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„Al-Salam Boccaccio 98“ – Versionsunterschied

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{{Infobox Schiff
{{Neuigkeiten}}
| Schiffskategorie = Handelsschiff
[[Bild:Al-Salam Boccaccio sinking in Red Sea.png|thumb|200px|Die Unglückstelle im [[Rotes Meer|Roten Meer]]]]
| Name = ''Al-Salam Boccaccio 98''
Die '''Al-Salam Boccaccio 98''' ([[Arabische Sprache|arab.]] [[Salam]] سلام bedeutet Frieden) war eine [[RoRo-Schiff|RoRo-Fähre]], die am [[2. Februar]] [[2006]] im [[Rotes Meer|Roten Meer]] auf der Fahrt von [[Dhiba]], [[Saudi-Arabien]] nach [[Safaga]], [[Ägypten]], gesunken ist.
| Bild = "Al-Salam Boccacio 98" - Genoa, 2001.jpg
| Bildtext = Die ''Al-Salam Boccaccio 98'' vor Genua, Juli 2001
| {{Infobox Schiff/Basis
| Land = {{PAN}}
| andere Schiffsnamen = ''Boccaccio''
| Schiffstyp = RoRo-Fähre
| Schiffsklasse =
| Rufzeichen = 3FIH9
| Heimathafen = Panama
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| Bauwerft = [[Fincantieri]], [[Monfalcone]]
| Baunr = 4237
| Kiellegung = 22. August 1968
| Stapellauf = 8. Juni 1969
| Verbleib = Am 2. Februar 2006 gesunken
}}
| {{Infobox Schiff/Daten
| Länge = 131,07
| Breite = 20,02
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| {{Infobox Schiff/Daten
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| {{Infobox Schiff/Antrieb
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| {{Infobox Schiff/Transport
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| {{Infobox Schiff/Transport
| AbJahr = 1991
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| Rauminhalt =
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|{{Infobox Schiff/Sonstiges
| Klassifizierungen = [[Registro Italiano Navale]]
| Registriernummern = IMO 6921282
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}}


Die '''''Al-Salam Boccaccio 98''''' war eine [[RoRo-Schiff|RoRo-Fähre]], die am 2. Februar 2006 im [[Rotes Meer|Roten Meer]] sank. Von den 1414 an Bord befindlichen Personen – darunter 104 [[Schiffsbesatzung|Besatzungsmitglieder]] – starben mehr als 1000. Nur 387 Menschen überlebten das Unglück.
Die letzte bekannte Position war noch etwa 90 km von Safaga entfernt, ca. 70 km vor dem Badeort [[Hurghada]]. Die Fähre "St. Catherine" der Gegenrichtung hatte noch einen SOS-Funkruf auffangen können, bevor der Kontakt gegen 20.00 Uhr [[UTC]] verloren ging, wurde aus [[Safaga]] bekannt.
Etwa 1.310 Passagiere und 104 Crew-Mitglieder waren während des Unglücks an Bord. Der Hauptteil der Passagiere bestand aus Ägyptern, die auf der Rückkehr von ihrem Arbeitsplatz in Saudi-Arabien in ihre Heimat waren. Auch [[Mekka]]-Pilger werden unter den Reisenden vermutet.


