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„Atlantis“ – Versionsunterschied

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{{Dieser Artikel|hat das versunkene Inselreich Atlantis nach der Beschreibung von [[Platon]] zum Thema; für andere Verwendungen dieses Namens siehe [[Atlantis (Begriffsklärung)]].}}
'''Atlantis''' ([[Griechische Sprache|griech.]]: Άτλαντὶς νῆσος ''„Insel des Atlas“)'' bezeichnet ein erstmals vom antiken [[Griechen|griechischen]] [[Philosoph]]en [[Platon]] genanntes Inselreich. Dieses Reich wird als eine Seemacht beschrieben, die ausgehend von ihrer „jenseits der [[Säulen des Herakles]]“ gelegenen Hauptinsel große Teile Europas und Afrikas unterwarf. Nach einem gescheiterten Angriff auf [[Athen]] sei es schließlich um 9600 v. Chr. in Folge einer Naturkatastrophe, innerhalb „eines einzigen Tages und einer unglückseligen Nacht“ untergegangen.


[[Datei:Athanasius Kircher's Atlantis.gif|mini|hochkant=1.3|[[Gesüdete Karte]]ndarstellung von Atlantis aus [[Athanasius Kircher]]s ''Mundus Subterraneus'' von 1665 (''Lage der Insel Atlantis, die einst vom Meer verschlungen wurde, nach der Vorstellung der Ägypter und der Beschreibung Platons'' - freie Übersetzung der [[Latein|lat.]] Tafelbeschriftung oben links)]]
In der [[Antike]] wurde der Bericht von Atlantis als [[Märchen|fiktive Erzählung]] mit ausgeprägten surrealen Elementen betrachtet {{Ref2|23. 118|Vidal-Naquet}} und er geriet schließlich in Vergessenheit. Erst in der [[Renaissance]] wurde er wiederentdeckt und begeistert verbreitet. Platons Schilderungen inspirierten die Staats[[utopie]]n von [[Thomas Morus]] („Utopia“), [[Tommaso Campanella]] („Der Sonnenstaat“), [[Francis Bacon]] („Nova Atlantis“) und anderen. Bis heute hat Platons Inselreich die Fantasie zahlreicher Schriftsteller und Filmemacher angeregt. Ebenso fand es in esoterischen und okkultischen Kreisen einen großen Wiederhall (z.B. bei [[Rudolf Steiner]] und der [[Theosophie]]). Seit dem [[19. Jahrhundert]] wurden zahlreiche aber erfolglose Versuche unternommen, Atlantis in den verschiedensten Gegenden der Welt zu lokalisieren. Die diesen Versuchen zugrundeliegenden Annahme, Platons Erzählung sei als historischer Bericht zu verstehen, wird von [[Althistoriker]]n und [[Philologie|Philologen]] seit langem zurückgewiesen. Die Schriftgelehrten und Altertumswissenschaftler deuten Platons Bericht vielmehr als politische [[Allegorie]] auf die gescheiterte Seemachtspolitik Athens {{Ref2|23. 231f.|Vidal-Naquet}}.


'''Atlantis''' ({{grcS|Ἀτλαντὶς νῆσος|Atlantìs nḗsos}} ‚Insel des [[Atlas (Mythologie)|Atlas]]‘) ist ein [[Mythos|mythisches]] Inselreich, das der [[Philosophie der Antike|antike griechische Philosoph]] [[Platon]] (428/427 bis 348/347 v. Chr.) in der Mitte des 4.&nbsp;Jahrhunderts v.&nbsp;Chr. als Erster erwähnte und beschrieb. Es war laut Platon eine [[Seemacht]], die ausgehend von ihrer „jenseits der [[Säulen des Herakles]]“ gelegenen Hauptinsel große Teile Europas und Afrikas unterworfen hat. Nach einem gescheiterten Angriff auf [[Athen]] sei Atlantis schließlich um 9600 v. Chr.<!--ist ne unsinnige Formulierung, da Christus 400 Jahre in der Zukunft lag. Wie also konkret hat Platon die Zeitangabe formuliert?--> infolge einer Naturkatastrophe innerhalb „eines einzigen Tages und einer unglückseligen Nacht“ untergegangen.
[[Image:Atlantis map kircher.gif|thumb|300px|Fantasiekarte von Atlantis aus: [[Athanasius Kircher]], ''Mundus Subterraneus'', (1665)]]


Bei Atlantis handelt es sich um eine in Platons Werk eingebettete Geschichte, die –&nbsp;gleich den übrigen [[Platonischer Mythos|Mythen Platons]]&nbsp;– eine zuvor aufgestellte Theorie anschaulich darstellen soll. Der Hintergrund dieser Geschichte ist umstritten. Während [[Alte Geschichte|Althistoriker]] und [[Klassische Philologie|Philologen]] fast ausnahmslos eine Erfindung Platons annehmen, die durch zeitgenössische Vorbilder inspiriert wurde, vermuten manche Autoren einen realen Hintergrund der Geschichte und unternahmen unzählige Versuche, Atlantis zu lokalisieren (siehe dazu den Artikel [[Lokalisierungshypothesen zu Atlantis]]).
== Beschreibung ==
[[Image:Sanzio 01 Plato Aristotle.jpg|thumb|<small>Platon (links) und Aristoteles. Ausschnitt aus „[[Die Schule von Athen]]“ von [[Raffael]] (1509).</small>]]
Die einzigen Quellen zu Atlantis stellen Platons Dialoge [[Timaios (Dialog)|„Timaios“]] und [[Kritias (Platon)|„Kritias“]] dar, wobei letzterer nur [[fragment]]arisch erhalten ist. In diesen Werken lässt Platon den Philosophen [[Sokrates]], die beiden Politiker [[Kritias]] und [[Hermokrates]] sowie den Astronomen [[Timaios]], eine wahrscheinlich fiktive Person {{Ref2|17. 102|Morgan}}, auftreten. Dabei handelt es sich nicht um historisch reale Gespräche der genannten Personen, vielmehr ist die Form des Dialogs ein besonders bei Platon systematisch angewandtes methodisches Element, um Leser besser von Lehraussagen überzeugen zu können, indem diese nicht dogmatisch vorgegeben, sondern vor den Augen des Lesers dialektisch entfaltet werden (siehe [[Sokratischer Dialog]]). Während das Thema Atlantis im „Timaios“ nur kurz angerissen wird, folgt im „Kritias“ eine ausführliche Beschreibung des Inselreichs.
Nachdem im „Timaios“ die grundlegenden Züge des platonischen Staates aus der [[Politeia|„Politeia“]] zusammengefasst wurden, folgt der Wunsch Sokrates', eine so angelegte Stadt in der Realität und im konkreten Fall des Krieges funktionieren sehen zu wollen (Tim. 17a-20c). Da erinnert sich Kritias an eine Geschichte, die ihm einst in jungen Jahren von seinem damals neunzigjährigen Großvater, der ebenfalls Kritias hieß, erzählt wurde (Tim. 20d ff.). Der ältere Kritias hatte die Geschichte einst von seinem Vater Dropides, einem Weggefährten [[Solon]]s erfahren. Und dieser wiederum hatte sie einst auf einer [[Ägypten]]reise in [[Sais]] aus dem Mund eines Priesters der Göttin [[Neith]] vernommen, der für ihn jahrtausende alte Schriften übersetzte (Tim. 23e). In dieser Geschichte wird von einer der „größten Heldentaten Athens“ berichtet, nämlich der angeblichen Abwehr eines riesigen Heeres der expandierenden Seemacht Atlantis, die bereits ganz Westeuropa bis [[Tyrrhenien]] und Afrika bis nach Ägypten beherrschte, und sich nun daran machte, auch Griechenland zu unterwerfen. In späterer Zeit sei Atlantis durch ein schweres Erdbeben und eine darauffolgende Flut zerstört worden. Auch das Heer der Athener sei bei dieser Naturkatastrophe, die sich 9000 Jahre vor Solon abgespielt haben soll, vernichtet worden (Tim. 25c-d). Die Kunde von der Heldentat Athens sei nun Generation für Generation nur mündlich überliefert worden, bis sie schließlich tausend Jahre nach der Katastrophe erstmals in Ägypten aufgezeichnet worden sei (Tim. 23d-e sowie Kritias 108e, 109d ff., 113a). Immer wieder betont Kritias dabei, dass diese Geschichte nicht erfunden sei, sondern sich tatsächlich so zugetragen hätte (Tim. 20d, 21d, 26e).


Bereits in der [[Antike]] wurde eine mögliche Existenz von Atlantis diskutiert. Während Autoren wie [[Plinius der Ältere]] bestritten, dass es das fragliche Inselreich gegeben habe, hielten andere, beispielsweise [[Krantor von Soloi|Krantor]], [[Poseidonios]] oder [[Strabon]], die Existenz für denkbar. Auch die ersten [[Parodie]]n des Themas entstanden bereits in der Antike.
Im „Kritias“ wird Atlantis nun ausführlicher beschrieben. Eine riesige Insel sei es gewesen, größer als Libyen (Λιβύης) und Asien (Ασίας) – womit höchstwahrscheinlich der damals bekannte Teil Nordafrikas sowie Vorderasiens gemeint war – zusammen (Tim. 24e). Es lag außerhalb der „Säulen des Herakles“, also der Straße von Gibraltar, im ''Atlantìs thálassa'', dem [[Atlantischer Ozean|Atlantischen Meer]], wie es schon bei [[Herodot]] heißt (Hdt. I 202,4). Atlantis war nach Platons Beschreibung reich an Rohstoffen aller Art, insbesondere an [[Gold]], [[Silber]] und einem gewissen „[[Oreichalkos]]“ (deutsch: „Bergerz“), das wie Feuer glänzte und das die Bewohner von Atlantis „nach dem Gold am meisten schätzen“ (Kritias 114e). Zudem gab es auf der Insel Bäume, Pflanzen, Früchte und Tiere verschiedenster Arten, unter anderem auch das „größte und gefräßigste“ Tier von allen, den [[Elefanten]] (Kritias 115a). Die weiten Ebenen der großen Inseln seien äußerst fruchtbar gewesen, man habe sie exakt parzelliert und durch künstliche Kanäle mit ausreichend Wasser versorgt. Zwei Ernten brächte ihnen so der Boden jährlich, durch die Ausnutzung des Regens im Winter und des reichlich vorhandenen Wassers aus den Kanälen im Sommer (Kritias 118c-e).


Im lateinischen [[Mittelalter]] geriet der Mythos Atlantis mehr oder weniger in Vergessenheit, bis er schließlich in der [[Renaissance]] wiederentdeckt und verbreitet wurde, da die Gelehrten in Europa nun wieder Griechisch verstanden. Platons Schilderungen inspirierten die [[Utopische Literatur|utopischen Werke]] verschiedener [[Frühe Neuzeit|frühneuzeitlicher]] Autoren, wie etwa [[Francis Bacon]]s ''[[Nova Atlantis]].'' Bis heute wird das literarische Motiv des Atlantis-Mythos in Literatur und Film verarbeitet (siehe dazu den Artikel [[Atlantis als Sujet]]).
In der atlantischen Architektur – wie auch in der Umwelt – steckt eine nahezu perfekte Geometrie. In der Mitte der Insel liege eine 3000 mal 2000 [[Längenmaß|Stadien]] (ein „Stadion“ = ca. 180 m) große Ebene, die mit breiten, schiffbaren Kanälen durchzogen sei, wodurch erneut kleine Inseln entstanden. Im Inneren erstrecke sich eine Insel über eine Breite von fünf Stadien. Sie umgab ein künstlicher Wassergürtel von einem Stadion Breite. Darauf folgen der Beschreibung nach zwei Paare von Land- und Wassergürteln, die jeweils zwei und drei Stadien breit gewesen seien (Kritias 115d-116a). ''„Wir sehen uns also einer Sequenz gegenüber, die deutlich nach einer Spiegelung aussieht: 5 (3+2), 1, 2, 2, 3, 3. Wer die in der Mitte liegende Insel verläßt, tritt sehr schnell in die Welt der Verdopplung ein“'' {{Ref2|23. 228|Vidal-Naquet}}. Die Bedeutung von doppelten und dreifachen Abständen in der Struktur der Weltseele hatte Platon zuvor bereits im „Timaios“ beschrieben (Tim. 36d).


== Beschreibung von Platon ==
[[Image:Adreadoriaasneptunebyagnolobronzino.jpeg|thumb|Poseidon. Gemälde von [[Agnolo Bronzino|Bronzino]] (1503–1572).]]
[[Datei:Sanzio 01 Plato Aristotle.jpg|mini|hochkant|Platon (links) und Aristoteles&nbsp;– Ausschnitt aus „[[Die Schule von Athen]]“ von [[Raffael]] (1509)]]
Im Zentrum der Stadt Atlantis läge laut Platon die [[Akropolis]]. Daneben befände sich ein kolossaler [[Poseidon]]tempel, welcher ''„ein Stadion lang, drei [[Plethren]] breit und von einer entsprechenden Höhe“'' gewesen wäre. Außen und innen sei der Tempel mit Gold, Silber und Oreichalkos überzogen, und um ihn herum stünden zahlreiche goldene Weihestatuen. Das Kultbild Poseidons zeige ihn als Lenker eines sechsspännigen [[Streitwagen]]s (Kritias 116d-e). Ganz in der Nähe befände sich ein [[Hippodrom]]. Der innere Bezirk der Stadt, zu dem auch noch die Wohnstätten der Herrschaft gehören, wird von einer Ringmauer umfasst. Die Peripherie der Stadt, in der von innen nach außen die Quartiere der Wächter, Krieger und der Bürgerschaft untergebracht sind, wird von drei weiteren, konzentrisch angeordneten Ringmauern umschlossen (Kritias 116a-c). Die äußeren Kanäle von Atlantis bilden zugleich die Häfen der Insel, wobei der äußere der Handelshafen und der innere der Kriegshafen ist (Kritias 117d-e).


Platon beschreibt die Insel Atlantis in seinen um 360 v. Chr. verfassten [[Platonischer Dialog|Dialogen]] ''[[Timaios]]'' und [[Kritias (Platon)|''Kritias.'']] Der ''Kritias'' blieb unvollendet. In diesen Werken lässt der Autor die beiden Politiker [[Kritias]] und [[Hermokrates]] sowie die Philosophen [[Sokrates]] und [[Timaios von Lokroi]] aufeinandertreffen und diskutieren. Auch wenn es sich dabei um historische Personen handelt (obgleich nur die ersten drei belegt sind),<ref name="MOR">{{Literatur |Autor=Kathryn A. Morgan |Titel=Designer History – Plato’s Atlantis Story and Fourth-Century Ideology |Sammelwerk=[[The Journal of Hellenic Studies]] |Nummer=118 |Verlag=Hellenic Society |Ort=London |Datum=1998-11 |ISSN=0075-4269 |Seiten=101–118 |Fundstelle=hier: S.&nbsp;107 |Online=[http://de.scribd.com/doc/88638167/Designer-History-Plato-s-Atlantis-Story-and-Fourth-century-Ideology de.scribd.com] |Abruf=2014-12-10}}</ref> sind die ihnen von Platon zugeschriebenen Gespräche [[fiktion]]al. Der [[Sokratische Methode|Sokratische Dialog]] wird hier als [[Rhetorisches Stilmittel|rhetorische Figur]] eingesetzt und soll Platons Lehraussagen dadurch überzeugend vermitteln, dass die Lehrsätze nicht [[dogma]]tisch vorgegeben, sondern vor den Augen des Lesers [[Dialektik|dialektisch]] entwickelt werden. Während das Thema Atlantis im ''Timaios'' nur kurz angerissen wird, folgt im ''Kritias'' eine ausführliche Beschreibung des Inselreichs.
Die Macht über die Insel habe Poseidon einst seinem mit der sterblichen [[Kleito]] gezeugten Sohn [[Atlas (König)|Atlas]] gegeben, von welchem sich auch der Name der Insel ableite. Atlas ist allerdings nur der älteste Sohn aus fünf Zwillingspaaren (Kritias 114a-c). Während Atlas und seine Nachfahren über die Hauptstadt regierten, bekamen seine jüngeren Brüder die Herrschaft über andere Teile der Insel. Unter dieser Regentschaft wandelte sich Atlantis mit der Zeit durch den Bau von Kanälen und Hafenanlagen von einer ursprünglich ländlich geprägten Insel zu einer Seemacht {{Ref2|23. 226f.|Vidal-Naquet}}. Allein die Nachfahren Atlas' hätten über ein Heer von 10.000 Streitwagen, 60.000 leichten Gespannen, je 120.000 [[Hopliten]], [[Bogen (Waffe)|Bogenschützen]] und Schleuderern sowie 240.000 Mann Besatzung für 1200 Kriegschiffe verfügt (Kritias 119a-b). In ihrem Drang nach Expansion eroberten die Atlantier ganz Westeuropa und Afrika bis Ägypten (Tim. 24e-25b). Eine weitere Ausdehnung scheiterte schließlich am Widerstand Athens.


Die beiden Atlantis-Dialoge ''Timaios'' und ''Kritias'' sind nur Teile eines zunächst offenbar umfangreicheren Plans. Der Dialog ''Timaios'' schließt sich unmittelbar an den Dialog ''Politeia'' an, dessen Ergebnisse er rekapitulierend aufgreift. Der kurze ''Kritias'' bricht unvollendet ab und den im ''Timaios'' angekündigten Dialog des Hermokrates fertigte Platon gar nicht erst an. [[Plutarch]] nannte als Grund hierfür, dass Platon vor Beendigung seines Werkes wegen seines hohen Alters gestorben sei.<ref>[[Plutarch]]: ''Parallele Lebensbeschreibungen: Solon.'' XXXII. 1–2 ({{archive.org|plutarchslives01plut2|Fragment=page/496/mode/2up|Original und englische Übersetzung}} von Bernadotte Perrin).</ref> Als letzter Dialog in dieser Reihe können die ''[[Nomoi]]'' gelten, in denen das Ende der letzten Naturkatastrophe im Sinne von ''Timaios'' und ''Kritias'' als Anknüpfungspunkt der Erörterung gewählt wird.
Schon diese militärische Niederlage sei eine Strafe für die atlantische [[Hybris]] gewesen (Tim. 24e, Kritias 120e, 121c). Während von Generation zu Generation der „göttliche Anteil“ an den Nachfahren Atlas' schwand, seien die Herrscher über Atlantis von der Gier nach Macht und Reichtum ergriffen worden (Kritias 121a-c). An der Stelle, an der nun die Götter zum Strafgericht über Atlantis zusammentreffen und beraten sollten, bricht der „Kritias“ ab. Das Ende von Atlantis ist jedoch – wie Eingangs erwähnt – von Platon bereits im „Timaios“ beschrieben worden.


=== Herkunft der Atlantis-Überlieferung ===
Neben Atlantis wird im „Kritias“ ebenso – wenn auch deutlich kürzer – das alte Athen, das „Ur-Athen“, beschrieben. Es ist – im Gegensatz zum Athen aus Platons Lebzeiten – eine reine Landmacht, die Attika bis zum [[Isthmos von Korinth]] beherrscht (Kritias 110e). Es liegt zwar in der Nähe der Küste, habe aber keine Häfen und betreibe bewußt keine Seefahrt. Platon beschreibt die Polis Athen als äußerst fruchtbares Land, bedeckt von Feldern und Wäldern, und „imstande, ein großes Heer von den Geschäften des Ackerbaues Befreiter zu unterhalten“ (Kritias 110e-111d). Die Göttin [[Athene]] hätte in diesem Athen einst die staatlichen Strukturen und Institutionen eingerichtet, die beinahe identisch mit dem im „Politeia“ beschriebenen Idealstaat sind. Als es schließlich von Atlantis angegriffen wurde, war es in der Lage, sie zu schlagen und einige bereits unterworfene griechische Stämme zu befreien. Die Flut, die wenig später Atlantis vernichten sollte, zerstörte dabei auch Athen. Die Menschen seien in ein dunkles Zeitalter zurückgeworfen worden, hätten lesen und schreiben verlernt, und so sei lediglich in Ägypten, welches von der Flut verschont wurde, die Atlantis-Geschichte überliefert worden.
An die im ersten Teil des ''Timaios'' angelegte Darstellung der Grundzüge des platonischen Idealstaates der ''[[Politeia]]'' knüpft sich im Weiteren ein von Sokrates geäußerter Wunsch, die Vorzüge eines so gearteten Stadtstaates in der Realität zu sehen und speziell die Bewährung im Kriegsfall zu prüfen (Tim. 17a–20c). Daraufhin gibt Kritias eine Geschichte wieder, von der er angibt, sein Großvater habe ihm diese in seiner Jugend erzählt (Tim. 20d ff.). Der Großvater habe sie wiederum von dem berühmten Gesetzgeber [[Solon]] vernommen, mit dem sein Vater [[Dropides (Archon 593/92 v. Chr.)|Dropides]] („Dropides II.“) befreundet gewesen sei. Solon habe die Kunde von Atlantis aus [[Ägypten]] mitgebracht, wo er sie in [[Sais]] von einem Priester der Göttin [[Neith (ägyptische Mythologie)|Neith]] erfahren habe (Tim. 23e). Dieser Priester habe ihm die Mitteilungen aus „geheiligten Schriften“ übersetzt. An mehreren Stellen der Erzählung lässt Platon Kritias betonen, dass seine Geschichte nicht erfunden sei, sondern sich tatsächlich so zugetragen habe (Tim. 20d, 21d, 26e).


=== Rahmenhandlung der Atlantis-Überlieferung ===
Die beiden Atlantis-Dialoge „Timaios“ und „Kritias“ sind nur ein Teil eines zunächst offenbar umfangreicheren Plans. Der Dialog „Timaios“ schließt sich unmittelbar an den Dialog „Politeia“ an, dessen Ergebnisse er rekapitulierend aufgreift. Der kurze „Kritias“ ist unvollendet abgebrochen, und den in „Timaios“ angekündigten Dialog des Hermokrates begann Platon gar nicht erst. Die Atlantis-Erzählung bricht daher unvollendet ab. Der Grund ist nicht überliefert. Als letzter Dialog dieser Reihe kann [[Nomoi|„Nomoi“]] gelten, der das Ende der letzten Naturkatastrophe im Sinne von „Timaios“ und „Kritias“ als Anknüpfungspunkt der Erörterung wählt.
Der Inhalt der Geschichte, an die sich Kritias erinnert, ist eine der angeblich „größten Heldentaten Athens“, nämlich die Abwehr eines riesigen Heeres der expansiven Seemacht Atlantis. Jenes Inselreich, das wie Athen bereits 1000 Jahre vor der Gründung Ägyptens existiert habe (Timaios 23d–e), soll viele Inseln und Teile des Festlands, Europa bis [[Etrurien]] und Libyen (Nordafrika) bis nach Ägypten beherrscht haben und sei im Begriff gewesen, auch Griechenland zu unterwerfen (Timaios 25a–b). Nach der Abwehr des Angriffs durch die an Mut und Kriegskünsten hervorragenden Athener, zunächst als führender Staat der Hellenen, dann nach Abfall der anderen allein kämpfend, sei während eines Tages und einer Nacht das „ganze streitbare Geschlecht“ der Atlanter durch schwere Erdbeben und Überschwemmungen zu einem Großteil gestorben und Atlantis durch Erderschütterungen im Meer versunken (Timaios 25c–d; Kritias 108e). Einzig Ägypten, das schon 8000 Jahre vor [[Solon]]<ref>Eine solch hohe Altersangabe war in der Antike nicht ungewöhnlich, so nennt zum Beispiel [[Herodot]] ein Alter von 11340 Jahren für Ägypten (''Historien.'' II 142,3; [http://www.sacred-texts.com/cla/hh/hh2140.htm Original und englische Übersetzung] von George Campbell Macaulay).</ref> gegründet worden sei und woher die Überlieferung der Heldentat Athens stamme (Timaios 23d–e; Kritias 108e, 109d ff., 113a), wurde verschont.


== Deutungen ==
=== Atlantis ===
Im ''Kritias'' beschreibt Platon Atlantis detailliert: Es sei ein Reich gewesen größer als Libyen (Λιβύη) und Asien (Ασία) zusammen (''Timaios'' 24e). Zu Platons Zeiten verstand man unter diesen Begriffen Nordafrika ohne Ägypten und die damals bekannten Teile Vorderasiens. Die Hauptinsel lag außerhalb der „[[Säulen des Herakles]]“ im ''[[Atlantischer Ozean|Atlantìs thálassa]],'' wie schon [[Herodot]] den Atlantik nennt (Herodot I 202,4). Die „Insel des Atlas“ war laut Platon reich an Rohstoffen aller Art, insbesondere an Gold, Silber und „[[Oreichalkos]]“, einem erstmals in dem [[Hesiod]] zugeschriebenen [[Epyllion]] „Schild des Herakles“ genannten „Metall“, das Platon als „feurig schimmernd“ beschreibt (''Kritias'' 114e). Weiter erwähnt Platon verschiedene Bäume, Pflanzen, Früchte und Tiere, darunter auch das „größte und gefräßigste Tier von allen“, den [[Elefanten]] (''Kritias'' 115a). Die weiten Ebenen der großen Inseln seien äußerst fruchtbar gewesen, exakt parzelliert und durch künstliche Kanäle mit ausreichend Wasser versorgt. Durch Ausnutzung des Regens im Winter und des Wassers aus den Kanälen im Sommer seien zwei Ernten jährlich möglich gewesen (''Kritias'' 118c–e).
[[Bild:Weltkarte hekataios.gif|thumb|<small>Die Platon bekannten Teile der Erde. Weltkarte in Anlehnung an die Darstellung des [[Hekataios]], 5. Jhdt. v. Chr.</small>]]
Die Ansicht, dass es sich bei Atlantis lediglich um eine Erfindung Platons handelt, wurde (in der modernen Historiografie) bereits 1841 von Thomas H. Martin {{Ref2|16|Martin}} ausführlich beschrieben und wird heute von einer Mehrzahl an Althistorikern und Philologen vertreten. In erster Linie wird dabei die Überlieferungsgeschichte, die Platon von Kritias angeben lässt, angezweifelt, denn obwohl nach Platon die Atlantis-Geschichte durch Solon (also um 560 v. Chr.) nach Athen gekommen sei, wird sie bis zu Platons „Timaios“ (um 360 v. Chr.) von keinem einzigen [[Liste der antiken Schriftsteller (griechisch)|griechischen Schriftsteller]] erwähnt. Würde es sich bei dem Sieg über Atlantis wirklich um eine der „größten Heldentaten Athens“ handeln, müsste sie zumindest in einer der zahlreichen „[[Leichenreden]]“, in denen zu Ehren Verstorbener die große Geschichte Athens resümiert wurde, Erwähnung finden. Doch in keiner der bis heute überlieferten Reden findet sich eine Erwähnung von Atlantis. Nicht einmal in der von Platon geschriebenen Leichenrede im „[[Menexenos]]“ wird Atlantis genannt.


Die Mitte der Hauptinsel bildete eine 3000 mal 2000 [[Stadion (Längenmaß)|Stadien]] große Ebene. Ein griechisches „Stadion“ beträgt etwa 180 Meter, ein ägyptisches „Stadion“ etwa 211 Meter, daher handelt es sich um eine Größenordnung von 400 bis 600 Kilometern. Diese Ebene war von rechtwinklig angelegten Kanälen umgeben und durchzogen, woraus eine Vielzahl kleiner Binneninseln resultierte. Die Akropolis der Hauptstadt war fünf Stadien breit und auf einen Berg gebaut, der zentral auf der Insel lag. Um diese Akropolis befanden sich drei ringförmige Kanäle, die durch einen breiten Kanal mit dem Meer verbunden waren. Der innere künstliche Wassergürtel hatte eine Breite von einem Stadion, gefolgt von zwei Paaren konzentrischer Land- und Wassergürtel mit jeweils zwei und drei Stadien Breite (''Kritias'' 115d–116a). Die äußeren zwei Kanäle schildert Platon als schiffbar.
Des Weiteren wird die ägyptische Tradition der Atlantis-Geschichte – insbesondere die eintausend Jahre der mündlichen Überlieferung vom Untergang Atlantis' bis zur Niederschrift der Legende in Ägypten – als Konstrukt Platons betrachtet, das die Historizität des Berichts unüberprüfbar und damit für die antiken Zeitgenossen auch unwiderlegbar machte. ''„Es gehört schon einige literarische Ahnungslosigkeit dazu, zu übersehen, daß diese Angaben zur Überlieferungslage gerade dazu da sind, einerseits den traditionellen Wahrheitsanspruch literarisch zu variieren und zu ‚modernisieren‘, andererseits die dadurch möglich werdende Frage nach einem etwaigen historischen Gehalt der Geschichte wieder spielerisch auszuklammern“'' {{Ref2|22. 236|Szlezák}}. Gerade die angebliche Überlieferung in Ägypten kann als Hinweis auf den wahren Charakter der Atlantis-Geschichte gedeutet werden, lässt Platon doch im „[[Phaidros]]“ eine Erzählung mit den Worten kommentieren: ''„O Sokrates, mit Leichtigkeit erdichtest du Geschichten aus Ägypten oder sonst einem Land, woher auch immer du willst“'' (Phaidros 275 B).


