waren im Shenandoahtal, in Fredericksburg beziehungsweise in Norfolk stationiert. |
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Als mittelbare Folge änderten sich auch Charakter und Ziele des Krieges. Bis zum Halbinsel-Feldzug war die Wiederherstellung der Union in der Form von 1860 das offizielle Kriegsziel. Danach setzte sich zunehmend der Gedanke durch, dass das Ziel eine neue Union und die Abschaffung der [[Sklaverei in den Vereinigten Staaten|Sklaverei in den Südstaaten]] sein müsse.<ref>{{Literatur |Autor=James McPherson |Titel=Battle Cry of Freedom - The Civil War Era |Verlag=Oxford University Press |Ort=New York, NY |Datum=1988 |ISBN=978-0-19-516895-2 |Seiten=490-494}}</ref> |
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== Die Belagerung von Yorktown == |
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Am 4. April 1862 hatte McClellan seine Armee soweit versammelt, dass er seinen Marsch auf Richmond beginnen konnte. |
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Einen Tag später, am 5. April, traf seine Armee auf ersten hartnäckigen Widerstand der Konföderierten in Form von Magruders "Halbinsel-Armee", die vor allem in der Gegend von [[Yorktown (Virginia)|Yorktown]] starke Befestigungen errichtet hatte. Magruder hatte zwar nur 13.000 Mann unter seinem Befehl, machte aber auf McClellan einen viel stärkeren Eindruck, sodass dieser beschloss, Yorktown zu belagern. Rund vier Wochen, bis Anfang Mai, verbrachte McClellan damit, Belagerungsgeschütze zu massieren, während Johnston mit seinen Truppen aus dem Norden in den Süden Virginias eilte und Magruder verstärkte. Als McClellan am 3. Mai schließlich alle Vorbereitungen für seinen Angriff abgeschlossen hatte, zogen sich die Konföderierten zurück. |
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Die Nordstaaten drängten ihnen energisch nach und versuchten den Südstaaten den Rückzug abzuschneiden, was zu blutigen Gefechten bei [[Schlacht von Williamsburg|Williamsburg]](5. Mai) und [[Schlacht von Eltham's Landing|Eltham's Landing]] (6. Mai) führte, aber den geordneten Rückzug der Konföderierten nicht verhindern konnte. |
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== Vorgeschichte == |
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[[Datei:GeorgeMcClellan.jpeg|mini|hochkant|Generalmajor McClellan]] |
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Auf der anderen Seite machte Johnstons Rückzug jedoch die Stadt [[Norfolk (Virginia)|Norfolk]] und mit ihr die [[CSS Virginia]], den Schrecken der US-Marine, unhaltbar. Norfolk musste von den Südstaaten geräumt werden, und die CSS Virginia wurde von ihrer Besatzung zerstört. |
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Nach der Niederlage der Union am 21. Juli 1861 in der [[Erste Schlacht am Bull Run|Ersten Schlacht von Manassas]] übernahm Generalmajor McClellan am 27. Juli den [[Oberbefehlshaber|Oberbefehl]] über die im Norden Virginias und rund um Washington [[Garnison|stationierten]] [[United States Army im Sezessionskrieg|Landstreitkräfte der Union]]. McClellan hatte im Westen Virginias mit überlegenen Kräften die ersten Erfolge für die Union errungen und zum ersten Mal sein überragendes Organisationstalent gezeigt. Im Herbst und im Winter lag sein Schwerpunkt in der Reorganisation der geschlagenen [[Army of Northeastern Virginia]], der Vereinheitlichung und Modernisierung der Ausrüstung und der Ausbildung der Soldaten. Bei seinen Soldaten war der General, der eigene Verluste möglichst zu minimieren suchte, als „Little Mac“ außerordentlich beliebt. Als Mitglied der Demokratischen Partei war er jedoch vielen Politikern der regierenden Republikaner suspekt, und schon im Herbst mehrten sich die Stimmen, die McClellan vorwarfen, die reorganisierte Armee nicht in den Kampf zu führen.<ref>McPherson: S. 351–353</ref> |
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Solcherart ermutigt machte sich eine US-Flottille, zu der unter anderem die Panzerschiffe [[USS Monitor]] und [[USS Galena]] gehörten, auf den Weg den James hinauf, um Richmond über Wasser anzugreifen. Der Angriff wurde jedoch in der [[Erste Schlacht von Drewry's Bluff|Ersten Schlacht von Drewry's Bluff]] zurückgewiesen, wobei ironischerweise unter den konföderierten Kanonieren auch die Besatzung der CSS Virginia war. |
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=== Ziel des Feldzugs === |
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== Vormarsch auf Richmond und Seven Pines == |
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Präsident [[Abraham Lincoln|Lincolns]] Order Nummer 1 vom 27. Januar 1862<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/005/0041 |titel=War of the Rebellion: Serie I Band V Seite 41|werk=ehistory.osu.edu |hrsg=The Ohio State University |abruf=2023-07-20}}</ref>, sah vor, dass die Armeen der Union am 22. Februar auf allen Kriegsschauplätzen in die [[Operation (Militär)|Offensive]] gehen sollten. Der Potomac-Armee befahl er, die Bedrohung der Hauptstadt durch die [[Army of Northern Virginia|Nord-Virginia-Armee]] zu beenden, deren Versorgungslinien zwischen [[Manassas Junction|Manassas]] und den [[Blue Ridge Mountains]] zu unterbrechen und sie so zum Ausweichen nach Süden zu zwingen.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/005/0018 |titel=War of the Rebellion: Serie I Band V Seite 18 |werk=ehistory.osu.edu |hrsg=The Ohio State University |abruf=2023-07-20}}</ref> |
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Unterdessen war McClellan zögerlich und vorsichtig (aufgrund von Meldungen seines Geheimdienstes war er immer noch im Glauben, zahlenmäßig unterlegen zu sein) weiter auf Richmond zu marschiert. Er wollte nahe genug an die Stadt herankommen, um sie dann mithilfe seiner schweren Belagerungsgeschütze zur Aufgabe zu zwingen. McClellan dehnte dabei seine rechte Flanke immer weiter aus, in der Hoffnung auf Verstärkungen aus dem Norden Virginias unter McDowell. Tatsächlich erfuhren die Konföderierten Mitte Mai, dass McDowell mit rund 40.000 Mann [http://www.civilwarhome.com/peninsul.htm] auf dem Weg nach Süden war. Auf Anraten von General Lee, dem Militärberater des konföderierten Präsidenten [[Jefferson Davis|Davis]], führte General Jackson daraufhin im Shenandoahtal eine lokale Offensive durch, die zu den Siegen bei Front Royal und Winchester führte (siehe [[Jacksons Shenandoah-Feldzug 1862]]). Lincoln, ständig besorgt um die Sicherheit der Hauptstadt, entschied daher, dass der Sieg über Jacksons wichtiger sei als McClellans Offensive und beorderte das Gros von McDowells Korps zurück ins Shenandoahtal. Auch die Proteste von McDowell und McClellan konnten an diesem Entschluss nichts mehr ändern. |
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Unterdessen war McClellans Streitmacht auf der Halbinsel der konföderierten Hauptstadt immer näher gekommen und wurde nun durch den [[Chickahominy River|Chickahominy]] in zwei Hälften geteilt. |
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Der Chickahominy war eigentlich ein eher kleines Flüsschen, aber starke Regenfälle hatten ihn in der letzten Zeit stark anschwellen lassen. Johnston, der rund 70.000 Mann in Richmond versammelt hatte, entschied nun, gegen den schwächeren Flügel von McClellans Armee südlich des Chickahominy vorzugehen. Das Resultat war die blutige [[Schlacht von Seven Pines]]: Johnstons Angriff litt unter Koordinierungsproblemen und schlug fehl. Die Nordstaaten verloren rund 5.000 Mann, die Südstaaten rund 6.000, darunter Johnston, der schwer verwundet wurde. An seine Stelle trat am 1. Juni 1862 Robert Edward Lee. |
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=== Operationsplan === |
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== Lees Gegenschlag- Seven Days == |
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[[Datei:Joseph E Johnston.jpg|mini|hochkant|General Johnston]]McClellan hatte Bedenken, die Nord-Virginia-Armee General [[Joseph E. Johnston|Johnstons]], die nur 30 km südlich von Washington entlang des [[Bull Run]] in Stellung lag, anzugreifen, weil er befürchtete, sie sei seiner Potomac-Armee überlegen. Er hatte schon im Herbst des Vorjahres einen Operationsplan entwickelt, der womöglich aufgrund seiner Erfahrungen als Beobachter im [[Krimkrieg]] entstanden war<ref>Keegan: ''Der Amerikanische Bürgerkrieg.'' Rowohlt, Berlin 2010, S. 173f.</ref>. Dieser sah vor, die Armee von [[Annapolis (Maryland)|Annapolis]] in [[Maryland]] – der [[Potomac River|Potomac]] war durch die Konföderierten gesperrt – auf dem Seeweg nach Urbana in Virginia zu transportieren. Von dort aus, im Rücken der Nord-Virginia-Armee, plante er, Richmond einzunehmen. Lincoln zögerte, dem Plan zuzustimmen, da ein Angriff auf dem Landweg garantiert hätte, dass die gesamte Armee stets zwischen den konföderierten Truppen und Washington gestanden hätte.<ref>McPherson: S. 414.</ref> Trotz seiner Befürchtungen, die Hauptstadt militärisch zu entblößen, stimmte er dem ursprünglich so genannten Urbana-Plan schließlich zu, ordnete aber eine Organisationsänderung in der Potomac-Armee an, nach der [[Liste der Armeekorps des Unionsheeres im Sezessionskrieg|vier der fünf neu geschaffenen Korps]] mit republikanischen [[Kommandierender General|Kommandierenden Generalen]] besetzt wurden.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/005/0018 |titel=War of the Rebellion: Serial 005 Page 0018 |abruf=2023-07-20}}</ref> Vor der Realisierung des Feldzugsplans musste jedoch erst die Bedrohung der Transportschiffe durch das überlegene konföderierte Panzerschiff ''[[Virginia (Schiff, 1856)|Virginia]]'' beseitigt werden. |