Die meisten [[Passagier]]e waren [[Ägypten|Ägypter]], die auf der Rückkehr von ihrem Arbeitsplatz in [[Saudi-Arabien]] in ihre Heimat waren oder von einer [[Pilger]]fahrt nach [[Mekka]] zurückkehrten.<ref name="Berliner-Zeitung">{{Internetquelle |autor=Julia Gerlach |url=https://www.berliner-zeitung.de/ueber-zwei-wochen-nach-dem-faehrunglueck-im-roten-meer-wird-noch-immer-nach-den-schuldigen-gesucht-die-heimat-der-seelenverkaeufer-li.12967 |titel=Die Heimat der Seelenverkäufer |werk=[[Berliner Zeitung]] |datum=2006-02-20 |zugriff=2015-06-10}}</ref>
Am späten Freitagabend berichtete das ägyptische Fernsehen nach offiziellen Kreisen, bislang seien 231 Passagiere gerettet worden. Der ägyptische Staatspräsident [[Muhammad Husni Mubarak|Mubarak]] hat eine Untersuchung angeordnet.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
[[Datei:Il nave Boccaccio.jpg|mini|links|Die ''Boccaccio'' von [[Tirrenia]]]]
Das Schiff wurde [[1970]] als ''Boccaccio'', eines von sechs Schwesterschiffen, in [[Castelammare di Stabia]], [[Italien]], gebaut. Seine Länge betrug 130,99 m.
Das Schiff wurde als eines von sechs [[Schwesterschiff]]en als ''Boccaccio'' in [[Monfalcone]] bei [[Görz|Gorizia]], [[Italien]], gebaut. Die [[Kiellegung]] erfolgte am 22. August 1968, der [[Stapellauf]] am 8. Juni 1969 und die Fertigstellung am 30. Juni 1970.<ref name="Fakta">{{Internetquelle |url=https://www.faktaomfartyg.se/boccaccio_1970.htm |titel=M/S Boccaccio |hrsg=Fakta om Fartyg |abruf=2021-03-10 |sprache=sv}}</ref>


[[1990]] brannte das Transportschiff im Hafen von [[Marseille]] aus und wurde daraufhin nach Ägypten verkauft.
1990 brannte das Schiff im Hafen von [[Marseille]] aus. Das Schiff wurde 1991 umfangreich umgebaut und dabei mit einem höheren Aufbau versehen. An Bord war nun Platz für 1.300 Passagiere. Die PKW-Kapazität wurde auf 320 erhöht.<ref name="Fakta" />


1999 wurde das Schiff von der ''El Salam Shipping'' in [[Sues]], Ägypten, gekauft und in ''Al-Salam Boccaccio 98'' umbenannt. Registriert war das Schiff in [[Panama]] auf die Schifffahrtsgesellschaft ''Al Salam Maritime Transport Co.''
Das Schiff wurde [[1991]] zu einer Fähre umgebaut, renoviert und mit einem höheren Aufbau versehen. danach hatte es eine Größe von mehr als 11.000 Tonnen, war 118 Meter lang und bis zu 17 Knoten (31,5 Stundenkilometer) schnell. An Bord ist Platz für nahezu 1500 Passagiere. Die PKW-Kapazität wurde auf 320 erhöht.


Am 2. Februar 2006 sank die Fähre im Roten Meer. Das Gebiet war schon in der Vergangenheit ein Ort von Unglücksfällen, so liegt zum Beispiel vor der Küste bei Safaga das [[Wrack]] der ''[[Salem Express]]'', bei deren Untergang 500 Menschen umkamen.
[[1999]] wurde das Schiff von der ''El Salam Shipping'' in [[Sues]], Ägypten, aufgekauft und in ''Al-Salam Boccaccio 98'' umbenannt. Registriert war das Schiff in [[Panama]] auf die Schiffahrtsgesellschaft ''Al Salam Maritime Transport Co.''.


== Die Katastrophe ==
Am [[17. Oktober]] [[2005]] war das Schwesterschiff ''Al-Salam 95'' nach einer Kollision mit dem zypriotischen Frachtschiff ''Jebal Ali'' ebenfalls im Roten Meer gesunken. Damals starben zwei Passagiere, 40 wurden verletzt.
[[Datei:Al-Salam Boccaccio sinking in Red Sea.png|mini|Die Unglücksstelle im [[Rotes Meer|Roten Meer]]]]
Auf der Fahrt von [[Duba (Saudi-Arabien)|Duba]], [[Saudi-Arabien]] nach [[Safaga]], [[Ägypten]] nahm das Unglück kurz nach Verlassen des Hafens seinen Anfang, als im Fahrzeugdeck ein [[Lastkraftwagen|Lkw]] in Brand geriet, beziehungsweise – nach anderen Quellen – ein [[Brand|Kabelbrand]] ausbrach. Da [[Kohlenstoffdioxid|Kohlendioxid]]-[[Feuerlöscher]] nicht verfügbar waren, versuchte die Mannschaft das Feuer mit Wasser zu löschen.


Das Schiffspersonal soll die Passagiere während des Brandes beruhigt und aufgefordert haben, die [[Rettungsweste|Schwimmwesten]] wieder abzulegen.
Als Grund wird vom ADAC die technische Ausstattung der [[RoRo]]-Fähren angegeben. Sie haben im Bug und Heckbereich große Öffnungsklappen und ein durchgehendes Deck für Fahrzeuge nach Art einer Tiefgarage. Es läuft daher bei einem Leck schnell mit Wasser voll und das Schiff neigt zum schnellen Kippen.


Das sich im Fahrzeugdeck sammelnde Löschwasser konnte allerdings nicht durch [[Speigatt]]en oder leistungsstarke [[Lenzen (Wasser)|Lenzpumpen]] nach Außenbord verbracht werden und verursachte auf Grund der großen [[Freie Oberfläche (Schifffahrt)|freien Oberflächen]] im Fahrzeugdeck ein [[Krängung|krängendes]] Moment. Dies führte zu einer starken Schieflage des Schiffes.
Das Gebiet ist schon in der Vergangenheit ein Ort von Unglücksfällen gewesen, so liegt hier zum Beispiel das Wrack der [[Salem Express]].


Ein Fehler des Kapitäns scheint darin gelegen zu haben, dass er nun das Schiff beidrehte, um nach Duba zurückzukehren. Der zum Zeitpunkt des Unglücks herrschende Starkwind fand eine größere Angriffsfläche. Dadurch wurde das Krängungsmoment noch vergrößert und das Schiff zum Kentern gebracht. Die Fähre sank schließlich zwischen 23.00 und 24.00 [[Koordinierte Weltzeit|UTC]] (zwischen 1 und 2 Uhr Ortszeit) etwa 90&nbsp;km vom Zielhafen und circa 70&nbsp;km vom Badeort [[Hurghada]] entfernt (Position {{Coordinate|NS=27/02//N|EW=34/53//E|text=DM|type=landmark|region=EG/XI|name=Untergangsstelle der Al-Salam Boccaccio 98}}).
== Rettungsaktion ==


Obwohl die ägyptischen Quellen versicherten, kein Notfall-Signal aufgenommen zu haben, wurde am 2. Februar 2006 um 23.58 UTC in der britischen [[Search and Rescue|SAR]]-Zentrale im schottischen [[Falkirk]] ein automatisches Notfallsignal der Fähre empfangen, das vermutlich von einer [[Notfunkbake]] stammte.
Rettungsmannschaften sind mit Schiffen und Helikoptern auf dem Weg zur Unfallstelle. Am [[3. Februar]] [[2006]] wurden mehrere Überlebende in Rettungsbooten sowie Leichen gefunden. Nach Angaben des ägyptischen Transportministers wurden vier Rettungsschiffe des Militärs entsandt.


Die um 0.45 UTC noch im Hafen vom Eigentümer alarmierte ''St. Catherine'' konnte erst um 5.00 UTC Kontakt mit einem Offizier in einem Rettungsboot aufnehmen. Mit 1.800 Passagieren selbst überladen, traute sich der Kapitän nach eigenen Angaben allerdings nicht, das Schiff zu wenden, um zur Unglücksstelle zu gelangen. Er befürchtete, aufgrund des Starkwindes ebenfalls zu kentern.
Großbritannien hat die „HMS Bulwark“, ein militärisches Schiff, das sich auf Patroullienfahrt im Roten Meer befand, umgeleitet, sodass sich die Mannschaft des Schiffes an den Hilfsaktionen beteiligen kann. Das Schiff könne nach Angaben eines Militärsprechers innerhalb von 48 Stunden, d.h. erst am Sonntag die Unglücksstelle erreichen.


Am 3. Februar 2006 wurden mehrere Überlebende in Rettungsbooten gefunden und Leichen geborgen. Nach Angaben des ägyptischen Verkehrsministers wurden vier Rettungsschiffe des Militärs entsandt. Auch andere in der Nähe der Unglücksstelle befindliche Schiffe beteiligten sich an der Rettung. Am 4. Februar half eine [[Lockheed P-3|Lockheed P-3 Orion]]&nbsp;– ein Seeaufklärer der [[United States Navy|US-Marine]]&nbsp;– 15 Stunden lang bei der Suche nach Überlebenden. Die zur Hilfe von Großbritannien angebotene ''[[Bulwark (Schiff, 2004)|Bulwark]]'', ein Militärschiff, das sich auf Patrouillenfahrt im Roten Meer befand, wurde nicht angefordert. Das Schiff hätte erst zwei Tage später die Unglücksstelle erreichen können.
==Weblinks==
{{wikinews|Fähre im Roten Meer gesunken}}


Von den 1.414 Personen überlebten 388 Menschen das Unglück; etwa 400 [[Leiche]]n konnten bis zum 14. Februar 2006 geborgen werden. In der Hafenstadt Safaga warteten verzweifelte Angehörige und es kam zu Tumulten, bei denen am 6. Februar sogar das Büro der [[Al Salam Maritime Transport Company]] in Safaga verwüstet wurde.
{{Koordinate Artikel|27_16_N_34_35_E_type:landmark_region:EG|27°&nbsp;16'&nbsp;N, 34°&nbsp;35'&nbsp;O}}


In einer vom ägyptischen Staatspräsident [[Husni Mubarak|Mubarak]] angeordneten Untersuchung wurden einige Tage nach dem Unglück Nachlässigkeit, Gleichgültigkeit und Korruption als Unglücksursachen genannt.<ref name="Berliner-Zeitung" /> Die [[Voyage Data Recorder|Black Box]] des Schiffes wurde am 21. Februar aus 800 Metern Tiefe von britischen und französischen Experten durch einen Tauchroboter geborgen und in [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] ausgewertet.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.aljazeera.com/archive/2006/02/2008491433652987.html |titel=Egypt ferry’s black box recovered |hrsg=Aljazeera |datum=2006-02-21 |abruf=2015-06-06 |sprache=en}}</ref> Die ägyptische Regierung machte den Kapitän der ''Al-Salam Boccaccio 98'' für das Unglück verantwortlich, da er –&nbsp;wie die Auswertung ergab&nbsp;– ein Notsignal erst aussendete, als das Schiff bereits sank.
[[da:Al-Salam Boccaccio 98]]

[[en:Al-Salam Boccaccio 98]]
== Weblinks ==
[[fi:Punaisenmeren lauttaturma 2006]]
{{Commonscat|IMO 6921282}}
[[fr:Al-Salam Boccaccio 98]]
{{Wikinews|Fähre im Roten Meer gesunken}}
[[no:Al-Salam Boccaccio 98]]

== Einzelnachweise ==
<references />

{{SORTIERUNG:Alsalam Boccaccio 98}}
[[Kategorie:RoPax-Schiff (Panama)]]
[[Kategorie:Fähre]]
[[Kategorie:Seeunfall]]
[[Kategorie:Schiffsverlust durch Sturm]]
[[Kategorie:Schiffsverlust 2006]]
[[Kategorie:Schiffskatastrophe]]
[[Kategorie:Verkehrsunglück 2006]]
[[Kategorie:Schifffahrt (Rotes Meer)]]
[[Kategorie:Motorschiff]]
[[Kategorie:Fincantieri]]