[[Datei:Andrea Doria as Neptun by Angelo Bronzino.jpg|mini|hochkant|Poseidon – Gemälde von [[Agnolo Bronzino|Bronzino]] (1503–1572)]]
=== Gründe ===
In der Forschung werden unterschiedliche Antworten auf die Frage, warum Platon die Geschichte von Atlantis und Ur-Athen erfunden haben soll, diskutiert. Gängig ist dabei die Annahme, es handele sich bei dem Atlantis-Mythos um eine politische Allegorie auf die expansive Seemachtspolitik Athens. Platon hatte [[404 v. Chr.]] die Niederlage seiner Heimatstadt Athen im [[Peloponnesischer Krieg|Peloponnesischen Krieg]] miterleben müssen, der einst durch das Hegemoniebestreben der Athener in der [[Ägäis]] ausgelöst wurden war. Wenige Jahrzehnte später, als Athen wieder einen Teil seiner ehemaligen Macht zurückgewonnen hatte, wurde der einst in Folge der Niederlage aufgelöste [[Attischer Seebund|Attische Seebund]] – wenn auch kleiner – neugegründet. Athen – so mag es Platon erschienen sein – wiederholte damit die einst begangenen Fehler und steuerte erneut auf eine politische Katastrophe zu. Um dem entgegen zu wirken, um seine Mitbürger eines Besseren zu belehren, habe Platon die Geschichte von der an Expansionismus zugrunde gegangenen Seemacht Atlantis und der siegreichen Landmacht Ur-Athen erfunden. ''„Er zeigte die Gefahren auf, die eine solche imperialistische Seemacht erwarten […], und er versuchte sozusagen den quasi-historischen Beweis zu erbringen, dass ein Staat, der wie <u>sein</u> Idealstaat eingerichtet war, sich in einer solchen Lage überzeugend bewähren würde“'' {{Ref2|18. 38|Nesselrath}}.


Im Zentrum von Atlantis befand sich den Dialogen zufolge auf der [[Akropolis]] ein [[Poseidon]]<nowiki/>tempel, den Platon als „ein Stadion lang, drei [[Plethron|Plethra]] ''(das sind etwa 90&nbsp;m)'' breit und von einer entsprechenden Höhe“ und innen wie außen mit Gold, Silber und Oreichalkos überzogen beschrieb. Um den Tempel herum standen goldene Weihestatuen. Ein Kultbild zeigte den Meeresgott als Lenker eines sechsspännigen [[Streitwagen]]s (''Kritias'' 116d–e). In der Nähe der zentralen Anlage befand sich ein [[Hippodrom (Antike)|Hippodrom]]. Auch die Wohnstätten der Herrscher lagen im innersten Bezirk, der von einer Mauer umschlossen wurde. Die ringförmigen Randbezirke der Stadt beherbergten von innen nach außen die Quartiere der Wächter, der Krieger und der Bürger. Die Gesamtanlage war von drei weiteren, konzentrisch angeordneten Ringmauern umfriedet (Kritias 116a–c). Die beiden äußersten Kanäle wurden als Häfen angelegt, wobei der weiter innen liegende Kanal als Kriegshafen und der äußere als Handelshafen diente (Kritias 117d–e).
[[Bild:Hoplit.png|thumb|Zeichnung eines [[Hoplit]]en, von 1888.]]
Ein möglicher alternativer (oder zusätzlicher) Grund betrifft Platons Schriften, genauer sein Werk über den Idealstaat – „Politeia“. Ein Kritiker Platons, [[Isokrates]], schrieb als unmittelbare Reaktion auf die „Politeia“ eine Schrift mit dem Titel „[[Busiris (Isokrates)|Busiris]]“, in der der gleichnamige – freilich nur in der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] existierende – ägyptische König in seinem Land eine Gesellschaftsordung einrichtet, die der des platonischen Idealstaat vorweggenommen zu sein scheint. Um auf den damit verbundenen Vorwurf des [[Plagiat]]s zu reagieren habe Platon den Mythos von Atlantis und Ur-Athen erfunden, in dem nicht irgendein König, sondern die Göttin Athene selbst eben jene Gesellschaftsordnung „erfindet“ – und zwar zuerst in Athen, und erst eintausend Jahre später in Ägypten {{Ref2|18. 32f.|Nesselrath}}.


Die Macht über die Insel hatte Poseidon seinem mit der sterblichen [[Kleito]] gezeugten Sohn Atlas übertragen, der der Älteste seiner Nachkommen aus fünf Zwillingspaaren war (''Kritias'' 114a–c). Atlas und seine Nachfahren herrschten über die Hauptstadt, die Linien seiner jüngeren Brüder regierten die anderen Teile des Reiches. Mit der Zeit wandelte sich Atlantis durch immer weiter gehende Baumaßnahmen und Aufrüstungen von einer ursprünglich ländlich geprägten Insel zu einer schlagkräftigen Seemacht.<ref name="VIN">Pierre Vidal-Naquet: ''Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos.'' In: Pierre Vidal-Naquet: ''Der schwarze Jäger. Denkformen und Gesellschaftsformen in der griechischen Antike.'' Lang, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 216–232.</ref> Die Nachfahren des Atlas und seiner Geschwister verfügten über ein einzigartiges Heer und eine starke [[Marine]] mit 1200 Kriegsschiffen und 240.000 Mann Besatzung allein für die Flotte der Hauptstadt (''Kritias'' 119a–b). Mit dieser Streitmacht unterwarfen sie Europa bis Tyrrhenien und Nordafrika bis Ägypten (''Timaios'' 24e–25b). Erst die zahlenmäßig weit unterlegenen Athener konnten diesen Vormarsch zum Erliegen bringen.
Als dritter möglicher Grund könnte Platons „Konkurrenz“ zu [[Homer]] gelten, und damit ferner sein Anliegen, die mythisch-poetischen Werke Homers durch seine eigenen philosophischen Werke zu „ersetzen“. Schon in der „Politeia“ schrieb Platon von dem ''„alten Streit zwischen Dichtung und Philosophie“'' (Politeia 607b). Im „Timaios“ spricht Kritias davon, dass Solon ursprünglich plante, den [[Stoff (Literatur)|Stoff]] „Atlantis“, den er in Ägypten vernahm, künstlerisch zu verarbeiten. Er wurde jedoch davon abgehalten, da man ihn in Athen als Politiker brauchte – was allerdings chronologisch falsch ist, da Solon erst nach seiner „politischen Karriere“ Ägypten besuchte. Hätte er den Atlantis-Mythos in Poesie verwandelt, so ist sich Kritias sicher, hätte dieses Werk die Homerischen Epen [[Ilias]] und [[Odyssee]] weit überstrahlt (Tim. 21d). In diesem Zusammenhang gelte der Wahrheitsanspruch der Atlantis-Geschichte als ein Teil dieser „Erneuerung“ Homers; nämlich insofern, als dass sich Platon nicht wie der Dichter auf [[Muse (Mythologie)|Muse]]n beruft, sondern auf eine scheinbar historische Überlieferungen (deren Ursprung jedoch absichtlich so weit im Dunkeln liegt, dass sie unmöglich überprüft werden könnten) {{Ref2|22. 235f.|Szlezák}}.


Diese militärische Niederlage von Atlantis wird dabei als Strafe der Götter für die [[Hybris]] seiner Herrscher dargestellt (''Timaios'' 24e; ''Kritias'' 120e, 121c). Weil der „göttliche Anteil“ der Atlanter durch die Vermischung mit Menschen zusehends geschwunden sei, seien sie von Gier nach Macht und Reichtum ergriffen (''Kritias'' 121a–c) worden. Der ''Kritias'' bricht ab, bevor die Götter sich zu einem Gericht über das Reich versammeln, bei dem weitere Strafen beraten werden sollten: {{"|Der Gott der Götter aber, [[Zeus]], welcher nach den Gesetzen herrscht und solches wohl zu erkennen vermag, beschloß, als er ein treffliches Geschlecht (so) schmählich herunterkommen sah, ihnen Strafe dafür aufzuerlegen, (121c) damit sie, durch dieselbe zur Besinnung gebracht, zu einer edleren Lebensweise zurückkehrten. Er berief daher alle Götter in ihren ehrwürdigsten Wohnsitz zusammen, welcher in der Mitte des Weltalls liegt und eine Überschau aller Dinge gewährt, welche je des Werdens teilhaftig wurden, und nachdem er sie zusammenberufen hatte, sprach er&nbsp;….}}
Unabhängig davon, warum Platon die Atlantis-Geschichte erfunden haben soll, muss die Frage beantwortet werden, warum er den „Kritias“ unvollendet ließ. Die dazu in der Antike geäußerte Vermutung (bei [[Plutarch]] Sol. 32,1), der Tod habe Platon an der Vollendung dieses Spätwerks gehindert, kann nicht stimmen, da Platon nach dem „Timaios“ und „Kritias“ sein umfangreichstes Werk „Nomoi“ schrieb. Es scheint als habe Platon freiwillig die Arbeit am „Kritias“ aufgegeben, und zwar – wie man in der Forschung meint {{Ref2|18. 38f.|Nesselrath}} – weil er der Versuchung erlag, Atlantis schillernder darzustellen als Athen, und dies bereute. ''„Manch ein Romanschriftsteller, der […] versucht, den Triumph des Guten über das Böse darzustellen, präsentiert am Ende einen faszinierenden Schurken und einen Helden, der nichts weiter ist als ein langweiliger Bursche. Plato ging in diese Falle. Athen, sein ‚Held‘, stellt sich als ein öder, langweiliger Ort heraus, während der ‚Schurke Atlantis‘ die Menschheit über Jahrhunderte hinweg in seinen Bann schlug. Plato selbst unterlag den Verführungen von Atlantis. Hätte er ihm sonst in Kritias dreimal soviel Raum gegeben wie Athen?“'' {{Ref2|21. 261|SpragueDeCamp}}.


=== Inspirationen ===
=== Ur-Athen ===
Neben Atlantis beschreibt Platon im ''Kritias'' das „Ur-Athen“, wenn auch deutlich kürzer. Das alte Athen ist im Gegensatz zum realen Athen aus Platons Lebzeiten eine reine Landmacht, die [[Attika (Landschaft)|Attika]] bis zum [[Isthmus von Korinth]] beherrscht habe (Kritias 110e). Obgleich in der Nähe der Küste gelegen, verfügte es über keine Häfen und betrieb aus bewusst gefasstem Entschluss keine Seefahrt. Platons [[Polis]] Athen wird als ein äußerst fruchtbarer Landstrich beschrieben, bedeckt von Feldern und Wäldern, und {{"|imstande, ein großes Heer von den Geschäften des Ackerbaues Befreiter zu unterhalten}}&nbsp;(Kritias 110e–111d). Die Göttin [[Athene]] selbst habe die politischen Strukturen und Institutionen im nach ihr benannten Stadtstaat gestiftet, die Platon als nahezu identisch mit jenen seines im ''Politeia'' beschriebenen Idealstaates darstellt. Als Athen von Atlantis angegriffen worden sei, habe es die Angreifer zurückschlagen können und habe dabei sogar einige bereits unterworfene griechische Stämme befreit.
Auch wenn Atlantis als Fiktion Platons gedeutet wird, scheint sich Platon mit dieser Fiktion auf reale Vorbilder aus seiner Zeit zu beziehen, die die Elemente der Atlantis-Geschichte prägten. Die zeitliche Angabe der „9000 Jahre vor Solon“ hängt zwar einerseits mit Platons Auffassung von Weltzyklen zusammen, orientiert sich aber auch an den Angaben Herodots zum Alter der ägyptischen Kultur (Hdt. II 100,1). Demnach hätte Platons eigenes Werk „Politeia“ als Vorlage gedient. Eine gewisse Orientierung des Bildes der Landmacht „Ur-Athen“ an der realen Landmacht [[Sparta]] gilt auch als möglich. Der Beschreibung Attikas liegt wiederum eine geologische Theorie zugrunde, nach der die isolierten Felsen wie Akropolis und [[Lykabettos]] Überreste einer einstigen Hochebene sein, deren „weiche“ Anteile an fruchtbarer Erde einst durch Regen und Fluten erodiert sein.
Als Grund, warum im antiken Griechenland keine Aufzeichnungen, Geschichten oder Sagen vom glorreichen Sieg über die Atlanter existieren, nennt Platon Erdbeben und Überschwemmungen, die immer wieder die alten hellenischen Stämme heimsuchten. Platon erwähnt aber auch eine sehr große und besonders verheerende Flut, die den Untergang der herrschenden Oberschicht an den Küsten zur Folge hatte. Sie ließ nur einen kleinen Teil des Lesens und Schreibens unkundiger Bauern zurück, die in den Bergregionen lebten. Dadurch sei das komplette Wissen, das sich die Griechen bis dahin angeeignet hatten, verloren gegangen.


== Deutung ==
Für Atlantis könnte politisch das [[Perserreich]] als Muster gedient zu haben. Die Organisation der Königsmacht in Atlantis, mit einem „Oberkönig“ und neun „Unterkönigen“, erinnert an die persische Struktur von [[Großkönig]] und ihm untergeordneten [[Satrapen]]. Ebenso könnte die persisches Sommerresidenz [[Ekbatana]], bzw. ihre Beschreibung bei [[Herodot]], eine Vorlage für die Beschreibung der Hauptstadt von Atlantis sein; während bei Platon von drei konzentrischen Wasseringen um die Akropolis die Rede ist, beschreibt Herodot die Stadtbefestigung von Ekbatana mit ''„insgesamt sieben Mauerringen“'', und zwar ''„jeweils einen Mauerring im anderen“'' (Hdt. I 98,3–6). Für die Hafenanlage könnte unterdessen Karthago als Modell benutzt worden sein. Dem Handlungskern der Atlantis-Geschichte, nämlich dem gescheiterten Angriff Atlantis' auf Athen, dürften die [[Perserkriege]] und dabei insbesondere die Konstellation der [[Schlacht von Marathon]] (490 v. Chr.) als Vorbild gedient haben. In beiden Fälle schlug das relativ kleine Athen, ganz auf sich gestellt, eine angreifende Übermacht und bewahrte so ganz Griechenland vor der Unterwerfung. Der fehlgeschlagene Eroberungszug der Seemacht Atlantis könnte aber auch als Reflexion der [[Sizilienexpedition]] verstanden werden, in welcher die übermütigen Pläne der Seemacht Athen, ganz Sizilien und anschließend [[Karthago]] zu unterwerfen, grandios scheiterten.
=== Ein platonischer Mythos ===
[[Datei:De Atlantide ad Timaeum atque Critiam Platonis, title page.gif|mini|hochkant|Titelseite einer Dissertation von 1685 über die atlantischen Dialoge (Johann Christian Bock: ''De Atlantide ad Timaeum atque Critiam Platonis'')]]


Über die möglichen historischen Anknüpfungspunkte, zum Beispiel den Untergang der Ägäisinsel [[Santorin]] im 17. oder 16.&nbsp;Jahrhundert v. Chr. (s. [[Minoische Eruption]]), lässt sich zurzeit kaum wissenschaftliche Übereinstimmung erzielen. Über den philologisch fiktionalen Charakter des Inselreiches Atlantis besteht in der Wissenschaft dagegen weitgehend Einigkeit. Auf die Frage, was die Botschaft dieser Erzählung gewesen sei, gibt es jedoch sehr unterschiedliche Antworten. Die Dialoge ''Timaios'' und ''Kritias'' sind als Ergänzung und Fortsetzung der ''Politeia'' geschrieben. Die Atlantis-Erzählung diente dabei als Demonstration der praktischen Bewährung des idealen Staates. Es handelt sich um einen [[Platonischer Mythos|platonischen Mythos]] und somit nur um eine von vielen fiktionalen und mythischen Darstellungen in Platons Werken.
[[Image:The big wave off Kanagawa.jpg|thumb|<small>Darstellung eines [[Tsunami]]. „Die große Welle von Kanagawa“ von [[Katsushika Hokusai]] (1830).</small>]]
Für den Abschnitt vom Untergang des Inselreichs in Folge einer Naturkatastrophe könnte die Stadt [[Helike]] als Inspiration gedient haben. Diese einst sehr reiche Stadt an der Nordküste der [[Peloponnes]] versank im Winter des Jahres [[373 v. Chr.]] in den Fluten eines Tsunami, der durch ein schweres Erdbeben im [[Korinthischer Golf|Korinthischen Golf]] ausgelöst worden war. Diese Katastrophe, bei der nahezu alle Bewohner Helikes ihr Leben verloren, fand während der gesamten Antike einen starken Nachhall (bspw. bei [[Diodor|Diod.]] XV 48,1–3). Wie auf Atlantis wurde in Helike ein Poseidonkult betrieben; vor dem großen Tempel des [[Poseidon Helikonios]] stand einst eine monumentale Weihestatur des Meeresgottes, die selbst nach dem Untergang der Stadt noch von der Wasseroberfläche aus zu sehen gewesen sei. Wie Atlantis ging auch Helike durch die „Macht“ desjenigen Gottes unter, den sie eigentlich veehrten. Neben der Helikeflut ereignete sich zu Platons Lebzeiten eine weitere schwere Flutkatastrophe. Diese folgte [[426 v. Chr.]] einem Erdbeben im [[Golf von Euböa]] und zerstörte die Stadt [[Orobiai]] sowie eine Insel namens [[Atalante (Insel)|Atalante]] ([[Thukydides|Thuc.]] III 89). Aufgrund der Namensähnlichkeit wurde diese Insel Atalante von manchen Forschern als Vorbild für das Untergangsszenario von Atlantis betrachtet {{Ref2|22. 241|SpragueDeCamp}}, jedoch ist aufgrund der verheerenderen Folgen sowie der zeitlichen Nähe zur Niederschrift von „Timaios“ und des „Kritias“ eher Helike als Vorbild anzusehen {{Ref2|18. 26f.|Nesselrath}}.


==== Zweck des Mythos ====
Neben der naheliegenden Inspiration des Atlantis-Untergangs durch Helike wird von einigen Forschern ein Bezug Platons auf bereits zu seinen Lebzeiten existierende Sintflutmythen diskutiert. Es handelt sich dabei um den Mythos von [[Deukalion]], der praktisch identisch mit dem biblischen Sintflutmythos um [[Noah]] ist. Ebenso wie bei der [[Ilias]] und der [[Argonautensage]] reicht der Ursprung dieses Mythos wahrscheinlich bis weit in schriftlose Zeit zurück. Die Überlieferung kann also nur mündlich stattgefunden haben und der Inhalt variert dementsprechend stark vom zugrunde liegenden Ereignis. Was den historischen Kern des Deukalionmythos darstellt ist umstritten. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um eine bloße Übernahme eines vergleichbaren Mythos aus den altorientalischen Kulturen, womöglich die sumerisch-babylonische Legende von [[Utnapischtim]], was auch die offensichtliche Ähnlichkeit zur alttestamentalischen Noah-Legende erklärt. Diesem Sintflutmythos liegen vermutlich große Überschwemmungen am Nordufer des Persischen Golfes zugrunde. Einige Forscher favorisieren jedoch die Theorie, der Ausbruch der Vulkaninsel [[Thera]] (vermutlich [[1628 v. Chr.]]) und die darauffolgende Flut in der Ägäis könne dem Deukalionmythos zugrunde liegen {{Ref2|38. 61f.|Mavor}}.
Der Zweck dieses Mythos ist nach herrschender Auffassung, eine zuvor diskutierte Theorie auf eine praktische und anschauliche Ebene zu heben, um so ihre Funktionalität und Richtigkeit zu bestätigen. In diesem Sinne wird am Ende der ''Politeia,'' nachdem die Frage „Was ist Gerechtigkeit?“ diskutiert wurde, von Sokrates die (scheinbare) Bestätigung seiner Thesen dadurch beigebracht, dass die „wahre“ Geschichte des Pamphyliers Er erzählt wird (Pol. 614b). Dieser habe in einer Art [[Nahtoderfahrung]] die [[Unterwelt der griechischen Mythologie|Unterwelt]] gesehen und dabei die Erkenntnis erlangt, dass gerechte Menschen nach dem Tod zehnfach belohnt würden, ungerechte Menschen jedoch zehnfach bestraft. An späterer Stelle, zu Ende des neunten Buches der ''Politeia,'' wird ferner die Frage erörtert, ob sich ein gerechter Mensch am politischen Leben seines Stadtstaates beteiligen solle. Auf Sokrates’ Antwort, der Gerechte könne sich engagieren, vielleicht jedoch nicht in seiner irdischen Polis, entgegnet Glaukon, dass ein solcher Idealstaat nur als ein „Muster“ (παράδειγμα) im „Himmel“ der Ideen zu finden sei, woran man sich halten könne (Pol. 592a–b). Es bleibt jedoch umstritten, inwieweit diese Anspielung einen Hinweis auf eine späte Praxisnähe der platonischen Staatsphilosophie und damit die Grundlage des Atlantis-Mythos darstellen könne.<ref name="GUTH">{{Literatur |Autor=[[William Keith Chambers Guthrie]] |Titel=The later Plato and the Academy |Sammelwerk=A History of Greek Philosophy |Band=5 |Verlag=Cambridge University Press |Ort=Cambridge |Datum=1978 |ISBN=0-521-29420-7 |Online={{archive.org|AHistoryOfGreekPhilosophy}}}}</ref>


Im Fall der Atlantis-Erzählung ist es die Theorie vom Idealstaat, die einer realen Bestätigung bedurfte. Am Anfang steht der Wunsch des Sokrates, den Idealstaat einmal in der „Bewegung“ eines Gedankenexperiments zu sehen. Zu diesem Zweck wird der Mythos vom einst in Athen existierenden Idealstaat und dem mächtigen Gegner Atlantis erfunden und dem Erzähler Kritias in den Mund gelegt, dem diese Überlieferung „auf eine geheimnisvolle Weise durch eine Art Zufall“ am Heimweg von einem früheren philosophischen Gespräch eingefallen wäre (Tim. 25e). In dieser Passage betont Kritias, dass man den Atlantis-Stoff günstig an den theoretischen Inhalt der ''Politeia'' angleichen könne: „Wir wollen aber die Bürger und den Staat, den du uns gestern wie erdichtet (ὡς ἐν μύθῳ) darstelltest, jetzt in die Wirklichkeit (ἐπὶ τἀληθὲς) übertragen und hier ansiedeln, als sei jener Staat der hiesige, und von den Bürgern, die du dir dachtest, werden wir sagen, sie seien jene reale Vorfahren von uns, von denen der Priester erzählte.“ (Tim. 26c–d). Die scheinhistorische Überlieferungsgeschichte soll die mehrfach behauptete Realität unterstreichen. Wie jeder platonische Mythos erhebt auch die Atlantis-Erzählung den Anspruch auf Wahrheit, jedoch nicht im Sinne von „historisch wahr oder unwahr“, sondern im Sinne einer philosophischen Wesenswahrheit.
Die Verlagerung Atlantis' westlich der „Säulen des Herakles“ hat den Hintergrund, dass es sich dabei um den Griechen größtenteils unbekanntes Gebiet handelt. Zum anderen wird damit die Vorstellung erklärt, die durch von [[Phönizier|phönizischen]] Seeleuten verbreitete Gerüchte entstand; nämlich dass das Meer westlich der Heraklessäulen schlammig und zähflüssig sei, sodass kein Schiff darin fahren könne (Hdt. II 102,1–2; Hdt. IV 43). Dieses schlammige Wasser erklärt Platon nun mit einem versunkenen Kontinent.


Die Gegner Athen und Atlantis sind idealtypisch als einander diametral gegenüberstehende Gemeinwesen konstruiert: Auf der einen Seite die kleine, stabile und wehrfähige Landmacht, auf der anderen Seite die an ihrem Expansionsdrang zerbrechende Seemacht. Dieser bewusste Gegensatz wird in der Forschung als eine politische Allegorie auf die expansive Seemachtspolitik des realen Athen verstanden.<ref>Pierre Vidal-Naquet: ''Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos.'' In: Pierre Vidal-Naquet: ''Der schwarze Jäger. Denkformen und Gesellschaftsformen in der griechischen Antike.'' Lang, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 231 f.</ref> Platon hatte 404 v.&nbsp;Chr. die Niederlage seiner Heimatstadt im [[Peloponnesischer Krieg|Peloponnesischen Krieg]] miterleben müssen, der einst durch das Hegemoniestreben der Athener in der [[Ägäisches Meer|Ägäis]] ausgelöst worden war. Wenige Jahrzehnte später, als Athen wieder einen Teil seiner ehemaligen Macht zurückgewonnen hatte, wurde der einst infolge der Niederlage aufgelöste [[Attischer Seebund|Attische Seebund]] –&nbsp;wenn auch nicht in gleicher Dimension&nbsp;– neu gegründet. Platon könnte befürchtet haben, dass Athen diese Fehler wiederholen und auf eine vergleichbare Katastrophe zusteuern könnte. Um dem entgegenzuwirken und die Mitbürger zu belehren, dürfte Platon die Geschichte von der an [[Expansionismus]] zugrunde gegangenen Seemacht Atlantis und der siegreichen Landmacht Ur-Athen erfunden oder benutzt haben: {{"|Er zeigte die Gefahren auf, die eine solche imperialistische Seemacht erwarten […], und er versuchte sozusagen den quasihistorischen Beweis zu erbringen, dass ein Staat, der wie sein Idealstaat eingerichtet war, sich in einer solchen Lage überzeugend bewähren würde}}, wie [[Heinz-Günther Nesselrath]] resümiert.<ref name="NES1">{{Literatur |Autor=[[Heinz-Günther Nesselrath]] |Titel=Platon und die Erfindung von Atlantis |Reihe=Lectio Teubneriana XI |Verlag=K. G. Saur |Ort=München / Leipzig |Datum=2002 |ISBN=3-598-77560-1 |Seiten=38}}</ref>
== Nachwirken ==
=== Antike ===
[[Bild:Utopia.jpg|thumb|Morus' „Utopia“. Holzstich von [[Ambrosius Holbein]] (1518).]]
Kaum ein antiker Bericht hatte eine ähnlich intensive Nachwirkung wie Platons Atlantis. Seit vielen Jahrhunderten dient es [[Utopist]]en als Inspiration, wird von Archäologen gesucht und fasziniert als Thema in der Unterhaltungsindustrie ein breites Publikum. Während heute jedoch allzuoft von einem realen Hintergrund der Geschichte ausgegangen wird, war man in der Antike skeptischer. Praktisch keiner von Platons Zeitgenossen hielt die Atlantis-Geschichte für „wahre Historie“, denn auch nach der Veröffentlichung von „Timaios“ und „Kritias“ wurde die Abwehr des atlantischen Angriffs in keiner Aufzählung der Heldentaten der Athener erwähnt. Platons bekanntester Schüler [[Aristoteles]] gehört zu den ersten Kritikern der Atlantis-Erzählung und wird mit den Worten ''„Er, der diese Insel erfand, ließ sie auch verschwinden“'' bei [[Strabon]] (II 3,6) zitiert.


Die Umstände, dass im Atlantis-Mythos das Ur-Athen als über tausend Jahre älter als Ägypten dargestellt wird und zudem die Göttin Athene-Neith beide Gesellschaftsordnungen begründet haben soll, wird als Reaktion Platons auf mögliche Plagiatsvorwürfe gedeutet.<ref>Heinz-Günther Nesselrath: ''Platon und die Erfindung von Atlantis'' (= ''Lectio Teubneriana.'' XI). K. G. Saur, München/Leipzig 2002, S. 32 f.</ref> Dies hängt mit Platons Werk über den Idealstaat –&nbsp;''Politeia''&nbsp;– zusammen: Der Platon-Kritiker [[Isokrates]] hatte als unmittelbare Reaktion auf die ''Politeia'' eine Schrift mit dem Titel [[Busiris (Isokrates)|''Busiris'']] verfasst, nach der der gleichnamige –&nbsp;nur in der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] existierende&nbsp;– ägyptische König in seinem Land eine Gesellschaftsordnung eingerichtet hatte, die diejenige des platonischen Idealstaats vorwegzunehmen scheint. Platon, so die Theorie, habe nun darauf mit einem Mythos geantwortet, laut dem nicht in Ägypten, sondern in Athen zuerst der Idealstaat existierte. Zudem sind es bei Platon gerade ägyptische Priester, die den Griechen diese Erkenntnis bringen.
Als Vorlage für Utopien fand Atlantis jedoch bereits in der Antike Verwendung. So etwa bei [[Euhemeros]] von Messene, dessen fiktive Insel [[Panchaia]] sowohl Ähnlichkeiten zu Atlantis wie zu „Ur-Athen“ zeigt (Diod. 5,41–46). Panchaia sei eine außergewöhnlich fruchtbare Insel, auf der die Gesellschaft – wie auf Atlantis – in drei Klassen eingeteilt war. In der Mitte der Insel fände sich ein großer Tempel, der [[Zeus]] geweiht gewesen sei. Ein anderer antiker Autor, [[Theopompos]] von Chios, [[Persiflage|persifliert]] Platons Atlantis-Erzählung in seinem Werk „[[Philippika]]“. Darin wird von einem Land namens [[Meropis]] jenseits des Atlantischen Ozeans berichtet, von wo aus ein Heer mit zehn Millionen Soldaten aus der Stadt der Krieger („Machimos“) ausrückt, um die [[Hyperboreer]] auf der anderen Seite des Ozeans zu unterwerfen ([[Die Fragmente der griechischen Historiker|FGrHist]] 115, F 75). An die Stelle von Solon und dem Priester von Sais treten bei Theopompos der mythische König [[Midas]] und ein [[Silen]].


