„Zentralgefängnis Bagdad“ – Versionsunterschied
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[[Datei:Iraq map Abu Ghraib.png|miniatur|250px|Lage von Abu Ghuraib im Irak]] |
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⚫ | Das '''Abu-Ghuraib-Gefängnis'' |
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⚫ | Das '''Zentralgefängnis Bagdad''' (früher ''Abu-Ghuraib-Gefängnis''; {{arS|سجن أبو غريب|w=Sidschn Abū Ghuraib|d=Siǧn Abū Ġurayb}}) war bis Februar 2014 ein [[Gefängnis]]-Komplex in [[Abu Ghuraib]] im [[Irak]]. Schon zu Zeiten [[Saddam Hussein]]s war das Abu-Ghuraib-Gefängnis wegen seiner [[Folter]]-Praktiken berüchtigt. Außerdem sollen dort regelmäßig [[Hinrichtung]]en stattgefunden haben. |
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[[Bild:Abu Ghraib 29.JPG|150px|thumb|Ein Folteropfer von Abu-Ghuraib]] |
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Nach dem Ende der offiziellen Kampfhandlungen des [[Irak-Krieg|dritten Golfkriegs]] kam das Gefängnis im April 2004 in die Schlagzeilen, als der Fernsehsender [[Columbia Broadcasting System|CBS]] in einer Folge seines Fernsehmagazins „60 Minutes“ über Folter, Missbrauch und Erniedrigungen von Gefangenen durch [[USA|US-amerikanische]] Soldaten berichtete. Die dabei ausgestrahlten Bilder sollen im November oder Dezember 2003 aufgenommen worden sein und auch schon Gegenstand von Untersuchungen der [[US-Army]] gewesen sein. |
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Nach dem [[Irakkrieg|dritten Golfkrieg]] rückte das Gefängnis 2004 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, als bekannt wurde, dass die US-Besatzungstruppen dort irakische Insassen vergewaltigten<ref name="Telegraph-2009-05-27">{{Internetquelle|url=http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/northamerica/usa/5395830/Abu-Ghraib-abuse-photos-show-rape.html|titel=Abu Ghraib abuse photos 'show rape'|autor=Duncan Gardham and Paul Cruickshank|hrsg=|werk=The Telegraph|datum=2009-05-27|zugriff=2014-08-26}}</ref><ref name="Shumway">{{Internetquelle|url=http://zmag.de/artikel/Muster-systematischer-Vergewaltigungen-durch-US-Truppen|titel=Muster systematischer Vergewaltigungen durch US-Truppen|autor=Chris Shumway / Übersetzt von: Andrea Noll|hrsg=ZNet|datum=2004-06-06|archiv-url=https://web.archive.org/web/20070927182634/http://zmag.de/artikel/Muster-systematischer-Vergewaltigungen-durch-US-Truppen|zugriff=2016-03-19}}, mit dem Originaltext: {{Internetquelle|url=http://www.zmag.org/znet/viewArticle/8421|titel=Systematic Pattern of Rape by US Forces|autor=Chris Shumway|hrsg=ZNet|datum=2004-06-06|sprache=EN|archiv-url=https://web.archive.org/web/20090602191952/http://www.zmag.org/znet/viewArticle/8421|zugriff=2016-03-19}}</ref>, misshandelten und folterten, oft bis zum Tod.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.thedailybeast.com/articles/2009/05/05/how-many-were-tortured-to-death.html|titel=The Bush Administration Homicides|autor=John Sifton|hrsg=|werk=|datum=2009-05-05|sprache=en|zugriff=2016-03-30}}</ref> |
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Die Bilder zeigen nackte Gefangene, die gerade zu [[Oralsex]] gezwungen werden sollen, sowie einen Gefangenen, der an Elektrokabel angeschlossen ist, als werde er mit einer Hinrichtung durch [[Elektrizität]] bedroht. Darüber hinaus gibt es ein Bild, das einen Gefangenen zeigt, der tot zu sein scheint. Nach Auskunft von CBS hat die US-Army noch wesentlich mehr Fotos dieser Art, einschließlich eines, das einen Gefangenen zeigt, der von einem Hund angefallen wird. |
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Ein Gefangener trägt Beschuldigungen vor, unter der Aufsicht von US-Soldaten [[Vergewaltigung|vergewaltigt]] worden zu sein. |
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{{Hauptartikel|Abu-Ghuraib-Folterskandal}} |
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Im Mai 2004 gelangten Berichte und Fotos in die Medien, die belegten, dass US-amerikanische Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter in Abu-Ghuraib regelmäßig Insassen misshandelten, folterten und in etwa 100 Fällen auch töteten. Sowohl männliche als auch weibliche Gefangene wurden vergewaltigt. Die Insassen waren zu ''„90 Prozent … unschuldig“'', erklärte die damalige Abu-Ghuraib-Kommandantin [[Janis Karpinski]] heute.<ref>Christoph Cadenbach: [https://sz-magazin.sueddeutsche.de/politik/spuren-der-gewalt-80334 ''Spuren der Gewalt'']. In: Süddeutsche Zeitung. 4. April 2014, Magazin S. 13 |
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Immer weitere Fotos und Details wurden bekannt und lösten weltweit Empörung aus. Besonders in der arabischen Welt gab es daraufhin gewalttätige Demonstrationen gegen die USA. |
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Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ([[IKRK]]) hat die US-Behörden nach eigenen Angaben bereits vor Monaten dazu angehalten, gegen die Misshandlungen irakischer Häftlinge einzuschreiten: ''„Unsere Erkenntnisse wurden bei unterschiedlichen Gelegenheiten zwischen März und November 2003 erörtert, entweder in direkten Gesprächen oder in schriftlichen Eingaben“'', gab Pierre Krähenbühl vom IKRK am [[7. Mai]] 2004 in [[Genf]] bekannt. |
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== Geschichte == |
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An den Folterungen im irakischen Gefängnis Abu Ghuraib sollen nach Angaben eines US-Wissenschaftlers auch Ärzte beteiligt gewesen sein. Diese hätten mit ihrem Verhalten ethische Werte der Medizin gebrochen und Menschenrechte verletzt, schreibt der amerikanische Bioethiker Steven Miles im Fachmagazin ''The Lancet''. Der Doktor der Medizin und Professor an der Universität von Minnesota verlangte eine offizielle Untersuchung über die Rolle der Ärzte beim Folterskandal. |
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=== Bau und Betrieb unter dem Saddam-Regime === |
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Während der Zeit des Saddam-Regimes unterstand das Gefängnis dem Allgemeinen Sicherheitsdienst (al-Amn al-Amm) und war Schauplatz von Folter und Hinrichtungen, denen Tausende von politischen Gefangenen zum Opfer fielen. Schätzungen gehen von bis zu 4.000 Exekutionen allein im Jahr 1984 aus. Die Menschenrechtsorganisation [[Amnesty International]] dokumentierte in den 1990er Jahren mehrere Massenhinrichtungen, bei denen jeweils Hunderte von Gefangenen starben. In der Umgebung des Gefängnisses wurden nach dem Sturz des Regimes mehrere Massengräber entdeckt. |
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Im Jahre 1993 kam der Deutsche Kai Sondermann dank der Vermittlung von [[Hans-Jürgen Wischnewski]] nach knapp achtmonatiger politischer Haft aus dem Gefängnis frei. |
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Miles wertete Protokolle des US-Kongresses aus, Aussagen von Inhaftierten und Soldaten, ärztliche Berichte und Pressemeldungen. Ein Militärsprecher bestätigte, die meisten der in dem Artikel beschriebenen Vorfälle und Anschuldigungen seien von den Streitkräften selbst dokumentiert worden. |
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Während des [[Zweiter Golfkrieg|Zweiten Golfkrieges]] 1991 wurden auch Kriegsgefangene der Koalitionstruppen, z. B. Angehörige des britischen [[Special Air Service|SAS]], inhaftiert. |
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Miles schreibt, laut Aussagen von Verantwortlichen der US-Armee hätten ein Psychiater und ein weiterer Arzt die Befragungsmethoden in Abu Ghuraib entworfen und genehmigt sowie die Verhöre überwacht. Er schildert einen Fall, der von einem Häftling beeidet worden sei: Ein Gefangener sei nach Schlägen bewusstlos zusammengebrochen und von Pflegekräften wiederbelebt worden. Diese seien dann gegangen, danach sei der Mann erneut misshandelt worden. Außerdem gebe es Berichte, dass selbst Ärzte Gefangene misshandelt hätten. |
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Im Jahr 2001 saßen schätzungsweise 15.000 Häftlinge im Gefängnis ein, darunter viele irakische [[Kurden]], [[Schia|Schiiten]] sowie [[Perser (Volk)|persischstämmige]] Iraker, die teilweise seit dem Beginn des [[Erster Golfkrieg|Ersten Golfkrieges]] im Jahr 1980 dort inhaftiert waren. Viele der Insassen waren nie angeklagt oder verurteilt worden und saßen jahrelang in Einzelhaft. Unbestätigten Hinweisen zufolge sollen einzelne Häftlinge auch für Versuche im Rahmen des irakischen [[Biologische Waffe|B-]] und [[Chemische Waffe|C]]-Waffenprogrammes missbraucht worden sein. |
