„Barr-Körper“ – Versionsunterschied
Erscheinungsbild
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
||
(4 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
#REDIRECT [[Geschlechts-Chromatin]] |
|||
Unter einem '''Barr-Körper''' versteht man in der [[Zellbiologie]] und in der [[Genetik]] die dicht zusammengepackten überzähligen [[X-Chromosom]]en in weiblichen [[Zelle]]n. Da sie sich somit gut anfärben lassen, sind sie im [[Mikroskop]] als kleine Körperchen sichtbar. Sie werden nach ihrem Entdecker [[Murray Llewellyn Barr]] benannt. |
|||
Bei [[Höhere Säugetiere|höheren Säugetieren]] (Eutheria) wird die [[gen]]etische [[Geschlecht]]sbestimmung durch das Vorhandensein eines [[Y-Chromosom]]s bestimmt. Weibchen besitzen zwei X-Chromosomen, Männchen ein X und ein Y. Dadurch kommt es bei Weibchen zu dem Problem, dass die Gene des X doppelt so häufig [[Transkription (Biologie)|transkribiert]] werden würden als nötig wäre. Um dieses Ungleichgewicht in der Gendosis zu kompensieren, wird daher ein zufällig ausgewähltes X-Chromosom inaktiviert, was dadurch geschieht, indem ein X-Chromosom stärker verpackt wird. Deswegen wird es optisch dichter und besser anfärbbar.<br> |
|||
Diesen Effekt entdeckt 1949 Murray Llewellyn Barr, der es zusammen mit Ewart George Bertram 1949 als erster im entsprechenden Zusammenhang publizierte. Mary Frances Lyon veröffentlichte Anfang der 60er Jahre dann die Hypothese, daß eines der X-Chromosomen in jeder Zelle inaktiviert wird und wann dies geschieht (ca. 16. Tag der Embryogenese). Sie prägte auch den Begriff Barr-Körper (englisch: ''Barr body''). |
|||
==molekularer Mechanismus== |
|||
Die Inaktivierung Des X-Chromosoms wird durch die '''Xist RNA''' (''X inactive specific transcript RNA'') ausgelöst, dessen Gen in der XIC-Region (''X inactivating center'') nahe dem [[Centromer]] des X kodiert ist. |
|||
Das Xist-Gen auf dem X-Chromosom der Mutter liegt in der [[Eizelle]] zunächst [[DNA-Methylierung|methyliert]], also inaktiv vor und das X-Chromosom ist aktiv. Kommt mit dem [[Spermium]] ein Y-Chromosom hinzu, so bleibt das Xist-Gen methyliert. Kommt jedoch ein weiteres X-Chromosom hinzu, so liegt bei ihm das Xist-Gen nicht methyliert vor, es entsteht die Xist RNA und auch das zweite X-Chromosom wird inaktiviert. Dies ist jedoch nicht stabil, da für die Aufrechterhaltung das ''eed''-Protein benötigt wird und dies ebenfalls auf dem X-Chromosom kodiert vorliegt. Dadurch werden nun beide X-Chromosomen aktiv und das Xist-Gen wieder aktiv. Diesmal wird jedoch nur 1 X-Chromosom inaktiviert, wobei sowohl das väterliche als auch das mütterliche X ausgeschaltet werden kann. Da dies erst nach mehreren Zellteilungen erfolgt, sind Säugerweibchen genetische X-Mosaike. |
|||
Mit der Bindung der Xist-RNA an die [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] kommt es zu folgenden molekularen Veränderungen: |
|||
*viele Promotoren (insbesondere [[CpG-Insel|GC-Blöcke]]) werden methyliert und somit die Gene ausgeschaltet |
|||
*die [[Histon]]e H3 werden methyliert und die Histone H4 [[Acetylierung|deacetyliert]]. Dadurch wird die DNA stärker an die Histone gebunden, was das Ablesen erschwert. Das inaktivierte X-Chromosom wird somit zum optisch dichteren [[Heterochromatin]] und wird als '''Barr-Körper''' bezeichnet. |
|||
Die Heterochromatinisierung geschieht beim Menschen nicht vollständig und gleichartig, weswegen bei [[Heterozygotie|heterozygot]] vorliegenden [[Allel]]en von X-chromosomal-[[rezessiv]] vererbten Krankheiten diese nicht ausbrechen müssen. Dies erklärt, warum Männer häufiger an solchen Krankheiten, wie die [[Hämophilie|Bluterkrankheit]] erkranken. Ihnen fehlt das zweite X zum eventuellen Ausgleichen. |
|||
==Bedeutung== |
|||
Üblicherweise besitzen Frauen (XX) 1 Barr-Körperchen, Männer (XY) hingegen keines. |
|||
Wird bei einer Frau jedoch kein Barr-Körperchen gefunden, handelt es sich entweder um einen (genetischen) Mann, dessen [[Sex determining region of Y|"Männlichkeits"-Gen]] auf dem Y-Chromosom defekt ist oder verloren gegangen ist oder die Frau besitzt nur ein X-Chromosom (Genotyp X0). Man spricht beim letzteren Fall vom sogenannten [[Turner-Syndrom]]. Würde bei der Turner-Frau das einzige X inaktiviert werden, so wäre das tödlich (letal), was wohl ein wichtiger Grund dafür ist, dass X0-Zygoten zu über 90 % letal enden).<br>Besitzt eine Frau mehr als einen Barr-Körper, so spricht man allgemein vom [[Triplo-X-Syndrom]], egal ob nun 2 oder mehr Barr-Körperchen gefunden werden.<br> |
|||
Es gibt jedoch auch Männer mit einem oder mehr Barr-Körperchen (XXY, XXXY etc.). Diese haben das sogenannte [[Klinefelter-Syndrom]]. |
|||
Der sogenannte "'''Barr-Test'''", bei dem Haare, Mundschleimhaut oder Blut zum Testen benutzt wird, ist zum Beispiel bei großen Sportwettkämpfen verpflichend. Er ersetzte bei den [[Olympische Spiele]]n 1968 die vorher übliche optische Untersuchung, nachdem die Sportler dies als entwürdigend kritisiert hatten. Diese wurde Mitte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts eingeführt, nachdem bekannt wurde, dass sich der deutsche Athlet [[Hermann Ratjen]] bei den Olympischen Spielen 1936 seine Genitalien zusammengebunden hatte und als "Dora" beim Hochsprung teilgenommen hatte. |
|||
== Weblinks == |
|||
*[http://www.kfunigraz.ac.at/imhwww/lehre/XY.html X-Chromatin, Y-Chromatin („Geschlechtschromatin“)] |
|||
*[http://www.uni-kl.de/FB-Biologie/AG-Zankl/barr.htm Geschlechtschromatinfärbungen] |
|||
[[Kategorie:Zellbiologie]] |
|||
[[Kategorie:Genetik]] |
|||
[[en:Barr body]] |
|||
[[es:Corpúsculo Barr]] |
|||
[[hu:Barr-test]] |
|||
[[sr:Барово тело]] |
Aktuelle Version vom 15. Februar 2006, 03:46 Uhr
Weiterleitung nach: