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„Geschichte der Juden in der Spätantike“ – Versionsunterschied

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Die '''Geschichte der Juden in der Spätantike''' umfasst die Periode vom Ende des 1. Jahrhunderts bis zur Eroberung Palästinas durch die [[islamische Expansion]] im 7. Jahrhundert. In diese Epoche fällt die [[Kanon (Bibel)|Kanonisierung]] des [[Tanach]], der hebräischen [[Bibel]], und die Sammlung und Verschriftung der verschiedenen jüdischen Lehrtraditionen in beiden [[Talmud]]im und in zahlreichen [[Response (Judentum)|Responsen]]. Diese von den [[Rabbi (Gelehrter)|Rabbinern]] geführte „klassische“ Epoche der jüdischen Geschichte war von der Zerstreuung der Juden im [[Perserreich]] und im [[Römisches Reich|Römischen Reich]], vom Aufstieg des [[Christentum]]s zur Staatsreligion dieses Reiches (391) und anderen Faktoren bestimmt.
{{Lückenhaft|Europäische Geschichte fehlt.}}
Die über dreitausendjährige '''Geschichte des Jüdischen Volkes''' lässt sich in zwei Perioden unterteilen:


== Diaspora ==
# die Periode von den Anfängen bis zur zweiten Zerstörung des [[Israelitische Tempel|jüdischen Tempels]] in [[Jerusalem]] 70 n. Chr. und
Seit dem [[Babylonisches Exil|babylonischen Exil]] gab es große jüdische Gemeinden in vielen Metropolen des Orients und im gesamten [[Mittelmeerraum]]: vor allem in Babylon, [[Antiochia am Orontes]], [[Alexandria]] und [[Rom]]. Sie bestanden aus den durch die Exilierungen und Aufstände vertriebenen und verschleppten Juden zusammen mit [[Proselytismus|Proselyten]] und [[Konversion (Religion)|Konvertierten]]. Sie bildeten die [[jüdische Diaspora]] ohne Heimatland, erkannten aber bis 70 den [[Jerusalemer Tempel]] als religiöses Zentrum an.
# die darauffolgende Periode bis heute, die in vielen Ländern [[Asien|Asiens]], [[Afrika|Afrikas]] und [[Europa|Europas]] vom [[Rabbiner|rabbinischen]] Judentum geprägt wurde, das aus der antiken jüdischen Strömung der [[Pharisäer]], nach dem Krieg Israels gegen Rom entstand.


Babylon wurde seit den letzten jüdischen Aufständen wieder Zuflucht vieler verfolgter Juden. Dort vertrat ein [[Exilarch]] die autonome jüdische Kolonie gegenüber den Herrschern der [[Parther]] und dem nachfolgenden neupersischen [[Sassanidenreich]], den Erzfeinden Roms im Osten. Die Juden waren dabei bisweilen Verfolgungen ausgesetzt: Teils aus religiösen Gründen (besonders in der Frühzeit des Sassanidenreichs, als [[Zoroastrismus|zoroastrische]] Priester Einfluss auf den [[Großkönig]] ausüben konnten), später aber vor allem aus politischen Gründen, da es teilweise zu Übergriffen von Juden auf zoroastrische Priester kam oder sie in den Thronkämpfen auf der unterliegenden Seite standen.<ref>Vgl. [[Josef Wiesehöfer]]: ''Das antike Persien.'' aktual. Auflage, Düsseldorf 2005, S. 287&nbsp;ff.</ref> Dennoch hielten die Juden während der [[Römisch-Persische Kriege|römisch-persischen Kriege]] weiter zu den Persern; die jüdischen Gemeinden in Persien (vor allem in Mesopotamien) blühten denn auch auf, in [[Sura (Babylonien)|Sura]] und [[Pumbedita]] entstand schließlich der babylonische Talmud. Die [[Judentum im Iran#Geschichte|Juden in Persien]] beteiligten sich aber auch teils an christenfeindlichen Maßnahmen der Großkönige, die aus der Entwicklung des Christentums im Römischen Reich resultierten, wo das Christentum seit dem 4. Jahrhundert gefördert wurde und schließlich zur Staatsreligion erhoben wurde (siehe unten).
==Von den Anfängen bis zur Landnahme==
Die historisch einigermaßen nachweisbare Zeit beginnt erst mit der Epoche der sogenannten ''Richter'', etwa 1250 v. Chr. Dieser Epoche ging eine Zeit des Nomadentums vor allem in Mesopotamien, in den Wüsten rund um Palästina und unter fremden Völkern voraus. Eine wesentliche Quelle für das Geschichtsverständnis der Juden ist die biblische Schilderung in der Tora, die als kontinuierliche Geschichtsschreibung vom Tage der Schöpfung an verstanden sein will. Sie genügt nur eingeschränkt den wissenschaftlichen Anforderungen der modernen Geschichtsforschung. Es gibt aber kaum noch Zweifel, dass die Bibel sehr viel archaisches Material wiedergibt, das zum großen Teil aus der Vergangenheit der Völker Mesopotamiens und der übrigen Nachbarschaft und Kanaans selbst stammt aus einer Zeit weit vor den Richtern. Diese sehr alten Geschichten lebten unter den Hebräern als Mythen fort und bildeten die Grundlage der ältesten Schichten der Heiligen Schrift. Zumindest jedoch haben die biblischen Berichte als Nationalepos eine historische und religiöse Bedeutung für das jüdische Volk.


Im römischen Reich hob Kaiser [[Antoninus Pius]] im 2. Jahrhundert n. Chr. die meisten Religionsverbote seines Vorgängers Hadrian gegen die Juden wieder auf und erlaubte [[Brit Mila|Beschneidung]], [[Schabbat]]ruhe, [[Synagoge|Lehrhäuser]] ({{heS|בית תפילה|bet tefillah|de=Haus des Gebets}}) und Ordination von Schriftgelehrten. Kaiser [[Caracalla]] gewährte den [[Römisches Bürgerrecht
===Die Erzväter (Patriarchen)===
|Bürgern]] der [[Römische Provinz|Provinzen]] 212 das römische Bürgerrecht; damit durften auch Juden Verwaltungsposten bekleiden, mussten aber auch am Militärdienst teilnehmen.
Der erste Erzvater Abraham stammt aus [[Ur (Stadt)|Ur]], am östlichen Ende des [[Fruchtbarer Halbmond|Fruchtbaren Halbmondes]]. Er bekam von Gott den Befehl: ''"Geh weg von deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Haus, in ein Land das ich dir zeigen will"'' (Gen 12). Darauf hin zog er auf dem Weg über die nördlichen Städte des Fruchtbaren Halbmondes nach Kanaan, einer Gegend an der Ostküste des Mittelmeeres zwischen dem Libanongebirge und der [[Negev]]wüste.


In der [[Spätantike]] begann ihre Degradierung durch [[Konstantin der Große|Konstantin I.]] und unter dem Einfluss der nun privilegierten christlichen Kirche. Zwar blieb das Judentum erlaubt (''religio licita''), wurde aber von Wohlwollen und Gesetzgebung christlicher Herrscher abhängig. Von diesem Zeitpunkt an wurde die Verantwortung für die Kreuzigung Jesu allein den Juden und nicht mehr den Römern zugeschrieben.<ref>{{Literatur |Autor=André Marc Haarscher, Malou Schneider |Titel=Une brève histoire des Juifs d’Alsace |Hrsg=Musée alsacien |Sammelwerk=Mémoires du judaïsme en Alsace |Verlag=Les collections du Musée alsacien |Ort=Strasbourg |Datum=2013 |ISBN=978-2-351-25106-5 |Seiten=29}}</ref> [[Theodosius II.]] erließ 417 und 423 Mischehen- und Missionsverbote und andere Beschränkungen. [[Justinian I.]] verfolgte Ketzer, Samaritaner (die sich 529 erhoben hatten, siehe [[Julian ben Sabar]]) und Juden, verbot die [[Matze]]n zum Pessach, hebräische Bibellesungen und den Mischnaunterricht. Sein [[Corpus iuris civilis]] wurde für das folgende Kirchen- und Staatsrecht des [[Mittelalter]]s maßgebend.
Abrahams Enkel [[Jakob]] geriet dem Bericht der Genesis zufolge am östlichen Ufer des Flusses Jabbok in einen Ringkampf mit einem Engel (Gen 32). Er erhielt darauf hin von Gott den Namen "Israel" (hebräisch ''Jisrael'' = Kämpfer mit o. für Gott). Er hatte zwölf Söhne, die zu den Stammvätern der zwölf Stämme Israels (Israeliten) wurden: [[Ruben]], [[Simeon]], [[Levi (Patriarch)|Levi]], [[Juda (Stamm)|Juda]], [[Isaschar]], [[Sebulon]], [[Benjamin]], [[Dan (Patriarch)|Dan]], [[Naphtali]], [[Gad]], [[Asser]] und [[Joseph]].


Dennoch variierte die Politik der Kaiser: Konstantin I. etwa bestätigte die Rechte der jüdischen Gemeinden und erlaubte nun auch die Wahl von Juden in die Gemeinderäte. Gleichzeitig wurde Juden untersagt, zum Christentum konvertierte Juden anzugreifen. In der Konstantinsvita des [[Eusebius von Caesarea]] sind Texte enthalten, die dem Kaiser eine scharfe anti-jüdische Sichtweise unterstellen, doch ist nicht immer klar, inwiefern diese Schriften nachträglich „bearbeitet“ wurden.<ref>Vgl. Karl Leo Noethlichs: ''Die Stellung der Juden in der konstantinischen Gesellschaft.'' in: [[Alexander Demandt]]/[[Josef Engemann]] (Hrsg.), ''Konstantin der Große'', Mainz 2007, S. 228&nbsp;ff.</ref> [[Theodosius I.]], der das Christentum zur Staatsreligion erhob, verbot einerseits nachdrücklich die Heirat zwischen Christen und Juden, versuchte aber andererseits bei der christlichen Brandstiftung der Synagoge von [[ar-Raqqa|Callinicum]] erfolglos die betroffenen Juden zu schützen, wovon er durch [[Ambrosius von Mailand]] abgehalten wurde.<ref>Vgl. [[Hartmut Leppin]]: ''Theodosius der Große.'' Darmstadt 2003, S. 121&nbsp;f. und 139&nbsp;ff.</ref> Faktisch ohne Folgen blieb der Versuch des letzten heidnischen Kaisers [[Julian (Kaiser)|Julian]], das Judentum zu stärken und so das Christentum zu schwächen.<ref>Vgl. [[Klaus Rosen]]: ''Julian. Kaiser, Gott und Christenhasser.'' Stuttgart 2006, S. 316&nbsp;ff., 328&nbsp;ff.</ref>
Bei der Zählung der zwölf Stämme wird nicht immer einheitlich verfahren. So werden die zwölf Söhne Israel im 1. Buch Mose (Gen 49) nach den Söhnen Jakobs benannt. Bei der Volkszählung des Volkes Israel nach dem Exodus (Num 1) werden statt dessen nur zehn Söhne Jakobs gezählt und der Stamm Josef in die Stämme Efraim und Manasse aufgeteilt. Diese hatte Jakob als Söhne angenommen (Gen 49). Der Stamm Levi ist zum Priesterdienst und Levitendienst ausgesondert und leistet deshalb keinen Wehrdienst und bekommt kein Stammesgebiet.