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Miles zitiert ferner einen Offizier der Militärpolizei: Ein Arzt habe einem unter Folter gestorbenen Inhaftierten eine Infusion in die Vene gelegt, damit es so aussehe, als habe der Mann im Krankenhaus noch gelebt. Totenscheine von Gefangenen in Afghanistan und im Irak seien gefälscht worden. «Die Ärzte bestätigten routinemäßig den Tod durch Herzinfarkt, Hitzeschlag oder andere natürliche Todesursachen», schreibt Miles. Nur wenige Einheiten im Irak und in Afghanistan hätten den Gefangenen die von der Genfer Konvention geforderten monatlichen Untersuchungen ermöglicht, Ärzte hätten nicht für eine regelmäßige medizinische Betreuung gesorgt. |
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Im Frühjahr 2002 begann man mit dem Ausbau des Komplexes, der um bis zu sechs Zellenblöcke erweitert werden sollte. |
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[[Bild:George-W-Bush.jpeg|thumb|100px|George W. Bush]] |
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Am [[24. Mai]] 2004 kündigte US-Präsident [[George W. Bush|Bush]] in einer Ansprache an das amerikanische Volk den Abriss des Abu-Ghuraib-Gefängnisses an. Es werde auf Kosten der USA durch ein modernes Hochsicherheitsgefängnis ersetzt werden. |
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Das Gefängnis wurde jedoch bereits vor Beginn des [[Irakkrieg|Irak-Krieges]] im Jahr 2003 aufgegeben. Nach einer [[Amnestie|Generalamnestie]] im Oktober 2002 und der Entlassung der meisten Häftlinge räumten die irakischen Sicherheitskräfte die Einrichtung und vernichteten nahezu sämtliche Unterlagen. |
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Am [[15. Februar]] 2006 veröffentlicht der australische Sender SBS weitere Bilder, die das Pentagon trotz eines Gerichtsurteils unter Verschluss halten wollte. Der Moderator der Sendung „Dateline” erklärte den Zuschauern, dass die bisher unveröffentlichten Bild-Dokumente aus jener Sammlung stammen, die im Jahr 2004 weltweit Empörung hervorgerufen hatte. Der Sender begründete die Ausstrahlung der Bilder mit seiner Informationspflicht und [[Pressefreiheit]]. Sie würden enthüllen, dass die Misshandlungen – sexuelle Erniedrigung, Verstümmelung und [[Folter]] bis hin zum Tod – „verbreiteter und viel schlimmer” gewesen seien, als bisher angenommen. Weitere Fotos wurden von der australischen Zeitung „Sydney Morning Herald” ins [[Internet]] gestellt. Darauf ist u.a. zu sehen, wie einem am Boden liegenden Mann die Zunge aus dem Mund geschnitten wird. Ein anderes Foto zeigt einen stehenden Mann, dessen Kopf offenbar gegen eine Stahltür geschlagen wird. Mehrere Leichen werden gezeigt sowie Körperteile mit Brandwunden und selbst die Misshandlung von Kindern. |
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Nach dem Abzug wurde die Anlage geplündert und teilweise durch Brände zerstört. |
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Am [[9. März]] 2006 kündigten die USA an, die Kontrolle über das Gefängnis an die irakischen Sicherheitsbehörden übergeben zu wollen und die Gefangenen zu verlegen. Stattdessen will die US-Regierung den Neubau eines Hochsicherheitsgefängnisses finanzieren. |
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=== US-amerikanische Besetzung === |
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Am [[15. März]] [[2006]] veröffentlichte das US-Internetmagazin [[Salon.com]] 279 Fotografien und 19 Videos, die zum Teil bisher unbekannt waren. Die Sprecherin des [[Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung|Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK)]] Dorothea Krimitsas äußerte sich „schockiert“ über die neu veröffentlichten Folterbilder. „Wir sind bestürzt über die Misshandlungen“, sagte sie der Schweizer Nachrichtenagentur SDA am [[16. März]]. |
