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„Kristalloptik“ – Versionsunterschied

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Die '''Kristalloptik''' beschäftigt sich mit der Wechselwirkung [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischer Strahlung]], in der Regel im sichtbaren [[Wellenlänge]]nbereich, mit [[Kristall|kristallinen]] oder anderweitig [[Anisotropie|anisotropen]] [[Festkörper]]n, aber verallgemeinernd auch mit optisch aktiven Flüssigkeiten. Sie ist ein Teilgebiet der [[Optik]], der [[Festkörperphysik]] und der [[Mineralogie]].
Die '''Kristalloptik''' beschäftigt sich mit der Wechselwirkung [[Elektromagnetische Welle|elektromagnetischer Strahlung]], in der Regel im sichtbaren [[Wellenlänge]]nbereich, mit [[kristall]]inen oder anderweitig [[Anisotropie|anisotropen]] [[Festkörper]]n, aber verallgemeinernd auch mit [[optisch aktiv]]en Flüssigkeiten. Sie ist ein Teilgebiet der [[Optik]], der [[Festkörperphysik]] und der [[Mineralogie]].


==Allgemeines==
== Hintergrund ==
Die [[Optik|optischen]] Eigenschaften der Kristalle, die unter anderem für [[Reflexion (Physik)|Reflexion]], [[Refraktion]] und [[Absorption (Physik)|Absorption]] des [[Licht]]es verantwortlich sind, sind durch ihren regelmäßigen inneren Aufbau bestimmt. Anders als bei den optisch isotropen [[Glas|Gläsern]] findet man bei Kristallen in der Regel das Phänomen der Anisotropie: Wichtige Eigenschaften wie beispielsweise der [[Brechungsindex]] sind von der Ausbreitungsrichtung des Lichts im Kristall und seiner [[Polarisation]] abhängig.
Die [[Optik|optischen]] Eigenschaften von Kristallen, die u. a. für [[Reflexion (Physik)|Reflexion]], [[Brechung (Physik)|Refraktion]] und [[Absorption (Physik)|Absorption]] des [[Licht]]es verantwortlich sind, sind durch ihren [[Kristallstruktur|regelmäßigen inneren Aufbau]] bestimmt. Anders als bei den optisch [[isotrop]]en [[Glas|Gläsern]] findet man bei Kristallen in der Regel das Phänomen der Anisotropie: Wichtige Eigenschaften wie z. B. der [[Brechungsindex]] sind von der Ausbreitungsrichtung des Lichts im Kristall und seiner [[Polarisation]] abhängig (genauer gesagt gilt dies für alle Kristalle, die ''nicht'' das [[Kubisches Kristallsystem|kubische Kristallsystem]] aufweisen).


