„Endlagerung“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|behandelt das Abfallentsorgungs-''Verfahren'', zur entsprechenden ''Anlage'' der Nuklearindustrie siehe [[Endlager (Kerntechnik)]].}} |
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[[Bild:Radioactive.svg|thumb|200px|[[Warnzeichen]] W05:<br /> „Warnung vor radioaktiven Stoffen oder ionisierenden Strahlen“]] |
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'''Endlagerung''' bezeichnet die [[Entsorgung]] von [[Abfall|Abfällen]] durch Verbringung und Lagerung in entsprechende Anlagen. Der Begriff wird überwiegend im Zusammenhang mit der Lagerung [[Radioaktiver Abfall|radioaktiver Abfälle]] – der [[Endlager (Kerntechnik)|atomaren Endlagerung]] – verwendet, ist aber grundsätzlich auf alle Arten von Abfällen anwendbar, bis hin zur [[CO2-Abscheidung und -Speicherung|Sequestrierung von CO₂]]. |
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Definitionsgemäß ist eine Verwertung oder [[Wiederaufarbeitung]] der Abfälle im Falle der Endlagerung normalerweise nicht vorgesehen, es sei denn, man trifft gezielte Vorkehrungen, um die Abfälle bei Bedarf wieder aus dem Endlager holen zu können; in diesem Falle spricht man auch von ''rückholbarer'' Endlagerung. Der definierende Unterschied zur ''Zwischenlagerung'' (bedeutsam vor allem die [[Zwischenlager (Kerntechnik)|atomare Zwischenlagerung]]) ist die Laufzeit der erteilten Genehmigung; an die technische Qualität der Lagerung werden ähnliche Anforderungen gestellt; bei beiden Lagerungstypen besteht die Notwendigkeit von Überwachung, Kontrolle und Reparaturen eventuell auftretender Schäden. |
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== Grundlagen == |
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==Problematik der atomaren Endlagerung== |
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Seit dem Beginn des Industriezeitalters und auch durch das starke [[Bevölkerungswachstum]] in den letzten zweihundert Jahren sind auf der Erde vermehrt giftige Stoffe im Einsatz, entstehen als [[Nebenprodukt]] von Wirtschaftsgütern oder bleiben am Ende der Nutzungsdauer eines Produktes über, wenn es keine Wiederverwendung oder -verwertung gibt. Diese Abfälle werden abhängig von ihrer Gefährlichkeit unterschiedlich entsorgt. Früher wurden sie teilweise auch entsorgt, indem man sie in Gewässer schüttete ([[Verklappung]]) oder indem man flüssige Abfälle im Erdreich versickern ließ. Dies führte zu [[Gewässerverschmutzung]] und belasteten Böden (siehe [[Altlast]], [[Bodensanierung]]). Das erste deutsche [[Abfallgesetz]] („Gesetz zur Vermeidung und Entsorgung von Abfällen“) wurde am 7. Juni 1972 verabschiedet; es wurde viermal novelliert (vor allem 1986). Sein Nachfolger ist das [[Kreislaufwirtschaftsgesetz]] (seit 1996 in Kraft und 2012 novelliert). In Deutschland entstand eine [[Abfallwirtschaft]]; viele früher deponierte Abfälle werden heute [[Recycling|recycelt]] oder [[Müllverbrennung|verbrannt]]. Dabei entstehen hochgiftige Stoffe; diese sind sogenannte [[Gefährliche Abfälle]] (umgangssprachlich „Sondermüll“). |
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Als Endlagerung bezeichnet man in der Kerntechnik die Deponierung '''[[Radioaktiver Abfall|radioaktiver Abfälle]]''' für alle Zeiten ohne Absicht der Rückholbarkeit und ohne Notwendigkeit der Kontrolle und Reparatur des Endlagers. Endlagerung ist somit deutlich zu unterscheiden von jeder Form der '''[[Zwischenlager (Kerntechnik)|Zwischenlagerung in der Kerntechnik]]''', die eine zeitlich begrenzte Lagerung mit der Möglichkeit der Kontrolle und Reparatur darstellt. |
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In Deutschland werden die [[Deponie]]klassen 0 bis IV unterschieden. |
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Aufgrund des Gefährdungspotentials der Abfälle ist es notwendig, die radioaktiven und chemotoxischen Bestandteile der Abfälle langfristig von der [[Biosphäre]] zu isolieren. Hinzu kommt die Notwendigkeit der Sicherung gegenüber dem Zugriff unberechtigter Personen und Personengruppen. Die Isolierung und Sicherung soll durch geologische, geotechnische und technische Barrieren geschehen. Dieses [[Multibarrierensystem]] sollte zur Gewährleistung der [[Langzeitsicherheit]] keiner Überwachung oder Kontrolle bedürfen. Die Zeitdauer, für die Langzeitsicherheit gewährleistet werden kann, soll bei günstigen Standortbedingungen in der Größenordnung von 1 Million Jahren liegen. Allerdings ist der Nachweis der Langzeitsicherheit das zentrale Problem bei der Endlagerung. Außerdem ist die Zahl von 1 Million Jahren angesichts der [[Halbwertszeit]] einiger gefährlicher Substanzen nicht sehr großzügig bemessen. Um wirkliche Sicherheit zu gewinnen, müssten wahrscheinlich Zeiträume berücksichtigt werden, in denen Gebirge wie die [[Alpen]] oder der [[Himalaya]] entstehen und wieder vergehen können. |
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Für die Endlagerung hochtoxischer (hochgiftiger), konventioneller und radioaktiver Abfälle hat sich weltweit das Einbringen der Abfälle in tiefe geologische Formationen (ca. 300–1.000 m Tiefe) durchgesetzt. |
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Die Planung und Vorgehensweise bei der Endlagerung ist von Staat zu Staat unterschiedlich. Fast alle Länder unterscheiden dabei zwischen der Art der radioaktiven Abfälle, insbesondere hinsichtlich des [[Radioaktivität|Aktivität]]sgehalts sowie der [[Halbwertszeit]] der Radionuklide. In Deutschland unterscheidet man die radioaktiven Abfälle für die Endlagerung nach stark wärmeentwickelnden Abfällen und nicht bzw. gering wärmeentwickelnden Abfällen. |