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[[Datei:AG-dog-close.jpg|miniatur|Psychische Folter im Abu-Ghuraib-Gefängnis]] |
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Im Jahre 2003 nahm die [[United States Army|US Army]] das Gefängnis im Gefolge des [[Irakkrieg|zweiten Irakkrieges]] ein. Es wurde erneut zum Schauplatz von Folterungen, nunmehr durch Angehörige der amerikanischen Truppen. Während ein Teil als Gefängnis bzw. [[Militärgefängnis]] erhalten blieb, wurde ein Großteil der Anlagen zu einer [[Militärbasis]] aus- und umgebaut. Aufgrund der strategisch wertvollen Position vor der Stadt [[Bagdad]] wurde das Gefängnis zum Hauptumschlagsort für Verhaftete. |
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Das Gefängnis war immer wieder Angriffen, teilweise mit Mörsern, ausgesetzt. |
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== Anklage in Deutschland == |
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[[Image:030825-F-0000J-004.jpg|thumb|100px|Donald Rumsfeld]] |
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Am 15. September 2005 wies das Oberlandesgericht Stuttgart den Klageerzwingungsantrag eines Mitglieds des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins im Auftrag von 17 Folteropfern und einer Menschenrechtsorganisation ab. Generalbundesanwalt [[Kay Nehm]] hatte nach der Anzeige von den 17 Opfern noch kein Ermittlungsverfahren gegen US-Verteidigungsminister [[Donald Rumsfeld]] eingeleitet. |
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Im Frühjahr 2004 entschied die militärische Führung, das Gefängnis wegen Überfüllung nochmals zu erweitern und damit Platz für mehr als 8.000 Inhaftierte zu schaffen. Ein Teil der Zellentrakte wurde auch den einheimischen Militärs überlassen. |
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== Siehe auch == |
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{{Commons|Category:Abu Ghraib prisoner abuse images|Die Bilder, die den Abu-Ghuraib-Skandal auslösten}} |
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* [[Charles Graner]] |
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* [[Guantanamo-Bucht]] (Guantanamo-Gefangenlager ''„Camp X-Ray“'') |
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* [[Ricardo Sánchez (General)|Ricardo Sánchez]] |
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* [[Lynndie England]] |
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Mitte 2004 kündigte [[Präsident der Vereinigten Staaten|US-Präsident]] [[George W. Bush|Bush]] den Abriss des Gefängnisses und seinen Ersatz durch ein modernes Hochsicherheitsgefängnis an. Dazu kam es aber nie. |
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Im September 2006 wurde das Gefängnis von den [[Vereinigte Staaten|USA]] und der [[Irakische Regierung|Irakischen Regierung]] geschlossen. |
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* [http://www.sueddeutsche.de/,tt3l2/ausland/artikel/413/70343/ Interview mit dem Islamwissenschaftler Bernard Haykel: Zorn, Ideologie und Realpolitik] ("Süddeutsche Zeitung", 17. Februar 2006) |
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* [http://www.salon.com/news/feature/2006/02/16/abu_ghraib/index.html Mark Benjamin, Salon exclusive: The Abu Ghraib files] (Salon.com, 16. Februar 2006 - ''vgl.'' [http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22062/1.html]) |
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=== Nach dem Abzug der USA === |
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* [http://www.hsfk.de/news_detail.php?doc_id=1&newsid=331&language=de Andreas Fischer-Lescano, Rechtsrealität versus Realpolitik] (''Thema: die Strafanzeige in Deutschland gegen [[Donald Rumsfeld]] wegen der Folterungen in Abu Ghuraib''; [[HSFK]]-Standpunkt Nr. 1/2005) |
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Das Gefängnis wurde am 21. Februar 2009 als ''Zentralgefängnis Bagdad'' ein weiteres Mal wiedereröffnet, wobei Kapazitäten für 15.000 Häftlinge vorgesehen waren. |
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* [http://www.spiegel.de/sptv/thema/0,1518,315722,00.html Rückkehr in die Barbarei: Die dunkle Welt der Folter] (Spiegel Online, August 2004) |