Genauer gesagt gilt dies für alle Kristalle, die nicht das kubische [[Kristallsystem]] aufweisen. Zur Veranschaulichung trägt man in einem dreidimensionalen Diagramm für jede mögliche Ausbreitungsrichtung von Licht im Kristall den Wert des Brechungsindex in dieser Richtung ein. Dadurch ergibt sich immer ein [[Ellipsoid]] mit in der Regel drei ungleich langen senkrecht aufeinander stehenden Hauptachsen, das man auch als [[Indikatrix]] bezeichnet.
Zur Veranschaulichung trägt man in einem dreidimensionalen Diagramm für jede mögliche Wellen[[normalenrichtung]] von Licht im Kristall den Wert der Brechungsindizes in den beiden Schwingungsrichtungen senkrecht zu dieser Richtung ein. Dadurch ergibt sich immer ein [[Ellipsoid]] mit im Allgemeinen drei ungleichen senkrecht aufeinander stehenden [[Halbachsen der Ellipse|Hauptachsen]], das man auch als [[Indexellipsoid]], Fletcher-Ellipsoid oder [[Indikatrix]] bezeichnet:
* Ist der Kristall kubisch, dann reduziert sich das Ellipsoid auf den Spezialfall einer [[Kugel]], da alle drei Hauptachsen dieselbe Länge haben. Die Lichtausbreitung ist in diesem Falle isotrop.
[[Datei:Kalkspat doppelbrechung laser.svg|mini|Doppelbrechung an einem [[Kalkspat]]-Kristall:<br />ordentlicher und außerordentlicher Strahl sind durch rote [[Fluoreszenz]] im Kristall sichtbar]]
* Im Falle des [[Wirteliges Kristallsystem|wirteligen Kristallsysteme]] ([[hexagonal]], [[trigonal]] und [[tetragonal]]) sind nur zwei der Hauptachsen gleich lang ([[Rotationsellipsoid]]), man spricht dann von optisch einachsigen oder uniaxialen Kristallen. Die in der Bezeichnung angesprochene [[Optische Achse (Kristalloptik)|optische Achse]] steht senkrecht auf den beiden gleich langen Hauptachsen. Nur bei Lichteinfall parallel zu dieser Achse findet ''keine'' [[Doppelbrechung]] statt.
* Drei unterschiedlich lange Hauptachsen ([[dreiachsiges Ellipsoid]]) finden sich für das [[orthorhombisch]]e, [[Monoklines Kristallsystem|monokline]] und [[triklin]]e Kristallsystem, der Kristall heißt nun optisch zweiachsig oder biaxial. Diese beiden Achsen fallen nicht mit Hauptachsen des Ellipsoids zusammen; vielmehr sind sie eindeutig dadurch definiert, dass sie senkrecht auf den beiden einzigen Kreisen stehen, die sich durch den Schnitt einer Ebene mit dem Ellipsoid durch seinen Mittelpunkt erzeugen lassen (alle anderen Schnitte ergeben keine Kreise, sondern [[Ellipse]]n). Der Radius dieser Kreise entspricht der von der Länge her mittleren der drei Hauptachsen.
Eine wichtige Folge der Anisotropie von Kristallen ist die Doppelbrechung, d.&nbsp;h. die Aufspaltung von Licht, das auf den Kristall trifft, in [[Doppelbrechung #Ordentlicher und außerordentlicher Strahl|einen ordentlichen und einen außerordentlichen Strahl]], die eine unterschiedliche Polarisation aufweisen.


Auch die [[optische Aktivität]] von Kristallen lässt sich auf ihre Anisotropie zurückführen: Dabei wird die Polarisationsebene linear polarisierten Lichtes um einen Winkel gedreht, der [[proportional]] ist zur im Kristall zurückgelegten Strecke. Je nachdem ob die Ebene im [[Uhrzeigersinn|Uhrzeiger-]] oder im Gegenuhrzeigersinn gedreht wird, wenn man genau gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichtes schaut, unterscheidet man rechts- und linksdrehende Kristalle, die auch als ''optische Modifikationen'' bezeichnet werden. Beispiele sind Links- und Rechts[[quarz]].
*Ist der Kristall kubisch, reduziert sich das Ellipsoid auf den Spezialfall einer [[Kugel]], da alle drei Hauptachsen dieselbe Länge haben. Die Lichtausbreitung ist in diesem Falle isotrop.


Eine dritte spezifisch auf Kristalle zutreffende optische Erscheinung ist der [[Pleochroismus]]. Das bedeutet, dass Licht je nach Ausbreitungs- und Polarisationsrichtung unterschiedlich stark absorbiert wird. Da die Absorption zusätzlich noch von der [[Wellenlänge]] abhängt, zeigt sich der Pleochronismus in einer richtungsabhängigen Farbänderung des durchstrahlten Lichtes, die in extremen Fällen schon mit bloßem Auge feststellbar ist.
*Im Falle des hexagonalen, trigonalen und tetragonalen Kristallsystems sind nur zwei der Hauptachsen gleichlang, man spricht dann von optisch einachsigen oder uniaxialen Kristallen. Die in der Bezeichnung angesprochene [[optische Achse|Achse]] steht senkrecht auf den beiden gleichlangen Hauptachsen. Bei Lichteinfall parallel zu dieser Achse findet keine [[Doppelbrechung]] statt.