Im Laufe des 5. Jahrhunderts verschlechterte sich die Lage für die Juden im Imperium Romanum, wenngleich immer noch Schutzgesetze für sie erlassen wurden.<ref>Zusammenfassend Noethlichs: ''Die Juden im christlichen Imperium Romanum.''</ref> Für den Westen liegen nach der Zeit [[Valentinian III.|Valentinians III.]] kaum noch zuverlässige Quellen vor, anders als für den weitgehend griechischsprachigen Osten des Imperiums.
Joseph, der Lieblingssohn Jakobs, wurde aus Neid von seinen Brüdern an ägyptische Sklavenhändler verkauft. Durch seine Talente gelangte er in eine einflussreiche Position am Pharaonen-Hof und konnte seine Angehörigen nachholen.


In der Regierungszeit [[Justinian I.|Justinians I.]] wurden etwa die gesetzlichen Bestimmungen verschärft. Ebenso kam es aber auch zu jüdischen Reaktionen, wie der Aufstandsbewegung der [[Samaritaner]]. Dennoch blühten auch in dieser Zeit durchaus mehrere jüdische Gemeinden.<ref>Vgl. de Lange: ''Jews in the Age of Justinian.'' zusammenfassend S. 420&nbsp;f.</ref>
===Die Israeliten in Ägypten===
Hier in Ägypten wuchsen nach dem Bericht der Bibel die Israeliten zu einem Volk heran. Über den dortigen Aufenthalt im Lande Goschen (östliches Nil-Delta) und den anschließenden Exodus gibt es keine außerbiblischen Quellen. Jedoch spiegeln die biblischen Berichte historische Erscheinungen des zweiten Jahrtausends v.Chr. deutlich wider. Die Einwanderung erfolgte zusammen mit anderen kanaanäischen Gruppen, die bereits Ende des dritten Jahrtausends einsetzte und wirtschaftlich motiviert war. Einige der Einwanderer erlangten hohe Stellungen; die Einwanderer insgesamt fügten sich aller Wahrscheinlichkeit relativ nahtlos in die ägyptische Gesellschaft ein (siehe die spätere jüdische Militärkolonie Elephantine).


Im 7. Jahrhundert schließlich halfen Juden den Persern bei der [[Eroberung von Jerusalem (614)|Eroberung Jerusalems 614]] und führten Pogrome gegen Christen durch (zum historischen Kontext siehe [[Römisch-Persische Kriege]]).<ref>Vgl. Elliot Horowitz: ''{{Webarchiv | url=http://www.iupress.indiana.edu/journals/jss/jss4-2.html | wayback=20080117155717 | text=The Vengeance of the Jews Was Stronger Than Their Avarice: Modern Historians and the Persian Conquest of Jerusalem in 614}}'', erschienen in: ''Jewish Social Studies Volume 4, Number 2''.</ref> Die Reaktion folgte nach dem Sieg Ostroms: Kaiser [[Herakleios]] ordnete teilweise Zwangstaufen an; nicht unerwähnt bleiben sollen ähnliche, fast zeitgleiche Maßnahmen im [[Merowinger]]reich.<ref>Walter E. Kaegi: ''Heraclius.'' Cambridge 2003, S. 216&nbsp;ff.</ref>
Ein indirekter historischer Beleg für den Aufenthalt der Israeliten in Ägypten könnte die Erwähnung von Volksgruppen Namens ''habiru'' in ägyptischen Urkunden aus dem 15. bis 12. Jahrhundert sein. Einige Forscher setzen diese ''habiru'' mit den ''hibri'', den [[Hebräer]]n gleich. Der Begriff stand aber vermutlich weniger für ein Volk als eher für einen sozialen Status (etwa ''die Fremden'' oder ''die Anderen'') und muss nicht unbedingt die Israeliten gemeint haben.


Dennoch sollte nicht verkannt werden, dass das Leben von Juden und Christen im christlichen Imperium Romanum nicht nur von einem permanenten Gegeneinander bestimmt war. Wohl wurde es aber erschwert durch den teils äußerst gehässigen und scharfen Ton, der in vielen christlichen Schriften durchblickt: Juden wurden als [[Gottesmord|Gottesmörder]] diffamiert, wodurch ein nachhaltiges Feindbild geschaffen wurde, wenngleich freilich auch teils in heidnischen Texten ein gewisser Anti-Semitismus gepflegt wurde.<ref>Vgl. Z. Yavetz: ''Judenfeindschaft in der Antike.'' München 1997.</ref> Andererseits beharrten die Juden auf ihrer kulturellen Identität (und griffen dabei auch bisweilen zur Gewalt),<ref>Vgl. etwa Elliot Horowitz: ''Reckless Rites: Purim and the Legacy of Jewish Violence.'' Princeton 2006, S. 228&nbsp;ff.</ref> die sie auch schließlich bewahren konnten.
Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich bei dem in der Bibel beschriebenen Pharao um [[Ramses II.]]. In seine Amtszeit fielen umfangreiche Bauvorhaben, zu denen die ''habiru'', ebenso wie das gewöhnliche Volk, zwangsweise zur Saisonarbeit herangezogen wurden. Wegen seiner außenpolitischen Orientierung nach Asien verlegte Ramses seine Residenzen in das östliche Nil-Delta, also in die Nähe des biblischen Goschen.


Im 6. Jahrhundert erließ der burgundische König [[Gundobad|Gundobal]] das ''[[Burgunderrecht|Liber Constitutionum]]'', welches das Rechtsverhältnis von Burgundern und Römern und auch zu Juden ordnete.<ref>{{Literatur |Autor=Micha Meier |Titel=Geschichte der Völkerwanderung |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2021 |ISBN=978-3-406-73959-0 |Seiten=633}}</ref>
===Exodus und Offenbarung am Berg Sinai===
Schenkt man dem Bericht in Exodus 2 Glauben, so muss der Auszug der Israeliten aus Ägypten unter [[Merenptah]], dem Nachfolger Ramses II., stattgefunden haben. Auf seiner Siegesstele von ca. 1220, dessen fünftem Amtsjahr, rühmt sich Merneptha, die Israeliten besiegt zu haben. Dies ist zugleich die erste außerbiblische Erwähnung des Namens ''Israel.'' Das kriegerische Zusammentreffen fand auf kanaanäischem Boden statt. Die Israeliten indessen waren dem biblischen Bericht zufolge zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus Ägypten ausgewandert. Die Bezeichnung Israel kann hier nicht die noch ausziehende Exodusgruppe, sondern muss anderweitige Bewohner Kanaans meinen. Der Begriff Israel ist hier also kritisch zu sehen. Einige Historiker legen nahe, dass der Exodus nicht geschlossen, sondern in mehreren Schüben geschah.


== Konsolidierung nach dem Tempelverlust ==
Dass der Exodus in zeitgenössischen Quellen keinen Niederschlag gefunden hat, kann bedeuten, dass der biblische Bericht bezüglich der Größe der Exodusgruppe eine volkstümliche Übertreibung darstellt. Der Auszug aus Ägypten hatte möglicherweise kaum dieselbe 'weltpolitische' Bedeutung, wie er sie für ein kleines Volk hatte, das der Sklaverei entflohen war.
Die Einigung, Neuordnung und Festigung des Judentums nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahre 70 ist weitgehend ein Werk des [[Pharisäer]]s [[Jochanan ben Sakkai]]. Er soll nach talmudischen Traditionen als jüngster Schüler [[Hillel]]s um 40 die Leitung der Tannaiten – der gemäßigten Richtung unter den Pharisäern – gewonnen haben. Nach Legenden ließ er sich im [[Jüdischer Krieg|Jüdischen Krieg]] in einem Sarg aus dem belagerten Jerusalem schmuggeln, um der Todesstrafe der [[Zelot]]en zu entgehen und sich den Römern zu stellen.


Er erhielt von ihnen die Erlaubnis, ein Lehrhaus ''(beth midrasch)'' in [[Javne (Stadt)|Javne]] – nahe dem heutigen [[Tel Aviv-Jaffa]] – zu gründen. Dieses baute er zu einem Zentrum des palästinischen Judentums aus, das nach dem Machtverlust der [[Sadduzäer]] Aufgaben des [[Sanhedrin]] übernahm. Damit wahrte er die Kontinuität der gesamtisraelitischen religiösen Rechtsprechung. Mit Hilfe der kultkritischen [[Prophetie]] des [[Amos]] und [[Hosea]] versuchte er seine Glaubensgenossen davon zu überzeugen, dass das Ende des Tempelkults nicht das Ende des Judentums bedeutete.
Ein derartig großer Fluchtversuch scheint kaum möglich - zumal dann, wenn der Pharao davon Kenntnis nahm und ihn militärisch zu verhindern suchte. Das Land Kanaan selbst war ägyptisch besetzt, und auf der Route dorthin lagen gleich mehrere ägyptische Befestigungen samt ganzer Garnison - eine Flucht aus Ägypten endete wieder in Ägypten.


Er vereinfachte die [[Halacha]] (die geltenden Religionsvorschriften nach der mündlichen Gebotsauslegung der [[Tora]]), um sie unter den veränderten Bedingungen erfüllbar zu machen, und führte neue Riten anstelle der nicht mehr praktizierbaren Wallfahrtsfeste ein. Die früher durch Opfer im Zentralheiligtum erwirkte Versöhnung mit Gott wurde durch die Heiligung des Alltagslebens abgelöst. Indem alle Gemeindeglieder etwa das [[Netilat Jadajim|rituelle Händewaschen]] vor dem Essen übernahmen, konnten Gottesdienste nun auch ohne Mitwirkung der Priester stattfinden. Ihre Zugangsvoraussetzungen verschärfte Sakkai, so dass sie ihre herrschende Stellung für den jüdischen Gottesdienst einbüßten; andererseits durften sie nun nicht mehr nur im Tempel, sondern auch in den [[Synagoge]]n dienen. Dabei blieb ihre Aufgabe auf das Sprechen des [[Aaronitischer Segen|Aaronitischen Segens]] begrenzt. Damit erreichte Sakkai die Führung der gemäßigten Pharisäer über die sonstigen Strömungen des Judentums.
Die Marschroute, welche die Israeliten nach Kanaan nahmen, lässt sich trotz der biblischen Wegbeschreibung nicht genau rekonstruieren. Die genauen Lagen des Jam-suf (Schilfmeer) und des Berges Sinai sind ebenfalls nicht geklärt.