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* [http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/0623/feuilleton/0001/index.html Einige Überlegungen über Abu Ghraib und das Unbewusste in der Popkultur] von [[Slavoj Zizek]], ''Die Amerikaner kontrollieren gar nichts! Nicht mal sich selbst!'' [[Berliner Zeitung]], 23. Juni 2004 |
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Im Zuge des [[Aufstand im Irak (nach US-Rückzug)|Aufstands im Irak nach dem US-Rückzug]] griffen in der Nacht vom 21. auf den 22. Juli 2013 islamistische Aufständische verschiedene Haftanstalten im Land an. Aus dem Abu-Ghuraib-Gefängnis konnten 500 Häftlinge entkommen.<ref>[http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/irak-hunderte-gefangene-von-islamistischen-aufstaendischen-befreit-12291162.html Hunderte Gefangene von islamistischen Aufständischen befreit]</ref> Die Terrorgruppe [[Islamischer Staat (Organisation)|ISIS]] bekannte sich zu der Gefangenenbefreiung, bei der zwischen 25 und 120 [[Irakische Streitkräfte|Regierungssoldaten]] getötet wurden. |
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* [http://www.salon.com/news/abu_ghraib/2006/03/14/introduction/ Bilder aus dem Abu-Ghuraib-Gefängnis bei salon.com] |
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Am 15. April 2014 erklärte das irakische Justizministerium, dass es das Gefängnis geschlossen habe. Man befürchtete, dass es von sunnitischen Aufständischen eingenommen werden könnte.<ref>[http://www.dw.de/folter-gefängnis-abu-ghraib-wird-geschlossen/a-17571728 ''Folter-Gefängnis Abu Ghraib wird geschlossen''.] [[Deutsche Welle]] vom 15. April 2014</ref><ref>[https://www.welt.de/politik/ausland/article129620068/Abu-Ghraib-wartet-auf-den-Angriff-der-Isis-Fanatiker.html ''Abu Ghraib wartet auf den Angriff der Isis-Fanatiker''.] [[Die Welt]] vom 30. Juni 2014</ref> |
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=== Bekannte Insassen === |
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==== Unter amerikanischer Führung ==== |
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* Abu Abdulrahman al-Bilawi, inhaftiert bis Juli 2003<ref>{{Internetquelle|url=http://security.blogs.cnn.com/2013/08/05/source-al-qaeda-leader-urged-affiliate-to-do-something/|titel=Source: al Qaeda leader urged affiliate to 'do something'|autor=Barbara Starr|hrsg=[[CNN]]|werk=|datum=2013-08-05|sprache=en|abruf=2016-09-01|archiv-url=https://web.archive.org/web/20141022065923/http://security.blogs.cnn.com/2013/08/05/source-al-qaeda-leader-urged-affiliate-to-do-something/|archiv-datum=2014-10-22|offline=ja|archiv-bot=2024-06-20 14:55:58 InternetArchiveBot}}</ref> |
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* Yunis Khatayer Abbas. Er wurde im Jahr 1998 unter Saddam Hussein wegen seiner journalistischen Tätigkeit festgenommen und gefoltert. Fünf Jahre später wurde er von den Amerikanern für neun Monate in Abu Ghuraib inhaftiert, bis seine Unschuld erwiesen war.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.vanityfair.com/politics/features/2007/02/abughraib200702|titel=My Prisoner, My Brother|autor=Michael Tucker|hrsg=|werk=[[Vanity Fair (Magazin)|Vanity Fair]]|datum=2007-02-20|sprache=en|abruf=2016-09-01}}</ref> |
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* Emad al-Janabi, inhaftiert und gefoltert September 2003 bis Juli 2004.<ref>{{Internetquelle|url=http://seattletimes.nwsource.com/html/nationworld/2004393419_apabughraiblawsuit.html?syndication=rss|titel=Iraqi alleges Abu Ghraib torture, sues US contractors|autor=Greg Risling|hrsg=[[The Seattle Times]]|werk=|datum=2008-05-07|sprache=en|archiv-url=https://web.archive.org/web/20110604070453/http://seattletimes.nwsource.com/html/nationworld/2004393419_apabughraiblawsuit.html?syndication=rss|abruf=2010-02-11}}</ref> |
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* Manadel al-Jamadi, inhaftiert am 4. November 2003 und am selben Tag zu Tode gefoltert.<ref>{{Internetquelle|url=http://msnbc.msn.com/id/6988054/|titel=Reports detail Abu Ghraib prison death; was it torture?|autor=Hettena Seth|hrsg=Associated Press|werk=|datum=2005-02-17|sprache=en|abruf=2016-09-01}}</ref> [[Abu-Ghuraib-Folterskandal#Manadel al-Jamadi|siehe auch: Abu-Ghuraib-Folterskandal]] |
