„Chemische Evolution“ – Versionsunterschied
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{{Weiterleitungshinweis|Ursuppe|Eine weitere Bedeutung von ''Ursuppe'' wird unter [[Ursuppe (Spiel)]] behandelt.}} |
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'''Chemische Evolution''' oder auch präbiotische [[Evolution]] ist die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte derjenigen [[Molekül]]e, die in [[Lebewesen]] von Bedeutung sind. Dabei entstanden aus [[anorganisch]]en Molekülen durch Einwirkung von Energie [[organisch]]e, präbiotische Moleküle. |
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Als '''chemische Evolution''' oder '''Abiogenese''' bezeichnet man die Entstehung von [[Lebewesen]] aus [[Anorganische Chemie|anorganischen]] und [[Organische Chemie|organischen]] Stoffen.<ref>{{Literatur |Autor=Martina Preiner |Titel=Schöne, alte RNA Welt |Sammelwerk=[[Spektrum.de]] |Datum=2016 |Seiten=1 |Online=http://www.spektrum.de/news/stand-die-rna-am-anfang-des-lebens/1413735}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://www.spektrum.de/lexikon/biochemie/abiogenese/14 |titel=Abiogenese |werk=Lexikon der Biochemie |abruf=2017-11-26}}</ref> Sie begann im [[Hadaikum]] (bis vor etwa 4 Milliarden Jahren), dem ersten Abschnitt des [[Präkambrium]]s. Im [[Eoarchaikum]], dem zweiten Abschnitt des Präkambriums, begann die [[Evolution]] zellulärer Organismen. Es entstanden [[Prokaryoten]]. Seither bildet sich Leben aus Leben ([[Biogenese]]). Die unbekannte Mischung anorganischer Substanzen, welche die Entstehung von Leben ermöglichte, wird häufig als '''Ursuppe''' ({{enS|primordial soup}}), '''Urschleim''' oder auch '''Urschlamm''' bezeichnet, wobei diese Vorstellung jedoch umstritten ist. |
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==Einleitung== |
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Die [[Rekonstruktion]] dieser Entwicklungsgeschichte ist schwierig, weil [[Fossil|Fossilien]] und genaue Kenntnisse der geochemischen Verhältnisse der [[Erde]] vor ca. 3,8 Milliarden Jahren fehlen. |
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Kennzeichen der chemischen Evolution ist die spontane Strukturbildung durch [[Autokatalyse]], einschließlich der Entstehung der [[Homochiralität]]. Voraussetzung sind [[Fließgleichgewicht]]e fernab des [[Thermodynamisches Gleichgewicht|thermodynamischen Gleichgewichts]]. Als wahrscheinlicher Antrieb gelten thermische und chemische Gradienten heißer Quellen im Meeresboden. Die [[Charles Darwin|darwinschen]] Mechanismen der biologischen [[Evolutionstheorie]] (''[[Genetische Variation|Variation]]'', ''[[Selektion (Evolution)|Selektion]]'' und ''[[Reproduktion]]'') liegen den meisten Hypothesen hingegen ''nicht'' zugrunde.<ref>[[Georg Toepfer]]: ''Generelle Evolutionstheorie.'' In: Philipp Sarasin, Marianne Sommer (Hrsg.): Evolution: Ein interdisziplinäres Handbuch. Metzler Verlag 2010. ISBN 978-3-476-02274-5, S. 127</ref> |
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Deshalb existieren verschiedene [[Hypothese]]n zum Ablauf der chemischen Evolution. Sie werden hauptsächlich durch Experimente gestützt, die auf Annahmen über die damalige chemische Zusammensetzung der [[Atmosphäre]], [[Hydrosphäre]] und [[Lithosphäre]] sowie [[Klima|klimatische]] Bedingungen beruhen. Auf die Ursprünge der Hydrosphäre geht der Artikel [[Herkunft des irdischen Wassers]] näher ein. |
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Zum Ablauf der chemischen Evolution existieren diverse Hypothesen. Sie werden hauptsächlich durch Experimente gestützt, die auf [[Geologie|geologischen]] Erkenntnissen über die damalige chemische Zusammensetzung der [[Erdatmosphäre]], der [[Hydrosphäre]] und der [[Lithosphäre]] sowie [[klima]]tische Bedingungen beruhen. So konnte zwar bereits die chemische Entstehung komplexer Moleküle beobachtet werden, die für biologische Abläufe notwendig sind, jedoch noch keine Bildung eines lebenden Systems. Die Experimente reichen momentan nicht zur Formulierung einer geschlossenen [[Theorie]] aus, die erklären kann, wie das Leben entstand.<ref>{{Literatur |Autor=Springer-Verlag GmbH |Titel=Leben durch chemische Evolution? Eine kritische Bestandsaufnahme von Experimenten und Hypothesen |Auflage=1. Auflage 2019 |Ort=Berlin, Heidelberg |Datum=2019 |ISBN=978-3-662-57978-7}}</ref> |
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Sicher scheint zu sein, dass sich nur eine Form von Leben, nämlich die auf [[Nukleinsäuren]] ([[Ribonukleinsäure|RNA]] und [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]) beruhende, durchgesetzt hat (falls weitere existiert haben sollten bzw. überhaupt möglich sind). Wesentliche Indizien für diese Theorie sind die Gleichheit der Bausteine der zwei wesentlichsten lebenstypischen [[Makromolekül]]e in allen bekannten Lebensformen (die fünf [[Nukleotide]] als Bausteine der Nukleinsäuren und die 21 [[Aminosäuren]] als Bausteine der [[Proteine]]) und der universell gültige [[Genetischer Code|genetische Code]]. |
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==Übersicht== |
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== Vorüberlegungen == |
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Hypothesen zur chemischen Evolution müssen verschiedene Aspekte erklären: |
Hypothesen zur chemischen Evolution müssen verschiedene Aspekte erklären: |
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# Die |
# Die abiogene Entstehung der Biomoleküle, das heißt ihre Entwicklung aus nichtlebenden beziehungsweise nichtorganischen Vorläufern ([[Kosmochemie]]). |
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# Die Entstehung sich selbst replizierender und variierender chemischer Informations-Systeme. |
# Die Entstehung sich selbst replizierender und variierender chemischer Informations-Systeme, das heißt die Entstehung von [[Zelle (Biologie)|Zellen]] (vermutlich in Koevolution mit [[Viren]]). |
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# Die Entstehung der gegenseitigen Abhängigkeit von Funktion ([[Enzym]]e) und Information ( |
# Die Entstehung der gegenseitigen Abhängigkeit von Funktion ([[Enzym]]e) und Information (RNA, DNA). |
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# Die Umweltbedingungen der Erde vor 4,5 bis 3,5 Milliarden Jahren. |
