„Magensonde“ – Versionsunterschied
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Als '''Magensonde''' bezeichnet man in der Medizin einen Schlauch, der durch Mund oder [[Nasensonde|Nase]] entlang des natürlichen oberen Verdauungsweges, also durch [[Pharynx|Rachen]] und [[Speiseröhre]] zum [[Magen]] vorgeschoben wird. Dadurch unterscheidet sie sich von der [[Perkutane endoskopische Gastrostomie|PEG-Sonde]], die durch die Bauchdecke gelegt wird. In der Tiermedizin wird auch die [[Nasenschlundsonde]] eingesetzt, die durch die Nase bis in die Speiseröhre geschoben wird, bei Pferden auch bis in den Magen. |
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Eine '''Magensonde''' (fachsprachlicher: Nasogastrale Sonde) ist ein Schlauch aus PVC, Silikonkautschuk oder Polyurethan, der durch die Nase bis in den Magen eingeführt wird. |
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Die Magensonde ist eine in der Pflege und Medizin bewährte Behandlungsmaßnahme. |
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Zu therapeutischen Zwecken führte um 1868 nach älteren Vorbildern [[Adolf Kußmaul]] die Magensonde ein. Deren Bedeutung für die Diagnose von Magenerkrankungen erkannte kurze Zeit später [[Wilhelm von Leube|Wilhelm O. Leube]].<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1960, S. 43.</ref> |
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== Arten von Magensonden == |
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Hauptsächlich existieren zwei Arten von Magensonden. |
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*[[nasal]]e Magensonde(Einführung durch die Nase) und die |
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*[[PEG-Sonde]](perkutane-endoskopische Gastrostomie); (operative Einlegung durch die Bauchdecke hindurch direkt in den Magen) |
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Die nasale Gastrosonde ist einfach einzulegen und daher für eher kurzzeitige Anwendungen geeigneter, die PEG-Sonde ist aufwendiger anzulegen (operativer Eingriff) und zu unterhalten (Verbandwechsel). Sie ist nur indiziert, wenn eine Sondenernährung über längere Zeit notwendig ist. Das Einlegen ist an die Voraussetzung gebunden, dass der Patient sich operativen Eingriffen unterziehen kann. |
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==Indikationen== |
== Indikationen == |
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Eine Magensonde ist immer dann indiziert, wenn eine Störung der oralen Nahrungs-, Flüssigkeits- und Medikamentenzufuhr vorliegt, z. B. bei Schluckstörungen oder wegen Verdrahtung zwischen Ober- und Unterkiefer nach einem [[Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie|chirurgischen Eingriff]]. Gelegentlich erfolgt ein Einsatz, um [[Hungerstreik]]ende oder [[Anorexia nervosa|Magersüchtige]] gegen deren Willen [[Künstliche Ernährung|künstlich]] zu ernähren. Eine weitere Indikation ist die Ableitung von Mageninhalt, beispielsweise vor, während oder nach Operationen des Bauchraums, bei [[Darmverschluss]] (Ileus) oder nach [[Peroral|oraler]] Aufnahme von Giften (Alkohol, Tabletten, Verdünner, Säure …). Darüber hinaus kann über eine Magensonde [[Magensaft]] zu diagnostischen Zwecken gewonnen werden.<ref name="Striebel">Hans Walter Striebel: ''Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis''. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2480-8, S. 236.</ref> |
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Magensonden werden aus folgenden Gründen gelegt: |
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Sie kann auch zur Stabilisierung, Darstellung oder Schienung der Speiseröhre bei Operationen eingesetzt werden.<ref>Andreas Hirner, Kuno Weise: ''Chirurgie''. 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2008, ISBN 978-3-13-151322-9, S. 113.</ref> |
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'''zu diagnostischen Zwecken:''' |
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zur Gewinnung von Magensaft, zu diagnostischen Zwecken |
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'''zu Ablaufzwecken''' |
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um dem Magen Magensaft oder Blut zu entziehen und damit den Magen zu entlasten |
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um bei notfallmässigen Operationen vor dem Einleiten der Narkose den Magen zu entleeren |
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zur Stabilisierung von (Operations-)wunden nach Operationen in der Speiseröhre |
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um nach oraler Aufnahme von Giften (Alkohol, Tabletten, Verdünner, Säure...) den Magen zu entleeren |
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'''Zu therapeutischen Zwecken''' |
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zur Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr bei der Unmöglichkeit einer nornalen Passage der oberen Verdauungswege (Mund, Kehlkopf, Speiseröhre) |
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Eine Magensonde ist meist relativ einfach zu legen und eher für kurzzeitige Anwendungen (bis zu zwei Wochen) geeignet. Das Legen und die Pflege (Verbandswechsel) einer Magensonde durch die Bauchwand als [[Perkutane endoskopische Gastrostomie]] (PEG-Sonde) ist hingegen aufwändiger.<ref name="Striebel" /> |
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Eine Magensonde soll nicht eingelegt werden bei: |
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Grossen Verletzungen oder Tumoren im Bereich des Mund- und Rachenraums |
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bei Tumoren und Krampfadern der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) |
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bei Infekten der Nasennebenhöhlen |
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zur Behebung des Zeitmangels zum Essen eingeben |
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Lange liegende Magensonden können mit einer speziellen „Nasenolive“ aus Silikon versehen werden, die per Abdruckverfahren an die Nase des Patienten angepasst wird und im Inneren des Nasenlochs zu liegen kommt. Auf diese Weise kann die Magensonde bei Nichtgebrauch „versenkt“ werden. Durch die weitgehende Unsichtbarkeit kann sich die [[Compliance (Medizin)|Compliance]] beziehungsweise [[Adhärenz]] der Patienten verbessern und damit eventuell auch die Ernährungssituation. |
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==Vorgehen beim Einlegen== |
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Zuerst wird der Patient über die Maßnahme aufgeklärt und sämtliches Material bereitgestellt. Ein wacher Patient wird sitzend, ein Patient mit eingeschränkten [[Schutzreflex]]en seitlich gelagert. |
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Die Magensonde wird nach der Bestimmung der korrekten Länge mit einem leicht anästhesierenden [[Gleitmittel]] versehen durch die Nase in die Speiseröhre und den Magen geschoben. Die Überwindung des [[Kehldeckel]] ist dabei das grösste Hindernis; sie geschieht durch Auslösung eines Schluckaktes und gleichzeitiges Einfügen der Sonde in die Speiseröhre. |
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Die korrekte Lage wird durch das Ansaugen von Magensaft oder durch Einblasen von Luft und der [[Auskultation]]des Magens nach Gluckergeräuschen überprüft. |
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Die Verabreichung von Schmerz- und Beruhigungsmitteln zur Einlegung einer Magensonde ist umstritten. Üblicherweise wird durch die Reizung der Nasenschleimhäute ausreichend Schleim produziert, um die Sonde gleitfähig zu halten. Gegen die Anwendung von Lokalanästhetika spricht auch, dass zumeist die geforderte Zeit bis zum Eintritt der Wirkung nicht eingehalten werden kann. Insbesondere trifft dies zu, wenn die Sondenspitze mit Anästhetikum eingestrichen wird. |
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Eine Magensonde soll bei größeren Verletzungen, [[Knochenbruch|Frakturen]] oder Tumoren im Bereich des Mund- und Rachenraums oder der Speiseröhre nicht eingelegt werden. Auch Krampfadern in der Speiseröhre ([[Ösophagusvarizen]]) oder Verätzungen der Speiseröhre sind Kontraindikatoren. Weitere Ausschlusskriterien für [[Nasensonde|nasale Sonden]] sind [[Sinusitis|Infekte der Nasennebenhöhlen]]<ref name="Aken">Hugo Karel Van Aken, Konrad Reinhart, Tobias Welte, Markus Weigand: ''Intensivmedizin''. Georg Thieme Verlag, 3. Auflage 2014, ISBN 978-3-13-151143-0, S. 159.</ref> und schwere [[Koagulopathie|Gerinnungsstörungen]].<ref>A. Lauber, P. Schmalstieg: ''Pflegerische Interventionen''. Band 3. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 978-3-13-151583-4, S. 476.</ref> |
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== Legen einer Magensonde == |
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⚫ | Durch die Sonde kann normale Nahrung verabreicht werden, sofern sie flüssig genug ist. Im heutigen medizinischen Umfeld wird jedoch nahezu |
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Vor jeder Verabreichung von Flüssigkeit oder Nahrung muss eine Lagekontrolle durchgeführt werden. |
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Nach der Verabreichung wird die Magensonde in der Regel mit 50 bis 100 ml klarem Wasser gespült. |
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=== Grundsätzliches === |
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==Komplikation== |
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Trotz möglicher Komplikationen ist die Anlage einer Magensonde im Allgemeinen unproblematisch. Ernste Komplikationen durch die Anlage sind selten. |
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Eine lange liegende Magensonde kann folgende unerwünschte Reaktionen hervorrufen: |
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Nasenbluten |
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Ulzera oder Dekubitus an den Nasenflügeln |
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Bradykardien oder Herzstillstand infolge der Reizung der Vagusreflexen |
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Dislokation (die Sonde kann ihre Lage verändern) |
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Ulzera am Ösophagus oder an der Magenwand |
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Die Magensonde kann durch die Nase oder durch den Mund gelegt werden, wobei die Platzierung über die Nase bevorzugt wird. Zumeist wird ein Gleitmittel aufgebracht. Der Kopf wird etwas nach vorn geneigt und der wache Patient zum Schlucken aufgefordert. Beim bewusstlosen beziehungsweise [[Sedierung|sedierten]] Patienten kann die Sonde mit den Fingern geführt werden, in schwierigen Situationen können ein [[Laryngoskop]] und eine [[Magill-Zange]] notwendig werden.<ref name="Aken" /><ref name="Striebel" /> |
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Die Lagekontrolle kann über die Durchleitung von etwa 50 ml Luft erfolgen, wenn mit dem Stethoskop gleichzeitig ein typisches Gluckergeräusch im Magenbereich zu hören ist, und sich anschließend die gleiche Menge Luft und etwas Magensaft anziehen lassen. Im Zweifelsfall muss die Lage röntgenologisch überprüft werden.<ref name="Aken" /> Anschließend wird die Sonde spannungsfrei mit einem Pflaster auf dem Nasenrücken gesichert.<ref>Hans Walter Striebel: ''Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis''. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2480-8, S. 238.</ref> |
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=== Verwendete Materialien === |
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Das Einlegen und die Wartung von Magensonden ist in allen Lehrbüchern der Krankenpflege hinreichend beschrieben. |
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Magensonden werden aus unterschiedlichen Materialien hergestellt. Meist handelt es sich um [[Polyvinylchlorid]] (PVC), [[Polyurethan]] oder [[Silikon]]. Die meisten Sonden sind röntgenologisch darstellbar. Sonden aus PVC haben eine Liegedauer von drei Tagen, da die enthaltenen [[Weichmacher]] sich innerhalb weniger Tage aus dem Material lösen und die Sonden starr werden lassen. Polyurethan- und Silikonsonden haben eine Liegedauer von bis zu sechs Wochen. Das weiche Material verliert keine Weichmacher und ist speiseröhren- und schleimhautfreundlich. Silikonsonden haben eine dicke Wandstärke und enges [[Lumen (Biologie)|Lumen]], Magensonden aus Polyurethan eine dünne Wandstärke und weites Lumen.<ref name="Striebel" /> |
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Unterschieden wird auch nach Größe, Länge (100–130 cm) und Anzahl der Lumina (2–3 können verschiedene Orte sondieren). Die gebräuchlichsten Größen sind: [[Charrière (Einheit)|CH]] 6-8 für Neugeborene, CH 8-10 für Kleinkinder, CH 10-12 für Kinder, CH 12-18 für Erwachsene. |
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=== Komplikationen bei der Anlage === |
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Bei der Anlage kann es zu [[Erbrechen]] durch Auslösen des [[Würgreflex]]es oder zu [[Epistaxis|Nasenbluten]] bei Einführung der Sonde durch die Nase kommen. Verletzungen, d. h. Perforation der Nasenschleimhaut, des Rachens, der Bronchien oder der [[Speiseröhre]], sind selten. In Einzelfällen ist es zu einem Durchbruch durch den [[Schädelknochen]] und somit zur intrakraniellen Lage der Magensonde gekommen.<ref>{{Literatur |Hrsg=Peter Lawin |Titel=Praxis der Intensivbehandlung |Auflage=5. |Verlag=Thieme Verlag |Ort=Stuttgart |Datum=1989 |ISBN=3-13-441805-3 |Seiten=10, 19}}</ref> Durch die Auslösung von [[Nervus vagus|vagalen]] Reflexen kann es zu einer [[Bradykardie]] oder in extrem seltenen Fällen zu einem [[Herzstillstand]] kommen. Ebenso kann die Herzfrequenz beim Legen der Magensonde ansteigen, weil das unangenehme Gefühl Stress hervorruft.<ref>A. Lauber, P. Schmalstieg: ''Pflegerische Interventionen''. Band 3. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 978-3-13-151583-4, S. 479.</ref> |
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==Weblinks== |
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*[http://www.kinderklinik-buch.de/Pflegedienst/Pflegestandards/Magensonde.html Kinderklinik] |
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*[http://www.pflegeteam-dismer.de/magenso2.htm pflegeteam] |
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*[http://homepages.compuserve.de/GregorvonBorstel/images/Magensonde.jpg Abbildung] |
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* http://www.intensivkinder.de Intensivpflegebedürftige Kinder zuhause betreuen - Selbsthilfegruppe |
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*[http://www.sondenkinder.de Sondenkinder: Selbsthilfegruppe von und für Eltern von Kindern mit Sonde] |
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=== Komplikationen === |
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Die Sonde kann herausrutschen (Dislokation), wenn (beispielsweise beim Umlagern des Patienten) versehentlich daran gezogen wird. Das kann auch bei Husten oder Erbrechen passieren. Bleibt dabei die Fixierung der Sonde an Nase oder Mund unbeschädigt, hat sich die Magensonde eventuell im Rachen aufgewickelt oder in die Luftröhre verschoben. Wenn dies nicht bemerkt und die Lage der Sonde vor Nahrungs- oder Flüssigkeitsverabreichung nicht kontrolliert wird, gelangt verabreichte Sondenkost nicht in den Magen, sondern in den Rachenraum oder in die Luftröhre, mit entsprechend lebensgefährlichen Folgen. |
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Eine ([[Aspiration (Medizin)|Aspiration]]) kann auftreten, wenn der Patient die verabreichte Nahrung oder anderen Mageninhalt unbemerkt [[Regurgitation (Verdauungstrakt)|regurgitiert]] und nicht über ausreichende Schutzreflexe (Schluck-, Würge-, Hustenreflex) verfügt. Dies kann eine [[Pneumonie]] hervorrufen. |
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Durch die liegende Magensonde werden Infekte der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) begünstigt. Bei längerer Liegedauer kann es zu Druckstellen ([[Ulcus|Ulzera]]) oder [[Dekubitus]] an Naseneingang, Nasenschleimhaut, Rachen, Speiseröhre und Magen kommen. |
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[[en:Feeding tube]] |
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⚫ | Durch die Sonde kann normale Nahrung verabreicht werden, sofern sie dazu flüssig genug ist. Im heutigen medizinischen Umfeld wird jedoch nahezu ausschließlich industriell gefertigte Flüssignahrung ([[Sondennahrung]]) verwendet. Es ist nahezu jede diätetische Zusammensetzung auf der Angebotsliste der entsprechenden Hersteller zu finden. |
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Vor jeder Verabreichung von Flüssigkeit oder Nahrung muss eine Lagekontrolle durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Sonde nicht in die [[Luftröhre]] gerutscht ist. Die Sondenlage ist zudem einmal pro Schicht zu prüfen. Nach der Verabreichung wird die Magensonde in der Regel mit 50 bis 100 ml klarem Wasser gespült. Bei liegender Magensonde ist mindestens einmal täglich eine ausgiebige Nasenpflege durchzuführen.<ref>A. Lauber, P. Schmalstieg: ''Pflegerische Interventionen''. Band 3. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 978-3-13-151583-4, S. 476.</ref> |
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Dient die Magensonde zur Sekretableitung, so muss der Auffangbeutel täglich bzw. nach Bedarf gewechselt bzw. geleert werden. Dabei wird das Volumen gemessen und protokolliert. Der Auffangbeutel muss unterhalb des Magenniveaus so fixiert sein, dass kein Zug an der Sonde entsteht und das Sekret gut ablaufen kann.<ref>Susanne Schewior-Popp, Renate Fischer: ''Examen Pflege'', Band 2, Georg Thieme Verlag, 2007, ISBN 978-3-13-141511-0, S. 190.</ref> |
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== Längere Magensonden: Duodenal- und Jejunalsonde == |
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Je nach Länge kann die Sonde im Magen (gastral), im [[Duodenum|Zwölffingerdarm]] (duodenal), oder im [[Jejunum|Leerdarm]] (jejunal) enden. |
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Bei doppelläufigen Sonden enden die Lumina meist an unterschiedlichen Stellen, sodass sie in zwei verschiedenen Abschnitten zu liegen kommen (z. B. eine Öffnung im Magen, die andere im Zwölffingerdarm).<ref name="Striebel230">Hans Walter Striebel: ''Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis''. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2480-8, S. 239.</ref> |
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Eine Jejunalsonde kann beispielsweise mithilfe eines Endoskops oder elektromagnetischer Positionierungssysteme gelegt werden. Die Jejunalsondenlagekontrolle erfolgt durch eine Probe auf Lackmuspapier (pH größer 7), Luftinsufflation oder Röntgen. Bei der Nutzung der Jejunalsonde ist eine langsame kontinuierliche Gabe (in der Regel über eine [[Ernährungspumpe]]) erforderlich, da das Jejunum im Gegensatz zum Magen nicht größere Volumina auf einmal aufnehmen kann.<ref name="Striebel230" /> |
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== Besonderheiten bei der Sondenernährung von Säuglingen und Kleinkindern == |
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Unter [[Sondenabhängigkeit beim Säugling|Sondenabhängigkeit]] bzw. -dependenz versteht man die unbeabsichtigte physische und emotionale Abhängigkeit eines Säuglings oder Kleinkindes von einer ursprünglich als nur vorübergehend geplanten Sondierung bei gleichzeitigem Fehlen einer medizinischen Indikation. Die permanente Ernährung über eine Sonde hat ein Entwicklungsdefizit in der Entwicklung des Kindes zur Folge, weswegen ihre Entfernung oftmals als unabdingbar erscheint.<ref>M. Dunitz-Scheer, A. Huber-Zyringer, P. Kaimbacher, H. Beckenbach, E. Kratky, A. Hauer et al.: ''Sondenentwöhnung''. In: ''Pädiatrie'', 2010, 4+5, S. 7–13.</ref> |
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Bei Säuglingen und Kleinkindern ist zum Übergang auf eine selbständige Nahrungsaufnahme eine [[Sondenentwöhnung]] mit Training der Kau- und Schluckmotorik notwendig. |
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== Einzelnachweise == |
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{{Gesundheitshinweis}} |
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[[Kategorie:Therapeutisches Verfahren in der Intensivmedizin]] |
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[[Kategorie:Invasives Therapieverfahren]] |
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[[Kategorie:Künstliche Ernährung]] |
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[[Kategorie:Tiermedizinisches Instrument]] |
Aktuelle Version vom 2. Mai 2024, 17:27 Uhr
Als Magensonde bezeichnet man in der Medizin einen Schlauch, der durch Mund oder Nase entlang des natürlichen oberen Verdauungsweges, also durch Rachen und Speiseröhre zum Magen vorgeschoben wird. Dadurch unterscheidet sie sich von der PEG-Sonde, die durch die Bauchdecke gelegt wird. In der Tiermedizin wird auch die Nasenschlundsonde eingesetzt, die durch die Nase bis in die Speiseröhre geschoben wird, bei Pferden auch bis in den Magen.
Zu therapeutischen Zwecken führte um 1868 nach älteren Vorbildern Adolf Kußmaul die Magensonde ein. Deren Bedeutung für die Diagnose von Magenerkrankungen erkannte kurze Zeit später Wilhelm O. Leube.[1]
Indikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Magensonde ist immer dann indiziert, wenn eine Störung der oralen Nahrungs-, Flüssigkeits- und Medikamentenzufuhr vorliegt, z. B. bei Schluckstörungen oder wegen Verdrahtung zwischen Ober- und Unterkiefer nach einem chirurgischen Eingriff. Gelegentlich erfolgt ein Einsatz, um Hungerstreikende oder Magersüchtige gegen deren Willen künstlich zu ernähren. Eine weitere Indikation ist die Ableitung von Mageninhalt, beispielsweise vor, während oder nach Operationen des Bauchraums, bei Darmverschluss (Ileus) oder nach oraler Aufnahme von Giften (Alkohol, Tabletten, Verdünner, Säure …). Darüber hinaus kann über eine Magensonde Magensaft zu diagnostischen Zwecken gewonnen werden.[2] Sie kann auch zur Stabilisierung, Darstellung oder Schienung der Speiseröhre bei Operationen eingesetzt werden.[3]
Eine Magensonde ist meist relativ einfach zu legen und eher für kurzzeitige Anwendungen (bis zu zwei Wochen) geeignet. Das Legen und die Pflege (Verbandswechsel) einer Magensonde durch die Bauchwand als Perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG-Sonde) ist hingegen aufwändiger.[2]
Lange liegende Magensonden können mit einer speziellen „Nasenolive“ aus Silikon versehen werden, die per Abdruckverfahren an die Nase des Patienten angepasst wird und im Inneren des Nasenlochs zu liegen kommt. Auf diese Weise kann die Magensonde bei Nichtgebrauch „versenkt“ werden. Durch die weitgehende Unsichtbarkeit kann sich die Compliance beziehungsweise Adhärenz der Patienten verbessern und damit eventuell auch die Ernährungssituation.
Kontraindikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine Magensonde soll bei größeren Verletzungen, Frakturen oder Tumoren im Bereich des Mund- und Rachenraums oder der Speiseröhre nicht eingelegt werden. Auch Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) oder Verätzungen der Speiseröhre sind Kontraindikatoren. Weitere Ausschlusskriterien für nasale Sonden sind Infekte der Nasennebenhöhlen[4] und schwere Gerinnungsstörungen.[5]
Legen einer Magensonde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Grundsätzliches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Trotz möglicher Komplikationen ist die Anlage einer Magensonde im Allgemeinen unproblematisch. Ernste Komplikationen durch die Anlage sind selten.
Die Magensonde kann durch die Nase oder durch den Mund gelegt werden, wobei die Platzierung über die Nase bevorzugt wird. Zumeist wird ein Gleitmittel aufgebracht. Der Kopf wird etwas nach vorn geneigt und der wache Patient zum Schlucken aufgefordert. Beim bewusstlosen beziehungsweise sedierten Patienten kann die Sonde mit den Fingern geführt werden, in schwierigen Situationen können ein Laryngoskop und eine Magill-Zange notwendig werden.[4][2]
Die Lagekontrolle kann über die Durchleitung von etwa 50 ml Luft erfolgen, wenn mit dem Stethoskop gleichzeitig ein typisches Gluckergeräusch im Magenbereich zu hören ist, und sich anschließend die gleiche Menge Luft und etwas Magensaft anziehen lassen. Im Zweifelsfall muss die Lage röntgenologisch überprüft werden.[4] Anschließend wird die Sonde spannungsfrei mit einem Pflaster auf dem Nasenrücken gesichert.[6]
Verwendete Materialien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Magensonden werden aus unterschiedlichen Materialien hergestellt. Meist handelt es sich um Polyvinylchlorid (PVC), Polyurethan oder Silikon. Die meisten Sonden sind röntgenologisch darstellbar. Sonden aus PVC haben eine Liegedauer von drei Tagen, da die enthaltenen Weichmacher sich innerhalb weniger Tage aus dem Material lösen und die Sonden starr werden lassen. Polyurethan- und Silikonsonden haben eine Liegedauer von bis zu sechs Wochen. Das weiche Material verliert keine Weichmacher und ist speiseröhren- und schleimhautfreundlich. Silikonsonden haben eine dicke Wandstärke und enges Lumen, Magensonden aus Polyurethan eine dünne Wandstärke und weites Lumen.[2]
Unterschieden wird auch nach Größe, Länge (100–130 cm) und Anzahl der Lumina (2–3 können verschiedene Orte sondieren). Die gebräuchlichsten Größen sind: CH 6-8 für Neugeborene, CH 8-10 für Kleinkinder, CH 10-12 für Kinder, CH 12-18 für Erwachsene.
Komplikationen bei der Anlage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Anlage kann es zu Erbrechen durch Auslösen des Würgreflexes oder zu Nasenbluten bei Einführung der Sonde durch die Nase kommen. Verletzungen, d. h. Perforation der Nasenschleimhaut, des Rachens, der Bronchien oder der Speiseröhre, sind selten. In Einzelfällen ist es zu einem Durchbruch durch den Schädelknochen und somit zur intrakraniellen Lage der Magensonde gekommen.[7] Durch die Auslösung von vagalen Reflexen kann es zu einer Bradykardie oder in extrem seltenen Fällen zu einem Herzstillstand kommen. Ebenso kann die Herzfrequenz beim Legen der Magensonde ansteigen, weil das unangenehme Gefühl Stress hervorruft.[8]
Komplikationen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Sonde kann herausrutschen (Dislokation), wenn (beispielsweise beim Umlagern des Patienten) versehentlich daran gezogen wird. Das kann auch bei Husten oder Erbrechen passieren. Bleibt dabei die Fixierung der Sonde an Nase oder Mund unbeschädigt, hat sich die Magensonde eventuell im Rachen aufgewickelt oder in die Luftröhre verschoben. Wenn dies nicht bemerkt und die Lage der Sonde vor Nahrungs- oder Flüssigkeitsverabreichung nicht kontrolliert wird, gelangt verabreichte Sondenkost nicht in den Magen, sondern in den Rachenraum oder in die Luftröhre, mit entsprechend lebensgefährlichen Folgen. Eine (Aspiration) kann auftreten, wenn der Patient die verabreichte Nahrung oder anderen Mageninhalt unbemerkt regurgitiert und nicht über ausreichende Schutzreflexe (Schluck-, Würge-, Hustenreflex) verfügt. Dies kann eine Pneumonie hervorrufen.
Durch die liegende Magensonde werden Infekte der Nasennebenhöhlen (Sinusitis) begünstigt. Bei längerer Liegedauer kann es zu Druckstellen (Ulzera) oder Dekubitus an Naseneingang, Nasenschleimhaut, Rachen, Speiseröhre und Magen kommen.
Unterhalt und Wartung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch die Sonde kann normale Nahrung verabreicht werden, sofern sie dazu flüssig genug ist. Im heutigen medizinischen Umfeld wird jedoch nahezu ausschließlich industriell gefertigte Flüssignahrung (Sondennahrung) verwendet. Es ist nahezu jede diätetische Zusammensetzung auf der Angebotsliste der entsprechenden Hersteller zu finden.
Vor jeder Verabreichung von Flüssigkeit oder Nahrung muss eine Lagekontrolle durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die Sonde nicht in die Luftröhre gerutscht ist. Die Sondenlage ist zudem einmal pro Schicht zu prüfen. Nach der Verabreichung wird die Magensonde in der Regel mit 50 bis 100 ml klarem Wasser gespült. Bei liegender Magensonde ist mindestens einmal täglich eine ausgiebige Nasenpflege durchzuführen.[9]
Dient die Magensonde zur Sekretableitung, so muss der Auffangbeutel täglich bzw. nach Bedarf gewechselt bzw. geleert werden. Dabei wird das Volumen gemessen und protokolliert. Der Auffangbeutel muss unterhalb des Magenniveaus so fixiert sein, dass kein Zug an der Sonde entsteht und das Sekret gut ablaufen kann.[10]
Längere Magensonden: Duodenal- und Jejunalsonde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Je nach Länge kann die Sonde im Magen (gastral), im Zwölffingerdarm (duodenal), oder im Leerdarm (jejunal) enden. Bei doppelläufigen Sonden enden die Lumina meist an unterschiedlichen Stellen, sodass sie in zwei verschiedenen Abschnitten zu liegen kommen (z. B. eine Öffnung im Magen, die andere im Zwölffingerdarm).[11]
Eine Jejunalsonde kann beispielsweise mithilfe eines Endoskops oder elektromagnetischer Positionierungssysteme gelegt werden. Die Jejunalsondenlagekontrolle erfolgt durch eine Probe auf Lackmuspapier (pH größer 7), Luftinsufflation oder Röntgen. Bei der Nutzung der Jejunalsonde ist eine langsame kontinuierliche Gabe (in der Regel über eine Ernährungspumpe) erforderlich, da das Jejunum im Gegensatz zum Magen nicht größere Volumina auf einmal aufnehmen kann.[11]
Besonderheiten bei der Sondenernährung von Säuglingen und Kleinkindern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter Sondenabhängigkeit bzw. -dependenz versteht man die unbeabsichtigte physische und emotionale Abhängigkeit eines Säuglings oder Kleinkindes von einer ursprünglich als nur vorübergehend geplanten Sondierung bei gleichzeitigem Fehlen einer medizinischen Indikation. Die permanente Ernährung über eine Sonde hat ein Entwicklungsdefizit in der Entwicklung des Kindes zur Folge, weswegen ihre Entfernung oftmals als unabdingbar erscheint.[12]
Bei Säuglingen und Kleinkindern ist zum Übergang auf eine selbständige Nahrungsaufnahme eine Sondenentwöhnung mit Training der Kau- und Schluckmotorik notwendig.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin / Göttingen / Heidelberg 1960, S. 43.
- ↑ a b c d Hans Walter Striebel: Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2480-8, S. 236.
- ↑ Andreas Hirner, Kuno Weise: Chirurgie. 2. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2008, ISBN 978-3-13-151322-9, S. 113.
- ↑ a b c Hugo Karel Van Aken, Konrad Reinhart, Tobias Welte, Markus Weigand: Intensivmedizin. Georg Thieme Verlag, 3. Auflage 2014, ISBN 978-3-13-151143-0, S. 159.
- ↑ A. Lauber, P. Schmalstieg: Pflegerische Interventionen. Band 3. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 978-3-13-151583-4, S. 476.
- ↑ Hans Walter Striebel: Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2480-8, S. 238.
- ↑ Peter Lawin (Hrsg.): Praxis der Intensivbehandlung. 5. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 1989, ISBN 3-13-441805-3, S. 10, 19.
- ↑ A. Lauber, P. Schmalstieg: Pflegerische Interventionen. Band 3. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 978-3-13-151583-4, S. 479.
- ↑ A. Lauber, P. Schmalstieg: Pflegerische Interventionen. Band 3. 3. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 978-3-13-151583-4, S. 476.
- ↑ Susanne Schewior-Popp, Renate Fischer: Examen Pflege, Band 2, Georg Thieme Verlag, 2007, ISBN 978-3-13-141511-0, S. 190.
- ↑ a b Hans Walter Striebel: Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis. Schattauer Verlag, 2008, ISBN 978-3-7945-2480-8, S. 239.
- ↑ M. Dunitz-Scheer, A. Huber-Zyringer, P. Kaimbacher, H. Beckenbach, E. Kratky, A. Hauer et al.: Sondenentwöhnung. In: Pädiatrie, 2010, 4+5, S. 7–13.