Unter seinem Nachfolger [[Gamaliel II.]], ebenfalls ein Schüler Hillels, wurden die Lehrer von Javne zugleich als „Fürsten“ (hebr. ''[[Nasi (Titel)|nasi]]'') Vertreter des jüdischen Volkes gegenüber den Römern.<ref>Monika Grübel: Judentum, DuMont, Köln 1997, S. 42</ref> Eine wesentliche Leistung Gamaliels war die Festlegung der jüdischen Gebetsliturgie. Die Aufnahme des „Ketzerfluchs“ in das tägliche [[Achtzehnbittengebet]] – ''Den Verleumdern sei keine Hoffnung, und alle Böswilligen mögen in einem Moment zugrunde gehen!'' – richtete sich unter anderem gegen das Christentum, das sich im römischen Reich als Staatsreligion zu etablieren begann. Diese Maßnahme war als Notwehr gegen das von inneren Zerreißproben und äußerer Verfolgung bedrohte Judentum gedacht: Um als Juden zu überleben, wurde eine strenge Ausgrenzung aller Andersgläubigen für notwendig erachtet. Zugleich blieben die Pharisäer jener Zeit offen für die [[Völkermission]].


Gamaliel war seinen Anhängern jedoch zu gemäßigt; er wurde durch einen Nachfahren [[Esra (Person)|Esras]], den jungen [[Eleasar ben Asarja]], zeitweise verdrängt. Dieser führte priesterliche Traditionen wieder ein und stärkte damit restaurative Tendenzen und erneute Hoffnungen der Juden auf nationale Befreiung von der Fremdherrschaft. In diese Zeit fallen Lehrauseinandersetzungen zwischen den Schulen von [[Hillel]] und [[Schammai]], die später in der Mischna gesammelt wurden.
== [www.wyattmuseum.com] ==
Der Ron Wyatt hat da Handfeste Beweise die Logisch erscheinen.Daraufhin müssen einige Karten die sich in die Bibel integriert haben wie z.B. der Berg Sinai geändert b.z.w. korregiert werden.


== Entstehung der jüdischen Heiligen Schriften ==
=== Mischna ===
Um 100 hatten die nun führenden [[Pharisäer]] bereits den Tanach kanonisiert und alle wesentlich davon abweichenden Richtungen aus dem Judentum ausgeschlossen: vor allem [[Hellenismus]], [[Gnosis]] und [[Christentum]]. Zudem hatten ihre verschiedenen Lehrhäuser seit etwa 100 v. Chr. begonnen, die mündlichen Auslegungen der Tora ([[Halacha]]) zu sammeln und schriftlich zu fixieren.


Von diesen verschiedenen Kodifizierungen setzte sich bis etwa 300 n. Chr. die [[Mischna]] der Tannaiten durch und wurde zur zweiten normativen Heiligen Schrift neben der Tora. Dadurch erreichten die Rabbiner Zusammenhalt und einheitliche Religionsausübung der noch bestehenden Judengemeinden in Palästina und in der [[Diaspora]], aber auch die flexible situationsgerechte Auslegung der Tora. Historiker sehen darin eine entscheidende Bedingung für das Überleben des Judentums in feindlicher Umwelt seit dem Tempel- und Staatsverlust.
Nach dem biblischen Bericht war es [[Mose]], der die Israeliten aus Ägypten führte. Er gilt noch heute im Judentum als der bedeutendste [[Prophet]]. Daher auch die Bezeichnung "Mosaischer Glauben" für das Judentum. Am Berg Sinai offenbarte sich den Juden der Gott [[Jahwe]], der sich ihnen als der Gott ihrer Erzväter vorstellte. Hier erhielten die Juden durch Mose die [[Tora]] (Weisung) und schlossen einen Bund mit Gott, dieses Gesetz zu halten. Der Bund umfasst eine vollentwickelte soziale und moralische Botschaft, die in den [[Zehn Gebote]]n (Dekalog) zusammengefasst ist.


=== Talmud ===
Der Glaube an ''den einzigen'' Gott ([[Monotheismus]]) stellt eine Neuerung in der Religionsgeschichte dar. Er unterscheidet sich vom monolatrischen Glauben der Patriarchen, der die Existenz anderer Götter nicht negierte. Allerdings belegt sowohl die Archäologie als auch die Bibel selbst den Fortbestand monolatrischer Verhältnisse in Israel bis weit in die nach-exilische Zeit.
Die [[Amoräer]] hatten die mündliche Kommentierung der Tora und deren Sammlung fortgesetzt. Aus ihrer Tätigkeit entstanden gleichzeitig in Galiläa und Babylon der palästinische und babylonische [[Talmud]]. In ihm wurden bis 500 die Mischna mit der [[Gemara]] vereint. Zudem kamen weitere [[Midrasch]]im (freie Torapredigten) zur Tora und zu den [[Liste jüdischer Feste|jüdischen Jahresfesten]] ([[Megillot]]) hinzu.


In Babylon vertrat der seit dem 2. Jahrhundert nachgewiesene [[Exilarch]] die autonomen Diasporagemeinden seit 628 (Ausrottung und Vertreibung der Juden aus [[Medina]] durch [[Mohammed]]) auch gegenüber dem [[islam]]ischen [[Kalifat]]. Hinzu kamen die Schulhäupter der Lehrhäuser, die ''[[Gaon]]en'': Diese schufen vor allem eine umfangreiche [[Response (Judentum)|Responsenliteratur]] über Fragen der Toraauslegung und alltäglichen Religionsausübung. Auch diese wurde bis etwa 1050 kodifiziert (''Halachot gedolot'').
===Landnahme und Ansiedlung===
[[bild:Judäa.JPG|thumb|Judäa]]
Das Buch [[Exodus]] erzählt, dass die Israeliten, nachdem sie sich in Ägypten angesiedelt hatten, dort in die Sklaverei gerieten. [[Mose]] führt sie in die Freiheit. Der historische Nachweis dieser Schilderung ist nach heutiger Forschungslage nicht zu führen und äußerst fragwürdig. Nach dem biblischen Bericht erhielten sie auf diesem Weg die [[Tora]] durch Mose und schlossen mit Gott einen Bund, dieses Gesetz zu halten. Die Israeliten kehrten dem Bericht zufolge in das Land [[Kanaan]] zurück, das sie unter der Führung [[Josua]]s erobern mussten. Man bezeichnet diese Epoche auch als [[Landnahme]].


=== Karäer und Masoreten ===
Die Ansiedlung israelitischer Volksstämme im Gebiet des heutigen [[Israel|Staates Israel]] und den umgebenden Regionen ist ab ca. 1250 v. Chr. nachweisbar.
Die [[Karäer]] vertraten seit 750 die Alleingeltung der Tora gegen das am Talmud orientierte Judentum. Daraufhin begannen die Rabbiner erneut das Hebräische zu studieren und die jüdischen Lehren zu systematisieren. [[Saadia Gaon]] (882–942), der Gaon von Sura, schrieb dazu die erste jüdische Religionsphilosophie: ''Glaubenslehren und Erkenntnisgründe''.


Um den Text des Tanach vor Fehldeutungen und Willkür zu schützen, fixierten die [[Masoreten]] nach dem [[Konsonantenschrift|Konsonantentext]] bis etwa 1050 auch die Vokalisierung des Tanach im [[Masoretischer Text|masoretischen Text]]. Zudem vertiefte sich mit spekulativer Literatur über Gott und die Engel die Hinwendung zur jüdischen Mystik. Das von Stammvater Abraham hergeleitete apokryphe [[Sefer Jetzira]], ein erster Entwurf einer Buchstabenmystik, diente als Grundlage der [[Kabbala]].
===Die Richterzeit===
Die Israeliten lebten etwa 200 Jahre in loser Stammesorganisation - in einer 12er [[Stammesamphiktionie]] - jeweils um ihr Stammesheiligtum herum - zusammen, und wurden in Kriegsfällen von kurzweilig auftretenden Volkshelden, den sogenannten großen [[Buch der Richer|Richtern]], angeführt. Das Wort Richter hatte dabei die tiefere Bedeutung "die zum Recht verhelfen". Ob diese Volkshelden auch Richter im Sinne von Juristen waren, ist umstritten. Unter ihrer Führung wurde das Land gegen angreifende Völker verteidigt. Einen ständigen Heerbann kannte das vorstaatliche Israel noch nicht - im Kriegsfall war man auf die Unterstützung der Mehrheit der in Sippen und Stämmen organisierten Männer angewiesen, die sich freiwillig zur Erreichung beschränkter militärischer Ziele miliz-ähnlich zusammenschlossen, nach dem Krieg aber sofort wieder nach Hause zurückkehrten.


== Islam und Judentum ==
==Vom vereinten Königreich bis 70 n. Chr.==
Der ''[[Islam]]'' wurde im frühen 7. Jahrhundert durch [[Mohammed]] auf der [[arabische Halbinsel|arabischen Halbinsel]] gegründet. Schon Jahrhunderte zuvor waren zahlreiche jüdische Gemeinden über Arabien verstreut, so dass schon zu dieser Zeit verschiedene Ausformungen des Judentums der sesshaften Bevölkerung und auch den [[Beduinen|beduinischen]] Stämmen bekannt waren. Besonders verbreitet war das Judentum in [[Südarabien]], wo jüdische Gruppen und [[Proselytismus|Proselyten]] häufig anzutreffen waren. [[Altsüdarabische Schrift|Altsüdarabische]] Inschriften, die zum Teil erst in den 1950er Jahren entdeckt wurden, bezeugen die Berichte von vor-islamischen christlichen Schriftstellern über jüdische missionarische Aktivitäten und [[Christenverfolgung]]en, besonders in [[Nadschran]] unter [[Yusuf Asʾar Yathʾar|Yusuf Dhu Nuwas]], den (konvertierten) jüdischen König von [[Himyar]]. Der Gottesname [[Rahman]] („Barmherziger“), ohne zusätzliches Attribut, taucht in diesen Inschriften mehrmals auf und deutet auf jüdische Herkunft hin.