# Die Umweltbedingungen der Erde vor 4,5 bis 3,5 Milliarden Jahren (oder möglicherweise auf vergleichbaren anderen Himmelskörpern in unserem oder anderen [[Planetensystem]]en – wie Monde, [[Exoplanet]]en, Exo-Monde oder gar [[Planemo]]s, jetzt oder früher). |
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Ältere Vorstellungen zur [[Spontanzeugung]] waren 1860 durch [[Louis Pasteur#Die spontane Entstehung von Leben|Experimente von Louis Pasteur]] nun auch für die [[Mikrobiologie]] widerlegt.<ref>D. Huizuga: ''Zur Abiogenesis-Frage.'' In: E.F.W. Pflüger (Hrsg.): ''Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere''. Band 7, Cohen, Bonn 1873, S. 549–574, ({{Google Buch|BuchID=VCJZAAAAcAAJ|Seite=549}}).</ref> Die neuen Wissenschaften der [[Zellbiologie]], [[Virologie]] und der [[Biochemie]] (Molekularbiologie) konnten zwar die Evolutionstheorie erhärten, erhellten aber auch die enorme Komplexität der Lebensvorgänge, sodass eine Beantwortung der Frage nach dem Beginn hoffnungslos schien und zunächst weitgehend ausgeblendet wurde.<ref>Iris Frey im Interview mit Chris Impey (Hrsg.): ''Talking about Life: Conversations on Astrobiology''. Cambridge 2010, ISBN 978-0-521-51492-7, S. 13–21, ({{Google Buch |BuchID=b0PitqEu5oQC |Seite=17 |Hervorhebung="dilemma between Pasteur and Darwin"}}).</ref> |
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Beiträge dazu kommen unter anderem von folgenden Wissenschaftlern: |
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Noch steht ein einheitliches Modell zur chemischen Evolution aus, möglicherweise weil grundlegende Prinzipien noch nicht entdeckt wurden. |
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*[[Alexander Iwanowitsch Oparin|Alexander Oparin]]: Koazervate ([[Chemische_Evolution#Koazervate|siehe unten]]) |
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*[[Harold Clayton Urey|Harold C. Urey]] und [[Stanley Miller|Stanley L. Miller]] 1953: Entstehung einfacher Biomoleküle in einer simulierten [[Uratmosphäre]] ([[Chemische_Evolution#Das Miller-Experiment|siehe unten]]) |
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*[[Sydney Fox]]: Mikrosphären aus Protenoiden ([[Chemische_Evolution#Mikrosphären|siehe unten]]) |
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*[[Thomas Cech|Thomas R. Cech]] (Universität von Colorado) und [[Sidney Altman]] (Yale-Universität New Haven Connecticut) 1981: [[Autokatalyse|autokatalytisches]] [[Ribonukleinsäure|RNA]]-[[Spleißen]]: „[[Ribozym]]e“ vereinigen [[Katalyse]] und Information in einem Molekül. Sie vermögen sich aus einer längeren RNA-Kette selbst herauszuschneiden und die verbleibenden Enden wieder zusammenzufügen. |
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*[[Walter Gilbert]] (Harvard Universität Cambridge) entwickelt 1986 die Idee der RNA-Welt ([[Chemische_Evolution#Die_RNA-Welt|siehe unten]]) |
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*[[Günter von Kiedrowski]] ([[Ruhr-Universität Bochum]]) veröffentlicht 1986 das erste selbstreplizierende System auf der Grundlage eines Hexanukleotids(DNA), wichtige Beiträge zum Verständnis der Wachstumsfunktionen selbstreplizierender Systeme. |
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*[[Manfred Eigen]] ([[Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie]] Göttingen): Evolution von RNA-Protein-Ensembles. [[Hyperzyklus]]. |
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*[[Julius Rebek|Julius Rebek jr.]] ([[Massachusetts Institute of Technology|MIT]] Cambridge) stellt ein künstliches Molekül her (Aminoadenosintriazidester), das sich in Chloroformlösung selbst repliziert. Allerdings sind die Kopien identisch mit der Vorlage, so dass eine Evolution für diese Moleküle nicht möglich ist. |
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*[[John Corliss|John B. Corliss]] (Goddard-Raumfahrtzentrum der NASA): [[Hydrothermal]]e Schlote der Meere liefern Energie und Chemikalien, die eine von Meteoriten-Einschlägen weitgehend ungestörte chemische Evolution ermöglichen. Heute noch sind sie Lebensraum für die in vielen Merkmalen sehr urtümlichen Archaebakterien ([[Archaea]]). |
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*[[Günter Wächtershäuser]] (München): Die ersten sich selbst replizierenden Strukturen mit Stoffwechsel seien auf der Oberfläche von [[Pyrit]] entstanden. Das Eisensulfid des Pyrits habe hierzu die notwendige Energie geliefert. Mit den wachsenden und wieder zerfallenden Pyritkristallen hätten diese Systeme wachsen und sich vermehren können und die verschiedenen Populationen seien unterschiedlichen Umweltbedingungen ([[Selektion]]sbedingungen) ausgesetzt gewesen. |
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*[[Cairns-Smith|A. G. Cairns-Smith]] (Universität Glasgow) und [[David Mauerzall|David C. Mauerzall]] (Rockefeller-Universität New York) sehen in [[Tonmineral|Tonmineralien]] ein System, das zunächst selbst einer chemischen Evolution unterworfen ist, wodurch viele verschiedene, sich selbst replizierende Kristalle entstehen. Diese Kristalle ziehen auf Grund ihrer elektrischen Ladung organische Moleküle an und katalysieren die Synthese komplexer Biomoleküle, wobei der Informationsgehalt der Kristallstrukturen zunächst als [[Matrize]] dient. Diese organischen Gebilde werden immer komplexer, bis sie sich ohne Hilfe der Tonmineralien vermehren können. |
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*[[Mark Dörr]] et al. ([[Max-Planck-Institut für Biogeochemie]] Jena) zeigen 2003, dass Eisensulfid die Synthese von Ammoniak aus molekularem Stickstoff katalysieren kann. |
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=== Biomoleküle === |
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Noch steht eine einheitliches Modell zur chemischen Evolution aus, möglicherweise weil grundlegende Prinzipien noch nicht entdeckt wurden. |
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[[Datei:Relationship Chart Biomolecules German.svg|mini|550px|Entstehung und Funktion von Biomolekülen]] |
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==Vorüberlegungen== |
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===Biomoleküle=== |
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Die präbiotische Entstehung der komplexen organischen Moleküle kann in drei Schritte unterteilt werden: |
Die präbiotische Entstehung der komplexen organischen Moleküle kann in drei Schritte unterteilt werden: |
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#Entstehung einfacher organischer Moleküle ([[Alkohol]]e, [[Säure]]n, Heterozyklen wie [[Purin]]e und [[Pyrimidin]]e) aus anorganischen Stoffen. |
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#Entstehung |
