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„Hokuspokus“ – Versionsunterschied

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'''Hokuspokus''' (''pseudolateinische Neuschöpfung des 17. Jahrhunderts'') ist ein [[Zauberspruch]]. Dieser Zauberspruch ist wahrscheinlich auf die in lateinischer Sprache gehaltenen [[Gottesdienst]]e in der katholischen Kirche (vermutlich im Mittelalter) zurückzuführen. Der Priester sprach während der sogenannten [[Konsekration|Wandlung]] die lateinischen Worte ''Hoc est enim corpus meum'' d.h. "Dies ist mein Leib." Gemeint ist der Leib von [[Jesus Christus]]. Meistens sagte der Priester aber nur ''Hoc est corpus meum''. Das Volk in der Kirche, das natürlich kein [[Latein]] verstand, hörte nur so etwas wie ''Hokuspokus''. Da etwas verwandelt wurde – das Brot bzw. eine [[Hostie]] in den Leib Jesu Christi – war der Zauberspruch geschaffen. Andere Quellen sprechen von einer absichtlichen Verballhornung der katholischen Zeremonie durch Teile der reformierten Kirchen, die bestrebt waren das Latein in den Gottesdiensten durch die regionale Sprache abzulösen.
'''Hokuspokus''', auch '''hocus pocus fidibus''' ist ein [[Zauberspruch]], dessen [[latein]]isch klingende Worte keine konkrete Bedeutung haben. Der Ausdruck ist seit dem 17. Jahrhundert belegt.


== Die ältesten Belege und das Buch ''Hocus pocus iunior'' ==
Im übertragenen Sinne versteht man unter "Hokuspokus" auch ein großes [[Getue]] um nicht erkennbare Taten.
Seit dem 17. Jahrhundert (erstmals 1624) ist die Zauberformel (zunächst in England) als „hocas pocas“ und „hocus pocus“ belegt. Sie bezeichnet zunächst die Person des Taschenspielers, aber auch die Taschenspielertricks.<ref>"hocus-pocus, n., adj., and adv.". OED Online. Juni 2022. Oxford University Press (abgerufen am 3. Juli 2022).</ref> Nicht nur im Englischen gab es neben der Schreibung Hocus Pocus andere Varianten: Im Deutschen ist beispielsweise auch die Form „Okes Bockes“ belegt.<ref>„hokuspokus, m. n.“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=H11456, abgerufen am 3. Juli 2022.</ref>
In der Zeit des Königs Jakob soll sich ein Zauberer „The Kings Majesties most excellent Hocus Pocus“ genannt und den Zauberspruch „Hocus pocus, tontus talontus, vade celeriter jubeo.“ verwendet haben. So heißt es bei Thomas Ady in ''A Candle in the Dark'' (1655, Exemplar in der Bayerischen Staatsbibliothek München): „I will speak of one man […] that went about in King James his time […] who called himself, The Kings Majesties most excellent Hocus Pocus, and so was he called, because that at the playing of every Trick, he used to say, Hocus pocus, tontus talontus, vade celeriter jubeo, a dark composure of words, to blinde the eyes of the beholders, to make his Trick pass the more currantly without discovery, because when the eye and the ear of the beholder are both earnestly busied, the Trick is not so easily discovered, nor the Imposture discerned.“


1634 erschien in London das Buch ''Hocus Pocus Iunior. The anatomie of Legerdemain.''<ref name ="oben_ohne" /> Es ist das erste illustrierte Buch, das sich ausschließlich mit Zaubertricks befasst, und war so erfolgreich, dass es zahlreiche Auflagen und Überarbeitungen erlebte.<ref>Raymond Toole-Stott: Circus and Allied Arts. A World Bibliography. 1500-1962. Vol. 3. Derby: Harpur & Sons 1962. Appendix C: Hocus Pocus Books. S. 298–333</ref> Durch seine Verbreitung trug es vermutlich auch zur Vereinheitlichung der Schreibung ''Hocus Pocus'' mit -us bei.
==Siehe auch:==
*[[Zauberspruch]], [[Abrakadabra]], [[Simsalabim]]
*[[Hokuspokus (Curt Goetz)|Hokuspokus]], Theaterstück von [[Curt Goetz]]
*[[Hokuspokus (1953)]], Verfilmung des Stückes, Regie: [[Kurt Hoffmann]], Drehbuch: [[Curt Goetz]], mit [[Valérie von Martens]] und Curt Goetz,
*[[Hokuspokus oder: Wie lasse ich meinen Mann verschwinden...?]], Verfilmung des Stückes 1966, Regie: Kurt Hoffmann, mit [[Heinz Rühmann]] und [[Liselotte Pulver]]
*[[Hokuspokus (1930)]] (''Der Prozeß Kitty Kellermann''), Regie: [[Gustav Ucicky]], mit [[Lilian Harvey]], [[Willy Fritsch]] und [[Gustaf Gründgens]]
*[[Hokuspokus mit Alexander]] Spielfilm UdSSR, 1980, Regie: [[Aida Manassarowa]]
*[[Hokuspokus (Dashiell Hammett)]], Krimi


