„Genom“ – Versionsunterschied
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JFKCom (Diskussion | Beiträge) →Typische Genomgrößen: diverse Kleinigkeiten |
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[[Datei:Genom bsteinmann.jpg|mini|Der Chromosomensatz eines Mannes als [[Karyogramm]] dargestellt]] |
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Als '''Genom''' oder auch Erbgut wird eine Gesamtheit der [[Vererbung (Biologie)|vererbbaren]] [[Nukleinsäure]] einer mehr oder weniger autonomen Struktur bezeichnet. Diese autonome Struktur kann ein [[Virus]], eine [[Zelle (Biologie)|Zelle]], ein [[Organell]] oder ein [[Lebewesen|Organismus]] sein. |
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[[Datei:Human karyotype with bands and sub-bands.png|mini|Schematisches Karyogramm]] |
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Das '''Genom''', auch '''Erbgut''' (oder ''Erbmasse'') eines [[Lebewesen]]s oder eines [[Viren|Virus]], ist die Gesamtheit der materiellen Träger der [[Vererbung (Biologie)|vererbbaren]] [[Information]]en einer Zelle oder eines Viruspartikels: [[Chromosom]]en, [[Desoxyribonukleinsäure]] (DNS = DNA) oder [[Ribonukleinsäure]] (RNS = RNA) bei RNA-Viren, bei denen RNA anstelle von DNA als Informationsträger dient. Im abstrakten Sinn versteht man darunter auch die Gesamtheit der vererbbaren Informationen (Gene) eines Individuums. |
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Zumeist handelt es sich bei der vererbbaren Nukleinsäure um [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]. |
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Die Bezeichnung ''Genom'' wurde, nach der durch [[Thomas Hunt Morgan]] gelungenen Verknüpfung<ref>Werner Sohn: ''Genom.'' In: [[Werner E. Gerabek]], Bernhard D. Haage, [[Gundolf Keil]], Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' de Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 475 f.; hier: S. 475.</ref> der [[Chromosomentheorie der Vererbung]] mit der durch [[Wilhelm Johannsen (Botaniker)|Wilhelm Johannsen]] aufgestellten Hypothese von Genen als Erbeinheiten, 1920 von [[Hans Winkler (Botaniker)|Hans Winkler]] geprägt. Experimentelle Untersuchungen der Erbgutträger in der Zelle werden seit den 1920er Jahren durchgeführt.<ref>[[Paul Diepgen]], [[Heinz Goerke]]: ''[[Ludwig Aschoff|Aschoff]]/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin.'' 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 63.</ref> Das Teilgebiet der [[Genetik]], das sich mit der Erforschung des Aufbaus von Genomen und der Wechselwirkungen zwischen Genen befasst, wird als ''Genomik'' ({{enS|genomics}}) bezeichnet.<ref>National Human Genome Research Institute: ''[http://www.genome.gov/19016904 FAQ About Genetic and Genomic Science]''. Abgerufen am 9. Dezember 2013.</ref> |
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Das Genom enthält die Informationen, die zur [[Entwicklungsbiologie|Entwicklung]] ([[Ontogenese]]) der Bau- und Leistungsmerkmale eines [[Lebewesen]]s oder eines Virus notwendig sind. Diese Informationen sind in der Basensequenz der DNA verschlüsselt. Daneben enthält es Basensequenzen, die strukturelle Bedeutung für die Organisation der DNA haben oder deren Bedeutung noch nicht bekannt ist. |
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Der Sprachgebrauch ist dabei in der Genetik nicht einheitlich. Im ursprünglichen Sinn bezieht sich das Genom nur auf den einfachen [[Ploidiegrad|monoploiden]] DNA-Satz. Heute wird auch oft vom Genom allopolyploider Arten (mit mehreren unterschiedlichen Chromosomensätzen, wie [[Weizen]]) gesprochen; manchmal werden die unterschiedlichen Chromosomensätze dann als „Subgenom“ unterschieden.<ref>A. V. Zelenin, A. V. Rodionov, N. L. Bolsheva, E. D. Badaeva, O. V. Muravenko (2016): Genome: Origins and Evolution of the Term. Molecular Biology 50 (4): 542–550.</ref> Meist wird aber das Kerngenom des Zellkerns unterschieden vom Genom der Zellorganellen, dem [[Mitochondrium|mitochondrialen]] Genom und dem [[Plastid]]en-Genom. Auch dies wird allerdings zwischen verschiedenen Autoren nicht einheitlich gehandhabt<ref>A. Stencel & B. Crespi (2013): What is a genome? Molecular Ecology 22: 3437–3443. [[doi:10.1111/mec.12355]]</ref>, so dass auch die Gesamtheit der Erbinformationen als Genom bezeichnet werden kann (was dann mit der Bedeutung des Fachbegriffs [[Genotyp]] überlappt). |
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Bei mehrzelligen Organismen ist das Genom die Gesamt-DNA einer Zelle. Das Genom der einzelnen, [[Differenzierung (Biologie)|ausdifferenzierten]] Zelle ist weitgehend dem Genom der [[Zygote]], aus der sie durch [[Mitose|mitotischer]] [[Zellteilung]] entstanden sind, identisch. Es gibt jedoch durch [[Mutation]]en und mitotische Rekombinationen kleine Veränderungen. |
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Nach strenger Auslegung besitzt ein [[Diploidie|diploider]] Organismus zwei Genome: ein mütterliches (maternales), von der Mutter ererbtes und ein väterliches (paternales) vom Vater ererbtes, jeweils auf einem Chromosomensatz, ein einzelnes Genom hätte nur jeder [[Gamet]]. Bei der [[Genomanalyse]] können diese aber im Regelfall nicht unterschieden werden, so dass es sich eingebürgert hat, vom Genom eines Individuums zu sprechen. Dieser unklare Bezug auf den diploiden bzw. haploiden Satz führt etwa bei der Bestimmung der Genomgröße manchmal zu Missverständnissen.<ref>Johann Greilhuber, Jaroslav Dolezel, Martin A Lysák, Michael D Bennett (2005): The origin, evolution and proposed stabilization of the terms 'genome size' and 'C-value' to describe nuclear DNA contents. Annals of Botany 95 (1): 255–260. [[doi:10.1093/aob/mci019]]</ref> Oft wird sogar weiter verallgemeinert zum Genom einer Art, etwa dem menschlichen Genom. Dabei wird dann die individuelle Variation der verschiedenen [[Allel]]e an einem [[Genlocus]], allgemeiner die individuelle Verschiedenheit der individuellen Genotypen, in der Betrachtung vernachlässigt; man spricht vom Referenzgenom. |
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Bei Organismen mit [[Kernphasenwechsel]] unterscheidet sich das Genom der [[Keimzelle]]n vom Genom der Zygote ebenfalls durch Mutationen sowie durch meiotische Rekombinationen (siehe [[Meiose]]). |
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== Grundlagen == |
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Die Erforschung des Genoms und die Wechselwirkung der darin enthaltenen [[Gen]]e wird als '''Genomik''' bezeichnet (im englischen "''Genomics''"). |
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Die für die Vererbung von Eigenschaften und Merkmalen erforderliche und auf der Ebene der Zellen und der Individuen weitergegebene Information ist in der DNA enthalten, und zwar in der [[Nukleotidsequenz|Sequenz]] (Abfolge) der DNA-Basen [[Adenin]] (A), [[Guanin]] (G), [[Cytosin]] (C) und [[Thymin]] (T). Ribonukleinsäuren verwenden anstelle des Thymins die Base [[Uracil]] (U). Jeweils drei aufeinanderfolgende Basen bedeuten nach der Regel des [[Genetischer Code|genetischen Codes]] eine [[Aminosäure]]. |
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Man unterscheidet [[Genetischer Code|codierende]] und [[Nichtcodierende Desoxyribonukleinsäure|nichtcodierende]] Abschnitte der DNA. Nach Maßgabe der Basensequenz der codierenden Abschnitte ([[Gen]]e) werden im Zuge der [[Genexpression]] aus [[Aminosäure]]n [[Protein]]e gebildet. Aber auch nichtcodierende Bereiche können wichtige Funktionen aufweisen, so etwa bei der [[Genregulation]]. Außerdem gibt es die sogenannten [[Pseudogen]]e: durch [[Mutation]]en funktionslos gewordene und vom Organismus nicht mehr abgelesene Gene. |
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Die meisten Organismen besitzen neben der [[chromosom]]alen DNA des Zellkerns (nukleäre DNA, auch ''Karyom'' genannt) weiteres genetisches Material in anderen Zellteilen. Eigene kleine Genome finden sich bei [[Eukaryoten]] ([[Tiere]], [[Pflanzen]], [[Pilze]] und [[Protisten]]) in [[Organell]]en: |
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== Chemische Grundlagen == |
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* den [[Mitochondrium|Mitochondrien]] (''Mitogenom'', auch ''Chondriom'') und teilweise in ihren [[Endosymbiontentheorie#Mitochondrien und MROs|Abkömmlingen]], den [[Hydrogenosom]]en; |
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Die für die [[Vererbung (Biologie)|Vererbung]] von Eigenschaften und Merkmalen erforderlichen und auf der Ebene der Zellen und der Individuen weitergegebenen Informationen sind in den [[Desoxyribonukleinsäure]]n (DNA, von englisch "desoxyribonucleic acids") enthalten, und zwar in Form von Sequenzen der DNA-Basen [[Adenin]], [[Guanin]], [[Cytosin]] und [[Thymin]]. |
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* bei [[Algen]] und [[Landpflanzen]] fast immer in den [[Chloroplast]]en und anderen [[Plastid]]en (''Plastom''). |
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Die DNA-Moleküle können in Abschnitte mit kodierenden und nicht-kodierenden Sequenzen eingeteilt werden. Die kodierenden Abschnitte ([[Gen]]e) enthalten die Erbinformationen für bestimmte [[Protein]]e. Daneben gibt es DNA-Abschnitte, die der [[Genregulation]] dienen. [[Pseudogen]]e sind durch Mutationen funktionslos gewordene und vom Organismus nicht mehr abgelesene Gene. |
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[[Prokaryoten]] ([[Bakterien]] und [[Archaeen]]) enthalten vielfach zusätzliche, relativ kurze, in sich geschlossene DNA-Moleküle, die als [[Plasmid]]e bezeichnet werden. |
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Bei [[Eukaryoten]] findet durch das [[alternatives Splicing|alternative Splicing]] eine [[Datenkompression]] statt, so dass die Genomgröße (in Basenpaaren gemessen) kleiner sein kann als die Anzahl der durch das Genom [[Codierung|codierten]] [[Merkmal]]e. |
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== Organisation von Genomen == |
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=== Eukaryoten === |
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Bei den [[Eukaryoten]] besteht das Kern-Genom (Karyom oder Nucleom,<ref>Uwe Sonnewald: [https://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-642-54435-4_7 Die genetischen Systeme der Pflanzenzelle], in: J. W. Kadereit (Hrsg.): Strasburger – Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, Springer, Berlin–Heidelberg 2014, S. 199–208, [[doi:10.1007/978-3-642-54435-4_7]]</ref> nicht zu verwechseln mit dem „Kerngenom“ als Teil des [[#Pangenom|Pangenoms]]) aus mehreren bis zahlreichen strangförmigen Chromosomen. Die Kern-DNA wird auch als nukleäre DNA (nDNA) bezeichnet. Die Anzahl der Chromosomen ist artspezifisch verschieden und kann zwischen zwei (beim [[Spulwürmer|Pferdespulwurm]]) und mehreren hundert (bei manchen [[Farne]]n) variieren. Außerdem ändert sich die Chromosomenzahl beim [[Kernphasenwechsel|Wechsel der Kernphase]] ([[Meiose]] und [[Karyogamie]]). Charakteristisch für eukaryotische Genome ist weiterhin ein hoher Anteil an nichtcodierender DNA (beim Menschen etwa 95 %) und die [[Intron]]-[[Exon]]-Struktur der Gene. |
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=== Prokaryoten === |
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Bei allen Organismen, die komplexer als [[Virus|Viren]] sind, gibt es außerhalb der [[Chromosom|chromosomalen]] DNA (bei [[Eukaryot]]en "[[Karyom]]" genannter Teil des Genoms) weitere Genombestandteile in anderen Zellteilen. So finden sich bei [[Bakterien]] und [[Archaeen|Archaebakterien]] essentielle [[Plasmid]]e, bei Eukaryoten (Pflanzen, Tiere, Pilze) gibt es selbstständig vererbte DNA-Sequenzen in den [[Mitochondrium|Mitochondrien]] ("Mitochondriom") und [[Plastid]]en ("Plastidom"), die aber zum Gesamtgenom der Zellen gehören. |
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Bei den [[Prokaryoten]] liegt die DNA als langes, in sich geschlossenes Molekül vor. Daneben können kürzere, ebenfalls in sich geschlossene DNA-Moleküle, sogenannte [[Plasmid]]e, in variabler Anzahl vorhanden sein. Diese können unabhängig von der Haupt-DNA vervielfältigt und an andere Prokaryotenzellen weitergegeben werden ([[Konjugation (Biologie)|Konjugation]]), auch über Artgrenzen hinweg. Sie enthalten in der Regel nur wenige Gene, die zum Beispiel [[Resistenz]]en gegen [[Antibiotikum|Antibiotika]] vermitteln. |
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Prokaryotische Genome sind im Allgemeinen wesentlich kleiner als eukaryotische. Sie enthalten relativ geringe nichtcodierende Anteile (5–20 %) und auch nur wenige oder gar keine Introns. |
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=== Organellen === |
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== Typische Genomgrößen == |
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Die Genome der Mitochondrien/Hydrogenosomen und Plastiden sind – soweit vorhanden – wie prokaryotische Genome organisiert (vgl. [[Endosymbiontentheorie]]). Die ‚Mitogenome‘ (seltener auch ‚Chondriome‘, [[mtDNA]]) und ‚Plastome‘ (cpDNA, seltener ctDNA) enthalten jedoch nur einen geringen Teil der für die Funktion dieser Organellen benötigten Gene, weshalb diese Organellen als „semi-autonom“ bezeichnet werden. |
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Die Angabe der Genomgröße eines Organismus bezieht sich auf die vorhandene Menge an DNA pro [[haploid]]en Zellkern, wobei entweder die Zahl der jeweils vorhandenen Basenpaare (bp) angegeben wird oder das Gewicht (die Masse) der DNA in der Einheit pg (Picogramm). 1 pg doppelsträngiger DNA besteht aus ca. 0,978·10<sup>9</sup> bp. Nach neueren Untersuchungen (Vinogradov, A.E., 2005: ''Genome size and chromatin condensation in vertebrates.'' Chromosoma 113: pp. 362-369) besitzt der [[Südamerikanischer Lungenfisch|Südamerikanische Lungenfisch]] (''Lepidosiren paradoxa'') mit 80 pg (7,84 x 10<sup>10</sup> bp das größte bisher bekannte tierische Genom. Ältere, aber wohl ungenauere Untersuchungen zeigen mit ca. 133 pg noch größere Genome, die ebenfalls bei [[Lungenfische]]n, allerdings bei der afrikanischen Art [[Äthiopischer Lungenfisch]] (''Protopterus aethiopicus'') gefunden wurden (aus: Gregory, T.R., 2005: [http://www.genomesize.com/ Animal Genome Size Database.]). Mit 0,04 pg besitzt ''[[Trichoplax adhaerens]]'' das kleinste bisher bekannte Genom (Gregory, T.R., 2005). |
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=== Viren === |
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Virale Genome sind sehr klein, da in ihnen nur recht wenige Proteine codiert sind und die genetische Information zudem hochgradig verdichtet ist, indem etwa verschiedene Gene überlappen oder manche Abschnitte zugleich in beiden Leserichtungen als Gene fungieren können. Das virale Genom (auch Virom genannt) kann |
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* aus der DNA oder RNA bestehen, |
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* in mehrere Teile unsegmentiert (monopartit) oder segmentiert (multipartit: bipartit, tripartit, …) vorliegen, |
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* bei [[Riesenviren]] werden die Genomteile üblicherweise {{enS}} {{lang|en|scaffolds}} genannt, siehe z. B. ''[[Yasminevirus]]'', ''[[Fadolivirus]]'', … |
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* die Segmente können linear oder zirkulär geschlossen sein, |
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* und doppel- oder einzelsträngig vorliegen (im letzteren Fall mit unterschiedlicher [[Polarität (Virologie)|Polarität]]); in einzelnen Fällen gibt es auch partiell doppelsträngige Genomsegmente. |
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Eine Besonderheit stellen die [[Retroviren]] dar, deren RNA-Genom mittels [[Reverse Transkriptase|reverser Transkription]] in DNA „übersetzt“ und dann (wie auch bei vielen DNA-Viren) in das Wirtsgenom [[Integrase|integriert]] werden kann. Geschieht das in der [[Keimbahn]] des Wirtsorganismus, wird das so [[Endogenes Retrovirus|endogenisierte]] Virus vererbt. Die Eigenschaften der Genome der Viren sind wichtige Kriterien bei deren Klassifizierung ([[Virusklassifikation]]). |
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! Lebewesen |
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! Genomgröße (in [[Basenpaar]]en) |
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! Anzahl der Gene |
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! Gendichte (Anzahl der Gene pro Mio. Basenpaare) |
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| λ-[[Phage]] || 5×10<sup>4</sup> || || |
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| Darmbakterium ''[[Escherichia coli]]'' || 4,6×10<sup>6</sup> || 4.500 || 900 |
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| Backhefe ''[[Saccharomyces cerevisiae]]'' || 2×10<sup>7</sup> || 6.000 || 300 |
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| Fadenwurm ''[[Caenorhabditis elegans]]'' || 8×10<sup>7</sup> || 19.000 || 200 |
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| Die [[Taufliegen|Taufliegenart]] ''[[Drosophila melanogaster]]'' |
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| 2×10<sup>8</sup> || 13.500 || 70 |
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| Die [[Kugelfisch|Kugelfischart]] ''[[Fugu rubripes]]'' |
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| 3,65×10<sup>8</sup> || || |
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| [[Mensch|Mensch]] (''Homo sapiens sapiens'') || 3×10<sup>9</sup> || 30.000 || 10 |
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|----- |
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| [[Molch (Biologie)|Molch]] || 4×10<sup>10</sup> || || |
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| [[Ackerschmalwand]] (''Arabidopsis thaliana'') || 1×10<sup>8</sup> || 25.500 || 255 |
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|} |
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Bei [[Eukaryoten]] beziehen sich die Zahlenangaben auf den haploiden [[Chromosomensatz]].</br> |
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Manche Viren und insbesondere [[Virophagen]] (Viren, die andere Viren parasitieren) haben mobile genetische Elemente ([[Transposon]]s, [[Transpoviron]]s, [[Polinton]]s). Generell wird deren Gesamtheit auch als Mobilom bezeichnet.<ref name="EdYong">Ed Yong: [http://www.the-scientist.com/?articles.view/articleNo/32840/title/A-Parasite-s-Parasites/ ''A Parasite’s Parasites.''] In: ''The Scientist.'' 15. Oktober 2012.</ref> |
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===Bemerkungen=== |
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* Da die Angaben über die Anzahl der Gene in der Literatur noch schwanken (Beispiel [[Drosophila]]: 3.000 bis 4.400), sind die Angaben zur Gendichte nur als Richtwerte anzusehen. |
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* Die DNA einer einzelnen menschlichen Zelle ist ca. 1,80 m lang. |
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* Eine Base auf einem DNA-Strang hat einen Informationsgehalt von 2 bit, da sie <math>2^2\,=\,4</math> Zustände (A / T / G / C) annehmen kann. Ausgehend von <math>3\cdot 10^9</math> Basenpaaren hat das Genom des Menschen einen Informationsgehalt von ca. 750 [[Megabyte|MB]]. |
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=== Viroide === |
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Ein Vergleich der [[Genom]]-Größe mit der [[Systemeigenschaften|Komplexität]] und des Organisationsgrades des Organismus ergibt einen direkten Zusammenhang: Je größer das Genom, um so komplexer ist der Organismus: |
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Die genomische RNA der [[Viroid]]e ist zwischen 241 und 401 [[Nukleotide]] kurz und enthält viele komplementäre Bereiche, die doppelsträngige Sekundärstrukturen ausbilden. Viroide haben keine zusätzliche [[Virushülle|Hülle]] und sind 80- bis 100-fach kleiner als die kleinsten Viren. Sie vermehren sich innerhalb lebender [[Zelle (Biologie)|Zellen]] höherer Pflanzen.<ref name="FloresOwens_(2008)">R. Flores, R. A. Owens: ''Viroids.'' In: Brian W. J. Mahy, Marc H. van Regenmortel (Hrsg.): ''Encyclopedia of Virology.'' 3. Auflage. Band 5, San Diego 2008, ISBN 978-0-12-373935-3, S. 332–342.</ref> |
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{| align = "left" |
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|[[Bild:GenomMenge.png|thumb|Genom-Größe]] |
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Ausnahmen bilden hierbei weniger komplexe Organismen mit hoher DNA-Menge (als „''C-Wert-Paradoxon''“ bezeichnet): einige [[Samenpflanzen]], die [[Salamander]] und urtümliche Fische wie [[Stör]], [[Hornhecht]] und [[Quastenflosser]]. |
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== Genomgrößen == |