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Lee brach die Schlacht ab und zog sich zurück auf seine Verteidigungslinien, die er in den folgenden Wochen weiter ausbauen und befestigen ließ. McClellan wollte diese weiterhin nicht angreifen, sondern wartete auf seine schweren Belagerungsgeschütze. |
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Mitte Juni befahl Lee seinem Kavalleriegeneral [[James Ewell Brown Stuart|J.E.B. Stuart]] einen Aufklärungsritt, in dessen Verlauf Stuart McClellans Armee vollständig umrundete (''Ride around McClellan''). Stuart entdeckte dabei, dass die rechte Flanke der Union, [[Fitz-John Porter]]s nördlich des Chickahominy stationiertes V.Korps, ungedeckt und gegenüber einem Flankenangriff nicht geschützt war. |
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=== Ausgangslage === |
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Lee entschied daher, Jacksons siegreiche Truppen aus dem Shenandoahtal nach Richmond zu rufen. Während ein kleiner Teil seiner Armee dann die Front südlich des Chickahominy gegen das Gros der Unionsarmee halten sollte, wollte er mit dem Rest frontal gegen Porter vorgehen, während Jackson ihn in die Flanke traf. Nach Porters Vernichtung wollte Lee dann mit seinen Truppen McClellans Verbindungslinien nach Osten abschneiden und die Nordstaaten somit endgültig besiegen. |
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Nach dem [[Schlacht von Hampton Roads|Seegefecht von Hampton Roads]] zwischen den Panzerschiffen ''Virginia'' und ''[[Monitor (Schiff)|Monitor]]'' machte Johnston den Plan McClellans zunichte. Er gab am 7. März die Stellungen am Bull Run auf und wich mit der Nord-Virginia-Armee nach Süden über den [[Rappahannock River|Rappahannock]] in den Raum um [[Culpeper]], Virginia, aus. Am 11. März enthob Lincoln McClellan des Oberbefehls des US-Heeres, damit er sich auf die Führung der Potomac-Armee konzentrieren konnte.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/005/0054 |titel=War of the Rebellion: Serial 005 Page 0054 |abruf=2023-07-20}}</ref> McClellan überarbeitete seinen Operationsplan, der jetzt vorsah, die Armee in Fort Monroe anzulanden, die Virginia-Halbinsel zu erobern und Richmond zu besetzen. Am 17. März schifften sich die ersten Truppenteile von insgesamt 121.500 Mann ein. |
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Das Ergebnis dieses Plans war die [[Sieben-Tage-Schlacht]]. Lees Truppen erlitten dabei zwar zahlreiche taktische Niederlagen, zwangen McClellan, der nun vollends von seiner Unterlegenheit überzeugt war, jedoch zum Rückzug von Richmond. Auch wenn Lees ambitionierter Plan nicht funktioniert hatte und die konföderierten Verluste deutlich höher waren als die der Union, so war es ihm doch gelungen, die bis dato größte Bedrohung von der Konföderation zu nehmen. |
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Die restlichen Truppenteile der Potomac-Armee und die der Konföderation waren auf dem östlichen Kriegsschauplatz folgendermaßen verteilt: |
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{| class="wikitable" |
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|- |
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! style="width:24em"| Ort |
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! style="width:10em"| Truppenteil |
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! style="width:12em"| Befehlshaber |
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! style="width:5em"|Stärke |
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|- |
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| colspan="4" style="text-align:center; background:#B0C4DE;"|'''''Union''''' |
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|- |
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|südlich Washington – Wehrbereich Rappahannock |
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|I. Korps |
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|Generalmajor [[Irvin McDowell|McDowell]] |
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|align="right" |35.000 |
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|- |
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|Shenandoahtal – Wehrbereich Shenandoah |
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|V. Korps |
|||
|Generalmajor [[Nathaniel Prentiss Banks|Banks]] |
|||
|align="right" |25.000 |
|||
|- |
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| colspan="4" style="text-align:center; background:#FFCBCB;"|'''''Konföderation''''' |
|||
|- |
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|bei Culpeper und Fredericksburg |
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|Nord-Virginia-Armee |
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|General Johnston |
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|align="right" |49.000 |
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|- |
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|Warwick River zwischen Yorktown und James |
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|Magruders Division |
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|Generalmajor [[John Bankhead Magruder|Magruder]] |
|||
|align="right" |13.000 |
|||
|- |
|||
|Shenandoahtal |
|||
|Jacksons Division |
|||
|Generalmajor [[Thomas Jonathan Jackson|Jackson]] |
|||
|align="right" |8.000 |
|||
|- |
|||
|Norfolk, Virginia |
|||
|Hugers Division |
|||
|Generalmajor [[Benjamin Huger (General)|Huger]] |
|||
|align="right" |9.000 |
|||
|} |
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Am 4. April war die Potomac-Armee ohne das I. Korps McDowells und das V. Korps Banks im Raum um Ft. Monroe versammelt. Diese beiden Korps wurden am gleichen Tag aus der Armee herausgelöst, in die Wehrbereiche Rappahannock und Shenandoah eingegliedert und dem [[Kriegsministerium der Vereinigten Staaten|Kriegsministerium]] direkt unterstellt.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/012/0001 |titel=War of the Rebellion: Serial 012 Page 0001 |abruf=2023-07-20}}</ref> |
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== Der Feldzug == |
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=== Die Belagerung von Yorktown und der konföderierte Rückzug === |
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Am 5. April begann McClellan mit der Potomac-Armee den Marsch auf Richmond. Noch am selben Tag traf er auf ersten hartnäckigen Widerstand der Konföderierten. Generalmajor Magruders „Halbinsel-Armee“ – eine [[Division (Militär)|Division]] mit 13.000 Mann – hatte Stellungen zwischen [[Yorktown (Virginia)|Yorktown]] und dem James entlang des Warwick Rivers bezogen. Wie bei seinem erfolgreichen Feldzug im westlichen Virginia überschätzte McClellan die Stärke der Konföderierten und entschloss sich, Yorktown zu belagern. Rund vier Wochen, bis Anfang Mai, benötigte McClellan, um Belagerungsgeschütze in Stellung zu bringen, während Johnston mit seinen Truppen aus dem Norden in den Süden Virginias eilte und Magruder verstärkte. Während dieser Zeit unternahm McClellan nur einen ernsthaften Versuch, in die Verteidigungsstellungen der Konföderierten einzubrechen. |
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Nach vorangegangener Artillerievorbereitung griff am Nachmittag des 16. April das 3. Vermont Regiment über den aufgestauten Warwick River beim Damm No. 1 an und brach in die vorderen Stellungen der Konföderierten ein. Da das Regiment keine Verstärkungen erhielt und die Munition beim Überqueren des Flusses nass geworden war, musste es wieder auf das östliche Ufer ausweichen. Ein zweiter Angriff schlug fehl. Am 30. April standen sich auf Seiten der Union 118.242<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0130 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0130 THE PENINSULAR CAMPAIGN,VA. Chapter XXIII. |abruf=2023-07-20}}</ref> und auf Seiten der Konföderierten 55.633<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0484 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0484 |abruf=2023-07-20}}</ref> Mann gegenüber. Am 3. Mai hatte McClellan schließlich alle Vorbereitungen für den Angriff abgeschlossen. Johnston wartete jedoch den Angriff nicht ab, sondern wich entgegen dem Befehl Präsident [[Jefferson Davis|Davis’]] mit allen Truppen auf vorbereitete Stellungen bei Williamsburg aus. |
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Die Potomac-Armee setzte scharf nach und stellte die Nachhut der Nord-Virginia-Armee bei [[Schlacht von Williamsburg|Williamsburg]]. McClellan gelang es beinahe, die Konföderierten rechts zu überflügeln, denen es nur mit Mühe gelang, die Angriffe der Union abzuwehren. In der Nacht zum 6. Mai wich die Nord-Virginia-Armee erneut aus. McClellan meldete einen „grandiosen Sieg“ nach Washington, obwohl das Gefecht bestenfalls unentschieden ausgegangen war. Gleichzeitig forderte er das Kriegsministerium auf, McDowell und Banks das unverzügliche Vorrücken auf Richmond zu befehlen. Zudem hatte McClellan eine weitere amphibische Operation in die Wege geleitet. Er beabsichtigte, vier Divisionen den York aufwärts zu verschiffen, im Rücken der Nord-Virginia-Armee bei West Point zu entladen und sie von Richmond abzuschneiden. Franklins Division ging am Abend des 6. Mai bei Elthams Landing an Land, verblieb jedoch im Schutz des Feuers der Kanonenboote in der Nähe des Ufers. Johnston hatte von McClellans Absicht erfahren und seine Reserve unter Generalmajor [[Gustavus Woodson Smith|Smith]] zur Sicherung des Marsches der Hauptkräfte nach dort abgestellt. Am 7. Mai griffen die Konföderierten Franklins Truppen an und den Hauptkräften gelang es, auszuweichen. Nach diesem Fehlschlag verzichtete McClellan auf amphibische Operationen dieser Größenordnung während des Feldzuges. |
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=== Kämpfe zu Wasser === |