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Die Endlagerung beruht auf dem [[Mehrbarrierensystem]]. Es besteht aus verschiedenen Barrieren, die jeweils ihren Anteil an der Rückhaltung der Schadstoffe aufweisen und insgesamt die Isolation der Schadstoffe gewährleisten sollen. Die Barrieren sind technischer und natürlicher Art. Als technische Barrieren gelten beispielsweise Verpackungen der Abfälle und Schachtverschlüsse. Natürliche Barrieren werden durch die das Endlager umschließenden geologischen Formationen mit sehr geringer Durchlässigkeit für Wasser gebildet (der einschlusswirksame Gebirgsbereich). Ein Versagen aller Barrieren wird als unwahrscheinlich angesehen. |
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Bei [[Hochradioaktiver Abfall|hochradioaktiven Abfällen]] wird international durchweg die Endlagerung in einem Bergwerk in tiefen geologischen Formationen favorisiert. Ein Endlager für hochradioaktive Abfälle ist bisher jedoch noch nirgends in Betrieb. Schwach- und mittelradioaktive Abfälle werden oft oberflächennah in etwa 5 bis 10 m Tiefe eingelagert. Diese Form der Endlagerung wird bereits in zahlreichen Ländern praktiziert, z.B. in Frankreich, Großbritannien, Spanien, Tschechien oder in den USA. |
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Das Hauptproblem der Endlagerung liegt im möglichen langsamen Transport der endgelagerten Schadstoffe mit dem [[Grundwasser]] durch [[Advektion]] und/oder [[Diffusion]] vom Endlager in Richtung [[Biosphäre]]. Um auch im Falle eines Eindringens von Wasser ins Endlager einen Rücktransport der Schadstoffe in die Biosphäre möglichst klein zu halten, wird versucht, die verschiedenen Barrieren optimal aufeinander abzustimmen. Sicherheitsbetrachtungen zeigen dennoch, dass über sehr lange Zeiträume ein langsamer Austritt von Schadstoffen mit dem Grundwasser aus dem Endlager nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Weitgehend unerforscht sind bislang die Folgen der [[Radiolyse]] in Steinsalz. Geplante Großversuche mit hochradioaktivem Atommüll, die in der Schachtanlage Asse II geplant waren, wurden 1992 abgebrochen. |
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Der Versuch, mit Warnzeichen und -symbolen über Jahrtausende auf das Gefahrenpotenzial des Atommülls hinzuweisen, wird als [[Atomsemiotik]] bezeichnet, hat in der Praxis bisher allerdings keine Bedeutung. |
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== Endlagerung |
== Endlagerung radioaktiver Abfälle == |
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{{Hauptartikel|Endlager (Kerntechnik)}} |
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{{Siehe auch|Kernenergie nach Ländern}} |
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=== Deutschland === |
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Das deutsche Entsorgungskonzept sieht vor, die Beseitigung aller Arten radioaktiver Abfälle durch Endlagerung in tiefen geologischen Formationen durchzuführen. Dies soll in einem einzigen Endlager geschehen, das etwa 2030 verfügbar sein soll. Mit den entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten wurde bereits begonnen. Im Rahmen des zweiten Atomprogramms der Bundesregierung (1963 bis 1967) wurden konkrete Schritte zur Realisierung einer sicheren Beseitigung der Abfälle unternommen. Im Salzbergwerk [[Asse]] wurden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die Endlagerung durchgeführt und von 1967 bis 1978 im Rahmen von Versuchs- und Demonstrationsprogrammen auch radioaktive Abfälle eingelagert. Inzwischen finden permanente Lösungszutritte aus dem Deckgebirge in das Grubengebäude statt, so daß die geplante Schließung der Asse vor großen Problemen hinsichtlich der Langzeitsicherheit steht. |
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{{Hauptartikel|Endlager (Kerntechnik)#Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland|Endlagersuche in Deutschland}} |
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=== Finnland === |
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Zwei Endlager befinden sich in der Planung, der Salzstock bei Gorleben und das ehemalige Eisenerzbergwerk Konrad bei Salzgitter: |
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[[Datei:Onkalo-kaaviokuva.png|mini|Plan des Endlagers Olkiluoto]] |
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[[Finnland]] hatte mit dem [[Endlager Olkiluoto|„VLJ-Endlager“ Olkiluoto]] für schwach- und mittelradioaktive Abfälle des benachbarten [[Kernkraftwerk Olkiluoto|Kernkraftwerks Olkiluoto]] auf [[Olkiluoto|der gleichnamigen Insel]] vor der Westküste des Landes in der Gemeinde [[Eurajoki]] das erste funktionsfähige Endlager weltweit. Die entsprechende Suche begann 1983, 2004 wurde der Standort ausgewählt. Auf der Insel Olkiluoto stehen drei der fünf finnischen Atomkraftwerke.<ref name="badische-zeitung.de 10-9-022 Björn Hartmann">{{Internetquelle |autor=Badische Zeitung |url=https://www.badische-zeitung.de/schweden-und-finnland-zeigen-wie-man-mit-atommuell-umgehen-kann |titel=Schweden und Finnland zeigen, wie man mit Atommüll umgehen kann - Wirtschaft - Badische Zeitung |sprache=de |abruf=2022-09-13}}</ref> |
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Am gleichen Standort errichtet die Firma ''[[Posiva]] OY'' das weltweit erste Endlager ''ONKALO'' für hoch-radioaktive Abfälle. Stand Februar 2022 wurde eine Eröffnung für 2024 oder 2025 erwartet;<ref>{{Internetquelle |url=https://www.science.org/content/article/finland-built-tomb-store-nuclear-waste-can-it-survive-100000-years |titel=Finland built this tomb to store nuclear waste. Can it survive for 100,000 years? |autor=|hrsg= |werk=science.org |datum=2022-02-24 |abruf=2022-07-28}}</ref> in den 2100er-Jahren soll die Anlage dann befüllt sein und verschlossen werden. |