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* [[Abu Bakr al-Baghdadi]], inhaftiert vom 4. Februar bis 13. Oktober 2004. Er wurde vermutlich im Gefängnis radikalisiert und war seit Mai 2010 bis zu seinem Tod am 26. Oktober 2019 der Anführer des [[Islamischer Staat (Organisation)|IS]].<ref>{{Internetquelle|url=https://theintercept.com/2016/08/25/u-s-military-now-says-isis-leader-was-held-in-notorious-abu-ghraib-prison/|titel=U.S. Military Now Says ISIS Leader Was Held in Notorious Abu Ghraib Prison|autor=Joshua Eaton|hrsg=|werk=[[The Intercept]]|datum=2016-08-25|sprache=en|abruf=2016-09-01}}</ref> |
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*[[Xatar]] (bürgerlich ''Giwar Hajabi''), war nach einem Überfall auf einen Geldtransporter in Deutschland in den Irak geflohen und wurde dort 2009 in Bagdad inhaftiert und gefoltert. 2010 wurde er nach Deutschland abgeschoben und in der JVA Rheinbach untergebracht. |
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==== Unter Saddam Hussein ==== |
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* Farzad Bazoft, inhaftiert von September 1989 bis zur Hinrichtung am 15. März 1990. Journalist des [[The Observer|Observer.]]<ref>{{Internetquelle|url=https://www.theguardian.com/news/1990/mar/18/leaders.iraq|titel=Farzad Bazoft|autor=Leader|hrsg=[[The Observer]]|werk=|datum=1990-03-18|sprache=en|zugriff=2016-09-01}}</ref> |
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* Bill Barloon, inhaftiert vom 13. März bis 16. Juli 1995<ref>{{Literatur|Titel=2 U.S. Wives Quitting Iraq|Sammelwerk=The New York Times|Sprache=en|Datum=1995-05-11|ISSN=0362-4331|Online=http://www.nytimes.com/1995/05/11/world/2-us-wives-quitting-iraq.html}}</ref> |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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{{commonscat|Baghdad Central Prison}} |
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{{SORTIERUNG:AbuGhuraibGefangnis}} |
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[[Kategorie:Gefängnis]] |
[[Kategorie:Ehemaliges Gefängnis]] |
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[[Kategorie:Militärgefängnis]] |
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[[Kategorie:Besetzung des Irak]] |
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[[Kategorie:Gefängnis (Irak)]] |
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{{Koordinate Artikel|33_17_29_N_44_3_58_E_type:landmark_region:IQ|33° 17′ 29" n. Br., 44° 3′ 58" ö. L.}} |
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{{Coordinate |NS=33/17/29/N |EW=44/3/58/E |type=landmark |region=IQ}} |
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[[ar:سجن أبو غريب]] |
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[[cs:Abú Ghrajb]] |
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[[en:Abu Ghraib prison]] |
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[[es:Prisión de Abu Ghraib]] |
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[[fr:Prison d'Abu Ghraib]] |
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[[gl:Presidio de Abu Ghraib]] |
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[[he:כלא אבו גרייב]] |
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[[it:Prigione di Abu Ghraib]] |
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[[ms:Penjara Abu Ghraib]] |
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[[nl:Abu Ghraib-gevangenis]] |
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[[ru:Тюрьма Абу-Грейб]] |
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[[zh:虐囚门事件]] |
Aktuelle Version vom 24. Januar 2025, 09:15 Uhr

Das Zentralgefängnis Bagdad (früher Abu-Ghuraib-Gefängnis; arabisch سجن أبو غريب Sidschn Abū Ghuraib, DMG Siǧn Abū Ġurayb) war bis Februar 2014 ein Gefängnis-Komplex in Abu Ghuraib im Irak. Schon zu Zeiten Saddam Husseins war das Abu-Ghuraib-Gefängnis wegen seiner Folter-Praktiken berüchtigt. Außerdem sollen dort regelmäßig Hinrichtungen stattgefunden haben.
