„Koine“ – Versionsunterschied
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→Einleitung: "Bibelgriechisch" bezieht sich nicht nur auf das NT, sondern auch auf das AT - daher ist hier auch dieses kurz zu erwähnen, genauer dann ohnehin im Artikel |
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{{Infobox Sprache |
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|Sprache = Koiné, {{lang|grc|ἡ κοινὴ διάλεκτος}} |
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Die '''Koiné''' (heute ausgesprochen ''kiní'', div. rekonstruierte, zeitgenössische Aussprachemöglichkeiten ''Koine'', ''Küne'', ''Küni'' [[griechische Sprache|griechisch]] '''κοινή''' ''[γλώσσα, glóssa] - die allgemeine [Sprache]'') ist die griechische Allgemeinsprache vom [[Hellenismus]] bis in die [[römische Kaiserzeit]] (etwa 300 v. Chr. bis 600 n. Chr.). Sie war die wichtigste Verkehrssprache im östlichen Mittelmeerraum. |
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|Länder = östlicher Mittelmeerraum: Kleinasien, südliche Balkanhalbinsel, Syrien, Palästina, Ägypten; heute noch Amtssprache in der Mönchsrepublik [[Athos]] |
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|Zeitraum = ca. 300 v. Chr. bis 600 n. Chr. |
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|Klassifikation = [[Indogermanische Sprachen]] |
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* [[griechische Sprache]] |
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|KSprache = Koiné |
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|ISO1 = — |
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|ISO2 = grc (historische griechische Sprache bis 1453) |
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|ISO3 = grc (historische griechische Sprache bis 1453) |
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Die '''Koiné''' (von {{grcS|ἡ κοινὴ διάλεκτος|hē koinḕ diálektos}}, „der allgemeine Dialekt“, Betonung auf der zweiten Silbe) ist jene [[Sprachstufe]] der [[Griechische Sprache|griechischen Sprache]], die als überregionale Gemeinsprache vom [[Hellenismus]] bis in die [[römische Kaiserzeit]] (etwa 300 v. Chr. bis 600 n. Chr.) entstand. Es handelt sich um die in nachklassischer Zeit gebräuchliche Form des [[Altgriechische Sprache|Altgriechischen]]. Manchmal wird das [[spätantike]] Griechisch (ca. 300–600 n. Chr.) dabei nicht mehr zur Koiné gezählt. |
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In der heutigen Sprachwissenschaft wird als Koiné auch jeder Dialekt bezeichnet, der sich innerhalb einer Sprachgemeinschaft als allgemein akzeptierter überregionaler Standard durchsetzen kann. |
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Die zeitgenössische griechische Bezeichnung {{lang|grc|ἡ κοινὴ [διάλεκτος]|hē koinḕ [diálektos]}} bedeutet „der allgemeine [[Dialekt]]“. Die zeitgenössische Aussprache entwickelte sich von [koi̯ˈnɛː] über [kyːˈnɛː] zu [kyˈni]. Neugriechisch wird das Wort als ''Kiní'' [{{IPA|ciˈni}}] ([{{IPA|kʲiˈni}}]) ausgesprochen. |
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In der heutigen Sprachwissenschaft wird als „Koiné“ auch jeder Dialekt bezeichnet, der in einer Sprachgemeinschaft als überregionaler Standard akzeptiert ist (vgl. [[Verkehrssprache]] und [[Koinesprache]]). |
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Die wirkmächtigsten in der Koiné verfassten Texte sind die Schriften des [[Neues Testament|Neuen Testaments]]. Eine starke Verbreitung hatte auch die griechische Übersetzung des Alten Testaments. Das hier verwendete [[Bibelgriechisch]] weist einige Eigenarten auf. |
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==Entwicklung== |
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[[Datei:Hellenistic Greek.png|mini|320px|Griechischsprachige Gebiete in der [[Hellenismus|hellenistischen Zeit]] im engeren Bereich des östlichen Mittelmeeres (323 bis 31 v. Chr.).<br /> |