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In '''[[Gorleben]]''' wurde von 1979 bis 2000 ein unterirdischer Salzstock auf seine Eignung als Endlagerstätte für alle Arten von radioaktiven Abfällen, darunter speziell auch für Brennelemente und hochradioaktive Abfälle, untersucht. Von Beginn an wurde die Eignung von Gorleben kontrovers beurteilt. Die Erkundung des Salzstockes ist seit 2000 unterbrochen. Das auf drei bis zehn Jahre angelegte [[Moratorium]] wurde auf der Grundlage der von der Bundesregierung mit den Energieversorgungsunternehmen getroffenen Vereinbarung in Kraft gesetzt und dient der Klärung konzeptioneller und sicherheitsrelevanter Fragen zur Endlagerung. Die entsprechenden Gutachten wurden 2005 vorgelegt, und das Bundesamt für Strahlenschutz ist dabei, die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen. |
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Bereits der Bau des Endlagers brachte der Gemeinde geschickt investierte hohe Steuereinnahmen. Die örtliche Bevölkerung wächst unter anderem, weil Eurajoki den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer auf den niedrigsten Satz in Finnland senkte.<ref name="badische-zeitung.de 10-9-022 Björn Hartmann"/> |
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=== Schacht Konrad === |
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Für die ehemalige Eisenerzgrube ''Konrad'' wurde im Jahr 2002 der Planfeststellungsbeschluss erteilt. Die Genehmigung wurde jedoch vor Gericht beklagt. Da die Klagen aufschiebende Wirkung haben, ist das Projekt bis zu einer Entscheidung des Gerichts gestoppt. Die Klage diesbezüglich wurde am 6. März 2006 abgelehnt. |
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Darüber hinaus befindet sich an der Südostküste Finnlands auf der Insel [[Hattholmen fyr|Hastholmen]] in der Nähe der Stadt [[Loviisa]] das [[Endlager Loviisa|gleichnamige Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle]]: Hier werden die radioaktiven Abfälle des [[Kernkraftwerk Loviisa|Kernkraftwerks Loviisa]] eingelagert. Dieses Endlager wurde zwischen 1993 und 1997 im [[Rapakivi]]-[[Granit]] für eine Kapazität von 113.000 m³ errichtet. Eine Kapazitätserweiterung ist eingeplant, um auch Stilllegungsabfälle aufzunehmen. Der erste Teil für schwachradioaktive Instandhaltungsabfälle wurde im Frühjahr 1997 fertiggestellt, die ersten Abfälle im Mai 1997 eingelagert.<ref> {{Webarchiv|text=Übersicht über geplante bzw. betriebene Endlager weltweit auf der Homepage der DBE GmbH |url=http://www.dbe.de/de/endlagerung/weltweite-aktivitaeten-kopie-1/index.php |wayback=20110817154111}}</ref> |
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siehe dazu den Fachartikel '''[[Schacht Konrad]]''' |
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=== Frankreich === |
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{{Hauptartikel|Endlagersuche in Frankreich}} |
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Ein Endlager bei [[Morsleben]] wurde im Zusammenhang mit der deutschen Wiedervereinigung vom Bund übernommen. 1979 hatte die damalige DDR mit der Nutzung des stillgelegten Salzbergwerks als Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle begonnen. Insgesamt wurden bis zur Beendigung des Einlagerungsbetriebs im Jahr 1998 rund 37.000 m³ radioaktiver Abfälle in Morsleben eingelagert. Derzeit läuft das Genehmigungsverfahren für die Stilllegung. |
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In [[Frankreich]] existieren drei Anlagen zur „Endlagerung“ radioaktiver Abfälle: |
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* Das [[Bure (Felslabor)|„Felslabor“ Bure]], eine Versuchsanlage (Ende 2022) mit dem Ziel der Errichtung einer Endlagerstätte für mittel- und hochradioaktive Nuklearabfälle am Platz; |
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* darüber hinaus für schwach- und mittelradioaktive Abfälle |
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** das ''[[Centre de l’Aube]]'' sowie |
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** das seit 1994 geschlossene ''[[Centre de la Manche]]'' |
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Ein Großteil des französischen Atommülls wird heute (2022) in der [[Wiederaufbereitungsanlage La Hague]] [[Zwischenlager (Kerntechnik)|zwischengelagert]]. |
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siehe dazu den Fachartikel '''[[Endlager Morsleben]]''' |
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Gegner der Endlagerung behaupten z. B., der Transport des Atommülls von La Hague nach Bure<ref>[https://www.luftlinie.org/Auderville/55290-Bure etwa 550 Straßenkilometer]</ref> würde ein Jahrhundert lang wöchentlich zwei Züge (in Summa also über 10.000 Züge) von La Hague nach Bure erfordern. Mit Kosten von 41 Milliarden Euro sei dies neben den Strahlungs- und Unfallrisiken auch ökonomisch nicht zu vertreten. |
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{{Siehe auch|Kernenergie in Frankreich|Liste der Nuklearanlagen in Frankreich}} |
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=== Großbritannien === |
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== Endlagerung in anderen Staaten == |
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Auch das [[Vereinigtes Königreich|Vereinigte Königreich]] sucht seit 'zig Jahren nach einem Endlagerstandort. 2013 hatte die Regierung bereits einen Standort nahe der [[Sellafield MOX Plant]] im Nordwesten des Landes gefunden. Neben dem Untergrund, der geeignet sein soll, setzten die Behörden damals auch auf ein Jobversprechen für die strukturschwache Region – diese protestierte allerdings derart, dass die Zentralregierung von dem Vorhaben hier wieder Abstand nahm. Aktuell werden vier Standorte im Nordwesten und Nordosten Englands geprüft; die entsprechende Region müsste zustimmen. Dabei ist frühestens 2040 mit einem Ergebnis zu rechnen. Bisher lagern drei Viertel des britischen Atommülls beim [[Sellafield|Atomkraftwerk Sellafield]]. Zuletzt untersuchte in England auch ein [[Forschungsschiff]] die Variante, vor der Nordwestküste des Landes ein Endlager unter der [[Irische See|Irischen See]] anzulegen.<ref name="badische-zeitung.de 10-9-022 Björn Hartmann"/> |
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=== Schweden === |
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Gegenwärtig sind in einer Vielzahl von Ländern bereits Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Betrieb. Vielfach werden die Abfälle dabei in oberflächennahe Kammern in bis zu 10 m Tiefe eingelagert. Nach Beendigung des Einlagerungsbetriebs schließt sich eine ca. 300 Jahre lange Überwachungsphase an, während derer die Nutzung des Geländes normalerweise eingeschränkt ist. In Schweden und Finnland gibt es Endlager in Form von oberflächennahen Felskavernen in Tiefen von etwa 70 bis 100 m unter der Erdoberfläche. |
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{{Hauptartikel|Kernenergie in Schweden}} |
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Schon seit den 1970er-Jahren gilt in [[Schweden]] [[Östhammar]] in der Nähe des [[Kernkraftwerk Forsmark|Kernkraftwerks Forsmark]] als geeigneter Atommüll-Endlager-Standort. 2020 stimmte der lokale Gemeinderat dafür, Ende Januar 2022 genehmigte die schwedische Regierung den Standort. Falls Klagen dagegen keinen Erfolg haben, rechnet man für nach 2030 mit ersten Einlagerungen.<ref name="badische-zeitung.de 10-9-022 Björn Hartmann"/> In der [[Östhammar (Gemeinde)|Gemeinde Östhammar]] befindet sich in 60 m Tiefe im [[Kristallingestein|kristallinen Fels]] unterhalb des [[Baltisches Meer|Baltischen Meeres]] mit der Anlage SFR Forsmark bereits das Endlager des Betreibers [[Svensk Kärnbränslehantering]] (SKB) für die Aufnahme schwach- und mittelradioaktiver Abfälle aus dem Kernkraftwerk Forsmark. Das Endlager soll in 500 m Tiefe eingerichtet werden. |
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=== Schweiz === |
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Für hochradioaktive und langlebige Abfälle, deren Gefährdungspotential viele hunderttausend Jahre bestehen bleibt, wird weltweit die Endlagerung in tiefen geologischen Formationen verfolgt. In Yucca Mountain (USA) und Olkiluoto (Finnland) sind entsprechende Endlager konkret geplant. In Schweden soll im Jahr 2010 aus zwei vorhandenen Kandidaten ein Standort ausgewählt werden. |
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In der [[Schweiz]] gibt es bisher kein Endlager. Vorläufig werden alle radioaktiven Abfälle in der „[[Zwilag]]“ im [[Bezirk Zurzach]] am Ostufer der [[Aare]] bei [[Würenlingen]] zwischengelagert. |
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Am 10. September 2022 teilte die [[Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle]] (Nagra) mit, dass das Land [[Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle#Schweizerisches Endlager für hochradioaktive Abfälle|sein nationales „Endlager“]] für hochradioaktive Abfälle nach der entsprechenden Erkundung<ref>[[Neue Zürcher Zeitung]] 23. September 2021, David Vonplon, Karin Hofer: [https://www.nzz.ch/schweiz/radioaktive-abfaelle-standortentscheid-fuer-tiefenlager-steht-bald-ld.1645691 ''Dieses Mal soll es wirklich die letzte Bohrung sein: Die Standortsuche für das Tiefenlager für radioaktive Abfälle geht in die Endrunde''] (Aufruf am 11. September 2022)</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Badische Zeitung |url=https://www.badische-zeitung.de/wohin-kommt-das-schweizer-endlager-fuer-atommuell |titel=Wohin kommt das Schweizer Endlager für Atommüll? - Kreis Waldshut - Badische Zeitung |sprache=de |abruf=2022-09-11}}</ref> im Gebiet „Nördlich [[Lägern]]“ errichten wolle, nahe der Grenze nach Deutschland gegenüber der Gemeinde [[Hohentengen am Hochrhein|Hohentengen]] am [[Hochrhein]].<ref>{{Literatur |Titel=Hohentengen am Hochrhein: Schweiz plant Atomendlager an deutscher Grenze |Sammelwerk=Der Spiegel |Datum=2022-09-10 |ISSN=2195-1349 |Online=https://www.spiegel.de/politik/hohentengen-am-hochrhein-schweiz-plant-atomendlager-an-deutscher-grenze-a-a2962a28-483a-4e92-87cf-b46c63a0bf90 |Abruf=2022-09-11}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Badische Zeitung |url=https://www.badische-zeitung.de/atommuelllager-an-deutscher-grenze-wer-wie-betroffen-ist |titel=Atommülllager an deutscher Grenze: Wer wie betroffen ist - Brennpunkte - Badische Zeitung |sprache=de |abruf=2022-09-11 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20220911103807/https://www.badische-zeitung.de/atommuelllager-an-deutscher-grenze-wer-wie-betroffen-ist |archiv-datum=2022-09-11 |offline=ja |archiv-bot=2023-04-22 02:37:26 InternetArchiveBot }}</ref> Der Eingang zum Tiefenlager soll in der [[Stadel bei Niederglatt|Gemeinde Stadel]] gebaut werden. Mit einem Baubeginn sei lt. Presse nicht vor 2045 zu rechnen.<ref>{{Internetquelle |autor=Badische Zeitung |url=https://www.badische-zeitung.de/bau-des-atommuell-endlagers-in-der-schweiz-beginnt-nicht-vor-2045 |titel=Bau des Atommüll-Endlagers in der Schweiz beginnt nicht vor 2045 - Schweiz - Badische Zeitung |sprache=de |abruf=2022-09-11}}</ref> |
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Bestehende und geplante Endlager sind in der folgenden (unvollständigen) Übersicht zusammengestellt: |
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{{Siehe auch|Kernenergie in der Schweiz|Liste der Kernreaktoren in der Schweiz|Liste der Kernkraftwerke in der Schweiz}} |
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'''Argentinien''': [[Sierra del Medio]] (geplant) |
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== Endlagerung fester konventioneller Abfälle == |
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'''Bulgarien''': [[Novi Han]] (in Betrieb) |
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{{Hauptartikel|Deponie}} |
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An die Sicherheit eines Endlagers für besonders schädliche konventionelle Abfälle kann man die gleichen Anforderungen wie für atomare Endlager stellen. Ihre Gefährlichkeit nimmt nicht ab, weil sie keinem radioaktiven Zerfall unterliegen. |
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'''Finnland''': [[Loviisa]] (in Betrieb); [[Olkiluoto]] (in Betrieb) |
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{{Quelle}} |
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'''Frankreich''': [[Bure (Felslabor)]] (geplant); [[Centre de L'Aube]] (in Betrieb); [[Centre de La Manche]] (stillgelegt) |
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In Deutschland existieren an vier Standorten Möglichkeiten, konventionelle Abfälle langzeitsicher von der [[Biosphäre]] abzuschließen: |
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'''Großbritannien''': [[Drigg]] (in Betrieb) |
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* [[Heringen (Werra)|Herfa-Neurode]] (Hessen) mit der [[Untertagedeponie Herfa-Neurode|UTD Herfa-Neurode]], |
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'''Japan''': [[Rokkashomura]] (in Betrieb) |
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* [[Heilbronn]] (Baden-Württemberg) – [[Südwestdeutsche Salzwerke]],<ref>{{Internetquelle |url=https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.untertagedeponie-in-heilbronn-giftmuell-statt-salz-bis-mindestens-2028.a52d8933-b0dd-4777-9ff7-7ae12909b0f0.html |titel=Untertagedeponie in Heilbronn: Giftmüll statt Salz – bis mindestens 2028 |autor=Eberhard Wein |hrsg= |werk=stuttgarter-nachrichten.de |datum=2017-03-03 |abruf=2020-06-12}}</ref> |
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* [[Kaliwerk Zielitz]] (Sachsen-Anhalt), |
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* [[Untertagedeponie Sondershausen]] im stillgelegten [[Kaliwerk Glückauf Sondershausen]], Thüringen. |
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In Herfa-Neurode und Zielitz werden [[Grubenbau]]e von [[Kalibergwerk]]en als Endlager genutzt. |
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'''Norwegen''': [[Himdalen]] (in Betrieb) |
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Eingebracht werden können unter anderem folgende Abfälle: |
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'''Schweden''': [[SFR Forsmark]] (in Betrieb) |
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* [[arsen]]-, [[cyanid]]- oder [[quecksilber]]haltige Abfälle |
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'''Schweiz''': [[Benken ZH|Benken]] (geplant) |
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* Filterstäube aus der [[Rauchgas]]reinigung von Haus- und Sondermüllverbrennung ([[Dioxine|dioxinhaltig]]) |
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* [[Polychlorierte Biphenyle|PCB]]-haltige Transformatoren und Kondensatoren |
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* Abfälle aus der chemischen Industrie |
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* verfestigte [[Metallhydrid]]schlämme |
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Die jährliche Kapazität dieser Lager beträgt mehrere hunderttausend Tonnen, die bisher eingelagerte Menge an Giftmüll hat die Menge von 2,5 Mio. Tonnen schon überschritten. |
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'''Spanien''': El Cabril (in Betrieb) |
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== Endlagerung von Kohlenstoffdioxid == |
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'''Tschechische Republik''': [[Bratrství]] (in Betrieb); [[Endlager Dukovany|Dukovany]] (in Betrieb); [[Richard (Tschechien)|Richard]] (in Betrieb) |
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{{Hauptartikel|CO2-Abscheidung und -Speicherung|titel1=CO₂-Abscheidung und -Speicherung}} |
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Neben der Endlagerung radioaktiver Abfälle ist zunehmend die Lagerung oder Speicherung von [[Kohlenstoffdioxid]], meist Kohlendioxid genannt, im Gespräch. Inwieweit die bisherigen Konzepte als Endlagerung bezeichnet werden können, ist wissenschaftlich noch unsicher. Im Zuge der Bemühungen um [[Klimaschutz]] und der Verminderung des CO<sub>2</sub>-Ausstoßes bei der Verbrennung von Kohle wird die Möglichkeit einer dauerhaften Lagerung von Kohlenstoffdioxid untersucht. Bergwerkshohlräume oder künstliche [[Kaverne (Bergbau)|Kavernen]] in [[Salzstock|Salzstöcken]] haben hierzu keine ausreichende Kapazität. Auch der Raum in ausgebeuteten [[Gaslagerstätte]]n scheint in Deutschland zu gering. Zumindest entsteht bei der Stromerzeugung aus Kohle hier neben der Reichweitenproblematik auf der Versorgungsseite ein ebensolches auf der Entsorgungsseite. Die ebenfalls in Erwägung gezogene Endlagerung oder Sequestration in tiefen [[Grundwasserleiter|Aquiferen]] scheint Umweltprobleme zu beinhalten und steht in Widerspruch zu anderweitiger Nutzung dieser [[Grundwasserleiter]] (Aquifere), zum Beispiel zur Stromerzeugung aus [[Geothermie]]. Die Lagerung in Meeren oder Ozeanen, in der Wassersäule oder im Meeresboden, ist noch ein Forschungsgegenstand, die Lagerung in der Wassersäule derzeit untersagt (siehe: Londoner Konvention von 1972 und [[OSPAR|OSPAR-Abkommen]]).<ref>{{Webarchiv |url=http://www.imo.org/home.asp?topic_id=1488 |wayback=20090418171321 |text=Londoner Konvention und Protokoll}}, [[Internationale Seeschifffahrts-Organisation]].</ref> |