# Entstehung einfacher organischer Moleküle ([[Alkohole]], [[Säuren]], Heterozyklen wie [[Purine]] und [[Pyrimidine]]) aus anorganischen Stoffen. |
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# Entstehung der Grundbausteine ([[Einfachzucker]], [[Aminosäuren]], [[Pyrrol]]e, [[Fettsäuren]], [[Nukleotide]]) komplexer organischer Moleküle aus einfachen organischen Molekülen. |
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#Entstehung der komplexen organischen Moleküle aus den Grundbausteinen. |
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# Entstehung der komplexen organischen Moleküle aus den Grundbausteinen. |
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|[[Bild:BioMoleküle.jpg|thumb|300px|Biomoleküle – Entstehung und Funktion]] |
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Die [[Elementaranalyse]] dieser Moleküle führt zu der Frage, welche anorganischen Verbindungen zu ihrer Entstehung notwendig waren. |
Die [[Elementaranalyse]] dieser Moleküle führt zu der Frage, welche anorganischen Verbindungen zu ihrer Entstehung notwendig waren. |
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|Zusammensetzung der Biomoleküle: |
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|+ Zusammensetzung der Biomoleküle |
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! !! C !! H !! O !! N !! S !! P |
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|+ mögliche anorganische Quelle der Elemente |
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! !! reduziert !! oxidiert |
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![[Kohlenstoff]] (C) |
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|mögliche anorganische Quelle der Elemente: |
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|[[Methan]] (CH<sub>4</sub>) |
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|[[Kohlenstoffdioxid]] (CO<sub>2</sub>), [[Kohlenstoffmonoxid]] (CO) |
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|[[Kohlenstoff]] (C) |
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|[[Kohlenstoffdioxid]] (CO<sub>2</sub>) |
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![[Wasserstoff]] (H) |
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|Wasserstoff (H<sub>2</sub>) |
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|[[Wasser]] (H<sub>2</sub>O) |
|[[Wasser]] (H<sub>2</sub>O) |
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![[Sauerstoff]] (O) |
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|H<sub>2</sub>O |
|Wasser (H<sub>2</sub>O) |
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|Sauerstoff (O<sub>2</sub>) |
|Sauerstoff (O<sub>2</sub>) |
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![[Stickstoff]] (N) |
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|[[Ammoniak]] (NH<sub>3</sub>) |
|[[Ammoniak]] (NH<sub>3</sub>) |
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|[[ |
|[[Nitrate]] (NO<sub>3</sub><sup>−</sup>) |
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![[Schwefel]] (S) |
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|[[Schwefelwasserstoff]] (H<sub>2</sub>S) |
|[[Schwefelwasserstoff]] (H<sub>2</sub>S) |
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|[[ |
|[[Sulfate]] (SO<sub>4</sub><sup>2−</sup>) |
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![[Phosphor]] (P) |
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|[[Monophosphan|Phosphin]] (PH<sub>3</sub>) |
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|[[Phosphate]] (PO<sub>4</sub><sup>3−</sup>) |
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Alle Hypothesen gehen davon aus, dass neben Wasser und Phosphat zunächst nur die reduzierten Formen der heute übliche chemischen Verbindungen in ausreichender Menge zur Verfügung standen, da die Uratmosphäre kaum molekularen Sauerstoff enthielt. |
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Alle Hypothesen gehen davon aus, dass neben Wasser und Phosphat zunächst nur die reduzierten Formen der heute üblichen chemischen Verbindungen in ausreichender Menge zur Verfügung standen, da die [[Uratmosphäre]] kaum molekularen Sauerstoff enthielt. |
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Als Energiequelle werden [[UV]]-Strahlen, Wärme [[Vulkan|vulkanischer]] Prozesse, ionisierende Strahlen [[Radioaktivität|radioaktiver]] Prozesse und elektrische Entladungen angenommen. Nach einigen sehr beachtenswertern neueren Theorien käme die nötige Energie für die Entstehung von Bio-Molekülen alternativ dazu auch aus anaeroben Redoxprozessen zwischen reduzierten vulkanischen Gasen und teilweise oxidierten sulfidischen Mineralien wie Pyrit (FeS<sub>2</sub>). |
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===Entwicklung der Erdatmosphäre=== |
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'''Hauptartikel: ''[[Entwicklung der Erdatmosphäre]]''''' |
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Als Energiequelle werden [[UV]]-Strahlen und Blitze angenommen.<ref name="Rauchfuss2006">Horst Rauchfuß: ''Chemische Evolution und der Ursprung des Lebens.'' Springer, 2006, ISBN 3-540-27666-1, ({{Google Buch |BuchID=Pi4lBAAAQBAJ |Seite=129}}).</ref> Nach einigen sehr beachtenswerten neueren Theorien käme die nötige Energie für die Entstehung von Bio-Molekülen alternativ dazu auch aus anaeroben [[Redoxreaktion|Redoxprozessen]] zwischen reduzierten vulkanischen Gasen und sulfidischen Mineralien wie [[Pyrit]] ([[Eisen(II)-disulfid|FeS<sub>2</sub>]]). |
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Die Entwicklung der Erdatmosphäre ist ein Teil der chemischem Evolution und zudem ein wichtiges Element der [[Klimageschichte]]. Sie wird heute in vier wesentliche Entwicklungsstufen unterschieden. |
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=== Rolle der Erdatmosphäre === |
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Am Anfang stand die [[Entstehung der Erde]] vor etwa 4,56 Milliarden Jahren. Dabei verfügte sie schon sehr früh über eine vermutlich aus [[Wasserstoff]] (H<sub>2</sub>) und [[Helium]] (He) bestehende Gashülle, die jedoch wieder verloren ging. Astronomen gehen darüber hinaus sogar davon aus, dass zunächst bei der Entstehung des Sonnensystems auf der Erde und allen anderen sonnennahen Planeten wegen der relativ hohen Temperaturen und den Effekten des Sonnenwinds nur wenig oder keine leichten [[Elemente]] (inklusive Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff) "übrig" geblieben sind. All diese Elemente, die heute den Hauptanteil an der Biosphäre ausmachen, wären nach dieser Theorie erst nach geraumer Zeit durch Kometeneinschläge aus den äußeren Bereichen des Sonnensystems angeliefert worden, nachdem sich die Protoplaneten etwas abgekühlt hatten. Da sich während der ersten einger hundert Millionen Jahre nach Entstehung des Sonnensystems ständig große Einschlagereignisse von Kometen und anderen "Impaktoren" wiederholten, wären lebende Systeme, die sich bereits in diesen Zeiten entwickelten, immer wieder durch globale Sterilisationen vernichtet worden, die durch große Kollisionen verursacht wurden. Die Entwicklung von Leben konnte so erst starten, nachdem sich flüssiges Wasser zumindest an den tiefsten Stellen der Meere auf Dauer halten konnte. |