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Das Koiné-Griechisch (oder Koiné Alexandriní) entstand durch die Vermischung der einzelnen griechischen Dialekte ([[Attisch]], [[Dorische Sprache|Dorisch]], [[Ionische Sprache|Ionisch]]) während der mehrere Jahre dauernden Feldzüge [[Alexander der Große|Alexanders des Großen]], dessen Heer sich aus Griechen verschiedenster Regionen rekrutierte. Aufgrund der großen politischen und kulturellen Bedeutung [[Geschichte Athens|Athens]] im 5. und 4. Jh. v. Chr. hatte das Attische besonders starken Einfluss auf die Koiné. |
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{{Farbe|HEX=#6699ff}} Territorien, in denen bereits vor 323 Griechisch gesprochen wurde<br /> |
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{{Farbe|HEX=#99ccff}} Territorien, die von 323 bis 31 v. Chr. intensiv hellenisiert wurden (siehe auch [[Geschichte des Hellenismus]])]] |
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== Entwicklung == |
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Die große territoriale Ausdehnung des makedonischen Reiches unter [[Alexander der Große|Alexander dem Großen]] machte das Griechische zur allgemeinen Verkehrssprache in Südeuropa sowie Syrien und Palästina bis nach Ägypten ([[Ptolemäer]]-Dynastie). Die Bedeutung des Koiné-Griechisch in Vorderasien und Ägypten verblasste selbst mit der Verbreitung des [[Latein]]ischen durch die Römer nicht und wurde nach der Teilung des römischen Reiches in einen westlichen und einen östlichen Teil im Jahre 395 n. Chr. in [[Ostrom]] um [[630]] zur alleinigen Amtssprache. Damit bildete es die Grundlage für das Griechisch des Mittelalters und der Neuzeit. |
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Griechisch war über Jahrhunderte die wichtigste [[Verkehrssprache]] im östlichen [[Mittelmeerraum]], und auch im [[Abendland|lateinischen Westen]] war die Sprache weit verbreitet.<ref>[[Robert Browning]]: ''Von der Koine bis zu den Anfängen des modernen Griechisch.'' In: [[Heinz-Günther Nesselrath]]: ''Einleitung in die griechische Philologie.'' Springer, Wiesbaden 1997, ISBN 978-3-663-12075-9, S. 156–168.</ref> |
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Das Koine-Griechisch ({{elS|Ελληνιστική Κοινή|Ellinistikí Kiní|prefix=1}}, ‚Hellenistische Gemeinsprache‘) entstand durch die Vermischung der einzelnen griechischen Dialekte ([[Attisches Griechisch|Attisch]], [[Dorisches Griechisch|Dorisch]], [[Ionisches Griechisch|Ionisch]], [[Äolisches Griechisch|Äolisch]]) während der mehrere Jahre dauernden [[Alexanderzug|Feldzüge]] [[Alexander der Große|Alexanders des Großen]], dessen Heer sich aus [[Makedonien (antikes Königreich)|Makedonen]] und Griechen – mit der Ausnahme der [[Lakedaimonier]] – rekrutierte. Aufgrund der großen politischen und kulturellen Bedeutung [[Geschichte Athens|Athens]] im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. war die Grundlage der Koine das Attische.<ref>[[Martin Persson Nilsson]]: ''Geschichte der griechischen Religion: Die hellenistische und römische Zeit.'' Bd. 2, C. H. Beck, München 1974, ISBN 978-3-406-01430-7, S. 22 ([https://books.google.de/books?id=7GMdgKsRDtUC&pg=PA22#v=onepage&q&f=false books.google.de]).</ref> |
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Die große territoriale Ausdehnung der hellenistischen Monarchien, die Alexanders Erbe antraten, machte das Griechische zur allgemeinen Verkehrssprache auf der [[Balkanhalbinsel]] und in [[Kleinasien]] sowie in [[Syrien]] und Palästina bis nach Ägypten ([[Ptolemäer]]-Dynastie); weiter östlich fungierte Griechisch bis nach Vorderindien zumindest als Herrschafts- und Verwaltungssprache. Die Bedeutung des Koine-Griechischen in [[Vorderasien]] und Ägypten verblasste selbst mit der Verbreitung des [[Latein]]ischen durch die Römer nicht, und in [[Byzantinisches Reich|Ostrom]] wurde es um 630 zur alleinigen Amtssprache. Damit bildete die Koine die Grundlage für das [[Mittelgriechische Sprache|Griechische des Mittelalters]] und der Neuzeit. |