Nach dem dritten Golfkrieg rückte das Gefängnis 2004 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, als bekannt wurde, dass die US-Besatzungstruppen dort irakische Insassen vergewaltigten[1][2], misshandelten und folterten, oft bis zum Tod.[3]
Folterskandal
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Mai 2004 gelangten Berichte und Fotos in die Medien, die belegten, dass US-amerikanische Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter in Abu-Ghuraib regelmäßig Insassen misshandelten, folterten und in etwa 100 Fällen auch töteten. Sowohl männliche als auch weibliche Gefangene wurden vergewaltigt. Die Insassen waren zu „90 Prozent … unschuldig“, erklärte die damalige Abu-Ghuraib-Kommandantin Janis Karpinski heute.[4]
Immer weitere Fotos und Details wurden bekannt und lösten weltweit Empörung aus. Besonders in der arabischen Welt gab es daraufhin gewalttätige Demonstrationen gegen die USA.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bau und Betrieb unter dem Saddam-Regime
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während der Zeit des Saddam-Regimes unterstand das Gefängnis dem Allgemeinen Sicherheitsdienst (al-Amn al-Amm) und war Schauplatz von Folter und Hinrichtungen, denen Tausende von politischen Gefangenen zum Opfer fielen. Schätzungen gehen von bis zu 4.000 Exekutionen allein im Jahr 1984 aus. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International dokumentierte in den 1990er Jahren mehrere Massenhinrichtungen, bei denen jeweils Hunderte von Gefangenen starben. In der Umgebung des Gefängnisses wurden nach dem Sturz des Regimes mehrere Massengräber entdeckt.
Im Jahre 1993 kam der Deutsche Kai Sondermann dank der Vermittlung von Hans-Jürgen Wischnewski nach knapp achtmonatiger politischer Haft aus dem Gefängnis frei.
Während des Zweiten Golfkrieges 1991 wurden auch Kriegsgefangene der Koalitionstruppen, z. B. Angehörige des britischen SAS, inhaftiert.
Im Jahr 2001 saßen schätzungsweise 15.000 Häftlinge im Gefängnis ein, darunter viele irakische Kurden, Schiiten sowie persischstämmige Iraker, die teilweise seit dem Beginn des Ersten Golfkrieges im Jahr 1980 dort inhaftiert waren. Viele der Insassen waren nie angeklagt oder verurteilt worden und saßen jahrelang in Einzelhaft. Unbestätigten Hinweisen zufolge sollen einzelne Häftlinge auch für Versuche im Rahmen des irakischen B- und C-Waffenprogrammes missbraucht worden sein.
Im Frühjahr 2002 begann man mit dem Ausbau des Komplexes, der um bis zu sechs Zellenblöcke erweitert werden sollte.
Das Gefängnis wurde jedoch bereits vor Beginn des Irak-Krieges im Jahr 2003 aufgegeben. Nach einer Generalamnestie im Oktober 2002 und der Entlassung der meisten Häftlinge räumten die irakischen Sicherheitskräfte die Einrichtung und vernichteten nahezu sämtliche Unterlagen.
Nach dem Abzug wurde die Anlage geplündert und teilweise durch Brände zerstört.
US-amerikanische Besetzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Jahre 2003 nahm die US Army das Gefängnis im Gefolge des zweiten Irakkrieges ein. Es wurde erneut zum Schauplatz von Folterungen, nunmehr durch Angehörige der amerikanischen Truppen. Während ein Teil als Gefängnis bzw. Militärgefängnis erhalten blieb, wurde ein Großteil der Anlagen zu einer Militärbasis aus- und umgebaut. Aufgrund der strategisch wertvollen Position vor der Stadt Bagdad wurde das Gefängnis zum Hauptumschlagsort für Verhaftete.
Das Gefängnis war immer wieder Angriffen, teilweise mit Mörsern, ausgesetzt.
Im Frühjahr 2004 entschied die militärische Führung, das Gefängnis wegen Überfüllung nochmals zu erweitern und damit Platz für mehr als 8.000 Inhaftierte zu schaffen. Ein Teil der Zellentrakte wurde auch den einheimischen Militärs überlassen.
Mitte 2004 kündigte US-Präsident Bush den Abriss des Gefängnisses und seinen Ersatz durch ein modernes Hochsicherheitsgefängnis an. Dazu kam es aber nie.
Im September 2006 wurde das Gefängnis von den USA und der Irakischen Regierung geschlossen.
Nach dem Abzug der USA
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gefängnis wurde am 21. Februar 2009 als Zentralgefängnis Bagdad ein weiteres Mal wiedereröffnet, wobei Kapazitäten für 15.000 Häftlinge vorgesehen waren.
Im Zuge des Aufstands im Irak nach dem US-Rückzug griffen in der Nacht vom 21. auf den 22. Juli 2013 islamistische Aufständische verschiedene Haftanstalten im Land an. Aus dem Abu-Ghuraib-Gefängnis konnten 500 Häftlinge entkommen.[5] Die Terrorgruppe ISIS bekannte sich zu der Gefangenenbefreiung, bei der zwischen 25 und 120 Regierungssoldaten getötet wurden.