Die optischen Eigenschaften eines Kristalls lassen sich beeinflussen durch [[Belastung (Physik)|mechanische Belastung]], aber auch durch
*Drei unterschiedlich lange Hauptachsen finden sich für das orthorhombische, monokline und trikline Kristallsystem, der Kristall heißt nun optisch zweiachsig oder biaxial. Diese beiden [[optische Achse|Achsen]] fallen nicht mit Hauptachsen des Ellipsoids zusammen, sie sind vielmehr eindeutig dadurch definiert, dass sie senkrecht auf den einzigen beiden Kreisen stehen, die sich durch Schnitt einer Ebene durch den Mittelpunkt des Ellipsoids mit der Indikatrix erzeugen lassen (alle anderen Schnitte ergeben [[Ellipse]]n und keine Kreise). Der Radius dieser Kreise entspricht der von der Länge her mittleren der drei Hauptachsen.
* äußere [[Elektrisches Feld|elektrische Felder]] ([[Elektrooptik|elektrooptischer Effekt]])
* äußere [[Magnetisches Feld|magnetische Felder]] ([[Magnetooptik|magnetooptischer Effekt]]).
Umgekehrt können diese Effekte zur Diagnose der externen Einflüsse herangezogen werden.


== Mathematischer Formalismus ==
Eine wichtige Folge der Anisotropie von Kristallen ist die [[Doppelbrechung]], das heißt die Aufspaltung von auf den Kristall auftreffendem Licht in einen ordentlichen und einen außerordentlichen Strahl, die eine unterschiedliche Polarisation aufweisen.
Grundlage des mathematischen Formalismus ist die Tatsache, dass die [[elektrische Feldstärke]] <math>\vec{E}</math> und die [[Elektrische Flussdichte|elektrische Verschiebungsdichte]] <math>\vec{D}</math> nicht mehr gleich gerichtet sind. Damit kann die [[Permittivität|dielektrische Funktion]] <math>\varepsilon</math>, welche die beiden Formelgrößen verknüpft, nicht mehr als [[Skalar (Physik)|Skalar]] aufgefasst werden, sondern muss als [[Tensor]] zweiter Stufe behandelt werden. Die Beziehung zwischen <math>\vec{D}</math> und <math>\vec{E}</math> schreibt sich nun:

Auch die [[optische Aktivität]] von Kristallen lässt sich auf ihre Anisotropie zurückführen: Dabei wird die Polarisationsebene linear polarisierten Lichtes um einen zur im Kristall zurückgelegten Strecke proportionalen Winkel gedreht. Man unterscheidet je nachdem ob die Ebene im Uhrzeiger- oder Gegenuhrzeigersinn gedreht wird, wenn man genau gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichtes schaut, rechts- und linksdrehende Kristalle, die auch als optische Modifikationen bezeichnet werden. Als Beispiele seien Linksquarz und Rechtsquartz genannt.

Eine dritte spezifisch auf Kristalle zutreffende optische Erscheinung ist der so genannte [[Pleochroismus]]. Das bedeutet, dass Licht je nach Ausbreitungs- und Polarisationsrichtung unterschiedlich stark absorbiert wird. Da die Absorption zusätzlich noch von der Wellenlänge abhängt, zeigt sich der Pleochronismus in einer richtungsabhängigen Farbänderung des durchstrahlten Lichtes, die in extremen Fällen schon mit bloßem Auge feststellbar ist.

Die optischen Eigenschaften eines Kristalls lassen sich durch äußere [[Elektrisches Feld|elektrische]] und [[Magnetisches Feld|magnetische Felder]], aber auch durch mechanische Belastung beeinflussen, in ersterem Fall spricht man auch von [[Magnetooptik]]. Umgekehrt können sie zur Diagnose dieser externen Einflüsse herangezogen werden.

