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„Publius Clodius Thrasea Paetus“ – Versionsunterschied

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'''Publius Clodius Thrasea Paetus''' war ein [[Römischer Senat|römischer Senator]] und [[Stoizismus|Stoiker]] in der Regierungszeit des Kaisers [[Nero]]. Er war der Schwiegervater von [[Helvidius Priscus]] und ein Freund des Dichters [[Aulus Flaccus Persius|Aulus Persius Flaccus]].
'''Publius Clodius Thrasea Paetus''' (* in [[Patavium]]; † [[66]] in [[Rom]]) war ein [[römischer Senat]]or und [[Stoa|Stoiker]] in der Regierungszeit des Kaisers [[Nero]]. Er war der Schwiegervater des [[Gaius Helvidius Priscus]] und ein Freund des Dichters [[Aulus Persius Flaccus]].


Er wurde in [[Patavium]] geboren und gehörte einer vornehmen und reichen Familie an. Die Umstände, die ihn veranlassten, sich in [[Rom]] niederzulassen, sind unbekannt. Anfangs wurde er von Nero rücksichtsvoll behandelt, vielleicht aufgrund des Einflusses von [[Seneca]], und vom Kaiser für das Jahr [[56]] zum [[Konsul]] ernannt und mit der Betreuung der [[Sibyllinische Bücher|Sibyllinischen Bücher]] beauftragt. Im Jahr [[57]] unterstützte er im Senat die Sache der [[Kilikien|kilikischen]] Gesandten, die nach Rom kamen, um ihren Statthalter [[Cossutianus Capito]] wegen [[Erpressung]] anzuklagen.
Er wurde in Patavium, dem heutigen [[Padua]], geboren und gehörte einer vornehmen und reichen Familie an. Die Umstände, die ihn veranlassten, sich in Rom niederzulassen, sind unbekannt. Anfangs wurde er von Nero rücksichtsvoll behandelt, vielleicht aufgrund des Einflusses von [[Seneca]], und vom Kaiser für das Jahr 56 zum [[Suffektkonsul]] ernannt und mit der Betreuung der [[Sibyllinische Bücher|Sibyllinischen Bücher]] beauftragt. Im Jahr 57 unterstützte er im Senat die Sache der [[Kilikien|kilikischen]] Gesandten, die nach Rom kamen, um ihren Statthalter [[Cossutianus Capito]] wegen Erpressung anzuklagen.


Im Jahr [[59]] zeigte Thrasea erstmals öffentlich seine Abscheu gegenüber dem Verhalten Neros und der Unterwürfigkeit des Senats, als er nach der Verlesung von Neros Rechtfertigungsschreiben zum Mord an [[Agrippina die Jüngere|Agrippina]], aber vor der Abstimmung darüber, den Senat verließ. Im Jahr [[62]] verhinderte er die Hinrichtung des [[Praetor]]s [[Antistius Sosianus]], der eine [[Schmähschrift]] über den Kaiser verfasst hatte, und überzeugte den Senat, ein milderes Urteil zu fällen. Nero zeigte sein Missfallen darüber, indem er sich weigerte, Thrasea zu empfangen, als der Senat geschlossen beim Kaiser anlässlich der Geburt einer Prinzessin seine Aufwartung machte.
Im Jahr 59 zeigte Thrasea erstmals öffentlich seine Abscheu gegenüber dem Verhalten Neros und der Unterwürfigkeit des Senats, als er nach der Verlesung von Neros Rechtfertigungsschreiben zum Mord an [[Agrippina die Jüngere|Agrippina]], aber vor der Abstimmung darüber, den Senat verließ. Im Jahr 62 verhinderte er die Hinrichtung des [[Praetur|Prätors]] [[Antistius Sosianus]], der eine [[Pamphlet|Schmähschrift]] über den Kaiser verfasst hatte, und überzeugte den Senat, ein milderes Urteil zu fällen. Nero zeigte sein Missfallen darüber, indem er sich im Jahr 63 weigerte, Thrasea zu empfangen, als der Senat geschlossen beim Kaiser anlässlich der Geburt einer Prinzessin seine Aufwartung machte.