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Die höchste DNA-Menge weisen einfache [[Eukaryot]]en wie einige [[Amöbe]]n und die [[Urfarn]]e (''[[Psilopsida]]'') mit rund einer Billion Basenpaare auf. |
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{{Hauptartikel|Genomgröße}} |
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Als Genomgröße wird die in einem Genom vorhandene Menge an DNA bezeichnet. Bei Eukaryoten bezieht sich diese Angabe gewöhnlich auf den [[haploid]]en Chromosomensatz, dies wird auch als [[C-Wert (Genetik)|C-Wert]] bezeichnet. Es wird entweder die Anzahl der vorhandenen [[Basenpaar]]e (bp) oder die Masse der DNA in der Einheit pg ([[Pikogramm]]) angegeben. 1 pg doppelsträngiger DNA besteht aus etwa 0,978·10<sup>9</sup> bp, also aus knapp einer Milliarde Basenpaaren. Üblich sind auch die Bezeichnungen Kilo-Basenpaar (kbp oder kb) für 1.000 Basenpaare und Mega-Basenpaar (Mbp oder Mb) für eine Million Basenpaare. |
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Nach neueren Untersuchungen besitzt der [[Südamerikanischer Lungenfisch|Südamerikanische Lungenfisch]] (''Lepidosiren paradoxa'') mit 80 pg (7,84 × 10<sup>10</sup> bp) das größte bisher bekannte tierische Genom.<ref>A. E. Vinogradov: ''Genome size and chromatin condensation in vertebrates.'' In: ''Chromosoma.'' Band 113, 2005, S. 362–369.</ref> Ältere, aber wohl ungenauere Untersuchungen zeigen mit etwa 133 pg noch größere Genome, die ebenfalls bei [[Lungenfische]]n, allerdings bei der afrikanischen Art [[Äthiopischer Lungenfisch]] (''Protopterus aethiopicus'') gefunden wurden.<ref name="Gregory">T. R. Gregory: ''[http://www.genomesize.com/ Animal Genome Size Database.]'' 2005.</ref> Mit 0,04 pg (weniger als 50 Millionen Basenpaare) besitzt das zum primitiven Tierstamm Placozoa gehörende, auf Algen lebende, etwa 2 mm große, wenig differenzierte ''[[Trichoplax adhaerens]]'' das kleinste bisher bekannte ''[[tier]]ische'' Genom.<ref name="Gregory" /> Die Zahl der Basenpaare des Darmbakteriums ''[[Escherichia coli]]'' ist nur um einen Faktor 10 kleiner. Das kleinste bisher quantifizierte ''[[Bakterien|bakterielle]]'' Genom besitzt der [[Blattflöhe|Blattfloh]]-[[Endosymbiont]] ''[[Carsonella ruddii]]'': Sein zirkuläres DNA-Molekül enthält nur knapp 160.000 Basenpaare, in denen sämtliche Informationen gespeichert sind, die er zum Leben braucht.<ref>Petra Jacoby: ''[[Spektrum der Wissenschaft]].'' Band 5, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft, 2007, S. 16 f.</ref> |
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Diese Arten enthalten einzelne Gene als tausendfache Kopien, und lange, nicht-Protein-kodierende Abschnitte. Auch im menschlichen Genom kommt ein etwa 300 Basenpaare langes DNA-Stück, die ''alu''-Sequenz in ungefähr 300000 Kopien vor und macht damit 3 % der gesamten DNA aus. |
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{| class="centered" border="0" |
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Wird dagegen der Anteil der DNA, der nicht Proteine kodiert, betrachtet, ergibt sich ein direkter Zusammenhang zur Komplexität des Organisationsgrades. (Vergleiche dazu die Angaben zur Gendichte in der Tabelle oben): |
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{| class="wikitable centered" style="text-align:center" |
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|[[Bild:NichtGenMenge.png|thumb|Anteil der DNA, die nicht Proteine kodiert]] |
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|+ Beispiele für Genomgrößen |
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! Organismus |
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! Genomgröße<sup>1</sup> |
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! Gene |
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! Gendichte<sup>2</sup> |
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| align=left | [[Potato-Spindle-Tuber-Viroid|PSTVd]] || 359 || 0 || 0 |
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| align=left | [[HIV]]<ref>[http://bionumbers.hms.harvard.edu/bionumber.aspx?&id=105769 ''BioNumber Details Page - Genome size of HIV-1 HXB2.''] auf: ''bionumbers.hms.harvard.edu''.</ref> || 9.700 || || |
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|- align="right" |
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| align=left | [[Bakteriophage Lambda]] (Virus) || 50.000 || || |
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| align=left | ''[[Carsonella ruddii]]'' (Blattfloh-Endosymbiont) || 160.000 || 182 || 1.138 |
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| align=left | ''[[Escherichia coli]]'' (Darmbakterium) || 4.600.000 || 4.500 || 900 |
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|- align="right" |
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| align=left | [[Backhefe]] ''Saccharomyces cerevisiae'' || 13.000.000 || 6.000 || 300 |
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| align=left | ''[[Trichoplax adhaerens]]'' (Plattentiere) || 40.000.000 || 11.500|| 287,5 |
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|- align="right" |
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| align=left | ''[[Caenorhabditis elegans]]'' (Fadenwurm) || 80.000.000 || 19.000 || 200 |
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|- align="right" |
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| align=left | [[Acker-Schmalwand]] ''Arabidopsis thaliana'' || 100.000.000 || 25.500 || 255 |
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|- align="right" |
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| align=left | ''[[Drosophila melanogaster]]'' (Taufliege) || 200.000.000 || 13.500 || 70 |
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|- align="right" |
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| align=left | ''[[Daphnien|Daphnia pulex]]'' (Wasserfloh)<ref>[https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/der-wasserfloh-und-seine-rekordverdaechtigen-inneren-werte/ ''Der Wasserfloh und seine rekordverdächtigen inneren Werte.''] Auf: ''wissenschaft.de'' vom 4. Februar 2011.</ref> || 200.000.000 || 31.000 || 155 |
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|- align="right" |
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| align=left | [[Kugelfische|Kugelfisch]] ''Takifugu rubripes'' || 365.000.000 || || |
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| align=left | [[Gemüsekohl]] ''Brassica oleracea'' || 5,99–8,68 × 10<sup>8</sup> || 100.000 || 167-115 |
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|- align="right" |
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| align=left | [[Mensch]] ''Homo sapiens'' || 3,1 × 10<sup>9</sup><ref name="H-sapiens-annotation">{{Internetquelle |url=https://www.ensembl.org/Homo_sapiens/Info/Annotation |titel=Human assembly and gene annotation |abruf=2021-03-02}}</ref> || 23.000 || 7 |
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|- align="right" |
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| align=left | [[Teichmolch]] ''Triturus vulgaris'' || 2,5 × 10<sup>10</sup> || || |
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|- align="right" |
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| align=left | [[Lungenfische]] ''Lepidosiren paradoxa'' || 7,8 × 10<sup>10</sup> || || |
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|- align="right" |
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| align=left | Gabelfarn ''[[Tmesipteris oblanceolata]]'' |
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|16 × 10<sup>10</sup><ref>{{Literatur |Autor=Pol Fernández, Rémy Amice, David Bruy, Maarten J.M. Christenhusz, Ilia J. Leitch, Andrew L. Leitch, Lisa Pokorny, Oriane Hidalgo, Jaume Pellicer |Titel=A 160 Gbp fork fern genome shatters size record for eukaryotes |Sammelwerk=iScience |Datum=2024-05 |ISSN=2589-0042 |DOI=10.1016/j.isci.2024.109889 |Seiten=109889}}</ref> || || |
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|- align="right" |
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|} |
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| <sup>1</sup>in [[Basenpaar]]en bzw. [[Nukleotide]]n <sup>2</sup>Anzahl der Gene pro Millionen Basenpaare |
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Dieser Zusammenhang könnte darin begründet sein, dass diese Sequenzen zahlreiche regulatorische Aufgaben erfüllen. Zur Zeit (März 2005) wird die Möglichkeit diskutiert, dass die Komplexität eines Organismus in Zusammenhang mit der Menge an DNA steht, die zwar keine Proteine codiert, aber dennoch transkribiert, also in RNA übertragen wird. Dabei werden Introns nicht als Reste alter Gene aufgefasst, sondern als Abkömmlinge beweglicher DNA-Abschnitte, vergleichbar mit den heutigen Gruppe-II-Introns. Diese und weitere RNA-Moleküle, die durch Transkription entstehen, und die weder m-, t- oder rRNAs sind, können Teil eines Regulationssystems sein, das neben den Proteinen die Entwicklung eines Organismus steuert. Zum Beispiel sind RNA-Signale an der Markierung des [[Chromatin]]s beteiligt, wodurch die Genexpression gesteuert wird. |
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Stand 2020 hat das haploide Genom einer menschlichen Zelle eine Länge von etwa 3,1 Milliarden Basenpaaren.<ref name="H-sapiens-annotation" /> Bei einem diploiden Genom und einer Länge von 0,34 nm pro Basenpaar ergibt sich damit in jedem Zellkern eine Gesamtlänge von gut zwei 2 Metern DNA.<ref>{{Literatur |Autor=B. Alberts, A. Johnson, J. Lewis ''et al.'' |Titel=Molecular Biology of the Cell |Auflage=4. |Verlag=Garland Science |Ort=New York |Datum=2002 |ISBN=0-8493-7161-9 |Online=[https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK26834/ online link zum entsprechenden Kapitel.]}}</ref> |
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<!----Auffallend ist, dass die Genomgröße anscheinend nicht mit der [[Komplexität]] oder Organisationsstufe des Organimus korreliert ist: Ein Molch ist nicht zehnmal komplexer aufgebaut als ein Mensch. Dieser scheinbar paradoxe Nicht-Zusammenhang wird "[[C-Wert Paradoxon]]" genannt. |
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Er löst sich auf, wenn man in Betracht zieht, dass nur ein Bruchteil der DNA von [[Eukaryoten|Eukaryonten]] kodierend ist, außer den Genen auch [[Transposon]]s im Genom mitgeführt werden, die vielfältige Duplikationen hervorrufen und einzelne Gene verschiedene [[Alternatives Splicing|Spleißvarianten]] besitzen können.----> |