==Mathematischer Formalismus==

Grundlage des mathematischen Formalismus ist die Tatsache, dass die [[Elektrische Feldstärke|elektrische Feldstärke]] '''E''' und die [[Permittivität|elektrische Verschiebungsdichte]] '''D''' nicht mehr gleich gerichtet sind. Damit kann die [[Permittivität|dielektrische Funktion]] <math>\varepsilon</math>, welche die beiden Formelgrößen verknüpft, nicht mehr als [[Skalar_(Physik)|Skalar]] aufgefasst, sondern muss als [[Tensor]] zweiter Stufe behandelt werden. Die Beziehung zwischen '''D''' und '''E''' schreibt sich nun:


<math>\begin{pmatrix} D_x \\ D_y \\ D_z \end{pmatrix} = \varepsilon_0
<math>\begin{pmatrix} D_x \\ D_y \\ D_z \end{pmatrix} = \varepsilon_0
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\cdot \begin{pmatrix} E_x \\ E_y \\ E_z \end{pmatrix},</math>
\cdot \begin{pmatrix} E_x \\ E_y \\ E_z \end{pmatrix},</math>


wobei <math>\epsilon_0</math> die Dielektrizitätskonstante des Vakuums darstellt.
wobei <math>\varepsilon_0</math> die [[Elektrische Feldkonstante|Dielektrizitätskonstante des Vakuums]] darstellt.


Wie sich eine elektromagnetische Welle im anisotropen Medium ausbreitet, lässt sich durch Lösen der [[Wellengleichung]] für anisotrope Körper berechnen:
Wie sich eine elektromagnetische Welle im anisotropen Medium ausbreitet, lässt sich durch Lösen der [[Wellengleichung]] für anisotrope Körper berechnen:


:<math>\varepsilon \cdot \vec{E} = n^2 (\vec{E} -\vec{k}(\vec{E} \cdot \vec{k}))</math>.
:<math>\varepsilon \cdot \vec{E} = n^2 (\vec{E} -\vec{k}(\vec{E} \cdot \vec{k}))</math>

mit
* dem Brechungsindex&nbsp;n
* einem [[Wellenvektor|Einheitsvektor]] <math>\vec{k}</math>, der in Ausbreitungsrichtung der Welle zeigt.

Algebraisch ist die Wellengleichung ein System aus drei gekoppelten Gleichungen, aus dem sich die zwei Brechungsindizes für die beiden verschiedenen Polarisationsrichtungen ableiten lassen. Das Gleichungssystem ist jedoch im Allgemeinen in Bezug auf die Polarisationsrichtung nicht eindeutig. Deshalb wird ein Verfahren benutzt, um die drei Gleichungen auf zwei zu reduzieren.


Dazu konstruiert man zunächst ein System aus drei paarweise senkrecht aufeinander stehenden Vektoren. Zwei davon sind die Ausbreitungsrichtung <math>\vec{k}</math> und Verschiebungsdichte <math>\vec{D}</math>, der dritte ist die [[magnetische Feldstärke]] <math>\vec{H}</math>. Da <math>\vec{k}</math> nicht mehr wie im isotropen Festkörper im 90-Grad-Winkel zu <math>\vec{E}</math> stehen muss, ist die Wellengleichung nicht geeignet, um den Polarisierungscharakter der Wellen zu bestimmen.
Hier stellt '''k''' einen Einheitsvektor dar, der in Ausbreitungsrichtung der Welle zeigt, n ist der Brechungsindex.


Nun wird ausgenutzt, dass <math>\vec{D}</math> senkrecht auf der Ausbreitungsrichtung <math>\vec{k}</math> steht. Es ist
Algebraisch ist die Wellengleichung ein System aus drei gekoppelten Gleichungen, aus dem sich die zwei Brechungsindizes für die beiden verschiedenen Polarisationsrichtungen ableiten lassen. Das Gleichungssystem ist jedoch im allgemeinen in Bezug auf die Polarisationsrichtung nicht eindeutig. Deshalb wird ein Verfahren benutzt, um die drei Gleichungen auf zwei zu reduzieren. Zunächst konstruiert man ein System aus drei paarweise senkrecht aufeinander stehenden Vektoren. Zwei davon sind die Ausbreitungsrichtung '''k''' und Verschiebungsdichte '''D''', der dritte ist die [[Magnetische Feldstärke|magnetische Feldstärke]] '''H'''. Da '''k''' nicht mehr wie im isotropen Festkörper im 90-Grad-Winkel zu '''E''' stehen muss, ist die Wellengleichung nicht geeignet, um den Polarisierungscharakter der Wellen zu bestimmen.