Dieses Buch wurde 1667 von Elias Piluland ins Deutsche übersetzt, unter dem Titel ''Hocus Pocus oder Taschen-Spieler, darin die Kunst auß der Taschen zu spielen gar deutlich beschrieben wird; auch mit schönen Figuren erklärt, daß ein Unwissender hierauß nach weniger Übung dieselbe Kunst völlig erlernen könne.''<ref>Jonas Richter (5. Juli 2022). Elias Piluland, Hocus Pocus und das zeitkürzende Spielhaus. GeSpiele. Abgerufen am 20. November 2024 von https://doi.org/10.58079/p143</ref>
[[Kategorie:Zauberkunst]]
[[Kategorie:Magie]]


== Etymologische Theorien ==
[[da:Hokuspokus]]
Die Abstammung und die Herkunft des Begriffs Hokuspokus sind nicht bekannt. Es gibt jedoch mehrere Theorien dazu.
[[sv:Hokus Pokus Filiokus]]

=== Hoc est (enim) corpus meum ===

Eine Theorie sieht einen Zusammenhang mit der [[Heilige Messe|heiligen Messe]] in der katholischen Kirche. Der [[Priester (Christentum)|Priester]] spricht dabei während der [[Konsekration#Konsekration von Brot und Wein|Wandlung]] im Rahmen des [[Einsetzungsworte|Einsetzungsberichtes]] die Worte: ''Hoc est enim corpus meum'', „Das ist mein Leib“. Gemeint ist der [[Leib Christi]]. Menschen, die kein Latein verstanden, hörten unter Umständen nur so etwas wie ''Hokuspokus''.<ref name="oben_ohne">[[Karlheinz Deschner]]: ''Ist Kirchenbeschimpfung überhaupt möglich?'', abgedruckt in ''Oben ohne'', Rowohlt Verlag 1997, ISBN 3-499-60705-0.</ref>

Erstmals erwähnt wird diese Hypothese 1684 mit einer antikatholischen Stoßrichtung, um die katholische Liturgie in Zusammenhang mit Zaubertricks zu bringen. In einer Streitschrift [[Liste der Erzbischöfe von Canterbury#Nachreformatorische Erzbischöfe|John Tillotsons]], des [[Erzbischof von Canterbury|Erzbischofs von Canterbury]], gegen die [[Transsubstantiation]] heißt es: „And in all probability those common juggling words of hocus pocus are nothing else but a corruption of ''hoc est corpus'', by way of ridiculous imitation of the priests of the Church of Rome in their trick of transsubstantiation.“<ref>John Tillotson: A discourse against transubstantiation. London 1684, S. 34. [https://archive.org/details/discourseagainst00tilluoft/page/34/mode/2up Digitalisat bei archive.org]</ref>

=== Hax, pax, max, deus adimax ===
Das etymologische Wörterbuch von Wolfgang Pfeifer<ref>[[Wolfgang Pfeifer (Etymologe)|Wolfgang Pfeifer]]: ''Etymologisches Wörterbuch des Deutschen.'' [[dtv Verlagsgesellschaft]], [[München]] 1998, ISBN 978-3-423-32511-0.</ref> beschreibt gemäß dem [[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache|Werk von Friedrich Kluge]]<ref>[[Friedrich Kluge]], [[Alfred Götze (Philologe)|Alfred Götze]]: ''[[Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache]].'' 20. Auflage. Hrsg. von [[Walther Mitzka]]. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 314.</ref> einen vermutlichen Zusammenhang mit einer anderen Zauberformel, die möglicherweise seit dem 14. Jahrhundert genutzt wurde und für 1563 belegt ist: „Hax, pax, max, deus adimax.“<ref>{{Literatur|Autor=Johannes Wier |Titel= De Praestigiis Daemonvm, Et Incantationibus, ac ueneficijs |Ort= Basel |Jahr=1563 |Seiten=360 |Online=[https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb10188275?page=360,361 Volltext]}}</ref>

