„Bullpup“ – Versionsunterschied
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{{Dieser Artikel|beschreibt die als Bullpup bezeichnete Bauweise von Handfeuerwaffen. Es gab auch eine US-amerikanische Luft-Boden-Rakete mit diesem Namen, nämlich die [[AGM-12 Bullpup]].}} |
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[[Image:Famas fr.jpg|thumb|250px|Die französische FAMAS, eine typische Bullpup-Konstrunktion]] |
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[[Datei:AUG A1 508mm 04.jpg|mini|[[Steyr AUG|Steyr AUG A1]]]] |
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Unter '''Bullpup''' versteht man ein Waffendesign, bei dem sich das Patronenlager und folglich Verschluss und Abzugsmechanik hinter dem Griffstück, also in der Schulterstütze befinden. Der Vorteil dieses Systems ist, dass man die [[Feuerwaffe|Waffe]] kürzer bauen kann, ohne an Lauflänge und damit an Effektivität einzubüßen. Eine kürzere Waffe ist vorteilhaft, wenn sich der Schütze auf engem Raum bewegen muss. Auf der anderen Seite lässt sich eine Waffe üblicher Länge verwirklichen, die über einen deutlich längeren Lauf verfügt. |
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Unter '''Bullpup''' ([{{IPA|ˈbʊlpʌp}}] von {{enS|bulldog-puppy, Bulldoggenwelpe}})<ref>{{Internetquelle |autor=Ian McCollum, Jonathan Ferguson |url=https://www.youtube.com/watch?v=fTWC_EzHMBw |titel=Origin of the Term "Bullpup" |format=Video |sprache=en |abruf=2021-10-12 |kommentar=Der Begriff Bullpup für die Waffenbauart wurde in den 1930er/1940er-Jahren in den USA geprägt (ab 2:15 min).}}</ref> versteht man eine (zunächst ungewöhnliche) Bauweise von Handfeuerwaffen, bei der das [[Patronenlager]] (mindestens teilweise) hinter dem Griffstück mit dem [[Abzug (Waffe)|Abzug]] liegt. Der deutsche Begriff für diese Bauweise lautet '''Hinterschaftlader'''.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.all4shooters.com/de/Shooting/Buechsen/fruehe-hinterschaftlader-modelle/?p=1 |titel=Hinterschaftlader-Modelle des frühen 20. Jahrhunderts |werk=all4shooters.com |abruf=2018-02-28}}</ref> |
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Vor- und Nachteile der Hinterschaftlader gegenüber den Handfeuerwaffen in gewöhnlicher Bauweise |
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Der größte Nachteil des Bullpup-Designs ist das Problem von Rechts- und Linksschützen. Da die [[Patronenhülse]]n meist auf der rechten Seite unmittelbar neben dem Gesicht ausgeworfen werden, kann die Waffe nicht von der linken Schulter (wichtig im Häuserkampf) abgefeuert werden, da der Schütze schwere Verletzungen im Gesicht riskiert. Dieses Problem wird meistens gelöst, indem man Manipulationen am Hülsenauswurffenster und/oder am [[Verschluss-System|Verschluss]] vornimmt und so die Seite bestimmt, auf die die Hülsen ausgeworfen werden. Dieses Verfahren kann jedoch wertvolle Zeit kosten. Viel besser hat der belgische Hersteller [[Fabrique Nationale]] (FN) dieses Problem in seinem [[Sturmgewehr]] [[FN F2000|F2000]] gelöst, welches die leeren Hülsen erst nach vorne schiebt und nahe der Mündung auswirft. Die [[Maschinenpistole]] [[P90]] des gleichen Herstellers wirft ihre Hülsen durch das hohle Griffstück nach unten aus. |
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* Bei gleicher Lauflänge ergibt sich eine kleinere Gesamtlänge. |
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* Der Masseschwerpunkt liegt näher am Schützen. |
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* Die Wahrscheinlichkeit, dass ausgeworfene heiße Patronenhülsen den Schützen treffen, ist größer. |
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* Der aufwendigere Mechanismus macht die Waffe theoretisch weniger zuverlässig und teurer. |
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* Das Einsetzen der Patronen oder der Magazine ist schwieriger. |