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Es gibt einige größere natürliche CO<sub>2</sub>-Vorkommen in der [[Tiefsee]], in der Regel nahe bei [[Hydrothermalquelle|Hydrothermalfeldern]], die je nach vorherrschenden Druck- (Tiefe) und Temperaturverhältnissen große Kohlendioxid-Seen (flüssiges CO<sub>2</sub>) oder [[Lagerstätte]]n (CO<sub>2</sub>-Hydrat bzw. „CO₂-Eis“) bilden.<ref>[https://www.mpi-bremen.de/Ein-See-fluessigen-Kohlendioxids-in-1300-Meter-Tiefe.html ''Ein See flüssigen Kohlendioxids in 1300 Meter Tiefe.''] Bericht vom [[Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie]].</ref> |
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'''Ungarn''': [[Püspökszilágy]] (in Betrieb) |
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== Literatur == |
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'''USA''': [[WIPP]] (in Betrieb); [[Yucca Mountain]] (geplant) |
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* [[Achim Brunnengräber]] (Hrsg.): ''Problemfalle Endlager. Gesellschaftliche Herausforderungen im Umgang mit Atommüll.'' Baden-Baden 2016, ISBN 978-3-8487-3510-5 |
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* Klaus-Jürgen Röhlig, Horst Geckeis, Kurt Mengel: ''Endlagerung radioaktiver Abfälle. Teil 1: Fakten und Konzepte''. In: Chemie in unserer Zeit 46(3), S. 140–149 (2012), {{ISSN|0009-2851}} |
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** ''Endlagerung radioaktiver Abfälle. Teil 2: Die Wirtsgesteine: Tonstein, Granit, Steinsalz''. In: Chemie in unserer Zeit 46(4), S. 208–217 (2012), {{ISSN|0009-2851}} |
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== Einzelnachweise == |
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<references responsive /> |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4014641-8}} |
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siehe auch: [[Naturreaktor Oklo]]<br> |
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siehe auch: [[Cigar Lake|Natürliche Endlagerstätte Cigar Lake, Kanada]] |
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[[Kategorie:Abfallwirtschaft]] |
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[[Kategorie:Kernenergie]] |
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[[Kategorie:Abfall]] |
Aktuelle Version vom 6. April 2025, 11:56 Uhr
Endlagerung bezeichnet die Entsorgung von Abfällen durch Verbringung und Lagerung in entsprechende Anlagen. Der Begriff wird überwiegend im Zusammenhang mit der Lagerung radioaktiver Abfälle – der atomaren Endlagerung – verwendet, ist aber grundsätzlich auf alle Arten von Abfällen anwendbar, bis hin zur Sequestrierung von CO₂.
Definitionsgemäß ist eine Verwertung oder Wiederaufarbeitung der Abfälle im Falle der Endlagerung normalerweise nicht vorgesehen, es sei denn, man trifft gezielte Vorkehrungen, um die Abfälle bei Bedarf wieder aus dem Endlager holen zu können; in diesem Falle spricht man auch von rückholbarer Endlagerung. Der definierende Unterschied zur Zwischenlagerung (bedeutsam vor allem die atomare Zwischenlagerung) ist die Laufzeit der erteilten Genehmigung; an die technische Qualität der Lagerung werden ähnliche Anforderungen gestellt; bei beiden Lagerungstypen besteht die Notwendigkeit von Überwachung, Kontrolle und Reparaturen eventuell auftretender Schäden.
Grundlagen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit dem Beginn des Industriezeitalters und auch durch das starke Bevölkerungswachstum in den letzten zweihundert Jahren sind auf der Erde vermehrt giftige Stoffe im Einsatz, entstehen als Nebenprodukt von Wirtschaftsgütern oder bleiben am Ende der Nutzungsdauer eines Produktes über, wenn es keine Wiederverwendung oder -verwertung gibt. Diese Abfälle werden abhängig von ihrer Gefährlichkeit unterschiedlich entsorgt. Früher wurden sie teilweise auch entsorgt, indem man sie in Gewässer schüttete (Verklappung) oder indem man flüssige Abfälle im Erdreich versickern ließ. Dies führte zu Gewässerverschmutzung und belasteten Böden (siehe Altlast, Bodensanierung). Das erste deutsche Abfallgesetz („Gesetz zur Vermeidung und Entsorgung von Abfällen“) wurde am 7. Juni 1972 verabschiedet; es wurde viermal novelliert (vor allem 1986). Sein Nachfolger ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz (seit 1996 in Kraft und 2012 novelliert). In Deutschland entstand eine Abfallwirtschaft; viele früher deponierte Abfälle werden heute recycelt oder verbrannt. Dabei entstehen hochgiftige Stoffe; diese sind sogenannte Gefährliche Abfälle (umgangssprachlich „Sondermüll“).
In Deutschland werden die Deponieklassen 0 bis IV unterschieden.
Für die Endlagerung hochtoxischer (hochgiftiger), konventioneller und radioaktiver Abfälle hat sich weltweit das Einbringen der Abfälle in tiefe geologische Formationen (ca. 300–1.000 m Tiefe) durchgesetzt.
Die Endlagerung beruht auf dem Mehrbarrierensystem. Es besteht aus verschiedenen Barrieren, die jeweils ihren Anteil an der Rückhaltung der Schadstoffe aufweisen und insgesamt die Isolation der Schadstoffe gewährleisten sollen. Die Barrieren sind technischer und natürlicher Art. Als technische Barrieren gelten beispielsweise Verpackungen der Abfälle und Schachtverschlüsse. Natürliche Barrieren werden durch die das Endlager umschließenden geologischen Formationen mit sehr geringer Durchlässigkeit für Wasser gebildet (der einschlusswirksame Gebirgsbereich). Ein Versagen aller Barrieren wird als unwahrscheinlich angesehen.