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{{Hauptartikel|Entwicklung der Erdatmosphäre}} |
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Die Erdatmosphäre war zur Zeit der Abiogenese kühl, siehe das sogenannte [[Paradoxon der schwachen jungen Sonne]]. Sie hatte [[Reduktion (Chemie)|reduzierenden]] Charakter, war also weitgehend frei von molekularem [[Sauerstoff]] und ohne [[Ozonschicht]]. In der Atmosphäre sammelte sich bei heißen Temperaturen Wasserdampf. Dieser kondensierte und Wasser sammelte sich an der Oberfläche der Erde. |
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=== Die Rolle des Wassers für die Evolution des Lebens === |
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Durch die langsame Abkühlung der Erde, den dabei auftretenden [[Vulkanismus]] ([[Ausgasung]] aus dem Erdinneren) und die globale Verteilung der Materie eingeschlagener Kometen kam es zur Etablierung einer Atmosphäre. Darin sind als Verbindungen vor allem [[Wasserdampf]] (H<sub>2</sub>O; bis zu 80 %), [[Kohlendioxid]] (CO<sub>2</sub>; bis zu 20 %), [[Schwefelwasserstoff]] (bis 7 %) [[Ammoniak]] und [[Methan]] als Hauptbestandteile zu erwarten. Dabei handelt es sich um eben jene Produkte des Vulkanismus bzw. der Kometen, wie wir sie auch heute noch beobachten können. Der hohe Anteil des Wasserdampfs erklärt sich dadurch, dass die Erdoberfläche zu diesem Zeitpunkt noch zu warm war, um große Meere zu bilden. Das Wasser verdampfte zum Großteil sofort wieder, obwohl es über Millionen von Jahren pausenlos geregnet haben muss. Der eigentliche [[Herkunft des irdischen Wassers|Ursprung des Wassers]] (Vulkane, Kometen ?) ist jedoch noch nicht ganz unumstritten. Vor allem aus Wasser, Methan und Ammoniak können sich unter den Bedingungen der frühen Erde zunächst kleine organische Moleküle (Säuren, Alkohole, Aminosäuren), später auch organische Polymere (Polysaccharide, Fette, Polypeptide) bilden, die in der oxidierenden Atmosphäre nicht stabil sind. |
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[[Datei:Glacial iceberg in Argentina.jpg|mini|H<sub>2</sub>O ist eine [[chemische Verbindung]], die auf der Erde unter ''natürlichen'' Bedingungen in allen drei Aggregatzuständen vorkommt.]] |
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[[Leben]], wie wir es kennen (bzw. definieren), benötigt [[Wasser]] als universelles Lösungsmittel. Es hat Eigenschaften, die nach akzeptiertem naturwissenschaftlichem Verständnis die Entstehung von Leben ermöglichen (siehe auch [[anthropisches Prinzip]]). Möglicherweise kann Leben unabhängig von Wasser entstehen und existieren, viele Wissenschaftler nehmen aber an, dass die Anwesenheit von flüssigem Wasser (in einem bestimmten Gebiet oder auf einem bestimmten [[Planeten]], wie dem [[Mars (Planet)|Mars]]) unsere Art Leben nicht nur ermöglicht, sondern sein Entstehen sogar sehr wahrscheinlich macht. |
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Für die Entstehung des Lebens sind folgende Eigenschaften des Wassers relevant: |
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Nachdem die Temperatur der Atmosphäre unter den Siedepunkt des Wassers fiel, kam es zu einem extrem langen Dauerregen, nach dessen Ende sich die Ozeane gebildet hatten. Dementsprechend sollten sich die anderen Atmosphärengase relativ zum Wasserdampf angereichert haben. |
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Die hohe UV-Einstrahlung bedingte eine photochemische Zerlegung der Wasser-, Methan- und Ammoniakmoleküle, wodurch sich Kohlendioxid und Stickstoff ansammelten. Die leichten Gase wie Wasserstoff oder Helium verflüchtigten sich großteils in den Weltraum, Kohlendioxid löste sich in großen Mengen in den Ozeanen, wodurch ihr Wasser angesäuert wurde und der [[pH]]-Wert sich auf etwa 4 absenkte. Der inerte und wenig lösliche [[Stickstoff]] N<sub>2</sub> blieb unverändert, sammelte sich mit der Zeit an und bildete vor etwa 3,4 Milliarden Jahren den Hauptbestandteil der Atmosphäre. |
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* Wasser ist in einem Temperaturbereich flüssig, in dem organische Moleküle stabil sind. |
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Die Ausfällung des Kohlendioxids mit Metallionen als [[Carbonat]]e und die spätere Entwicklung von Lebewesen, die [[Kohlendioxid]] assimilierten, führte zu einer Verringerung der CO<sub>2</sub>-Konzentration und einem Wieder-Ansteigen der pH-Werte der Gewässer. |
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* Wasser ist als polares Medium für [[chemische Reaktion]]en besonders geeignet, da es eine [[Homogenität (Physik)|homogene]] Durchmischung ermöglicht, [[Proton (Chemie)|Protonen]] für [[Katalyse]]n zur Verfügung stellen kann und eine hohe [[Wärmekapazität]] hat und somit überschüssige Reaktionswärme aufnimmt. |
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* Die [[Dichteanomalie#Wasser|Anomalie des Wassers]] verhindert, dass Gewässer vom Grund aus vereisen, und sorgt für einen Bereich gleichmäßiger Temperatur. |
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* Wasser, in dem Stoffe gelöst sind, wie Meerwasser, bildet beim [[Trennverfahren (Verfahrenstechnik)#Trennung aufgrund des Gefrierpunktes|Ausfrieren]] Bereiche unterschiedlicher Stoffkonzentrationen, die von Eismembranen umgeben sind. Nach der umstrittenen Meereis-Hypothese des Physikers [[Hauke Trinks]] seien so nicht nur Biomoleküle, sondern auch das Leben entstanden. |
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== Hypothesen und Experimente zur chemischen Evolution == |