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* Die heißen Teile werden schlechter gekühlt. |
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Die kurze Bauweise soll die Führigkeit der Waffe in räumlich engen Verhältnissen – z. B. [[Close Quarters Battle|CQB]] und Transport- und Gefechtsfahrzeugen – verbessern.<ref>Günter Wollert, Reiner Lidschun, [[Wilfried Kopenhagen]]: ''Illustrierte Enzyklopädie der Schützenwaffen aus aller Welt: Schützenwaffen heute (1945–1985)''. 3. Auflage. Band 1. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1993, ISBN 3-89488-059-7, S. 243</ref><ref>[[Chris McNab]]: Schusswaffen: Vom Revolver bis zur Vollautomatik – Modelle aus aller Welt. Parragon Books Ltd Bath, ISBN 978-1-4075-8417-1, S. 161.</ref> |
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== Geschichte == |
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Die erste bekannte, vollwertige Bullpup-Waffe war der britische Thorneycroft-Karabiner aus dem Jahr 1901. Die Waffe hatte deutliche Vorteile bei der Gesamt- und Lauflänge gegenüber dem Konkurrenzgewehr [[Royal Small Arms Factory |Lee-Enfield]], besaß jedoch ein internes (also nicht abnehmbares) Magazin mit der halben Kapazität, was wohl einer der Gründe für die Ablehnung des Thorneycroft war. In den Jahren des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] taucht das Bullpup-Schema in Form der tschechischen [[Panzerbüchse]] MSS-41 auf. Das erste Bullpup-Sturmgewehr wurde 1943 vom Briten Stanley Thorpe entwickelt. Zu weiteren frühen militärischen Bullpups zählt das russische TKB-408 aus dem Jahr 1946, dicht gefolgt von britischen Nachkriegsprototypen [[Enfield EM-1]] und EM-2, beides Gasdrucklader mit experimentellem Kaliber und optischer Zielvorichtung. |
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=== Prototypen === |
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Die erste bekannte, vollwertige Bullpupwaffe war der britische Thorneycroft-[[Karabiner]] aus dem Jahr 1901. Er war kürzer als das Konkurrenzgewehr [[Royal Small Arms Factory|Lee-Enfield]] und besaß ein internes Magazin mit der halben Kapazität. |
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Das erste Bullpup-[[Sturmgewehr]] wurde im Jahr 1943 vom Briten Stanley Thorpe entwickelt. Zu weiteren frühen militärischen Hinterschaftladern zählt das sowjetische [[TKB-408]] aus dem Jahr 1946, gefolgt von den britischen Nachkriegsprototypen [[Enfield EM-1]] und EM-2, beides [[Gasdrucklader]] mit experimentellem Kaliber und optischer Zielvorrichtung. |
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=== Ordonnanzwaffen === |
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Die erste in Serie produzierte und zur [[Ordonnanzwaffe|Ordonnanz]] angenommene Bullpupwaffe der Welt war die tschechisch-deutsche [[Panzerbüchse M.SS41]], die 1941 eingeführt und von der [[Waffen-SS]] während des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieges]] eingesetzt wurde. |
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== Modelle == |
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[[en:Bullpup]] |
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[[fr:Bullpup]] |
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[[ja:ブルパップ方式]] |
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[[ko:불펍]] |
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| Kopfzeile = [[Dragunow-Scharfschützengewehr]] |
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[[pl:Bull-pup]] |
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| Kopfzeile_align = center |
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| center = 1 |
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| Bild1 = 7,62x54 снайперская винтовка СВУ-А 18.jpg |
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| Breite1 = 250 |