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Auf der anderen Seite des James machte Johnstons Rückzug die Stadt [[Norfolk (Virginia)|Norfolk]] und mit ihr die ''Virginia'', den Schrecken der US-Marine, unhaltbar. Nachdem am 9. Mai Unionstruppen ostwärts von Norfolk gelandet waren, räumte Generalmajor Hugers Division die Stadt und die Besatzung der ''Virginia'' zerstörte am 11. Mai ihr Schiff. Bereits am 7. Mai hatte McClellan gefordert, Kanonenboote den James aufwärts zu schicken und so seine linke Flanke zu entlasten. Lincoln befahl den Einsatz unter der Auflage, ihn nur durchzuführen, wenn er erfolgversprechend war.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0146 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0146 |abruf=2023-07-20}}</ref> Diesen Erfolg hatte die ''Virginia'' bis zu ihrer Zerstörung unmöglich gemacht. Am 11. Mai machte sich eine US-Flottille, zu der unter anderem die Panzerschiffe ''[[Monitor (Schiff)|Monitor]]'' und ''[[USS Galena|Galena]]'' gehörten, flussaufwärts auf den Weg, um Richmond auf dem Wasserweg anzugreifen. Der Angriff wurde am 15. Mai im [[Erstes Gefecht an Drewrys Bluff|Ersten Gefecht an Drewrys Bluff]] zurückgewiesen, wobei unter den konföderierten Kanonieren auch die Besatzung der ''Virginia'' war. |
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=== Vormarsch auf Richmond und Schlacht von Seven Pines === |
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McClellan nutzte sein bisher erfolgreiches Vorgehen bei Yorktown und Williamsburg zur erneuten Auseinandersetzung mit dem Präsidenten wegen dessen Änderung der Organisationsform seiner Armee. Am 9. Mai bat er den Kriegsminister um Erlaubnis, die Potomac-Armee reorganisieren zu dürfen. Zumindest wollte er „unfähige“ Kommandierende Generale absetzen dürfen. Er begründete das darüber hinaus damit, dass nur sein persönliches Eingreifen vor Williamsburg den Sieg gerettet hätte.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0153 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0153 |abruf=2023-07-20}}</ref> Lincoln antwortete ihm darauf in einem persönlichen Schreiben, er habe keine Verbindungen mit den in Frage kommenden Generalen, ebenso wie McClellan nicht mit denen kommuniziere. McClellans Unterstützung im Senat und Repräsentantenhaus sinke von Tag zu Tag, aber wenn er sich für stark genug halte, dann solle er für den Erfolg der Armee alles tun.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0154 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0154 |abruf=2023-07-20}}</ref> Am 8. Mai erhielt McClellan Nachrichten, dass die Kräfte vor Franklins Division zwischen 80.000–120.000 Mann stark seien und auf den Chickahominy auswichen.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0151 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0151 |abruf=2023-07-20}}</ref> Er rückte deshalb und weil die Konföderierten sämtliche Brücken über den Fluss zerstört hatten, nur zögerlich nach Westen vor. Am 17. Mai erhielt McDowell den Auftrag, mit 35.000 bis 40.000 Mann nach Süden vorzugehen,<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/012/0027 |titel=War of the Rebellion: Serial 012 Page 0027 |abruf=2023-07-20}}</ref> wurde jedoch McClellan nicht unterstellt. |
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General Lee, der Militärberater des konföderierten Präsidenten Davis, hatte bereits am 1. Mai Generalmajor Jackson angewiesen, soviel Nordstaatentruppen wie möglich auf sich zu ziehen und im Shenandoahtal zu binden.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0878 |titel=The War of the Rebellion, Series I, Band XII, Teil III, S. 878: |abruf=2023-07-20}}</ref> Dieser Befehl führte wieder einmal zu Querelen mit General Johnston, der sich durch diese Anweisung übergangen fühlte. Jacksons erfolgreiche Angriffe gegen die im Shenandoahtal verbliebenen Truppen der Union ließen Lincoln am 24. Mai McDowell befehlen, den Vormarsch auf Richmond einzustellen und die durch Jackson entstandene Gefahr zu beseitigen (vgl. [[Jacksons Shenandoah-Feldzug 1862]]). Proteste McDowells und McClellans ließ er nicht gelten. McClellan hatte inzwischen entschieden, Richmond – wie schon zuvor bei Yorktown – durch den Einsatz von Belagerungsgeschützen einzunehmen. Am 18. Mai hatte er mit der Genehmigung des Präsidenten zwei neue vorläufige Korps mit seiner Meinung nach fähigeren Kommandierenden Generalen in der Potomac-Armee gebildet.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0181 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0181 |abruf=2023-07-20}}</ref> Noch vor dem Rückzug McDowells war McClellan beauftragt worden, dessen Anmarsch durch die Unterbrechung der nach Norden führenden Fredericksburg & Richmond-Eisenbahnlinie zu unterstützen. McClellan beauftragte damit das neue V. Korps unter Generalmajor Fitz John Porter. Um die Verbindungen innerhalb seiner Armee aufrechtzuerhalten, musste er die Korps Franklins und Sumners nördlich des Chickahominy einsetzen. Auf dem südlichen Ufer befanden sich nur die Korps Keyes’ und Heintzelmanns. |
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Am 27. Mai kam es zum Gefecht bei [[Hanover (Pennsylvania)|Hanover Court House]], bei dem es dem V. Korps gelang, die Eisenbahnlinien zu unterbrechen. Danach erhielt Porter den Auftrag, sich den anderen Korps der Armee zur Belagerung Richmonds am rechten Flügel am [[Chickahominy River|Chickahominy]] anzuschließen. Der Chickahominy war eigentlich ein eher kleines Flüsschen, aber starke Regenfälle hatten ihn in der letzten Zeit stark anschwellen lassen. Johnston, der rund 70.000 Mann um Richmond versammelt hatte, entschied sich, gegen den schwächeren Flügel von McClellans Armee südlich des Chickahominy vorzugehen. Am 30. Mai kam es zur blutigen [[Schlacht von Seven Pines]]. Johnstons Angriff litt unter Koordinierungsproblemen und schlug fehl. Die Potomac-Armee verlor rund 5000, die Nord-Virginia-Armee rund 6000 Soldaten, darunter Johnston, der schwer verwundet wurde. An seine Stelle trat am 1. Juni 1862 General Robert Edward Lee. |
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=== Lees Gegenschlag – Seven Days === |
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[[Datei:Robert Edward Lee.jpg|mini|hochkant|Robert E. Lee]] |
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Lee brach die Schlacht ab und wich auf seine Verteidigungsstellungen rund um Richmond aus, die er in den folgenden Wochen weiter ausbauen und befestigen ließ. McClellan wollte diese weiterhin nicht angreifen, sondern wartete auf seine schweren Belagerungsgeschütze. Am 11. Juni befahl Lee dem Kommandeur seiner Kavalleriebrigade, [[Brigadegeneral]] [[James Ewell Brown Stuart|J.E.B. Stuart]], einen Aufklärungsritt in den Rücken des Gegners,<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0590 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0590 |abruf=2023-07-20}}</ref> in dessen Verlauf Stuart die Potomac-Armee vom 12. bis zum 15. Juni mit 1.200 Mann über eine Strecke von etwa 250 km vollständig umrundete („Ride around McClellan“). Der militärische Nutzen dieser Operation war gering, zeigte aber starke Auswirkungen auf die Kampfmoral. Stuart stellte fest, dass die rechte Flanke der Union, [[Fitz-John Porter]]s nördlich des Chickahominy stationiertes V. Korps, ungedeckt und gegenüber einem Flankenangriff nicht geschützt war und McClellan war wieder einmal über die Stärke des Gegners und seiner scheinbar mühelosen Möglichkeiten beunruhigt. |
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Am selben Tag entschied Lee, Jacksons siegreiche Truppen aus dem Shenandoahtal in den Raum Ashland nördlich Richmonds zu verlegen.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/014/0589 |titel=War of the Rebellion: Serial 014 Page 0589 |abruf=2023-07-20}}</ref> In seinem Befehl für den Angriff vom 24. Juni<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/013/0498 |titel=War of the Rebellion: Serial 013 Page 0498 |abruf=2023-07-20}}</ref> plante er, mit einem kleinen Teil der Nord-Virginia-Armee südlich des Chickahominy gegen das Gros der Potomac-Armee zu halten, während die Masse frontal gegen Porter vorgehen und Jackson entlang des Pamunkey in der Flanke und im Rücken angreifen sollte. Nach Porters Vernichtung beabsichtigte Lee, mit seinen Truppen McClellans Verbindungslinien nach Osten abzuschneiden und die Potomac-Armee dadurch endgültig zu besiegen. Das Ergebnis dieses Plans war die [[Sieben-Tage-Schlacht]]. Der Nord-Virginia-Armee gelang in keiner Schlacht ein entscheidender Sieg; in der [[Schlacht am Malvern Hill]] am 1. Juli wurde sie eindeutig besiegt. McClellan, der inzwischen vollends von seiner Unterlegenheit überzeugt war, wich trotz des Sieges auf Stellungen am James bei Harrisons Landing aus, wohin er auch in den vorhergehenden Tagen seine Versorgungsbasis verlegt hatte. Von dort konnte er Richmond weder zu Lande noch zu Wasser erneut bedrohen. Auch wenn Lees ambitionierter Plan nicht funktioniert hatte und die konföderierten Verluste deutlich höher waren als die der Union, so war es ihm doch gelungen, die bis dato größte Bedrohung von der Konföderation zu nehmen. |
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== Das Ende des Feldzuges == |
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=== Verbleib der Potomac-Armee === |
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Die Potomac-Armee grub sich rund um Harrisons Landing im Schutz der Geschütze der US-Marine ein und blieb bis auf wenige Kavallerieraids tatenlos. Der Feldzug war damit endgültig beendet. Ihr Sieg hatte die Südstaaten rund 30.000 Mann gekostet, die Verluste des Nordens lagen bei etwa 24.000 Mann. Am 25. Juli hatte sich der designierte neue Oberbefehlshaber des US-Heeres, Generalmajor [[Henry W. Halleck]] mit McClellan in Harrisons Landing getroffen und über den weiteren Einsatz der Potomac-Armee beraten. Für einen erneuten Vorstoß nach Richmond forderte McClellan zunächst 50.000 gut ausgebildete Soldaten; Halleck hatte die Genehmigung, 20.000 Mann anzubieten. Am nächsten Morgen glaubte McClellan, mit der angebotenen Verstärkung einen Erfolg erzielen zu können. Zwei Tage später telegraphierte er Halleck, er bestehe auf mindestens 35.000 Mann. Wegen dieser nicht auflösbaren unterschiedlichen Forderungen befahl Halleck am 30. Juli den Abtransport der Verwundeten und am 3. August, inzwischen zum Oberbefehlshaber ernannt, den der Potomac-Armee nach Aquia Landing und [[Alexandria (Virginia)|Alexandria]].<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/016/0005 |titel=War of the Rebellion: Serial 016 Page 0005 |abruf=2023-07-20}}</ref> Diesen Befehl setzte McClellan nur sehr zögerlich um. Das III. Korps schiffte sich am 14. August,<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/016/0411 |titel=War of the Rebellion: Serial 016 Page 0411 |abruf=2023-07-20}}</ref> das V. Korps am 21. August ein.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/016/0465 |titel=War of the Rebellion: Serial 016 Page 0465 |abruf=2023-07-20}}</ref> |
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Inzwischen hatte Generalmajor [[John Pope (General)|John Pope]] mit seinem Vormarsch nach Süden begonnen und befand sich am 9. August im Raum Culpeper, Virginia. Er sollte durch Teile der Potomac-Armee verstärkt werden. Am 21./22. August befanden sich das III. und das V. Korps im Raum südlich Washington, die aber erst am 26. August im Raum um Warrenton Junction für Pope verfügbar waren. Nachdem kurz darauf die gesamte Armee im Raum Alexandria eingetroffen war, hielt McClellan sie mit fadenscheinigen Begründungen zurück und unterstützte in der [[Zweite Schlacht am Bull Run|Zweiten Schlacht am Bull Run]] nur marginal.<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/012/0094 |titel=War of the Rebellion: Serial 012 Page 0094 |abruf=2023-07-20}}</ref> |
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=== Gründe des Scheiterns === |
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Die Potomac-Armee war zu diesem Zeitpunkt die größte Armee, die jemals auf dem amerikanischen Kontinent aufgestellt worden war. Sie war ausgezeichnet ausgebildet und ausgerüstet. Ihre Versorgung war gut organisiert. Die Soldaten hatten großes Vertrauen in ihre Führung. Das Verhältnis der Führer untereinander war teilweise gespannt. Generalmajor McClellan hatte mit dem Plan für den Feldzug eine schwierige Operation eingeleitet und sich während des Feldzuges entschlossen, sowohl Yorktown als auch Richmond zu belagern. Dadurch verzögerte sich das Vorgehen der Armee jedes Mal um einen Monat, weil die schweren Belagerungsgeschütze erst mit der Eisenbahn herangebracht werden mussten. McClellan hatte bereits während der Schlacht von Williamsburg befohlen, White House am Pamunkey zu nehmen und die Versorgungsbasis der Potomac-Armee dort einzurichten. White House war der Endpunkt der einzigen Eisenbahnlinie, der Richmond & York Railroad, auf der Halbinsel. Als während der Sieben-Tage-Schlacht die Gefahr des Überflügelns von Porters V. Korps entstand, verlegte er die Versorgungsbasis nach Harrisons Landing an den James. Ein Transport der Belagerungsgeschütze nach Richmond auf dem Landweg war von dort aus nicht möglich. McClellan rückte mit seiner Armee nur langsam vor und ermöglichte es so Joseph E. Johnston, seine schwachen Kräfte immer an anderen Stellen einzusetzen. Dadurch und durch schlechte Aufklärung war McClellan davon überzeugt, einer überlegenen Nord-Virginia-Armee gegenüberzustehen. Als er später vor der Sieben-Tage-Schlacht vom Herannahen Stonewall Jacksons erfuhr, glaubte er, die Nord-Virginia-Armee bestehe aus mindestens 200.000 Mann. |
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Zum Abbruch des Feldzuges trug auch McClellans Verhältnis zum Präsidenten bei. Der militärische Autodidakt Lincoln bewunderte den „kleinen Napoleon“ zwar und ließ ihm auch schlechtes persönliches Betragen durchgehen. Auf Druck von Senatoren und Kongressabgeordneten, die ihre eigene Klientel in verantwortlichen Stellungen in der Potomac-Armee sehen wollten, und wegen der wachsenden Kritik an McClellans zögerlicher Kriegführung, änderte der Präsident jedoch gegen dessen Willen die Gliederung der Armee und entband ihn vom Oberbefehl über das US-Heer. Daraus ergaben sich McClellans ständige Rufe nach Verstärkung und berechtigte Forderungen nach einheitlicher Führung, zumindest für das Vorgehen in Richtung Richmond. In persönlichen Schreiben versuchte der Präsident McClellan immer wieder zu beschwichtigen und genehmigte immer wieder seine Pläne – selbst McDowells Korps wurde ihm kurzzeitig wieder unterstellt. Der Druck der Öffentlichkeit und die Bedrohung durch Jackson im Shenandoahtal ließen den Präsidenten seine Zusagen bald widerrufen. Während der Sieben-Tage-Schlacht schrieb McClellan daher den Brief, in dem er sämtliche Schuld an einer Niederlage dem Präsidenten zuschob,<ref>{{Internetquelle |url=https://ehistory.osu.edu/books/official-records/012/0051 |titel=War of the Rebellion: Serial 012 Page 0051 |abruf=2023-07-20}}</ref> die seiner Meinung nach auch prompt eintrat. Den wesentlichen Grund für den Misserfolg der Union im Halbinsel-Feldzug sehen heutige Historiker aber genau wie zeitgenössische Kritiker in der Unentschlossenheit McClellans. Danach hat er gleich mehrere Chancen vergeben, Lees Truppen entscheidend zu schlagen und den Bürgerkrieg damit womöglich rasch zu beenden.<ref>Keegan: S. 213.</ref> |
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== Auswirkungen == |
== Auswirkungen == |
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McClellan zog sich, von Lee verfolgt, nach Harrison's Landing zurück, wo er sich, geschützt von den Geschützen der US-Marine, eingrub. Von dort wurde die Armee Anfang August auf Befehl von Abraham Lincoln nach und nach abgezogen, um die Truppen von General [[John Pope]] in der [[Zweite Schlacht von Bull Run|Zweiten Schlacht von Bull Run]] zu unterstützen. |
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Der Feldzug war damit endgültig beendet. Ihr Sieg hatte die Südstaaten rund 30.000 Mann gekostet, die Verluste des Nordens lagen bei cirka 24.000 Mann. |
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Die politischen und militärischen Folgen des Scheiterns der Nordstaaten im Halbinsel-Feldzug waren weitreichend: |
Die politischen und militärischen Folgen des Scheiterns der Nordstaaten im Halbinsel-Feldzug waren weitreichend: |
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Der konföderierte Sieg im Shenandoahtal und vor Richmond hob die Moral der Südstaaten beträchtlich und brachte mit Lee, Jackson und Stuart drei der |
Der konföderierte Sieg im Shenandoahtal und vor Richmond hob die Moral der Südstaaten beträchtlich und brachte mit Lee, Jackson und Stuart drei der bedeutendsten Kommandeure der Konföderation hervor. Während die Konföderation auf anderen Kriegsschauplätzen schwere Niederlagen erlitt – im Frühjahr 1862 gingen der Großteil [[Tennessee]]s, weite Teile des [[Mississippi River|Mississippi]]-Tales und zahlreiche Häfen verloren – errang die Nord-Virginia-Armee einen ihrer größten Triumphe. Der Preis dafür war hoch: Allein die abschließende Sieben-Tage-Schlacht hatte beide Seiten zusammen rund 35.000 Mann an Toten, Verwundeten, Vermissten und Gefangenen gekostet. Sie war damit die bis dahin verlustreichste Schlacht der amerikanischen Geschichte und übertraf selbst die [[Schlacht von Shiloh]] im April 1862. Union und Konföderation hatten nun unwiderruflich den Weg zum [[Totaler Krieg|totalen Krieg]] eingeschlagen, der später zu den verlustreichen Graben- und Stellungskämpfen vor [[Belagerung von Petersburg|Petersburg]] und [[Atlanta-Feldzug|Atlanta]] führen sollte. |
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Mit der abschließenden Sieben-Tage-Schlacht, die beide Seiten zusammen rund 35.000 Mann kostete und damit die bis dato blutigste Schlacht der Amerikanischen Geschichte war (sie übertraf selbst die [[Schlacht von Shiloh]] im April 1862) wurde nun unwiderruflich der Weg zum totalen Krieg eingeschlagen, der später zum Graben- und Stellungskrieg vor [[Belagerung von Petersburg|Petersburg]] und [[Atlanta-Feldzug|Atlanta]] führen sollte. An seinem Ende sollte das vollständige Ende und die weitgehende Zerstörung des "Alten Südens" stehen. |
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Die im Norden herrschende Vorstellung von einem kurzen, weitgehend unblutigen Krieg zur „Niederwerfung der Rebellion“ war endgültig zunichtegemacht worden. Dies wurde offensichtlich, als Abraham Lincoln am 1. Juli 1862 weitere 300.000 Freiwillige anforderte, die Anfang August für neun Monate einberufen wurden.<ref>{{Internetquelle |autor=Fred C. Ainsworth, Joseph W. Kirkley |url=https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=coo.31924079575241;view=1up;seq=199 |titel=War of the Rebellion: A Compilation of the Official Records of the Union and Confederate Armies |hrsg=Cornell University Library |datum=1899 |seiten=187f., 291f. |sprache=en |abruf=2023-07-20}}</ref> Die Wiederherstellung der alten Union, wie sie bis 1860 bestanden hatte, also unter Beibehaltung der Sklaverei, erschien immer mehr Nordstaatlern als ein zu geringer Gewinn für die enormen Opfer an Menschenleben, Geld und Material, mit denen sie nach dem unrühmlichen Ende des Halbinsel-Feldzugs rechnen mussten. Abraham Lincoln beispielsweise war bis dahin nur ein gemäßigter Gegner der Sklaverei gewesen. Er wollte, wie die meisten Republikaner, diese nicht abschaffen, sondern lediglich ihre Ausdehnung auf weitere Bundesstaaten und Territorien verhindern. Nun aber gelangte er zu der Überzeugung, dass die Sklaverei als letztliche Ursache des Konflikts gänzlich abgeschafft werden müsse und dass sich dafür nun auch eine Mehrheit bei der Bevölkerung des Nordens finden ließe. Im Sommer fasste er den Entschluss zur [[Emanzipationsproklamation]], die nach der [[Schlacht am Antietam]] verkündet wurde und am 1. Januar 1863 in Kraft trat.<ref>McPherson: S. 485–501.</ref> [[James M. McPherson]], einer der führenden Historiker des Bürgerkriegs, sah in Lees Erfolg während des Halbinsel-Feldzugs eine „abgründige Ironie“: |