Das Hauptproblem der Endlagerung liegt im möglichen langsamen Transport der endgelagerten Schadstoffe mit dem Grundwasser durch Advektion und/oder Diffusion vom Endlager in Richtung Biosphäre. Um auch im Falle eines Eindringens von Wasser ins Endlager einen Rücktransport der Schadstoffe in die Biosphäre möglichst klein zu halten, wird versucht, die verschiedenen Barrieren optimal aufeinander abzustimmen. Sicherheitsbetrachtungen zeigen dennoch, dass über sehr lange Zeiträume ein langsamer Austritt von Schadstoffen mit dem Grundwasser aus dem Endlager nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Weitgehend unerforscht sind bislang die Folgen der Radiolyse in Steinsalz. Geplante Großversuche mit hochradioaktivem Atommüll, die in der Schachtanlage Asse II geplant waren, wurden 1992 abgebrochen.
Endlagerung radioaktiver Abfälle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Finnland
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Finnland hatte mit dem „VLJ-Endlager“ Olkiluoto für schwach- und mittelradioaktive Abfälle des benachbarten Kernkraftwerks Olkiluoto auf der gleichnamigen Insel vor der Westküste des Landes in der Gemeinde Eurajoki das erste funktionsfähige Endlager weltweit. Die entsprechende Suche begann 1983, 2004 wurde der Standort ausgewählt. Auf der Insel Olkiluoto stehen drei der fünf finnischen Atomkraftwerke.[1]
Am gleichen Standort errichtet die Firma Posiva OY das weltweit erste Endlager ONKALO für hoch-radioaktive Abfälle. Stand Februar 2022 wurde eine Eröffnung für 2024 oder 2025 erwartet;[2] in den 2100er-Jahren soll die Anlage dann befüllt sein und verschlossen werden.
Bereits der Bau des Endlagers brachte der Gemeinde geschickt investierte hohe Steuereinnahmen. Die örtliche Bevölkerung wächst unter anderem, weil Eurajoki den Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer auf den niedrigsten Satz in Finnland senkte.[1]
Darüber hinaus befindet sich an der Südostküste Finnlands auf der Insel Hastholmen in der Nähe der Stadt Loviisa das gleichnamige Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle: Hier werden die radioaktiven Abfälle des Kernkraftwerks Loviisa eingelagert. Dieses Endlager wurde zwischen 1993 und 1997 im Rapakivi-Granit für eine Kapazität von 113.000 m³ errichtet. Eine Kapazitätserweiterung ist eingeplant, um auch Stilllegungsabfälle aufzunehmen. Der erste Teil für schwachradioaktive Instandhaltungsabfälle wurde im Frühjahr 1997 fertiggestellt, die ersten Abfälle im Mai 1997 eingelagert.[3]
Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Frankreich existieren drei Anlagen zur „Endlagerung“ radioaktiver Abfälle:
- Das „Felslabor“ Bure, eine Versuchsanlage (Ende 2022) mit dem Ziel der Errichtung einer Endlagerstätte für mittel- und hochradioaktive Nuklearabfälle am Platz;
- darüber hinaus für schwach- und mittelradioaktive Abfälle
- das Centre de l’Aube sowie
- das seit 1994 geschlossene Centre de la Manche
Ein Großteil des französischen Atommülls wird heute (2022) in der Wiederaufbereitungsanlage La Hague zwischengelagert. Gegner der Endlagerung behaupten z. B., der Transport des Atommülls von La Hague nach Bure[4] würde ein Jahrhundert lang wöchentlich zwei Züge (in Summa also über 10.000 Züge) von La Hague nach Bure erfordern. Mit Kosten von 41 Milliarden Euro sei dies neben den Strahlungs- und Unfallrisiken auch ökonomisch nicht zu vertreten.
Großbritannien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch das Vereinigte Königreich sucht seit 'zig Jahren nach einem Endlagerstandort. 2013 hatte die Regierung bereits einen Standort nahe der Sellafield MOX Plant im Nordwesten des Landes gefunden. Neben dem Untergrund, der geeignet sein soll, setzten die Behörden damals auch auf ein Jobversprechen für die strukturschwache Region – diese protestierte allerdings derart, dass die Zentralregierung von dem Vorhaben hier wieder Abstand nahm. Aktuell werden vier Standorte im Nordwesten und Nordosten Englands geprüft; die entsprechende Region müsste zustimmen. Dabei ist frühestens 2040 mit einem Ergebnis zu rechnen. Bisher lagern drei Viertel des britischen Atommülls beim Atomkraftwerk Sellafield. Zuletzt untersuchte in England auch ein Forschungsschiff die Variante, vor der Nordwestküste des Landes ein Endlager unter der Irischen See anzulegen.[1]
Schweden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schon seit den 1970er-Jahren gilt in Schweden Östhammar in der Nähe des Kernkraftwerks Forsmark als geeigneter Atommüll-Endlager-Standort. 2020 stimmte der lokale Gemeinderat dafür, Ende Januar 2022 genehmigte die schwedische Regierung den Standort. Falls Klagen dagegen keinen Erfolg haben, rechnet man für nach 2030 mit ersten Einlagerungen.[1] In der Gemeinde Östhammar befindet sich in 60 m Tiefe im kristallinen Fels unterhalb des Baltischen Meeres mit der Anlage SFR Forsmark bereits das Endlager des Betreibers Svensk Kärnbränslehantering (SKB) für die Aufnahme schwach- und mittelradioaktiver Abfälle aus dem Kernkraftwerk Forsmark. Das Endlager soll in 500 m Tiefe eingerichtet werden.
Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Schweiz gibt es bisher kein Endlager. Vorläufig werden alle radioaktiven Abfälle in der „Zwilag“ im Bezirk Zurzach am Ostufer der Aare bei Würenlingen zwischengelagert.
Am 10. September 2022 teilte die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) mit, dass das Land sein nationales „Endlager“ für hochradioaktive Abfälle nach der entsprechenden Erkundung[5][6] im Gebiet „Nördlich Lägern“ errichten wolle, nahe der Grenze nach Deutschland gegenüber der Gemeinde Hohentengen am Hochrhein.[7][8] Der Eingang zum Tiefenlager soll in der Gemeinde Stadel gebaut werden. Mit einem Baubeginn sei lt. Presse nicht vor 2045 zu rechnen.[9]
Endlagerung fester konventioneller Abfälle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]An die Sicherheit eines Endlagers für besonders schädliche konventionelle Abfälle kann man die gleichen Anforderungen wie für atomare Endlager stellen. Ihre Gefährlichkeit nimmt nicht ab, weil sie keinem radioaktiven Zerfall unterliegen.