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Die Koiné zählt zum Altgriechischen, unterscheidet sich aber vom klassischen Griechisch eines [[Sophokles]] oder [[Platon]] und wesentlich von der Sprache in [[Homer]]s "[[Ilias]]" und "[[Odyssee]] unter anderem durch Vereinfachungen in der Grammatik und im Lautbestand. Die moderne Kunstsprache [[Katharevousa]] baut mehr auf der Koine als auf dem klassischem Attisch auf. |
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[[Isidor von Sevilla]] betrachtete die Koine am [[Ende der Antike]] als den fünften griechischen Dialekt neben Attisch, Dorisch, Ionisch und Äolisch (Etym. 9,1,4 f.). Die Koine wird heute zum [[Altgriechische Sprache|Altgriechischen]] gerechnet, unterscheidet sich aber recht deutlich vom klassischen Griechisch eines [[Sophokles]] oder [[Platon]] und ganz wesentlich von der Sprache [[Homer]]s, unter anderem durch Vereinfachungen in der Grammatik und im Lautbestand. Die moderne Kunstsprache ''[[Katharevousa]]'' baut mehr auf der Koine als auf dem klassischen Attisch auf. |
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==Griechisch im biblischen Alltag== |
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== Griechisch in der Bibel == |
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Die Schriften des [[Neues Testament|Neuen Testaments]] sind in der Koiné, der allgemeinen (von allen gesprochenen) Sprache verfasst. Die [[Septuaginta]] ist die in neutestamentlicher Zeit verbreitete Koiné Übersetzung des [[Altes Testament|Alten Testaments]] und Quelle der meisten alttestamentlichen Zitate im Neuen Testament. |
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Die Schriften des [[Neues Testament|Neuen Testaments]] der [[Bibel]] sind in der [[Neutestamentliches Griechisch|neutestamentlichen Variante]] der ‚[[Bibelgriechisch|Koine]]‘ verfasst, der allgemeinen (von allen gesprochenen) Sprache. Die [[Septuaginta]] ist die in neutestamentlicher Zeit verbreitete Koine-Übersetzung des [[Altes Testament|Alten Testaments]] und Quelle der meisten alttestamentlichen Zitate im Neuen Testament. Sie ermöglicht [[Sprachwissenschaft]]lern Einblicke, wie die jüdischen Gelehrten der letzten vorchristlichen Jahrhunderte das [[Hebräische Sprache|Hebräische]] des [[Tanach]] (bzw. des Alten Testaments) verstanden haben. Dabei kann beobachtet werden, dass die griechische [[Übersetzung (Linguistik)|Übersetzung]] äußerst präzise und durchdacht angelegt wurde. Allerdings ist diese Übersetzung alles andere als wörtlich [[Konkordante Bibelübersetzung|konkordant]] und enthält einige Fehlinterpretationen und Missverständnisse. |
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In Palästina gab es auch griechische Städte. Ein neutestamentliches Zeugnis ist die Erwähnung des als |
In [[Palästina (Region)|Palästina]] gab es seit dem [[Hellenismus]] auch griechische Städte; gerade die gebildete [[Soziale Schicht|Oberschicht]] bediente sich des Griechischen, während im einfachen Volk meist [[Aramäische Sprachen|Aramäisch]] gesprochen wurde. Ein neutestamentliches Zeugnis für die griechischen Siedlungen ist die Erwähnung des als [[Dekapolis]] (griech. {{lang|grc|δέκα|déka}} ‚zehn‘ und {{lang|grc|πόλις|pólis}} ‚Stadt‘) bezeichneten Bundes griechischer Koloniestädte im Nordosten Palästinas. |
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Zudem heißt es im [[Evangelium nach Johannes]] {{BB|Joh|19|19–20}}, dass bei der Hinrichtung [[Jesus von Nazaret|Jesu]] die Tafel mit der Inschrift „Jesus von Nazaret, der König der Juden“ in den drei Sprachen Hebräisch, Lateinisch und Griechisch abgefasst gewesen sei, was die Verbreitung des Griechischen als Verkehrssprache illustriert. Die Ausbreitung der neuen Religion wurde durch sie sehr erleichtert: Indem die Evangelien ({{lang|grc|εὐαγγέλιον|euangelion}} „gute Nachricht“, „frohe Botschaft“) auf Griechisch verfasst wurden, konnte sich das Christentum rasch in der städtischen Bevölkerung im ganzen östlichen Mittelmeerraum verbreiten (auf dem Land sprach man meist andere, lokale Sprachen (vergleiche [[Sprachen im Römischen Reich]]), weshalb sich die neue Religion hier langsamer verbreitete). |
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Zudem wird im [[Johannesevangelium]] (Joh. 19:19, 20) darauf hingewiesen, dass bei Jesu Hinrichtung eine Tafel mit der in [[Hebräische Sprache|Hebräisch]], Griechisch und Lateinisch übersetzten Inschrift "Jesus von Nazaret, König der Juden" angebracht worden war, was die allgemeine Verbreitung des Griechischen als Verkehrssprache illustriert. |
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''siehe auch'' [[Katharevousa|Katharévousa]], [[Dimotiki|Dimotikí]], [[Bibelgriechisch]] |
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! [[Buchstabe]] !! Griechische [[Typografie]]!! [[Umschrift]] !! [[Internationales Phonetisches Alphabet|IPA]] |
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| Alpha || α || a || {{IPA|/a/}} |
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| Beta || β || b || {{IPA|/b/ ([b, β])}} |
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| Gamma || γ || g || {{IPA|/ɣ/ ([ɣ, g, ʝ])}} |
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| Delta || δ || d || {{IPA|/d/}} |
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| Epsilon || ε || e || {{IPA|/e/}} |
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| Zeta || ζ || z || {{IPA|/z/}} |
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| Eta || η || ē || {{IPA|/e̝/}} |
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| Theta || θ || th || {{IPA|/tʰ/}} |
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| Iota || ι || i || {{IPA|/i/ ([i, j])}} |
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| Kappa || κ || k || {{IPA|/k/ ([k, g])}} |
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| Lambda || λ || l || {{IPA|/l/}} |
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| Mu || μ || m || {{IPA|/m/}} |
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| Nu || ν || n || {{IPA|/n/ ([n, m])}} |
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| Xi || ξ || x || {{IPA|/ks/}} |
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| Omicron || ο || o || {{IPA|/o/}} |
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| Pi || π || p || {{IPA|/p/ ([p, b])}} |
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| Rho || ρ || r || {{IPA|/r/}} |
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| Sigma || σ (-σ-/-σσ-) || s (-s-/-ss-) || {{IPA|/s/ ([s, z])}} |
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| Tau || τ || t || {{IPA|/t/ ([t, d])}} |
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| Upsilon || υ || y || {{IPA|/y/}} |
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| Phi || φ || ph || {{IPA|/pʰ/}} |
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| Chi || χ || ch || {{IPA|/kʰ/}} |
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| Psi || ψ || ps || {{IPA|/ps/}} |
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| Omega || ω || ō || {{IPA|/o/}} |
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| . || αι || ai || {{IPA|/e/}} |
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| . || ει || ei || {{IPA|/i/ ([i, j])}} |
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| . || οι || oi || {{IPA|/y/}} |
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| . || υι || yi || {{IPA|/yi/}} (or {{IPA|/y/}}) |
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| . || αυ || au || {{IPA|[aɸʷ, aβʷ]}} |
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| . || ευ || eu || {{IPA|[eɸʷ, eβʷ]}} |
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| . || ου || ou || {{IPA|/u/}} |
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| . || αι (ᾳ) || āi || {{IPA|/a/}} |
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| . || ηι (ῃ) || ēi || {{IPA|/i/}} |
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| . || ωι (ῳ) || ōi || {{IPA|/o/}} |
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| . || {{lang|grc|῾}} || h || {{IPA|(/h/)}} |
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== Weitere Verwendung des Begriffs Koine == |
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[[Kategorie:Griechische Sprache]] |