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{{Zitat |
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|Text=Mit seinem Sieg über McClellan sorgte Lee dafür, daß der Krieg bis zur Vernichtung der Sklaverei, des alten Südens und so gut wie aller Werte dauerte, für die die Konföderation kämpfte. |
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|ref=<ref>McPherson: S. 481.</ref>}} |
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Der Ausgang des Halbinsel-Feldzugs bewirkte also mittelbar, dass aus dem Krieg gegen die Sezession ein Krieg für die Befreiung der Sklaven wurde.<ref>Keegan: S. 235–237.</ref> |
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== Literatur == |
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* {{Literatur |Autor= |Titel=The War of the Rebellion: a Compilation of the Official Records of the Union and Confederate Armies |Auflage= |Verlag=Govt. Print. Off. |Ort=Washington |Datum=1880 |ISBN= |Online=https://collections.library.cornell.edu/moa_new/waro.html}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Robert Underwood Johnson, Clarence Clough Buell |
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|Titel=Battles and Leaders of the Civil War |
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|Verlag=Century Co |
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|Ort=New York |
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|Datum=1887 |
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|Sprache=en |
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|Online=[https://ehistory.osu.edu/books/battles] |
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|OCLC=313673459}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=[[John Keegan]] |
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|Titel=Der amerikanische Bürgerkrieg |
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|Verlag=Rowohlt |
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|Ort=Berlin |
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|Datum=2010 |
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|ISBN=978-3-87134-668-2}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=[[Bernd G. Längin]] |
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|Titel=Der amerikanische Bürgerkrieg – Eine Chronik in Bildern Tag für Tag |
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|Verlag=Weltbild |
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|Ort=Augsburg |
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|Datum=1998 |
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|ISBN=3-86047-900-8}} |
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* {{Literatur |Autor=[[James M. McPherson]] |Titel=Battle Cry of Freedom - The Civil War Era |Auflage= |Verlag=Oxford University Press |Ort=New York, NY |Datum=1988 |ISBN=0-19-516895-X |Seiten=}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=James M. McPherson |
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|Titel=Für die Freiheit sterben – Die Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs |
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|Verlag=List |
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|Ort=München/Leipzig |
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|Datum=1995 |
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|ISBN=3-471-78178-1}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=James M. McPherson |
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|Titel=The Atlas of the Civil War |
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|Verlag=Running Press Book |
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|Ort=Philadelphia, Pa |
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|Datum=2005 |
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|ISBN=0-7624-2356-0}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=William C. Davis |
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|Titel=Der amerikanische Bürgerkrieg – Soldaten, Generäle, Schlachten |
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|Verlag=Weltbild |
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|Ort=Augsburg |
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|Datum=2004 |
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|ISBN=3-8289-0384-3}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=David J. Eicher |
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|Titel=The Longest Night – A Military History of the Civil War |
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|Verlag=Simon & Schuster |
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|Ort=New York |
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|Datum=2001 |
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|ISBN=0-7432-1846-9 |
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|Sprache=en}} |
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* {{Literatur |
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|Autor=Stephen W. Sears |
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|Titel=To the Gates of Richmond: The Peninsula Campaign |
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|Verlag=Ticknor & Fields |
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|Ort=New York |
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|Datum=0992 |
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|ISBN=0-89919-790-6 |
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|Sprache=en}} |
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== Einzelnachweise == |
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*Bernd G. Längin: ''Der amerikanische Bürgerkrieg - Eine Chronik in Bildern Tag für Tag''. Weltbild Verlag, Augsburg 1998 ISBN 3-86047-900-8 |
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* James M. McPherson: ''Für die Freiheit sterben''. Augsburg 2003 (orig. Oxford 1988) |
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*William C. Davis: ''Der amerikanische Bürgerkrieg - Soldaten, Generäle, Schlachten''. Weltbild Verlag, Augsburg 2004 ISBN 3-8289-0384-3 |
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== Weblinks == |
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{{Commonscat|Peninsula Campaign|Halbinsel-Feldzug}} |
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* [https://www.battlefields.org/learn/maps/peninsula-campaign-animated-map Animation des Feldzuges] auf Webpräsenz American Battlefield Trust |
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{{Lesenswert|28. Juni 2006|18385934}} |
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== Weblinks == |
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* [http://www.civilwarhome.com/peninsul.htm Berichte, ORs etc.] |
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* [http://www.peninsulacampaign.org/campaign.shtml Ausführliche Seite über den Feldzug (auf Englisch)] |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4313924-3|LCCN=sh85099421}} |
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[[Kategorie:Schlacht (USA)|Halbinsel-Feldzug]] |
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[[Kategorie:Sezessionskrieg (Schlacht)|Halbinsel-Feldzug]] |
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[[Kategorie:1862]] |
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{{SORTIERUNG:Halbinselfeldzug}} |
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[[en: Peninsula Campaign]] |
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[[Kategorie:Schlacht des Sezessionskriegs]] |
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[[Kategorie:Militärische Operation (19. Jahrhundert)]] |
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[[Kategorie:Konflikt 1862]] |
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[[Kategorie:Militärgeschichte (Virginia)]] |
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[[Kategorie:Robert Edward Lee]] |
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[[Kategorie:Feldzüge]] |
Aktuelle Version vom 18. Februar 2025, 23:13 Uhr

Der Halbinsel-Feldzug (englisch Peninsula(r) Campaign) von März bis Juli 1862 war ein Feldzug der Nordstaaten auf dem östlichen Kriegsschauplatz des Amerikanischen Bürgerkriegs. Sein Ziel war es, über die von James River, York River und Chesapeake Bay umgebene Virginia-Halbinsel im Südosten Virginias rasch nach Nordwesten vorzustoßen und die Hauptstadt der Konföderierten Richmond einzunehmen.
Um die Verteidigungsstellungen der Konföderierten im Norden Virginias zu umgehen, wurde die Potomac-Armee der Union unter Generalmajor McClellan per Schiff nach Fort Monroe am südöstlichen Ende der Halbinsel verlegt. Nach anfänglichen Erfolgen zwang eine Gegenoffensive der Südstaatenarmee unter General Lee die Unionstruppen zum Rückzug. Das Scheitern der Nordstaaten wenige Meilen vor Richmond beendete bei Politikern wie Militärs endgültig die Vorstellung von einem raschen Sieg und beschleunigte die Entwicklung des Konflikts zum „ersten modernen Krieg“.