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Der [[Sauerstoff]] O<sub>2</sub> spielt die Hauptrolle bei der weiteren Entwicklung hin zu unserer heutigen Atmosphäre. Er wurde durch das Auftreten von Lebewesen mit oxygener [[Photosynthese]] gebildet, und zwar seit etwa 3,5 Milliarden Jahren; vermutlich waren es [[Cyanobakterien]] oder Cyanobakterien-ähnliche [[Prokaryoten]]. Deren CO<sub>2</sub>-Assimilation führte zwar zu einem weiteren Absinken der Kohlenstoffdioxidkonzentration, die Sauerstoffkonzentration der Atmosphäre blieb jedoch gering. Der Grund dafür ist, dass O<sub>2</sub> in den Ozeanen sofort zur Oxidation von zweiwertigen Eisenionen und anderen leicht oxidierbaren Verbindungen verbraucht wurde und sich in der Atmosphäre erst langsam ansammelte, nachdem diese Verbindungen vor etwa zwei Milliarden Jahren komplett oxidiert waren. |
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=== Erste Theorien zum Urschleim === |
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Nachdem die vormodernen Überlegungen der [[Spontanzeugung]] widerlegt waren, vertraten dennoch Biologen wie [[Jean-Baptiste de Lamarck]] die Überzeugung, dass es zumindest eine ''Urzeugung'' gegeben haben müsse. Auch [[Lorenz Oken]] vertrat 1805 die Theorie, dass alles Leben aus Ansammlungen kleiner Bläschen bestünde (dies war der Vorläufer der [[Zelltheorie]]) und mit ''Urschleim'' gefüllt sei, welcher sich aus anorganischer Materie zusammensetzte. Diese deutschen Fachbegriffe wurden durch Oken geprägt.<ref>Uta Henschel: ''Porträt Lorenz Oken: Ein Forscher wird entdeckt''. In: [[Geo (Zeitschrift)|Geo-Magazin]], April 2001, S. 158–176</ref> |
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=== Oparin-Haldane-Hypothese === |
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Der sehr reaktive Sauerstoff reagiert leicht mit einigen empfindlichen organischen Biomolekülen. Das vermehrte Auftreten von Sauerstoff vor zwei Milliarden Jahren stellte deshalb für die frühen Organismen einen gewaltigen [[Selektion|selektierenden]] [[Umweltfaktor]] dar. Nur wenige der damaligen vermutlich obligat anaeroben Organismen konnten sich in Sauerstoff-freie Lebensräume zurückziehen, ein anderer Teil entwickelte offenbar Enzyme, die toxische Peroxide oder andere Sauerstoff-Metabolite unschädlich machen (zum Beispiel [[Superoxid-Dismutase]]n, [[Peroxidase]]n und [[Katalase]]n). Schließlich entwickelten sich in einigen Mikroorganismen unter Beteiligung solcher Enzyme als Vorläufer-Formen sogar höchst komplexe Membran-Enzyme, das den anwesenden Sauerstoff metabolisch ausnutzen, um Energie für das Wachstum der eigenen Zellen zu konservieren, die Endoxidasen der aeroben [[Atmung]]sketten. Je nach Organismus gibt es mehrere verschiedene Formen von Endoxidasen, z. B. Chinol-Oxidasen oder Cytochrom c-Oxidasen, die jeweils auch noch unterschiedlich mit Kupfer-Ionen und Häminen enthaltenden aktiven Zentren ausgestattet sind und sich deshalb höchstwahrscheinlich aus mehreren paralleln Entwicklungslinien ableiten. In vielen Fällen sind sogar mehrere Endoxidase-Typen nebeneinander im selben Organismus zu finden und werden je nach den herrschenden Umweltbedingungen synthetisiert. Diese Enzyme stellen das letzte Glied von mehreren nacheinander geschaltenen Enzymkomplexen dar, die die Energie aus Redoxprozessen zunächst durch Translokation von Protonen oder Na-Ionen in Form von Membranpotential "zwischenspeichern". Das Membranpotential wird schließlich über einen weiteren Enzymkomplex, die ATP-Synthase, wieder zu chemischer Energie in Form von ATP umgewandelt. Die ATP Synthase und die sonstigen Komponenten der Atmungskette müssen evolutionsgeschichtlich dabei bereits wesentlich älter als die Endoxidasen sein, da sie (bzw. sehr ähnliche paraloge Systeme) auch in vielen obligat anaeroben Stoffwechselprozessen (anaerobe Atmung, Methanogenese und viele Gärungswege) und ebenso bei der anoxygenen und oxygenen Photosynthese bereits wichtige Rollen übernehmen. |
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In den 1920er Jahren veröffentlichten der britische Wissenschaftler [[J. B. S. Haldane]] und der sowjetische Biochemiker [[Aleksandr Oparin]] unabhängig voneinander eine der bekanntesten Hypothesen zur Entstehung des Lebens auf der Erde. Die Theorie besagt, dass die Bedingungen der Erde schon damals bestimmte chemische Reaktionen begünstigten. Beide Forscher waren der Ansicht, dass organische Moleküle aus abiogenen Materialien unter Einwirkung einer äußeren Energiequelle (z. B. die sehr intensive [[Ultraviolettstrahlung|ultraviolette Strahlung]]) gebildet werden können und dass die Uratmosphäre, die unter anderem [[Ammoniak]], Wasserdampf und einen geringen Anteil freien Sauerstoff enthielt, dabei reduzierend gewirkt haben könnte. Beide vermuteten auch, dass die ersten Lebensformen im warmen Urozean auftraten und nicht [[autotroph]], sondern [[heterotroph]] waren.<ref name="britannica">{{Internetquelle |autor=Kara Rogers |url=https://www.britannica.com/science/abiogenesis |titel=Abiogenesis |werk=[[Encyclopædia Britannica]] |abruf=2017-11-26}}</ref> |
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Oparin glaubte, dass sich das Leben aus [[Koazervate]]n – spontan gebildeten, kugelförmigen Aggregaten aus [[Lipid]]molekülen – entwickelte, die durch [[Elektrostatik|elektrostatische]] Kräfte zusammengehalten wurden und die Vorläufer der Zellen gewesen sein könnten. Oparins Arbeit mit Koazervaten bestätigte, dass Enzyme, welche fundamental für biochemische Reaktionen des [[Stoffwechsel]]s sind, eingeschlossen in einer Membranhülle effizienter arbeiteten als freischwimmend in wässrigen Lösungen. Haldane, der mit Oparins Koazervaten nicht vertraut war, glaubte, dass sich zuerst einfache organische Moleküle bildeten, die durch Einwirkung von ultraviolettem Licht zunehmend komplexer wurden, bis sich letztendlich Zellen herausbildeten. Haldanes und Oparins Ideen bildeten die Grundlage für einen Großteil der Forschung, die sich in den nächsten Jahrzehnten mit der Abiogenese beschäftigte.<ref name="britannica" /> |
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Vor einer Milliarden Jahre überstieg die Sauerstoffkonzentration die Marke von einem Prozent, wodurch sich wenige hundert Millionen Jahre später eine erste [[Ozonschicht]] bilden konnte. Der heutige Sauerstoffgehalt von knapp 21 % wurde schließlich vor 350 Millionen Jahren erreicht und blieb seitdem recht stabil. |
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=== Das Miller-Urey-Experiment === |
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===Die Rolle des Wassers für die Evolution des Lebens=== |
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{{Hauptartikel|Miller-Urey-Experiment}} |
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[[Leben]] wie wir es kennen (bzw. definieren) benötigt Wasser als universelles Lösungsmittel. Es hat Eigenschaften, die nach akzeptiertem naturwissenschaftlichen Verständnis die Entstehung von Leben ermöglichen (siehe auch [[anthropisches Prinzip]]). Möglicherweise kann Leben unabhängig von Wasser entstehen und existieren, es gilt jedoch als gesichert, dass die Anwesenheit von flüssigem Wasser (in einem bestimmten Gebiet oder auf einem bestimmten [[Planeten]], z.B. [[Mars (Planet)|Mars]]) unsere Art Leben nicht nur ermöglicht, sondern sein Entstehen sogar sehr wahrscheinlich macht. |
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[[Datei:Miller-Urey-Experiment-2.png|mini|Der Versuchsaufbau des Miller-Urey-Experiments]] |
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1953 wurde vom Chemiker [[Stanley Miller]] und von [[Harold Clayton Urey|Harold C. Urey]] durch das Ursuppen-Experiment diese Hypothese überprüft. In dem Versuch zeigten sie, dass in einer – den angenommenen präbiotischen Bedingungen ähnlichen – Umgebung, mittels Zufuhr von Energie (Blitzen), aus anorganischen Verbindungen (Wasser, [[Ammoniak]] und Wasserstoff) sowie [[Methan]] komplexere organische Verbindungen wie [[Aminosäure]]n und niedere [[Carbonsäure|Carbon-]] und [[Fettsäure]]n entstehen können. In späteren, meist komplizierter aufgebauten Ursuppenversuchen konnten sowohl alle wesentlichen Bausteine der Lebewesen [Aminosäuren, [[Lipid]]e, [[Purine]] (Nucleotidbasen) und Zucker], als auch die komplizierten organischen Verbindungen [[Porphyrin]]e und [[Isopren]]e erzeugt werden. |
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Für die Entstehung des Lebens sind folgende Eigenschaften des Wassers relevant: |
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*Wasser ist in einem Temperatur-Bereich flüssig, in dem organische Moleküle stabil sind. |
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*Wasser ist als polares [[Chemisches Medium|Medium]] für [[chemische Reaktion]]en besonders geeignet, da es eine [[homogen]]e Durchmischung ermöglicht, eine hohe [[Wärmekapazität]] hat und somit überschüssige Reaktionswärme aufnimmt, und [[Proton]]en für [[Katalyse]]n zur Verfügung stellen kann. |
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*Wasser weist global geringe Schwankungen in Temperatur und [[Osmose|osmotischen]] Werten auf (lokal können große Unterschiede entstehen), was zu einem global ausgeglichenen [[Klima]] führt. |
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*Wasser absorbiert die für Makromoleküle schädliche [[Ultraviolettstrahlung|UV-Strahlung]]. Diese durchdringt aber gefrorenes Wasser ([[Eis]]) bis zu einer gewissen Tiefe. |
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*Wasser, in dem Stoffe gelöst sind, z.B. Meerwasser, bildet beim Ausfrieren Bereiche unterschiedlicher Stoffkonzentrationen, die von Eismembranen umgeben sind (siehe [[chemische Evolution#Meereis|Meereis-Hypothese]]). Diese [[Kompartiment]]ierung und die entstehenden Konzentrationsgefälle werden als notwendig für die Entstehung von biologisch aktiven Molekülen angesehen. |
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Obwohl damit die grundsätzliche Möglichkeit der natürlichen Bildung organischer Moleküle gezeigt war, wird die Bedeutung dieses Resultats für den tatsächlichen Ablauf der Entstehung irdischen Lebens heute vielfach kritisch gesehen. In dem Ursuppen-Experiment wurde damals davon ausgegangen, dass die irdische Atmosphäre chemisch reduzierenden Charakter hatte, was dem damaligen Wissensstand entsprach. Heute wird dagegen oftmals von einer nur schwach reduzierenden oder gar neutralen Atmosphäre zu dieser Zeit ausgegangen, allerdings ist die Frage noch nicht abschließend geklärt und es werden auch lokale chemische Inhomogenitäten der atmosphärischen Verhältnisse diskutiert, etwa in der Umgebung von Vulkanen. Zwar konnte durch spätere Experimente gezeigt werden, dass auch unter solchen veränderten atmosphärischen Bedingungen organische Moleküle entstehen; sogar solche, die beim ursprünglichen Experiment nicht entstanden sind, wobei aber die Ausbeute stark vermindert ist. Deswegen wird oft argumentiert, dass andere Möglichkeiten der Herkunft organischer Moleküle zumindest eine zusätzliche Rolle gespielt haben müssen. Angeführt werden hierbei meist die Entstehung organischer Moleküle im Weltall und deren Transfer zur Erde durch Meteoriten oder auch die Entstehung in der Umgebung sogenannter [[Schwarzer Raucher]]. |
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==Experimente== |
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===Das [[Miller-Experiment]]=== |
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Eine der bekanntesten Hypothesen zur [[Evolution]] wurde in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts vom russischen Forscher [[Aleksandr Oparin|A. I. Oparin]] und dem britischen [[John Burdon Sanderson Haldane|J. B. S. Haldane]] veröffentlicht. Die Theorie besagte, dass die Bedingungen der Erde von damals chemische Reaktionen begünstigte. Aus anorganischen Verbindungen der Atmosphäre und des Meeres sollen organische Verbindungen synthetisiert worden sein. Die nötige Energie wurde durch die sehr intensive UV-Strahlung geliefert, die durch mangelndes [[Sauerstoff|O<sub>2</sub>]] und [[Ozon|O<sub>3</sub>]] ungehindert in die Atmosphäre eindringen konnte. |
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[[1953]] wurde vom Chemiker [[Stanley Miller]] und von [[Harold Clayton Urey|Harold C. Urey]] durch das [[Ursuppe]]n-Experiment die Hypothese durch sehr gute Ergebnisse untermauert. In dem [[Versuch (Wissenschaft)|Versuch]] beweist er, dass in einer den angenommenen präbiotischen Bedingungen ähnlichen Umgebung mittels Zufuhr von Energie (Blitzen) aus anorganischen Verbindungen (Wasser, [[Methan]], [[Ammoniak]] und Wasserstoff) organische Verbindungen wie [[Aminosäure]]n und niedere [[Carbonsäure|Carbon-]] und [[Fettsäure]]n – einige der wesentlichen Bausteine komplexerer Biomoleküle – entstehen können. In späteren, meist komplizierter aufgebauten Ursuppenversuchen konnten sowohl alle wesentlichen Bausteine der Lebewesen, [[Aminosäure]]n, [[Lipid]]e, [[Purin]]e (Nucleotidbasen) und Zucker, als auch die komplizierten organischen Verbindungen [[Porphyrin]]e und [[Isopren]]e erzeugt werden. |