In den Jahren, die Mohammed in Yathrib, dem späteren [[Medina]], verbrachte, kam er mit den jüdischen Stämmen, die in den Oasen dieser Gegend lebten, auf zahlreiche positive und negative Weisen in Kontakt, was zweifellos die von ihm verkündete strikte Form des [[Monotheismus]] und die Ablehnung des christlichen Glaubensgrundsatzes von Jesus als [[Sohn Gottes]] gefördert hat. In der Oasensiedlung gab es Streit zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Gruppen, der Prophet wurde als Schlichter angerufen und er erließ die [[Gemeindeordnung von Medina]], ein Vorläufer der [[umma]]. Auch die Juden waren Teil dieser neuen Gemeinde.<ref>{{Literatur |Autor=Mischa Meier |Titel=Geschichte der Völkerwanderung |Verlag=C. H. Beck |Ort=München |Datum=2021 |ISBN=978-3-406-73959-0 |Seiten=1056f}}</ref> Obwohl ein großer Teil des [[Koran]]s auf [[Biblische Erzählung|biblischen Erzählungen]] beruht und die rechtlich bindende Form des Islam sich auf Vorschriften stützt, die in der [[Bibel]] und im [[Talmud]] festgelegt wurden, kann der genuin arabische Charakter des Koran nicht genug betont werden, da der Islam durch Mohammed begründet und verbreitet wurde. Viele [[Islamische Eschatologie|eschatologische]] Überlieferungen und Vorstellungen über den [[Jüngster Tag (Islam)|Jüngsten Tag]] wurden zwar von christlichen [[Mönchtum|Mönchen]] übertragen, beruhen aber ebenfalls auf der gemeinsamen jüdisch-christlichen Überlieferung. In einem [[Hadith]] soll Mohammeds Frau [[Aischa bint Abi Bakr|Aischa]] die Überlieferung von der [[Bestrafung im Grab]] von zwei alten Frauen in Medina gehört haben. Nachdem [[Jerusalem]] als der Ort des [[Jüngstes Gericht|Jüngsten Gerichts]] akzeptiert wurde, wurden diesen Glaubensvorstellungen weitere jüdische Elemente hinzugefügt.
===Das Königreich Davids und Salomos===
Um 1000 v.Chr. mussten die Israelitischen Stämme sich laut dem biblischen Bericht auf Grund des stärker werdenden militärischen Druckes durch die [[Philister (Volk)|Philister]] zu einem Königreich zusammenschließen. Die Bibel gibt mit ziemlicher Sicherheit die Jerusalemer Tradition wieder wonach der erste König [[Saul]] war. Seine Nachfolger [[David]] und dessen Sohn [[Salomo]] begründeten ein unabhängiges Königreich mit [[Jerusalem]] als Hauptstadt. Historisch gesehen dürfte die tatsächliche Bildung von nennenswerten Königreichen in Israel und [[Juda (Reich)|Juda]], die über die Größe eines Stadtstaates samt Umland hinausgehen, sehr viel später anzusetzen sein. Gerade das karge und bevölkerungsarme Juda scheint erst besonders spät, ggf. erst ab dem 8. Jahrhundert v. Chr., einen funktionierenden zentralistisch gelenkten Staatsapparat erhalten zu haben. Das Nordreich Israel hingegen war in seinen weiten Ebenen weitaus fruchtbarer und bevölkerungsreicher und stieg alsbald zu einer lokalen Größe auf, die Neid und Interessen der benachbarten Großreiche auf sich zog. Ein einheitliches Nordsüdreich, zudem auch Jerusalem unter Führung der Daviden gehörte, hat es also vermutlich nicht gegeben.


Viele Erzählungen aus den [[Qisas al-anbiyāʾ]], den „Prophetenlegenden“, gehen zurück auf [[Kaʿb al-Ahbār]], einen Islamkonvertiten jüdischer Herkunft, der den Kalifen [[ʿUmar ibn al-Chattāb|Omar]] auf seiner Reise nach Jerusalem begleitete, oder auch auf [[Wahb ibn Munabbih]], ebenfalls einen Konvertiten oder Sohn eines jüdischen Konvertiten. Die Hadith-Literatur, einschließlich der Legenden, zeigt eine erstaunliche Kenntnis von [[Halacha]] und [[Aggada]], wie sie in Talmud und [[Midrasch]]im niedergelegt sind. Wie im Judentum gab es zunächst auch im Islam Widerstand gegen die Niederschrift der Aussagen und Lehrsprüche, die durch die Überlieferungskette [[Isnād]] übermittelt wurden. Der Kalif Omar missbilligte die schriftliche Fixierung der [[Sunna]] mit den Worten: ''Wollt ihr eine (schriftliche) „mathnat“ wie die „mathnat“ ([[Aramäische Sprachen|aram.]] für [[Mischna]]) der Juden?''
===Die Zeit der zwei Reiche ===
Die Tradition berichtet nun von einer Spaltung nach Salomo in die beiden Kleinstaaten Israel und Juda. Was vermutlich auch bedeutet, daß es eine Einheit nicht gegeben hatte. Das Nordreich war in der Folge ein wirtschaftlich und politisch erstarkender Pufferstaat, der in der Zeit politischer Schwäche Ägyptens und Mesopotamiens gedeihen konnte. Erst das Erstarken der Assyrischen Großmacht beendete diesen Zustand.


Nicht in allen Fällen kann eine klare Abhängigkeit der islamischen Lehren und Methoden vom Judentum postuliert werden. Die fundamentale Ähnlichkeit von Judentum und Islam, die beide auf religiösen Gesetzen beruhen, die sich in Prinzipien, Methoden und der jeweiligen Rechtsauffassung niedergeschlagen haben, führte in späteren Jahrhunderten zu parallelen Entwicklungen. Die [[Gaon|Geonim]], die Leiter der zwei berühmten talmudischen Akademien von [[Sura (Babylonien)|Sura]] und [[Pumbedita]], erhielten unzählige Fragen über das Verhalten in rechtlichen und sozialen Angelegenheiten; Zehntausende ihrer [[Response (Judentum)|Responsen]] sind erhalten geblieben. Dieselbe Praxis herrschte bei den muslimischen [[Mufti]]s, einer Kategorie von Juristen, bei denen jeder Muslim eine [[Fatwa]], ein rechtliches Urteil basierend auf dem religiösen Gesetz, erbitten konnte. Sowohl Fatwa als auch Responsen besaßen rechtlich bindende Kraft. Es ist schwierig zu entscheiden, ob die Entwicklung dieser Rechtsliteratur in beiden Religionen unabhängig oder infolge gegenseitiger Beeinflussung erfolgte.
===Zerstörung des Nordreiches Israel===
Das Nordreich Israel wurde zwischen 722 und 721 v. Chr. von Assyrien erobert und in einen Vasallenstaat verwandelt. Ein Teil der Einwohner wurde zwangsumgesiedelt und durch deportierte Bewohner anderer Teile des assyrischen Großreichs ersetzt. Jerusalem und Juda waren noch zu unbedeutend, um das Interesse Assyriens zu wecken.


Die islamische Kultur, die das Erbe der [[Antikes Griechenland|alten Griechen]] und des [[Hellenismus]] aufgenommen hatte, beeinflusste einige Aspekte der jüdischen Gedankenwelt und Wissenschaft nachhaltig. Nachdem die griechische und jüdische Kultur jahrhundertelang getrennt voneinander existiert hatten, kehrten die Werke der [[Philosophie der Antike|antiken Philosophen]] und Naturwissenschaftler in den Gesichtskreis jüdischer Denker und Gelehrten durch [[Graeco-Arabica|arabische Übersetzungen]] (zum Teil aus früheren Übersetzungen in [[Syrische Sprache|syrischer Sprache]]) zurück. Auf diese Weise lernten [[Saadia Gaon]], [[Solomon ibn Gabirol]] und [[Maimonides]] die Werke von [[Aristoteles]], [[Platon]] und des [[Neuplatonismus]] kennen.<ref>[[Encyclopedia Judaica]], Bd. 9, S. 102–105.</ref>
===Untergang des Südreiches Juda===
Nach der Zerschlagung des Nordreichs durch die Assyrer konnte der Staat um Jerusalem, das Südreich Juda, das von den Assyrern verschont geblieben war, erstarken. Die Könige bemühten sich in der Folge um eine Ausdehnug der Macht Judas auf die Nordgebiete und Städte des Nordens. Unter [[Joschija]] kam es zu einer Tempelreform, in deren Verlauf vermutlich die Biblischen Bücher in einer vorläufigen Revision zusammengeführt wurden. Die verschiedenen Schriften wurden zusammengefasst und vereinheitlicht, ein Prozess, der im babylonischen Exil fortgeführt und abgeschlossen wurde. Der Monotheismus und Herrschaftsanspruch [[JHWH]]'s wurden mit großer Energie durchgesetzt. Es wurde der Versuch unternommen, unter dem [[Tanach]] das gesamte Volk, auch die nichtjüdischen Stämme, die zum Teil unter den Assyrern eingewandert und deportiert worden waren, in Palästina zu einen. Beendet wurde diese Periode durch den Angriff des [[Neubabylonisches Reich|Neubabylonischen Reiches]] unter [[Nebukadnezar II.]]. Unter König [[Jojakim]], dem letzten König des Südreiches, wurde auch Juda zum Vasallenstaat der Babylonier. Jojakim versuchte aber die Unabhängigkeit zu erlangen, indem er eine Niederlage Nebukadnezars ausnutzte. Schließlich eroberte Nebukadnezar [[586 v. Chr.]] Jerusalem und verschleppte das jüdische Volk - zumindest die Oberschicht - in die [[babylonische Gefangenschaft|babylonische Gefangenschaft]].


== Siehe auch ==
===Babylonisches Exil und Rückkehr===
* [[Geschichte der Juden]]
Im babylonischen Exil konnten die Juden ihre nationale und religiöse Identität bewahren.
Die in und um Babylon angesiedelten Juden [[Assimilation (Soziologie)|assimilierten]] sich dann recht schnell in die babylonische Gesellschaft. So wurde die babylonische Gefangenschaft ironischerweise zu einer der fruchtbarsten Zeiten der jüdischen Theologie. Erst in dieser Zeit entwickelte sich wahrscheinlich der rigorose Monotheismus. Mit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem durch Nebukadnezar endete die Fixierung der Juden auf den Tempel als alleinigen Ort des Gebets, und es entstanden die ersten [[Synagoge]]n.