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In Anlehnung an die Bedeutung der Koine in Griechenland wird dieser Begriff auch ganz allgemein auf Sprachen angewendet, die sich in einem von Dialekten geprägten Bereich als gemeinsame Verkehrssprache herausgebildet haben. In diesem Sinne kann man auch Hochdeutsch als eine Koine ansehen, die als überregionale Verkehrssprache im deutschen Sprachgebiet verwendet wird, ohne bisher die vielen [[Deutsche Dialekte|Dialekte]] und [[Regiolekt]]e ganz verdrängt zu haben. Aus dieser Perspektive wird ein [[Dialekt]] als Vorstufe der (entstehenden) [[Standardsprache]] aufgefasst. So wie im Beispiel der ‚Koine‘ die griechischen Dialekte (Attisch, Ionisch, Dorisch usw.) Vorstufen der Koine waren, welche dann zur weiträumigen Verkehrs- und Handelssprache wurde, so sind auch die verschiedenen deutschen (und anderen europäischen) ‚Dialekte‘ Vorstufen der späteren (deutschen bzw. europäischen) Hochsprache.<ref>[[Heinrich Löffler (Germanist)|Heinrich Löffler]]: ''Probleme der Dialektologie. Eine Einführung.'' 3. Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, S. 6 f.</ref> |
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[[en:Koine Greek]] |
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Griechischen und phönizischen Kolonien.jpg|Orangefarben: griechische Handelszentren. Die griechische und [[Phönizier|phönizische]] Kolonisation; im 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr. |
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[[es:Koiné]] |
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Idioma griego antiguo.png|Gelbfarben: Griechischsprachige Gebiete oder Regionen mit einer großen Zahl griechisch-sprechender Personen im gesamten [[Geschichte des Mittelmeerraumes|mediterranen]] Raum. |
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[[fr:Koinè]] |
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[[gl:Koiné]] |
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[[nl:Koinē]] |
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== Siehe auch == |
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[[pl:Koine]] |
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* [[Katharevousa]] |
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* [[Dimotiki]] |
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* [[Bibelgriechisch]] |
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* [[Phonologie der Koine]] |
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* [[Griechische Sprachfrage]] |
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== Literatur == |
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* [[Helmut Glück]] (Hrsg.): ''Metzler-Lexikon Sprache.'' 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. J. B. Metzler, Stuttgart u. a. 2010, ISBN 978-3-476-02335-3. |
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* [[Hadumod Bußmann]] (Hrsg.) unter Mitarbeit von Hartmut Lauffer: ''Lexikon der Sprachwissenschaft.'' 4., durchgesehene und bibliographisch ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-45204-7. |
|||
* [[Johannes Niehoff-Panagiotidis]]: ''Koine und Diglossie.'' Otto Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1994, ISBN 3-447-03500-5 ([https://books.google.de/books?id=VurqESJjJSYC&printsec=frontcover&hl=de Online-Vorschau]). |
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== Weblinks == |
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{{Wiktionary}} |
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* [http://www.opentext.org/about.html OpenText – Projekt zur Erschließung des hellenistischen Griechisch] (englisch) |
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* [http://www.bingo-ev.de/~ps2866/Verbalsystem%20im%20Neuen%20Testament.pdf Übersicht über das Verbalsystem des Koine-Griechisch] (PDF) |
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* Jörg Dittmer: ''Kurzgefasste Lerngrammatik zur Sprache der κοινή.'' (im Unterschied zum Klassischen Griechisch) [http://www.chairete.de/Beitrag/Griechisch/Lerngrammatik%20zur%20Koine.pdf chairete.de] auf chairete.de |