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Als ein weiteres Argument gegen den Ursprung der biologischen organischen Moleküle gemäß dem Ursuppenversuch wird oftmals angeführt, dass in diesem Versuch ein [[Racemat]], das heißt ein Gemisch aus [[L-Aminosäure]]n und [[D-Aminosäuren]], entstand. Viele in lebenden Organismen vorkommende Aminosäuren sind jedoch L-konfiguriert (siehe [[Chiralität (Chemie)#Biochemie|Biologische Chiralität]]). Es müsste also einen natürlichen Prozess geben, der chirale Moleküle bestimmter Händigkeit bevorzugt selektiert. Von [[Astrobiologie|Astrobiologen]] wird darauf hingewiesen, dass dies einfacher im Weltall zu erklären sei, da photochemische Prozesse mit zirkular polarisierter Strahlung, wie sie beispielsweise durch Pulsare erzeugt wird, in der Lage sind, nur chirale Moleküle bestimmter Händigkeit zu zerstören. Tatsächlich wurden in Meteoriten chirale organische Moleküle gefunden, bei denen die Häufigkeit der L-Form um bis zu 9 % überwog.<ref name="Enantiomeric">J. R. Cronin, S. Pizzarello: ''Enantiomeric excesses in meteoritic amino acids.'' In: ''[[Science]].'' Band 275, 1997, S. 951–955, PMID 9020072, [[doi:10.1126/science.275.5302.951]].</ref> Allerdings wurde 2001 gezeigt, dass auch selbstreplizierende Peptidsysteme in der Lage sind, effektiv [[Homochiralität|homochirale]] Produkte aus einem ursprünglichen Racemat zu verstärken, was nach Ansicht dieser Forscher die Auffassung der irdischen Entstehung der Händigkeit biologischer Moleküle unterstützt.<ref name="PMID11236988">A. Saghatelian, Y. Yokobayashi u. a.: ''A chiroselective peptide replicator.'' In: ''[[Nature]].'' Band 409, Nummer 6822, Februar 2001, {{ISSN|0028-0836}}, S. 797–801, [[doi:10.1038/35057238]], PMID 11236988 ([http://www.nature.com/nature/journal/v409/n6822/pdf/409797a0.pdf PDF], freier Volltextzugriff)</ref> |
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===Weitere Reaktionen=== |
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Aus den beim Miller-Experiment auftretenden Zwischenprodukten Aldehyde und Cyanwasserstoff lassen sich unter den simulierten Bedingungen der Erde vor 4,5 Milliarden Jahren weitere Biomoleküle herstellen. So gelang Juan Oro 1961 die Synthese von Adenin: |
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Grundsätzliche [[Miller-Urey-Experiment#Kritik an den Voraussetzungen|Zweifel]] an den Bedingungen des Ursuppenexperiments äußert [[Günter Wächtershäuser]]. Auch andere Studien kommen zu dem Schluss, dass die urzeitlichen Bedingungen der [[frühe Erde|frühen Erde]] nicht denen der im Experiment simulierten entsprachen.<ref>{{cite journal |last1=Sossi |first1=Paolo A. |last2=Burnham |first2=Antony D. |last3=Badro |first3=James |last4=Lanzirotti |first4=Antonio |last5=Newville |first5=Matt |last6=O’Neill |first6=Hugh St C. |title=Redox state of Earth's magma ocean and its Venus-like early atmosphere |journal=Science Advances |date=2020-11-01 |volume=6 |issue=48 |pages=eabd1387 |doi=10.1126/sciadv.abd1387 |url=https://advances.sciencemag.org/content/6/48/eabd1387 |language=en |issn=2375-2548}}</ref> |
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|bgcolor="#efefef"|Edukte |
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=== Weitere Reaktionen und Reaktionsnetzwerke === |
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Aus den beim Miller-Urey-Experiment auftretenden Zwischenprodukten Formaldehyd (CH<sub>2</sub>O) und Cyanwasserstoff (HCN) lassen sich unter den simulierten Bedingungen der Erde vor 4,5 Milliarden Jahren weitere Biomoleküle herstellen. So gelang [[Juan Oro]] 1961 die Synthese von Adenin: |
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|bgcolor="#efefef"| |
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|bgcolor="#efefef"|Produkte |
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| [[Edukt]]e |
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| Produkte |
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|2 Formaldehyd |
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| HCN |
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|H<sub>2</sub>O |
| H<sub>2</sub>O |
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|[[Serin]] |
| [[Serin]] |
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| 5 CH<sub>2</sub>O |
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|5 Formaldehyd |
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|[[Ribose]] |
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|5 HCN |
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Aus Ribose, Adenin und [[Phosphat|Triphosphat]] entsteht das [[Adenosintriphosphat]] (ATP), welches in den Organismen als universeller Energieträger und als Baustein (als Monophosphat) der [[Ribonukleinsäure]]n (RNA) genutzt wird. |
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Er demonstrierte auch die Bildung von Adenin und Guanin durch [[Wärmepolymerisation]] von [[Ammoniumcyanid]] in wässriger Lösung.<ref>[http://www.wissenschaft-online.de/abo/lexikon/biochemie/14 Abiogenese (Wissenschaft Online)].</ref> Aus Ribose, Adenin und [[Phosphat|Triphosphat]] entsteht das [[Adenosintriphosphat]] (ATP), welches in den Organismen als universeller Energieträger und als Baustein (als Monophosphat) der [[Ribonukleinsäure]]n (RNA) genutzt wird. |
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Während die "Miller-Urey-Experimente" in den 50er Jahren sehr innovativ waren und das Feld in Gang brachten, stehen viele Forscher den Ergebnissen heute kritisch gegenüber. Die Bedingungen der Uratmosphäre werden heute etwas anders eingeschätzt als in den damaligen Laborexperimenten, und die Bedeutung der Experimente ist eher in Richtung der abiotischen Synthese von organischen Molekülen außerhab der Erde (z. B. auf Kometen) zu sehen. Zudem kann unter den Bedingungen des Miller-Urey Experiments nicht erklärt werden, wie sich aus den entstandenen Monomeren Biopolymere (Proteine, Nucleinsäuren, Kohlehydrate) bilden konnten. |
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Eine Software, ''AllChemy'',<ref>{{Internetquelle |url=https://tol.allchemy.net/ |titel=AllChemy |sprache=en |abruf=2020-12-06 |archiv-url=https://web.archive.org/web/20201026021454/https://tol.allchemy.net/ |archiv-datum=2020-10-26 |offline=ja }}</ref> für [[Reaktionsnetzwerk#Computergenerierte Reaktionsnetzwerke|synthetische chemische Reaktionsnetzwerke]] zur Erforschung der Abiogenese kann, teils experimentell validierte, Entstehungsrouten für biochemisch relevante Stoffe vorhersagen.<ref name="SA-20200103">{{cite news |last=Starr |first=Michelle |title=A New Chemical 'Tree of The Origins of Life' Reveals Our Possible Molecular Evolution |url=https://www.sciencealert.com/a-new-chemical-tree-of-the-origins-of-life-reveals-our-possible-chemical-evolution |date=2020-10-03 |work=ScienceAlert }}</ref><ref name="SCI-20200925">{{cite journal |author=Wolos, Agnieszka |title=Synthetic connectivity, emergence, and self-regeneration in the network of prebiotic chemistry |url=https://science.sciencemag.org/content/369/6511/eaaw1955 |date=2020-09-25 |journal=[[Science]] |volume=369 |issue=6511 |doi=10.1126/science.aaw1955 }}</ref> |