== Quellen ==
Als [[Kyros II.]] im Jahr [[539 v. Chr.]] [[Babylon]] erobert hatte, erlaubte er den Juden, nach Judäa zurückzukehren, und gab ihnen eine relative Selbständigkeit.
* [[Julius Höxter]]: ''Quellentexte zur jüdischen Geschichte und Literatur''. Marix Verlag, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-86539-198-8.

===Unter hellenistischer Herrschaft===
Die Zeit von [[Alexander der Große|Alexander des Großen]] bis zur Römerherrschaft prägte den gesamten Mittelmeerraum [[Hellenismus|hellenistisch]]. Dies war die Blütezeit des [[Hellenistisches Judentum|Hellenistischen Judentums]], das jüdische Traditionen und griechisches Denken miteinander in Einklang zu bringen versuchte. Ein wichtiges Zentrum dieser Bewegung bildete Alexandria, hier lebte und wirkte [[Philo]], hier fand auch die [[Septuaginta|griechische Bibelübersetzung]] statt.

So spielt die Eroberung Jerusalems und die Gefangennahme der Juden eine wichtige Rolle sowohl in der babylonischen als auch in der jüdischen Geschichte!

===Der hasmonäische Staat===
Der Versuch von [[Antiochos IV. ]] ''Epiphanes'', den zweiten jüdischen Tempel durch die Aufstellung einer Statue des [[Zeus]] Olympios zu entweihen, führte zum Aufstand der [[Makkabäer]]. Die Aufständischen setzten ein unabhängiges jüdischen Königreich durch, das von [[165 v. Chr.]] bis [[63 v. Chr.]] währte. Durch das expandierende [[Römisches Reich|römische Reich]] und den Feldherrn [[Gnaeus Pompeius Magnus]] fand es sein Ende.

=== Unter römischer Herrschaft ===
Ein im Jahr [[66|66 n. Chr.]] begonnener Aufstand gegen das römische Reich scheiterte im Jahr [[70]], und endete mit dem Fall Jerusalems und der Zerstörung des [[Herodianischer Tempel|Herodianischen Tempels]] ([[Flavius Josephus]]: [[Jüdischer Krieg]]).
Juden konnten weiter in ihrem Land leben, bis der Aufstand unter [[Simon Bar Kochba]] und der folgende Gegenschlag viele Juden um Leben oder Freiheit brachte.

Schon zu dieser Zeit lebten Juden im gesamten [[Mittelmeer]]raum (insbesondere in [[Alexandria]] und [[Kleinasien]]), sowohl [[Emigrant]]en als auch [[Konversion (Religion)|Konvertierte]]. Zusammen mit den durch die Aufstände vertriebenen und verschleppten Juden bildeten diese Juden die [[Diaspora]] ohne Heimatland oder religiöses Zentrum.

==Von 70 n. Chr. bis zum Ende der Antike==

=== Die talmudische Periode ===

Die talmudische Periode der jüdischen Geschichte beginnt mit der Zerstörung des Zweiten Tempels zu Jerusalem (70. nach Chr.) und der Errichtung des Lehrhauses zu Jabne durch Rabbi Jochanan ben Zakkaj.
In ihre Zeit fallen religionsgeschichtlich die Abfassung der Mischna, des Talmud Jerushalmi, des Talmud Bavli, der Tosefta, der Midrashim und der Hekhalot-Literatur.
Wichtige geschichtliche Ereignisse sind:
*115 bis 117 n. Chr. Aufstände der Juden in verschiedenen Diaspora-Gemeinden.
*132 bis 135 n. Chr. der Aufstand des [[bar Kochba |Simon bar Kochba]].

Im Zuge der Expansion des Islam, der den [[Monotheismus|monotheistischen]] Juden gegenüber relativ tolerant war, gelangten Juden bis in den [[Mittlerer Osten|Mittleren Osten]] (heute Pakistan/Indien), nach Nordafrika und nach Südwesteuropa.

==Das Mittelalter==

===Juden in Westeuropa===
Viele Juden wanderten nach den [[Jüdische Befreiungskämpfe|jüdischen Aufständen]] durchs gesamte Römische Reich und ließen sich besonders an dessen Grenzen, so z.B. in vielen rheinischen Städten wie Worms, nieder. Im heutigen Niedersachsen wurden im [[13. Jahrhundert]] die ersten Juden erwähnt. Im Mittelalter bildeten die christliche Kirche und der Staat eine Einheit. Die Christen betrachteten Juden als Angehörige einer fremden, veralteten Religion. Sie begegneten dieser religiösen Minderheit mit Misstrauen und Feindschaft. Wo Krieg, Krankheit, Hunger auftraten, gaben die Menschen den Juden die Schuld. Massenmorde an Juden, Verbrennungen und Folterungen erhielten den kirchlichen Segen, wodurch die Täter von ihrem schlechten Gewissen befreit wurden. Über Jahrhunderte durften Juden, die stark zusammenhielten, nur in bestimmten Wohnbezirken ([[Ghetto]]s) leben. Sie waren in den [[Zünften]] der christlichen Handwerker nicht zugelassen, konnten keine öffentlichen Ämter bekleiden und keinen Grundbesitz erwerben. Daher waren sie immer stärker in Handel und Geldgeschäften tätig. Da Christen kein Geld gegen Zinsen verleihen durften, übernahmen dies die Juden und kamen so in den schlechten Ruf Wucherer zu sein und zu hohe Zinsen zu nehmen; besonders wurde dies von Schuldnern, die ihren Kredit nicht zurückzahlen konnten, aufgebracht. Für die christliche Kirche waren alle Juden "Gottesmörder und Brunnenvergifter".
Die mittelalterlichen Kreuzzüge bildeten den ersten traurigen Höhepunkt der religiös begründeten Judenfeindschaft. Kreuzritter plünderten auf dem Weg ins [[Heiliges Land|Heilige Land]] jüdische Stadtviertel und Dörfer, vor allem im Rheinland. Viele Juden flüchten in andere Regionen Deutschlands, eine große Zahl bis weit nach Osteuropa und nahmen ihre Sprache, das [[Jiddisch]]e mit. Daher hatten und haben viele osteuropäische Juden deutschklingende Namen.

''Siehe auch:'' [[Wormser Privileg (Juden)|Wormser Privileg]], [[Kammerknechtschaft]]

Auch die [[Spanische Inquisition]] ermordete tausende Juden, was eine verstärkte Ansiedlung im Osten Europas zur Folge hatte.

===Juden in Osteuropa===

Vermutlich sind Juden seit Ende des [[7. Jahrhundert]] von [[Konstantinopel]] kommend in der heutigen Ukraine ansässig. Bis in das [[10. Jahrhundert]] können jüdisch-[[Chasaren|chasarische]] Siedlungen zurück verfolgt werden. In der Zeit zwischen 786-809 n.Chr. trat die gesamte Oberschicht der Chasaren zum Judentum über. Die [[Chasaren]] werden daher gelegentlich auch "der 13. Stamm Israels" genannt.

Die Zahl der Bekehrten belief sich angeblich auf etwa 4.000 Menschen, die jüdische Lehre durchdrang also auch das gesamte Volk. Im Laufe der Zeit mischten sich Juden und turksprachigen Chasaren. In den Jahrzehnten nach Einfall der Russen um [[944]] und durch innere Zwistigkeiten zerbrach das Chazaren-Reich schließlich. In der Zeit der Kiewer Rus ([[980]]-[[1015]]) erlebten die Juden eine weitere Blütezeit.

==== Polen ====
''Hauptartikel:'' [[Geschichte der Juden in Polen]]

Während des 12. und 13. Jahrhundert mit seinen zahllosen regionalen Verfolgungen und des 14. Jahrhundert mit deren vorläufigen Höhepunkt zur Zeit der großen Pest, kam es zu einer ständigen Zuwanderung von Juden nach Polen. Sie siedelten zunächst in den dem Deutschen Reich nahegelegenen Städten und Provinzen.
Unter Mecheslav III. und weiteren Prinzen hielten Juden die Münze von Groß- und Kleinpolen. 1264 erhielten die Juden durch den damaligen Herrscher Großpolens Boleslav V, der Fromme weitreichenden Schutz und Privilegien. Das sogenannte Statut von [[Kalisz|Kalisch]], das sich eng an die Privilegien die Ottokar II. den mährener Juden gewährte anlehnt, sah unter anderem vor, dass ein Rechtsstreit zwischen einem Juden und einem Christen vor dem Prinzen selbst oder dessen Vertreter in der Provinz, dem Wojwoden geführt werden. Rechtsstreite zwischen Juden wurden unter die Jurisdiktion eines "jüdischen Richters" gestellt. Auch sollte nach §32 der Statuten, "Ritualmord"-Anklagen von sechs "Zeugen" untersucht werden, von denen drei Christen und drei Juden sein sollten. Dank dieser und anderer für die Juden Polens positiven Gesetzgebung konnten sich die jüdischen Gemeinden relativ sicher entwickeln. Diese Sicherheit war zum Nutzen beider Seiten. Auch wenn schon bald Versuche unternommen wurde diese Freiheiten einzuschränken (Synoden von Breslau 1267 und Ofen 1279), so war es diese Sicherheit die beiden Seiten nutzte. Denn es waren jüdische Händler die wichtige Handelslinien nach Westen und Osten eröffneten oder ausbauten und somit nicht unwesentlich zur Orientierung Polens nach Westen beitrugen.
König Kazimierz Wielki (der Große) bestätigte nicht nur die Privilegien während seiner Regierungszeit, sondern er erweiterte oder präzisierte sie in einigen Punkten und dehnte ihre Rechtsgültigkeit auch auf das Gebiet Kleinpolens aus.
Jagiello, Großfürst Litauens heiratete im Jahre 1386 die Kronerbin Jadwiga. Nach seiner Taufe wird er zum König gewählt. Sein gesamtes bis zu diesem Zeitpunkt heidnisches Fürstentum wird zwangschristianisiert. Kein gutes Zeichen für alle die anderen Glaubens waren. Doch Witold, der Vetter des Königs, der zunächst den Widerstand gegen Jagiello und dessen Politik der Christianisierung leitete, gewährte den jüdischen Gemeinden von Troki, Brest-Litowsk und Grodno weitreichende Privilegien, die letztendlich einer Gleichstellung mit der sonstigen Bevölkerung gleichkamen.