:<math>\vec{E}=(\varepsilon)^{-1} \cdot \vec{D}</math>,
Nun wird ausgenutzt, dass '''D''' senkrecht auf der Ausbreitungsrichtung '''k''' steht. Es ist


wobei <math>(\varepsilon)^{-1}</math> der zu <math>(\varepsilon)</math> inverse Tensor ist. Durch Wahl eines neuen [[Koordinatensystem]]s mit den Koordinaten a, b, c, das so gewählt ist, dass die c-Richtung parallel zu <math>\vec{k}</math> liegt, kann man das Gleichungssystem von drei auf zwei Gleichungen reduzieren:
:<math>\vec{E}=\varepsilon^{-1} \cdot \vec{D}</math>,


:<math>D_a = n^2 \varepsilon_{aa}^{-1} D_a + n^2 \varepsilon_{ab}^{-1} D_b</math>
wobei <math>\epsilon^{-1}</math> der zu <math>\epsilon</math> inverse Tensor ist. Durch Wahl eines neuen Koordinatensystems mit den Koordinaten a, b, c, das so gewählt ist, dass die c-Richtung parallel zu '''k''' liegt, kann man das Gleichungssystem von drei auf zwei Gleichungen reduzieren:
:<math>D_b = n^2 \varepsilon_{ba}^{-1} D_a + n^2 \varepsilon_{bb}^{-1} D_b</math>


Durch Lösen dieses Gleichungssystems erhält man die beiden Brechungsindizes und den Polarisationscharakter für jede beliebige Richtung.
:<math>D_a = n^2 \varepsilon_{aa}^{-1} D_a + n^2 \varepsilon_{ab}^{-1} D_b</math> <br />
:<math>D_b = n^2 \varepsilon_{ba}^{-1} D_a + n^2 \varepsilon_{bb}^{-1} D_b</math> <br />


== Literatur ==
Durch Lösen dieses Gleichungssystems erhält man die beiden Brechungsindices und den Polarisationscharakter für jede beliebige Richtung.
* [[Werner Döring]]: ''Einführung in die Theoretische Physik, Band III (Optik).'' Sammlung Göschen, Berlin 1957.
* {{Literatur |Titel=Kristalloptik |Hrsg=[[Harry Paul (Physiker)|Harry Paul]] |Sammelwerk=Lexikon der Optik |Verlag=Spektrum Akademischer Verlag |Datum=1999 |ISBN=978-3-827-40382-7 |Online=https://www.spektrum.de/lexikon/optik/kristalloptik/1680}}
* {{Literatur |Titel=Kristalloptik |Hrsg=|Sammelwerk=Meyers Großes Konversations-Lexikon|Band=11 |Verlag= |Ort=Leipzig|Datum=1907 |Seiten=712–716|Online=http://www.zeno.org/Meyers-1905/A/Kristalloptik}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{Internetquelle | autor= H.-G. Stosch | url= https://www.agw.kit.edu/downloads/Studiengang/Kristalloptik%20-%20Mineralmikroskopie%20(Stosch,%2021MB).pdf | titel= Skript zur Kristalloptik II – Mineralmikroskopie | werk= agw.kit.edu | hrsg= Uni Freiburg | datum= 2009-10-14 | abruf= 2019-09-23 | format= PDF 21789 kB}}
*[http://gerdbreitenbach.de/crystal/index.html Interferenzfiguren an doppelbrechenden, optisch aktiven Kristallplättchen]
* [http://gerdbreitenbach.de/crystal/index.html Interferenzfiguren an doppelbrechenden, optisch aktiven Kristallplättchen]