|||
* ''Umwelt des Neuen Testaments. Die Ausbreitung der griechischen Kultur im Osten.'' S. 54–68 ([https://www.kaththeol.uni-muenchen.de/lehrstuehle/bibl_einleitung/downloads/umwelt/umwelt3.pdf kaththeol.uni-muenchen.de] auf kaththeol.uni-muenchen.de) |
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== Einzelnachweise und Anmerkungen == |
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<references /> |
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[[Kategorie:Altgriechische Sprache]] |
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[[Kategorie:Sprachstufe]] |
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[[Kategorie:Korpussprache]] |
Aktuelle Version vom 1. März 2025, 00:03 Uhr
Koiné, ἡ κοινὴ διάλεκτος | ||
---|---|---|
Zeitraum | ca. 300 v. Chr. bis 600 n. Chr. | |
Ehemals gesprochen in |
östlicher Mittelmeerraum: Kleinasien, südliche Balkanhalbinsel, Syrien, Palästina, Ägypten; heute noch Amtssprache in der Mönchsrepublik Athos | |
Linguistische Klassifikation |
| |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
— | |
ISO 639-2 |
grc (historische griechische Sprache bis 1453) | |
ISO 639-3 |
grc (historische griechische Sprache bis 1453) |
Die Koiné (von altgriechisch ἡ κοινὴ διάλεκτος hē koinḕ diálektos, „der allgemeine Dialekt“, Betonung auf der zweiten Silbe) ist jene Sprachstufe der griechischen Sprache, die als überregionale Gemeinsprache vom Hellenismus bis in die römische Kaiserzeit (etwa 300 v. Chr. bis 600 n. Chr.) entstand. Es handelt sich um die in nachklassischer Zeit gebräuchliche Form des Altgriechischen. Manchmal wird das spätantike Griechisch (ca. 300–600 n. Chr.) dabei nicht mehr zur Koiné gezählt. Die zeitgenössische griechische Bezeichnung ἡ κοινὴ [διάλεκτος] hē koinḕ [diálektos] bedeutet „der allgemeine Dialekt“. Die zeitgenössische Aussprache entwickelte sich von [koi̯ˈnɛː] über [kyːˈnɛː] zu [kyˈni]. Neugriechisch wird das Wort als Kiní [ ] ([ ]) ausgesprochen. In der heutigen Sprachwissenschaft wird als „Koiné“ auch jeder Dialekt bezeichnet, der in einer Sprachgemeinschaft als überregionaler Standard akzeptiert ist (vgl. Verkehrssprache und Koinesprache).
Die wirkmächtigsten in der Koiné verfassten Texte sind die Schriften des Neuen Testaments. Eine starke Verbreitung hatte auch die griechische Übersetzung des Alten Testaments. Das hier verwendete Bibelgriechisch weist einige Eigenarten auf.

_ Territorien, in denen bereits vor 323 Griechisch gesprochen wurde
_ Territorien, die von 323 bis 31 v. Chr. intensiv hellenisiert wurden (siehe auch Geschichte des Hellenismus)
Entwicklung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Griechisch war über Jahrhunderte die wichtigste Verkehrssprache im östlichen Mittelmeerraum, und auch im lateinischen Westen war die Sprache weit verbreitet.[1] Das Koine-Griechisch (neugriechisch Ελληνιστική Κοινή Ellinistikí Kiní, ‚Hellenistische Gemeinsprache‘) entstand durch die Vermischung der einzelnen griechischen Dialekte (Attisch, Dorisch, Ionisch, Äolisch) während der mehrere Jahre dauernden Feldzüge Alexanders des Großen, dessen Heer sich aus Makedonen und Griechen – mit der Ausnahme der Lakedaimonier – rekrutierte. Aufgrund der großen politischen und kulturellen Bedeutung Athens im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. war die Grundlage der Koine das Attische.[2]
Die große territoriale Ausdehnung der hellenistischen Monarchien, die Alexanders Erbe antraten, machte das Griechische zur allgemeinen Verkehrssprache auf der Balkanhalbinsel und in Kleinasien sowie in Syrien und Palästina bis nach Ägypten (Ptolemäer-Dynastie); weiter östlich fungierte Griechisch bis nach Vorderindien zumindest als Herrschafts- und Verwaltungssprache. Die Bedeutung des Koine-Griechischen in Vorderasien und Ägypten verblasste selbst mit der Verbreitung des Lateinischen durch die Römer nicht, und in Ostrom wurde es um 630 zur alleinigen Amtssprache. Damit bildete die Koine die Grundlage für das Griechische des Mittelalters und der Neuzeit.