Als mittelbare Folge änderten sich auch Charakter und Ziele des Krieges. Bis zum Halbinsel-Feldzug war die Wiederherstellung der Union in der Form von 1860 das offizielle Kriegsziel. Danach setzte sich zunehmend der Gedanke durch, dass das Ziel eine neue Union und die Abschaffung der Sklaverei in den Südstaaten sein müsse.[1]
Vorgeschichte
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Nach der Niederlage der Union am 21. Juli 1861 in der Ersten Schlacht von Manassas übernahm Generalmajor McClellan am 27. Juli den Oberbefehl über die im Norden Virginias und rund um Washington stationierten Landstreitkräfte der Union. McClellan hatte im Westen Virginias mit überlegenen Kräften die ersten Erfolge für die Union errungen und zum ersten Mal sein überragendes Organisationstalent gezeigt. Im Herbst und im Winter lag sein Schwerpunkt in der Reorganisation der geschlagenen Army of Northeastern Virginia, der Vereinheitlichung und Modernisierung der Ausrüstung und der Ausbildung der Soldaten. Bei seinen Soldaten war der General, der eigene Verluste möglichst zu minimieren suchte, als „Little Mac“ außerordentlich beliebt. Als Mitglied der Demokratischen Partei war er jedoch vielen Politikern der regierenden Republikaner suspekt, und schon im Herbst mehrten sich die Stimmen, die McClellan vorwarfen, die reorganisierte Armee nicht in den Kampf zu führen.[2]
Ziel des Feldzugs
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Präsident Lincolns Order Nummer 1 vom 27. Januar 1862[3], sah vor, dass die Armeen der Union am 22. Februar auf allen Kriegsschauplätzen in die Offensive gehen sollten. Der Potomac-Armee befahl er, die Bedrohung der Hauptstadt durch die Nord-Virginia-Armee zu beenden, deren Versorgungslinien zwischen Manassas und den Blue Ridge Mountains zu unterbrechen und sie so zum Ausweichen nach Süden zu zwingen.[4]
Operationsplan
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McClellan hatte Bedenken, die Nord-Virginia-Armee General Johnstons, die nur 30 km südlich von Washington entlang des Bull Run in Stellung lag, anzugreifen, weil er befürchtete, sie sei seiner Potomac-Armee überlegen. Er hatte schon im Herbst des Vorjahres einen Operationsplan entwickelt, der womöglich aufgrund seiner Erfahrungen als Beobachter im Krimkrieg entstanden war[5]. Dieser sah vor, die Armee von Annapolis in Maryland – der Potomac war durch die Konföderierten gesperrt – auf dem Seeweg nach Urbana in Virginia zu transportieren. Von dort aus, im Rücken der Nord-Virginia-Armee, plante er, Richmond einzunehmen. Lincoln zögerte, dem Plan zuzustimmen, da ein Angriff auf dem Landweg garantiert hätte, dass die gesamte Armee stets zwischen den konföderierten Truppen und Washington gestanden hätte.[6] Trotz seiner Befürchtungen, die Hauptstadt militärisch zu entblößen, stimmte er dem ursprünglich so genannten Urbana-Plan schließlich zu, ordnete aber eine Organisationsänderung in der Potomac-Armee an, nach der vier der fünf neu geschaffenen Korps mit republikanischen Kommandierenden Generalen besetzt wurden.[7] Vor der Realisierung des Feldzugsplans musste jedoch erst die Bedrohung der Transportschiffe durch das überlegene konföderierte Panzerschiff Virginia beseitigt werden.
Ausgangslage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Seegefecht von Hampton Roads zwischen den Panzerschiffen Virginia und Monitor machte Johnston den Plan McClellans zunichte. Er gab am 7. März die Stellungen am Bull Run auf und wich mit der Nord-Virginia-Armee nach Süden über den Rappahannock in den Raum um Culpeper, Virginia, aus. Am 11. März enthob Lincoln McClellan des Oberbefehls des US-Heeres, damit er sich auf die Führung der Potomac-Armee konzentrieren konnte.[8] McClellan überarbeitete seinen Operationsplan, der jetzt vorsah, die Armee in Fort Monroe anzulanden, die Virginia-Halbinsel zu erobern und Richmond zu besetzen. Am 17. März schifften sich die ersten Truppenteile von insgesamt 121.500 Mann ein. Die restlichen Truppenteile der Potomac-Armee und die der Konföderation waren auf dem östlichen Kriegsschauplatz folgendermaßen verteilt:
Ort | Truppenteil | Befehlshaber | Stärke |
---|---|---|---|
Union | |||
südlich Washington – Wehrbereich Rappahannock | I. Korps | Generalmajor McDowell | 35.000 |
Shenandoahtal – Wehrbereich Shenandoah | V. Korps | Generalmajor Banks | 25.000 |
Konföderation | |||
bei Culpeper und Fredericksburg | Nord-Virginia-Armee | General Johnston | 49.000 |
Warwick River zwischen Yorktown und James | Magruders Division | Generalmajor Magruder | 13.000 |
Shenandoahtal | Jacksons Division | Generalmajor Jackson | 8.000 |
Norfolk, Virginia | Hugers Division | Generalmajor Huger | 9.000 |
Am 4. April war die Potomac-Armee ohne das I. Korps McDowells und das V. Korps Banks im Raum um Ft. Monroe versammelt. Diese beiden Korps wurden am gleichen Tag aus der Armee herausgelöst, in die Wehrbereiche Rappahannock und Shenandoah eingegliedert und dem Kriegsministerium direkt unterstellt.[9]
Der Feldzug
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Belagerung von Yorktown und der konföderierte Rückzug
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 5. April begann McClellan mit der Potomac-Armee den Marsch auf Richmond. Noch am selben Tag traf er auf ersten hartnäckigen Widerstand der Konföderierten. Generalmajor Magruders „Halbinsel-Armee“ – eine Division mit 13.000 Mann – hatte Stellungen zwischen Yorktown und dem James entlang des Warwick Rivers bezogen. Wie bei seinem erfolgreichen Feldzug im westlichen Virginia überschätzte McClellan die Stärke der Konföderierten und entschloss sich, Yorktown zu belagern. Rund vier Wochen, bis Anfang Mai, benötigte McClellan, um Belagerungsgeschütze in Stellung zu bringen, während Johnston mit seinen Truppen aus dem Norden in den Süden Virginias eilte und Magruder verstärkte. Während dieser Zeit unternahm McClellan nur einen ernsthaften Versuch, in die Verteidigungsstellungen der Konföderierten einzubrechen.
Nach vorangegangener Artillerievorbereitung griff am Nachmittag des 16. April das 3. Vermont Regiment über den aufgestauten Warwick River beim Damm No. 1 an und brach in die vorderen Stellungen der Konföderierten ein. Da das Regiment keine Verstärkungen erhielt und die Munition beim Überqueren des Flusses nass geworden war, musste es wieder auf das östliche Ufer ausweichen. Ein zweiter Angriff schlug fehl. Am 30. April standen sich auf Seiten der Union 118.242[10] und auf Seiten der Konföderierten 55.633[11] Mann gegenüber. Am 3. Mai hatte McClellan schließlich alle Vorbereitungen für den Angriff abgeschlossen. Johnston wartete jedoch den Angriff nicht ab, sondern wich entgegen dem Befehl Präsident Davis’ mit allen Truppen auf vorbereitete Stellungen bei Williamsburg aus.
Die Potomac-Armee setzte scharf nach und stellte die Nachhut der Nord-Virginia-Armee bei Williamsburg. McClellan gelang es beinahe, die Konföderierten rechts zu überflügeln, denen es nur mit Mühe gelang, die Angriffe der Union abzuwehren. In der Nacht zum 6. Mai wich die Nord-Virginia-Armee erneut aus. McClellan meldete einen „grandiosen Sieg“ nach Washington, obwohl das Gefecht bestenfalls unentschieden ausgegangen war. Gleichzeitig forderte er das Kriegsministerium auf, McDowell und Banks das unverzügliche Vorrücken auf Richmond zu befehlen. Zudem hatte McClellan eine weitere amphibische Operation in die Wege geleitet. Er beabsichtigte, vier Divisionen den York aufwärts zu verschiffen, im Rücken der Nord-Virginia-Armee bei West Point zu entladen und sie von Richmond abzuschneiden. Franklins Division ging am Abend des 6. Mai bei Elthams Landing an Land, verblieb jedoch im Schutz des Feuers der Kanonenboote in der Nähe des Ufers. Johnston hatte von McClellans Absicht erfahren und seine Reserve unter Generalmajor Smith zur Sicherung des Marsches der Hauptkräfte nach dort abgestellt. Am 7. Mai griffen die Konföderierten Franklins Truppen an und den Hauptkräften gelang es, auszuweichen. Nach diesem Fehlschlag verzichtete McClellan auf amphibische Operationen dieser Größenordnung während des Feldzuges.
Kämpfe zu Wasser
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auf der anderen Seite des James machte Johnstons Rückzug die Stadt Norfolk und mit ihr die Virginia, den Schrecken der US-Marine, unhaltbar. Nachdem am 9. Mai Unionstruppen ostwärts von Norfolk gelandet waren, räumte Generalmajor Hugers Division die Stadt und die Besatzung der Virginia zerstörte am 11. Mai ihr Schiff. Bereits am 7. Mai hatte McClellan gefordert, Kanonenboote den James aufwärts zu schicken und so seine linke Flanke zu entlasten. Lincoln befahl den Einsatz unter der Auflage, ihn nur durchzuführen, wenn er erfolgversprechend war.[12] Diesen Erfolg hatte die Virginia bis zu ihrer Zerstörung unmöglich gemacht. Am 11. Mai machte sich eine US-Flottille, zu der unter anderem die Panzerschiffe Monitor und Galena gehörten, flussaufwärts auf den Weg, um Richmond auf dem Wasserweg anzugreifen. Der Angriff wurde am 15. Mai im Ersten Gefecht an Drewrys Bluff zurückgewiesen, wobei unter den konföderierten Kanonieren auch die Besatzung der Virginia war.