In Deutschland existieren an vier Standorten Möglichkeiten, konventionelle Abfälle langzeitsicher von der Biosphäre abzuschließen:
- Herfa-Neurode (Hessen) mit der UTD Herfa-Neurode,
- Heilbronn (Baden-Württemberg) – Südwestdeutsche Salzwerke,[10]
- Kaliwerk Zielitz (Sachsen-Anhalt),
- Untertagedeponie Sondershausen im stillgelegten Kaliwerk Glückauf Sondershausen, Thüringen.
In Herfa-Neurode und Zielitz werden Grubenbaue von Kalibergwerken als Endlager genutzt.
Eingebracht werden können unter anderem folgende Abfälle:
- arsen-, cyanid- oder quecksilberhaltige Abfälle
- Filterstäube aus der Rauchgasreinigung von Haus- und Sondermüllverbrennung (dioxinhaltig)
- PCB-haltige Transformatoren und Kondensatoren
- Abfälle aus der chemischen Industrie
- verfestigte Metallhydridschlämme
Die jährliche Kapazität dieser Lager beträgt mehrere hunderttausend Tonnen, die bisher eingelagerte Menge an Giftmüll hat die Menge von 2,5 Mio. Tonnen schon überschritten.
Endlagerung von Kohlenstoffdioxid
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben der Endlagerung radioaktiver Abfälle ist zunehmend die Lagerung oder Speicherung von Kohlenstoffdioxid, meist Kohlendioxid genannt, im Gespräch. Inwieweit die bisherigen Konzepte als Endlagerung bezeichnet werden können, ist wissenschaftlich noch unsicher. Im Zuge der Bemühungen um Klimaschutz und der Verminderung des CO2-Ausstoßes bei der Verbrennung von Kohle wird die Möglichkeit einer dauerhaften Lagerung von Kohlenstoffdioxid untersucht. Bergwerkshohlräume oder künstliche Kavernen in Salzstöcken haben hierzu keine ausreichende Kapazität. Auch der Raum in ausgebeuteten Gaslagerstätten scheint in Deutschland zu gering. Zumindest entsteht bei der Stromerzeugung aus Kohle hier neben der Reichweitenproblematik auf der Versorgungsseite ein ebensolches auf der Entsorgungsseite. Die ebenfalls in Erwägung gezogene Endlagerung oder Sequestration in tiefen Aquiferen scheint Umweltprobleme zu beinhalten und steht in Widerspruch zu anderweitiger Nutzung dieser Grundwasserleiter (Aquifere), zum Beispiel zur Stromerzeugung aus Geothermie. Die Lagerung in Meeren oder Ozeanen, in der Wassersäule oder im Meeresboden, ist noch ein Forschungsgegenstand, die Lagerung in der Wassersäule derzeit untersagt (siehe: Londoner Konvention von 1972 und OSPAR-Abkommen).[11]
Es gibt einige größere natürliche CO2-Vorkommen in der Tiefsee, in der Regel nahe bei Hydrothermalfeldern, die je nach vorherrschenden Druck- (Tiefe) und Temperaturverhältnissen große Kohlendioxid-Seen (flüssiges CO2) oder Lagerstätten (CO2-Hydrat bzw. „CO₂-Eis“) bilden.[12]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Achim Brunnengräber (Hrsg.): Problemfalle Endlager. Gesellschaftliche Herausforderungen im Umgang mit Atommüll. Baden-Baden 2016, ISBN 978-3-8487-3510-5
- Klaus-Jürgen Röhlig, Horst Geckeis, Kurt Mengel: Endlagerung radioaktiver Abfälle. Teil 1: Fakten und Konzepte. In: Chemie in unserer Zeit 46(3), S. 140–149 (2012), ISSN 0009-2851
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Badische Zeitung: Schweden und Finnland zeigen, wie man mit Atommüll umgehen kann - Wirtschaft - Badische Zeitung. Abgerufen am 13. September 2022.
- ↑ Finland built this tomb to store nuclear waste. Can it survive for 100,000 years? In: science.org. 24. Februar 2022, abgerufen am 28. Juli 2022.
- ↑ Übersicht über geplante bzw. betriebene Endlager weltweit auf der Homepage der DBE GmbH ( vom 17. August 2011 im Internet Archive)
- ↑ etwa 550 Straßenkilometer
- ↑ Neue Zürcher Zeitung 23. September 2021, David Vonplon, Karin Hofer: Dieses Mal soll es wirklich die letzte Bohrung sein: Die Standortsuche für das Tiefenlager für radioaktive Abfälle geht in die Endrunde (Aufruf am 11. September 2022)
- ↑ Badische Zeitung: Wohin kommt das Schweizer Endlager für Atommüll? - Kreis Waldshut - Badische Zeitung. Abgerufen am 11. September 2022.
- ↑ Hohentengen am Hochrhein: Schweiz plant Atomendlager an deutscher Grenze. In: Der Spiegel. 10. September 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 11. September 2022]).
- ↑ Badische Zeitung: Atommülllager an deutscher Grenze: Wer wie betroffen ist - Brennpunkte - Badische Zeitung. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. September 2022; abgerufen am 11. September 2022. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Badische Zeitung: Bau des Atommüll-Endlagers in der Schweiz beginnt nicht vor 2045 - Schweiz - Badische Zeitung. Abgerufen am 11. September 2022.
- ↑ Eberhard Wein: Untertagedeponie in Heilbronn: Giftmüll statt Salz – bis mindestens 2028. In: stuttgarter-nachrichten.de. 3. März 2017, abgerufen am 12. Juni 2020.
- ↑ Londoner Konvention und Protokoll ( vom 18. April 2009 im Internet Archive), Internationale Seeschifffahrts-Organisation.
- ↑ Ein See flüssigen Kohlendioxids in 1300 Meter Tiefe. Bericht vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie.