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„Abermals krähte der Hahn“ – Versionsunterschied

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Kritik: Der Satz gibt in dem Zusammenhang keinerlei Sinn - was hat ein Spezialist für Assyrologie und frühbiblische Geschichte mit Hexenverbrennungen zu tun?
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'''Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte''' ist ein kirchengeschichtliches Werk des Autors [[Karlheinz Deschner]].
'''Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte''' ist ein kirchengeschichtliches Werk des Autors [[Karlheinz Deschner]].


==Das Werk==
== Titel ==
[[Datei:Cuisine.medieval.jpg|mini|Mittelalterliche Darstellung der Verleugnung des Petrus]]
Das [[1962]] erschienene Werk, das sich kritisch mit dem [[Christentum]] auseinandersetzt, ist nach Darstellung des Autors "von einem Laien für Laien geschrieben". Den inhaltlichen Schwerpunkt bildet die Darstellung der Entwicklung der antiken Kirche. Diese wird ergänzt durch kritische Betrachtungen zur Rolle vor allem der katholischen Kirche im [[Mittelalter]] und in der [[Neuzeit]]. Das Werk ist in vier Bücher unterteilt. Ein ausführlicher Anmerkungsteil ist beigefügt. Hier werden die Quellen zu mehr als 4000 Textstellen im Buch benannt, die Liste der benutzten Sekundärliteratur umfasst mehr als 700 Titel.
Der Titel des Buchs geht auf eine Stelle aus dem [[Evangelium nach Markus|Markusevangelium]] zurück, in der Jesus zu [[Simon Petrus|Petrus]] sagt: „Wahrlich, ich sage dir: Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ ({{B|Mk|14|30}})


Weiter heißt es dann im griechischen Originaltext: {{lang|grc|Καὶ εὐθὺς ἐκ δευτέρου ἀλέκτωρ ἐφώνησεν.}} – Kai euthys ek deuterou alektōr ephonēsen. – „Und abermals krähte der Hahn.“ ({{B|Mk|14|72}})
*''Erstes Buch, Die [[Evangelium|Evangelien]] und ihr Umkreis: ''
Die Geschichtlichkeit [[Jesus von Nazaret|Jesu]] wird untersucht, ebenso die Frage nach der Entstehungsgeschichte der
Evangelien. Hierzu werden verschiedene historische Quellen herangezogen, die die zahlreichen
frühgeschichtlichen "Umdeutungen" der biblischen Texte belegen sollen. Es werden vergleichende
Betrachtungen zu [[Buddha]], [[Asklepios]] u.a. angestellt.


== Inhalt ==
*''Zweites Buch, [[Apostel Paulus|Paulus]]:''
Das 1962 erschienene Werk, das sich kritisch mit dem [[Christentum]] auseinandersetzt, ist nach Darstellung des Autors „von einem Laien für Laien geschrieben“. Den inhaltlichen Schwerpunkt bildet die Darstellung der Entwicklung der antiken Kirche. Diese wird ergänzt durch kritische Betrachtungen zur Rolle vor allem der katholischen Kirche im [[Mittelalter]] und in der [[Neuzeit]]. Das Werk ist in vier Bücher unterteilt. Ein ausführlicher Anmerkungsteil ist beigefügt. Hier werden die Quellen zu mehr als 4000 Textstellen im Buch benannt, die Liste der benutzten Sekundärliteratur umfasst mehr als 700 Titel.
In diesem Buch geht der Autor den Polarisationen in der christlichen Urgemeinde, sowie dem tatsächlichen und dem vermeintlichen Wirken des Paulus nach. Zur Rolle der Frau und zu den Anfängen des [[Zölibat]]es gibt es in diesem Abschnitt eigene Kapitel.


=== Erstes Buch: Die Evangelien und ihr Umkreis ===
*''Drittes Buch, Der Frühkatholizismus:''
Nach Deschner steht hinter den Berichten der Evangelien die historische Person Jesus als eine charismatische, im Einklang mit seiner Lehre stehende Persönlichkeit, die sich aber weder selbst als [[Gottessohn]] sah noch von den Jüngern (zumindest vor der Kreuzigung) als Gottessohn gesehen wurde. Dieser historische Jesus war fälschlicherweise vom kurz bevorstehenden Ende der Welt und dem Beginn des „Reichs Gottes“ überzeugt. Seine Lehre sei keinesfalls neu und originell, sondern setzte sich aus Übernahmen aus dem [[Judentum]] bzw. der [[Jüdische Religion|Jüdischen Religion]], aus verschiedenen anderen antiken Religionen und Kulten (z. B. verschiedene [[Mysterienkult]]e, wie den Asklepios-, Herakles-, [[Dionysoskult|Dionysos-]], Herakles-Kult) und dem [[Buddhismus]] sowie [[Zoroastrismus]] zusammen. Die Evangelien verändern nach Deschner dieses Bild von Jesus kontinuierlich und ergänzen es mit einer Vielzahl von Legenden und Mythen, die auch wieder aus verschiedenen älteren [[Religion]]en und [[Mythos|Mythen]] stammen, also auch ursprünglich nicht auf den historischen Jesus verweisen. Dabei „vergotten“ sie Jesus in immer stärkerer Weise, angefangen vom frühen Markusevangelium über die später entstandenen Evangelien nach Lukas und Matthäus bis zum Johannesevangelium: Alle [[Weihnachtsgeschichte|Geburts-]], Wunder- und Auferstehungsgeschichten in den Evangelien sind nach Deschner spätere Erfindungen, die aus einer historischen Person einen Gott machen.
Vom Autor werden die Gründe für die frühchristliche Expansion untersucht, sowie die Einrichtung erster christlicher Ämter und die Anfänge des [[Papst]]tums. Der Entstehung des Heiligenkultes aus der [[Märtyrer]]-Verehrung im 3. Jahrhundert wird in diesem Abschnitt ebenso nachgegangen wie dem [[Marienkult]].


Einleitend weist Deschner darauf hin, dass kirchliche Kräfte über die Jahrhunderte ein Interesse daran gehabt hätten, dass die Laien vom Originaltext der Bibel ferngehalten würden und führt zwei Belege an.
*''Viertes Buch, Die siegende Kirche''
In diesem Buch wird die Auseinandersetzung der katholischen Kirche mit Juden, Heiden und [[Ketzer]]n anhand zahlreicher historischer Belege dargestellt. Der Stellung der katholischen Kirche zum Krieg ist ein eigenes Kapitel gewidmet.


Die Synode von Toulouse bestimmte im Jahr 1229:
Deschners Werk ''Abermals krähte der Hahn'' gilt einerseits als ein Standardwerk der [[Kirchenkritik]], ist andererseits aber auch heftig umstritten. Es greift auf ein umfängliches Studium älterer und zur Abfassungszeit aktueller Literatur zurück und kann auch von interessierten Laien gelesen werden. Darüber hinaus empfiehlt der Autor seinen Lesern ausdrücklich: ''..die Lektüre katholischer Werke, vorausgesetzt eben, dass man sie wenigstens mit einigen Werken ihrer Gegner vergleicht.''
{{Zitat|Die Laien dürfen die Bücher des Alten und Neuen Testaments nicht besitzen.}}
In einem kirchlichen Gutachten unter Papst [[Julius III.]] (1550–1555) heißt es:
{{Zitat|Endlich ist unter allen Ratschlägen, die wir zur Zeit geben können, der wichtigste, mit allen Kräften dahin zu streben, daß niemand auch das geringste aus dem Evangelium vorzüglich in der Volkssprache zu lesen erlaubt ist und werde.}}


== Kritik ==
=== Zweites Buch: Paulus ===
In diesem Buch geht der Autor den Polarisationen in der christlichen Urgemeinde sowie dem tatsächlichen und dem vermeintlichen Wirken des [[Paulus von Tarsus|Paulus]] nach. Das Urchristentum war danach beherrscht von dem Konflikt zwischen Anhängern, die sich weiter als [[Judenchristen|Juden]] sahen und die mosaischen Gesetze achteten, und hellenistisch geprägten Christen, die die jüdischen Gesetze (insbesondere die [[Zirkumzision|Beschneidung]]) ablehnten. Paulus als Verfechter der hellenischen Seite stand dabei im scharfen Gegensatz zu Petrus und der traditionellen [[Jerusalemer Urgemeinde]]. Nach Deschner ist die Geschichte des Christentums also von Anfang an gezeichnet von Machtkämpfen, Intoleranz und Spaltungen.
"Abermals krähte der Hahn" wurde seit seinem Erscheinen sehr kontrovers diskutiert. Kritisch wird unter anderem eingewandt:


Paulus sei an der Persönlichkeit und der Lehre des historischen Jesus gar nicht interessiert gewesen. Stattdessen habe er das Christentum maßgeblich durch seine eigene Theologie geprägt, die durch die Übernahme von Elementen der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] aus dem [[Galiläa|galiläischen]] Wanderprediger einen Gottessohn schuf, der für die Sünden der Menschen am Kreuz gestorben sei. Auch die Lehren von der [[Erbsünde]] und der [[Prädestination]] und die Ablösung des [[Eschatologische Rede Jesu|eschatologischen]] Glaubens an das nahe Weltende zugunsten einer jenseitigen Himmelreichs-Vorstellung gingen auf Paulus zurück und widersprächen der Lehre und den Vorstellungen des [[Historische Jesusforschung|historischen Jesus]].
*Deschners Werk sei in vielen Einzelheiten ungenau und enthalte eine Reihe faktischer Irrtümer, die mit sorgfältiger historischer Arbeit nicht vereinbar seien. Beispiele seien die ohne Belege vorgebrachte Behauptungen, die [[Vulgata]] sei von der Kirche jahrhundertlang abgelehnt worden oder es gebe in der römischen Kirche erst seit dem 14. Jahrhundert eine kirchliche Trauung. Ein extremer Fall sei es, wenn er die Zahl der ermordeten Hexen, die dem [[Heiliger Stuhl|Heiligen Stuhl]] zum Opfer gefallen sei, mit neun Millionen angibt. Die heutige Forschung geht für die gesamte Hexenverfolgung (auch in protestantischen Gebieten) von deutlich unter 100.000 Opfern aus.


Zur Rolle der Frau und zu den Anfängen des [[Zölibat]]es gibt es in diesem Abschnitt eigene Kapitel.
*Die vielen Anmerkungen und Belegstellen täuschten Wissenschaftlichkeit nur vor, da wichtige Aussagen gar nicht belegt seien, die Belegstellen zum Teil wissenschaftlichen Ansprüchen in keiner Weise genügten (dies sei etwa für die Zahl der Hexenverbrennungen der Fall), die zitierten Werke nicht korrekt wiedergäben oder auch die tatsächliche Quelle für eine Aussage verschleierten oder zumindest schwer nachvollziehbar machten.


=== Drittes Buch: Der Frühkatholizismus ===
*Um seine kritische Tendenz zu unterstützen, lasse Deschner teilweise durch seine Formulierungen neutrale oder in sich positive Vorgänge in einem schlechten Licht erscheinen, so wenn er etwa über Hieronymus schreibt: "Der päpstliche Sektretär änderte dabei [bei der Herstellung eines einheitlichen lateinischen Textes] den Wortlaut der Vorlage, die er als Basis für seine 'Berichtigung' der vier Evangelien benutzte, an 3500 Stellen", ohne mit einem Wort zu erwähnen, dass Hieronymus das im Rückgriff auf den griechischen Urtext getan hätte.
Vom Autor werden die Gründe für die frühchristliche Expansion untersucht sowie die Einrichtung erster christlicher Ämter und die Anfänge des [[Papst]]tums. Der Entstehung des Heiligenkultes aus der [[Märtyrer]]-Verehrung im 3. Jahrhundert wird in diesem Abschnitt ebenso nachgegangen wie dem [[Marienkult]].
Wesentliche Elemente des Katholizismus (Papsttum, Taufe, Abendmahl, Mönchstum, Heiligen- und Marienverehrung) gehen nach Deschner nicht auf die Lehre Jesu zurück und stehen im Widerspruch zu ihr. Die Geschichte der Christenverfolgung in den ersten Jahrhunderten sei von der Kirche mythologisiert und heroisiert worden: Das Ausmaß sei in der Realität weit geringer gewesen, es habe lange Zeiten der Duldung durch den römischen Staat ebenso gegeben wie viele Christen, die bei Gefahr schnell dem Glauben absprachen oder flohen. Viele Märtyrer und ihre Geschichten seien sogar nur eine Erfindung der Kirche.


=== Viertes Buch: Die siegende Kirche ===
*Durch seine Methode, einseitig negative Tatbestände zu sammeln und diese zum Teil noch polemisch zu übersteigern, lasse er ein historisch undifferenziertes und falsches Bild der Geschichte des Christentums als Ganzem, wie auch einzelner Perioden und Persönlichkeiten entstehen, das nur noch eine Karrikatur der tatsächlichen historischen Begebenheiten darstelle. Dies sei insbesondere auch deshalb fragwürdig, da er durch seine Formulierungen immer wieder nahelege, dass seine Darstellung einen Gesamteindruck ermögliche. (So wenn er etwa sein Werk in der Einleitung eine "Kirchengeschichte" nennt.)
In diesem Buch wird die Auseinandersetzung der katholischen Kirche mit Juden, [[Heidentum|Heiden]] und [[Ketzer]]n anhand zahlreicher historischer Belege dargestellt. Auch hier beschreibt Deschner [[Kirchengeschichte]] als eine Abfolge von Machtkämpfen, in der sich eine von verschiedenen Glaubensvorstellungen (der Katholizismus) durchgesetzt habe, der dann intolerant und meist mit brutaler Gewalt andere christliche Strömungen (z. B. den [[Arianismus]]) und andere Religionen bekämpft habe.
Der Stellung der katholischen Kirche zum Krieg ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Anhand zahlreicher Quellen wird die Rolle der katholischen und der evangelischen Kirche zur Zeit des italienischen, spanischen und deutschen Faschismus ([[Mussolini]], [[Franco]], [[Hitler]]) beleuchtet. Die Belege sprechen nach Deschner dafür, dass kirchliche Entscheidungsträger in vielen Fällen faschistische Verbrechen geduldet oder sogar unterstützt haben.


== Buchausgaben ==
Verteidiger des Werkes Deschners wenden dagegen ein, dass Deschner keine Falschbehauptungen nachgewiesen werden konnten, da er ja fast ausschließlich die Arbeiten von Theologen für sein Werk herangezogen hätte. So stünde die kirchliche Kritik vor dem [[Dilemma]], das Werk entweder gar nicht zu kritisieren oder letztendlich die eigenen Theologen zu treffen (mit eventuell fatalen Folgen). Negativkritik habe sich damit im Wesentlichen auf Vorwürfe wie "Einseitigkeit", "Unausgewogenheit" u.dgl. beschränkt, bzw. auf einige wenige Details (wie die Zahl der Hexenverbrennungen), die für das Gesamtwerk von nur untergeordneter Bedeutung seien. Aber auch diese Negativkritiken seien selber in die Kritik geraten, denn man gelange schnell zu Fragen wie "Darf ein Wissenschaftler den Gegenstand seiner Forschung frei wählen?" oder "Ist die Wirklichkeit ausgewogen?".
* ''Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte von den Anfängen bis zu Pius XII.'' Verlag H.E. Günther, Stuttgart 1962

* ''Abermals krähte der Hahn. Eine Demaskierung des Christentums von den Evangelisten bis zu den Faschisten''. Rowohlt, Reinbek 1972, ISBN 3-499-16788-3
Positivkritik wurde dahingehend geäußert, dass erstmals ein sich fast ausschließlich auf historische Tatsachen (die in den Theologenkreise natürlich lange bekannt waren) stützendes kirchenkritisches Werk, für den Laien verständlich aufbereitet, geschaffen worden sei.
* ''Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte von den Evangelisten bis zu den Faschisten''. Econ-Verlag, Düsseldorf-Wien 1980, ISBN 3-430-12064-0
* ''Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte''. Econ-Verlag, Düsseldorf-Wien 1986, ISBN 3-430-12059-4
* ''Abermals krähte der Hahn''. Moewig, Rastatt 1987, ISBN 3-8118-3266-2
* ''Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte''. Goldmann, München 1996, ISBN 3-442-72025-7
* ''Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte''. Edition Enfer, Lahnstein 2010, ISBN 978-3-941960-06-0
* ''Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte von den Evangelisten bis zu den Faschisten''. Alibri, Aschaffenburg 2015, ISBN 978-3-86569-188-0


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Kriminalgeschichte des Christentums]] 10[8] Bde.(2005) vom selben Autor.
* [[Kriminalgeschichte des Christentums]], Zehn Bände (begonnen 1986, abgeschlossen 2013) vom selben Autor.


== Literatur ==
== Weblinks ==
* {{internetquelle|url=http://www.deschner.info/de/werk/05/kurzbeschreibung.htm|titel=Kurzbeschreibung: Abermals krähte der Hahn|autor=Karlheinz Deschner|datum=2003-12-23|hrsg=deschner.info|zugriff=2012-03-12}}
*Deschner, Karlheinz: ''Abermals krähte der Hahn; Eine kritische Kirchengeschichte.'' o.O. btb Taschenbücher im Goldmann Verlag, 1996. ISBN 3-442-72025-7


{{SORTIERUNG:Abermals krahte der Hahn}}
== Weblinks==
* [http://www.deschner.info/index.htm?/de/werk/05/kurzbeschreibung.htm Weitere Infos zum Buch auf der Website des Autors]
[[Kategorie:Religionskritische Literatur]]
[[Kategorie:Religionskritische Literatur]]
[[Kategorie:Kirchenhistorisches Werk]]
[[Kategorie:Literatur (Deutsch)]]
[[Kategorie:Literatur (20. Jahrhundert)]]

Aktuelle Version vom 8. November 2023, 12:37 Uhr

Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte ist ein kirchengeschichtliches Werk des Autors Karlheinz Deschner.