Als Grund für die fingierte Überlieferungsgeschichte kann Platons „Konkurrenz“ zu [[Homer]] gesehen werden.<ref name="SZL">{{Literatur |Autor=[[Thomas A. Szlezák]] |Titel=Atlantis und Troia, Platon und Homer. Bemerkungen zum Wahrheitsanspruch des Atlantis-Mythos |Sammelwerk=Studia Troica |Nummer=3/1993 |Verlag=Philipp von Zabern |Ort=Mainz |Datum=1993 |ISSN=0942-7635 |Seiten=233–237, hier: S. 235 f.}}</ref> Schon in der „Politeia“ schrieb Platon von dem „alten Streit zwischen Dichtung und Philosophie“ (Politeia 607b). In seinem Anspruch, die mythisch-poetischen Werke Homers durch seine eigenen, philosophisch durchdachten Mythen wie Atlantis zu „ersetzen“, beruft sich Platon eben nicht wie der Dichter auf [[Muse (Mythologie)|Musen]], sondern auf historische Überlieferungen (deren Ursprung jedoch absichtlich so weit im Dunkeln liegt, dass sie unmöglich überprüft werden können). Im ''Timaios'' spricht Kritias davon, dass Solon ursprünglich geplant habe, den [[Stoff (Literatur)|Stoff]] „Atlantis“, den er in Ägypten vernahm, künstlerisch zu verarbeiten. Er sei jedoch davon abgehalten worden, weil man ihn in Athen als Politiker gebraucht habe (dies ist allerdings chronologisch nicht möglich, da Solon erst nach seiner „politischen Karriere“ Ägypten besuchte). Hätte er den Atlantis-Mythos in Poesie verwandelt, so ist sich Kritias sicher, hätte dieses Werk die Homerischen Epen ''[[Ilias]]'' und ''[[Odyssee]]'' weit überstrahlt (Tim. 21d).
Der Philosoph [[Krantor (Philosoph)|Krantor]] von Soloi, der den ersten Kommentar zu Platons „Timaios“ verfasste, soll auch der erste gewesen sein, der die ägyptische Tradition der Atlantis-Überlieferung nachweisen konnte. In seinem nur fragmentarisch bei [[Proklos (Philosoph)|Proklos]] erhaltenen Werk berichtet er, die [[Stele]]n mit der ägyptischen Version des Atlantis-Berichts in Sais vorgefunden zu haben (FGrHist 665, F 31). Dies wurde bis heute von einigen Forschern als Beweis für die ägyptische Tradition der Atlantis-Geschichte gehalten. Krantors Bericht ist allerdings insofern unglaubhaft, als dass er von Inschriften auf Stelen (στῆλαι) spricht, während im „Timaios“ von schriftlichen Darstellungen die Rede ist, die man ''„zur Hand nehmen“'' (τὰ γράμματα λαβόντες - Tim. 24a) könne, also beispielsweise [[Papyrus (Schreibmaterial)|Papyrus]]rollen {{Ref2|19. 34|Nesselrath2}}.


==== Inspirationen und Vorbilder ====
Die Frage, ob es sich bei Atlantis um eine reale Geschichte handelt, wird auch von späteren Autoren diskutiert, etwa von [[Poseidonios]], der bei Strabon zitiert wird (Strab. II 3,6). Während [[Plinius der Ältere|Plinius]] noch Zweifel an der Authenzität der Geschichte als ganzes äußert (nat. II 92,205), hält [[Plutarch]] zumindest die ägyptische Tradition für möglich, will sich aber ansonsten nicht festlegen, ob es sich um Mythos oder Wahrheit handele (Plut. Solon 31). Weitere Autoren, wie etwa der Kirchenvater [[Tertullian]], nutzen Atlantis ohne Vorbehalt als historisches [[Paradigma]]. Nachdem jedoch noch im [[6. Jahrhundert]] der Byzantiner [[Kosmas Indikopleustes]] den fiktionalen Charakter des Atlantis-Berichts festhielt, geriet er schließlich im europäischen [[Mittelalter]] in Vergessenheit.
Das Vorbild für „Ur-Athen“ war der Idealstaat, den Platon in seinem bedeutenden Werk ''Politeia'' entworfen hatte. Schon daran ist der fiktionale Charakter der gesamten Erzählung erkennbar, zumal nach heutigem Kenntnisstand in Athen zu keinem Zeitpunkt –&nbsp;von der Frühzeit bis in die Klassische Zeit&nbsp;– die geschilderte Kombination von politischen, sozialen und militärischen Elementen bestanden hat. „Ur-Athen“ ist offensichtlich eine Schöpfung Platons. Eine gewisse Orientierung der Landmacht „Ur-Athen“ an der realen Landmacht [[Sparta]] scheint denkbar, obgleich Platons Idealstaat ohnehin keine Seemachtspolitik betreibt. Die Beschreibung der fruchtbaren Böden Attikas zu Zeiten „Ur-Athens“ basiert auf der zu Platons Zeiten gängigen Annahme, dass isolierte Felsmassive wie Akropolis und [[Lykabettus|Lykabettos]] Überreste einer einstigen Hochebene seien, deren „weiche“ Anteile an fruchtbarer Erde seither durch Regen und Fluten fortgespült worden seien. Eine vergleichbare Theorie liegt der Lokalisierung Atlantis’ jenseits der „Säulen des Herakles“ zugrunde; so wurde zu Platons Zeiten –&nbsp;entsprechend den Berichten bei Herodot (2, 102, 1–2; 4, 43)&nbsp;– angenommen, das Meer sei jenseits der Säulen schlammig, zähflüssig und unbefahrbar. Platon erklärt diesen vermeintlichen Umstand mit dem Untergang einer Landmasse.


Für den Antagonisten zu seinem Idealstaat „Ur-Athen“ bediente sich Platon realer Vorbilder aus seiner Zeit. Allgemein wird angenommen, dass Atlantis von ihm zur Erzielung seiner politischen Aussageabsicht wie ein [[Mosaik]] aus verschiedenen Elementen von verschiedenen Vorbildern „zusammengesetzt“ wurde. Platons Intention war es dabei, ein Bild von Atlantis zu zeichnen, das der Leser mit zeitgenössischen Feinden Griechenlands assoziieren würde. So mag Platon bewusst das [[Perserreich]] als Muster für die politische Struktur von Atlantis genommen haben. Die Organisation der Königsmacht in Atlantis, mit einem „Oberkönig“ und neun „Unterkönigen“, erinnert stark an die persische Hierarchie von [[Großkönig]] und ihm untergeordneten [[Satrap]]en. Ebenso scheint die persische Sommerresidenz [[Ekbatana]] gemäß ihrer Beschreibung bei [[Herodot]] eine Vorlage für die Beschreibung der Hauptstadt von Atlantis zu sein; während bei Platon von drei konzentrischen Wasserringen um die Akropolis die Rede ist, beschreibt Herodot die Stadtbefestigung von Ekbatana mit „insgesamt sieben Mauerringen“, und zwar „jeweils einen Mauerring im anderen“ (1, 98, 3–6). Für die Hafenanlage könnte unterdessen [[Karthago]] als Modell benutzt worden sein. Dem Handlungskern der Atlantis-Geschichte, nämlich dem gescheiterten Angriff Atlantis’ auf Athen, dürften die [[Perserkriege]] und dabei insbesondere die Konstellation der [[Schlacht bei Marathon]] 490 v. Chr. als Vorbild gedient haben. In beiden Fällen schlug das relativ kleine Athen, ganz auf sich gestellt, eine angreifende Übermacht und bewahrte so ganz Griechenland vor der Unterwerfung. Der fehlgeschlagene Eroberungszug der Seemacht Atlantis könnte aber auch als Reflexion der [[Sizilienexpedition]] verstanden werden, in der die übermütigen Pläne der Seemacht Athen, ganz Sizilien und anschließend Karthago zu unterwerfen, grandios scheiterten. Die mehrfachen Besuche Platons in [[Syrakus]] und sein Versuch, seine politischen Ideen dort in die Tat umzusetzen, könnten die Atlantiserzählung ebenfalls inspiriert haben.<ref name="RUD">{{Literatur |Autor=[[Gunnar Rudberg]] |Hrsg=Thorwald C. Franke |Titel=Atlantis and Syracuse – Did Plato’s experiences on Sicily inspire the legend? |Verlag=Books on Demand |Ort=Norderstedt |Datum=2012 |ISBN=978-3-8482-2822-5 |Originaltitel=Atlantis och Syrakusai&nbsp;– En studie till Platons senare skrifter |Originalsprache=sv |Originaljahr=1917 |Originalort=Uppsala |Übersetzer=Cecelia Murphy}}</ref>
=== Renaissance ===
In der frühen Neuzeit wurden die alten römischen und griechischen Manuskripte von den Gelehrten wiederentdeckt, und so verbreitete sich auch Atlantis erneut. Besonders mit der [[Entdeckung Amerikas]] bekam die Atlantis-Legende eine gewisse Bestätigung, da man annahm, Amerika sei zumindest der Überrest des versunkenen Kontinents. [[Bartolomé de Las Casas]] schrieb in seinem Werk „[[Historia general de las Indias]]“ dazu: ''„[[Christoph Kolumbus|Kolumbus]] konnte vernüftigerweise glaube und hoffen, dass, obgleich jene große Insel verloren und versunken war, andere zurückgeblieben sein würden oder wenigstens das Festland und dass, wenn man sie suchte, man sie finden würde.“'' Auch [[Girolamo Fracastoro]], bekannt für seine Beschreibung der [[Syphilis]], setzte Amerika und Atlantis gleich.


Für den charakteristischen und bis heute faszinierendsten Bestandteil der Atlantislegende –&nbsp;den Untergang des Inselreichs infolge einer Naturkatastrophe&nbsp;– könnte die Stadt [[Helike]] als Inspiration gedient haben. Diese einst sehr reiche Stadt an der Nordküste der [[Peloponnes]] versank im Winter des Jahres 373&nbsp;v.&nbsp;Chr. in einer [[Tsunami|Flutwelle]], die durch ein schweres Erdbeben im [[Golf von Korinth]] ausgelöst worden war. Diese Katastrophe, bei der nahezu alle Bewohner Helikes ihr Leben verloren, fand in der Antike einen starken Nachhall (bspw. bei [[Diodor]] 15, 48, 1–3). Wie auf Atlantis wurde in Helike ein Poseidonkult betrieben; vor dem großen Tempel des [[Poseidon]] Helikonios stand einst eine monumentale Weihestatue des Meeresgottes, die selbst nach dem Untergang der Stadt noch von der Wasseroberfläche aus zu sehen gewesen sein soll. Wie Atlantis schien auch Helike durch die „Macht“ desjenigen Gottes untergegangen zu sein, den sie eigentlich verehrte. Schon vor der Helikeflut ereignete sich zu Platons Lebzeiten eine weitere schwere Flutkatastrophe. Diese folgte 426&nbsp;v.&nbsp;Chr. einem [[Erdbeben im Golf von Euböa 426 v. Chr.|Erdbeben im Golf von Euböa]] und zerstörte die Stadt [[Orobiai]] sowie eine Insel namens [[Atalanti (Golf von Atalanti)|Atalante]] ([[Thukydides]] 3, 89). Aufgrund der Namensähnlichkeit wurde diese Insel Atalante von manchen Forschern als Vorbild für das Untergangsszenario von Atlantis betrachtet.<ref name="SDC">{{Literatur |Autor=[[Lyon Sprague de Camp]] |Titel=Versunkene Kontinente – Von Atlantis, Lemuria und anderen untergegangenen Zivilisationen |Reihe=Heyne-Bücher |NummerReihe=7010 |Verlag=Heyne |Ort=München |Datum=1975 |ISBN=3-453-00504-X |Seiten=241 |Originaltitel=Lost Continents – The Atlantis Theme in History, Science, and Literature |Originalsprache=en |Originaljahr=1954 |Originalort=New York |Übersetzer=Brigitte Straub}}</ref> Jedoch wird aufgrund der verheerenderen Folgen sowie der zeitlichen Nähe zur Niederschrift von „Timaios“ und des „Kritias“ eher Helike als Vorbild angesehen.<ref>Heinz-Günther Nesselrath: ''Platon und die Erfindung von Atlantis'' (= ''Lectio Teubneriana.'' XI). K. G. Saur, München/Leipzig 2002, S. 26&nbsp;f.</ref>
[[Image:Rudbeck Atlantis.jpg|thumb|Karikatur des Atlantisforschers [[Olof Rudbeck der Ältere|Olof Rudbeck]].]]
Eine Reihe von Philosophen der frühen Neuzeit nahm die platonische Methode der Sozialkritik durch eine Scheingeschichte auf. Als erster tat dies [[1516]] der Engländer [[Thomas Morus]] mit seinem Werk „[[Utopia]]“ (auf welches der heutige literarische Gattungsname „Utopie“ zurückgeht). In seinem neulateinisch abgefassten Werk, das wie Platons „Timaios“ und „Kritias“ in Dialogform geschrieben ist, tritt Morus selbst als literarische Figur auf, und hört von einem angeblichen Gefährten [[Amerigo Vespucci]]s namens [[Raphael Hythlodeus]] die Beschreibung von Utopia, einer bislang unbekannten Insel vor der Küste Amerikas. Der im Laufe der Erzählung beschriebene Idealzustand auf dieser Insel soll die vorher geäußerte Sozialkritik am politischen System Englands noch verstärken.


[[Datei:Schema Atlantis.png|mini|Das Zentrum der atlantischen Ebene]]
Etwa ein Jahrhundert später nahm der italienische [[Dominikaner]]mönch [[Tommaso Campanella]] den platonischen Mythos von Atlantis sowie die Beschreibung des [[Iambulos]] zum Vorbild, um eine eigene Staatsutopie zu erschaffen. Diese heißt in der italienischen Fassung „[[Cittá del sole]]“ benutzt ebenfalls die Form des Dialoges, zwischen einem weitgereisten [[Genua|genuesischen]] Admiral und einem [[Hospitaliter]]. Campanellas fiktiver Sonnenstaat ist auf der realen Insel Taprobane (heute [[Sri Lanka]]) angesiedelt. Insbesondere bei der Beschreibung der Stadt orientiert sich Campanella an Platons Beschreibung von Atlantis im „Kritias“: ''„In einer weiten Ebene erhebt sich ein gewaltiger Hügel, über den hin der größere Teil der Stadt erbaut ist. Ihre vielfachen Ringe aber erstrecken sich in eine beträchtliche Entfernung vom Fuße des Berges. [...] Sie ist in sieben riesige Kreise oder Ringe eingeteilt, die nach den sieben Planeten benannt sind“''.


Der französische Historiker [[Pierre Vidal-Naquet]] sieht Atlantis als Analogie zu Ur-Athen und somit zur Kosmologie des ''Timaios''-Dialoges, Ur-Athen entspräche in diesem Sinne dem „Seienden“, Atlantis hingegen dem „Werdenden“. Vidal-Naquet kommentiert: {{"|Wir sehen uns also einer Sequenz gegenüber, die deutlich nach einer Spiegelung aussieht: 5 (3+2), 1, 2, 2, 3, 3. Wer die in der Mitte liegende Insel verläßt, tritt sehr schnell in die Welt der Verdopplung ein.|ref=<ref>Pierre Vidal-Naquet: ''Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos.'' In: Pierre Vidal-Naquet: ''Der schwarze Jäger. Denkformen und Gesellschaftsformen in der griechischen Antike.'' Lang, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 228.</ref>}} Die Bedeutung von doppelten und dreifachen Abständen in der „Struktur der Weltseele“ findet sich bereits im „Timaios“ beschrieben (Tim. 36d). Zugleich spiegele Atlantis das dekadente Athen seiner Zeit wider. Ähnlichkeiten zu Herodots Persien und zu Homers [[Scheria]] spielen laut Vidal-Naquet nur am Rande eine Rolle, eine Analogie zu den Perserkriegen schließt er aus. Vidal-Naquet glaubt in Atlantis die Stadtanlagen von Ekbatana, Babylon, Scheria, Athen und Susa wiederzuerkennen.<ref name="VIN" /><!-- Dieser Absatz ist in seiner Knappheit kaum verständlich. -->
Beinahe zeitgleich zu Campanella, um [[1624]], schrieb in England [[Francis Bacon]] an seiner Utopie „[[Nova Atlantis]]“, die sich schon im Titel deutlich auf Platon bezieht. Er benutzt Platons Atlantis dabei als historischen Fakt und identifiziert es mit Amerika, um somit seiner eigenen Utopie eine scheinbare Glaubwürdigkeit zu geben. Eine Sintflut habe einst das „alte Atlantis“ bis auf wenige Überlebende vernichtet. Bacons „neues Atlantis“ ist eine Südsee-Insel namens [[Bensalem]], auf welcher – Platon sehr ähnlich – eine hierarchische, monachistische Staatsordnung, patriarchalische Familienstruktur und christliche Sittenstrenge zu finden sind {{Ref2|5. 188f.|Heinisch}}. Herrschaftszentrum sei das „Haus Salomon“, in welchem ein gotterwählter, „ehrwürdiger Vater“ thront. Bacons Werk bliebt unvollendet und wurde erst nach seinem Tod durch [[William Rawley]] veröffentlicht. Laut Rawley ist der frühe Tod Bacons der Grund dafür, warum darin keine Sozialkritik zu finden ist {{Ref2|10. 89|Brentjes}}.


Der deutsche Altphilologe Nesselrath dagegen sieht in Atlantis Parallelen zu den Stadt- bzw. Hafenanlagen von Ekbatana, Babylon und Karthago. Weiter meint er, Analogien zu Herodots Beschreibung der Perserkriege und Homers Epen<!--hier fehlt der eigentliche Zielpunkt der Analogie: Atlantis nicht analog zu Homer, sondern zu irgendetwas, das Homer beschreibt--> identifizieren zu können.<ref>Heinz-Günther Nesselrath: ''Platon und die Erfindung von Atlantis'' (= ''Lectio Teubneriana.'' XI). K. G. Saur, München/Leipzig 2002, S. 25.</ref>
Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts wird Atlantis zunehmend von Gelehrten zum Ursprung der menschlichen Zivilisation erklärt, und wurde damit für das „Einflechten“ in eigene nationale Mythen interessant. Nachdem zunächst in Amerika die Überreste der versunkenen Insel gesehen wurden – womit sich der Anspruch der spanischen [[Conquista]] rechtfertigen ließ – begann Ende des 17. Jahrhunderts der Gelehrte [[Olof Rudbeck der Ältere|Olof Rudbeck]], seine [[Schweden|schwedische]] Heimat und insbesondere die Stadt [[Uppsala]] als Platons Atlantis zu propagieren {{Ref2|8. 219|Vidal-Naquet}}. Drei zwischen 1675 und 1698 erschienene Bände widmete er diesem Thema. Während der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] wurde schließlich [[Sibirien]] durch [[Jean-Sylvain Bailly]] zum Ursprungsland der Kultur erklärt und mit Platons Atlantis gleichgesetzt.


Umstritten ist in der Forschung, ob und inwiefern es eine substantielle Inspiration des Atlantis-Mythos durch ägyptische Quellen gegeben haben könnte. Einige, wie etwa William Heidel, deuteten gerade die behauptete Herkunft des Berichts aus Ägypten als offenen Hinweis auf den fiktionalen Charakter der Atlantis-Geschichte.<ref>William A. Heidel: ''A suggestion concerning Platon’s Atlantis.'' In: ''[[Daedalus (Zeitschrift)|Daedalus]].'' Band 68, 1933, {{ISSN|0011-5266}}, S. 189–228.</ref> Sie konnten dafür auf die Worte im „[[Phaidros]]“ verweisen: „O Sokrates, mit Leichtigkeit erdichtest du Geschichten aus Ägypten oder sonst einem Land, woher auch immer du willst“ (Phaidros 275&nbsp;B). Andere Historiker, wie etwa [[Thomas Henri Martin]] und [[Alexander von Humboldt]], hielten eine ägyptische Tradition als Kern des Mythos für wahrscheinlich und darüber hinaus auch die Überlieferung vom Ägyptenreisenden Solon zum Erzähler Kritias für möglich.<ref>Thomas H. Martin: ''Dissertation sur l’Atlantide.'' In: Thomas H. Martin: ''Études sur le Timée de Platon.'' Band 1, Paris 1841, S. 257–332.</ref> Einen ägyptischen Ursprung für Teile oder Aspekte des Atlantis-Mythos für möglich zu halten, zwingt jedoch nicht dazu, auch zu glauben, dass der Atlantisbericht –&nbsp;wie von Platon behauptet&nbsp;– auf eine 9000 Jahre alte Überlieferung in Ägypten zurückgeht. Es scheint zudem auch unwahrscheinlich, dass Solon (†&nbsp;um 560&nbsp;v.&nbsp;Chr.) die Quelle für Platons Darstellung war, da in den mehr als 150 Jahren zwischen Solon und Platon bei keinem einzigen [[Liste der antiken Schriftsteller (griechisch)|griechischen Schriftsteller]] eine Spur eines solchen Berichts zu finden ist. Auch die Athener wussten nichts von ihrem angeblichen Sieg über Atlantis. Hätte es sich bei diesem wirklich um eine der „größten Heldentaten Athens“ gehandelt, müsste diese zumindest in einer der zahlreichen [[Epitaphios (Antike)|Leichenreden]], in denen zu Ehren Verstorbener die große Geschichte Athens resümiert wurde, Erwähnung finden. Doch in keiner der bis heute überlieferten Ansprachen findet sich eine Erwähnung von Atlantis. Nicht einmal in der von Platon geschriebenen Leichenrede im [[Menexenos (Platon)|''Menexenos'']] wird Atlantis genannt; was bedeuten könnte, dass auch Platon die Atlantis-Erzählung vor der Niederschrift seiner Spätwerke ''Timaios'' und ''Kritias'' nicht kannte, sondern sie erst zu jenem Zeitpunkt kennenlernte bzw. erfand.
=== 19. und 20. Jahrhundert ===


=== Kritik an der Deutung von Atlantis als Erfindung Platons ===
Im 19. Jahrhundert, mit der einsetzenden Verwissenschaftlichung der historischen und archäologischen Forschung, trennen sich die Wege der Atlantisdeutung unter Gelehrten und Halbgelehrten. Auf der einen Seite wiesen Althistoriker und Philologen immer wieder auf den fiktiven Charakter von Platons Atlantis-Erzählung hin; zunächst [[Thomas Henry Martin]] in seiner bedeutenden „Dissertation de l'Atlantide“ im Jahr 1841, später [[Eduard Meyer]] und [[William Heidel]], in neuerer Zeit [[L. Sprague de Camp]], [[Pierre Vidal-Naquet]], [[Heinz-Günther Nesselrath]] und [[Thomas Szlezák]]. So urteilte beispielsweise Meyer, Atlantis sei ''„eine reine Fiktion, der keinerlei geschichtliche oder naturwissenschaftliche Kenntnisse zugrunde liegen“''. Ungeachtet dessen wurde der Atlantis-Mythos dennoch von einer Vielzahl von mehr oder minder seriösen Forschern aufgriffen, und entwickelte so im Laufe der Zeit eine gewisse Eigendynamik. Es folgte ''„die Wandlung eines Lehrgedichtes für eine konservative Sozialreform in eine sozialistische Utopie und schließlich in eine mehr oder weniger ernstgemeinte Abenteuergeschichte. Der Name blieb, der Inhalt verflüchtigte sich und verlor den Zusammenhang mit dem Schöpfer der Legende“'' {{Ref2|10. 176|Brentjes}}.
Kritik an der Deutung der Atlantis-Erzählung als einer Erfindung Platons gibt es in verschiedener Hinsicht. Teils wird die philologische Argumentation direkt angegriffen, teils wird eine ägyptische Überlieferung vermutet, teils werden konkrete Lokalisierungen von Atlantis vorgeschlagen.


==== Kritik an der philologischen Argumentation ====
[[Image:Atlantis Monsu Desiderio.jpg|thumb|<small>Fantasiedarstellung des Untergangs von Atlantis, von [[Monsù Desiderio]] (frühes 17. Jahrhundert).</small>]]
An der philologischen Begründung der Erfindungshypothese ist immer wieder Kritik lautgeworden. In den Worten von [[John V. Luce]]:
Am Anfang dieser Entwicklung steht der Hobby-Archäologe [[Augustus Le Plongeon]], der mit populären Schriften wie „Archaeological Communication on Yucatán“ (1879) oder „Queen Moo and the Egyptian Sphinx“ (1900) die spekulative und irrationale Form der Atlantis-Forschung begründete, welche sie bis heute aufweist. Le Plongeon vermengt Atlantis mit eigenen Phantansiegeschichten vom Lande [[Mu (Kontinent)|Mu]], die er aus Maya-Inschriften gedeutet haben will. Vor 11500 Jahren seien Maya-Kolonisten nach Indien, Ägypten und ins Zweistromland aufgebrochen, um dort Kultur und Religion zu verbreiten. Ein Drittel der Maya-Sprache, so behauptet Le Plongeon weiter, sei reines Griechisch, der Rest identisch mit dem [[Assyrische Sprache|Assyrischen]]. Auch Palästina habe Kultur und Sprache von den Maya bekommen, und so habe selbst [[Jesus von Nazareth]] Maya gesprochen. Beinahe alle diese Ideen sind frei erfunden, dennoch beriefen sich zahlreiche spätere Autoren auf Le Plongeon als handle es sich um feststehende Tatsachen {{Ref2|10. 136f.|Brentjes}}.
{{Zitat
|Text=Die Skeptiker haben starke Argumente, trotzdem gab es jedoch immer eine Minderheit von Gelehrten, die bereit waren, die Möglichkeit zuzugeben, dass Platon in seiner Atlantis-Erzählung Material verwendet habe, das nicht völlig ohne historisches Gewicht war.
|ref=<ref name="RAM">{{Literatur |Autor=[[John V. Luce]] |Hrsg=Edwin S. Ramage |Titel=Die literarische Perspektive – Die Quellen und die literarische Form von Platons Atlantis-Erzählung |Sammelwerk=Atlantis – Mythos, Rätsel, Wirklichkeit? |Verlag=Umschau |Ort=Frankfurt am Main |Datum=1979 |ISBN=978-3-524-69010-0 |Seiten=65&nbsp;ff |Originaltitel=Atlantis – Fact Or Fiction? |Originalsprache=en |Originaljahr=1978 |Originalort=Bloomington, Indiana |Übersetzer=Hansheinz Werner}}</ref>}}
Als Indizien für ein mögliches historisches Gewicht der Atlantis-Erzählung werden angeführt:
* Platon habe die von ihm erfundenen Parabeln immer deutlich als Mythen gekennzeichnet. Die Geschichte von Atlantis sei dagegen ausdrücklich als ''logos alēthēs'' (ein wahrer Bericht) und nicht als ''mythos'' (eine Geschichte) gekennzeichnet worden. Platon habe betont, dass seine Überlieferung nicht erfunden, sondern „in jeder Hinsicht“ wahr sei.
* Es sei kaum anzunehmen, dass Platon in seinen Gesamtplan der Dialog-Trilogie ''Timaios''/''Kritias''/''Hermokrates'' eine Geschichte aufgenommen hätte, die er selbst von Anfang bis zum Ende erfunden hat, und von der er wusste, dass sie erdichtet ist.
* Die Funktion der Atlantis-Erzählung als Beleg für die Richtigkeit von Platons Staatstheorien könne nur erfüllt werden, wenn es sich um eine wahre Geschichte handele.<ref name="brandenstein">{{Literatur |Autor=[[Wilhelm Brandenstein]] |Titel=Atlantis – Größe und Untergang eines geheimnisvollen Inselreiches |Reihe=Arbeiten aus dem Institut für allgemeine und vergleichende Sprachwissenschaft der Universität Graz |NummerReihe=3 |Verlag=Gerold&nbsp;& Co. |Ort=Wien |Datum=1951}}</ref>
* Die ausführliche und präzise Beschreibung von Atlantis mit Benennung zahlreicher Einzelheiten sei unnötig gewesen, wenn Atlantis nur als Anschauungsmodell für einen idealen Staat habe dienen sollen. Platon habe in seinen übrigen Werken auch keinerlei Interesse an technischen Details gezeigt.
* Details der Atlantis-Erzählung tauchten auch in anderen Dialogen Platons in einem eindeutig historisch zu verstehenden Kontext auf.