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Ein Vergleich der Genomgröße mit der [[Systemeigenschaften|Komplexität]] und dem Organisationsgrad des Organismus ergibt keinen klaren Zusammenhang.<ref>Siehe etwa [http://molgen.biologie.uni-mainz.de/Downloads/PDFs/Molekulargenetik%20der%20Eukaryoten/Molgen3.pdf Molekulargenetik der Eukaryoten] (Universität Mainz, PDF; 7,9 MB), S. 7.</ref> So haben [[Schwanzlurche]] größere Genome als [[Reptilien]], [[Vögel]] und [[Säugetiere]]. [[Lungenfische]] und [[Knorpelfische]] haben größere Genome als [[Echte Knochenfische]], und innerhalb von Taxa wie den [[Bedecktsamer|Blütenpflanzen]] oder [[Protozoen]] variiert die Genomgröße in hohem Maß. Dies wird als „[[C-Wert-Paradoxon]]“ bezeichnet. Die größte DNA-Menge weisen einfache [[Eukaryoten]] wie einige [[Amöbe]]n sowie die [[Urfarne]] mit rund einer Billion Basenpaaren auf. Diese Arten enthalten einzelne Gene als tausendfache Kopien und lange, nicht proteincodierende Abschnitte. |
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==Bestandteile des menschlichen Genoms== |
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Die Zahlen beziehen sich auf den [[haploid]]en Chromosomensatz des Menschen ohne mitochondrialer DNA (mtDNA). Mb = 10<sup>6</sup> Basen |
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== Sequenzierte Genome == |
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Die Gesamtmenge des menschlichen Genoms beträgt 3.000 Mb, das sind 3·10<sup>9</sup> Basenpaare. |
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Die DNA von Genomen verschiedener Organismen, die entweder für die medizinisch-pharmazeutische oder anwendungsorientierte Forschung oder auch für die [[Grundlagenforschung]] relevant sind, wurde annähernd vollständig „sequenziert“ (man spricht auch umgangssprachlich von „Entschlüsseln“), das heißt, ihre [[Basensequenz]] wurde ermittelt (per [[DNA-Sequenzierung]], teilweise nach einer [[Genomamplifikation]]). Die Basensequenzen werden über das Internet u. a. vom [[National Center for Biotechnology Information|NCBI]] bereitgestellt. |
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; Übersichten |
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Der Mensch besitzt 20.000 - 25.000 [[Gen]]e {{ref|Quelle1}}. |
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* [http://www.genomenewsnetwork.org/resources/sequenced_genomes/genome_guide_p1.shtml Quick Guide to Sequenced Genomes (GNN)] (Übersichtsseite, in alphabetischer Ordnung findet man [[Liste von sequenzierten eukaryontischen Genomen|bisher sequenzierte Organismen]] mit Abbildungen, Kurzinformationen, für die Sequenzierung verantwortliche Institution und relevante Literatur mit Links) |
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* [https://www.ncbi.nlm.nih.gov/genome/ NCBI Resources Genome] |
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; Einzelne Genome |
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* [[Archaeen]] – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/a.html Archaeen] |
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* [[Bakterien]] – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/eub.html Bakterien] |
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** ''[[Escherichia coli]]'' – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=562 Colibakterien] |
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* [[Eukaryoten]] – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/euk.html Eukaryoten] |
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** {{Siehe auch|Liste von sequenzierten eukaryontischen Genomen}} |
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** [[Mensch|''Homo sapiens'']] – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=9606 Mensch] und bei [http://www.hapmap.org/ hapmap.org] |
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** [[Hauskatze|''Felis catus'']] – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=9685 Hauskatze] |
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** [[Hausmaus|''Mus musculus'']] – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=10090 Hausmaus] |
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** ''[[Drosophila melanogaster]]'' – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=7227 Taufliege] |
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** [[Ackerschmalwand|''Arabidopsis thaliana'']] – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=3702 Ackerschmalwand] |
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** [[Reis|''Oryza sativa'']] – [http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=4530 Reis] |
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** ''[[Physcomitrella patens]]'' – [http://www.cosmoss.org/ kleines Blasenmützenmoos]<ref>Daniel Lang, Andreas Zimmer, Stefan Rensing, Ralf Reski: ''Exploring plant biodiversity: the Physcomitrella genome and beyond.'' In: ''Trends in Plant Science.'' Band 13, 2008, S. 542–549. [[doi:10.1016/j.tplants.2008.07.002]]</ref> |
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== Pangenom == |
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Das Pangenom bezeichnet die Gesamtheit der Gene in einer [[Art (Biologie)|Art (Spezies)]], die eine Fortpflanzungsgemeinschaft darstellt. Das Pangenom umfasst zwei Untergruppen: Das Kerngenom (nicht zu verwechseln mit den [[#Eukaryoten|Nucleom]], dem Genom des [[Zellkern]]s bei Eukaryoten), das die Gene umfasst, die in jedem Mitglied der Spezies vorkommen und das variable (akzessorische) Genom, das die Gene beinhaltet, die nur in einzelnen Mitgliedern der Art vorhanden sind.<ref>M. A. Brockhurst u. a.: ''The Ecology and Evolution of Pangenomes.'' In: ''Curr Biol.'' Band 29, Nr. 20, 2019, S. R1094–R1103. [[doi:10.1016/j.cub.2019.08.012]]</ref> Das Pangenom wurde zunächst bei Bakterien beschrieben, bei denen ein [[horizontaler Gentransfer]] zwischen verschiedenen Organismen häufig vorkommt. Bei Pflanzen wurde das Pangenom erst nach [[DNA-Sequenzierung]] des vollständigen Genoms verschiedener [[Varietät (Biologie)|Varietäten]] einer Art nachgewiesen. Der Anteil des variablen Genoms schwankt zwischen 19 % beim [[Gemüsekohl]] (''Brassica oleracea'') und 62 % bei der [[Gerste]] (''Hordeum vulgare'').<ref>G. F. Richard: ''Eukaryotic Pangenomes.'' In: H. Tettlin, D. Medini (Hrsg.): ''The Pangenome.'' Springer, Cham 2020. [[doi:10.1007/978-3-030-38281-0_12]]</ref> Es ist zu beachten, dass diese Zahlen durch die Anzahl der sequenzierten Varietäten beeinflusst werden. Ein Vergleich von [[Nutzpflanzen]] mit der entsprechenden [[Wildform]] zeigt, dass häufig Gene bei der Domestizierung verloren gehen.<ref>L. Gao u. a.: ''The tomato pan-genome uncovers new genes and a rare allele regulating fruit flavor.'' In: ''Nat Genet.'' Band 51, Nr. 6, 2019, S. 1044–1051. [[doi:10.1038/s41588-019-0410-2]]</ref> Da diese Gene für erwünschte Eigenschaften codieren können (z. B. [[Resistenzgen]]e), ist es von Interesse diese Gene in Nutzpflanzen zurückzuführen (siehe [[Grüne Gentechnik]]). |
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Ein Teil des Genoms besteht aus Sequenzen, die in einem [[Transkription]] genannten Vorgang in eine RNA übertragen werden. Diese Sequenzen werden auch als [[Gene]] bezeichnet. |
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== Siehe auch == |
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* [[Epigenetik]] |
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* [[Dotplot]] |
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* [[Humangenomprojekt]] |
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* [[Molekularbiologische Datenbanken]] |
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* [[mitochondriale DNA]] (Mitogenom oder Chondriom) und [[hydrogenosom]]ale DNA beim [[Wimpertierchen]] ''Nyctotherus ovalis'' |
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* [[Chloroplasten-DNA]] (Plastom) |
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* [[Genetischer Code]] |
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* [[Transkriptom]] |
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* [[Proteom]] |
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== Literatur == |
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===='''Protein codierende Gene'''==== |
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* {{BibISBN|3-596-15362-X}} |
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Das RNA-Transkript enthält Basensequenzen, welche die '''[[Aminosäure]]sequenz '''von''' [[Protein]]en''' codieren. Die RNA wird dann als [[mRNA]] bezeichnet. Bei den Eukaryoten ist sie aus [[Exon]]s und [[Intron]]s zusammengesetzt und wird in diesem Zustand als [[prä-mRNA]] oder hnRNA bezeichnet. Sie wird noch vor der [[Translation (Biologie)|Translation]] bearbeitet (prozessiert), in dem die nicht-codierenden Introns herausgeschnitten werden. Die mRNA der Prokaryoten weist nie Introns auf. |
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* {{BibISBN|3-8218-3931-7}} |
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* [[Martin Mahner]], [[Michael Kary]]: ''What Exactly Are Genomes, Genotypes and Phenotypes? And What About Phenomes?'' In: ''Journal of Theoretical Biology.'' Band 186, 1997, S. 55–63. PMID 9176637 [[doi:10.1006/jtbi.1996.0335]] |
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== Weblinks == |
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Die [[Aminosäure]]sequenzen codierende DNA ist beim Menschen 90 Mb groß, das sind 3 % des Genoms. Das entspricht 25000 Genen, die ungefähr 500.000 Proteine codieren. |
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{{Commonscat|Genomics|Genom}} |
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{{Wiktionary}} |
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* {{DNB-Portal|4156640-3}} |
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== Einzelnachweise == |
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===='''Von Genen abstammende Sequenzen'''==== |
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<references responsive /> |
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Einige Basensequenzen stammen zwar von Genen ab, das Transkript wird aber nicht in eine Aminosäuresequenz übersetzt. Diese nicht codierende DNA ist 810 Mb groß. |
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#[[Pseudogen]]e sind veränderte Kopien funktionell aktiver Gene, die deren Expression steuern können. |