Thrasea zog sich als Konsequenz ins Privatleben zurück und betrat das Senatsgebäude nicht mehr. Sein Tod hingegen war bereits beschlossene Sache. Sein einfaches Leben und die Einhaltung der stoischen Prinzipien wurden als Vorwurf an die Frivolität und Verderbtheit Neros betrachtet, der "sich schließlich danach sehnte, die Tugend in der Person des Thrasea und des [[Barea Soranus|Soranus]] selbst in den Tod zu schicken" ([[Gaius Cornelius Tacitus|Tacitus]]). Cossutianus Capito, der Schwiegersohn des [[Tigellinus]], der Thrasea nicht verziehen hatte, dass er neun Jahre zuvor auf der Gegenseite gestanden hatte, und [[Eprius Marcellus]] nahmen es auf sich, die Verfolgung Thraseas durchzuführen.
Thrasea zog sich als Konsequenz ins Privatleben zurück und betrat das Senatsgebäude nicht mehr. Er weigerte sich, für die Verleihung göttlicher Ehren an Neros im Jahr 65 gestorbene Frau [[Poppaea Sabina]] zu stimmen. Sein Tod hingegen war bereits beschlossene Sache. Sein einfaches Leben und die Einhaltung der stoischen Prinzipien wurden als Vorwurf an die Frivolität und Verderbtheit Neros betrachtet. Der Geschichtsschreiber [[Tacitus]] behauptet, dass Nero „sich schließlich danach sehnte, die Tugend in der Person des Thrasea und des [[Quintus Marcius Barea Soranus (Suffektkonsul 52)|Soranus]] selbst in den Tod zu schicken“. Cossutianus Capito, der Schwiegersohn des [[Tigellinus]], der Thrasea nicht verziehen hatte, dass er neun Jahre zuvor auf der Gegenseite gestanden hatte, und [[Titus Clodius Eprius Marcellus|Eprius Marcellus]] nahmen es auf sich, die Verfolgung Thraseas durchzuführen.


Verschiedene Anklagen wurden gegen ihn vorgebracht, und der Senat, durch die Anwesenheit eines großen Truppenkontingents eingeschüchtert, sah keine Alternative, als ihn zum Tode zu verurteilen. Thrasea erreichte die Nachricht zuhause, als der einige Freunde bewirtete, zog sich in sein Zimmer zurück und schnitt sich die Pulsadern auf. Tacitus’ Bericht bricht an der Stelle ab, wo er [[Demetrius der Kyniker|Demetrius]], den [[Kyniker|kynischen]] Philosophen anspricht, mit dem er zuvor an diesem Tag eine Unterhaltung über die Natur der Seele hatte. Thrasea war das Subjekt einer Lobschrift von [[Arulenus Rusticus]], einem [[Tribun]], der angeboten hatte, sein Veto über das Dekret des Senates einzulegen, dem Thrasea es aber verbot, sein Leben nutzlos wegzuwerfen. Seine eigene Lebensführung richtete Thrasea am Beispiel des [[Publius Valerius Cato]] aus, auf den er selbst Lobschriften verfasste, einer von [[Plutarch]]s Hauptquellen bei seiner Biographie Catos.
Verschiedene Anklagen wurden gegen ihn vorgebracht, und der Senat, durch die Anwesenheit eines großen Truppenkontingents eingeschüchtert, sah keine Alternative, als ihn zum Tode zu verurteilen. Thrasea erreichte die Nachricht zuhause, als er einige Freunde bewirtete. Er zog sich in sein Zimmer zurück und schnitt sich die Pulsadern auf. Tacitus’ Bericht bricht an der Stelle ab, wo Thrasea [[Demetrios (Kyniker)|Demetrius]], den [[Kynismus|kynischen]] Philosophen anspricht, mit dem er zuvor an diesem Tag eine Unterhaltung über die Natur der Seele hatte. Thrasea war das Subjekt einer Lobschrift von [[Quintus Iunius Arulenus Rusticus]], einem [[Volkstribun]], der angeboten hatte, sein Veto über das Dekret des Senates einzulegen, dem Thrasea es aber verbot, sein Leben nutzlos wegzuwerfen. Seine eigene Lebensführung richtete Thrasea am Beispiel des [[Marcus Porcius Cato der Jüngere|Cato Uticensis]] aus, auf den er selbst Lobschriften verfasste, einer von [[Plutarch]]s Hauptquellen bei dessen Biographie Catos.
[[Plinius der Jüngere]] zitiert ein [[Bonmot]], das er Thrasea zuschreibt, in einem seiner Briefe: "Qui vitia odit, homines odit" ("Wer die menschlichen Fehler hasst, hasst die Menschen").


Thrasea war mit Arria der Jüngeren verheiratet, der Tochter [[Arria die Ältere|Arria der Älteren]].
Thrasea war mit [[Arria die Jüngere|Arria der Jüngeren]] verheiratet, der Tochter der [[Arria die Ältere|älteren Arria]] und des [[Aulus Caecina Paetus]], der mit einer gescheiterten Revolte gegen [[Claudius]] im Jahr 42 in Verbindung gebracht und zum Tod verurteilt worden war. Mit seiner Gemahlin hatte Thrasea eine Tochter, [[Fannia (Gattin des Helvidius Priscus)|Fannia]], welche die zweite Gattin des [[Gaius Helvidius Priscus]] wurde.

== Quellen ==
* [[Tacitus]], ''[[Annales (Tacitus)|Annales]]'' 13,49; 14,12; 14,48; 15,20–22; 16,21–35.
* Tacitus, ''[[Historiae (Tacitus)|Historiae]]'' 2,91; 4,5.
* [[Cassius Dio]] 61,15; 62,26
* [[Juvenal]] 5,36.
* [[Plinius der Jüngere]] 8,22


== Literatur ==
== Literatur ==
* Richard Goulet: ''Thrasea Paetus (P. Clodius).'' In: Richard Goulet (Hrsg.): ''Dictionnaire des philosophes antiques.'' Band 6, CNRS Éditions, Paris 2016, ISBN 978-2-271-08989-2, S. 1142–1146
* {{DNP|3|41|42|P. Clodius Thrasea Paetus|[[Werner Eck]]|}}
* {{RE|IV,1|99|103|Clodius 58|Heinrich Kunnert|RE:Clodius 58|[https://ia800705.us.archive.org/35/items/PWRE07/Pauly-Wissowa_IV1_0099.png Digitalisat]}}


{{Normdaten|TYP=p|GND=102385394|LCCN=no2009069331|VIAF=398640}}
* [[Gaius Cornelius Tacitus|Tacitus]], ''Annalen'', Xlii. 49, Xiv. 12, 48, xv. 20-22, xvi..21-35, Hist. ii. 91, iv. 5;
* [[Cassius Dio]] lxi. 15, lxii. 26;
* [[Juvenal]] v. 36;
* [[Wilhelm Adolf Schmidt]], ''Geschichte der Denk und Glaubensfreiheit'' (Berlin, 1847);
* [[Charles Merivale]], ''History of the Romans under the Empire'', Kapitel 53;
* F Hersche, ''Zwei Characterbilder'', über [[Diogenes von Sinope]] und Paetus (Luzern, 1865);
* Monographien von A. S. Hoitsema (Groningen, 1852) und G. Joachim (Lahr, 1858);
* [[Pauly-Wissowa]]s ''Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft'' (1900), iv. Pt. I.


{{SORTIERUNG:Clodius Thrasea Paetus, Publius}}
[[Kategorie:Claudier|Thrasea Paetus, Publius Clodius]]
[[Kategorie:Konsul (Römische Kaiserzeit)]]
[[Kategorie:Geboren im 1. Jahrhundert v. Chr. oder 1. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Gestorben 66]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Mann]]
[[Kategorie:Römer]]
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[[Kategorie:Politiker (Rom)]]


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|ALTERNATIVNAMEN=Thrasea Paetus, Publius Clodius
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}}

[[en:Publius Clodius Thrasea Paetus]]
[[fr:Publius Clodius Thrasea Paetus]]

Aktuelle Version vom 29. Mai 2025, 20:37 Uhr

Publius Clodius Thrasea Paetus (* in Patavium; † 66 in Rom) war ein römischer Senator und Stoiker in der Regierungszeit des Kaisers Nero. Er war der Schwiegervater des Gaius Helvidius Priscus und ein Freund des Dichters Aulus Persius Flaccus.