==== Theorien einer vorplatonischen Atlantis-Überlieferung ====
Auf Le Plongeon folgte der US-amerikanische Politiker und Hobby-Historiker [[Ignatius Donnelly]], dessen Buch „Atlantis, the Antediluvian World“ (1882) ein wahrer Bestseller wurde. Donnelly verbindet Platons Bericht und die biblische [[Sintflut]]geschichte, und beschreibt Atlantis als untergegangenen Kontinent im Nordatlantik, der – wie von Platon beschrieben – innerhalb eines Tages und einer Nacht absank. Während zu Donnellys Zeit noch kontrovers über die Entstehung der Ozeane diskutiert wurde, und sich Donnelly zumindest teilweise auf die Theorien des österreichischen Geologen [[Eduard Suess]] berufen konnte, gilt die plötzliche Absenkung eines Kontinents heute – nach [[Alfred Wegener]]s Theorie der [[Plattentektonik]] – jedoch als widerlegt. Ebenso wie Le Plongeon sieht Donnelly in den Atlantern die Kulturbringer der Alten und Neuen Welt. Auch diese Theorie hat die moderne Wissenschaft widerlegt, in dem sie eigenständige Kulturentwicklungen in allen Erdteilen nachwies. Doch wie Le Plongeon wird auch Donnelly von zahlreichen heutigen Atlantis-Autoren in diesen Punkten zitiert. Donnellys Theorie wurde in den [[1920er]]n von [[Lewis Spence]] aufgegriffen und erweitert. Laut Spence gab es in Atlantis eine Sonnenreligion wie in Ägypten, und zum Kreis der Götter gehörte [[Atlan]], der mit dem aztekischen Gott [[Quetzalcoatl]] gleichzusetzen sei. Die Donnelly'sche Version der antiken „Superzivilisation“ fand derweil begeisterte Aufnahme in [[Esoterik|esoterischen]] und theosophischen Kreisen und wurde bis heute durch zahlreiche Spekulationen ergänzt, so beispielsweise von [[Charles Berlitz]], [[James Churchward]], [[Erich von Däniken]] und [[Otto Muck]].
[[Datei:POxy1084 Hellanicus Atlantis.png|mini|hochkant=0.6|Papyrusfragment P. Oxy. 1084 der ''Atlantias'' des [[Hellanikos von Lesbos|Hellanikos]] (Luce sieht darin ein Vorbild für Platons Atlantis)]]


Da auffallende Ähnlichkeiten zwischen der Schilderung eines atlantischen Königsrituals –&nbsp;Stiere „ohne Waffen, aber mit Stäben und Schlingen zu jagen“ (Kritias 119d–e)&nbsp;– und der Darstellung [[Minoische Kultur|minoischer]] Stierkämpfe bestünden, hält [[John V. Luce]] es für wahrscheinlich, dass eine ägyptische Überlieferung über die Minoer Eingang in Platons Atlantis-Bild gefunden habe.<ref>John V. Luce: ''Die literarische Perspektive&nbsp;– Die Quellen und die literarische Form von Platons Atlantis-Erzählung.'' In: Edwin S. Ramage (Hrsg.): ''Atlantis&nbsp;– Mythos, Rätsel, Wirklichkeit?'' Umschau, Frankfurt am Main 1979 (Originaltitel: ''Atlantis&nbsp;– Fact Or Fiction?'' Bloomington, Indiana 1978, übersetzt von Hansheinz Werner), ISBN 978-3-524-69010-0, S.&nbsp;89&nbsp;f.</ref> Er geht dabei davon aus, dass Platon selbst in Ägypten von dieser Überlieferung Kenntnis genommen habe. Abgesehen davon, dass Platons Ägyptenreise an sich umstritten ist, konnte er jedoch keine ägyptischen Hieroglyphen lesen. Er wäre somit auf einen ägyptischen Übersetzer angewiesen gewesen. Falls er tatsächlich in Ägypten war, bliebe dennoch unklar, ob und wie ihm die mutmaßliche Überlieferung übersetzt wurde und was Platon seinerseits für seine Erzählung daraus übernommen hat.
Churchward, der in seinen Büchern von Begegnungen mit alten indischen Priestern berichtet, die ihm die wahre Vorgeschichte der Menschheit berichtet haben sollen, legte dabei noch die Fundamente für die rassistische Auslegung der Atlantis-Legende, als er beispielsweise schrieb, ''„die voherrschende Rasse im Lande Mu war eine weiße Rasse“'', die so lange ''„glücklich lebte, wie die Rassenreinheit gewährt habe“''. Diese wurde unter anderem von [[Alfred Rosenberg]], einem der „Chefideologen“ des [[Nationalsozialismus]], aufgegriffen und erweitert. Atlantis wurde als Urheimat der [[Arier]] gedeutet, die mit [[Thule (Insel)|Thule]] gleichzusetzen sei und ohne Zweifel im Norden gelegen haben müsse. Durch Romane von [[Otto Willi Gail]] („Der Stein vom Mond“, 1926) und [[Edmund Kiß]] („Die letzte Königin von Atlantis“, 1931 und „Frühling in Atlantis“, 1933) ging das Atlantis-Thule-Motiv in die deutsche Jugend- und Trivialliteratur ein, und überlebte so den Nationalsozialismus {{Ref2|10. 142|Brentjes}}. In den [[1950er]]n wurde es von dem norddeutschen [[Pastor]] [[Jürgen Spanuth]] erneut aufgegriffen. In seinem Buch „Das enträtselte Atlantis“ (1953) lokalisiert er den untergegangen Kontinent in der [[Nordsee]]; eine versunkene Insel östlich von [[Helgoland]] deutete Spanuth dabei als Hauptstadt von Atlantis. Für Spanuth war die Kultur der Atlantier mit der [[Nordische Bronzezeit|Nordischen Bronzezeit]] und der [[Seevölker]]wanderung zu identifizieren. Da dies aber nicht mit Platons Zeitangabe von 9000 Jahren übereinstimmt, behauptet Spanuth, die Ägypter hätten statt „echter Jahre“ Mondjahre (und damit Monate) gemeint – eine völlig haltlose Behauptung, da keine einzige ägyptische Quelle Datierungen in Mondjahren angibt. Als eine der wenigen Atlantis-Theorien wurde Spanuths Version von seriösen Wissenschaftlern intensiv geprüft; diese kamen dabei zu einem vernichtenden Urteil {{Ref2|63|Weyl}}.


Eine vergleichbare Theorie eines vorplatonischen Atlantis liefert der Philologe [[Herwig Görgemanns]]. Er behauptet, die von Platon erwähnte Verbrüderung der Ägypter mit den „Ur-Athenern“ sei von einem ägyptischen Bericht beeinflusst.<ref name="GOE">{{Literatur |Autor=[[Herwig Görgemanns]] |Titel=Wahrheit und Fiktion in Platons Atlantis-Erzählung |Sammelwerk=[[Hermes (Zeitschrift)|Hermes]] |WerkErg=Zeitschrift für klassische Philologie |Nummer=128 |Verlag=Franz Steiner |Ort=Stuttgart |Datum=2000 |Seiten=405–419 |Online=[https://books.google.de/books?id=BhxW_fhgkDAC&pg=PA75&lpg=PA75&dq=Herwig+G%C3%B6rgemanns+Wahrheit+und+Fiktion+in+Platons+Atlantis-Erz%C3%A4hlung&source=bl&ots=9yi_fHdw8U&sig=S6Fi3r5mAygz2UbepHWCVJLh4Sw&hl=de&sa=X&ei=2gWKVKXWGoGvPNy2gfAI&ved=0CD8Q6AEwBQ#v=onepage&q=Herwig%20G%C3%B6rgemanns%20Wahrheit%20und%20Fiktion%20in%20Platons%20Atlantis-Erz%C3%A4hlung&f=false Teilansicht] |Abruf=2014-12-11}}</ref> Dieser Bericht basiere auf der Überlieferung der [[Seevölker]]invasion des 13./12.&nbsp;Jahrhunderts v.&nbsp;Chr. und sei durch eine angeblich schon damals existierende Verbrüderung der Ägypter und Athener gegen die „Feinde aus dem Westen“ ergänzt worden. Als sich Ägypten im 4.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr. von der persischen Herrschaft zu lösen begann, bekam es zunächst 386 bis 380&nbsp;v.&nbsp;Chr. Unterstützung aus Athen durch den Athener Feldherrn [[Chabrias]]. Dies fand in Athen nicht nur Zustimmung, und so wurde 362/61&nbsp;v.&nbsp;Chr. (unmittelbar vor der Entstehung des ''Timaios'') eine Gesandtschaft nach Athen geschickt, die für eine Athenisch-Ägyptische Allianz werben sollte und dabei laut Görgemanns die veränderte Überlieferung des Seevölkersturms in Athen verbreitete. Und eben dieses Element habe Platon dann im Atlantis-Mythos verarbeitet. Jedoch ist auch diese Argumentation insofern lückenhaft, als Platon vermutlich nicht der Einzige gewesen wäre, der diese Geschichte vernommen hätte. Insofern ließe sich schwer erklären, warum nur er von Atlantis berichtet.
[[Image:Akrotiri minoan town.jpg|thumb|Minoisches [[Fresko]] aus [[Akrotiri]].]]
Kurz nachdem [[Arthur Evans]] um die Jahrhundertwende die [[Minoische Kultur|minoischen]] Ruinen auf [[Kreta]] ausgrub wurde eine Theorie aufgestellt, nach der das minoische Kreta das von Platon beschriebene Atlantis sei {{Ref2|34|Baikie}}. Auch hierfür mussten die Angaben Platons zur Ort, Zeit und Größe „uminterpretiert“ werden. Als der griechische Archäologe [[Spyridon Marinatos]] in den 1960ern die verschütteten Überreste einer minoischen Siedlung auf [[Thera]] freilegte, bekam die Atlantis-Kreta-Theorie einen neuen Aufschwung. Der Vulkanausbruch auf Thera habe um 1500 v. Chr. eine Flutwelle ausgelöst, die die minoischen Zentren auf Kreta vernichtete – eine offensichtliche Parallele zu Atlantis. Spätere Autoren wie [[James W. Mavor]], [[John V. Luce]] und [[Rodney Castleden]] übernahmen diese Theorie und komplettierten sie. Einige seit Mitte der 1990er erfolgte naturwissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch ergeben, dass der Ausbruch des Thera-Vulkans nicht mit dem Untergang der Minoer zusammenfällt. Während der Ausbruch in das 17. vorchristliche Jahrhundert neu datiert wurde, exitierte die minoische Kultur mindestens bis ins 15. Jahrhundert vor Christus {{Ref2|1|Driessen-MacDonald}}. Damit fiel diese – im Prinzip einzige, denn die Minoer haben nie ein Weltreich beherrscht und nie Athen attackiert – Parallele zu Atlantis für Kreta weg.


==== Lokalisierungshypothesen ====
In den [[1990er]]n erregte eine neue Atlantis-Theorie des Geoarchäologen [[Eberhard Zangger]], der Atlantis mit Troja gleichsetzen will, besonders in der Presse große Aufmerksamkeit {{Ref2|44|Schulz}}. Die anschließenden Gegenargumente zu dieser Theorie durch Experten wie den Troja-Ausgräber [[Manfred Korfmann]] blieben dagegen nahezu unbeachtet {{Ref2|41|Korfmann}}. Zangger sieht in Platons Atlantis-Bericht die ägyptische Version der homerischen Ilias, die durch die lange Überlieferung entstellt sei. Dennoch beschreibt Zangger eine große Anzahl von Übereinstimmungen zwischen Troja und Atlantis – neben Poseidonkult und Hafen auch geographisch-naturkundliche Faktoren wie Wind- und Strömungsverhältnisse. Gegen Zanggers Hypothese spricht, dass Troja weder eine Insel ist, noch jemals überschwemmt wurde und dass Troja im Trojanischen Krieg nicht Angreifer sondern der Angegriffene war.
{{Hauptartikel|Lokalisierungshypothesen zu Atlantis}}
Neben diesen eher ergänzenden Theorien zu Platons Erfindung von Atlantis gibt es zahlreiche Lokalisierungshypothesen, die Atlantis an einem konkreten Ort vermuten und dessen Untergang als ein konkretes Ereignis annehmen. Ihnen liegt die gemeinsame Auffassung zugrunde, dass Platons Erzählung auf einer tatsächlichen Überlieferung beruhe oder zumindest einen historischen Kern enthalte. Gleichzeitig setzen die meisten Theorien voraus, dass Platons örtliche und zeitliche Angaben zu Atlantis falsch bzw. in der mutmaßlichen Überlieferung verzerrt worden sind.


Bislang blieben diese Lokalisierungsversuche jedoch immer Hypothesen einzelner Personen. Die frühen Theorien – die Atlantis auf Helgoland, den Kanarischen Inseln oder Kreta vermuteten – werden heute von keinem Wissenschaftler mehr vertreten. Zu den jüngeren Theorien gehört die Hypothese des Geoarchäologen [[Eberhard Zangger]], dass es sich bei Atlantis um eine verzerrte Darstellung von [[Troja]] handele, sowie die Vermutung von [[Siegfried Schoppe]] und Christian Schoppe, dass eine Verbindung zwischen Atlantis und der [[Schwarzes Meer#Geologische Schwankungen|Flutung des Schwarzmeerbeckens]] um 5600&nbsp;v.&nbsp;Chr. bestünde; dieser Hypothese zufolge gehe die Atlantis-Erzählung auf den Untergang einer hypothetischen Kultur im Nordwesten des Schwarzen Meeres zurück.
Die US-amerikanischen Geologen [[William Ryan]] und [[Walter Pitman]] konnten Mitte der Neunziger die Flutung des Schwarzmeerbeckens um 5600 v. Chr. nachweisen {{Ref2|6|Ryan-Pitman}}. Diese möglicherweise sturmflutartige Überschwemmung der vormaligen Küstengebiete am Schwarzen Meer ist ihrer Theorie nach Ursprung der [[Sintflut]]mythen im vorderen Orient. Ergänzend zu dieser Theorie stellten [[Siegfried Schoppe|Siegfried]] und [[Christian Schoppe]] eine Verbindung zu Platons Atlantis her {{Ref2|43|Schoppe}}. Es sei demnach eine jungsteinzeitliche Kultur an der nord- und nordwestlichen Küste des Schwarzen Meeres, deren Überreste beziehungsweise Ableger in der [[Vinča-Kultur]] gesehen werden könnten. Zugleich sei diese Region identisch mit dem Ursprungsgebiet der [[Indogermanen]]. Platons Atlantis-Beschreibung sei somit eine literarisch bearbeitete Niederschrift eines griechischen Sintflutmythos. Unklar bleibt bei diesem wie auch anderen Lokalisierungsversuchen, wie diese Überlieferung (in nachweislich schriftloser Zeit) erfolgt sein soll, und zum anderen warum sie nur Platon aber keinen seiner Zeitgenossen erreichte.


Althistoriker und Philologen lehnen in der Regel jeden Lokalisierungsversuch als Fehlinterpretation einer einzigen Quelle, nämlich Platon, ab und sehen in Atlantis reine Fiktion, der kein geschichtliches Ereignis oder ein naturwissenschaftlicher Vorgang zugrunde liegt.
Es existieren heute zahlreiche weitere Lokalisierungsversuche zu Atlantis. Platons Angaben zu Ort und Zeit müssen jedoch teilweise erheblich verändert werden, um Atlantis etwa in Spanien, Tunesien, Sizilien, Irland, Sri Lanka, dem Bermuda-Dreieck, auf Kuba oder in der Antarktis finden zu können – womit noch lange nicht alle Orte genannt sind, die mit Atlantis in Zusammenhang gebracht werden. In den meisten Fällen wird auch nicht mehr Platons, sondern Donnellys und Le Plongeons Atlantis – nämlich das der kulturbringenden Superzivilisation – gesucht. Von Platons ursprünglichen Intentionen hat sich die Atlantis-Metaforschung weit entfernt.


== Wirkungsgeschichte ==
Wie vielfältig und zahlreich die heute kursierenden Hypothesen zu Atlantis sind, zeigte die im Juli 2005 auf der griechischen Insel [[Milos]] stattgefundene „Internationale Atlantis-Konferenz“. Knapp 50 Theorien zur Lage von Atlantis wurden dort von hauptsächlich Hobby-Forschern einem Publikum vorgetragen, dem auch anerkannte Archäologen wie [[Christos Doumas]] angehörten {{Ref2|9|Bojanowski}}. Eine der neueren dort vorgetragenen Theorien vermutet Atlantis auf der hypothetischen Spartel-Insel vor der Küste Südspaniens, die einst mit dem Anstieg des Meeresspiegels am Ende der letzten Eiszeit versunken sei {{Ref2|30|Gutscher}}. Weitere Hypothesen sprachen unter anderem von Irland, Südindien, den Philippinen und sogar Israel. Am Ende stellte ein Teil der Konferenzteilnehmer durch Zuruf eine Liste von Kriterien auf, die ein möglicher Atlantis-Fundort erfüllen müsse, um auch wirklich „Atlantis“ genannt werden zu dürfen [http://milos.conferences.gr/index.php?id=2964].
Kaum ein antiker Bericht hatte eine ähnlich intensive Nachwirkung wie Platons Schilderungen von „Atlantis“. Seit vielen Jahrhunderten dient das fabelhafte Inselreich [[Utopist]]en als Inspiration und wird von Archäologen gesucht. Auch die Unterhaltungsindustrie entdeckte den Stoff als zugkräftiges Thema.


=== Antike ===
Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich Atlantis im Laufe der Zeit zu einem [[Synonym]] für eine reiche und mächtige Kultur entwickelt, die plötzlich und unerwartet unterging. So sprach beispielsweise [[Thomas Edward Lawrence]] von der einst prachtvollen, jedoch später versandeten südarabischen Metropole [[Ubar]] als „Atlantis der Wüste“ (engl. „Atlantis of the Sands“). Auch der sagenhafte, untergegangene Ostseehafen [[Vineta]] wird gelegentlich als „Atlantis des Nordens“ bezeichnet. In Belletristik und Esoterik ist kaum mehr als diese Versinnbildlichung Atlantis' geblieben, die seit etwa [[1850]] von Schriftstellern verstärkt aufgegriffen wird. In [[Jules Verne]]s „[[20.000 Meilen unter dem Meer]]“ etwa besuchen Kapitän Nemo und Professor Aronnax die Ruinen von Atlantis am Meeresgrund. Auch in Film und Fernsehen kam es zu zahlreichen Adaptionen von Atlantis, zuletzt in der Idee einer versunkenen, aber immer noch existierenden Zivilisation in [[Walt Disney]]s „[[Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt]]“ (siehe auch: [[Atlantis als Sujet]]).
Von Platons Zeitgenossen ist keine Veröffentlichung bekannt, die die Atlantis-Geschichte für „wahre Historie“ hielt, auch nach dem Erscheinen von ''Timaios'' und ''Kritias'' wurde die Abwehr des atlantischen Angriffs in keiner heute bekannten Aufzählung der Heldentaten der Athener erwähnt. Ob sich [[Aristoteles]], Platons bekanntester Schüler, zu Atlantis äußerte, ist bis heute ungesichert.<ref>[[Reinhold Bichler]]: ''Atlantis.'' In: ''[[Der Neue Pauly]]. Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte.'' Band 13, J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar 1999, Sp. 335 f.</ref> Manche sehen die durch [[Strabon]] (2, 3, 6)<ref>Strabon: ''Geographica.'' [http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Strab.+2.3.6&fromdoc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0197 ''2, 3, 6.''] ({{archive.org|straboserdbesch00stragoog|Fragment=page/n177/mode/2up}} deutsche Übersetzung von [[Albert Forbiger]] 1856)</ref> überlieferte Meinung des [[Poseidonios]] zur „Sage von der Insel Atlantis“, die sich an Aristoteles orientiere, als einen Beleg dafür.<ref>Vergleiche etwa {{RE|II,2|2117||Atlantis|Ernst Hugo Berger|RE:Atlantis 2}}</ref> Nach anderer Ansicht belegt die Ausführung Strabons lediglich, indem er Poseidonios’ Aussage wiedergibt, dass Atlantis möglicherweise keine Erfindung sei, im Gegensatz zur „Mauer der [[Achaier|Achäer]]“ bei [[Homer]] (siehe unten). Damit habe sich Poseidonios bezüglich Atlantis nicht festgelegt.<ref>[[Andreas Hartmann (Althistoriker)|Andreas Hartmann]]: ''Atlantis. Wissen, was stimmt.'' Herder, Freiburg im Breisgau 2010, ISBN 978-3-451-06115-8, S. 61 und 64; Heinz-Günther Nesselrath: ''Atlantis nach Platon – Bemerkungen zu einer neuen Rezeptionsgeschichte der von Platon erfundenen Insel.'' In: ''Jahresheft des Vereins der Göttinger Freunde der antiken Literatur.'' Nr. 16 (2017), S. 12–24.</ref>


Der Philosoph [[Krantor von Soloi]], der den ersten Kommentar zu Platons ''Timaios'' verfasste, war der erste, von dem wir wissen, dass er Atlantis für einen geschichtlichen Sachverhalt hielt. Er soll der erste gewesen sein, der die ägyptische Tradition der Atlantis-Überlieferung nachweisen konnte. In seinem nur fragmentarisch bei [[Proklos]] erhaltenen Werk berichtet er, die [[Stele]]n mit der ägyptischen Version des Atlantis-Berichts in [[Sais]] vorgefunden zu haben ([[Die Fragmente der griechischen Historiker|FGrHist]] 665, F&nbsp;31). Dies wurde bis heute von einigen Forschern als ein Beweis für die ägyptische Tradition der Atlantis-Geschichte eingeschätzt. Krantors Bericht gilt der Mehrheitsmeinung jedoch insofern als unglaubhaft, als er von Inschriften auf Stelen ({{lang|grc|στῆλαι}}) spricht, während im ''Timaios'' von schriftlichen Darstellungen die Rede ist, die man „zur Hand nehmen“ ({{lang|grc|τὰ γράμματα λαβόντες}} – Tim. 24a) könne, also beispielsweise [[Papyrus]]rollen.<ref>Heinz-Günther Nesselrath: ''Atlantis auf ägyptischen Stelen? Der Philosoph Krantor als Epigraphiker.'' In: ''[[Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik]].'' 135, 2001, S. 33–35, hier: S. 34. ([http://www.atlantis-scout.de/NesselrathHG_2001_AtlantisKrantorEpigraphiker.pdf online], PDF-Datei, 49,73&nbsp;kB).</ref>
==Siehe auch==
* [[Utopische Literatur]]


Die Frage, ob es sich bei Atlantis um eine reale Geschichte handelt, wird auch von späteren Autoren diskutiert, etwa von Poseidonios, dessen Meinung von Strabon mit folgenden Worten angegeben wird:
==Literatur==
{{Zitat
=== Primärliteratur ===
|Text=Daß aber die Erde sich zuweilen hebe und senke, und durch Erdbeben und andre ähnliche Ereignisse, die auch wir aufgezählt haben, Veränderungen erleide, das ist von ihm [sc. Poseidonios] richtig bemerkt worden, und damit stellt er auch Plato’s Ansicht passend zusammen, es lasse sich annehmen, daß auch die Sage von der Insel Atlantis keine Erdichtung sei, von welcher, wie jener berichtet, Solon, durch die aegyptischen Priester belehrt, erzählt habe, sie sei einst vorhanden gewesen, [später] aber verschwunden, an Größe einem Festlande nicht nachstehend; und dieses zu sagen, scheint ihm gerathener, als daß ihr Erfinder sie wieder vernichtet habe, wie der Dichter [Homer: [[Ilias]] 7, 337. und 436.] die Mauer der Achäer.
* Diodorus Siculus: ''The Library of History'' (Loeb Classical Library), gr.-eng., übersetzt von C. H. Oldfather, 12 Bde., Cambridge/Mass 1933 ff.
|Autor=Strabon
* Herodot: ''Historien'', gr.-dt., übers. v. Josef Feix, 2 Bde., München <sup>6</sup>2000. ISBN 3-7608-1539-1
|Quelle=''Geôgraphiká.'' Buch 2, 3. Kapitel, 6. Abschnitt (in der Übersetzung von [[Albert Forbiger]]: ''Strabo’s Erdbeschreibung.'' Band 2, Hoffmann’sche Verlags-Buchhandlung, Stuttgart 1856, S. 158 ({{archive.org|straboserdbesch00stragoog|Fragment=page/n177/mode/2up}}).}}
* Platon: ''Timaios'' und ''Kritias'' (= Sämtliche Werk, Bd. 8), gr.-dt., übers. v. Friedrich Schleiermacher, Frankfurt am Main 1991. ISBN 3-458-33108-5
* Plinius (der Ältere): ''Naturalis historia'', lat.-dt., übers. v. Marion Giebel, Stuttgart 2005. ISBN 3-15-018335-9
* Plutarch: ''Lebensbeschreibungen. Theseus, Romulus, Lykurgos, Numa, Solon, Poplicola, Themistokles, Camillus, Perikles, Fabius Maximus'', übers. v. Johann Friedrich Kaltwasser, München 1964.
* Strabon: ''Geographika I-IV'', gr.-dt., übers. v. Stefan Radt, Göttingen 2002. ISBN 3-525-25950-6


Während [[Plinius der Ältere]] noch Zweifel an der Authentizität der Geschichte insgesamt äußert (''[[Naturalis historia]]'' 2, 92, 205), hält [[Plutarch]] zumindest die ägyptische Tradition für möglich, will sich aber ansonsten nicht festlegen, ob es sich um Mythos oder Wahrheit handele (Plut. Solon 31). Der [[Platonismus|Platoniker]] [[Numenios]], der Mitte des 2.&nbsp;Jahrhunderts lebte, nahm den Kampf der Stadt Athen gegen Atlantis als bloße Dichtung ohne historischen Hintergrund, als poetische Fiktion an.<ref>{{Literatur |Autor=[[Matthias Baltes]] |Titel=Numenios von Apamea und der Platonische Timaios |Sammelwerk=Festgabe für O. Hiltbrunner zum 60. Geburtstag |Reihe=Vigil. Christ |BandReihe=Band 29 [1975] |Verlag= |Ort=Münster |Datum=1973 |Seiten=241–270 |Fundstelle=Nr. 1, hier S. 5 |Kommentar=Teilansicht |Online=[https://books.google.de/books?id=GyJ_BtcsEpsC&pg=PA1#v=onepage&q&f=false books.google.de]}}</ref> Der spätantike [[Neuplatonismus|Neuplatoniker]] [[Proklos]] hielt Atlantis einerseits für real, andererseits suchte er auch eine symbolische Deutung. Weitere Autoren, wie etwa der Kirchenvater [[Tertullian]], nutzen Atlantis ohne Vorbehalt als historisches [[Paradigma]]. [[Eusebius von Caesarea]] bringt die [[Deukalion#Deukalionische Flut|Deukalionische Flut]], die er ins Jahr 1539 v. Chr. datiert, mit Bränden in Äthiopien und Zerstörungen an verschiedenen Orten, wie sie von Platon beschrieben hatte, in Verbindung. Hierbei bezog sich Eusebius wahrscheinlich auf die Atlantis-Geschichte des Platon.<ref>[[Josef Karst]]: ''Eusebius Werke fünfter Band. Die Chronik aus dem Armenischen übersetzt mit textkritischem Commentar'' (= ''[[Die Griechischen Christlichen Schriftsteller|Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte]].'' Band 20) Hinrichs, Leipzig 1911, S. 160 ([https://archive.org/details/eusebiuswerke05euse/page/160/mode/2up Digitalisat]).</ref> [[Georgios Synkellos]], der die Ereignisse zwischen 1499 und 1490 v. Chr. datiert, sagt, dass diese in Platons ''Timaios'' erwähnt würden.<ref>William Adler, Paul Tuffin (Übers.): ''The Chronography of George Synkellos. A Byzantine Chronicle of Universal History from the Creation''. Oxford University Press, Oxford 2002, S. 227</ref> [[Hieronymus (Kirchenvater)|Hieronymus]] datierte dies je nach Handschrift zwischen 1530 und 1523 v. Chr.<ref>[[Rudolf Helm]]: ''Eusebius Werke. Siebenter Band, Erster Teil. Die Chronik des Hieronymus'' (= ''[[Die Griechischen Christlichen Schriftsteller|Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte]].'' Band 24) Hinrichs, Leipzig 1913, Blatt 42 ([https://archive.org/details/p1eusebiuswer07euse/page/n75/mode/2up Digitalisat])</ref> Nachdem jedoch noch im 6. Jahrhundert der Byzantiner [[Kosmas Indikopleustes]] den fiktionalen Charakter des Atlantis-Berichts festhielt, geriet er schließlich im europäischen [[Mittelalter]] in Vergessenheit.
=== Sekundärliteratur ===
Zunächst im Artikel verwendete Literatur, die nicht direkt mit Atlantis zu tun hat.
:<tt>[1]</tt> {{Fußnote|Driessen-MacDonald|Jan Driessen und Colin F. MacDonald: ''The troubled island. Minoan Crete before and after the Santorini Eruption'', Univ. de Liège, Liège 1997.}}</li>
:<tt>[2]</tt> {{Fußnote|Eucken|Christoph Eucken: ''Isokrates. Seine Positionen in der Auseinandersetzung mit den zeitgenössischen Philosophen'', Berlin 1983. ISBN 3110086468}}</li>
:<tt>[3]</tt> {{Fußnote|Friedländer|Paul Friedländer: ''Platon I. Seinswahrheit und Lebenswirklichkeit'', de Gruyter, Berlin 1964.}}</li>
:<tt>[4]</tt> {{Fußnote|Heinisch|Klaus J. Heinisch: ''Der utopische Staat. Morus: Utopia. Campanella: Sonnenstaat. Bacon: Nova Atlantis'', Rowohlt, Reinbeck <sup>26</sup>2001. ISBN 3-499-45068-2}}</li>
:<tt>[5]</tt> {{Fußnote|Klug|Andrea Klug: ''Königliche Stelen in der Zeit von Ahmose bis Amenophis III'', Fondation Égyptologique Reine Élisabeth, Bruxelles 2002. ISBN 2503991238}}</li>
:<tt>[6]</tt> {{Fußnote|Ryan-Pitman|William B. F. Ryan und Walter C. Pitman: ''An abrupt drowning of the Black Sea shelf'', in: [[Marine Geology]] 138 (1997), 119–126.}}


Als Vorlage für Utopien fand Atlantis vermutlich bereits in der Antike Verwendung. So etwa bei [[Euhemeros]] von Messene, dessen fiktionale Insel [[Panchaia]] sowohl Ähnlichkeiten zu Atlantis wie zu „Ur-Athen“ aufweist (Diodor 5, 41–46). Panchaia wird als eine außergewöhnlich fruchtbare Insel dargestellt, auf der die Gesellschaft –&nbsp;wie auf Atlantis&nbsp;– in drei Klassen eingeteilt sei. In der Mitte der Insel finde sich ein großer, [[Zeus]] geweihter Tempel. Ein anderer antiker Autor, [[Theopompos]] von Chios, [[Persiflage|persiflierte]] Platons Atlantis-Erzählung in seinem Werk [[Philippika (Theopompos)|''Philippika.'']] In ihm wird von einem Land namens [[Meropis]] jenseits des Atlantischen Ozeans berichtet, von dem aus ein Heer mit zehn Millionen Soldaten aus der „Stadt der Krieger“ („Machimos“) ausrückte, um die [[Hyperborea|Hyperboreer]] auf der anderen Seite des Ozeans zu unterwerfen ([[Die Fragmente der griechischen Historiker|FGrHist]] 115, F&nbsp;75). An die Stelle von Solon und dem Priester von Sais traten bei Theopompos der mythische König [[Midas]] und ein [[Silenos|Mischwesen aus Mensch und Pferd]].
Eine umfassende Bibliografie zu Atlantis (bis ins Jahr 1926) bietet:
:<tt>[7]</tt> {{Fußnote|Gattefossé-Roux|Jean Gattefossé und Claudius Roux: ''Bibliographie de l'Atlantide et des questions connexes'', Impr. Bosc frères & Riou, Lyon 1926. (fr.)}}</li>


=== Neuzeit ===
Im folgenden finden sich aktuellere Titel zu Atlantis, nach Thesen geordnet (sowohl Pro als auch Kontra).
[[Datei:Timaeus trans calcidius med manuscript.jpg|mini|[[Calcidius]]’ lateinische Übersetzung des Timaios in einem mittelalterlichen Manuskript aus der ersten Hälfte des 10.&nbsp;Jahrhunderts]]
In der frühen Neuzeit wurden die alten römischen und griechischen Manuskripte von den Gelehrten wiederentdeckt, und so verbreitete sich auch die Geschichte von Atlantis erneut. Besonders mit der [[Entdeckung Amerikas 1492]] bekam die Atlantis-Legende eine gewisse Plausibilität, da man annahm, Amerika sei zumindest der Überrest des versunkenen Kontinents. [[Bartolomé de Las Casas]] schrieb in seinem Werk ''[[Historia general de las Indias]]'' dazu: „[[Christoph Kolumbus|Kolumbus]] konnte vernünftigerweise glauben und hoffen, dass, obgleich jene große Insel verloren und versunken war, andere zurückgeblieben sein würden oder wenigstens das Festland und dass, wenn man sie suchte, man sie finden würde.“<ref>Bartolomé de Las Casas: ''Historia de las Indias.'' 1527&nbsp;ff., zitiert nach Burchard Brentjes: ''Atlantis. Geschichte einer Utopie.'' DuMont, Köln 1993, ISBN 3-7701-2910-5, S.&nbsp;66.</ref> Auch [[Girolamo Fracastoro]], bekannt für seine Beschreibung der [[Syphilis]], setzte Amerika und Atlantis gleich.<ref>Girolamo Fracastoro: ''Syphilis sive Morbus gallicus.'' Bd.&nbsp;3, 1530 ([https://books.google.de/books?id=J_k7AAAAcAAJ&pg=PT48#v=onepage&q&f=false books.google.de] Ausgabe von 1536).</ref>


Eine Reihe von Philosophen der frühen Neuzeit nahm die platonische Methode der Sozialkritik durch eine Scheingeschichte auf. Als erster tat dies 1516 der Engländer [[Thomas Morus]] mit seinem Werk [[Utopia (Roman)|''Utopia.'']] Während sich bei Morus lediglich Anlehnungen an Platons ''Politeia'' finden, bezogen sich die Utopisten der Folgezeit explizit auf den platonischen Mythos von Atlantis. So nahm etwa ein Jahrhundert nach Morus’ Utopia der italienische [[Dominikaner]] [[Tommaso Campanella]] Atlantis sowie die Beschreibung des [[Iambulos]] zum Vorbild, um eine eigene Staatsutopie zu erschaffen. Diese heißt in der italienischen Fassung ''[[La città del Sole]]'' und benutzt ebenfalls die Form des Dialoges, in diesem Fall zwischen einem weitgereisten [[Republik Genua|genuesischen]] Admiral und einem [[Geschichte des Johanniterordens|Hospitaliter]]. Campanellas fiktiver Sonnenstaat ist auf der realen Insel [[Taprobana]] angesiedelt. Insbesondere bei der Beschreibung der Stadt orientiert sich Campanella an Platons Beschreibung von Atlantis im „Kritias“: {{"|In einer weiten Ebene erhebt sich ein gewaltiger Hügel, über den hin der größere Teil der Stadt erbaut ist. Ihre vielfachen Ringe aber erstrecken sich in eine beträchtliche Entfernung vom Fuße des Berges. […] Sie ist in sieben riesige Kreise oder Ringe eingeteilt, die nach den sieben Planeten benannt sind.|ref=<ref>[[Tommaso Campanella|T. Campanella]]: ''Civitas Solis, idea republicae philosophicae.'' 1623 ([http://www.zeno.org/Philosophie/M/Campanella,+Tommaso/Der+Sonnenstaat zeno.org] deutsche Übersetzung).</ref>}}
*'''Atlantis als Fiktion'''
:<tt>[8]</tt> {{Fußnote|Bichler|Reinhold Bichler: ''Athen besiegt Atlantis. Eine Studie über den Ursprung der Staatsutopie,'' in: [[Canopus (Zeitschrift)|Canopus]] 20 (1986), No. 51. 71-88.}}
:<tt>[9]</tt> {{Fußnote|Bojanowski|Axel Bojanowski: ''Wilde Theorien. Überall Atlantis,'' in: [[Süddeutsche Zeitung|SZ]] vom 27. Juli 2005. [http://www.sueddeutsche.de/,trt3m1/wissen/artikel/496/57439/ online]}}
:<tt>[10]</tt> {{Fußnote|Brentjes|Burchard Brentjes: ''Atlantis. Geschichte einer Utopie'', DuMont Buchverlag, Köln 1993. ISBN 3770129105}}
:<tt>[11]</tt> {{Fußnote|Ellis|Richard Ellis: ''Imaging Atlantis'', Knopf, New York 1998. ISBN 0679446028 (engl.)}}
:<tt>[12]</tt> {{Fußnote|Gisinger|Friedrich Gisinger: ''Zur geographischen Grundlage von Platons Atlantis'', in: [[Klio (Zeitschrift)|Klio]] 26 (1933), 32-38.}}
:<tt>[13]</tt> {{Fußnote|Görgemanns|Herwig Görgemanns: ''Wahrheit und Fiktion in Platons Atlantis-Erzählung'', in: [[Hermes (Zeitschrift)|Hermes]] 128 (2000), 405-420.}}
:<tt>[14]</tt> {{Fußnote|Heidel|William A. Heidel: ''A suggestion concerning Platon's Atlantis'', in: [[Daedalus (Zeitschrift)|Daedalus]] 68 (1933), 189-228. (engl.)}}
:<tt>[15]</tt> {{Fußnote|Jordan|Paul Jordan: ''The Atlantis Syndrom'', Sutton Publishing, Stroud/Gloucestershire 1994. ISBN 0750935189 (engl.)}}
:<tt>[16]</tt> {{Fußnote|Martin|Thomas H. Martin: ''Dissertation sur l'Atlantide'', in: Ders., ''Études sur le Timée de Platon'', Bd. 1, Paris 1841, 257-332. (fr.)}}
:<tt>[17]</tt> {{Fußnote|Morgan|Kathryn A. Morgan: ''Designer history. Plato's Atlantis story and fourth-century ideology'', in: [[Journal of Hellenic Studies|JHS]] 118 (1998), 101-118. (engl.)}}
:<tt>[18]</tt> {{Fußnote|Nesselrath|Heinz-Günther Nesselrath: ''Platon und die Erfindung von Atlantis'', K.G. Saur Verlag, München/Leipzig 2002. ISBN 3598775601}}
:<tt>[19]</tt> {{Fußnote|Nesselrath2|Heinz-Günther Nesselrath: ''Atlantis auf ägyptischen Stelen? Der Philosoph Krantor als Epigraphiker'', in: [[Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik|ZPE]] 135 (2001), 33-35.}}
:<tt>[20]</tt> {{Fußnote|Ramage|Edwin S. Ramage (Hrsg.): ''Atlantis. Mythos, Rätsel, Wirklichkeit?'', Umschau-Verlag, Frankfurt am Main 1979. ISBN 3524690106}}
:<tt>[21]</tt> {{Fußnote|SpragueDeCamp|L. Sprague de Camp: ''Lost continents. The Atlantis theme in history, science, and literature'', Dover Publ., New York 1970. ISBN 0-486-22668-9}}
:<tt>[22]</tt> {{Fußnote|Szlezák|Thomas A. Szlezák: ''Atlantis und Troia, Platon und Homer. Bemerkungen zum Wahrheitsanspruch des Atlantis-Mythos'', in: [[Studia Troica]] 3 (1993), 233-237.}}
:<tt>[23]</tt> {{Fußnote|Vidal-Naquet|Pierre Vidal-Naquet: ''Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos'', in: Ders., ''Der Schwarze Jäger'', Frankfurt am Main 1989, 216-232. ISBN 359333965X}}


Beinahe zeitgleich zu Campanella, um 1624, schrieb [[Francis Bacon]] in England an seiner Utopie ''[[Nova Atlantis]],'' die sich schon im Titel auf Platon bezog. Er benutzte Platons Atlantis dabei als historisches Faktum und identifizierte es mit Amerika, um somit seiner eigenen Utopie eine scheinbare Glaubwürdigkeit zu verleihen. Eine Sintflut habe einst das „alte Atlantis“ bis auf wenige Überlebende vernichtet. Bacons „neues Atlantis“ ist eine Südsee-Insel namens [[Bensalem]], auf der –&nbsp;Platon sehr ähnlich&nbsp;– eine hierarchische, monarchistische Staatsordnung, patriarchalische Familienstruktur und christliche Sittenstrenge zu finden sind.<ref name="HEI">Klaus J. Heinisch: ''Der utopische Staat. Morus Utopia. Campanella Sonnenstaat. Bacon Nova Atlantis.'' 26.&nbsp;Auflage. Rowohlt, Reinbek 2001, ISBN 3-499-45068-2, S.&nbsp;188&nbsp;f.</ref> Herrschaftszentrum sei das „Haus Salomon“, in dem ein gotterwählter, „ehrwürdiger Vater“ thront. Bacons Werk blieb unvollendet und wurde erst nach seinem Tod durch [[William Rawley]] veröffentlicht. Laut Rawley ist der frühe Tod Bacons der Grund dafür, dass darin keine Sozialkritik zu finden ist.<ref name="BRE">{{Literatur |Autor=[[Burchard Brentjes]] |Titel=Atlantis&nbsp;– Geschichte einer Utopie |Verlag=DuMont |Ort=Köln |Datum=1993 |ISBN=978-3-7701-2910-2 |Seiten=89}}</ref>
*'''Atlantik und Karibik'''

:<tt>[24]</tt> {{Fußnote|Andrews|Shirley Andrews: ''Atlantis. Insights from a Lost Civilization'', Llewellyn Publications, St. Paul (MN) 1997. ISBN 156718023X (engl.)}}
[[Datei:Rudbeck Atlantis.jpg|mini|hochkant|Illustration aus Rudbecks „Atland eller Manheim“: Rudbeck enthüllt seinen „Vorgängern“ [[Hesiod]], [[Platon]], [[Aristoteles]], [[Apollodor]], [[Tacitus]], [[Odysseus]], [[Claudius Ptolemäus]], [[Plutarch]] und [[Orpheus]] die „Wahrheit“ über Atlantis]]
:<tt>[25]</tt> {{Fußnote|Berlitz|Charles Berlitz: ''Das Atlantis-Rätsel'', Zsolnay, Wien 1986. ISBN 3552028129}}

:<tt>[26]</tt> {{Fußnote|Collins|Andrew Collins: ''Neue Beweise für Atlantis'', Scherz Verlag, Augsburg 2002. ISBN 3502151385}}
Im Laufe des 16. und 17.&nbsp;Jahrhunderts wurde Atlantis zunehmend von Gelehrten zum Ursprung der menschlichen Zivilisation erklärt und damit auch für das „Einflechten“ in eigene nationale Mythen interessant.<ref>Zur „Entdeckungsgeschichte“ in der Neuzeit siehe insgesamt: Pierre Vidal-Naquet: ''Atlantis. Geschichte eines Traums.'' C.&nbsp;H.&nbsp;Beck, München 2006, ISBN 3-406-54372-3, S.&nbsp;57–76.</ref>
:<tt>[27]</tt> {{Fußnote|Däniken|Erich von Däniken: ''Im Namen von Zeus'', Bertelsmann, München 1999. ISBN 357000029X}}

:<tt>[28]</tt> {{Fußnote|Donnelly|Ignatius Donnelly: ''Atlantis. Die vorsintflutliche Welt'', Eßlingen 1911.}}
Während die Überreste der versunkenen Insel zunächst in Amerika gesehen wurden –&nbsp;womit sich der Anspruch der spanischen [[Konquistador|Conquista]] rechtfertigen ließ&nbsp;–, erklärte Ende des 17.&nbsp;Jahrhunderts der Universalgelehrte und Rektor der [[Universität Uppsala]] [[Olof Rudbeck der Ältere|Olof Rudbeck]] in seinem vierbändigen Werk ''Atlantica sive Manheim, vera Japheti posterorum sedes ac patria'' (1679 bis 1702, schwedisch ''Atland eller Manheim''), [[Schweden]] zu Atlantis und [[Uppsala]] zu dessen Hauptstadt.<ref>Pierre Vidal-Naquet: ''Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos.'' In: Pierre Vidal-Naquet: ''Der schwarze Jäger. Denkformen und Gesellschaftsformen in der griechischen Antike.'' Lang, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-33965-X, S.&nbsp;219.</ref> In seinen Schriften vermengte Rudbeck Platons Atlantis mit Versatzstücken aus der ''[[Edda]]'' sowie Legenden über [[Noach]]s angeblichen Enkel Atlas, der sich im Norden niedergelassen habe. Mit diesem [[Eklektizismus]] versuchte er, dem [[Israeliten|Volk Israel]] den Anspruch auf seine Auserwähltheit streitig zu machen und Schweden zum Geburts- und Stammland sämtlicher Völker Asiens und Europas zu erheben; darüber hinaus postulierte er, dass die [[Runen]] die Vorläufer der [[Phönizische Schrift|phönizischen]] und [[Griechisches Alphabet|griechischen]] Buchstaben seien. Platon nannte er einen Lügner, dem es gelungen sei, die Auffindung des wahren nordischen Atlantis zu verhindern. Rudbeck war somit einer der Ersten, die Atlantis und dessen mutmaßliche Lokalisierung zu politisch-ideologischen Zwecken vereinnahmten.
:<tt>[29]</tt> {{Fußnote|Freksa|Martin Freksa: ''Das verlorene Atlantis'', Klöpfer und Meyer, Tübingen 1997. ISBN 3931402177}}

:<tt>[30]</tt> {{Fußnote|Gutscher|Marc-André Gutscher: ''Destruction of Atlantis by a great earthquake and tsunami? A geological analysis of the Spartel Bank hypothesis'', in: [[Geology]], 33/8 (2005), 685-688.}}
Im 19. Jahrhundert wurde das Interesse an Atlantis durch den 1882 erschienenen [[Bestseller]] des amerikanischen [[Progressivismus|progressivistischen]] Politikers [[Ignatius Donnelly]] neu geweckt.<ref>Kenneth L. Feder: ''Encyclopedia of Dubious Archaeology. From Atlantis to the Walam Olum.'' ABC Clio, Santa Barbara, CA 2010, S.&nbsp;89.</ref> In seinem Buch ''Atlantis&nbsp;– The antediluvian World'' (dt.: „Atlantis&nbsp;– die vorsintflutliche Welt“, 1911) behauptete er 1882, das von Platon beschriebene Atlantis habe im Atlantik gelegen und sei der gemeinsame Ursprung der [[Hochkultur (Geschichtswissenschaft)|Frühen Hochkulturen]] sowohl im [[Mittelmeerraum]] (speziell im [[Altes Ägypten|Alten Ägypten]]) als auch in [[Mittelamerika]].<ref>Ignatius Donnelly: ''Atlantis&nbsp;– The antediluvian World.'' Harper & Brothers, New York 1882. ([http://www.sacred-texts.com/atl/ataw/ataw100.htm sacred-texts.com] abgerufen am 15.&nbsp;März 2014); auch zum Folgenden Richard Ellis: ''Imagining Atlantis.'' Knopf, New York 1998, S.&nbsp;38–44.</ref> Dabei stützt er sich unter anderem auf die Forschungen von [[Charles Étienne Brasseur de Bourbourg]] und [[Augustus Le Plongeon]]. Er glaubte auch, Atlantis sei die Urheimat der [[Arier]].<ref>Isaac Lubelsky: ''Mythological and Real Race Issues in Theosophy.'' In: Olav Hammer, Mikael Rothstein (Hrsg.): ''Handbook of the Theosophical Current.'' Brill, Leiden 2013, S.&nbsp;340.</ref> Donnelly beschrieb Atlantis als agrarisches Land des Friedens und des Glücks, an das in verschiedenen Zivilisationen erinnert werde, ob als [[Garten Eden]], als Garten der [[Hesperiden]] oder als [[Asgard (Mythologie)|Asgard]]. In dem nachfolgenden Band ''Ragnarok&nbsp;– The Age of Fire and Gravel'' von 1883 beschrieb er dann die Zerstörung dieses Paradieses, nachdem es moralisch korrumpiert worden sei. Dieses Geschichtsnarrativ verstand er als Warnung an die USA seiner Gegenwart.<ref>Jean Pfaelzer: ''The Utopian Novel in America, 1886–1896. The Politics of Form.'' University of Pittsburgh Press, Pittsburgh, PA 1984, S.&nbsp;122.</ref>
:<tt>[31]</tt> {{Fußnote|McMullin|David McMullin: ''Atlantis. The Missing Continent'', 1992. ISBN 081146850X (engl.)}}

:<tt>[32]</tt> {{Fußnote|Muck|Otto Heinrich Muck: ''Alles über Atlantis/Atlantis-Gefunden'', Econ-Verlag, Düsseldorf/Wien 1976. ISBN 3426035480}}
Auch in [[Esoterik]] und [[Okkultismus]] wurde die Geschichte von Atlantis lebhaft rezipiert. In [[Theosophie (Blavatsky)|Theosophie]], [[Anthroposophie]] und [[Ariosophie]] wurden die „Atlantier“ als Repräsentanten einer von sieben [[Wurzelrasse|Menschheitsepochen]] angesehen, und in der hermetischen ''[[Philosophie Cosmique]]'' sind sie Ursprung okkulter Lehren. Donnellys Bestseller half, dergleichen Thesen Glaubwürdigkeit zu verleihen.<ref>Isaac Lubelsky: ''Mythological and Real Race Issues in Theosophy.'' In: Olav Hammer, Mikael Rothstein (Hrsg.): ''Handbook of the Theosophical Current''. Brill, Leiden 2013, S.&nbsp;340.</ref> Bei aller Differenz zieht der Historiker Franz Wegener eine Verbindungslinie zwischen diesen Strömungen, Vertretern der [[Konservative Revolution|Konservativen Revolution]], [[Welteislehre]]-Anhängern, Nationalsozialisten und Neuen Rechten und stellt die Hypothese eines „atlantidischen Zielbildes“ auf, „ein Zielbild, das seine Träger unbewußt in sich beschleunigender Bewegung der Selbstzerstörung entgegeneilen läßt“.<ref>Franz Wegener: ''Das atlantidische Weltbild. Nationalsozialismus und Neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis.'' Kulturförderverein Ruhrgebiet KFVR, Gladbeck 2003, 3. stark erw. Auflage 2014. Reihe: Politische Religion des Nationalsozialismus, Abt. 1_ Das Wasser. ISBN 1-4936-6866-8 Zusammenfassung nach Wegener: {{Webarchiv |url=http://www.kfvr.de/atlantis.html |text=''Das atlantidische Weltbild.'' |wayback=20090430210324}}.</ref>
:<tt>[33]</tt> {{Fußnote|Tarling|D. H. Tarling: ''Has Atlantis Disappeared Again?'', in: [[Nature (Zeitschrift)|Nature]] 275 (1978), 271–272. (engl.)}}

*'''Thera und die Minoer'''
[[Datei:Zschaetzsch Atlantis Urheimat der Arier.jpg|mini|hochkant|Karte von Atlantis nach [[Karl Georg Zschaetzsch]]]]
:<tt>[34]</tt> {{Fußnote|Baikie|James Baikie: ''The Sea Kings of Crete'', London 1910.}}
So wurden vor allem im deutschen Sprachraum in der Zeit der [[Weimarer Republik]] und während des [[Drittes Reich|Dritten Reiches]] in [[Völkische Bewegung|völkischen]] und [[Nationalsozialismus|nationalsozialistischen]] Kreisen Modelle der Atlantis-Rezeption kultiviert, deren Verfechter Platons versunkenes Inselreich vor allem in der [[Nordsee]] sowie am [[Nordpol]] –&nbsp;dem angeblichen nordischen Urkontinent Arktogäa&nbsp;– lokalisierten oder mit dem sagenhaften [[Thule (Mythos)|Thule]] gleichsetzten und es zur Urheimat der „arischen Herrenrasse“ erklärten. Zu den Wegbereitern dieser rassistisch-ideologischen Rezeption des Atlantisberichts gehörte vor allem [[Guido von List]], einer der Protagonisten der so genannten [[Ariosophie]]; seinerzeit bekannte Autoren entsprechender Atlantis-Literatur waren zum Beispiel [[Karl Georg Zschaetzsch]],<ref>Karl Georg Zschaetsch: ''[https://archive.org/details/atlantisdieurhei00zcha/page/n3/mode/2up Atlantis, die Urheimat der Arier.]'' Arier-Verlag, Berlin 1934.</ref> [[Herman Wirth]],<ref>Herman Wirth: ''Der Aufgang der Menschheit. Untersuchungen zur Geschichte der Religion, Symbolik und Schrift der atlantisch-nordischen Rasse''. E. Diederichs, Jena 1928.</ref> und [[Heinrich Pudor]].<ref>Heinrich Pudor: ''Völker aus Gottes Athem. Atlantis-Helgoland, das arisch-germanische Rassenhochzucht- und Kolonisations-Mutterland.'' Leipzig 1936.</ref> Über [[Alfred Rosenberg]] und [[Heinrich Himmler]] wurde die Atlantis-Idee Teil der inoffiziellen NSDAP-Parteiideologie.
:<tt>[35]</tt> {{Fußnote|Castleden|Rodney Castleden: ''Atlantis destroyed'', Routledge, London 1998. ISBN 0415247594 (engl.)}}

:<tt>[36]</tt> {{Fußnote|Frost|K. T. Frost: ''The Critias and Minoan Crete'', in: Journal of Hellenic Studies 33 (1913), 189–206. (engl.)}}
Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus wurde derartiges Ideengut zunächst vorwiegend außerhalb Deutschlands propagiert, zum Beispiel von [[Julius Evola]] und dem rechtsextremen chilenischen Autor [[Miguel Serrano]].<ref>Miguel Serrano: ''Adolf Hitler&nbsp;– Der letzte Avatar.'' 1984&nbsp;– Alfabeta Impresores, Santiago/Chile 2004.</ref> Hierzulande wurden nach 1945 aber auch „nordische“ Atlantis-Konzepte, die nicht der „ario-atlantistischen“ Traditionslinie zuzurechnen sind, in Kreisen der „Alten“ und „[[Neue Rechte|Neuen Rechten]]“ begeistert aufgegriffen und ideologisch instrumentalisiert, vor allem [[Jürgen Spanuth]]s Verortung von Atlantis bei [[Helgoland]] und seine These, die Atlanter seien dem nordischen Kulturkreis der Bronzezeit zuzurechnen.<ref>Jürgen Spanuth: ''… und doch: Atlantis enträtselt!&nbsp;– Eine Entgegnung von Jürgen Spanuth.'' Osnabrück (Otto Zeller Verlag) 1957 und 1980.</ref>
:<tt>[37]</tt> {{Fußnote|Luce|John V. Luce: ''Atlantis. Legende und Wirklichkeit'', Lübbe, Berg.-Gladb. 1969. ISBN 3785700326}}

:<tt>[38]</tt> {{Fußnote|Mavor|James Mavor: ''Reise nach Atlantis'', Molden Verlag, München 1969. ISBN 3423009144}}
Mitunter wird Atlantis als [[Synonym]] für eine reiche und mächtige Kultur gebraucht, die plötzlich und unerwartet unterging. So sprach beispielsweise [[T. E. Lawrence]] von der einst prachtvollen, jedoch später versandeten südarabischen Metropole [[Ubar]] als „Atlantis der Wüste“ (engl. „Atlantis of the Sands“). Auch der sagenhafte, untergegangene Ostseehafen [[Vineta]] wird gelegentlich als „Atlantis des Nordens“ bezeichnet. In der Belletristik ist kaum mehr als diese Versinnbildlichung Atlantis geblieben, die seit etwa 1850 von Schriftstellern verstärkt aufgegriffen wird. In [[Jules Verne]]s ''[[20.000 Meilen unter dem Meer (Roman)|20.000 Meilen unter dem Meer]]'' etwa besuchen Kapitän Nemo und Professor Aronnax die Ruinen von Atlantis am Meeresgrund. Als Symbol für eine fantastische Gegenwelt erscheint Atlantis bereits 1814 in der romantischen Novelle ''[[Der goldne Topf]]'' von [[E.&nbsp;T.&nbsp;A. Hoffmann]].
:<tt>[39]</tt> {{Fußnote|Pellegrino|Charles R. Pellegrino: ''Unearthing Atlantis'', Avon, New York 2001. ISBN 0380810441 (engl.)}}

*'''Östliches Mittelmeer, Schwarzes Meer'''
== Siehe auch ==
:<tt>[40]</tt> {{Fußnote|James|Peter James: ''The Sunken Kingdom. The Atlantis Mystery Solved'', Pimlico, London 1995. ISBN 0712674993 (engl.)}}
* [[Atlantis als Sujet]] (in Kunst und Kultur)
:<tt>[41]</tt> {{Fußnote|Korfmann|Manfred Korfmann: ''Troia und Altantis'', in: Antike Welt H. 4 (1992), 299.}}
* [[Lokalisierungshypothesen zu Atlantis]]
:<tt>[42]</tt> {{Fußnote|Sarmast|Robert Sarmast: ''Discovery of Atlantis. The Startling Case for the Island of Cyprus'', Origin Press, (CA) 2003. ISBN 1579830129 (engl.)}}

:<tt>[43]</tt> {{Fußnote|Schoppe|Siegfried und Christian Schoppe: ''Atlantis und die Sintflut'', Books-on-Demand, Norderstedt 2004. ISBN 3833413913}}
== Antike Rezeption ==
:<tt>[44]</tt> {{Fußnote|Schulz|Matthias Schulz: ''Das Puzzle des Philosophen'', in: [[Der Spiegel]] 53/1998, S. 156-167.}}
* [[Claudius Aelianus]], ''De natura animalium'' [http://penelope.uchicago.edu/Thayer/L/Roman/Texts/Aelian/de_Natura_Animalium/15*.html 15, 2] ([https://books.google.de/books?id=qVE-AAAAcAAJ&pg=PA992&lpg=PA992&dq=Aelian%27s+Thiergeschichten+992&source=bl&ots=6a5bVqSUyw&sig=IB9ooPl2B68xfaYM3vO1yXWndaQ&hl=de&sa=X&ei=_kaPVLy6GomqUaGYgagB&ved=0CCUQ6AEwAA#v=onepage&q=Aelian%27s%20Thiergeschichten%20992&f=false → deutsche Übersetzung] von [[Friedrich Jacobs (Philologe)|Friedrich Jacobs]] 1841)
:<tt>[45]</tt> {{Fußnote|Zangger|Eberhard Zangger: ''Atlantis - Eine Legende wird entziffert'', Droemer Knaur, München 1992. ISBN 3426265915}}
* [[Kosmas Indikopleustes]], ''Topographia Christiana'' 12 ({{archive.org|christiantopogr00cosmgoog|Fragment=page/n412/mode/2up}} englische Übersetzung von [[John W. McCrindle|John Watson McCrindle]] 1897)
*'''Westliches Mittelmeer, Spanien'''
* [[Plinius der Ältere|Plinius]], ''[[Naturalis historia]]'' [http://perseus.uchicago.edu/perseus-cgi/citequery3.pl?dbname=PerseusLatinTexts&getid=0&query=Plin.%20Nat.%202.90 2, 92 (90)] ({{archive.org|cajuspliniussec02plingoog|Fragment=page/n347/mode/2up}} deutsche Übersetzung von [[Philipp H. Külb|Philipp Hedwig Külb]] 1840, [http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.02.0137%3Abook%3D2%3Achapter%3D92 → englische Übersetzung] von John Bostock und Henry Thomas Riley 1893)
:<tt>[46]</tt> {{Fußnote|Frank|Karl A. Frank: ''Atlantis war anders'', Verlag für Sammler, Graz 1978. ISBN 3853650368}}
* [[Plutarch]], ''[[Plutarch#Parallelbiographien|Solon]]'' {{archive.org|plutarchslives01plut2|Fragment=page/476/mode/2up|26, 1}} (mit englischer Übersetzung von [[Bernadotte Perrin]] 1914)
:<tt>[47]</tt> {{Fußnote|Hausmann|Axel Hausmann: ''Atlantis. Die versunkene Wiege der Kulturen'', Books-on-Demand, Norderstedt 2000. ISBN 383110249X}}
* Plutarch, ''Solon'' {{archive.org|plutarchslives01plut2|Fragment=page/494/mode/2up|31, 3}} (mit englischer Übersetzung von Bernadotte Perrin 1914)
:<tt>[48]</tt> {{Fußnote|Hofmann|Ulrich Hofmann: ''Platons Insel Atlantis'', Books-on-Demand, Norderstedt 2004. ISBN 383341412X}}
* Plutarch, ''Solon'' {{archive.org|plutarchslives01plut2|Fragment=page/496/mode/2up|32, 1}} (mit englischer Übersetzung von Bernadotte Perrin 1914)
:<tt>[49]</tt> {{Fußnote|Kühne|Rainer Kühne: ''A location for Atlantis'', in: Antiquity 78, 2004. [http://antiquity.ac.uk/ProjGall/kuhne/ Link]}}
* [[Proklos]], ''in Timaeum'' 1, 24 A–E ({{archive.org|proclusontimaeus01procuoft|Fragment=page/64/mode/2up}} englische Übersetzung von [[Thomas Taylor (Schriftsteller)|Thomas Taylor]] 1820)
:<tt>[50]</tt> {{Fußnote|Lissner|Ivar Lissner: ''Rätselhafte Kulturen'', Walter Verlag, Olten 1961.}}
* Proklos, ''in Timaeum'' 1, 53 B–C ({{archive.org|proclusontimaeus01procuoft|Fragment=page/144/mode/2up}} englische Übersetzung von Thomas Taylor 1820)
:<tt>[51]</tt> {{Fußnote|Schulten|Adolf Schulten: ''Tartessos. Ein Beitrag zur ältesen Geschichte des Westens'', Hamburg <sup>2</sup>1950.}}
* Proklos, ''in Timaeum'' 1, 53 E–F ({{archive.org|proclusontimaeus01procuoft|Fragment=page/146/mode/2up}} englische Übersetzung von Thomas Taylor 1820)
*'''Megalithkultur'''
* Proklos, ''in Timaeum'' 1, 54 F ({{archive.org|proclusontimaeus01procuoft|Fragment=page/148/mode/2up}} englische Übersetzung von Thomas Taylor 1820)
:<tt>[52]</tt> {{Fußnote|Topper|Uwe Topper: ''Das Erbe der Giganten'', Walter Verlag, Olten 1977. ISBN 3530881007}}
* [[Strabon]], ''Geographica'' II 102 bzw. [http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Strab.+2.3.6&fromdoc=Perseus%3Atext%3A1999.01.0197 2, 3, 6] ({{archive.org|straboserdbesch00stragoog|Fragment=page/n177/mode/2up}} deutsche Übersetzung von [[Albert Forbiger]] 1856)
:<tt>[53]</tt> {{Fußnote|Tributsch|Helmut Tributsch: ''Die gläsernen Türme von Atlantis'', Ullstein Verlag, Frankfurt/Berlin 1986. ISBN 3548343341}}

*'''Nordeuropa'''
== Literatur ==
:<tt>[54]</tt> {{Fußnote|Gadow|Gerhard Gadow: ''Der Atlantis-Streit'', Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/Main 1973. ISBN 3596262100}}
* {{RE|II,2|2116|2118|Atlantis|[[Ernst Hugo Berger]]|RE:Atlantis 2}}
:<tt>[55]</tt> {{Fußnote|Kehnscherper|Günther Kehnscherper: ''Auf der Suche nach Atlantis'', Urania-Verlag. Leipzig 1978. ISBN 3332001612}}
* [[Reinhold Bichler]]: ''Athen besiegt Atlantis. Eine Studie über den Ursprung der Staatsutopie.'' In: ''[[Canopus (Zeitschrift)|Canopus]].'' 20, 1986, Nr. 51, S. 71–88.
:<tt>[56]</tt> {{Fußnote|Spanuth53|Jürgen Spanuth: ''Das enträtselte Atlantis'', Stuttgart 1953.}}
* [[Wilhelm Brandenstein]]: ''Atlantis.'' Wien 1951.
:<tt>[57]</tt> {{Fußnote|Spanuth65|Jürgen Spanuth: ''Atlantis. Heimat, Reich und Schicksal der Germanen'', Tübingen 1965.}}
* [[Burchard Brentjes]]: ''Atlantis. Geschichte einer Utopie.'' DuMont, Köln 1993, ISBN 3-7701-2910-5.
:<tt>[58]</tt> {{Fußnote|Spanuth76|Jürgen Spanuth: ''Die Atlanter. Volk aus dem Bernsteinland'', Grabert-Verlag, Tübingen 1976. ISBN 3878470347}}
* Richard Ellis: ''Imagining Atlantis.'' Knopf, New York 1998, ISBN 0-679-44602-8.
:<tt>[59]</tt> {{Fußnote|Schott|Carl Schott: ''Atlantis. Gedanken zu einem Buch von J. Spanuth'', in: Erdkunde 21 (1967), 316–318.}}
* Paul Friedländer: ''Platon I. Seinswahrheit und Lebenswirklichkeit.'' de Gruyter, Berlin 1954. (1975, ISBN 3-11-004049-2).
:<tt>[60]</tt> {{Fußnote|Steuerwald|Hans Steuerwald: ''Der Untergang von Atlantis'', Kulturbuch-Verlag, Berlin 1983. ISBN 3889610005}}
* {{Literatur
:<tt>[61]</tt> {{Fußnote|Strohmeyer|Arn Strohmeyer: ''Roter Fels und brauner Mythos. Eine deutsche Reise nach Atlantis'', Fischer, Frankfurt am Main 1990. ISBN 3-89406-192-8}}
|Autor=Angelos George Galanopoulos, Edward Bacon
:<tt>[62]</tt> {{Fußnote|Wegener|Franz Wegener: ''Das Atlantidische Weltbild. Nationalsozialismus und Neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis''. Kulturförderverein Ruhrgebiet, Gladbeck 2001, ISBN 3931300048}}
|Titel=Die Wahrheit über Atlantis
:<tt>[63]</tt> {{Fußnote|Weyl|Richard Weyl (Hrsg.): ''Atlantis enträtselt? Wissenschaftler nehmen Stellung zu Jürgen Spanuths Atlantis-Hypothese'', Mühlau, Kiel 1953.}}
|Verlag=Wilhelm Heine Verlag
*'''Übrige Welt'''
|Ort=München
:<tt>[64]</tt> {{Fußnote|Allen|James M. Allen: ''Atlantis. The Andes solution'', St. Martins Press, New York 1999. ISBN 0312219237 (engl.)}}
|Datum=1976
:<tt>[65]</tt> {{Fußnote|Flem-Ath|Rand und Rose Flem-Ath: ''Atlantis. Der versunkene Kontinent unter dem ewigen Eis'', Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1997. ISBN 3426772892}}
|ISBN=3-453-00654-2
:<tt>[66]</tt> {{Fußnote|Schoch|Robert Schoch: ''Die Weltreisen der Pyramidenbauer'', Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2002. ISBN 3861504464}}
|Originaltitel=Truth Behind the Legend
|Originalsprache=en
|Übersetzer=Helga Künzel}}
* Jean Gattefossé, Claudius Roux: ''Bibliographie de l’Atlantide et des questions connexes.'' Impr. Bosc frères & Riou, Lyon 1926.
* [[Friedrich Gisinger]]: ''Zur geographischen Grundlage von Platons Atlantis.'' In: ''[[Klio (Zeitschrift)|Klio]].'' 26, 1933, {{ISSN|0075-6334}}, S. 32–38.
* Joscelyn Godwin: ''[https://books.google.nl/books?id=26v0qQcI0vwC Arktos: The Polar Myth in Science, Symbolism, and Nazi Survival.]'', Kempton ILL 1996
* [[Herwig Görgemanns]]: ''Wahrheit und Fiktion in Platons Atlantis-Erzählung.'' In: ''[[Hermes (Zeitschrift)|Hermes]].'' Band 128, 2000, {{ISSN|0018-0777}}, S. 405–420.
* Williams K. C. Guthrie: ''The later Plato and the Academy.'' A History of Greek Philosophy. Band 5, Cambridge 1980.
* Paul Jordan: ''The Atlantis Syndrome.'' Sutton Publishing, Stroud Glou 1994, ISBN 0-7509-3518-9.
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* [[Spyridon Marinatos]]: ''Some words about the legend of Atlantis''. 2. Auflage Papachysanthou, Athens 1972.
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* Gianfranco Mosconi: ''I peccaminosi frutti di Atlantide – iperalimentazione e corruzione.'' In: ''Rivista di Cultura Classica e Medioevale.'' Jahrgang 51, Nr. 2, 2009, S. 331–360.
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* [[Otto Muck (Ingenieur)|Otto Muck]]: ''Alles über Atlantis: alte Thesen, neue Forschungen.'' Mitautor Theodor Müller-Alfeld, Herausgeber F. Wackers. Econ, München 1976, ISBN 3-430-16837-6.
* [[Heinz-Günther Nesselrath]]: ''Platon und die Erfindung von Atlantis.'' K. G. Saur, München/Leipzig 2002, ISBN 3-598-77560-1.
* [[Gunnar Rudberg]]: ''Atlantis och Syrakusai.'' 1917. (''Atlantis and Syracuse.'' 2012, ISBN 978-3-8482-2822-5).
* Edwin S. Ramage (Hrsg.): ''Atlantis. Mythos, Rätsel, Wirklichkeit?'' Umschau, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-524-69010-6.
* Lyon Sprague de Camp: ''Versunkene Kontinente. Von Atlantis, Lemuria und anderen untergegangenen Zivilisationen.'' Heyne, München 1975, ISBN 3-453-00504-X.
* [[Thomas A. Szlezák]]: ''Atlantis und Troia, Platon und Homer. Bemerkungen zum Wahrheitsanspruch des Atlantis-Mythos.'' In: ''[[Studia Troica]].'' Band 3, 1993, {{ISSN|0942-7635}}, S. 233–237.
* [[Pierre Vidal-Naquet]]: ''Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos.'' In: Pierre Vidal-Naquet: ''Der Schwarze Jäger.'' Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 216–232.
* Pierre Vidal-Naquet: ''Atlantis. Geschichte eines Traums.'' Aus dem Französischen von A. Lallemand. C. H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-54372-3.([https://books.google.de/books?id=wyNdSdqC008C&printsec=frontcover&hl=de#v=onepage&q&f=false books.google.de]) Teilansicht
* Franz Wegener: ''Das atlantidische Weltbild. Nationalsozialismus und Neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis.'' Kulturförderverein Ruhrgebiet KFVR, Gladbeck 2003, 3. stark erw. Auflage 2014

;Quellensammlung
* Oliver Kohns, Ourania Sideri: ''Mythos Atlantis. Texte von Platon bis J. R. R. Tolkien.'' Reclam-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-020178-7.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
* [http://www.atlantis-scout.de/ Atlantis-Scout: Platons Atlantis-Dialoge / Linkographie (250 Einträge) / Bibliographie (150 Einträge), sortiert, kommentiert]
{{Commonscat}}
* [http://www.mysteria3000.de/archiv/lc/atlantis_2.htm Klassifizierung der Hypothesen zu Atlantis]
{{Wikisource}}
* [http://www.atlantia.de verschiedene Atlantis-Theorien & Atlantis-Forum]
* {{Internetquelle
* [http://milos.conferences.gr/index.php?id=917 Internationale Atlantis Konferenz, 2005]
|url=http://www.zeno.org/Philosophie/M/Platon/Timaios
* [http://www.mysteria3000.de/archiv/lc/atlantis.htm Rainer Kühne / Werner Wickboldt 2003: Atlantis in Spanien]
|titel=Timaios
* [http://www.atlantis-schoppe.de/ S. u. C. Schoppe 2004: Atlantis im Schwarzen Meer]
|autor=Platon
* [http://www.mysteria3000.de/wp/?p=24 Dr. Rainer Kühne: Die Entdeckung von Atlantis]
|hrsg=www.zeno.org
* [http://www.atlan.org Atlantis im südchinesischem Meer, Englisch]
|kommentar=Übersetzung: [[Franz Susemihl]], 1856
|abruf=2011-01-20}}
* {{Internetquelle
|url=http://www.zeno.org/Philosophie/M/Platon/Kritias
|titel=Kritias
|autor=Platon
|hrsg=www.zeno.org
|kommentar=Übersetzung: Franz Susemihl, 1857
|abruf=2011-01-20}}
* [http://www.atlantis-scout.de/index_de.htm Atlantis-Scout] Umfangreiches Info-Portal zu Platons Atlantis incl. Download-Center mit Beiträgen und einer Übersetzung der Dialoge Timaios und Kritias
* [http://www.mysteria3000.de/wp/?p=3 Wissenschaftliche Literatur über Atlantis] zusammengestellt von Rainer W. Kühne.
* {{Internetquelle
|url=http://atlantisforschung.de/index.php?title=Das_minoische_Atlantis_des_Dr._Angelos_Galanopulos_%28Teil_I%29
|autor=James W. Mavor Jr.
|titel=Das minoische Atlantis des Dr. Angelos Galanopulos
|hrsg=wiki.atlantisforschung.de
|abruf=2011-01-07}}


== Einzelnachweise ==
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<!-- vorhandene Bezugspunkte / Seitenzahlen wären noch ganz hilfreich-->
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[[sl:Atlantida]]
[[sr:Атлантида]]
[[sv:Atlantis]]
[[tr:Atlantis]]
[[vi:Atlantis]]
[[zh:亚特兰蒂斯大陆]]

Aktuelle Version vom 25. Mai 2025, 21:48 Uhr

Gesüdete Kartendarstellung von Atlantis aus Athanasius Kirchers Mundus Subterraneus von 1665 (Lage der Insel Atlantis, die einst vom Meer verschlungen wurde, nach der Vorstellung der Ägypter und der Beschreibung Platons - freie Übersetzung der lat. Tafelbeschriftung oben links)

Atlantis (altgriechisch Ἀτλαντὶς νῆσος Atlantìs nḗsos ‚Insel des Atlas‘) ist ein mythisches Inselreich, das der antike griechische Philosoph Platon (428/427 bis 348/347 v. Chr.) in der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. als Erster erwähnte und beschrieb. Es war laut Platon eine Seemacht, die ausgehend von ihrer „jenseits der Säulen des Herakles“ gelegenen Hauptinsel große Teile Europas und Afrikas unterworfen hat. Nach einem gescheiterten Angriff auf Athen sei Atlantis schließlich um 9600 v. Chr. infolge einer Naturkatastrophe innerhalb „eines einzigen Tages und einer unglückseligen Nacht“ untergegangen.

Bei Atlantis handelt es sich um eine in Platons Werk eingebettete Geschichte, die – gleich den übrigen Mythen Platons – eine zuvor aufgestellte Theorie anschaulich darstellen soll. Der Hintergrund dieser Geschichte ist umstritten. Während Althistoriker und Philologen fast ausnahmslos eine Erfindung Platons annehmen, die durch zeitgenössische Vorbilder inspiriert wurde, vermuten manche Autoren einen realen Hintergrund der Geschichte und unternahmen unzählige Versuche, Atlantis zu lokalisieren (siehe dazu den Artikel Lokalisierungshypothesen zu Atlantis).

Bereits in der Antike wurde eine mögliche Existenz von Atlantis diskutiert. Während Autoren wie Plinius der Ältere bestritten, dass es das fragliche Inselreich gegeben habe, hielten andere, beispielsweise Krantor, Poseidonios oder Strabon, die Existenz für denkbar. Auch die ersten Parodien des Themas entstanden bereits in der Antike.

Im lateinischen Mittelalter geriet der Mythos Atlantis mehr oder weniger in Vergessenheit, bis er schließlich in der Renaissance wiederentdeckt und verbreitet wurde, da die Gelehrten in Europa nun wieder Griechisch verstanden. Platons Schilderungen inspirierten die utopischen Werke verschiedener frühneuzeitlicher Autoren, wie etwa Francis Bacons Nova Atlantis. Bis heute wird das literarische Motiv des Atlantis-Mythos in Literatur und Film verarbeitet (siehe dazu den Artikel Atlantis als Sujet).

Beschreibung von Platon

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Platon (links) und Aristoteles – Ausschnitt aus „Die Schule von Athen“ von Raffael (1509)

Platon beschreibt die Insel Atlantis in seinen um 360 v. Chr. verfassten Dialogen Timaios und Kritias. Der Kritias blieb unvollendet. In diesen Werken lässt der Autor die beiden Politiker Kritias und Hermokrates sowie die Philosophen Sokrates und Timaios von Lokroi aufeinandertreffen und diskutieren. Auch wenn es sich dabei um historische Personen handelt (obgleich nur die ersten drei belegt sind),[1] sind die ihnen von Platon zugeschriebenen Gespräche fiktional. Der Sokratische Dialog wird hier als rhetorische Figur eingesetzt und soll Platons Lehraussagen dadurch überzeugend vermitteln, dass die Lehrsätze nicht dogmatisch vorgegeben, sondern vor den Augen des Lesers dialektisch entwickelt werden. Während das Thema Atlantis im Timaios nur kurz angerissen wird, folgt im Kritias eine ausführliche Beschreibung des Inselreichs.

Die beiden Atlantis-Dialoge Timaios und Kritias sind nur Teile eines zunächst offenbar umfangreicheren Plans. Der Dialog Timaios schließt sich unmittelbar an den Dialog Politeia an, dessen Ergebnisse er rekapitulierend aufgreift. Der kurze Kritias bricht unvollendet ab und den im Timaios angekündigten Dialog des Hermokrates fertigte Platon gar nicht erst an. Plutarch nannte als Grund hierfür, dass Platon vor Beendigung seines Werkes wegen seines hohen Alters gestorben sei.[2] Als letzter Dialog in dieser Reihe können die Nomoi gelten, in denen das Ende der letzten Naturkatastrophe im Sinne von Timaios und Kritias als Anknüpfungspunkt der Erörterung gewählt wird.

Herkunft der Atlantis-Überlieferung

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An die im ersten Teil des Timaios angelegte Darstellung der Grundzüge des platonischen Idealstaates der Politeia knüpft sich im Weiteren ein von Sokrates geäußerter Wunsch, die Vorzüge eines so gearteten Stadtstaates in der Realität zu sehen und speziell die Bewährung im Kriegsfall zu prüfen (Tim. 17a–20c). Daraufhin gibt Kritias eine Geschichte wieder, von der er angibt, sein Großvater habe ihm diese in seiner Jugend erzählt (Tim. 20d ff.). Der Großvater habe sie wiederum von dem berühmten Gesetzgeber Solon vernommen, mit dem sein Vater Dropides („Dropides II.“) befreundet gewesen sei. Solon habe die Kunde von Atlantis aus Ägypten mitgebracht, wo er sie in Sais von einem Priester der Göttin Neith erfahren habe (Tim. 23e). Dieser Priester habe ihm die Mitteilungen aus „geheiligten Schriften“ übersetzt. An mehreren Stellen der Erzählung lässt Platon Kritias betonen, dass seine Geschichte nicht erfunden sei, sondern sich tatsächlich so zugetragen habe (Tim. 20d, 21d, 26e).

Rahmenhandlung der Atlantis-Überlieferung

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Der Inhalt der Geschichte, an die sich Kritias erinnert, ist eine der angeblich „größten Heldentaten Athens“, nämlich die Abwehr eines riesigen Heeres der expansiven Seemacht Atlantis. Jenes Inselreich, das wie Athen bereits 1000 Jahre vor der Gründung Ägyptens existiert habe (Timaios 23d–e), soll viele Inseln und Teile des Festlands, Europa bis Etrurien und Libyen (Nordafrika) bis nach Ägypten beherrscht haben und sei im Begriff gewesen, auch Griechenland zu unterwerfen (Timaios 25a–b). Nach der Abwehr des Angriffs durch die an Mut und Kriegskünsten hervorragenden Athener, zunächst als führender Staat der Hellenen, dann nach Abfall der anderen allein kämpfend, sei während eines Tages und einer Nacht das „ganze streitbare Geschlecht“ der Atlanter durch schwere Erdbeben und Überschwemmungen zu einem Großteil gestorben und Atlantis durch Erderschütterungen im Meer versunken (Timaios 25c–d; Kritias 108e). Einzig Ägypten, das schon 8000 Jahre vor Solon[3] gegründet worden sei und woher die Überlieferung der Heldentat Athens stamme (Timaios 23d–e; Kritias 108e, 109d ff., 113a), wurde verschont.

Im Kritias beschreibt Platon Atlantis detailliert: Es sei ein Reich gewesen größer als Libyen (Λιβύη) und Asien (Ασία) zusammen (Timaios 24e). Zu Platons Zeiten verstand man unter diesen Begriffen Nordafrika ohne Ägypten und die damals bekannten Teile Vorderasiens. Die Hauptinsel lag außerhalb der „Säulen des Herakles“ im Atlantìs thálassa, wie schon Herodot den Atlantik nennt (Herodot I 202,4). Die „Insel des Atlas“ war laut Platon reich an Rohstoffen aller Art, insbesondere an Gold, Silber und „Oreichalkos“, einem erstmals in dem Hesiod zugeschriebenen Epyllion „Schild des Herakles“ genannten „Metall“, das Platon als „feurig schimmernd“ beschreibt (Kritias 114e). Weiter erwähnt Platon verschiedene Bäume, Pflanzen, Früchte und Tiere, darunter auch das „größte und gefräßigste Tier von allen“, den Elefanten (Kritias 115a). Die weiten Ebenen der großen Inseln seien äußerst fruchtbar gewesen, exakt parzelliert und durch künstliche Kanäle mit ausreichend Wasser versorgt. Durch Ausnutzung des Regens im Winter und des Wassers aus den Kanälen im Sommer seien zwei Ernten jährlich möglich gewesen (Kritias 118c–e).

Die Mitte der Hauptinsel bildete eine 3000 mal 2000 Stadien große Ebene. Ein griechisches „Stadion“ beträgt etwa 180 Meter, ein ägyptisches „Stadion“ etwa 211 Meter, daher handelt es sich um eine Größenordnung von 400 bis 600 Kilometern. Diese Ebene war von rechtwinklig angelegten Kanälen umgeben und durchzogen, woraus eine Vielzahl kleiner Binneninseln resultierte. Die Akropolis der Hauptstadt war fünf Stadien breit und auf einen Berg gebaut, der zentral auf der Insel lag. Um diese Akropolis befanden sich drei ringförmige Kanäle, die durch einen breiten Kanal mit dem Meer verbunden waren. Der innere künstliche Wassergürtel hatte eine Breite von einem Stadion, gefolgt von zwei Paaren konzentrischer Land- und Wassergürtel mit jeweils zwei und drei Stadien Breite (Kritias 115d–116a). Die äußeren zwei Kanäle schildert Platon als schiffbar.

Poseidon – Gemälde von Bronzino (1503–1572)

Im Zentrum von Atlantis befand sich den Dialogen zufolge auf der Akropolis ein Poseidontempel, den Platon als „ein Stadion lang, drei Plethra (das sind etwa 90 m) breit und von einer entsprechenden Höhe“ und innen wie außen mit Gold, Silber und Oreichalkos überzogen beschrieb. Um den Tempel herum standen goldene Weihestatuen. Ein Kultbild zeigte den Meeresgott als Lenker eines sechsspännigen Streitwagens (Kritias 116d–e). In der Nähe der zentralen Anlage befand sich ein Hippodrom. Auch die Wohnstätten der Herrscher lagen im innersten Bezirk, der von einer Mauer umschlossen wurde. Die ringförmigen Randbezirke der Stadt beherbergten von innen nach außen die Quartiere der Wächter, der Krieger und der Bürger. Die Gesamtanlage war von drei weiteren, konzentrisch angeordneten Ringmauern umfriedet (Kritias 116a–c). Die beiden äußersten Kanäle wurden als Häfen angelegt, wobei der weiter innen liegende Kanal als Kriegshafen und der äußere als Handelshafen diente (Kritias 117d–e).

Die Macht über die Insel hatte Poseidon seinem mit der sterblichen Kleito gezeugten Sohn Atlas übertragen, der der Älteste seiner Nachkommen aus fünf Zwillingspaaren war (Kritias 114a–c). Atlas und seine Nachfahren herrschten über die Hauptstadt, die Linien seiner jüngeren Brüder regierten die anderen Teile des Reiches. Mit der Zeit wandelte sich Atlantis durch immer weiter gehende Baumaßnahmen und Aufrüstungen von einer ursprünglich ländlich geprägten Insel zu einer schlagkräftigen Seemacht.[4] Die Nachfahren des Atlas und seiner Geschwister verfügten über ein einzigartiges Heer und eine starke Marine mit 1200 Kriegsschiffen und 240.000 Mann Besatzung allein für die Flotte der Hauptstadt (Kritias 119a–b). Mit dieser Streitmacht unterwarfen sie Europa bis Tyrrhenien und Nordafrika bis Ägypten (Timaios 24e–25b). Erst die zahlenmäßig weit unterlegenen Athener konnten diesen Vormarsch zum Erliegen bringen.

Diese militärische Niederlage von Atlantis wird dabei als Strafe der Götter für die Hybris seiner Herrscher dargestellt (Timaios 24e; Kritias 120e, 121c). Weil der „göttliche Anteil“ der Atlanter durch die Vermischung mit Menschen zusehends geschwunden sei, seien sie von Gier nach Macht und Reichtum ergriffen (Kritias 121a–c) worden. Der Kritias bricht ab, bevor die Götter sich zu einem Gericht über das Reich versammeln, bei dem weitere Strafen beraten werden sollten: „Der Gott der Götter aber, Zeus, welcher nach den Gesetzen herrscht und solches wohl zu erkennen vermag, beschloß, als er ein treffliches Geschlecht (so) schmählich herunterkommen sah, ihnen Strafe dafür aufzuerlegen, (121c) damit sie, durch dieselbe zur Besinnung gebracht, zu einer edleren Lebensweise zurückkehrten. Er berief daher alle Götter in ihren ehrwürdigsten Wohnsitz zusammen, welcher in der Mitte des Weltalls liegt und eine Überschau aller Dinge gewährt, welche je des Werdens teilhaftig wurden, und nachdem er sie zusammenberufen hatte, sprach er ….“

Neben Atlantis beschreibt Platon im Kritias das „Ur-Athen“, wenn auch deutlich kürzer. Das alte Athen ist im Gegensatz zum realen Athen aus Platons Lebzeiten eine reine Landmacht, die Attika bis zum Isthmus von Korinth beherrscht habe (Kritias 110e). Obgleich in der Nähe der Küste gelegen, verfügte es über keine Häfen und betrieb aus bewusst gefasstem Entschluss keine Seefahrt. Platons Polis Athen wird als ein äußerst fruchtbarer Landstrich beschrieben, bedeckt von Feldern und Wäldern, und „imstande, ein großes Heer von den Geschäften des Ackerbaues Befreiter zu unterhalten“ (Kritias 110e–111d). Die Göttin Athene selbst habe die politischen Strukturen und Institutionen im nach ihr benannten Stadtstaat gestiftet, die Platon als nahezu identisch mit jenen seines im Politeia beschriebenen Idealstaates darstellt. Als Athen von Atlantis angegriffen worden sei, habe es die Angreifer zurückschlagen können und habe dabei sogar einige bereits unterworfene griechische Stämme befreit. Als Grund, warum im antiken Griechenland keine Aufzeichnungen, Geschichten oder Sagen vom glorreichen Sieg über die Atlanter existieren, nennt Platon Erdbeben und Überschwemmungen, die immer wieder die alten hellenischen Stämme heimsuchten. Platon erwähnt aber auch eine sehr große und besonders verheerende Flut, die den Untergang der herrschenden Oberschicht an den Küsten zur Folge hatte. Sie ließ nur einen kleinen Teil des Lesens und Schreibens unkundiger Bauern zurück, die in den Bergregionen lebten. Dadurch sei das komplette Wissen, das sich die Griechen bis dahin angeeignet hatten, verloren gegangen.

Ein platonischer Mythos

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Titelseite einer Dissertation von 1685 über die atlantischen Dialoge (Johann Christian Bock: De Atlantide ad Timaeum atque Critiam Platonis)

Über die möglichen historischen Anknüpfungspunkte, zum Beispiel den Untergang der Ägäisinsel Santorin im 17. oder 16. Jahrhundert v. Chr. (s. Minoische Eruption), lässt sich zurzeit kaum wissenschaftliche Übereinstimmung erzielen. Über den philologisch fiktionalen Charakter des Inselreiches Atlantis besteht in der Wissenschaft dagegen weitgehend Einigkeit. Auf die Frage, was die Botschaft dieser Erzählung gewesen sei, gibt es jedoch sehr unterschiedliche Antworten. Die Dialoge Timaios und Kritias sind als Ergänzung und Fortsetzung der Politeia geschrieben. Die Atlantis-Erzählung diente dabei als Demonstration der praktischen Bewährung des idealen Staates. Es handelt sich um einen platonischen Mythos und somit nur um eine von vielen fiktionalen und mythischen Darstellungen in Platons Werken.

Zweck des Mythos

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Der Zweck dieses Mythos ist nach herrschender Auffassung, eine zuvor diskutierte Theorie auf eine praktische und anschauliche Ebene zu heben, um so ihre Funktionalität und Richtigkeit zu bestätigen. In diesem Sinne wird am Ende der Politeia, nachdem die Frage „Was ist Gerechtigkeit?“ diskutiert wurde, von Sokrates die (scheinbare) Bestätigung seiner Thesen dadurch beigebracht, dass die „wahre“ Geschichte des Pamphyliers Er erzählt wird (Pol. 614b). Dieser habe in einer Art Nahtoderfahrung die Unterwelt gesehen und dabei die Erkenntnis erlangt, dass gerechte Menschen nach dem Tod zehnfach belohnt würden, ungerechte Menschen jedoch zehnfach bestraft. An späterer Stelle, zu Ende des neunten Buches der Politeia, wird ferner die Frage erörtert, ob sich ein gerechter Mensch am politischen Leben seines Stadtstaates beteiligen solle. Auf Sokrates’ Antwort, der Gerechte könne sich engagieren, vielleicht jedoch nicht in seiner irdischen Polis, entgegnet Glaukon, dass ein solcher Idealstaat nur als ein „Muster“ (παράδειγμα) im „Himmel“ der Ideen zu finden sei, woran man sich halten könne (Pol. 592a–b). Es bleibt jedoch umstritten, inwieweit diese Anspielung einen Hinweis auf eine späte Praxisnähe der platonischen Staatsphilosophie und damit die Grundlage des Atlantis-Mythos darstellen könne.[5]

Im Fall der Atlantis-Erzählung ist es die Theorie vom Idealstaat, die einer realen Bestätigung bedurfte. Am Anfang steht der Wunsch des Sokrates, den Idealstaat einmal in der „Bewegung“ eines Gedankenexperiments zu sehen. Zu diesem Zweck wird der Mythos vom einst in Athen existierenden Idealstaat und dem mächtigen Gegner Atlantis erfunden und dem Erzähler Kritias in den Mund gelegt, dem diese Überlieferung „auf eine geheimnisvolle Weise durch eine Art Zufall“ am Heimweg von einem früheren philosophischen Gespräch eingefallen wäre (Tim. 25e). In dieser Passage betont Kritias, dass man den Atlantis-Stoff günstig an den theoretischen Inhalt der Politeia angleichen könne: „Wir wollen aber die Bürger und den Staat, den du uns gestern wie erdichtet (ὡς ἐν μύθῳ) darstelltest, jetzt in die Wirklichkeit (ἐπὶ τἀληθὲς) übertragen und hier ansiedeln, als sei jener Staat der hiesige, und von den Bürgern, die du dir dachtest, werden wir sagen, sie seien jene reale Vorfahren von uns, von denen der Priester erzählte.“ (Tim. 26c–d). Die scheinhistorische Überlieferungsgeschichte soll die mehrfach behauptete Realität unterstreichen. Wie jeder platonische Mythos erhebt auch die Atlantis-Erzählung den Anspruch auf Wahrheit, jedoch nicht im Sinne von „historisch wahr oder unwahr“, sondern im Sinne einer philosophischen Wesenswahrheit.

Die Gegner Athen und Atlantis sind idealtypisch als einander diametral gegenüberstehende Gemeinwesen konstruiert: Auf der einen Seite die kleine, stabile und wehrfähige Landmacht, auf der anderen Seite die an ihrem Expansionsdrang zerbrechende Seemacht. Dieser bewusste Gegensatz wird in der Forschung als eine politische Allegorie auf die expansive Seemachtspolitik des realen Athen verstanden.[6] Platon hatte 404 v. Chr. die Niederlage seiner Heimatstadt im Peloponnesischen Krieg miterleben müssen, der einst durch das Hegemoniestreben der Athener in der Ägäis ausgelöst worden war. Wenige Jahrzehnte später, als Athen wieder einen Teil seiner ehemaligen Macht zurückgewonnen hatte, wurde der einst infolge der Niederlage aufgelöste Attische Seebund – wenn auch nicht in gleicher Dimension – neu gegründet. Platon könnte befürchtet haben, dass Athen diese Fehler wiederholen und auf eine vergleichbare Katastrophe zusteuern könnte. Um dem entgegenzuwirken und die Mitbürger zu belehren, dürfte Platon die Geschichte von der an Expansionismus zugrunde gegangenen Seemacht Atlantis und der siegreichen Landmacht Ur-Athen erfunden oder benutzt haben: „Er zeigte die Gefahren auf, die eine solche imperialistische Seemacht erwarten […], und er versuchte sozusagen den quasihistorischen Beweis zu erbringen, dass ein Staat, der wie sein Idealstaat eingerichtet war, sich in einer solchen Lage überzeugend bewähren würde“, wie Heinz-Günther Nesselrath resümiert.[7]

Die Umstände, dass im Atlantis-Mythos das Ur-Athen als über tausend Jahre älter als Ägypten dargestellt wird und zudem die Göttin Athene-Neith beide Gesellschaftsordnungen begründet haben soll, wird als Reaktion Platons auf mögliche Plagiatsvorwürfe gedeutet.[8] Dies hängt mit Platons Werk über den Idealstaat – Politeia – zusammen: Der Platon-Kritiker Isokrates hatte als unmittelbare Reaktion auf die Politeia eine Schrift mit dem Titel Busiris verfasst, nach der der gleichnamige – nur in der griechischen Mythologie existierende – ägyptische König in seinem Land eine Gesellschaftsordnung eingerichtet hatte, die diejenige des platonischen Idealstaats vorwegzunehmen scheint. Platon, so die Theorie, habe nun darauf mit einem Mythos geantwortet, laut dem nicht in Ägypten, sondern in Athen zuerst der Idealstaat existierte. Zudem sind es bei Platon gerade ägyptische Priester, die den Griechen diese Erkenntnis bringen.

Als Grund für die fingierte Überlieferungsgeschichte kann Platons „Konkurrenz“ zu Homer gesehen werden.[9] Schon in der „Politeia“ schrieb Platon von dem „alten Streit zwischen Dichtung und Philosophie“ (Politeia 607b). In seinem Anspruch, die mythisch-poetischen Werke Homers durch seine eigenen, philosophisch durchdachten Mythen wie Atlantis zu „ersetzen“, beruft sich Platon eben nicht wie der Dichter auf Musen, sondern auf historische Überlieferungen (deren Ursprung jedoch absichtlich so weit im Dunkeln liegt, dass sie unmöglich überprüft werden können). Im Timaios spricht Kritias davon, dass Solon ursprünglich geplant habe, den Stoff „Atlantis“, den er in Ägypten vernahm, künstlerisch zu verarbeiten. Er sei jedoch davon abgehalten worden, weil man ihn in Athen als Politiker gebraucht habe (dies ist allerdings chronologisch nicht möglich, da Solon erst nach seiner „politischen Karriere“ Ägypten besuchte). Hätte er den Atlantis-Mythos in Poesie verwandelt, so ist sich Kritias sicher, hätte dieses Werk die Homerischen Epen Ilias und Odyssee weit überstrahlt (Tim. 21d).

Inspirationen und Vorbilder

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Das Vorbild für „Ur-Athen“ war der Idealstaat, den Platon in seinem bedeutenden Werk Politeia entworfen hatte. Schon daran ist der fiktionale Charakter der gesamten Erzählung erkennbar, zumal nach heutigem Kenntnisstand in Athen zu keinem Zeitpunkt – von der Frühzeit bis in die Klassische Zeit – die geschilderte Kombination von politischen, sozialen und militärischen Elementen bestanden hat. „Ur-Athen“ ist offensichtlich eine Schöpfung Platons. Eine gewisse Orientierung der Landmacht „Ur-Athen“ an der realen Landmacht Sparta scheint denkbar, obgleich Platons Idealstaat ohnehin keine Seemachtspolitik betreibt. Die Beschreibung der fruchtbaren Böden Attikas zu Zeiten „Ur-Athens“ basiert auf der zu Platons Zeiten gängigen Annahme, dass isolierte Felsmassive wie Akropolis und Lykabettos Überreste einer einstigen Hochebene seien, deren „weiche“ Anteile an fruchtbarer Erde seither durch Regen und Fluten fortgespült worden seien. Eine vergleichbare Theorie liegt der Lokalisierung Atlantis’ jenseits der „Säulen des Herakles“ zugrunde; so wurde zu Platons Zeiten – entsprechend den Berichten bei Herodot (2, 102, 1–2; 4, 43) – angenommen, das Meer sei jenseits der Säulen schlammig, zähflüssig und unbefahrbar. Platon erklärt diesen vermeintlichen Umstand mit dem Untergang einer Landmasse.

Für den Antagonisten zu seinem Idealstaat „Ur-Athen“ bediente sich Platon realer Vorbilder aus seiner Zeit. Allgemein wird angenommen, dass Atlantis von ihm zur Erzielung seiner politischen Aussageabsicht wie ein Mosaik aus verschiedenen Elementen von verschiedenen Vorbildern „zusammengesetzt“ wurde. Platons Intention war es dabei, ein Bild von Atlantis zu zeichnen, das der Leser mit zeitgenössischen Feinden Griechenlands assoziieren würde. So mag Platon bewusst das Perserreich als Muster für die politische Struktur von Atlantis genommen haben. Die Organisation der Königsmacht in Atlantis, mit einem „Oberkönig“ und neun „Unterkönigen“, erinnert stark an die persische Hierarchie von Großkönig und ihm untergeordneten Satrapen. Ebenso scheint die persische Sommerresidenz Ekbatana gemäß ihrer Beschreibung bei Herodot eine Vorlage für die Beschreibung der Hauptstadt von Atlantis zu sein; während bei Platon von drei konzentrischen Wasserringen um die Akropolis die Rede ist, beschreibt Herodot die Stadtbefestigung von Ekbatana mit „insgesamt sieben Mauerringen“, und zwar „jeweils einen Mauerring im anderen“ (1, 98, 3–6). Für die Hafenanlage könnte unterdessen Karthago als Modell benutzt worden sein. Dem Handlungskern der Atlantis-Geschichte, nämlich dem gescheiterten Angriff Atlantis’ auf Athen, dürften die Perserkriege und dabei insbesondere die Konstellation der Schlacht bei Marathon 490 v. Chr. als Vorbild gedient haben. In beiden Fällen schlug das relativ kleine Athen, ganz auf sich gestellt, eine angreifende Übermacht und bewahrte so ganz Griechenland vor der Unterwerfung. Der fehlgeschlagene Eroberungszug der Seemacht Atlantis könnte aber auch als Reflexion der Sizilienexpedition verstanden werden, in der die übermütigen Pläne der Seemacht Athen, ganz Sizilien und anschließend Karthago zu unterwerfen, grandios scheiterten. Die mehrfachen Besuche Platons in Syrakus und sein Versuch, seine politischen Ideen dort in die Tat umzusetzen, könnten die Atlantiserzählung ebenfalls inspiriert haben.[10]

Für den charakteristischen und bis heute faszinierendsten Bestandteil der Atlantislegende – den Untergang des Inselreichs infolge einer Naturkatastrophe – könnte die Stadt Helike als Inspiration gedient haben. Diese einst sehr reiche Stadt an der Nordküste der Peloponnes versank im Winter des Jahres 373 v. Chr. in einer Flutwelle, die durch ein schweres Erdbeben im Golf von Korinth ausgelöst worden war. Diese Katastrophe, bei der nahezu alle Bewohner Helikes ihr Leben verloren, fand in der Antike einen starken Nachhall (bspw. bei Diodor 15, 48, 1–3). Wie auf Atlantis wurde in Helike ein Poseidonkult betrieben; vor dem großen Tempel des Poseidon Helikonios stand einst eine monumentale Weihestatue des Meeresgottes, die selbst nach dem Untergang der Stadt noch von der Wasseroberfläche aus zu sehen gewesen sein soll. Wie Atlantis schien auch Helike durch die „Macht“ desjenigen Gottes untergegangen zu sein, den sie eigentlich verehrte. Schon vor der Helikeflut ereignete sich zu Platons Lebzeiten eine weitere schwere Flutkatastrophe. Diese folgte 426 v. Chr. einem Erdbeben im Golf von Euböa und zerstörte die Stadt Orobiai sowie eine Insel namens Atalante (Thukydides 3, 89). Aufgrund der Namensähnlichkeit wurde diese Insel Atalante von manchen Forschern als Vorbild für das Untergangsszenario von Atlantis betrachtet.[11] Jedoch wird aufgrund der verheerenderen Folgen sowie der zeitlichen Nähe zur Niederschrift von „Timaios“ und des „Kritias“ eher Helike als Vorbild angesehen.[12]

Das Zentrum der atlantischen Ebene

Der französische Historiker Pierre Vidal-Naquet sieht Atlantis als Analogie zu Ur-Athen und somit zur Kosmologie des Timaios-Dialoges, Ur-Athen entspräche in diesem Sinne dem „Seienden“, Atlantis hingegen dem „Werdenden“. Vidal-Naquet kommentiert: „Wir sehen uns also einer Sequenz gegenüber, die deutlich nach einer Spiegelung aussieht: 5 (3+2), 1, 2, 2, 3, 3. Wer die in der Mitte liegende Insel verläßt, tritt sehr schnell in die Welt der Verdopplung ein.“[13] Die Bedeutung von doppelten und dreifachen Abständen in der „Struktur der Weltseele“ findet sich bereits im „Timaios“ beschrieben (Tim. 36d). Zugleich spiegele Atlantis das dekadente Athen seiner Zeit wider. Ähnlichkeiten zu Herodots Persien und zu Homers Scheria spielen laut Vidal-Naquet nur am Rande eine Rolle, eine Analogie zu den Perserkriegen schließt er aus. Vidal-Naquet glaubt in Atlantis die Stadtanlagen von Ekbatana, Babylon, Scheria, Athen und Susa wiederzuerkennen.[4]

Der deutsche Altphilologe Nesselrath dagegen sieht in Atlantis Parallelen zu den Stadt- bzw. Hafenanlagen von Ekbatana, Babylon und Karthago. Weiter meint er, Analogien zu Herodots Beschreibung der Perserkriege und Homers Epen identifizieren zu können.[14]

Umstritten ist in der Forschung, ob und inwiefern es eine substantielle Inspiration des Atlantis-Mythos durch ägyptische Quellen gegeben haben könnte. Einige, wie etwa William Heidel, deuteten gerade die behauptete Herkunft des Berichts aus Ägypten als offenen Hinweis auf den fiktionalen Charakter der Atlantis-Geschichte.[15] Sie konnten dafür auf die Worte im „Phaidros“ verweisen: „O Sokrates, mit Leichtigkeit erdichtest du Geschichten aus Ägypten oder sonst einem Land, woher auch immer du willst“ (Phaidros 275 B). Andere Historiker, wie etwa Thomas Henri Martin und Alexander von Humboldt, hielten eine ägyptische Tradition als Kern des Mythos für wahrscheinlich und darüber hinaus auch die Überlieferung vom Ägyptenreisenden Solon zum Erzähler Kritias für möglich.[16] Einen ägyptischen Ursprung für Teile oder Aspekte des Atlantis-Mythos für möglich zu halten, zwingt jedoch nicht dazu, auch zu glauben, dass der Atlantisbericht – wie von Platon behauptet – auf eine 9000 Jahre alte Überlieferung in Ägypten zurückgeht. Es scheint zudem auch unwahrscheinlich, dass Solon († um 560 v. Chr.) die Quelle für Platons Darstellung war, da in den mehr als 150 Jahren zwischen Solon und Platon bei keinem einzigen griechischen Schriftsteller eine Spur eines solchen Berichts zu finden ist. Auch die Athener wussten nichts von ihrem angeblichen Sieg über Atlantis. Hätte es sich bei diesem wirklich um eine der „größten Heldentaten Athens“ gehandelt, müsste diese zumindest in einer der zahlreichen Leichenreden, in denen zu Ehren Verstorbener die große Geschichte Athens resümiert wurde, Erwähnung finden. Doch in keiner der bis heute überlieferten Ansprachen findet sich eine Erwähnung von Atlantis. Nicht einmal in der von Platon geschriebenen Leichenrede im Menexenos wird Atlantis genannt; was bedeuten könnte, dass auch Platon die Atlantis-Erzählung vor der Niederschrift seiner Spätwerke Timaios und Kritias nicht kannte, sondern sie erst zu jenem Zeitpunkt kennenlernte bzw. erfand.

Kritik an der Deutung von Atlantis als Erfindung Platons

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Kritik an der Deutung der Atlantis-Erzählung als einer Erfindung Platons gibt es in verschiedener Hinsicht. Teils wird die philologische Argumentation direkt angegriffen, teils wird eine ägyptische Überlieferung vermutet, teils werden konkrete Lokalisierungen von Atlantis vorgeschlagen.

Kritik an der philologischen Argumentation

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An der philologischen Begründung der Erfindungshypothese ist immer wieder Kritik lautgeworden. In den Worten von John V. Luce:

„Die Skeptiker haben starke Argumente, trotzdem gab es jedoch immer eine Minderheit von Gelehrten, die bereit waren, die Möglichkeit zuzugeben, dass Platon in seiner Atlantis-Erzählung Material verwendet habe, das nicht völlig ohne historisches Gewicht war.“[17]

Als Indizien für ein mögliches historisches Gewicht der Atlantis-Erzählung werden angeführt:

  • Platon habe die von ihm erfundenen Parabeln immer deutlich als Mythen gekennzeichnet. Die Geschichte von Atlantis sei dagegen ausdrücklich als logos alēthēs (ein wahrer Bericht) und nicht als mythos (eine Geschichte) gekennzeichnet worden. Platon habe betont, dass seine Überlieferung nicht erfunden, sondern „in jeder Hinsicht“ wahr sei.
  • Es sei kaum anzunehmen, dass Platon in seinen Gesamtplan der Dialog-Trilogie Timaios/Kritias/Hermokrates eine Geschichte aufgenommen hätte, die er selbst von Anfang bis zum Ende erfunden hat, und von der er wusste, dass sie erdichtet ist.
  • Die Funktion der Atlantis-Erzählung als Beleg für die Richtigkeit von Platons Staatstheorien könne nur erfüllt werden, wenn es sich um eine wahre Geschichte handele.[18]
  • Die ausführliche und präzise Beschreibung von Atlantis mit Benennung zahlreicher Einzelheiten sei unnötig gewesen, wenn Atlantis nur als Anschauungsmodell für einen idealen Staat habe dienen sollen. Platon habe in seinen übrigen Werken auch keinerlei Interesse an technischen Details gezeigt.
  • Details der Atlantis-Erzählung tauchten auch in anderen Dialogen Platons in einem eindeutig historisch zu verstehenden Kontext auf.

Theorien einer vorplatonischen Atlantis-Überlieferung

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Papyrusfragment P. Oxy. 1084 der Atlantias des Hellanikos (Luce sieht darin ein Vorbild für Platons Atlantis)

Da auffallende Ähnlichkeiten zwischen der Schilderung eines atlantischen Königsrituals – Stiere „ohne Waffen, aber mit Stäben und Schlingen zu jagen“ (Kritias 119d–e) – und der Darstellung minoischer Stierkämpfe bestünden, hält John V. Luce es für wahrscheinlich, dass eine ägyptische Überlieferung über die Minoer Eingang in Platons Atlantis-Bild gefunden habe.[19] Er geht dabei davon aus, dass Platon selbst in Ägypten von dieser Überlieferung Kenntnis genommen habe. Abgesehen davon, dass Platons Ägyptenreise an sich umstritten ist, konnte er jedoch keine ägyptischen Hieroglyphen lesen. Er wäre somit auf einen ägyptischen Übersetzer angewiesen gewesen. Falls er tatsächlich in Ägypten war, bliebe dennoch unklar, ob und wie ihm die mutmaßliche Überlieferung übersetzt wurde und was Platon seinerseits für seine Erzählung daraus übernommen hat.

Eine vergleichbare Theorie eines vorplatonischen Atlantis liefert der Philologe Herwig Görgemanns. Er behauptet, die von Platon erwähnte Verbrüderung der Ägypter mit den „Ur-Athenern“ sei von einem ägyptischen Bericht beeinflusst.[20] Dieser Bericht basiere auf der Überlieferung der Seevölkerinvasion des 13./12. Jahrhunderts v. Chr. und sei durch eine angeblich schon damals existierende Verbrüderung der Ägypter und Athener gegen die „Feinde aus dem Westen“ ergänzt worden. Als sich Ägypten im 4. Jahrhundert v. Chr. von der persischen Herrschaft zu lösen begann, bekam es zunächst 386 bis 380 v. Chr. Unterstützung aus Athen durch den Athener Feldherrn Chabrias. Dies fand in Athen nicht nur Zustimmung, und so wurde 362/61 v. Chr. (unmittelbar vor der Entstehung des Timaios) eine Gesandtschaft nach Athen geschickt, die für eine Athenisch-Ägyptische Allianz werben sollte und dabei laut Görgemanns die veränderte Überlieferung des Seevölkersturms in Athen verbreitete. Und eben dieses Element habe Platon dann im Atlantis-Mythos verarbeitet. Jedoch ist auch diese Argumentation insofern lückenhaft, als Platon vermutlich nicht der Einzige gewesen wäre, der diese Geschichte vernommen hätte. Insofern ließe sich schwer erklären, warum nur er von Atlantis berichtet.

Lokalisierungshypothesen

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Neben diesen eher ergänzenden Theorien zu Platons Erfindung von Atlantis gibt es zahlreiche Lokalisierungshypothesen, die Atlantis an einem konkreten Ort vermuten und dessen Untergang als ein konkretes Ereignis annehmen. Ihnen liegt die gemeinsame Auffassung zugrunde, dass Platons Erzählung auf einer tatsächlichen Überlieferung beruhe oder zumindest einen historischen Kern enthalte. Gleichzeitig setzen die meisten Theorien voraus, dass Platons örtliche und zeitliche Angaben zu Atlantis falsch bzw. in der mutmaßlichen Überlieferung verzerrt worden sind.

Bislang blieben diese Lokalisierungsversuche jedoch immer Hypothesen einzelner Personen. Die frühen Theorien – die Atlantis auf Helgoland, den Kanarischen Inseln oder Kreta vermuteten – werden heute von keinem Wissenschaftler mehr vertreten. Zu den jüngeren Theorien gehört die Hypothese des Geoarchäologen Eberhard Zangger, dass es sich bei Atlantis um eine verzerrte Darstellung von Troja handele, sowie die Vermutung von Siegfried Schoppe und Christian Schoppe, dass eine Verbindung zwischen Atlantis und der Flutung des Schwarzmeerbeckens um 5600 v. Chr. bestünde; dieser Hypothese zufolge gehe die Atlantis-Erzählung auf den Untergang einer hypothetischen Kultur im Nordwesten des Schwarzen Meeres zurück.

Althistoriker und Philologen lehnen in der Regel jeden Lokalisierungsversuch als Fehlinterpretation einer einzigen Quelle, nämlich Platon, ab und sehen in Atlantis reine Fiktion, der kein geschichtliches Ereignis oder ein naturwissenschaftlicher Vorgang zugrunde liegt.

Wirkungsgeschichte

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Kaum ein antiker Bericht hatte eine ähnlich intensive Nachwirkung wie Platons Schilderungen von „Atlantis“. Seit vielen Jahrhunderten dient das fabelhafte Inselreich Utopisten als Inspiration und wird von Archäologen gesucht. Auch die Unterhaltungsindustrie entdeckte den Stoff als zugkräftiges Thema.

Von Platons Zeitgenossen ist keine Veröffentlichung bekannt, die die Atlantis-Geschichte für „wahre Historie“ hielt, auch nach dem Erscheinen von Timaios und Kritias wurde die Abwehr des atlantischen Angriffs in keiner heute bekannten Aufzählung der Heldentaten der Athener erwähnt. Ob sich Aristoteles, Platons bekanntester Schüler, zu Atlantis äußerte, ist bis heute ungesichert.[21] Manche sehen die durch Strabon (2, 3, 6)[22] überlieferte Meinung des Poseidonios zur „Sage von der Insel Atlantis“, die sich an Aristoteles orientiere, als einen Beleg dafür.[23] Nach anderer Ansicht belegt die Ausführung Strabons lediglich, indem er Poseidonios’ Aussage wiedergibt, dass Atlantis möglicherweise keine Erfindung sei, im Gegensatz zur „Mauer der Achäer“ bei Homer (siehe unten). Damit habe sich Poseidonios bezüglich Atlantis nicht festgelegt.[24]

Der Philosoph Krantor von Soloi, der den ersten Kommentar zu Platons Timaios verfasste, war der erste, von dem wir wissen, dass er Atlantis für einen geschichtlichen Sachverhalt hielt. Er soll der erste gewesen sein, der die ägyptische Tradition der Atlantis-Überlieferung nachweisen konnte. In seinem nur fragmentarisch bei Proklos erhaltenen Werk berichtet er, die Stelen mit der ägyptischen Version des Atlantis-Berichts in Sais vorgefunden zu haben (FGrHist 665, F 31). Dies wurde bis heute von einigen Forschern als ein Beweis für die ägyptische Tradition der Atlantis-Geschichte eingeschätzt. Krantors Bericht gilt der Mehrheitsmeinung jedoch insofern als unglaubhaft, als er von Inschriften auf Stelen (στῆλαι) spricht, während im Timaios von schriftlichen Darstellungen die Rede ist, die man „zur Hand nehmen“ (τὰ γράμματα λαβόντες – Tim. 24a) könne, also beispielsweise Papyrusrollen.[25]

Die Frage, ob es sich bei Atlantis um eine reale Geschichte handelt, wird auch von späteren Autoren diskutiert, etwa von Poseidonios, dessen Meinung von Strabon mit folgenden Worten angegeben wird:

„Daß aber die Erde sich zuweilen hebe und senke, und durch Erdbeben und andre ähnliche Ereignisse, die auch wir aufgezählt haben, Veränderungen erleide, das ist von ihm [sc. Poseidonios] richtig bemerkt worden, und damit stellt er auch Plato’s Ansicht passend zusammen, es lasse sich annehmen, daß auch die Sage von der Insel Atlantis keine Erdichtung sei, von welcher, wie jener berichtet, Solon, durch die aegyptischen Priester belehrt, erzählt habe, sie sei einst vorhanden gewesen, [später] aber verschwunden, an Größe einem Festlande nicht nachstehend; und dieses zu sagen, scheint ihm gerathener, als daß ihr Erfinder sie wieder vernichtet habe, wie der Dichter [Homer: Ilias 7, 337. und 436.] die Mauer der Achäer.“

Strabon: Geôgraphiká. Buch 2, 3. Kapitel, 6. Abschnitt (in der Übersetzung von Albert Forbiger: Strabo’s Erdbeschreibung. Band 2, Hoffmann’sche Verlags-Buchhandlung, Stuttgart 1856, S. 158 (archive.org).

Während Plinius der Ältere noch Zweifel an der Authentizität der Geschichte insgesamt äußert (Naturalis historia 2, 92, 205), hält Plutarch zumindest die ägyptische Tradition für möglich, will sich aber ansonsten nicht festlegen, ob es sich um Mythos oder Wahrheit handele (Plut. Solon 31). Der Platoniker Numenios, der Mitte des 2. Jahrhunderts lebte, nahm den Kampf der Stadt Athen gegen Atlantis als bloße Dichtung ohne historischen Hintergrund, als poetische Fiktion an.[26] Der spätantike Neuplatoniker Proklos hielt Atlantis einerseits für real, andererseits suchte er auch eine symbolische Deutung. Weitere Autoren, wie etwa der Kirchenvater Tertullian, nutzen Atlantis ohne Vorbehalt als historisches Paradigma. Eusebius von Caesarea bringt die Deukalionische Flut, die er ins Jahr 1539 v. Chr. datiert, mit Bränden in Äthiopien und Zerstörungen an verschiedenen Orten, wie sie von Platon beschrieben hatte, in Verbindung. Hierbei bezog sich Eusebius wahrscheinlich auf die Atlantis-Geschichte des Platon.[27] Georgios Synkellos, der die Ereignisse zwischen 1499 und 1490 v. Chr. datiert, sagt, dass diese in Platons Timaios erwähnt würden.[28] Hieronymus datierte dies je nach Handschrift zwischen 1530 und 1523 v. Chr.[29] Nachdem jedoch noch im 6. Jahrhundert der Byzantiner Kosmas Indikopleustes den fiktionalen Charakter des Atlantis-Berichts festhielt, geriet er schließlich im europäischen Mittelalter in Vergessenheit.

Als Vorlage für Utopien fand Atlantis vermutlich bereits in der Antike Verwendung. So etwa bei Euhemeros von Messene, dessen fiktionale Insel Panchaia sowohl Ähnlichkeiten zu Atlantis wie zu „Ur-Athen“ aufweist (Diodor 5, 41–46). Panchaia wird als eine außergewöhnlich fruchtbare Insel dargestellt, auf der die Gesellschaft – wie auf Atlantis – in drei Klassen eingeteilt sei. In der Mitte der Insel finde sich ein großer, Zeus geweihter Tempel. Ein anderer antiker Autor, Theopompos von Chios, persiflierte Platons Atlantis-Erzählung in seinem Werk Philippika. In ihm wird von einem Land namens Meropis jenseits des Atlantischen Ozeans berichtet, von dem aus ein Heer mit zehn Millionen Soldaten aus der „Stadt der Krieger“ („Machimos“) ausrückte, um die Hyperboreer auf der anderen Seite des Ozeans zu unterwerfen (FGrHist 115, F 75). An die Stelle von Solon und dem Priester von Sais traten bei Theopompos der mythische König Midas und ein Mischwesen aus Mensch und Pferd.

Calcidius’ lateinische Übersetzung des Timaios in einem mittelalterlichen Manuskript aus der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts

In der frühen Neuzeit wurden die alten römischen und griechischen Manuskripte von den Gelehrten wiederentdeckt, und so verbreitete sich auch die Geschichte von Atlantis erneut. Besonders mit der Entdeckung Amerikas 1492 bekam die Atlantis-Legende eine gewisse Plausibilität, da man annahm, Amerika sei zumindest der Überrest des versunkenen Kontinents. Bartolomé de Las Casas schrieb in seinem Werk Historia general de las Indias dazu: „Kolumbus konnte vernünftigerweise glauben und hoffen, dass, obgleich jene große Insel verloren und versunken war, andere zurückgeblieben sein würden oder wenigstens das Festland und dass, wenn man sie suchte, man sie finden würde.“[30] Auch Girolamo Fracastoro, bekannt für seine Beschreibung der Syphilis, setzte Amerika und Atlantis gleich.[31]

Eine Reihe von Philosophen der frühen Neuzeit nahm die platonische Methode der Sozialkritik durch eine Scheingeschichte auf. Als erster tat dies 1516 der Engländer Thomas Morus mit seinem Werk Utopia. Während sich bei Morus lediglich Anlehnungen an Platons Politeia finden, bezogen sich die Utopisten der Folgezeit explizit auf den platonischen Mythos von Atlantis. So nahm etwa ein Jahrhundert nach Morus’ Utopia der italienische Dominikaner Tommaso Campanella Atlantis sowie die Beschreibung des Iambulos zum Vorbild, um eine eigene Staatsutopie zu erschaffen. Diese heißt in der italienischen Fassung La città del Sole und benutzt ebenfalls die Form des Dialoges, in diesem Fall zwischen einem weitgereisten genuesischen Admiral und einem Hospitaliter. Campanellas fiktiver Sonnenstaat ist auf der realen Insel Taprobana angesiedelt. Insbesondere bei der Beschreibung der Stadt orientiert sich Campanella an Platons Beschreibung von Atlantis im „Kritias“: „In einer weiten Ebene erhebt sich ein gewaltiger Hügel, über den hin der größere Teil der Stadt erbaut ist. Ihre vielfachen Ringe aber erstrecken sich in eine beträchtliche Entfernung vom Fuße des Berges. […] Sie ist in sieben riesige Kreise oder Ringe eingeteilt, die nach den sieben Planeten benannt sind.“[32]

Beinahe zeitgleich zu Campanella, um 1624, schrieb Francis Bacon in England an seiner Utopie Nova Atlantis, die sich schon im Titel auf Platon bezog. Er benutzte Platons Atlantis dabei als historisches Faktum und identifizierte es mit Amerika, um somit seiner eigenen Utopie eine scheinbare Glaubwürdigkeit zu verleihen. Eine Sintflut habe einst das „alte Atlantis“ bis auf wenige Überlebende vernichtet. Bacons „neues Atlantis“ ist eine Südsee-Insel namens Bensalem, auf der – Platon sehr ähnlich – eine hierarchische, monarchistische Staatsordnung, patriarchalische Familienstruktur und christliche Sittenstrenge zu finden sind.[33] Herrschaftszentrum sei das „Haus Salomon“, in dem ein gotterwählter, „ehrwürdiger Vater“ thront. Bacons Werk blieb unvollendet und wurde erst nach seinem Tod durch William Rawley veröffentlicht. Laut Rawley ist der frühe Tod Bacons der Grund dafür, dass darin keine Sozialkritik zu finden ist.[34]

Illustration aus Rudbecks „Atland eller Manheim“: Rudbeck enthüllt seinen „Vorgängern“ Hesiod, Platon, Aristoteles, Apollodor, Tacitus, Odysseus, Claudius Ptolemäus, Plutarch und Orpheus die „Wahrheit“ über Atlantis

Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts wurde Atlantis zunehmend von Gelehrten zum Ursprung der menschlichen Zivilisation erklärt und damit auch für das „Einflechten“ in eigene nationale Mythen interessant.[35]

Während die Überreste der versunkenen Insel zunächst in Amerika gesehen wurden – womit sich der Anspruch der spanischen Conquista rechtfertigen ließ –, erklärte Ende des 17. Jahrhunderts der Universalgelehrte und Rektor der Universität Uppsala Olof Rudbeck in seinem vierbändigen Werk Atlantica sive Manheim, vera Japheti posterorum sedes ac patria (1679 bis 1702, schwedisch Atland eller Manheim), Schweden zu Atlantis und Uppsala zu dessen Hauptstadt.[36] In seinen Schriften vermengte Rudbeck Platons Atlantis mit Versatzstücken aus der Edda sowie Legenden über Noachs angeblichen Enkel Atlas, der sich im Norden niedergelassen habe. Mit diesem Eklektizismus versuchte er, dem Volk Israel den Anspruch auf seine Auserwähltheit streitig zu machen und Schweden zum Geburts- und Stammland sämtlicher Völker Asiens und Europas zu erheben; darüber hinaus postulierte er, dass die Runen die Vorläufer der phönizischen und griechischen Buchstaben seien. Platon nannte er einen Lügner, dem es gelungen sei, die Auffindung des wahren nordischen Atlantis zu verhindern. Rudbeck war somit einer der Ersten, die Atlantis und dessen mutmaßliche Lokalisierung zu politisch-ideologischen Zwecken vereinnahmten.

Im 19. Jahrhundert wurde das Interesse an Atlantis durch den 1882 erschienenen Bestseller des amerikanischen progressivistischen Politikers Ignatius Donnelly neu geweckt.[37] In seinem Buch Atlantis – The antediluvian World (dt.: „Atlantis – die vorsintflutliche Welt“, 1911) behauptete er 1882, das von Platon beschriebene Atlantis habe im Atlantik gelegen und sei der gemeinsame Ursprung der Frühen Hochkulturen sowohl im Mittelmeerraum (speziell im Alten Ägypten) als auch in Mittelamerika.[38] Dabei stützt er sich unter anderem auf die Forschungen von Charles Étienne Brasseur de Bourbourg und Augustus Le Plongeon. Er glaubte auch, Atlantis sei die Urheimat der Arier.[39] Donnelly beschrieb Atlantis als agrarisches Land des Friedens und des Glücks, an das in verschiedenen Zivilisationen erinnert werde, ob als Garten Eden, als Garten der Hesperiden oder als Asgard. In dem nachfolgenden Band Ragnarok – The Age of Fire and Gravel von 1883 beschrieb er dann die Zerstörung dieses Paradieses, nachdem es moralisch korrumpiert worden sei. Dieses Geschichtsnarrativ verstand er als Warnung an die USA seiner Gegenwart.[40]

Auch in Esoterik und Okkultismus wurde die Geschichte von Atlantis lebhaft rezipiert. In Theosophie, Anthroposophie und Ariosophie wurden die „Atlantier“ als Repräsentanten einer von sieben Menschheitsepochen angesehen, und in der hermetischen Philosophie Cosmique sind sie Ursprung okkulter Lehren. Donnellys Bestseller half, dergleichen Thesen Glaubwürdigkeit zu verleihen.[41] Bei aller Differenz zieht der Historiker Franz Wegener eine Verbindungslinie zwischen diesen Strömungen, Vertretern der Konservativen Revolution, Welteislehre-Anhängern, Nationalsozialisten und Neuen Rechten und stellt die Hypothese eines „atlantidischen Zielbildes“ auf, „ein Zielbild, das seine Träger unbewußt in sich beschleunigender Bewegung der Selbstzerstörung entgegeneilen läßt“.[42]

Karte von Atlantis nach Karl Georg Zschaetzsch

So wurden vor allem im deutschen Sprachraum in der Zeit der Weimarer Republik und während des Dritten Reiches in völkischen und nationalsozialistischen Kreisen Modelle der Atlantis-Rezeption kultiviert, deren Verfechter Platons versunkenes Inselreich vor allem in der Nordsee sowie am Nordpol – dem angeblichen nordischen Urkontinent Arktogäa – lokalisierten oder mit dem sagenhaften Thule gleichsetzten und es zur Urheimat der „arischen Herrenrasse“ erklärten. Zu den Wegbereitern dieser rassistisch-ideologischen Rezeption des Atlantisberichts gehörte vor allem Guido von List, einer der Protagonisten der so genannten Ariosophie; seinerzeit bekannte Autoren entsprechender Atlantis-Literatur waren zum Beispiel Karl Georg Zschaetzsch,[43] Herman Wirth,[44] und Heinrich Pudor.[45] Über Alfred Rosenberg und Heinrich Himmler wurde die Atlantis-Idee Teil der inoffiziellen NSDAP-Parteiideologie.

Nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus wurde derartiges Ideengut zunächst vorwiegend außerhalb Deutschlands propagiert, zum Beispiel von Julius Evola und dem rechtsextremen chilenischen Autor Miguel Serrano.[46] Hierzulande wurden nach 1945 aber auch „nordische“ Atlantis-Konzepte, die nicht der „ario-atlantistischen“ Traditionslinie zuzurechnen sind, in Kreisen der „Alten“ und „Neuen Rechten“ begeistert aufgegriffen und ideologisch instrumentalisiert, vor allem Jürgen Spanuths Verortung von Atlantis bei Helgoland und seine These, die Atlanter seien dem nordischen Kulturkreis der Bronzezeit zuzurechnen.[47]

Mitunter wird Atlantis als Synonym für eine reiche und mächtige Kultur gebraucht, die plötzlich und unerwartet unterging. So sprach beispielsweise T. E. Lawrence von der einst prachtvollen, jedoch später versandeten südarabischen Metropole Ubar als „Atlantis der Wüste“ (engl. „Atlantis of the Sands“). Auch der sagenhafte, untergegangene Ostseehafen Vineta wird gelegentlich als „Atlantis des Nordens“ bezeichnet. In der Belletristik ist kaum mehr als diese Versinnbildlichung Atlantis geblieben, die seit etwa 1850 von Schriftstellern verstärkt aufgegriffen wird. In Jules Vernes 20.000 Meilen unter dem Meer etwa besuchen Kapitän Nemo und Professor Aronnax die Ruinen von Atlantis am Meeresgrund. Als Symbol für eine fantastische Gegenwelt erscheint Atlantis bereits 1814 in der romantischen Novelle Der goldne Topf von E. T. A. Hoffmann.

Antike Rezeption

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  • Ernst Hugo Berger: Atlantis. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 2116–2118.
  • Reinhold Bichler: Athen besiegt Atlantis. Eine Studie über den Ursprung der Staatsutopie. In: Canopus. 20, 1986, Nr. 51, S. 71–88.
  • Wilhelm Brandenstein: Atlantis. Wien 1951.
  • Burchard Brentjes: Atlantis. Geschichte einer Utopie. DuMont, Köln 1993, ISBN 3-7701-2910-5.
  • Richard Ellis: Imagining Atlantis. Knopf, New York 1998, ISBN 0-679-44602-8.
  • Paul Friedländer: Platon I. Seinswahrheit und Lebenswirklichkeit. de Gruyter, Berlin 1954. (1975, ISBN 3-11-004049-2).
  • Angelos George Galanopoulos, Edward Bacon: Die Wahrheit über Atlantis. Wilhelm Heine Verlag, München 1976, ISBN 3-453-00654-2 (englisch: Truth Behind the Legend. Übersetzt von Helga Künzel).
  • Jean Gattefossé, Claudius Roux: Bibliographie de l’Atlantide et des questions connexes. Impr. Bosc frères & Riou, Lyon 1926.
  • Friedrich Gisinger: Zur geographischen Grundlage von Platons Atlantis. In: Klio. 26, 1933, ISSN 0075-6334, S. 32–38.
  • Joscelyn Godwin: Arktos: The Polar Myth in Science, Symbolism, and Nazi Survival., Kempton ILL 1996
  • Herwig Görgemanns: Wahrheit und Fiktion in Platons Atlantis-Erzählung. In: Hermes. Band 128, 2000, ISSN 0018-0777, S. 405–420.
  • Williams K. C. Guthrie: The later Plato and the Academy. A History of Greek Philosophy. Band 5, Cambridge 1980.
  • Paul Jordan: The Atlantis Syndrome. Sutton Publishing, Stroud Glou 1994, ISBN 0-7509-3518-9.
  • Zdenek Kukal: Atlantis in the Light of Modern Research. Academia, Prag 1984.
  • Spyridon Marinatos: Some words about the legend of Atlantis. 2. Auflage Papachysanthou, Athens 1972.
  • Kathryn A. Morgan: Designer history. Plato’s Atlantis story and fourth-century ideology. In: The Journal of Hellenic Studies. Band 118, 1998, ISSN 0075-4269, S. 101–118.
  • Gianfranco Mosconi: I peccaminosi frutti di Atlantide – iperalimentazione e corruzione. In: Rivista di Cultura Classica e Medioevale. Jahrgang 51, Nr. 2, 2009, S. 331–360.
  • Gianfranco Mosconi: I numeri dell’Atlantide: Platone fra esigenze narrative e memorie storiche. In: Rivista di Cultura Classica e Medioevale. Jahrgang 55, Nr. 1, 2010, S. 331–360.
  • Otto Muck: Alles über Atlantis: alte Thesen, neue Forschungen. Mitautor Theodor Müller-Alfeld, Herausgeber F. Wackers. Econ, München 1976, ISBN 3-430-16837-6.
  • Heinz-Günther Nesselrath: Platon und die Erfindung von Atlantis. K. G. Saur, München/Leipzig 2002, ISBN 3-598-77560-1.
  • Gunnar Rudberg: Atlantis och Syrakusai. 1917. (Atlantis and Syracuse. 2012, ISBN 978-3-8482-2822-5).
  • Edwin S. Ramage (Hrsg.): Atlantis. Mythos, Rätsel, Wirklichkeit? Umschau, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-524-69010-6.
  • Lyon Sprague de Camp: Versunkene Kontinente. Von Atlantis, Lemuria und anderen untergegangenen Zivilisationen. Heyne, München 1975, ISBN 3-453-00504-X.
  • Thomas A. Szlezák: Atlantis und Troia, Platon und Homer. Bemerkungen zum Wahrheitsanspruch des Atlantis-Mythos. In: Studia Troica. Band 3, 1993, ISSN 0942-7635, S. 233–237.
  • Pierre Vidal-Naquet: Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos. In: Pierre Vidal-Naquet: Der Schwarze Jäger. Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 216–232.
  • Pierre Vidal-Naquet: Atlantis. Geschichte eines Traums. Aus dem Französischen von A. Lallemand. C. H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-54372-3.(books.google.de) Teilansicht
  • Franz Wegener: Das atlantidische Weltbild. Nationalsozialismus und Neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis. Kulturförderverein Ruhrgebiet KFVR, Gladbeck 2003, 3. stark erw. Auflage 2014
Quellensammlung
  • Oliver Kohns, Ourania Sideri: Mythos Atlantis. Texte von Platon bis J. R. R. Tolkien. Reclam-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-020178-7.
Wiktionary: Atlantis – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Atlantis – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Atlantis – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Kathryn A. Morgan: Designer History – Plato’s Atlantis Story and Fourth-Century Ideology. In: The Journal of Hellenic Studies. Nr. 118. Hellenic Society, November 1998, ISSN 0075-4269, S. 101–118, hier: S. 107 (de.scribd.com [abgerufen am 10. Dezember 2014]).
  2. Plutarch: Parallele Lebensbeschreibungen: Solon. XXXII. 1–2 (Original und englische Übersetzung – Internet Archive von Bernadotte Perrin).
  3. Eine solch hohe Altersangabe war in der Antike nicht ungewöhnlich, so nennt zum Beispiel Herodot ein Alter von 11340 Jahren für Ägypten (Historien. II 142,3; Original und englische Übersetzung von George Campbell Macaulay).
  4. a b Pierre Vidal-Naquet: Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos. In: Pierre Vidal-Naquet: Der schwarze Jäger. Denkformen und Gesellschaftsformen in der griechischen Antike. Lang, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 216–232.
  5. William Keith Chambers Guthrie: The later Plato and the Academy. In: A History of Greek Philosophy. Band 5. Cambridge University Press, Cambridge 1978, ISBN 0-521-29420-7 (archive.org).
  6. Pierre Vidal-Naquet: Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos. In: Pierre Vidal-Naquet: Der schwarze Jäger. Denkformen und Gesellschaftsformen in der griechischen Antike. Lang, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 231 f.
  7. Heinz-Günther Nesselrath: Platon und die Erfindung von Atlantis (= Lectio Teubneriana XI). K. G. Saur, München / Leipzig 2002, ISBN 3-598-77560-1, S. 38.
  8. Heinz-Günther Nesselrath: Platon und die Erfindung von Atlantis (= Lectio Teubneriana. XI). K. G. Saur, München/Leipzig 2002, S. 32 f.
  9. Thomas A. Szlezák: Atlantis und Troia, Platon und Homer. Bemerkungen zum Wahrheitsanspruch des Atlantis-Mythos. In: Studia Troica. Nr. 3/1993. Philipp von Zabern, 1993, ISSN 0942-7635, S. 233–237, hier: S. 235 f.
  10. Gunnar Rudberg: Atlantis and Syracuse – Did Plato’s experiences on Sicily inspire the legend? Hrsg.: Thorwald C. Franke. Books on Demand, Norderstedt 2012, ISBN 978-3-8482-2822-5 (schwedisch: Atlantis och Syrakusai – En studie till Platons senare skrifter. Uppsala 1917. Übersetzt von Cecelia Murphy).
  11. Lyon Sprague de Camp: Versunkene Kontinente – Von Atlantis, Lemuria und anderen untergegangenen Zivilisationen (= Heyne-Bücher. Nr. 7010). Heyne, München 1975, ISBN 3-453-00504-X, S. 241 (englisch: Lost Continents – The Atlantis Theme in History, Science, and Literature. New York 1954. Übersetzt von Brigitte Straub).
  12. Heinz-Günther Nesselrath: Platon und die Erfindung von Atlantis (= Lectio Teubneriana. XI). K. G. Saur, München/Leipzig 2002, S. 26 f.
  13. Pierre Vidal-Naquet: Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos. In: Pierre Vidal-Naquet: Der schwarze Jäger. Denkformen und Gesellschaftsformen in der griechischen Antike. Lang, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 228.
  14. Heinz-Günther Nesselrath: Platon und die Erfindung von Atlantis (= Lectio Teubneriana. XI). K. G. Saur, München/Leipzig 2002, S. 25.
  15. William A. Heidel: A suggestion concerning Platon’s Atlantis. In: Daedalus. Band 68, 1933, ISSN 0011-5266, S. 189–228.
  16. Thomas H. Martin: Dissertation sur l’Atlantide. In: Thomas H. Martin: Études sur le Timée de Platon. Band 1, Paris 1841, S. 257–332.
  17. John V. Luce: Die literarische Perspektive – Die Quellen und die literarische Form von Platons Atlantis-Erzählung. In: Edwin S. Ramage (Hrsg.): Atlantis – Mythos, Rätsel, Wirklichkeit? Umschau, Frankfurt am Main 1979, ISBN 978-3-524-69010-0, S. 65 ff. (englisch: Atlantis – Fact Or Fiction? Bloomington, Indiana 1978. Übersetzt von Hansheinz Werner).
  18. Wilhelm Brandenstein: Atlantis – Größe und Untergang eines geheimnisvollen Inselreiches (= Arbeiten aus dem Institut für allgemeine und vergleichende Sprachwissenschaft der Universität Graz. Nr. 3). Gerold & Co., Wien 1951.
  19. John V. Luce: Die literarische Perspektive – Die Quellen und die literarische Form von Platons Atlantis-Erzählung. In: Edwin S. Ramage (Hrsg.): Atlantis – Mythos, Rätsel, Wirklichkeit? Umschau, Frankfurt am Main 1979 (Originaltitel: Atlantis – Fact Or Fiction? Bloomington, Indiana 1978, übersetzt von Hansheinz Werner), ISBN 978-3-524-69010-0, S. 89 f.
  20. Herwig Görgemanns: Wahrheit und Fiktion in Platons Atlantis-Erzählung. In: Hermes. Zeitschrift für klassische Philologie. Nr. 128. Franz Steiner, Stuttgart 2000, S. 405–419 (Teilansicht [abgerufen am 11. Dezember 2014]).
  21. Reinhold Bichler: Atlantis. In: Der Neue Pauly. Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte. Band 13, J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar 1999, Sp. 335 f.
  22. Strabon: Geographica. 2, 3, 6. (archive.org deutsche Übersetzung von Albert Forbiger 1856)
  23. Vergleiche etwa Ernst Hugo Berger: Atlantis. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band II,2, Stuttgart 1896, Sp. 2117.
  24. Andreas Hartmann: Atlantis. Wissen, was stimmt. Herder, Freiburg im Breisgau 2010, ISBN 978-3-451-06115-8, S. 61 und 64; Heinz-Günther Nesselrath: Atlantis nach Platon – Bemerkungen zu einer neuen Rezeptionsgeschichte der von Platon erfundenen Insel. In: Jahresheft des Vereins der Göttinger Freunde der antiken Literatur. Nr. 16 (2017), S. 12–24.
  25. Heinz-Günther Nesselrath: Atlantis auf ägyptischen Stelen? Der Philosoph Krantor als Epigraphiker. In: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik. 135, 2001, S. 33–35, hier: S. 34. (online, PDF-Datei, 49,73 kB).
  26. Matthias Baltes: Numenios von Apamea und der Platonische Timaios. In: Festgabe für O. Hiltbrunner zum 60. Geburtstag (= Vigil. Christ. Band 29 [1975]). Münster 1973, S. 241–270, Nr. 1, hier S. 5 (books.google.de – Teilansicht).
  27. Josef Karst: Eusebius Werke fünfter Band. Die Chronik aus dem Armenischen übersetzt mit textkritischem Commentar (= Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte. Band 20) Hinrichs, Leipzig 1911, S. 160 (Digitalisat).
  28. William Adler, Paul Tuffin (Übers.): The Chronography of George Synkellos. A Byzantine Chronicle of Universal History from the Creation. Oxford University Press, Oxford 2002, S. 227
  29. Rudolf Helm: Eusebius Werke. Siebenter Band, Erster Teil. Die Chronik des Hieronymus (= Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte. Band 24) Hinrichs, Leipzig 1913, Blatt 42 (Digitalisat)
  30. Bartolomé de Las Casas: Historia de las Indias. 1527 ff., zitiert nach Burchard Brentjes: Atlantis. Geschichte einer Utopie. DuMont, Köln 1993, ISBN 3-7701-2910-5, S. 66.
  31. Girolamo Fracastoro: Syphilis sive Morbus gallicus. Bd. 3, 1530 (books.google.de Ausgabe von 1536).
  32. T. Campanella: Civitas Solis, idea republicae philosophicae. 1623 (zeno.org deutsche Übersetzung).
  33. Klaus J. Heinisch: Der utopische Staat. Morus Utopia. Campanella Sonnenstaat. Bacon Nova Atlantis. 26. Auflage. Rowohlt, Reinbek 2001, ISBN 3-499-45068-2, S. 188 f.
  34. Burchard Brentjes: Atlantis – Geschichte einer Utopie. DuMont, Köln 1993, ISBN 978-3-7701-2910-2, S. 89.
  35. Zur „Entdeckungsgeschichte“ in der Neuzeit siehe insgesamt: Pierre Vidal-Naquet: Atlantis. Geschichte eines Traums. C. H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-54372-3, S. 57–76.
  36. Pierre Vidal-Naquet: Athen und Atlantis. Struktur und Bedeutung eines platonischen Mythos. In: Pierre Vidal-Naquet: Der schwarze Jäger. Denkformen und Gesellschaftsformen in der griechischen Antike. Lang, Frankfurt 1989, ISBN 3-593-33965-X, S. 219.
  37. Kenneth L. Feder: Encyclopedia of Dubious Archaeology. From Atlantis to the Walam Olum. ABC Clio, Santa Barbara, CA 2010, S. 89.
  38. Ignatius Donnelly: Atlantis – The antediluvian World. Harper & Brothers, New York 1882. (sacred-texts.com abgerufen am 15. März 2014); auch zum Folgenden Richard Ellis: Imagining Atlantis. Knopf, New York 1998, S. 38–44.
  39. Isaac Lubelsky: Mythological and Real Race Issues in Theosophy. In: Olav Hammer, Mikael Rothstein (Hrsg.): Handbook of the Theosophical Current. Brill, Leiden 2013, S. 340.
  40. Jean Pfaelzer: The Utopian Novel in America, 1886–1896. The Politics of Form. University of Pittsburgh Press, Pittsburgh, PA 1984, S. 122.
  41. Isaac Lubelsky: Mythological and Real Race Issues in Theosophy. In: Olav Hammer, Mikael Rothstein (Hrsg.): Handbook of the Theosophical Current. Brill, Leiden 2013, S. 340.
  42. Franz Wegener: Das atlantidische Weltbild. Nationalsozialismus und Neue Rechte auf der Suche nach der versunkenen Atlantis. Kulturförderverein Ruhrgebiet KFVR, Gladbeck 2003, 3. stark erw. Auflage 2014. Reihe: Politische Religion des Nationalsozialismus, Abt. 1_ Das Wasser. ISBN 1-4936-6866-8 Zusammenfassung nach Wegener: Das atlantidische Weltbild. (Memento vom 30. April 2009 im Internet Archive).
  43. Karl Georg Zschaetsch: Atlantis, die Urheimat der Arier. Arier-Verlag, Berlin 1934.
  44. Herman Wirth: Der Aufgang der Menschheit. Untersuchungen zur Geschichte der Religion, Symbolik und Schrift der atlantisch-nordischen Rasse. E. Diederichs, Jena 1928.
  45. Heinrich Pudor: Völker aus Gottes Athem. Atlantis-Helgoland, das arisch-germanische Rassenhochzucht- und Kolonisations-Mutterland. Leipzig 1936.
  46. Miguel Serrano: Adolf Hitler – Der letzte Avatar. 1984 – Alfabeta Impresores, Santiago/Chile 2004.
  47. Jürgen Spanuth: … und doch: Atlantis enträtselt! – Eine Entgegnung von Jürgen Spanuth. Osnabrück (Otto Zeller Verlag) 1957 und 1980.