{{Normdaten|TYP=s|GND=4165767-6|LCCN=sh85034488}}
[[Kategorie:Optik]][[Kategorie:Mineralogie]][[Kategorie:Kristallographie]]


[[Kategorie:Optik]]
[[en:Crystal optics]]
[[Kategorie:Kristallographie]]

Aktuelle Version vom 4. Juni 2024, 23:32 Uhr

Die Kristalloptik beschäftigt sich mit der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung, in der Regel im sichtbaren Wellenlängenbereich, mit kristallinen oder anderweitig anisotropen Festkörpern, aber verallgemeinernd auch mit optisch aktiven Flüssigkeiten. Sie ist ein Teilgebiet der Optik, der Festkörperphysik und der Mineralogie.

Die optischen Eigenschaften von Kristallen, die u. a. für Reflexion, Refraktion und Absorption des Lichtes verantwortlich sind, sind durch ihren regelmäßigen inneren Aufbau bestimmt. Anders als bei den optisch isotropen Gläsern findet man bei Kristallen in der Regel das Phänomen der Anisotropie: Wichtige Eigenschaften wie z. B. der Brechungsindex sind von der Ausbreitungsrichtung des Lichts im Kristall und seiner Polarisation abhängig (genauer gesagt gilt dies für alle Kristalle, die nicht das kubische Kristallsystem aufweisen).

Zur Veranschaulichung trägt man in einem dreidimensionalen Diagramm für jede mögliche Wellennormalenrichtung von Licht im Kristall den Wert der Brechungsindizes in den beiden Schwingungsrichtungen senkrecht zu dieser Richtung ein. Dadurch ergibt sich immer ein Ellipsoid mit im Allgemeinen drei ungleichen senkrecht aufeinander stehenden Hauptachsen, das man auch als Indexellipsoid, Fletcher-Ellipsoid oder Indikatrix bezeichnet:

  • Ist der Kristall kubisch, dann reduziert sich das Ellipsoid auf den Spezialfall einer Kugel, da alle drei Hauptachsen dieselbe Länge haben. Die Lichtausbreitung ist in diesem Falle isotrop.
Doppelbrechung an einem Kalkspat-Kristall:
ordentlicher und außerordentlicher Strahl sind durch rote Fluoreszenz im Kristall sichtbar
  • Im Falle des wirteligen Kristallsysteme (hexagonal, trigonal und tetragonal) sind nur zwei der Hauptachsen gleich lang (Rotationsellipsoid), man spricht dann von optisch einachsigen oder uniaxialen Kristallen. Die in der Bezeichnung angesprochene optische Achse steht senkrecht auf den beiden gleich langen Hauptachsen. Nur bei Lichteinfall parallel zu dieser Achse findet keine Doppelbrechung statt.
  • Drei unterschiedlich lange Hauptachsen (dreiachsiges Ellipsoid) finden sich für das orthorhombische, monokline und trikline Kristallsystem, der Kristall heißt nun optisch zweiachsig oder biaxial. Diese beiden Achsen fallen nicht mit Hauptachsen des Ellipsoids zusammen; vielmehr sind sie eindeutig dadurch definiert, dass sie senkrecht auf den beiden einzigen Kreisen stehen, die sich durch den Schnitt einer Ebene mit dem Ellipsoid durch seinen Mittelpunkt erzeugen lassen (alle anderen Schnitte ergeben keine Kreise, sondern Ellipsen). Der Radius dieser Kreise entspricht der von der Länge her mittleren der drei Hauptachsen.

Eine wichtige Folge der Anisotropie von Kristallen ist die Doppelbrechung, d. h. die Aufspaltung von Licht, das auf den Kristall trifft, in einen ordentlichen und einen außerordentlichen Strahl, die eine unterschiedliche Polarisation aufweisen.