== Trivia ==
* Das pseudolateinische „hocus“ im Englischen ist wahrscheinlich auch der Ursprung des Wortes „hoax“ (Ulk, Schabernack oder Scherz), das ab dem Ende des 18. Jahrhunderts belegt ist.<ref>https://www.etymonline.com/word/hoax#etymonline_v_12055</ref>
* Auf Deutsch erschien (unter anderem) etwa 1675 die Schrift ''Machiavellischer Hocus Pocus Oder Statistisches Taschen-Gauckel- und Narren-Spiel von dem Jean-Potagischen Tausend-Künstler, Mons. Courtisan.''
* [[Johann Wolfgang von Goethe]] nutzte den Begriff Hockuspockus für einen Ritus, nämlich eine Kerzenweihe in der [[Sixtinische Kapelle|Sixtinischen Kapelle]].<ref name ="oben_ohne" />

{{Belege fehlen|stammen die Angaben aus den bei Kluge angegebenen Quellen?}}

* Der vor allem in Schweden und Dänemark gebrauchte Ausdruck „hocus pocus filiocus“ bezieht sich nicht auf den Sohn (lat. ''filius'') Gottes, sondern den Sohn des Taschenspielers.

== Siehe auch ==
* [[Brimborium]]

== Weblinks ==
{{Wiktionary}}

== Einzelnachweise ==
<references />

[[Kategorie:Zauberformel]]

Aktuelle Version vom 20. November 2024, 16:28 Uhr

Hokuspokus, auch hocus pocus fidibus ist ein Zauberspruch, dessen lateinisch klingende Worte keine konkrete Bedeutung haben. Der Ausdruck ist seit dem 17. Jahrhundert belegt.

Die ältesten Belege und das Buch Hocus pocus iunior

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Seit dem 17. Jahrhundert (erstmals 1624) ist die Zauberformel (zunächst in England) als „hocas pocas“ und „hocus pocus“ belegt. Sie bezeichnet zunächst die Person des Taschenspielers, aber auch die Taschenspielertricks.[1] Nicht nur im Englischen gab es neben der Schreibung Hocus Pocus andere Varianten: Im Deutschen ist beispielsweise auch die Form „Okes Bockes“ belegt.[2] In der Zeit des Königs Jakob soll sich ein Zauberer „The Kings Majesties most excellent Hocus Pocus“ genannt und den Zauberspruch „Hocus pocus, tontus talontus, vade celeriter jubeo.“ verwendet haben. So heißt es bei Thomas Ady in A Candle in the Dark (1655, Exemplar in der Bayerischen Staatsbibliothek München): „I will speak of one man […] that went about in King James his time […] who called himself, The Kings Majesties most excellent Hocus Pocus, and so was he called, because that at the playing of every Trick, he used to say, Hocus pocus, tontus talontus, vade celeriter jubeo, a dark composure of words, to blinde the eyes of the beholders, to make his Trick pass the more currantly without discovery, because when the eye and the ear of the beholder are both earnestly busied, the Trick is not so easily discovered, nor the Imposture discerned.“

1634 erschien in London das Buch Hocus Pocus Iunior. The anatomie of Legerdemain.[3] Es ist das erste illustrierte Buch, das sich ausschließlich mit Zaubertricks befasst, und war so erfolgreich, dass es zahlreiche Auflagen und Überarbeitungen erlebte.[4] Durch seine Verbreitung trug es vermutlich auch zur Vereinheitlichung der Schreibung Hocus Pocus mit -us bei.

Dieses Buch wurde 1667 von Elias Piluland ins Deutsche übersetzt, unter dem Titel Hocus Pocus oder Taschen-Spieler, darin die Kunst auß der Taschen zu spielen gar deutlich beschrieben wird; auch mit schönen Figuren erklärt, daß ein Unwissender hierauß nach weniger Übung dieselbe Kunst völlig erlernen könne.[5]

Etymologische Theorien

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Die Abstammung und die Herkunft des Begriffs Hokuspokus sind nicht bekannt. Es gibt jedoch mehrere Theorien dazu.

Hoc est (enim) corpus meum

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Eine Theorie sieht einen Zusammenhang mit der heiligen Messe in der katholischen Kirche. Der Priester spricht dabei während der Wandlung im Rahmen des Einsetzungsberichtes die Worte: Hoc est enim corpus meum, „Das ist mein Leib“. Gemeint ist der Leib Christi. Menschen, die kein Latein verstanden, hörten unter Umständen nur so etwas wie Hokuspokus.[3]

Erstmals erwähnt wird diese Hypothese 1684 mit einer antikatholischen Stoßrichtung, um die katholische Liturgie in Zusammenhang mit Zaubertricks zu bringen. In einer Streitschrift John Tillotsons, des Erzbischofs von Canterbury, gegen die Transsubstantiation heißt es: „And in all probability those common juggling words of hocus pocus are nothing else but a corruption of hoc est corpus, by way of ridiculous imitation of the priests of the Church of Rome in their trick of transsubstantiation.“[6]

Hax, pax, max, deus adimax

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Das etymologische Wörterbuch von Wolfgang Pfeifer[7] beschreibt gemäß dem Werk von Friedrich Kluge[8] einen vermutlichen Zusammenhang mit einer anderen Zauberformel, die möglicherweise seit dem 14. Jahrhundert genutzt wurde und für 1563 belegt ist: „Hax, pax, max, deus adimax.“[9]

  • Das pseudolateinische „hocus“ im Englischen ist wahrscheinlich auch der Ursprung des Wortes „hoax“ (Ulk, Schabernack oder Scherz), das ab dem Ende des 18. Jahrhunderts belegt ist.[10]
  • Auf Deutsch erschien (unter anderem) etwa 1675 die Schrift Machiavellischer Hocus Pocus Oder Statistisches Taschen-Gauckel- und Narren-Spiel von dem Jean-Potagischen Tausend-Künstler, Mons. Courtisan.
  • Johann Wolfgang von Goethe nutzte den Begriff Hockuspockus für einen Ritus, nämlich eine Kerzenweihe in der Sixtinischen Kapelle.[3]
  • Der vor allem in Schweden und Dänemark gebrauchte Ausdruck „hocus pocus filiocus“ bezieht sich nicht auf den Sohn (lat. filius) Gottes, sondern den Sohn des Taschenspielers.
Wiktionary: Hokuspokus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. "hocus-pocus, n., adj., and adv.". OED Online. Juni 2022. Oxford University Press (abgerufen am 3. Juli 2022).
  2. „hokuspokus, m. n.“, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, digitalisierte Fassung im Wörterbuchnetz des Trier Center for Digital Humanities, Version 01/21, https://www.woerterbuchnetz.de/DWB?lemid=H11456, abgerufen am 3. Juli 2022.
  3. a b c Karlheinz Deschner: Ist Kirchenbeschimpfung überhaupt möglich?, abgedruckt in Oben ohne, Rowohlt Verlag 1997, ISBN 3-499-60705-0.
  4. Raymond Toole-Stott: Circus and Allied Arts. A World Bibliography. 1500-1962. Vol. 3. Derby: Harpur & Sons 1962. Appendix C: Hocus Pocus Books. S. 298–333
  5. Jonas Richter (5. Juli 2022). Elias Piluland, Hocus Pocus und das zeitkürzende Spielhaus. GeSpiele. Abgerufen am 20. November 2024 von https://doi.org/10.58079/p143
  6. John Tillotson: A discourse against transubstantiation. London 1684, S. 34. Digitalisat bei archive.org
  7. Wolfgang Pfeifer: Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. dtv Verlagsgesellschaft, München 1998, ISBN 978-3-423-32511-0.
  8. Friedrich Kluge, Alfred Götze: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 20. Auflage. Hrsg. von Walther Mitzka. De Gruyter, Berlin / New York 1967; Neudruck („21. unveränderte Auflage“) ebenda 1975, ISBN 3-11-005709-3, S. 314.
  9. Johannes Wier: De Praestigiis Daemonvm, Et Incantationibus, ac ueneficijs. Basel 1563, S. 360 (Volltext).
  10. https://www.etymonline.com/word/hoax#etymonline_v_12055