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#[[Intron]]s werden noch im Zellkern der Eukaryoten aus der prä-mRNA herausgeschnitten. Ihre Funktion ist nicht vollständig geklärt. Einige enthalten Erkennungssequenzen für Replikationsfaktoren, die die Aktivität der RNA-Polymerase beeinflussen. Eine häufig geäußerte Vermutung ist, dass durch die zwischen die codierenden [[Exon]]s eingestreuten Introns die [[Mutation]]shäufigkeit in den codierenden Sequenzen herabgesetzt ist. Dagegen spricht aber, dass auch in den Introns hochkonservierte consense-Sequenzen (siehe unten) zu finden sind. Eine andere Vermutung besteht darin, dass durch gelegentlich ungenaues Spleißen der prä-mRNA Eiweiße entstehen, die sich an bestimmten Stellen in nur wenigen Aminosäuren unterscheiden und somit etwas veränderte Eigenschaften aufweisen. Auf die Weise könnte bewerkstelligt werden, dass von einem Enzym-Typ stetes mehrere Versionen bereitgestellt werden, die etwas unterschiedliche Eigenschaften (zum Beispiel im pH- oder Temperatur-Optimum) aufweisen. |
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#'''Genfragmente''' entstehen dann, wenn es von einem Gen mehrere Kopien im Genom gibt und eine dieser Kopien durch Mutationen unbrauchbar wird. |
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===='''RNA-codierende Gene'''==== |
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Das RNA-Transkript enthält Basensequenzen, welche die '''Basensequenz von RNAs''' codieren. Diese Moleküle werden auch als [[ncRNA]]s (nc von engl. non coding = nicht kodierend) bezeichnet und erfüllen zahlreiche Aufgaben bei der Proteinbiosynthese. Einige davon sind erst vor kurzem bekannt geworden und noch nicht genauer erforscht. Es wird vermutet, dass die ncRNAs molekulare [[Fossilien]] aus der RNA-Welt sind (siehe [[chemische Evolution]]) und damit von Bedeutung für das Verständnis der Evolution der Lebewesen sind. |
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#[[tRNA]]s transportieren Aminosäuren zu den [[Ribosom]]en. |
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#[[rRNA]]s sind Bestandteile der [[Ribosomen]] und erfüllen dort strukturelle und katalytische Aufgaben. ssRNA (ssuRNA, ''small subunit RNA'') ist die RNA für die kleine, lsRNA (lsuRNA, ''large subunit RNA'') die für die große Untereinheit der Ribosomen. |
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#[[snRNA]]s sind Bestandteile der [[Spliceosom]]en, welche aus der prä-mRNA die Introns herausschneiden. |
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#Ebenfalls ein junges Forschungsgebiet ist die RNA-[[Interferenz]] (RNAi), eine weitere Möglichkeit der Regulation der Proteinbiosynthese, wobei kleinere RNA-Moleküle mit Teilen der mRNA reagieren und dadurch in der Regel die Translation verhindern. Solche RNA-Moleküle sind [[siRNA]]s (si von engl. ''short interfering''), [[microRNA]]s, von welchen das menschlichen Genom mehrere Hundert aufweist. Es gibt auch Interaktionen von RNAs mit der DNA, mit Proteinen und mit niedermolekularen Substanzen. |
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## [[Mikro-RNA]]: Manche Introns enthalten zueinander komplementäre Abschnitte, so dass die prä-RNA nach der Transkription Haarnadelschleifen bilden kann. Diese werden durch spezielle Proteine des „Zensursystems“ (ursprünglich ein Abwehr-System gegen virale Doppelstrang-RNA) erkannt und so abgebaut, dass einsträngige RNA-Abschnitte entstehen, die an andere mRNAs binden und somit spezifisch (zielgenau) mRNA zerstören können (RNA-Interferenz) oder ihre Translation unterdrücken. Für einzelne Moleküle ist ihre Funktion bekannt: Sie sorgen dafür, dass [[Stammzelle]]n sich nicht differenzieren, und steuern Zellvermehrung und [[Apoptose]] (programmierter Zellselbstmord) beim Umbau embryonaler Gewebe. |
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#[[Antisense]]-RNA: Die mRNA entsteht am [[codogen]]en (Matrizen-) Strang der DNA. Wird auch der komplementäre Strang abgelesen, entsteht eine zur mRNA komplementäre RNA. Verbinden sich mRNA und Antisense-RNA zu einem Doppelstrang, kann kein Protein mehr bei den Ribosomen gebildet werden. Auch dies stellt eine Möglichkeit der Regulation der Proteinbiosynthese dar. Beim Menschen gibt es mindestens 1600 antisense-Gene. |
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#[[SRP]]-RNA ist Bestandteil der ''signal recognition particles'', das sind Protein-RNA-Komplexe, welche den zielgerichteten Transport von Proteinen in der Zelle gewährleisten. |
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===Nichtkodierende Sequenzen=== |
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Der übrige Teil des Genoms besteht aus Sequenzen, die nicht transkribiert werden. Er wird als extragenische DNA bezeichnet und weist ein Länge von insgesamt 2100 Mb auf. |
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Davon besteht der größte Teil (1.680 Mb) aus einzelnen, individuellen oder nur selten wiederholten Basensequenzen. Dies sind in der Regel Sequenzen, an welche bestimmte Enzyme binden und dadurch die Replikation und Transkription steuern: |
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*An die [[Promotor]]-Sequenzen (TATA-Box) bindet die RNA-Polymerase |
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*Initiations- und Terminations-Sequenzen, markieren Beginn und Ende eines Gens |
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*''Consense''-Sequenzen sind hochkonservierte Sequenzen, die die Grenzen zwischen Exons und Introns markieren |
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*An [[Operon|Operator]]-Sequenzen oberhalb (engl. ''upstream'') und unterhalb (engl. ''downstream'') von Genen, an welche Regulatorproteine binden, um die Transkription zu beschleunigen oder zu verzögern und damit ihre Feinregulation übernehmen. |
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*[[Palindrom]]e sind Erkennungssequenzen für Restriktionsendonukleasen. |
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* Bei den Abstandshaltern kommt es nicht auf die Sequenz, sondern die Zahl der Basen an. Deshalb können hier die Mutationsraten ohne Auswirkungen sehr hoch sein, solange es nicht zu Baseneinschub, oder Basenverlust kommt. Diese DNA-Abschnitte sorgen dafür, dass die Operator-Sequenzen im Falle der Transkription bei der Schleifenbildung in die richtige Position zu den Promotoren gebracht werden, und so die RNA-Polymerase beeinflussen können. |
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*Untersuchungen an [[Cryptomonaden]] (einzelligen, [[Photosynthese]] betreibenden [[Eukaryoten|Eukaryonten]]) haben gezeigt, dass die Menge an so genannter nichtkodierenden DNA proportional zur Größe des Zellkerns ist und vermutlich eine wesentliche Rolle für die Strukturierung des Zellkerns hat. |
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Der Rest der DNA von 420 Mb besteht aus hoch repetitiven Sequenzen. |
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===='''disseminierte''' (verstreute) genomweite '''Wiederholungen'''==== |
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*LTR-Elemente (''[[Long Terminal Repeats]]'') (8,5 % des Gesamtgenoms). Sie gehen zum Teil auf Genom-Überreste von integrierten [[Retroviren]] zurück und können die gewebespezifische Aktivität von Wirtsgenen steuern. Zur Zeit (2005) sind 20 Gene des Menschen bekannt, die durch virale LTRs kontrolliert werden. Insgesamt konnten mindestens 600000 retrovirale LTRs im menschlichen Genom gefunden werden. |
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*[[Transposon]]e (3 % des Gesamtgenoms) |
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*[[LINE_(Biologie)|LINE]]-Sequenzen (LINE 1, LINE 2) (''long interspersed nuclear element'') (21 % des Gesamtgenoms) |
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*SINE-Sequenzen (''short interspersed nuclear element'') (13 % des Gesamtgenoms) (z. B. Alu-Sequenz, die nur bei Primaten zu finden ist) ermöglichen eine Verlagerung einer Sequenz an eine andere Stelle des Genoms. Sie sind 70 bis ca. 500 Basen lange [[Retroposon]]s, d.h. Elemente, deren Ortswechsel über eine transkribierte RNA-Sequenz erfolgt, deren [[cDNA]]-Produkt an anderer Stelle ins Genom integriert wird. In Genomen von Eukaryoten findet man bis zu 104 Kopien. Das Transkript der Alu-Sequenz wird durch das sogenannte „A-zu-I-Editing“ verändert: Das [[Nukleosid]] [[Adenosin]] zum Nukleosid [[Inosin]] umgewandelt. Dies findet vor allem im Gehirn statt. Es wird ein Zusammenhang zwischen Fehlern in diesem Prozess und Epilepsie und Depression vermutet. |
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===='''Tandemwiederholungen'''==== |
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Die Anzahl der Wiederholungen variiert von Individuum zu Individuum, die Abweichungen sind vom Verwandtschaftsgrad abhängig. Deshalb sind sie für den genetischen Fingerabdruck geeignet. Die von der Norm abweichende Zahl an Wiederholungen kann Krankheiten auslösen. |
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*Mikrosatelliten-DNA, z. B. (CA)n, mit einer repetitiven Einheit von 2 bis 7 Basenpaaren. Sie sind im ganzen Genom verteilt, und werden auch zur genetischen Kartierung verwendet. Mikrosatelliten weisen eine hohe Mutationsrate auf und haben damit auch eine Bedeutung in der Evolution von Organismen. |
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*Minisatelliten-DNA, mit einer repetitiven Einheit von 20 bis 100 Basenpaaren sind ebenfalls im ganzen Genom verteilt. |
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*Satelliten-DNA tritt nur im Heterochromatin auf, z.B. im Centromer. Sie besteht aus kurzen Basensequenzen, die mehrfach hintereinander wiederholt werden. (Beim Menschen 100000). |
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*In den Genen des [[Haupthistokompatibilitätskomplex|MHC]]-Komplexes (Haupthistokompatibilitätskomplex) von Säugetieren wurden sich wiederholende (repetitive) Folgen von GT und GA in der DNA festgestellt, die eindeutig nicht für Eiweiße kodieren können. Gleichwohl sind sie funktional, denn sie binden Zellkern-Proteine und sind vermutlich über die DNA-Protein-Interaktion an der Genregulation beteiligt. |
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===Weitere besondere DNA-Sequenzen=== |
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*[[Telomer]]e: Bei Wirbeltieren befinden sich am Ende des 3’-Stranges der DNA 250 bis 15600 repetitive Sequenzen TTAGGG, da sonst die Replikation am anderen Strang vorzeitig abbrechen würde. Diese Abschnitten werden mit jeder Zelteilung kürzer. Sie schützen auch die Chromosomen vor dem Zusammenkleben oder vor Abbau. Bei Bruch der Chromosomen kann erkannt werden, welche Enden wieder zusammengefügt werden müssen. |
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*Der kurzer Arm von Chromosom 22 (HSA22p), enthält nur [[Heterochromatin]], das praktisch nur aus repetitiver DNA bestehen. |
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*Fremdgene |
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**HERV (''human endogene [[Retroviren]]'') (9 % des Gesamtgenoms) sind Fremdgene, die von inaktiven Viren stammen, die in das Genom integriert sind. |
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**1998 wurde eine Mutation entdeckt, die typisch für Menschenaffen ist und auch bei Menschen vorkommt: Eine Kopie eines Stücks des mitochondrialen Genoms (Kontrollregion) ist auf ungeklärte Weise in den Zellkern gelangt und dort auf Chromosom Nr. 9 zu finden (nachgewiesen bei [[Gibbon]], [[Orang Utan]], [[Gorilla]], [[Schimpanse]], Mensch). |
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**Bakterielle Sequenzen machen ungefähr 2 Promille des Gesamtgenoms aus. |
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*Die Untersuchung so genannter TIREs (transposable and interspersed repetitive elements) bei verschiedenen Insekten-Arten ergab ein in hohem Grad nicht zufälliges Muster, so dass auch hier eine - noch unbekannte - Funktion postuliert wird. |
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==='''Sogenannte ''Junk-DNA'' '''=== |
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Mit dem heutigen Wissenstand ist es problematisch, Sequenzen als „bedeutungslos“ oder „junk“ zu bezeichnen. Für den Organismus tatsächlich bedeutungslose Sequenzen dürften im Laufe der Evolution sehr bald verloren gegangen sein. (Siehe die Evolution des [[Y-Chromosom]]s). |
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Repetitive Sequenzen erleichtern den Austausch zwischen homologen Chromsomen während der Meiose ([[crossing over]]) und erhöhen damit die genetische Variabilität. |
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==Organisation von Genomen== |
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===Prokaryotengenome=== |
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Bei den [[Prokaryota]] (''[[Bacteria]]'' und ''[[Archaea]]'') besteht das Genom aus einem großen, in sich geschlossenen DNA-Molekül und mehreren kleineren, ebenfalls in sich geschlossenen, in ihrer Zahl variierenden DNA-Molekülen, den [[Plasmid]]en. Diese können sich unabhängig von der Haupt-DNA verdoppeln und an andere Bakterienzellen weitergegeben werden (siehe [[Konjugation]]). Sie enthalten in der Regel nur wenige Gene, die zum Beispiel [[Resistenz]]en gegen [[Antibiotika]] oder [[Fertilität]] (die Fähigkeit zur Konjugation) vermitteln. Manche Plasmide sind [[reversibel]] in die Haupt-DNA integriert und werden dann als [[Episom]]e bezeichnet. |
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===Eukaryotengenome=== |
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Bei den [[Eukaryota]] (im Wesentlichen [[Pflanzen]], [[Pilze]] und [[Tiere]]) ist das Genom in mehrere strangförmige Chromosomen unterteilt, die nur im Zellkern vorkommen und deshalb als ''[[Karyom]]'' bezeichnet werden. Neben dem Karyom können Organellgenome vorhanden sein. |
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===Organellengenome=== |
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In [[eukaryot]]ischen Zellen können [[Organell]]e vorhanden sein, die ihrerseits eigene vererbbare DNA enthalten. Man spricht in solchen Fällen vom Kerngenom und den Organellgenomen. Das Kerngenom ist das eigentliche in Chromosomen organisierte Genom der Zelle, welches sich im Zellkern befindet. Ein Organellgenom ist die Gesamtheit der genetischen Information des entsprechenden Organell-Typs. Organelle, welche eigene Genome enthalten, stammen nach der [[Endosymbiontentheorie]] von Bakterien ab, die in sehr früher Zeit der Lebewesenentwicklung in andere prokaryotische Wirtszellen eingewandert sind, wodurch - zusammen mit anderen Vorgängen - Eukaryoten entstanden sind. Das trifft sowohl auf die [[Mitochondrium|Mitochondrien]] als auch auf die [[Plastid]]en (z. B. [[Chloroplast]]en) zu. |
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Da die Organelle von ihren Wirtszellen versorgt werden, müssen sie ihrerseits nur spezielle Funktionen übernehmen. Diese Funktionen sind bei den Mitochondrien auf die [[Atmung]] und bei den Chloroplasten auf die [[Photosynthese]] fokussiert. Die Genome sind entsprechend klein. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Organelle eigene genetische Codes besitzen und spezielle [[Nukleotid]]e in den [[tRNA]]s aufweisen. Entsprechend ihrer Herkunft sind Organellgenome im Grunde Prokaryotengenome, wegen ihrer Größe werden sie eher als Plasmide bezeichnet. |
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Die Tatsache, dass die Mitochondrien nicht an der Rekombination durch die Meiose teilnehmen und bei Menschen (weitestgehend) durch die Eizelle nicht aber durch Spermien in die Zygote gelangen, führt dazu, dass bestimmte Bereiche in mitochondrialen Genomen als „evolutionäre Marker“ in der Humangenetik bzw. Populationsgenetik Anwendung finden. |
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===Virusgenome === |
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Die Genome von [[Virus|Viren]] besitzen einen geringen Umfang, da nur wenige Funktionen kodiert werden müssen. Eine Besonderheit stellen die RNA-Viren dar (z. B.[[Retrovirus|Retroviren]]) dar, da sie [[RNA]] statt [[DNA]] als „Informationsbasis“ -also als Genom- nutzen. RNA-Viren besitzen [[Reverse Transkriptasen]] um das Genom in [[Transkription|transkribierbare]] DNA-Moleküle zu verwandeln. Es gibt bei den Virengenomen alle denkbaren Kombinationen hinsichtlich der Art und Struktur der Nukleinsäure (siehe "[[Virus]]"). |
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===Anmerkungen=== |
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# {{note|Quelle1}} Quelle: Internationales [[Humangenomprojekt]] ([[IHGSC]]) Zeitschrift Nature (Bd. 431, S. 931). Von den 3,08 Milliarden Basenpaaren sind zur Zeit 2,88 Milliarden bei dem öffentlichen Genomprojekt verfügbar. |
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==Sequenzierte Genome im Internet== |
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Die DNA von Genomen verschiedener Organismen, die entweder für die medizinisch-pharmazeutische oder anwendungsorientierte Forschung oder auch für die [[Grundlagenforschung]] relevant sind, wurde annähernd vollständig "sequenziert" (man spricht auch fälschlicherweise vom "Entschlüsseln"), das heißt ihre Basensequenz wurde ermittelt ([[DNA-Sequenzierung]]). Die Basensequenzen werden über das Internet vom [[NCBI]] bereitgestellt. |
|||
:[[Archaeen|Archaea]] - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/a.html |
|||
:[[Bakterien|Bacteria]] - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/eub.html |
|||
::Escherichia coli ([[Colibakterien]]) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=562 |
|||
:[[Eukaryoten|Eukaryota]] - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/genomes/static/euk.html |
|||
::Homo sapiens ([[Mensch]]) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=9606 und http://www.hapmap.org/ |
|||
::Felis catus ([[Hauskatze]]) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=9685 |
|||
::Mus musculus (Haus[[Hausmaus|maus]]) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=10090 |
|||
::Drosophila melanogaster ([[Fruchtfliege]]) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=7227 |
|||
::Arabidopsis thaliana ([[Ackerschmalwand]]) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=3702 |
|||
::Oryza sativa ([[Reis]]) - http://www.ncbi.nlm.nih.gov/Taxonomy/Browser/wwwtax.cgi?id=4530 |
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'''Siehe auch''': [[Humangenomprojekt]] |
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==Literatur== |
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*Martin Mahner, Michael Kary: ''What Exactly Are Genomes, Genotypes and Phenotypes? And What About Phenomes?'' Journal of Theoretical Biology 186, 1997, 55-63. |
|||
* Ernst Peter Fischer: ''Das Genom''. Fischer Taschenbuch Verlag, Oktober 2002, ISBN 3-596-15362-x |
|||
* W. Wayt Gibbs: Preziosen im DNA-Schrott. Spektrum der Wissenschaft, Februar 2004, S. 68 - 75, ISSN 0170-2971 |
|||
* W. Wayt Gibbs: ''DNA ist nicht alles''. Spektrum der Wissenschaft, März 2004, S. 68 - 75, ISSN 0170-2971 |
|||
==Siehe auch== |
|||
* [[Genetik]] |
|||
* [[Molekularbiologie]] |
|||
* [[Molekularbiologische Datenbanken]] |
|||
* [[Proteinbiosynthese]] |
|||
* [[DNA-Sequenzanalyse]] |
|||
* [[Gen]] |
|||
* [[Mitochondrium]] |
|||
* [[mtDNA]] |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4156640-3|LCCN=sh85053924|NDL=01009114}} |
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[[Kategorie:Genetik]] |
[[Kategorie:Genetik]] |
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[[Kategorie:Bioinformatik]] |
[[Kategorie:Bioinformatik]] |
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[[Kategorie:Kofferwort]] |
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[[Kategorie:Nukleinsäure-Biochemie]] |
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[[ca:Genoma]] |
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[[cs:Genom]] |
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[[da:Arvemasse]] |
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[[en:Genome]] |
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[[es:Genoma]] |
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[[et:Genoom]] |
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Aktuelle Version vom 20. Juni 2025, 15:31 Uhr


Das Genom, auch Erbgut (oder Erbmasse) eines Lebewesens oder eines Virus, ist die Gesamtheit der materiellen Träger der vererbbaren Informationen einer Zelle oder eines Viruspartikels: Chromosomen, Desoxyribonukleinsäure (DNS = DNA) oder Ribonukleinsäure (RNS = RNA) bei RNA-Viren, bei denen RNA anstelle von DNA als Informationsträger dient. Im abstrakten Sinn versteht man darunter auch die Gesamtheit der vererbbaren Informationen (Gene) eines Individuums.
Die Bezeichnung Genom wurde, nach der durch Thomas Hunt Morgan gelungenen Verknüpfung[1] der Chromosomentheorie der Vererbung mit der durch Wilhelm Johannsen aufgestellten Hypothese von Genen als Erbeinheiten, 1920 von Hans Winkler geprägt. Experimentelle Untersuchungen der Erbgutträger in der Zelle werden seit den 1920er Jahren durchgeführt.[2] Das Teilgebiet der Genetik, das sich mit der Erforschung des Aufbaus von Genomen und der Wechselwirkungen zwischen Genen befasst, wird als Genomik (englisch genomics) bezeichnet.[3]
Der Sprachgebrauch ist dabei in der Genetik nicht einheitlich. Im ursprünglichen Sinn bezieht sich das Genom nur auf den einfachen monoploiden DNA-Satz. Heute wird auch oft vom Genom allopolyploider Arten (mit mehreren unterschiedlichen Chromosomensätzen, wie Weizen) gesprochen; manchmal werden die unterschiedlichen Chromosomensätze dann als „Subgenom“ unterschieden.[4] Meist wird aber das Kerngenom des Zellkerns unterschieden vom Genom der Zellorganellen, dem mitochondrialen Genom und dem Plastiden-Genom. Auch dies wird allerdings zwischen verschiedenen Autoren nicht einheitlich gehandhabt[5], so dass auch die Gesamtheit der Erbinformationen als Genom bezeichnet werden kann (was dann mit der Bedeutung des Fachbegriffs Genotyp überlappt).
Nach strenger Auslegung besitzt ein diploider Organismus zwei Genome: ein mütterliches (maternales), von der Mutter ererbtes und ein väterliches (paternales) vom Vater ererbtes, jeweils auf einem Chromosomensatz, ein einzelnes Genom hätte nur jeder Gamet. Bei der Genomanalyse können diese aber im Regelfall nicht unterschieden werden, so dass es sich eingebürgert hat, vom Genom eines Individuums zu sprechen. Dieser unklare Bezug auf den diploiden bzw. haploiden Satz führt etwa bei der Bestimmung der Genomgröße manchmal zu Missverständnissen.[6] Oft wird sogar weiter verallgemeinert zum Genom einer Art, etwa dem menschlichen Genom. Dabei wird dann die individuelle Variation der verschiedenen Allele an einem Genlocus, allgemeiner die individuelle Verschiedenheit der individuellen Genotypen, in der Betrachtung vernachlässigt; man spricht vom Referenzgenom.
Grundlagen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die für die Vererbung von Eigenschaften und Merkmalen erforderliche und auf der Ebene der Zellen und der Individuen weitergegebene Information ist in der DNA enthalten, und zwar in der Sequenz (Abfolge) der DNA-Basen Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C) und Thymin (T). Ribonukleinsäuren verwenden anstelle des Thymins die Base Uracil (U). Jeweils drei aufeinanderfolgende Basen bedeuten nach der Regel des genetischen Codes eine Aminosäure.
Man unterscheidet codierende und nichtcodierende Abschnitte der DNA. Nach Maßgabe der Basensequenz der codierenden Abschnitte (Gene) werden im Zuge der Genexpression aus Aminosäuren Proteine gebildet. Aber auch nichtcodierende Bereiche können wichtige Funktionen aufweisen, so etwa bei der Genregulation. Außerdem gibt es die sogenannten Pseudogene: durch Mutationen funktionslos gewordene und vom Organismus nicht mehr abgelesene Gene.
Die meisten Organismen besitzen neben der chromosomalen DNA des Zellkerns (nukleäre DNA, auch Karyom genannt) weiteres genetisches Material in anderen Zellteilen. Eigene kleine Genome finden sich bei Eukaryoten (Tiere, Pflanzen, Pilze und Protisten) in Organellen:
- den Mitochondrien (Mitogenom, auch Chondriom) und teilweise in ihren Abkömmlingen, den Hydrogenosomen;
- bei Algen und Landpflanzen fast immer in den Chloroplasten und anderen Plastiden (Plastom).
Prokaryoten (Bakterien und Archaeen) enthalten vielfach zusätzliche, relativ kurze, in sich geschlossene DNA-Moleküle, die als Plasmide bezeichnet werden.
Organisation von Genomen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eukaryoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei den Eukaryoten besteht das Kern-Genom (Karyom oder Nucleom,[7] nicht zu verwechseln mit dem „Kerngenom“ als Teil des Pangenoms) aus mehreren bis zahlreichen strangförmigen Chromosomen. Die Kern-DNA wird auch als nukleäre DNA (nDNA) bezeichnet. Die Anzahl der Chromosomen ist artspezifisch verschieden und kann zwischen zwei (beim Pferdespulwurm) und mehreren hundert (bei manchen Farnen) variieren. Außerdem ändert sich die Chromosomenzahl beim Wechsel der Kernphase (Meiose und Karyogamie). Charakteristisch für eukaryotische Genome ist weiterhin ein hoher Anteil an nichtcodierender DNA (beim Menschen etwa 95 %) und die Intron-Exon-Struktur der Gene.
Prokaryoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei den Prokaryoten liegt die DNA als langes, in sich geschlossenes Molekül vor. Daneben können kürzere, ebenfalls in sich geschlossene DNA-Moleküle, sogenannte Plasmide, in variabler Anzahl vorhanden sein. Diese können unabhängig von der Haupt-DNA vervielfältigt und an andere Prokaryotenzellen weitergegeben werden (Konjugation), auch über Artgrenzen hinweg. Sie enthalten in der Regel nur wenige Gene, die zum Beispiel Resistenzen gegen Antibiotika vermitteln.
Prokaryotische Genome sind im Allgemeinen wesentlich kleiner als eukaryotische. Sie enthalten relativ geringe nichtcodierende Anteile (5–20 %) und auch nur wenige oder gar keine Introns.
Organellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Genome der Mitochondrien/Hydrogenosomen und Plastiden sind – soweit vorhanden – wie prokaryotische Genome organisiert (vgl. Endosymbiontentheorie). Die ‚Mitogenome‘ (seltener auch ‚Chondriome‘, mtDNA) und ‚Plastome‘ (cpDNA, seltener ctDNA) enthalten jedoch nur einen geringen Teil der für die Funktion dieser Organellen benötigten Gene, weshalb diese Organellen als „semi-autonom“ bezeichnet werden.
Viren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Virale Genome sind sehr klein, da in ihnen nur recht wenige Proteine codiert sind und die genetische Information zudem hochgradig verdichtet ist, indem etwa verschiedene Gene überlappen oder manche Abschnitte zugleich in beiden Leserichtungen als Gene fungieren können. Das virale Genom (auch Virom genannt) kann
- aus der DNA oder RNA bestehen,
- in mehrere Teile unsegmentiert (monopartit) oder segmentiert (multipartit: bipartit, tripartit, …) vorliegen,
- bei Riesenviren werden die Genomteile üblicherweise englisch scaffolds genannt, siehe z. B. Yasminevirus, Fadolivirus, …
- die Segmente können linear oder zirkulär geschlossen sein,
- und doppel- oder einzelsträngig vorliegen (im letzteren Fall mit unterschiedlicher Polarität); in einzelnen Fällen gibt es auch partiell doppelsträngige Genomsegmente.
Eine Besonderheit stellen die Retroviren dar, deren RNA-Genom mittels reverser Transkription in DNA „übersetzt“ und dann (wie auch bei vielen DNA-Viren) in das Wirtsgenom integriert werden kann. Geschieht das in der Keimbahn des Wirtsorganismus, wird das so endogenisierte Virus vererbt. Die Eigenschaften der Genome der Viren sind wichtige Kriterien bei deren Klassifizierung (Virusklassifikation).
Manche Viren und insbesondere Virophagen (Viren, die andere Viren parasitieren) haben mobile genetische Elemente (Transposons, Transpovirons, Polintons). Generell wird deren Gesamtheit auch als Mobilom bezeichnet.[8]
Viroide
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die genomische RNA der Viroide ist zwischen 241 und 401 Nukleotide kurz und enthält viele komplementäre Bereiche, die doppelsträngige Sekundärstrukturen ausbilden. Viroide haben keine zusätzliche Hülle und sind 80- bis 100-fach kleiner als die kleinsten Viren. Sie vermehren sich innerhalb lebender Zellen höherer Pflanzen.[9]
Genomgrößen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Genomgröße wird die in einem Genom vorhandene Menge an DNA bezeichnet. Bei Eukaryoten bezieht sich diese Angabe gewöhnlich auf den haploiden Chromosomensatz, dies wird auch als C-Wert bezeichnet. Es wird entweder die Anzahl der vorhandenen Basenpaare (bp) oder die Masse der DNA in der Einheit pg (Pikogramm) angegeben. 1 pg doppelsträngiger DNA besteht aus etwa 0,978·109 bp, also aus knapp einer Milliarde Basenpaaren. Üblich sind auch die Bezeichnungen Kilo-Basenpaar (kbp oder kb) für 1.000 Basenpaare und Mega-Basenpaar (Mbp oder Mb) für eine Million Basenpaare.
Nach neueren Untersuchungen besitzt der Südamerikanische Lungenfisch (Lepidosiren paradoxa) mit 80 pg (7,84 × 1010 bp) das größte bisher bekannte tierische Genom.[10] Ältere, aber wohl ungenauere Untersuchungen zeigen mit etwa 133 pg noch größere Genome, die ebenfalls bei Lungenfischen, allerdings bei der afrikanischen Art Äthiopischer Lungenfisch (Protopterus aethiopicus) gefunden wurden.[11] Mit 0,04 pg (weniger als 50 Millionen Basenpaare) besitzt das zum primitiven Tierstamm Placozoa gehörende, auf Algen lebende, etwa 2 mm große, wenig differenzierte Trichoplax adhaerens das kleinste bisher bekannte tierische Genom.[11] Die Zahl der Basenpaare des Darmbakteriums Escherichia coli ist nur um einen Faktor 10 kleiner. Das kleinste bisher quantifizierte bakterielle Genom besitzt der Blattfloh-Endosymbiont Carsonella ruddii: Sein zirkuläres DNA-Molekül enthält nur knapp 160.000 Basenpaare, in denen sämtliche Informationen gespeichert sind, die er zum Leben braucht.[12]
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1in Basenpaaren bzw. Nukleotiden 2Anzahl der Gene pro Millionen Basenpaare |
Stand 2020 hat das haploide Genom einer menschlichen Zelle eine Länge von etwa 3,1 Milliarden Basenpaaren.[15] Bei einem diploiden Genom und einer Länge von 0,34 nm pro Basenpaar ergibt sich damit in jedem Zellkern eine Gesamtlänge von gut zwei 2 Metern DNA.[17]
Ein Vergleich der Genomgröße mit der Komplexität und dem Organisationsgrad des Organismus ergibt keinen klaren Zusammenhang.[18] So haben Schwanzlurche größere Genome als Reptilien, Vögel und Säugetiere. Lungenfische und Knorpelfische haben größere Genome als Echte Knochenfische, und innerhalb von Taxa wie den Blütenpflanzen oder Protozoen variiert die Genomgröße in hohem Maß. Dies wird als „C-Wert-Paradoxon“ bezeichnet. Die größte DNA-Menge weisen einfache Eukaryoten wie einige Amöben sowie die Urfarne mit rund einer Billion Basenpaaren auf. Diese Arten enthalten einzelne Gene als tausendfache Kopien und lange, nicht proteincodierende Abschnitte.
Sequenzierte Genome
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die DNA von Genomen verschiedener Organismen, die entweder für die medizinisch-pharmazeutische oder anwendungsorientierte Forschung oder auch für die Grundlagenforschung relevant sind, wurde annähernd vollständig „sequenziert“ (man spricht auch umgangssprachlich von „Entschlüsseln“), das heißt, ihre Basensequenz wurde ermittelt (per DNA-Sequenzierung, teilweise nach einer Genomamplifikation). Die Basensequenzen werden über das Internet u. a. vom NCBI bereitgestellt.
- Übersichten
- Quick Guide to Sequenced Genomes (GNN) (Übersichtsseite, in alphabetischer Ordnung findet man bisher sequenzierte Organismen mit Abbildungen, Kurzinformationen, für die Sequenzierung verantwortliche Institution und relevante Literatur mit Links)
- NCBI Resources Genome
- Einzelne Genome
Pangenom
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Pangenom bezeichnet die Gesamtheit der Gene in einer Art (Spezies), die eine Fortpflanzungsgemeinschaft darstellt. Das Pangenom umfasst zwei Untergruppen: Das Kerngenom (nicht zu verwechseln mit den Nucleom, dem Genom des Zellkerns bei Eukaryoten), das die Gene umfasst, die in jedem Mitglied der Spezies vorkommen und das variable (akzessorische) Genom, das die Gene beinhaltet, die nur in einzelnen Mitgliedern der Art vorhanden sind.[20] Das Pangenom wurde zunächst bei Bakterien beschrieben, bei denen ein horizontaler Gentransfer zwischen verschiedenen Organismen häufig vorkommt. Bei Pflanzen wurde das Pangenom erst nach DNA-Sequenzierung des vollständigen Genoms verschiedener Varietäten einer Art nachgewiesen. Der Anteil des variablen Genoms schwankt zwischen 19 % beim Gemüsekohl (Brassica oleracea) und 62 % bei der Gerste (Hordeum vulgare).[21] Es ist zu beachten, dass diese Zahlen durch die Anzahl der sequenzierten Varietäten beeinflusst werden. Ein Vergleich von Nutzpflanzen mit der entsprechenden Wildform zeigt, dass häufig Gene bei der Domestizierung verloren gehen.[22] Da diese Gene für erwünschte Eigenschaften codieren können (z. B. Resistenzgene), ist es von Interesse diese Gene in Nutzpflanzen zurückzuführen (siehe Grüne Gentechnik).
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Epigenetik
- Dotplot
- Humangenomprojekt
- Molekularbiologische Datenbanken
- mitochondriale DNA (Mitogenom oder Chondriom) und hydrogenosomale DNA beim Wimpertierchen Nyctotherus ovalis
- Chloroplasten-DNA (Plastom)
- Genetischer Code
- Transkriptom
- Proteom
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ernst Peter Fischer: Das Genom. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-596-15362-X.
- Ernst-Ludwig Winnacker: Das Genom. Möglichkeiten und Grenzen der Genforschung. Eichborn, 2002, ISBN 3-8218-3931-7.
- Martin Mahner, Michael Kary: What Exactly Are Genomes, Genotypes and Phenotypes? And What About Phenomes? In: Journal of Theoretical Biology. Band 186, 1997, S. 55–63. PMID 9176637 doi:10.1006/jtbi.1996.0335
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Genom im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Werner Sohn: Genom. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. de Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 475 f.; hier: S. 475.
- ↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 63.
- ↑ National Human Genome Research Institute: FAQ About Genetic and Genomic Science. Abgerufen am 9. Dezember 2013.
- ↑ A. V. Zelenin, A. V. Rodionov, N. L. Bolsheva, E. D. Badaeva, O. V. Muravenko (2016): Genome: Origins and Evolution of the Term. Molecular Biology 50 (4): 542–550.
- ↑ A. Stencel & B. Crespi (2013): What is a genome? Molecular Ecology 22: 3437–3443. doi:10.1111/mec.12355
- ↑ Johann Greilhuber, Jaroslav Dolezel, Martin A Lysák, Michael D Bennett (2005): The origin, evolution and proposed stabilization of the terms 'genome size' and 'C-value' to describe nuclear DNA contents. Annals of Botany 95 (1): 255–260. doi:10.1093/aob/mci019
- ↑ Uwe Sonnewald: Die genetischen Systeme der Pflanzenzelle, in: J. W. Kadereit (Hrsg.): Strasburger – Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, Springer, Berlin–Heidelberg 2014, S. 199–208, doi:10.1007/978-3-642-54435-4_7
- ↑ Ed Yong: A Parasite’s Parasites. In: The Scientist. 15. Oktober 2012.
- ↑ R. Flores, R. A. Owens: Viroids. In: Brian W. J. Mahy, Marc H. van Regenmortel (Hrsg.): Encyclopedia of Virology. 3. Auflage. Band 5, San Diego 2008, ISBN 978-0-12-373935-3, S. 332–342.
- ↑ A. E. Vinogradov: Genome size and chromatin condensation in vertebrates. In: Chromosoma. Band 113, 2005, S. 362–369.
- ↑ a b T. R. Gregory: Animal Genome Size Database. 2005.
- ↑ Petra Jacoby: Spektrum der Wissenschaft. Band 5, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft, 2007, S. 16 f.
- ↑ BioNumber Details Page - Genome size of HIV-1 HXB2. auf: bionumbers.hms.harvard.edu.
- ↑ Der Wasserfloh und seine rekordverdächtigen inneren Werte. Auf: wissenschaft.de vom 4. Februar 2011.
- ↑ a b Human assembly and gene annotation. Abgerufen am 2. März 2021.
- ↑ Pol Fernández, Rémy Amice, David Bruy, Maarten J.M. Christenhusz, Ilia J. Leitch, Andrew L. Leitch, Lisa Pokorny, Oriane Hidalgo, Jaume Pellicer: A 160 Gbp fork fern genome shatters size record for eukaryotes. In: iScience. Mai 2024, ISSN 2589-0042, S. 109889, doi:10.1016/j.isci.2024.109889.
- ↑ B. Alberts, A. Johnson, J. Lewis et al.: Molecular Biology of the Cell. 4. Auflage. Garland Science, New York 2002, ISBN 0-8493-7161-9 (online link zum entsprechenden Kapitel.).
- ↑ Siehe etwa Molekulargenetik der Eukaryoten (Universität Mainz, PDF; 7,9 MB), S. 7.
- ↑ Daniel Lang, Andreas Zimmer, Stefan Rensing, Ralf Reski: Exploring plant biodiversity: the Physcomitrella genome and beyond. In: Trends in Plant Science. Band 13, 2008, S. 542–549. doi:10.1016/j.tplants.2008.07.002
- ↑ M. A. Brockhurst u. a.: The Ecology and Evolution of Pangenomes. In: Curr Biol. Band 29, Nr. 20, 2019, S. R1094–R1103. doi:10.1016/j.cub.2019.08.012
- ↑ G. F. Richard: Eukaryotic Pangenomes. In: H. Tettlin, D. Medini (Hrsg.): The Pangenome. Springer, Cham 2020. doi:10.1007/978-3-030-38281-0_12
- ↑ L. Gao u. a.: The tomato pan-genome uncovers new genes and a rare allele regulating fruit flavor. In: Nat Genet. Band 51, Nr. 6, 2019, S. 1044–1051. doi:10.1038/s41588-019-0410-2