Isidor von Sevilla betrachtete die Koine am Ende der Antike als den fünften griechischen Dialekt neben Attisch, Dorisch, Ionisch und Äolisch (Etym. 9,1,4 f.). Die Koine wird heute zum Altgriechischen gerechnet, unterscheidet sich aber recht deutlich vom klassischen Griechisch eines Sophokles oder Platon und ganz wesentlich von der Sprache Homers, unter anderem durch Vereinfachungen in der Grammatik und im Lautbestand. Die moderne Kunstsprache Katharevousa baut mehr auf der Koine als auf dem klassischen Attisch auf.
Griechisch in der Bibel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Schriften des Neuen Testaments der Bibel sind in der neutestamentlichen Variante der ‚Koine‘ verfasst, der allgemeinen (von allen gesprochenen) Sprache. Die Septuaginta ist die in neutestamentlicher Zeit verbreitete Koine-Übersetzung des Alten Testaments und Quelle der meisten alttestamentlichen Zitate im Neuen Testament. Sie ermöglicht Sprachwissenschaftlern Einblicke, wie die jüdischen Gelehrten der letzten vorchristlichen Jahrhunderte das Hebräische des Tanach (bzw. des Alten Testaments) verstanden haben. Dabei kann beobachtet werden, dass die griechische Übersetzung äußerst präzise und durchdacht angelegt wurde. Allerdings ist diese Übersetzung alles andere als wörtlich konkordant und enthält einige Fehlinterpretationen und Missverständnisse.
In Palästina gab es seit dem Hellenismus auch griechische Städte; gerade die gebildete Oberschicht bediente sich des Griechischen, während im einfachen Volk meist Aramäisch gesprochen wurde. Ein neutestamentliches Zeugnis für die griechischen Siedlungen ist die Erwähnung des als Dekapolis (griech. δέκα déka ‚zehn‘ und πόλις pólis ‚Stadt‘) bezeichneten Bundes griechischer Koloniestädte im Nordosten Palästinas.
Zudem heißt es im Evangelium nach Johannes 19,19–20 EU, dass bei der Hinrichtung Jesu die Tafel mit der Inschrift „Jesus von Nazaret, der König der Juden“ in den drei Sprachen Hebräisch, Lateinisch und Griechisch abgefasst gewesen sei, was die Verbreitung des Griechischen als Verkehrssprache illustriert. Die Ausbreitung der neuen Religion wurde durch sie sehr erleichtert: Indem die Evangelien (εὐαγγέλιον euangelion „gute Nachricht“, „frohe Botschaft“) auf Griechisch verfasst wurden, konnte sich das Christentum rasch in der städtischen Bevölkerung im ganzen östlichen Mittelmeerraum verbreiten (auf dem Land sprach man meist andere, lokale Sprachen (vergleiche Sprachen im Römischen Reich), weshalb sich die neue Religion hier langsamer verbreitete).