Aktuelle Version vom 11. September 2024, 19:03 Uhr

Al-Salam Boccaccio 98
Die Al-Salam Boccaccio 98 vor Genua, Juli 2001
Die Al-Salam Boccaccio 98 vor Genua, Juli 2001
Schiffsdaten
Flagge Panama Panama
andere Schiffsnamen Boccaccio
Schiffstyp RoRo-Fähre
Rufzeichen 3FIH9
Heimathafen Panama
Bauwerft Fincantieri, Monfalcone
Baunummer 4237
Kiellegung 22. August 1968
Stapellauf 8. Juni 1969
Verbleib Am 2. Februar 2006 gesunken
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 131,07 m (Lüa)
Breite 20,02 m
Tiefgang (max.) 5,57 m
Ab 1991
Breite 23,60 m
Tiefgang (max.) 5,90 m
Vermessung 11.779 BRZ / 5.555 NRZ
 
Besatzung 105
Maschinenanlage
Maschine 2 × Neunzylinder-GMT-Fiat-Dieselmotor
Maschinen­leistungVorlage:Infobox Schiff/Wartung/Leistungsformat 12.354 kW (16.797 PS)
Höchst­geschwindigkeit 22 kn (41 km/h)
Propeller 2
Transportkapazitäten
Zugelassene Passagierzahl 500
PaxKabinen 506
Fahrzeugkapazität 200 PKW
Ab 1991
Tragfähigkeit 1.981 tdw
Zugelassene Passagierzahl 1.300
PaxKabinen 921
Fahrzeugkapazität 320 PKW
Sonstiges
Klassifizierungen Registro Italiano Navale
Registrier­nummern IMO 6921282

Die Al-Salam Boccaccio 98 war eine RoRo-Fähre, die am 2. Februar 2006 im Roten Meer sank. Von den 1414 an Bord befindlichen Personen – darunter 104 Besatzungsmitglieder – starben mehr als 1000. Nur 387 Menschen überlebten das Unglück.

Die meisten Passagiere waren Ägypter, die auf der Rückkehr von ihrem Arbeitsplatz in Saudi-Arabien in ihre Heimat waren oder von einer Pilgerfahrt nach Mekka zurückkehrten.[1]

Die Boccaccio von Tirrenia

Das Schiff wurde als eines von sechs Schwesterschiffen als Boccaccio in Monfalcone bei Gorizia, Italien, gebaut. Die Kiellegung erfolgte am 22. August 1968, der Stapellauf am 8. Juni 1969 und die Fertigstellung am 30. Juni 1970.[2]

1990 brannte das Schiff im Hafen von Marseille aus. Das Schiff wurde 1991 umfangreich umgebaut und dabei mit einem höheren Aufbau versehen. An Bord war nun Platz für 1.300 Passagiere. Die PKW-Kapazität wurde auf 320 erhöht.[2]

1999 wurde das Schiff von der El Salam Shipping in Sues, Ägypten, gekauft und in Al-Salam Boccaccio 98 umbenannt. Registriert war das Schiff in Panama auf die Schifffahrtsgesellschaft Al Salam Maritime Transport Co.

Am 2. Februar 2006 sank die Fähre im Roten Meer. Das Gebiet war schon in der Vergangenheit ein Ort von Unglücksfällen, so liegt zum Beispiel vor der Küste bei Safaga das Wrack der Salem Express, bei deren Untergang 500 Menschen umkamen.

Die Katastrophe

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Die Unglücksstelle im Roten Meer

Auf der Fahrt von Duba, Saudi-Arabien nach Safaga, Ägypten nahm das Unglück kurz nach Verlassen des Hafens seinen Anfang, als im Fahrzeugdeck ein Lkw in Brand geriet, beziehungsweise – nach anderen Quellen – ein Kabelbrand ausbrach. Da Kohlendioxid-Feuerlöscher nicht verfügbar waren, versuchte die Mannschaft das Feuer mit Wasser zu löschen.

Das Schiffspersonal soll die Passagiere während des Brandes beruhigt und aufgefordert haben, die Schwimmwesten wieder abzulegen.

Das sich im Fahrzeugdeck sammelnde Löschwasser konnte allerdings nicht durch Speigatten oder leistungsstarke Lenzpumpen nach Außenbord verbracht werden und verursachte auf Grund der großen freien Oberflächen im Fahrzeugdeck ein krängendes Moment. Dies führte zu einer starken Schieflage des Schiffes.

Ein Fehler des Kapitäns scheint darin gelegen zu haben, dass er nun das Schiff beidrehte, um nach Duba zurückzukehren. Der zum Zeitpunkt des Unglücks herrschende Starkwind fand eine größere Angriffsfläche. Dadurch wurde das Krängungsmoment noch vergrößert und das Schiff zum Kentern gebracht. Die Fähre sank schließlich zwischen 23.00 und 24.00 UTC (zwischen 1 und 2 Uhr Ortszeit) etwa 90 km vom Zielhafen und circa 70 km vom Badeort Hurghada entfernt (Position 27° 2′ N, 34° 53′ O).

Obwohl die ägyptischen Quellen versicherten, kein Notfall-Signal aufgenommen zu haben, wurde am 2. Februar 2006 um 23.58 UTC in der britischen SAR-Zentrale im schottischen Falkirk ein automatisches Notfallsignal der Fähre empfangen, das vermutlich von einer Notfunkbake stammte.

Die um 0.45 UTC noch im Hafen vom Eigentümer alarmierte St. Catherine konnte erst um 5.00 UTC Kontakt mit einem Offizier in einem Rettungsboot aufnehmen. Mit 1.800 Passagieren selbst überladen, traute sich der Kapitän nach eigenen Angaben allerdings nicht, das Schiff zu wenden, um zur Unglücksstelle zu gelangen. Er befürchtete, aufgrund des Starkwindes ebenfalls zu kentern.

Am 3. Februar 2006 wurden mehrere Überlebende in Rettungsbooten gefunden und Leichen geborgen. Nach Angaben des ägyptischen Verkehrsministers wurden vier Rettungsschiffe des Militärs entsandt. Auch andere in der Nähe der Unglücksstelle befindliche Schiffe beteiligten sich an der Rettung. Am 4. Februar half eine Lockheed P-3 Orion – ein Seeaufklärer der US-Marine – 15 Stunden lang bei der Suche nach Überlebenden. Die zur Hilfe von Großbritannien angebotene Bulwark, ein Militärschiff, das sich auf Patrouillenfahrt im Roten Meer befand, wurde nicht angefordert. Das Schiff hätte erst zwei Tage später die Unglücksstelle erreichen können.

Von den 1.414 Personen überlebten 388 Menschen das Unglück; etwa 400 Leichen konnten bis zum 14. Februar 2006 geborgen werden. In der Hafenstadt Safaga warteten verzweifelte Angehörige und es kam zu Tumulten, bei denen am 6. Februar sogar das Büro der Al Salam Maritime Transport Company in Safaga verwüstet wurde.

In einer vom ägyptischen Staatspräsident Mubarak angeordneten Untersuchung wurden einige Tage nach dem Unglück Nachlässigkeit, Gleichgültigkeit und Korruption als Unglücksursachen genannt.[1] Die Black Box des Schiffes wurde am 21. Februar aus 800 Metern Tiefe von britischen und französischen Experten durch einen Tauchroboter geborgen und in Großbritannien ausgewertet.[3] Die ägyptische Regierung machte den Kapitän der Al-Salam Boccaccio 98 für das Unglück verantwortlich, da er – wie die Auswertung ergab – ein Notsignal erst aussendete, als das Schiff bereits sank.

Commons: IMO 6921282 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Julia Gerlach: Die Heimat der Seelenverkäufer. In: Berliner Zeitung. 20. Februar 2006, abgerufen am 10. Juni 2015.
  2. a b M/S Boccaccio. Fakta om Fartyg, abgerufen am 10. März 2021 (schwedisch).
  3. Egypt ferry’s black box recovered. Aljazeera, 21. Februar 2006, abgerufen am 6. Juni 2015 (englisch).