Auch die optische Aktivität von Kristallen lässt sich auf ihre Anisotropie zurückführen: Dabei wird die Polarisationsebene linear polarisierten Lichtes um einen Winkel gedreht, der proportional ist zur im Kristall zurückgelegten Strecke. Je nachdem ob die Ebene im Uhrzeiger- oder im Gegenuhrzeigersinn gedreht wird, wenn man genau gegen die Ausbreitungsrichtung des Lichtes schaut, unterscheidet man rechts- und linksdrehende Kristalle, die auch als optische Modifikationen bezeichnet werden. Beispiele sind Links- und Rechtsquarz.

Eine dritte spezifisch auf Kristalle zutreffende optische Erscheinung ist der Pleochroismus. Das bedeutet, dass Licht je nach Ausbreitungs- und Polarisationsrichtung unterschiedlich stark absorbiert wird. Da die Absorption zusätzlich noch von der Wellenlänge abhängt, zeigt sich der Pleochronismus in einer richtungsabhängigen Farbänderung des durchstrahlten Lichtes, die in extremen Fällen schon mit bloßem Auge feststellbar ist.

Die optischen Eigenschaften eines Kristalls lassen sich beeinflussen durch mechanische Belastung, aber auch durch

Umgekehrt können diese Effekte zur Diagnose der externen Einflüsse herangezogen werden.

Mathematischer Formalismus

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Grundlage des mathematischen Formalismus ist die Tatsache, dass die elektrische Feldstärke und die elektrische Verschiebungsdichte nicht mehr gleich gerichtet sind. Damit kann die dielektrische Funktion , welche die beiden Formelgrößen verknüpft, nicht mehr als Skalar aufgefasst werden, sondern muss als Tensor zweiter Stufe behandelt werden. Die Beziehung zwischen und schreibt sich nun:

wobei die Dielektrizitätskonstante des Vakuums darstellt.

Wie sich eine elektromagnetische Welle im anisotropen Medium ausbreitet, lässt sich durch Lösen der Wellengleichung für anisotrope Körper berechnen:

mit

  • dem Brechungsindex n
  • einem Einheitsvektor , der in Ausbreitungsrichtung der Welle zeigt.

Algebraisch ist die Wellengleichung ein System aus drei gekoppelten Gleichungen, aus dem sich die zwei Brechungsindizes für die beiden verschiedenen Polarisationsrichtungen ableiten lassen. Das Gleichungssystem ist jedoch im Allgemeinen in Bezug auf die Polarisationsrichtung nicht eindeutig. Deshalb wird ein Verfahren benutzt, um die drei Gleichungen auf zwei zu reduzieren.

Dazu konstruiert man zunächst ein System aus drei paarweise senkrecht aufeinander stehenden Vektoren. Zwei davon sind die Ausbreitungsrichtung und Verschiebungsdichte , der dritte ist die magnetische Feldstärke . Da nicht mehr wie im isotropen Festkörper im 90-Grad-Winkel zu stehen muss, ist die Wellengleichung nicht geeignet, um den Polarisierungscharakter der Wellen zu bestimmen.

Nun wird ausgenutzt, dass senkrecht auf der Ausbreitungsrichtung steht. Es ist

,

wobei der zu inverse Tensor ist. Durch Wahl eines neuen Koordinatensystems mit den Koordinaten a, b, c, das so gewählt ist, dass die c-Richtung parallel zu liegt, kann man das Gleichungssystem von drei auf zwei Gleichungen reduzieren:

Durch Lösen dieses Gleichungssystems erhält man die beiden Brechungsindizes und den Polarisationscharakter für jede beliebige Richtung.

  • Werner Döring: Einführung in die Theoretische Physik, Band III (Optik). Sammlung Göschen, Berlin 1957.
  • Kristalloptik. In: Harry Paul (Hrsg.): Lexikon der Optik. Spektrum Akademischer Verlag, 1999, ISBN 978-3-8274-0382-7 (spektrum.de).
  • Kristalloptik. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. Band 11. Leipzig 1907, S. 712–716 (zeno.org).