Im Jahre 1399 kommt es in Posen zur ersten bekannten Beschuldigung wegen [[Hostienfrevel]]s. Der Rabbi der Gemeinde, sowie dreizehn Gemeindeälteste und die Frau, die ihnen angeblich geweihte Hostien besorgt hatte, werden öffentlich verbrannt. Die jüdische Gemeinde zu Posen wird zur jährlichen Zahlung einer Geldstrafe an die Dominikaner verurteilt.
1407 kommt es in Krakau zur ersten bekannten Ritualmordklage. Von der Kanzel der St. Barbara-Kirche verkündet der Priester Budek der Gemeinde, die Juden hätten ein christliches Kind in der Nacht ermordet und sein Blut für rituelle Zwecke verwendet. Der Mob stürmte die jüdischen Häuser und steckte sie in Brand. Viele jüdischen Mitbürger wurden ermordet oder suchten Zuflucht in der Taufe. Alle Kinder der Ermordeten wurden zwangsgetauft.

==Die Neuzeit==

===Aufklärung===

===Emanzipation in Europa und deren Scheitern===
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit?
Die französische Revolution 1789

===Juden in Osteuropa===

''Siehe hierzu:'' [[Geschichte der Juden in Polen]]

===Juden in Deutschland vor dem Nationalsozialismus===

Seit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] im Jahr 1789 erhielten die Juden in Europa nach und nach die Bürgerrechte und wurden zunehmend rechtlich gleichgestellt. Sie waren jetzt mehr oder minder anerkannte Mitbürger, die eben nur einer anderen Religion angehörten. In Deutschland fühlten sie sich als deutsche Bürger jüdischen Glaubens. Viele Juden traten sogar zum Christentum über. Ihr Bekenntnis zu Deutschland zeigten sie mit ihrer Teilnahme an den Befreiungskriegen 1813 bis 1815, am Deutsch- Französischen Krieg 1870/71 und am ersten Weltkrieg. Im Laufe des 19. Jahrhunderts passten sich die Juden nahezu vollständig an ihre christliche Umwelt an und galten fast als gleichberechtigte Mitbürger. Sie waren Mitglieder bei Feuerwehren oder Schützenvereinen oder stellten Bürgermeister. Teilweise akzeptierten die Christen auch die religiösen Sitten der Juden. Sie nahmen z.B. an Einweihungen von Synagogen teil oder verlegten - wie die Stadt Oberkirchen 1854 - den Markttag, wenn er auf einen jüdischen Feiertag fiel. Die Juden blieben in der Minderheit, sie stellten weniger als zwei Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung. Doch die Zahl der jüdischen Ärzte, Rechtsgelehrten, Maler, Dichter, Musiker und Regisseure war überproportional hoch. Der Komponist [[Felix Mendelssohn Bartholdy]], die Arbeiterführer [[Karl Marx]] und [[Rosa Luxemburg]], der Arzt und Psychiater [[Sigmund Freud]], der Physiker [[Albert Einstein]] sind nur einige von vielen jüdischen Persönlichkeiten, die das deutschsprachige Geistes- und Kulturleben über die Landesgrenzen hinaus belebten. Unter 40 deutschen Nobelpreisträgern bis 1933 waren 11 Juden. Im [[1. Weltkrieg]] kämpften jüdische Offiziere und Soldaten mit und es wurden einige mit hohen Orden ausgezeichnet.

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===Juden in den Vereinigten Staaten===

===Vom Aufkommen des moderenen [[Antisemitismus]] bis zur [[Schoa]]===

===Der Zionismus und die Gründung des Staates Israel===

===Nahostkonflikt===
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==Siehe auch==
*[[Portal:Religion]], [[Portal:Bibel]]
*[[Antisemitismus]], [[Aschkenasim]], [[Pogrom]]e, [[Sephardim]], [[Semiten]], [[Sadduzäer]], [[Judenzählung]], [[Jüdische Befreiungskämpfe]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Klaus Bringmann]]: ''Geschichte der Juden im Altertum. Vom babylonischen Exil bis zur arabischen Eroberung''. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-94138-X.
* Eli Bar-Chen, Anthony Kauders (Hrsg.): ''Jüdische Geschichte. Alte Herausforderungen, neue Ansätze''. Herbert Utz Verlag, München 2003, ISBN 3-8316-0291-3
* [[Alexander Demandt]]: ''Geschichte der Spätantike. Das Römische Reich von Diocletian bis Justinian 284–565 n. Chr.'' Beck, München 1998, ISBN 3-406-44107-6, S. 400&nbsp;ff.
*[[Klaus Bringmann]]: ''Die Geschichte der Juden im Altertum'', Stuttgart 2005.
* [[Ignaz Goldziher]]: ''Muhammedanische Studien.'' Zwei Bände, Halle 1889–1890.
* Arno Herzig: ''Jüdische Geschichte in Deutschland - Von den Anfängen bis zur Gegenwart''. Beck 2002, ISBN 3-406-39296-2
* Richard L. Kalmin: ''Jewish Babylonia between Persia and Roman Palestine.'' Oxford University Press, Oxford 2006.
* Nicholas de Lange: ''Jews in the Age of Justinian.'' In: Michael Maas (Hrsg.): ''The Cambridge Companion to the Age of Justinian.'' Oxford University Press, Cambridge 2005, S. 401–426.
* [[Karl Leo Noethlichs]]: ''Die Juden im christlichen Imperium Romanum (4.–6. Jahrhundert).'' Akademie Verlag, Berlin 2001 (Studienbücher Geschichte und Kultur der Alten Welt), ISBN 3-05-003431-9.
* Aharon Oppenheimer: ''Jüdische Geschichte in hellenistisch-römischer Zeit. Wege der Forschung: Vom alten zum neuen Schürer'' (= ''Schriften des [[Historisches Kolleg|Historischen Kollegs]]. Kolloquien.'' Band 44). München 1999, ISBN 978-3-486-56414-3 ([https://www.historischeskolleg.de/fileadmin/pdf/kolloquien_pdf/Kolloquien44.pdf Digitalisat]).
* Shmuel Safrai: ''Das Zeitalter der Mischna und des Talmuds (70-640).'' In: [[Haim Hillel Ben-Sasson]] (Hrsg.): ''Geschichte des jüdischen Volkes. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Band 1: Von den Anfängen bis zum 7. Jahrhundert.'' Beck, München 1978, ISBN 3-406-07221-6.
* [[Peter Schäfer (Judaist)|Peter Schäfer]]: ''Geschichte der Juden in der Antike. Die Juden Palästinas von Alexander dem Großen bis zur arabischen Eroberung.'' 2., durchgesehene Auflage, Mohr Siebeck, Tübingen 2010, ISBN 978-3-8252-3366-2 (= UTB 3366).
* [[Haim Hillel Ben-Sasson]] (Hrsg.): ''Geschichte des jüdischen Volkes – von den Anfängen bis zur Gegenwart.'' (autorisierte Übersetzung von Siegfried Schmitz). 5.&nbsp;erweiterte Auflage. Beck, München 2007, ISBN 3-406-55918-2.


==Weblinks==
== Anmerkungen ==
<references />
*[http://www.chotzen.de/ Jüdisches Leben in Deutschland 1914-2005, Website der Bundeszentrale für politische Bildung und des Deutschen Historischen Museums (dt.&engl.)]
[[www.wyattmuseum.com]]
[[en:Jewish history]]
[[he:היסטוריה של עם ישראל]]
[[nl:Joodse geschiedenis]]


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[[Kategorie:Religion (Spätantike)]]

Aktuelle Version vom 11. Juli 2025, 17:27 Uhr

Die Geschichte der Juden in der Spätantike umfasst die Periode vom Ende des 1. Jahrhunderts bis zur Eroberung Palästinas durch die islamische Expansion im 7. Jahrhundert. In diese Epoche fällt die Kanonisierung des Tanach, der hebräischen Bibel, und die Sammlung und Verschriftung der verschiedenen jüdischen Lehrtraditionen in beiden Talmudim und in zahlreichen Responsen. Diese von den Rabbinern geführte „klassische“ Epoche der jüdischen Geschichte war von der Zerstreuung der Juden im Perserreich und im Römischen Reich, vom Aufstieg des Christentums zur Staatsreligion dieses Reiches (391) und anderen Faktoren bestimmt.

Seit dem babylonischen Exil gab es große jüdische Gemeinden in vielen Metropolen des Orients und im gesamten Mittelmeerraum: vor allem in Babylon, Antiochia am Orontes, Alexandria und Rom. Sie bestanden aus den durch die Exilierungen und Aufstände vertriebenen und verschleppten Juden zusammen mit Proselyten und Konvertierten. Sie bildeten die jüdische Diaspora ohne Heimatland, erkannten aber bis 70 den Jerusalemer Tempel als religiöses Zentrum an.

Babylon wurde seit den letzten jüdischen Aufständen wieder Zuflucht vieler verfolgter Juden. Dort vertrat ein Exilarch die autonome jüdische Kolonie gegenüber den Herrschern der Parther und dem nachfolgenden neupersischen Sassanidenreich, den Erzfeinden Roms im Osten. Die Juden waren dabei bisweilen Verfolgungen ausgesetzt: Teils aus religiösen Gründen (besonders in der Frühzeit des Sassanidenreichs, als zoroastrische Priester Einfluss auf den Großkönig ausüben konnten), später aber vor allem aus politischen Gründen, da es teilweise zu Übergriffen von Juden auf zoroastrische Priester kam oder sie in den Thronkämpfen auf der unterliegenden Seite standen.[1] Dennoch hielten die Juden während der römisch-persischen Kriege weiter zu den Persern; die jüdischen Gemeinden in Persien (vor allem in Mesopotamien) blühten denn auch auf, in Sura und Pumbedita entstand schließlich der babylonische Talmud. Die Juden in Persien beteiligten sich aber auch teils an christenfeindlichen Maßnahmen der Großkönige, die aus der Entwicklung des Christentums im Römischen Reich resultierten, wo das Christentum seit dem 4. Jahrhundert gefördert wurde und schließlich zur Staatsreligion erhoben wurde (siehe unten).

Im römischen Reich hob Kaiser Antoninus Pius im 2. Jahrhundert n. Chr. die meisten Religionsverbote seines Vorgängers Hadrian gegen die Juden wieder auf und erlaubte Beschneidung, Schabbatruhe, Lehrhäuser (hebräisch בית תפילה bet tefillah, deutsch ‚Haus des Gebets‘) und Ordination von Schriftgelehrten. Kaiser Caracalla gewährte den [[Römisches Bürgerrecht |Bürgern]] der Provinzen 212 das römische Bürgerrecht; damit durften auch Juden Verwaltungsposten bekleiden, mussten aber auch am Militärdienst teilnehmen.

In der Spätantike begann ihre Degradierung durch Konstantin I. und unter dem Einfluss der nun privilegierten christlichen Kirche. Zwar blieb das Judentum erlaubt (religio licita), wurde aber von Wohlwollen und Gesetzgebung christlicher Herrscher abhängig. Von diesem Zeitpunkt an wurde die Verantwortung für die Kreuzigung Jesu allein den Juden und nicht mehr den Römern zugeschrieben.[2] Theodosius II. erließ 417 und 423 Mischehen- und Missionsverbote und andere Beschränkungen. Justinian I. verfolgte Ketzer, Samaritaner (die sich 529 erhoben hatten, siehe Julian ben Sabar) und Juden, verbot die Matzen zum Pessach, hebräische Bibellesungen und den Mischnaunterricht. Sein Corpus iuris civilis wurde für das folgende Kirchen- und Staatsrecht des Mittelalters maßgebend.

Dennoch variierte die Politik der Kaiser: Konstantin I. etwa bestätigte die Rechte der jüdischen Gemeinden und erlaubte nun auch die Wahl von Juden in die Gemeinderäte. Gleichzeitig wurde Juden untersagt, zum Christentum konvertierte Juden anzugreifen. In der Konstantinsvita des Eusebius von Caesarea sind Texte enthalten, die dem Kaiser eine scharfe anti-jüdische Sichtweise unterstellen, doch ist nicht immer klar, inwiefern diese Schriften nachträglich „bearbeitet“ wurden.[3] Theodosius I., der das Christentum zur Staatsreligion erhob, verbot einerseits nachdrücklich die Heirat zwischen Christen und Juden, versuchte aber andererseits bei der christlichen Brandstiftung der Synagoge von Callinicum erfolglos die betroffenen Juden zu schützen, wovon er durch Ambrosius von Mailand abgehalten wurde.[4] Faktisch ohne Folgen blieb der Versuch des letzten heidnischen Kaisers Julian, das Judentum zu stärken und so das Christentum zu schwächen.[5]

Im Laufe des 5. Jahrhunderts verschlechterte sich die Lage für die Juden im Imperium Romanum, wenngleich immer noch Schutzgesetze für sie erlassen wurden.[6] Für den Westen liegen nach der Zeit Valentinians III. kaum noch zuverlässige Quellen vor, anders als für den weitgehend griechischsprachigen Osten des Imperiums.

In der Regierungszeit Justinians I. wurden etwa die gesetzlichen Bestimmungen verschärft. Ebenso kam es aber auch zu jüdischen Reaktionen, wie der Aufstandsbewegung der Samaritaner. Dennoch blühten auch in dieser Zeit durchaus mehrere jüdische Gemeinden.[7]

Im 7. Jahrhundert schließlich halfen Juden den Persern bei der Eroberung Jerusalems 614 und führten Pogrome gegen Christen durch (zum historischen Kontext siehe Römisch-Persische Kriege).[8] Die Reaktion folgte nach dem Sieg Ostroms: Kaiser Herakleios ordnete teilweise Zwangstaufen an; nicht unerwähnt bleiben sollen ähnliche, fast zeitgleiche Maßnahmen im Merowingerreich.[9]

Dennoch sollte nicht verkannt werden, dass das Leben von Juden und Christen im christlichen Imperium Romanum nicht nur von einem permanenten Gegeneinander bestimmt war. Wohl wurde es aber erschwert durch den teils äußerst gehässigen und scharfen Ton, der in vielen christlichen Schriften durchblickt: Juden wurden als Gottesmörder diffamiert, wodurch ein nachhaltiges Feindbild geschaffen wurde, wenngleich freilich auch teils in heidnischen Texten ein gewisser Anti-Semitismus gepflegt wurde.[10] Andererseits beharrten die Juden auf ihrer kulturellen Identität (und griffen dabei auch bisweilen zur Gewalt),[11] die sie auch schließlich bewahren konnten.

Im 6. Jahrhundert erließ der burgundische König Gundobal das Liber Constitutionum, welches das Rechtsverhältnis von Burgundern und Römern und auch zu Juden ordnete.[12]

Konsolidierung nach dem Tempelverlust

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Die Einigung, Neuordnung und Festigung des Judentums nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahre 70 ist weitgehend ein Werk des Pharisäers Jochanan ben Sakkai. Er soll nach talmudischen Traditionen als jüngster Schüler Hillels um 40 die Leitung der Tannaiten – der gemäßigten Richtung unter den Pharisäern – gewonnen haben. Nach Legenden ließ er sich im Jüdischen Krieg in einem Sarg aus dem belagerten Jerusalem schmuggeln, um der Todesstrafe der Zeloten zu entgehen und sich den Römern zu stellen.

Er erhielt von ihnen die Erlaubnis, ein Lehrhaus (beth midrasch) in Javne – nahe dem heutigen Tel Aviv-Jaffa – zu gründen. Dieses baute er zu einem Zentrum des palästinischen Judentums aus, das nach dem Machtverlust der Sadduzäer Aufgaben des Sanhedrin übernahm. Damit wahrte er die Kontinuität der gesamtisraelitischen religiösen Rechtsprechung. Mit Hilfe der kultkritischen Prophetie des Amos und Hosea versuchte er seine Glaubensgenossen davon zu überzeugen, dass das Ende des Tempelkults nicht das Ende des Judentums bedeutete.

Er vereinfachte die Halacha (die geltenden Religionsvorschriften nach der mündlichen Gebotsauslegung der Tora), um sie unter den veränderten Bedingungen erfüllbar zu machen, und führte neue Riten anstelle der nicht mehr praktizierbaren Wallfahrtsfeste ein. Die früher durch Opfer im Zentralheiligtum erwirkte Versöhnung mit Gott wurde durch die Heiligung des Alltagslebens abgelöst. Indem alle Gemeindeglieder etwa das rituelle Händewaschen vor dem Essen übernahmen, konnten Gottesdienste nun auch ohne Mitwirkung der Priester stattfinden. Ihre Zugangsvoraussetzungen verschärfte Sakkai, so dass sie ihre herrschende Stellung für den jüdischen Gottesdienst einbüßten; andererseits durften sie nun nicht mehr nur im Tempel, sondern auch in den Synagogen dienen. Dabei blieb ihre Aufgabe auf das Sprechen des Aaronitischen Segens begrenzt. Damit erreichte Sakkai die Führung der gemäßigten Pharisäer über die sonstigen Strömungen des Judentums.

Unter seinem Nachfolger Gamaliel II., ebenfalls ein Schüler Hillels, wurden die Lehrer von Javne zugleich als „Fürsten“ (hebr. nasi) Vertreter des jüdischen Volkes gegenüber den Römern.[13] Eine wesentliche Leistung Gamaliels war die Festlegung der jüdischen Gebetsliturgie. Die Aufnahme des „Ketzerfluchs“ in das tägliche AchtzehnbittengebetDen Verleumdern sei keine Hoffnung, und alle Böswilligen mögen in einem Moment zugrunde gehen! – richtete sich unter anderem gegen das Christentum, das sich im römischen Reich als Staatsreligion zu etablieren begann. Diese Maßnahme war als Notwehr gegen das von inneren Zerreißproben und äußerer Verfolgung bedrohte Judentum gedacht: Um als Juden zu überleben, wurde eine strenge Ausgrenzung aller Andersgläubigen für notwendig erachtet. Zugleich blieben die Pharisäer jener Zeit offen für die Völkermission.

Gamaliel war seinen Anhängern jedoch zu gemäßigt; er wurde durch einen Nachfahren Esras, den jungen Eleasar ben Asarja, zeitweise verdrängt. Dieser führte priesterliche Traditionen wieder ein und stärkte damit restaurative Tendenzen und erneute Hoffnungen der Juden auf nationale Befreiung von der Fremdherrschaft. In diese Zeit fallen Lehrauseinandersetzungen zwischen den Schulen von Hillel und Schammai, die später in der Mischna gesammelt wurden.

Entstehung der jüdischen Heiligen Schriften

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Um 100 hatten die nun führenden Pharisäer bereits den Tanach kanonisiert und alle wesentlich davon abweichenden Richtungen aus dem Judentum ausgeschlossen: vor allem Hellenismus, Gnosis und Christentum. Zudem hatten ihre verschiedenen Lehrhäuser seit etwa 100 v. Chr. begonnen, die mündlichen Auslegungen der Tora (Halacha) zu sammeln und schriftlich zu fixieren.

Von diesen verschiedenen Kodifizierungen setzte sich bis etwa 300 n. Chr. die Mischna der Tannaiten durch und wurde zur zweiten normativen Heiligen Schrift neben der Tora. Dadurch erreichten die Rabbiner Zusammenhalt und einheitliche Religionsausübung der noch bestehenden Judengemeinden in Palästina und in der Diaspora, aber auch die flexible situationsgerechte Auslegung der Tora. Historiker sehen darin eine entscheidende Bedingung für das Überleben des Judentums in feindlicher Umwelt seit dem Tempel- und Staatsverlust.

Die Amoräer hatten die mündliche Kommentierung der Tora und deren Sammlung fortgesetzt. Aus ihrer Tätigkeit entstanden gleichzeitig in Galiläa und Babylon der palästinische und babylonische Talmud. In ihm wurden bis 500 die Mischna mit der Gemara vereint. Zudem kamen weitere Midraschim (freie Torapredigten) zur Tora und zu den jüdischen Jahresfesten (Megillot) hinzu.

In Babylon vertrat der seit dem 2. Jahrhundert nachgewiesene Exilarch die autonomen Diasporagemeinden seit 628 (Ausrottung und Vertreibung der Juden aus Medina durch Mohammed) auch gegenüber dem islamischen Kalifat. Hinzu kamen die Schulhäupter der Lehrhäuser, die Gaonen: Diese schufen vor allem eine umfangreiche Responsenliteratur über Fragen der Toraauslegung und alltäglichen Religionsausübung. Auch diese wurde bis etwa 1050 kodifiziert (Halachot gedolot).

Karäer und Masoreten

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Die Karäer vertraten seit 750 die Alleingeltung der Tora gegen das am Talmud orientierte Judentum. Daraufhin begannen die Rabbiner erneut das Hebräische zu studieren und die jüdischen Lehren zu systematisieren. Saadia Gaon (882–942), der Gaon von Sura, schrieb dazu die erste jüdische Religionsphilosophie: Glaubenslehren und Erkenntnisgründe.