Am 15. April 2014 erklärte das irakische Justizministerium, dass es das Gefängnis geschlossen habe. Man befürchtete, dass es von sunnitischen Aufständischen eingenommen werden könnte.[6][7]
Bekannte Insassen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter amerikanischer Führung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Abu Abdulrahman al-Bilawi, inhaftiert bis Juli 2003[8]
- Yunis Khatayer Abbas. Er wurde im Jahr 1998 unter Saddam Hussein wegen seiner journalistischen Tätigkeit festgenommen und gefoltert. Fünf Jahre später wurde er von den Amerikanern für neun Monate in Abu Ghuraib inhaftiert, bis seine Unschuld erwiesen war.[9]
- Emad al-Janabi, inhaftiert und gefoltert September 2003 bis Juli 2004.[10]
- Manadel al-Jamadi, inhaftiert am 4. November 2003 und am selben Tag zu Tode gefoltert.[11] siehe auch: Abu-Ghuraib-Folterskandal
- Abu Bakr al-Baghdadi, inhaftiert vom 4. Februar bis 13. Oktober 2004. Er wurde vermutlich im Gefängnis radikalisiert und war seit Mai 2010 bis zu seinem Tod am 26. Oktober 2019 der Anführer des IS.[12]
- Xatar (bürgerlich Giwar Hajabi), war nach einem Überfall auf einen Geldtransporter in Deutschland in den Irak geflohen und wurde dort 2009 in Bagdad inhaftiert und gefoltert. 2010 wurde er nach Deutschland abgeschoben und in der JVA Rheinbach untergebracht.
Unter Saddam Hussein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Farzad Bazoft, inhaftiert von September 1989 bis zur Hinrichtung am 15. März 1990. Journalist des Observer.[13]
- Bill Barloon, inhaftiert vom 13. März bis 16. Juli 1995[14]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Duncan Gardham and Paul Cruickshank: Abu Ghraib abuse photos 'show rape'. In: The Telegraph. 27. Mai 2009, abgerufen am 26. August 2014.
- ↑ Chris Shumway / Übersetzt von: Andrea Noll: Muster systematischer Vergewaltigungen durch US-Truppen. ZNet, 6. Juni 2004, archiviert vom ; abgerufen am 19. März 2016. , mit dem Originaltext: Chris Shumway: Systematic Pattern of Rape by US Forces. ZNet, 6. Juni 2004, archiviert vom ; abgerufen am 19. März 2016 (englisch).
- ↑ John Sifton: The Bush Administration Homicides. 5. Mai 2009, abgerufen am 30. März 2016 (englisch).
- ↑ Christoph Cadenbach: Spuren der Gewalt. In: Süddeutsche Zeitung. 4. April 2014, Magazin S. 13
- ↑ Hunderte Gefangene von islamistischen Aufständischen befreit
- ↑ Folter-Gefängnis Abu Ghraib wird geschlossen. Deutsche Welle vom 15. April 2014
- ↑ Abu Ghraib wartet auf den Angriff der Isis-Fanatiker. Die Welt vom 30. Juni 2014
- ↑ Barbara Starr: Source: al Qaeda leader urged affiliate to 'do something'. CNN, 5. August 2013, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 22. Oktober 2014; abgerufen am 1. September 2016 (englisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Michael Tucker: My Prisoner, My Brother. In: Vanity Fair. 20. Februar 2007, abgerufen am 1. September 2016 (englisch).
- ↑ Greg Risling: Iraqi alleges Abu Ghraib torture, sues US contractors. The Seattle Times, 7. Mai 2008, archiviert vom ; abgerufen am 11. Februar 2010 (englisch).
- ↑ Hettena Seth: Reports detail Abu Ghraib prison death; was it torture? Associated Press, 17. Februar 2005, abgerufen am 1. September 2016 (englisch).
- ↑ Joshua Eaton: U.S. Military Now Says ISIS Leader Was Held in Notorious Abu Ghraib Prison. In: The Intercept. 25. August 2016, abgerufen am 1. September 2016 (englisch).
- ↑ Leader: Farzad Bazoft. The Observer, 18. März 1990, abgerufen am 1. September 2016 (englisch).
- ↑ 2 U.S. Wives Quitting Iraq. In: The New York Times. 11. Mai 1995, ISSN 0362-4331 (englisch, nytimes.com).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Koordinaten: 33° 17′ 29″ N, 44° 3′ 58″ O