Vormarsch auf Richmond und Schlacht von Seven Pines
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]McClellan nutzte sein bisher erfolgreiches Vorgehen bei Yorktown und Williamsburg zur erneuten Auseinandersetzung mit dem Präsidenten wegen dessen Änderung der Organisationsform seiner Armee. Am 9. Mai bat er den Kriegsminister um Erlaubnis, die Potomac-Armee reorganisieren zu dürfen. Zumindest wollte er „unfähige“ Kommandierende Generale absetzen dürfen. Er begründete das darüber hinaus damit, dass nur sein persönliches Eingreifen vor Williamsburg den Sieg gerettet hätte.[13] Lincoln antwortete ihm darauf in einem persönlichen Schreiben, er habe keine Verbindungen mit den in Frage kommenden Generalen, ebenso wie McClellan nicht mit denen kommuniziere. McClellans Unterstützung im Senat und Repräsentantenhaus sinke von Tag zu Tag, aber wenn er sich für stark genug halte, dann solle er für den Erfolg der Armee alles tun.[14] Am 8. Mai erhielt McClellan Nachrichten, dass die Kräfte vor Franklins Division zwischen 80.000–120.000 Mann stark seien und auf den Chickahominy auswichen.[15] Er rückte deshalb und weil die Konföderierten sämtliche Brücken über den Fluss zerstört hatten, nur zögerlich nach Westen vor. Am 17. Mai erhielt McDowell den Auftrag, mit 35.000 bis 40.000 Mann nach Süden vorzugehen,[16] wurde jedoch McClellan nicht unterstellt.
General Lee, der Militärberater des konföderierten Präsidenten Davis, hatte bereits am 1. Mai Generalmajor Jackson angewiesen, soviel Nordstaatentruppen wie möglich auf sich zu ziehen und im Shenandoahtal zu binden.[17] Dieser Befehl führte wieder einmal zu Querelen mit General Johnston, der sich durch diese Anweisung übergangen fühlte. Jacksons erfolgreiche Angriffe gegen die im Shenandoahtal verbliebenen Truppen der Union ließen Lincoln am 24. Mai McDowell befehlen, den Vormarsch auf Richmond einzustellen und die durch Jackson entstandene Gefahr zu beseitigen (vgl. Jacksons Shenandoah-Feldzug 1862). Proteste McDowells und McClellans ließ er nicht gelten. McClellan hatte inzwischen entschieden, Richmond – wie schon zuvor bei Yorktown – durch den Einsatz von Belagerungsgeschützen einzunehmen. Am 18. Mai hatte er mit der Genehmigung des Präsidenten zwei neue vorläufige Korps mit seiner Meinung nach fähigeren Kommandierenden Generalen in der Potomac-Armee gebildet.[18] Noch vor dem Rückzug McDowells war McClellan beauftragt worden, dessen Anmarsch durch die Unterbrechung der nach Norden führenden Fredericksburg & Richmond-Eisenbahnlinie zu unterstützen. McClellan beauftragte damit das neue V. Korps unter Generalmajor Fitz John Porter. Um die Verbindungen innerhalb seiner Armee aufrechtzuerhalten, musste er die Korps Franklins und Sumners nördlich des Chickahominy einsetzen. Auf dem südlichen Ufer befanden sich nur die Korps Keyes’ und Heintzelmanns.
Am 27. Mai kam es zum Gefecht bei Hanover Court House, bei dem es dem V. Korps gelang, die Eisenbahnlinien zu unterbrechen. Danach erhielt Porter den Auftrag, sich den anderen Korps der Armee zur Belagerung Richmonds am rechten Flügel am Chickahominy anzuschließen. Der Chickahominy war eigentlich ein eher kleines Flüsschen, aber starke Regenfälle hatten ihn in der letzten Zeit stark anschwellen lassen. Johnston, der rund 70.000 Mann um Richmond versammelt hatte, entschied sich, gegen den schwächeren Flügel von McClellans Armee südlich des Chickahominy vorzugehen. Am 30. Mai kam es zur blutigen Schlacht von Seven Pines. Johnstons Angriff litt unter Koordinierungsproblemen und schlug fehl. Die Potomac-Armee verlor rund 5000, die Nord-Virginia-Armee rund 6000 Soldaten, darunter Johnston, der schwer verwundet wurde. An seine Stelle trat am 1. Juni 1862 General Robert Edward Lee.
Lees Gegenschlag – Seven Days
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Lee brach die Schlacht ab und wich auf seine Verteidigungsstellungen rund um Richmond aus, die er in den folgenden Wochen weiter ausbauen und befestigen ließ. McClellan wollte diese weiterhin nicht angreifen, sondern wartete auf seine schweren Belagerungsgeschütze. Am 11. Juni befahl Lee dem Kommandeur seiner Kavalleriebrigade, Brigadegeneral J.E.B. Stuart, einen Aufklärungsritt in den Rücken des Gegners,[19] in dessen Verlauf Stuart die Potomac-Armee vom 12. bis zum 15. Juni mit 1.200 Mann über eine Strecke von etwa 250 km vollständig umrundete („Ride around McClellan“). Der militärische Nutzen dieser Operation war gering, zeigte aber starke Auswirkungen auf die Kampfmoral. Stuart stellte fest, dass die rechte Flanke der Union, Fitz-John Porters nördlich des Chickahominy stationiertes V. Korps, ungedeckt und gegenüber einem Flankenangriff nicht geschützt war und McClellan war wieder einmal über die Stärke des Gegners und seiner scheinbar mühelosen Möglichkeiten beunruhigt.
Am selben Tag entschied Lee, Jacksons siegreiche Truppen aus dem Shenandoahtal in den Raum Ashland nördlich Richmonds zu verlegen.[20] In seinem Befehl für den Angriff vom 24. Juni[21] plante er, mit einem kleinen Teil der Nord-Virginia-Armee südlich des Chickahominy gegen das Gros der Potomac-Armee zu halten, während die Masse frontal gegen Porter vorgehen und Jackson entlang des Pamunkey in der Flanke und im Rücken angreifen sollte. Nach Porters Vernichtung beabsichtigte Lee, mit seinen Truppen McClellans Verbindungslinien nach Osten abzuschneiden und die Potomac-Armee dadurch endgültig zu besiegen. Das Ergebnis dieses Plans war die Sieben-Tage-Schlacht. Der Nord-Virginia-Armee gelang in keiner Schlacht ein entscheidender Sieg; in der Schlacht am Malvern Hill am 1. Juli wurde sie eindeutig besiegt. McClellan, der inzwischen vollends von seiner Unterlegenheit überzeugt war, wich trotz des Sieges auf Stellungen am James bei Harrisons Landing aus, wohin er auch in den vorhergehenden Tagen seine Versorgungsbasis verlegt hatte. Von dort konnte er Richmond weder zu Lande noch zu Wasser erneut bedrohen. Auch wenn Lees ambitionierter Plan nicht funktioniert hatte und die konföderierten Verluste deutlich höher waren als die der Union, so war es ihm doch gelungen, die bis dato größte Bedrohung von der Konföderation zu nehmen.
Das Ende des Feldzuges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Verbleib der Potomac-Armee
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Potomac-Armee grub sich rund um Harrisons Landing im Schutz der Geschütze der US-Marine ein und blieb bis auf wenige Kavallerieraids tatenlos. Der Feldzug war damit endgültig beendet. Ihr Sieg hatte die Südstaaten rund 30.000 Mann gekostet, die Verluste des Nordens lagen bei etwa 24.000 Mann. Am 25. Juli hatte sich der designierte neue Oberbefehlshaber des US-Heeres, Generalmajor Henry W. Halleck mit McClellan in Harrisons Landing getroffen und über den weiteren Einsatz der Potomac-Armee beraten. Für einen erneuten Vorstoß nach Richmond forderte McClellan zunächst 50.000 gut ausgebildete Soldaten; Halleck hatte die Genehmigung, 20.000 Mann anzubieten. Am nächsten Morgen glaubte McClellan, mit der angebotenen Verstärkung einen Erfolg erzielen zu können. Zwei Tage später telegraphierte er Halleck, er bestehe auf mindestens 35.000 Mann. Wegen dieser nicht auflösbaren unterschiedlichen Forderungen befahl Halleck am 30. Juli den Abtransport der Verwundeten und am 3. August, inzwischen zum Oberbefehlshaber ernannt, den der Potomac-Armee nach Aquia Landing und Alexandria.[22] Diesen Befehl setzte McClellan nur sehr zögerlich um. Das III. Korps schiffte sich am 14. August,[23] das V. Korps am 21. August ein.[24]
Inzwischen hatte Generalmajor John Pope mit seinem Vormarsch nach Süden begonnen und befand sich am 9. August im Raum Culpeper, Virginia. Er sollte durch Teile der Potomac-Armee verstärkt werden. Am 21./22. August befanden sich das III. und das V. Korps im Raum südlich Washington, die aber erst am 26. August im Raum um Warrenton Junction für Pope verfügbar waren. Nachdem kurz darauf die gesamte Armee im Raum Alexandria eingetroffen war, hielt McClellan sie mit fadenscheinigen Begründungen zurück und unterstützte in der Zweiten Schlacht am Bull Run nur marginal.[25]
Gründe des Scheiterns
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Potomac-Armee war zu diesem Zeitpunkt die größte Armee, die jemals auf dem amerikanischen Kontinent aufgestellt worden war. Sie war ausgezeichnet ausgebildet und ausgerüstet. Ihre Versorgung war gut organisiert. Die Soldaten hatten großes Vertrauen in ihre Führung. Das Verhältnis der Führer untereinander war teilweise gespannt. Generalmajor McClellan hatte mit dem Plan für den Feldzug eine schwierige Operation eingeleitet und sich während des Feldzuges entschlossen, sowohl Yorktown als auch Richmond zu belagern. Dadurch verzögerte sich das Vorgehen der Armee jedes Mal um einen Monat, weil die schweren Belagerungsgeschütze erst mit der Eisenbahn herangebracht werden mussten. McClellan hatte bereits während der Schlacht von Williamsburg befohlen, White House am Pamunkey zu nehmen und die Versorgungsbasis der Potomac-Armee dort einzurichten. White House war der Endpunkt der einzigen Eisenbahnlinie, der Richmond & York Railroad, auf der Halbinsel. Als während der Sieben-Tage-Schlacht die Gefahr des Überflügelns von Porters V. Korps entstand, verlegte er die Versorgungsbasis nach Harrisons Landing an den James. Ein Transport der Belagerungsgeschütze nach Richmond auf dem Landweg war von dort aus nicht möglich. McClellan rückte mit seiner Armee nur langsam vor und ermöglichte es so Joseph E. Johnston, seine schwachen Kräfte immer an anderen Stellen einzusetzen. Dadurch und durch schlechte Aufklärung war McClellan davon überzeugt, einer überlegenen Nord-Virginia-Armee gegenüberzustehen. Als er später vor der Sieben-Tage-Schlacht vom Herannahen Stonewall Jacksons erfuhr, glaubte er, die Nord-Virginia-Armee bestehe aus mindestens 200.000 Mann.