Um den Text des Tanach vor Fehldeutungen und Willkür zu schützen, fixierten die Masoreten nach dem Konsonantentext bis etwa 1050 auch die Vokalisierung des Tanach im masoretischen Text. Zudem vertiefte sich mit spekulativer Literatur über Gott und die Engel die Hinwendung zur jüdischen Mystik. Das von Stammvater Abraham hergeleitete apokryphe Sefer Jetzira, ein erster Entwurf einer Buchstabenmystik, diente als Grundlage der Kabbala.

Islam und Judentum

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Der Islam wurde im frühen 7. Jahrhundert durch Mohammed auf der arabischen Halbinsel gegründet. Schon Jahrhunderte zuvor waren zahlreiche jüdische Gemeinden über Arabien verstreut, so dass schon zu dieser Zeit verschiedene Ausformungen des Judentums der sesshaften Bevölkerung und auch den beduinischen Stämmen bekannt waren. Besonders verbreitet war das Judentum in Südarabien, wo jüdische Gruppen und Proselyten häufig anzutreffen waren. Altsüdarabische Inschriften, die zum Teil erst in den 1950er Jahren entdeckt wurden, bezeugen die Berichte von vor-islamischen christlichen Schriftstellern über jüdische missionarische Aktivitäten und Christenverfolgungen, besonders in Nadschran unter Yusuf Dhu Nuwas, den (konvertierten) jüdischen König von Himyar. Der Gottesname Rahman („Barmherziger“), ohne zusätzliches Attribut, taucht in diesen Inschriften mehrmals auf und deutet auf jüdische Herkunft hin.

In den Jahren, die Mohammed in Yathrib, dem späteren Medina, verbrachte, kam er mit den jüdischen Stämmen, die in den Oasen dieser Gegend lebten, auf zahlreiche positive und negative Weisen in Kontakt, was zweifellos die von ihm verkündete strikte Form des Monotheismus und die Ablehnung des christlichen Glaubensgrundsatzes von Jesus als Sohn Gottes gefördert hat. In der Oasensiedlung gab es Streit zwischen jüdischen und nicht-jüdischen Gruppen, der Prophet wurde als Schlichter angerufen und er erließ die Gemeindeordnung von Medina, ein Vorläufer der umma. Auch die Juden waren Teil dieser neuen Gemeinde.[14] Obwohl ein großer Teil des Korans auf biblischen Erzählungen beruht und die rechtlich bindende Form des Islam sich auf Vorschriften stützt, die in der Bibel und im Talmud festgelegt wurden, kann der genuin arabische Charakter des Koran nicht genug betont werden, da der Islam durch Mohammed begründet und verbreitet wurde. Viele eschatologische Überlieferungen und Vorstellungen über den Jüngsten Tag wurden zwar von christlichen Mönchen übertragen, beruhen aber ebenfalls auf der gemeinsamen jüdisch-christlichen Überlieferung. In einem Hadith soll Mohammeds Frau Aischa die Überlieferung von der Bestrafung im Grab von zwei alten Frauen in Medina gehört haben. Nachdem Jerusalem als der Ort des Jüngsten Gerichts akzeptiert wurde, wurden diesen Glaubensvorstellungen weitere jüdische Elemente hinzugefügt.

Viele Erzählungen aus den Qisas al-anbiyāʾ, den „Prophetenlegenden“, gehen zurück auf Kaʿb al-Ahbār, einen Islamkonvertiten jüdischer Herkunft, der den Kalifen Omar auf seiner Reise nach Jerusalem begleitete, oder auch auf Wahb ibn Munabbih, ebenfalls einen Konvertiten oder Sohn eines jüdischen Konvertiten. Die Hadith-Literatur, einschließlich der Legenden, zeigt eine erstaunliche Kenntnis von Halacha und Aggada, wie sie in Talmud und Midraschim niedergelegt sind. Wie im Judentum gab es zunächst auch im Islam Widerstand gegen die Niederschrift der Aussagen und Lehrsprüche, die durch die Überlieferungskette Isnād übermittelt wurden. Der Kalif Omar missbilligte die schriftliche Fixierung der Sunna mit den Worten: Wollt ihr eine (schriftliche) „mathnat“ wie die „mathnat“ (aram. für Mischna) der Juden?

Nicht in allen Fällen kann eine klare Abhängigkeit der islamischen Lehren und Methoden vom Judentum postuliert werden. Die fundamentale Ähnlichkeit von Judentum und Islam, die beide auf religiösen Gesetzen beruhen, die sich in Prinzipien, Methoden und der jeweiligen Rechtsauffassung niedergeschlagen haben, führte in späteren Jahrhunderten zu parallelen Entwicklungen. Die Geonim, die Leiter der zwei berühmten talmudischen Akademien von Sura und Pumbedita, erhielten unzählige Fragen über das Verhalten in rechtlichen und sozialen Angelegenheiten; Zehntausende ihrer Responsen sind erhalten geblieben. Dieselbe Praxis herrschte bei den muslimischen Muftis, einer Kategorie von Juristen, bei denen jeder Muslim eine Fatwa, ein rechtliches Urteil basierend auf dem religiösen Gesetz, erbitten konnte. Sowohl Fatwa als auch Responsen besaßen rechtlich bindende Kraft. Es ist schwierig zu entscheiden, ob die Entwicklung dieser Rechtsliteratur in beiden Religionen unabhängig oder infolge gegenseitiger Beeinflussung erfolgte.

Die islamische Kultur, die das Erbe der alten Griechen und des Hellenismus aufgenommen hatte, beeinflusste einige Aspekte der jüdischen Gedankenwelt und Wissenschaft nachhaltig. Nachdem die griechische und jüdische Kultur jahrhundertelang getrennt voneinander existiert hatten, kehrten die Werke der antiken Philosophen und Naturwissenschaftler in den Gesichtskreis jüdischer Denker und Gelehrten durch arabische Übersetzungen (zum Teil aus früheren Übersetzungen in syrischer Sprache) zurück. Auf diese Weise lernten Saadia Gaon, Solomon ibn Gabirol und Maimonides die Werke von Aristoteles, Platon und des Neuplatonismus kennen.[15]

  • Klaus Bringmann: Geschichte der Juden im Altertum. Vom babylonischen Exil bis zur arabischen Eroberung. Klett-Cotta, Stuttgart 2005, ISBN 3-608-94138-X.
  • Alexander Demandt: Geschichte der Spätantike. Das Römische Reich von Diocletian bis Justinian 284–565 n. Chr. Beck, München 1998, ISBN 3-406-44107-6, S. 400 ff.
  • Ignaz Goldziher: Muhammedanische Studien. Zwei Bände, Halle 1889–1890.
  • Richard L. Kalmin: Jewish Babylonia between Persia and Roman Palestine. Oxford University Press, Oxford 2006.
  • Nicholas de Lange: Jews in the Age of Justinian. In: Michael Maas (Hrsg.): The Cambridge Companion to the Age of Justinian. Oxford University Press, Cambridge 2005, S. 401–426.
  • Karl Leo Noethlichs: Die Juden im christlichen Imperium Romanum (4.–6. Jahrhundert). Akademie Verlag, Berlin 2001 (Studienbücher Geschichte und Kultur der Alten Welt), ISBN 3-05-003431-9.
  • Aharon Oppenheimer: Jüdische Geschichte in hellenistisch-römischer Zeit. Wege der Forschung: Vom alten zum neuen Schürer (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien. Band 44). München 1999, ISBN 978-3-486-56414-3 (Digitalisat).
  • Shmuel Safrai: Das Zeitalter der Mischna und des Talmuds (70-640). In: Haim Hillel Ben-Sasson (Hrsg.): Geschichte des jüdischen Volkes. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Band 1: Von den Anfängen bis zum 7. Jahrhundert. Beck, München 1978, ISBN 3-406-07221-6.
  • Peter Schäfer: Geschichte der Juden in der Antike. Die Juden Palästinas von Alexander dem Großen bis zur arabischen Eroberung. 2., durchgesehene Auflage, Mohr Siebeck, Tübingen 2010, ISBN 978-3-8252-3366-2 (= UTB 3366).
  • Haim Hillel Ben-Sasson (Hrsg.): Geschichte des jüdischen Volkes – von den Anfängen bis zur Gegenwart. (autorisierte Übersetzung von Siegfried Schmitz). 5. erweiterte Auflage. Beck, München 2007, ISBN 3-406-55918-2.
  1. Vgl. Josef Wiesehöfer: Das antike Persien. aktual. Auflage, Düsseldorf 2005, S. 287 ff.
  2. André Marc Haarscher, Malou Schneider: Une brève histoire des Juifs d’Alsace. In: Musée alsacien (Hrsg.): Mémoires du judaïsme en Alsace. Les collections du Musée alsacien, Strasbourg 2013, ISBN 978-2-35125-106-5, S. 29.
  3. Vgl. Karl Leo Noethlichs: Die Stellung der Juden in der konstantinischen Gesellschaft. in: Alexander Demandt/Josef Engemann (Hrsg.), Konstantin der Große, Mainz 2007, S. 228 ff.
  4. Vgl. Hartmut Leppin: Theodosius der Große. Darmstadt 2003, S. 121 f. und 139 ff.
  5. Vgl. Klaus Rosen: Julian. Kaiser, Gott und Christenhasser. Stuttgart 2006, S. 316 ff., 328 ff.
  6. Zusammenfassend Noethlichs: Die Juden im christlichen Imperium Romanum.
  7. Vgl. de Lange: Jews in the Age of Justinian. zusammenfassend S. 420 f.
  8. Vgl. Elliot Horowitz: The Vengeance of the Jews Was Stronger Than Their Avarice: Modern Historians and the Persian Conquest of Jerusalem in 614 (Memento vom 17. Januar 2008 im Internet Archive), erschienen in: Jewish Social Studies Volume 4, Number 2.
  9. Walter E. Kaegi: Heraclius. Cambridge 2003, S. 216 ff.
  10. Vgl. Z. Yavetz: Judenfeindschaft in der Antike. München 1997.
  11. Vgl. etwa Elliot Horowitz: Reckless Rites: Purim and the Legacy of Jewish Violence. Princeton 2006, S. 228 ff.
  12. Micha Meier: Geschichte der Völkerwanderung. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-73959-0, S. 633.
  13. Monika Grübel: Judentum, DuMont, Köln 1997, S. 42
  14. Mischa Meier: Geschichte der Völkerwanderung. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-73959-0, S. 1056 f.
  15. Encyclopedia Judaica, Bd. 9, S. 102–105.