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| Untertitel1 = Bullpupversion SWU, Gesamtlänge 870 mm |
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| Bild2 = SVD Dragunov.jpg |
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| Breite2 = 415 |
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| Untertitel2 = Standardausführung SWD, Gesamtlänge 1225 mm |
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⚫ | Die Bullpup-Bauweise ist mittlerweile weit verbreitet. Zu den bekanntesten Vertretern zählen das österreichische [[Steyr AUG]] (Sturmgewehr 77/StG 77), das französische [[FAMAS]] und das britische [[SA80|L85]]. Auch aus Belgien ([[FN F2000]]), China ([[Typ 95 (Sturmgewehr)|Typ 95]]), Singapur ([[SAR-21]]), Kroatien ([[HS Produkt VHS]]) und Israel ([[Tavor TAR-21]]) stammen entsprechende Entwicklungen. Neben weiteren Sturmgewehren existieren diverse z. T. umgebaute Scharfschützenwaffen ([[QBU-88]], [[Barrett M95|Barrett M90 & 95]], [[Steyr IWS 2000]], [[Walther WA2000]], [[Keppeler KS V]]) und Maschinenpistolen ([[STEYR AUG#STEYR AUG 9 mm|Steyr AUG para]], [[FN P90]]) im Bullpup-Design. Ein Einzelstück ist die [[Jackhammer]], eine vollautomatische [[Schrotflinte]] in Bullpup-Bauweise. Selten wird die Bullpup-Bauweise bei Kurzwaffen wie der [[Boberg XR9-S]] angewendet. |
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International setzen zum Beispiel die Armeen [[Vereinigtes Königreich|Großbritanniens]], [[Österreich]]s und [[Australien]]s auf Bullpup, während zum Beispiel die Armeen der [[USA|Vereinigten Staaten]], der [[Schweiz]] und [[Deutschland]]s die konventionelle Bauart bevorzugen. |
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QBZ95 automatic rifle mod noBG.png|{{CHN}}<br /> [[Typ 95 (Sturmgewehr)|Typ 95]] |
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FAMAS Assaultrifle FRA noBG.png|{{FRA}}<br /> [[FAMAS]] |
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SA-80 rifle 1996.jpg|{{GBR}}<br /> [[SA80]] |
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IWI-Tavor-TAR-21w1 new noBG.png|{{ISR}}<br /> [[Tavor TAR-21]] |
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Спеціальний автомат «Вулкан».jpg|{{UKR}}<br /> [[Maljuk]] |
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== Literatur == |
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* {{Literatur |
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|Autor=Thomas B. Dugelby |
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|Titel=Modern military bullpup rifles. The EM-2 concept comes of age. |
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|Verlag=Collector Grade Publications |
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|Ort=Toronto u. a. |
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|Datum=1984 |
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|ISBN=0-85368-659-9 |
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== Weblinks == |
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{{Commonscat|Bullpup|Bullpup}} |
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== Einzelnachweise == |
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Aktuelle Version vom 30. Januar 2025, 15:55 Uhr

Unter Bullpup ([englisch bulldog-puppy, Bulldoggenwelpe)[1] versteht man eine (zunächst ungewöhnliche) Bauweise von Handfeuerwaffen, bei der das Patronenlager (mindestens teilweise) hinter dem Griffstück mit dem Abzug liegt. Der deutsche Begriff für diese Bauweise lautet Hinterschaftlader.[2]
] vonVor- und Nachteile der Hinterschaftlader gegenüber den Handfeuerwaffen in gewöhnlicher Bauweise
- Bei gleicher Lauflänge ergibt sich eine kleinere Gesamtlänge.
- Der Masseschwerpunkt liegt näher am Schützen.
- Die Wahrscheinlichkeit, dass ausgeworfene heiße Patronenhülsen den Schützen treffen, ist größer.