Mittelalterliche Darstellung der Verleugnung des Petrus

Der Titel des Buchs geht auf eine Stelle aus dem Markusevangelium zurück, in der Jesus zu Petrus sagt: „Wahrlich, ich sage dir: Heute, in dieser Nacht, ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ (Mk 14,30 EU)

Weiter heißt es dann im griechischen Originaltext: Καὶ εὐθὺς ἐκ δευτέρου ἀλέκτωρ ἐφώνησεν. – Kai euthys ek deuterou alektōr ephonēsen. – „Und abermals krähte der Hahn.“ (Mk 14,72 EU)

Das 1962 erschienene Werk, das sich kritisch mit dem Christentum auseinandersetzt, ist nach Darstellung des Autors „von einem Laien für Laien geschrieben“. Den inhaltlichen Schwerpunkt bildet die Darstellung der Entwicklung der antiken Kirche. Diese wird ergänzt durch kritische Betrachtungen zur Rolle vor allem der katholischen Kirche im Mittelalter und in der Neuzeit. Das Werk ist in vier Bücher unterteilt. Ein ausführlicher Anmerkungsteil ist beigefügt. Hier werden die Quellen zu mehr als 4000 Textstellen im Buch benannt, die Liste der benutzten Sekundärliteratur umfasst mehr als 700 Titel.

Erstes Buch: Die Evangelien und ihr Umkreis

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Nach Deschner steht hinter den Berichten der Evangelien die historische Person Jesus als eine charismatische, im Einklang mit seiner Lehre stehende Persönlichkeit, die sich aber weder selbst als Gottessohn sah noch von den Jüngern (zumindest vor der Kreuzigung) als Gottessohn gesehen wurde. Dieser historische Jesus war fälschlicherweise vom kurz bevorstehenden Ende der Welt und dem Beginn des „Reichs Gottes“ überzeugt. Seine Lehre sei keinesfalls neu und originell, sondern setzte sich aus Übernahmen aus dem Judentum bzw. der Jüdischen Religion, aus verschiedenen anderen antiken Religionen und Kulten (z. B. verschiedene Mysterienkulte, wie den Asklepios-, Herakles-, Dionysos-, Herakles-Kult) und dem Buddhismus sowie Zoroastrismus zusammen. Die Evangelien verändern nach Deschner dieses Bild von Jesus kontinuierlich und ergänzen es mit einer Vielzahl von Legenden und Mythen, die auch wieder aus verschiedenen älteren Religionen und Mythen stammen, also auch ursprünglich nicht auf den historischen Jesus verweisen. Dabei „vergotten“ sie Jesus in immer stärkerer Weise, angefangen vom frühen Markusevangelium über die später entstandenen Evangelien nach Lukas und Matthäus bis zum Johannesevangelium: Alle Geburts-, Wunder- und Auferstehungsgeschichten in den Evangelien sind nach Deschner spätere Erfindungen, die aus einer historischen Person einen Gott machen.

Einleitend weist Deschner darauf hin, dass kirchliche Kräfte über die Jahrhunderte ein Interesse daran gehabt hätten, dass die Laien vom Originaltext der Bibel ferngehalten würden und führt zwei Belege an.

Die Synode von Toulouse bestimmte im Jahr 1229:

„Die Laien dürfen die Bücher des Alten und Neuen Testaments nicht besitzen.“

In einem kirchlichen Gutachten unter Papst Julius III. (1550–1555) heißt es:

„Endlich ist unter allen Ratschlägen, die wir zur Zeit geben können, der wichtigste, mit allen Kräften dahin zu streben, daß niemand auch das geringste aus dem Evangelium vorzüglich in der Volkssprache zu lesen erlaubt ist und werde.“

Zweites Buch: Paulus

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In diesem Buch geht der Autor den Polarisationen in der christlichen Urgemeinde sowie dem tatsächlichen und dem vermeintlichen Wirken des Paulus nach. Das Urchristentum war danach beherrscht von dem Konflikt zwischen Anhängern, die sich weiter als Juden sahen und die mosaischen Gesetze achteten, und hellenistisch geprägten Christen, die die jüdischen Gesetze (insbesondere die Beschneidung) ablehnten. Paulus als Verfechter der hellenischen Seite stand dabei im scharfen Gegensatz zu Petrus und der traditionellen Jerusalemer Urgemeinde. Nach Deschner ist die Geschichte des Christentums also von Anfang an gezeichnet von Machtkämpfen, Intoleranz und Spaltungen.

Paulus sei an der Persönlichkeit und der Lehre des historischen Jesus gar nicht interessiert gewesen. Stattdessen habe er das Christentum maßgeblich durch seine eigene Theologie geprägt, die durch die Übernahme von Elementen der griechischen Mythologie aus dem galiläischen Wanderprediger einen Gottessohn schuf, der für die Sünden der Menschen am Kreuz gestorben sei. Auch die Lehren von der Erbsünde und der Prädestination und die Ablösung des eschatologischen Glaubens an das nahe Weltende zugunsten einer jenseitigen Himmelreichs-Vorstellung gingen auf Paulus zurück und widersprächen der Lehre und den Vorstellungen des historischen Jesus.

Zur Rolle der Frau und zu den Anfängen des Zölibates gibt es in diesem Abschnitt eigene Kapitel.

Drittes Buch: Der Frühkatholizismus

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Vom Autor werden die Gründe für die frühchristliche Expansion untersucht sowie die Einrichtung erster christlicher Ämter und die Anfänge des Papsttums. Der Entstehung des Heiligenkultes aus der Märtyrer-Verehrung im 3. Jahrhundert wird in diesem Abschnitt ebenso nachgegangen wie dem Marienkult. Wesentliche Elemente des Katholizismus (Papsttum, Taufe, Abendmahl, Mönchstum, Heiligen- und Marienverehrung) gehen nach Deschner nicht auf die Lehre Jesu zurück und stehen im Widerspruch zu ihr. Die Geschichte der Christenverfolgung in den ersten Jahrhunderten sei von der Kirche mythologisiert und heroisiert worden: Das Ausmaß sei in der Realität weit geringer gewesen, es habe lange Zeiten der Duldung durch den römischen Staat ebenso gegeben wie viele Christen, die bei Gefahr schnell dem Glauben absprachen oder flohen. Viele Märtyrer und ihre Geschichten seien sogar nur eine Erfindung der Kirche.

Viertes Buch: Die siegende Kirche

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In diesem Buch wird die Auseinandersetzung der katholischen Kirche mit Juden, Heiden und Ketzern anhand zahlreicher historischer Belege dargestellt. Auch hier beschreibt Deschner Kirchengeschichte als eine Abfolge von Machtkämpfen, in der sich eine von verschiedenen Glaubensvorstellungen (der Katholizismus) durchgesetzt habe, der dann intolerant und meist mit brutaler Gewalt andere christliche Strömungen (z. B. den Arianismus) und andere Religionen bekämpft habe. Der Stellung der katholischen Kirche zum Krieg ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Anhand zahlreicher Quellen wird die Rolle der katholischen und der evangelischen Kirche zur Zeit des italienischen, spanischen und deutschen Faschismus (Mussolini, Franco, Hitler) beleuchtet. Die Belege sprechen nach Deschner dafür, dass kirchliche Entscheidungsträger in vielen Fällen faschistische Verbrechen geduldet oder sogar unterstützt haben.

  • Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte von den Anfängen bis zu Pius XII. Verlag H.E. Günther, Stuttgart 1962
  • Abermals krähte der Hahn. Eine Demaskierung des Christentums von den Evangelisten bis zu den Faschisten. Rowohlt, Reinbek 1972, ISBN 3-499-16788-3
  • Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte von den Evangelisten bis zu den Faschisten. Econ-Verlag, Düsseldorf-Wien 1980, ISBN 3-430-12064-0
  • Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte. Econ-Verlag, Düsseldorf-Wien 1986, ISBN 3-430-12059-4
  • Abermals krähte der Hahn. Moewig, Rastatt 1987, ISBN 3-8118-3266-2
  • Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte. Goldmann, München 1996, ISBN 3-442-72025-7
  • Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte. Edition Enfer, Lahnstein 2010, ISBN 978-3-941960-06-0
  • Abermals krähte der Hahn. Eine kritische Kirchengeschichte von den Evangelisten bis zu den Faschisten. Alibri, Aschaffenburg 2015, ISBN 978-3-86569-188-0