Zum Abbruch des Feldzuges trug auch McClellans Verhältnis zum Präsidenten bei. Der militärische Autodidakt Lincoln bewunderte den „kleinen Napoleon“ zwar und ließ ihm auch schlechtes persönliches Betragen durchgehen. Auf Druck von Senatoren und Kongressabgeordneten, die ihre eigene Klientel in verantwortlichen Stellungen in der Potomac-Armee sehen wollten, und wegen der wachsenden Kritik an McClellans zögerlicher Kriegführung, änderte der Präsident jedoch gegen dessen Willen die Gliederung der Armee und entband ihn vom Oberbefehl über das US-Heer. Daraus ergaben sich McClellans ständige Rufe nach Verstärkung und berechtigte Forderungen nach einheitlicher Führung, zumindest für das Vorgehen in Richtung Richmond. In persönlichen Schreiben versuchte der Präsident McClellan immer wieder zu beschwichtigen und genehmigte immer wieder seine Pläne – selbst McDowells Korps wurde ihm kurzzeitig wieder unterstellt. Der Druck der Öffentlichkeit und die Bedrohung durch Jackson im Shenandoahtal ließen den Präsidenten seine Zusagen bald widerrufen. Während der Sieben-Tage-Schlacht schrieb McClellan daher den Brief, in dem er sämtliche Schuld an einer Niederlage dem Präsidenten zuschob,[26] die seiner Meinung nach auch prompt eintrat. Den wesentlichen Grund für den Misserfolg der Union im Halbinsel-Feldzug sehen heutige Historiker aber genau wie zeitgenössische Kritiker in der Unentschlossenheit McClellans. Danach hat er gleich mehrere Chancen vergeben, Lees Truppen entscheidend zu schlagen und den Bürgerkrieg damit womöglich rasch zu beenden.[27]
Auswirkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die politischen und militärischen Folgen des Scheiterns der Nordstaaten im Halbinsel-Feldzug waren weitreichend: Der konföderierte Sieg im Shenandoahtal und vor Richmond hob die Moral der Südstaaten beträchtlich und brachte mit Lee, Jackson und Stuart drei der bedeutendsten Kommandeure der Konföderation hervor. Während die Konföderation auf anderen Kriegsschauplätzen schwere Niederlagen erlitt – im Frühjahr 1862 gingen der Großteil Tennessees, weite Teile des Mississippi-Tales und zahlreiche Häfen verloren – errang die Nord-Virginia-Armee einen ihrer größten Triumphe. Der Preis dafür war hoch: Allein die abschließende Sieben-Tage-Schlacht hatte beide Seiten zusammen rund 35.000 Mann an Toten, Verwundeten, Vermissten und Gefangenen gekostet. Sie war damit die bis dahin verlustreichste Schlacht der amerikanischen Geschichte und übertraf selbst die Schlacht von Shiloh im April 1862. Union und Konföderation hatten nun unwiderruflich den Weg zum totalen Krieg eingeschlagen, der später zu den verlustreichen Graben- und Stellungskämpfen vor Petersburg und Atlanta führen sollte.
Die im Norden herrschende Vorstellung von einem kurzen, weitgehend unblutigen Krieg zur „Niederwerfung der Rebellion“ war endgültig zunichtegemacht worden. Dies wurde offensichtlich, als Abraham Lincoln am 1. Juli 1862 weitere 300.000 Freiwillige anforderte, die Anfang August für neun Monate einberufen wurden.[28] Die Wiederherstellung der alten Union, wie sie bis 1860 bestanden hatte, also unter Beibehaltung der Sklaverei, erschien immer mehr Nordstaatlern als ein zu geringer Gewinn für die enormen Opfer an Menschenleben, Geld und Material, mit denen sie nach dem unrühmlichen Ende des Halbinsel-Feldzugs rechnen mussten. Abraham Lincoln beispielsweise war bis dahin nur ein gemäßigter Gegner der Sklaverei gewesen. Er wollte, wie die meisten Republikaner, diese nicht abschaffen, sondern lediglich ihre Ausdehnung auf weitere Bundesstaaten und Territorien verhindern. Nun aber gelangte er zu der Überzeugung, dass die Sklaverei als letztliche Ursache des Konflikts gänzlich abgeschafft werden müsse und dass sich dafür nun auch eine Mehrheit bei der Bevölkerung des Nordens finden ließe. Im Sommer fasste er den Entschluss zur Emanzipationsproklamation, die nach der Schlacht am Antietam verkündet wurde und am 1. Januar 1863 in Kraft trat.[29] James M. McPherson, einer der führenden Historiker des Bürgerkriegs, sah in Lees Erfolg während des Halbinsel-Feldzugs eine „abgründige Ironie“:
„Mit seinem Sieg über McClellan sorgte Lee dafür, daß der Krieg bis zur Vernichtung der Sklaverei, des alten Südens und so gut wie aller Werte dauerte, für die die Konföderation kämpfte.“[30]
Der Ausgang des Halbinsel-Feldzugs bewirkte also mittelbar, dass aus dem Krieg gegen die Sezession ein Krieg für die Befreiung der Sklaven wurde.[31]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- The War of the Rebellion: a Compilation of the Official Records of the Union and Confederate Armies. Govt. Print. Off., Washington 1880 (cornell.edu).
- Robert Underwood Johnson, Clarence Clough Buell: Battles and Leaders of the Civil War. Century Co, New York 1887, OCLC 313673459 (englisch, [1]).
- John Keegan: Der amerikanische Bürgerkrieg. Rowohlt, Berlin 2010, ISBN 978-3-87134-668-2.
- Bernd G. Längin: Der amerikanische Bürgerkrieg – Eine Chronik in Bildern Tag für Tag. Weltbild, Augsburg 1998, ISBN 3-86047-900-8.
- James M. McPherson: Battle Cry of Freedom - The Civil War Era. Oxford University Press, New York, NY 1988, ISBN 0-19-516895-X.
- James M. McPherson: Für die Freiheit sterben – Die Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs. List, München/Leipzig 1995, ISBN 3-471-78178-1.
- James M. McPherson: The Atlas of the Civil War. Running Press Book, Philadelphia, Pa 2005, ISBN 0-7624-2356-0.
- William C. Davis: Der amerikanische Bürgerkrieg – Soldaten, Generäle, Schlachten. Weltbild, Augsburg 2004, ISBN 3-8289-0384-3.
- David J. Eicher: The Longest Night – A Military History of the Civil War. Simon & Schuster, New York 2001, ISBN 0-7432-1846-9 (englisch).
- Stephen W. Sears: To the Gates of Richmond: The Peninsula Campaign. Ticknor & Fields, New York 992, ISBN 0-89919-790-6 (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ James McPherson: Battle Cry of Freedom - The Civil War Era. Oxford University Press, New York, NY 1988, ISBN 978-0-19-516895-2, S. 490–494.
- ↑ McPherson: S. 351–353
- ↑ War of the Rebellion: Serie I Band V Seite 41. In: ehistory.osu.edu. The Ohio State University, abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serie I Band V Seite 18. In: ehistory.osu.edu. The Ohio State University, abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ Keegan: Der Amerikanische Bürgerkrieg. Rowohlt, Berlin 2010, S. 173f.
- ↑ McPherson: S. 414.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 005 Page 0018. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 005 Page 0054. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 012 Page 0001. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0130 THE PENINSULAR CAMPAIGN,VA. Chapter XXIII. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0484. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0146. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0153. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0154. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0151. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 012 Page 0027. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ The War of the Rebellion, Series I, Band XII, Teil III, S. 878:. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0181. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0590. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 014 Page 0589. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 013 Page 0498. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 016 Page 0005. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 016 Page 0411. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 016 Page 0465. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 012 Page 0094. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ War of the Rebellion: Serial 012 Page 0051. Abgerufen am 20. Juli 2023.
- ↑ Keegan: S. 213.
- ↑ Fred C. Ainsworth, Joseph W. Kirkley: War of the Rebellion: A Compilation of the Official Records of the Union and Confederate Armies. Cornell University Library, 1899, S. 187f., 291f., abgerufen am 20. Juli 2023 (englisch).
- ↑ McPherson: S. 485–501.
- ↑ McPherson: S. 481.
- ↑ Keegan: S. 235–237.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Animation des Feldzuges auf Webpräsenz American Battlefield Trust