Er wurde in Patavium, dem heutigen Padua, geboren und gehörte einer vornehmen und reichen Familie an. Die Umstände, die ihn veranlassten, sich in Rom niederzulassen, sind unbekannt. Anfangs wurde er von Nero rücksichtsvoll behandelt, vielleicht aufgrund des Einflusses von Seneca, und vom Kaiser für das Jahr 56 zum Suffektkonsul ernannt und mit der Betreuung der Sibyllinischen Bücher beauftragt. Im Jahr 57 unterstützte er im Senat die Sache der kilikischen Gesandten, die nach Rom kamen, um ihren Statthalter Cossutianus Capito wegen Erpressung anzuklagen.

Im Jahr 59 zeigte Thrasea erstmals öffentlich seine Abscheu gegenüber dem Verhalten Neros und der Unterwürfigkeit des Senats, als er nach der Verlesung von Neros Rechtfertigungsschreiben zum Mord an Agrippina, aber vor der Abstimmung darüber, den Senat verließ. Im Jahr 62 verhinderte er die Hinrichtung des Prätors Antistius Sosianus, der eine Schmähschrift über den Kaiser verfasst hatte, und überzeugte den Senat, ein milderes Urteil zu fällen. Nero zeigte sein Missfallen darüber, indem er sich im Jahr 63 weigerte, Thrasea zu empfangen, als der Senat geschlossen beim Kaiser anlässlich der Geburt einer Prinzessin seine Aufwartung machte.

Thrasea zog sich als Konsequenz ins Privatleben zurück und betrat das Senatsgebäude nicht mehr. Er weigerte sich, für die Verleihung göttlicher Ehren an Neros im Jahr 65 gestorbene Frau Poppaea Sabina zu stimmen. Sein Tod hingegen war bereits beschlossene Sache. Sein einfaches Leben und die Einhaltung der stoischen Prinzipien wurden als Vorwurf an die Frivolität und Verderbtheit Neros betrachtet. Der Geschichtsschreiber Tacitus behauptet, dass Nero „sich schließlich danach sehnte, die Tugend in der Person des Thrasea und des Soranus selbst in den Tod zu schicken“. Cossutianus Capito, der Schwiegersohn des Tigellinus, der Thrasea nicht verziehen hatte, dass er neun Jahre zuvor auf der Gegenseite gestanden hatte, und Eprius Marcellus nahmen es auf sich, die Verfolgung Thraseas durchzuführen.

Verschiedene Anklagen wurden gegen ihn vorgebracht, und der Senat, durch die Anwesenheit eines großen Truppenkontingents eingeschüchtert, sah keine Alternative, als ihn zum Tode zu verurteilen. Thrasea erreichte die Nachricht zuhause, als er einige Freunde bewirtete. Er zog sich in sein Zimmer zurück und schnitt sich die Pulsadern auf. Tacitus’ Bericht bricht an der Stelle ab, wo Thrasea Demetrius, den kynischen Philosophen anspricht, mit dem er zuvor an diesem Tag eine Unterhaltung über die Natur der Seele hatte. Thrasea war das Subjekt einer Lobschrift von Quintus Iunius Arulenus Rusticus, einem Volkstribun, der angeboten hatte, sein Veto über das Dekret des Senates einzulegen, dem Thrasea es aber verbot, sein Leben nutzlos wegzuwerfen. Seine eigene Lebensführung richtete Thrasea am Beispiel des Cato Uticensis aus, auf den er selbst Lobschriften verfasste, einer von Plutarchs Hauptquellen bei dessen Biographie Catos. Plinius der Jüngere zitiert ein Bonmot, das er Thrasea zuschreibt, in einem seiner Briefe: "Qui vitia odit, homines odit" ("Wer die menschlichen Fehler hasst, hasst die Menschen").

Thrasea war mit Arria der Jüngeren verheiratet, der Tochter der älteren Arria und des Aulus Caecina Paetus, der mit einer gescheiterten Revolte gegen Claudius im Jahr 42 in Verbindung gebracht und zum Tod verurteilt worden war. Mit seiner Gemahlin hatte Thrasea eine Tochter, Fannia, welche die zweite Gattin des Gaius Helvidius Priscus wurde.