- Der aufwendigere Mechanismus macht die Waffe theoretisch weniger zuverlässig und teurer.
- Das Einsetzen der Patronen oder der Magazine ist schwieriger.
- Die heißen Teile werden schlechter gekühlt.
Die kurze Bauweise soll die Führigkeit der Waffe in räumlich engen Verhältnissen – z. B. CQB und Transport- und Gefechtsfahrzeugen – verbessern.[3][4]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Prototypen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die erste bekannte, vollwertige Bullpupwaffe war der britische Thorneycroft-Karabiner aus dem Jahr 1901. Er war kürzer als das Konkurrenzgewehr Lee-Enfield und besaß ein internes Magazin mit der halben Kapazität.
Das erste Bullpup-Sturmgewehr wurde im Jahr 1943 vom Briten Stanley Thorpe entwickelt. Zu weiteren frühen militärischen Hinterschaftladern zählt das sowjetische TKB-408 aus dem Jahr 1946, gefolgt von den britischen Nachkriegsprototypen Enfield EM-1 und EM-2, beides Gasdrucklader mit experimentellem Kaliber und optischer Zielvorrichtung.
Ordonnanzwaffen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die erste in Serie produzierte und zur Ordonnanz angenommene Bullpupwaffe der Welt war die tschechisch-deutsche Panzerbüchse M.SS41, die 1941 eingeführt und von der Waffen-SS während des Zweiten Weltkrieges eingesetzt wurde.
Modelle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bullpup-Bauweise ist mittlerweile weit verbreitet. Zu den bekanntesten Vertretern zählen das österreichische Steyr AUG (Sturmgewehr 77/StG 77), das französische FAMAS und das britische L85. Auch aus Belgien (FN F2000), China (Typ 95), Singapur (SAR-21), Kroatien (HS Produkt VHS) und Israel (Tavor TAR-21) stammen entsprechende Entwicklungen. Neben weiteren Sturmgewehren existieren diverse z. T. umgebaute Scharfschützenwaffen (QBU-88, Barrett M90 & 95, Steyr IWS 2000, Walther WA2000, Keppeler KS V) und Maschinenpistolen (Steyr AUG para, FN P90) im Bullpup-Design. Ein Einzelstück ist die Jackhammer, eine vollautomatische Schrotflinte in Bullpup-Bauweise. Selten wird die Bullpup-Bauweise bei Kurzwaffen wie der Boberg XR9-S angewendet.
International setzen zum Beispiel die Armeen Großbritanniens, Österreichs und Australiens auf Bullpup, während zum Beispiel die Armeen der Vereinigten Staaten, der Schweiz und Deutschlands die konventionelle Bauart bevorzugen.
- Bekannte Bullpup-Gewehre
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Thomas B. Dugelby: Modern military bullpup rifles. The EM-2 concept comes of age. Collector Grade Publications, Toronto u. a. 1984, ISBN 0-85368-659-9 (englisch).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ian McCollum, Jonathan Ferguson: Origin of the Term "Bullpup". (Video) Abgerufen am 12. Oktober 2021 (englisch, Der Begriff Bullpup für die Waffenbauart wurde in den 1930er/1940er-Jahren in den USA geprägt (ab 2:15 min).).
- ↑ Hinterschaftlader-Modelle des frühen 20. Jahrhunderts. In: all4shooters.com. Abgerufen am 28. Februar 2018.
- ↑ Günter Wollert, Reiner Lidschun, Wilfried Kopenhagen: Illustrierte Enzyklopädie der Schützenwaffen aus aller Welt: Schützenwaffen heute (1945–1985). 3. Auflage. Band 1. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1993, ISBN 3-89488-059-7, S. 243
- ↑ Chris McNab: Schusswaffen: Vom Revolver bis zur Vollautomatik – Modelle aus aller Welt. Parragon Books Ltd Bath, ISBN 978-1-4075-8417-1, S. 161.