Buchstabe | Griechische Typografie | Umschrift | IPA |
---|---|---|---|
Alpha | α | a | |
Beta | β | b | |
Gamma | γ | g | |
Delta | δ | d | |
Epsilon | ε | e | |
Zeta | ζ | z | |
Eta | η | ē | |
Theta | θ | th | |
Iota | ι | i | |
Kappa | κ | k | |
Lambda | λ | l | |
Mu | μ | m | |
Nu | ν | n | |
Xi | ξ | x | |
Omicron | ο | o | |
Pi | π | p | |
Rho | ρ | r | |
Sigma | σ (-σ-/-σσ-) | s (-s-/-ss-) | |
Tau | τ | t | |
Upsilon | υ | y | |
Phi | φ | ph | |
Chi | χ | ch | |
Psi | ψ | ps | |
Omega | ω | ō | |
. | αι | ai | |
. | ει | ei | |
. | οι | oi | |
. | υι | yi | (or ) |
. | αυ | au | |
. | ευ | eu | |
. | ου | ou | |
. | αι (ᾳ) | āi | |
. | ηι (ῃ) | ēi | |
. | ωι (ῳ) | ōi | |
. | ῾ | h |
Weitere Verwendung des Begriffs Koine
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Anlehnung an die Bedeutung der Koine in Griechenland wird dieser Begriff auch ganz allgemein auf Sprachen angewendet, die sich in einem von Dialekten geprägten Bereich als gemeinsame Verkehrssprache herausgebildet haben. In diesem Sinne kann man auch Hochdeutsch als eine Koine ansehen, die als überregionale Verkehrssprache im deutschen Sprachgebiet verwendet wird, ohne bisher die vielen Dialekte und Regiolekte ganz verdrängt zu haben. Aus dieser Perspektive wird ein Dialekt als Vorstufe der (entstehenden) Standardsprache aufgefasst. So wie im Beispiel der ‚Koine‘ die griechischen Dialekte (Attisch, Ionisch, Dorisch usw.) Vorstufen der Koine waren, welche dann zur weiträumigen Verkehrs- und Handelssprache wurde, so sind auch die verschiedenen deutschen (und anderen europäischen) ‚Dialekte‘ Vorstufen der späteren (deutschen bzw. europäischen) Hochsprache.[3]
-
Orangefarben: griechische Handelszentren. Die griechische und phönizische Kolonisation; im 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr.
-
Gelbfarben: Griechischsprachige Gebiete oder Regionen mit einer großen Zahl griechisch-sprechender Personen im gesamten mediterranen Raum.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Helmut Glück (Hrsg.): Metzler-Lexikon Sprache. 4., aktualisierte und überarbeitete Auflage. J. B. Metzler, Stuttgart u. a. 2010, ISBN 978-3-476-02335-3.
- Hadumod Bußmann (Hrsg.) unter Mitarbeit von Hartmut Lauffer: Lexikon der Sprachwissenschaft. 4., durchgesehene und bibliographisch ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-45204-7.
- Johannes Niehoff-Panagiotidis: Koine und Diglossie. Otto Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1994, ISBN 3-447-03500-5 (Online-Vorschau).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- OpenText – Projekt zur Erschließung des hellenistischen Griechisch (englisch)
- Übersicht über das Verbalsystem des Koine-Griechisch (PDF)
- Jörg Dittmer: Kurzgefasste Lerngrammatik zur Sprache der κοινή. (im Unterschied zum Klassischen Griechisch) chairete.de auf chairete.de
- Umwelt des Neuen Testaments. Die Ausbreitung der griechischen Kultur im Osten. S. 54–68 (kaththeol.uni-muenchen.de auf kaththeol.uni-muenchen.de)
Einzelnachweise und Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Robert Browning: Von der Koine bis zu den Anfängen des modernen Griechisch. In: Heinz-Günther Nesselrath: Einleitung in die griechische Philologie. Springer, Wiesbaden 1997, ISBN 978-3-663-12075-9, S. 156–168.
- ↑ Martin Persson Nilsson: Geschichte der griechischen Religion: Die hellenistische und römische Zeit. Bd. 2, C. H. Beck, München 1974, ISBN 978-3-406-01430-7, S. 22 (books.google.de).
- ↑ Heinrich Löffler: Probleme der Dialektologie. Eine Einführung. 3. Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1990, S. 6 f.