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===Die Eisen-Schwefel-Welt nach [[Wächtershäuser]]=== |
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Die Theorie von Miller-Urey weist schwerwiegende Limitationen auf, besonders in Hinblick auf die fehlende Erklärung für die Entstehung polymerer Derivate der gebildeten monomeren Bausteine der Biomoleküle. Ein alternatives Szenario für die frühe Evolution des Lebens wurde seit Anfang der 1980er Jahre von dem Münchner Patentanwalt Günter Wächtershäuser entwickelt. Danach wäre das Leben auf der Erde an der Oberfäche von Eisen-Schwefel-Mineralien entstanden, also [[Sulfide]], die sich heute noch durch geologische Prozesse an Tiefsee-Vulkanen bilden und zur Frühzeit der Erde noch wesentlich häufiger aufgetreten sein müssen. |
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Der grosse Vorteil dieses Konzepts gegenüber allen anderen Theorien ist, dass damit erstmals die Möglichkeit besteht, die Generierung von Bio-Molekülen an eine kontinuierlich verfübare und verlässliche Energieversorgung zu koppeln. Diese kommt durch die Reduktion von teilweise oxidierten Eisen-Schwefel-Mineralien wie z. B. Pyrit (FeS<sub>2) mit Wasserstoff zustande und liefert genug Energie, um endergone Synthesereaktionen für monomere Bausteine von Biomolekülen und für deren Polymerisierung anzutreiben. |
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Zudem gibt es auch Forschungsmodelle mit [[Reaktionsnetzwerk#Experimentelle kontinuierliche Reaktionsnetzwerke|chemischen „kontinuierlichen Reaktionsnetzwerken“]], in welchen simple Stoffe unter modellierten Bedingungen in Wasser unter Strahlung etwa zu wichtigen [[RNA-Welt|Ausgangsstoffen für]] [[RNA]] reagieren.<ref>{{cite news |title=Study reveals continuous pathway to building blocks of life |url=https://phys.org/news/2020-06-reveals-pathway-blocks-life.html |accessdate=2020-07-02 |work=phys.org |language=en}}</ref><ref>{{cite journal |last1=Yi |first1=Ruiqin |last2=Tran |first2=Quoc Phuong |last3=Ali |first3=Sarfaraz |last4=Yoda |first4=Isao |last5=Adam |first5=Zachary R. |last6=Cleaves |first6=H. James |last7=Fahrenbach |first7=Albert C. |title=A continuous reaction network that produces RNA precursors |journal=Proceedings of the National Academy of Sciences |date=2020-06-16 |volume=117 |issue=24 |pages=13267–13274 |doi=10.1073/pnas.1922139117 |pmid=32487725 |pmc=7306801 |language=en |issn=0027-8424}}</ref> |
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Fe(II) + FeS<sub>2 + H<sub>2 --> 2 FeS + 2 H+ deltaG°' = -44.2 kJ/mol |
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=== Mitwirkung von Mineralen und Gesteinen === |
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Zusätzlich bieten Pyrit und andere Eisen-Schwefel-Mineralien positiv geladene Oberflächen, an denen sich die überwiegend negativ geladenen Biomoleküle (organsiche Säuren, Phosphatester, Thiolate) ankonzentrieren und miteinander reagieren können. Wächtershäuser zieht für seine Theorie die heute noch bestehenden Grundmechanismen des Stoffwechsels heran und leitet aus diesen ein in sich konsistentes Szenario der Synthese von komplexen organischen Molekülen und Biomolekülen (organische Säuren, Aminosäuren, Zucker, Basen, Lipide) aus einfachen anorganischen Vorläufer-Molekülen ab, die in vulkanischen Gasen zu finden sind (NH<sub>3, H<sub>2, CO, CO<sub>2, CH<sub>4, H<sub>2 S). |
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* In winzigen Hohlräumen der Gesteine sind die organischen Moleküle vor UV-Strahlung geschützt. |
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Im Gegensatz zur Miller-Urey-Hypothese wird keine Kraft von aussen in Form von Blitzen oder UV-Strahlung benötigt; zudem laufen die ersten einfachen chemischen Umsetzungen bei erhöhter Temperatur viel schneller ab, ohne dadurch (wie etwa enzym-katalysierte biochemische Reaktionen) geschädigt zu werden. Da bei Tiefsee-Vulkanen Temperaturen bis 350 °C erreicht werden, kann man sich die Entstehung des Lebens bei diesen hohen Temperaturen tatsächlich gut vorstellen. Erst später, nach der Entstehung temperatursensitiver Katalysatoren (Vitamine, Proteine), muss sich die weitere Evolution in kühleren Nischen vollzogen haben. |
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* Kristalloberflächen können als Matrix für wachsende Makromoleküle dienen. Dabei können die Kristalloberflächen bestimmte Molekülformen bevorzugen. L- und D-Aminosäuren werden auf einem [[Calcit]]-Kristall an unterschiedlichen Stellen angelagert. |
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Das Wächtershäuser-Szenario passt deshalb auch gut zu den beobachteten Verhältnissen in "schwarzen Rauchern" der Tiefsee, weil in diesen Strukturen durch steile Temperaturgradienten von innen nach aussen eine solche Einnischung leicht möglich erscheint. Auch heute noch ist nachweisbar, dass die ursprünglichsten lebenden Mikroorganismen zugleich die thermophilsten sind mit einem (bisherigen) Temperatur-Maximum für das Wachstum bei +113 °C. Ausserdem sind auch heute noch in der Biochemie Eisen-Schwefel-Zentren als aktive Zentren in vielen wichtigen Enzymen beteiligt, was auf die ursprüngliche Beteiligung von Fe-S-Mineralien an der Evolution des Lebens hindeuten könnte. |
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* [[Aharon Katzir]] ([[Weizmann-Institut]] Israel) konnte in wässriger Lösung mit Hilfe des Tonminerals [[Montmorillonit]] Proteine mit einer Kettenlänge von mehr als 50 Aminosäuren in nahezu 100-prozentiger Ausbeute erzeugen. |
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* Metallionen können als Katalysatoren oder als Elektronendonatoren fungieren oder in Biomoleküle eingebaut werden. |
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* Tonminerale weisen oft eine elektrische Ladung auf und können so geladene organische Moleküle anziehen und festhalten. |
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{{Anker|Eisen-Schwefel-Welt}} |
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===Die Bildung von Makromolekülen=== |
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Biomakromoleküle sind [[Protein]]e und [[Nukleinsäure]]n. Die Verlängerung der Molekülketten ([[Polymerisation]]) benötigt Energie und erfolgt unter Wasserabspaltung ([[Kondensation]]). Umgekehrt liefert die Spaltung der Makromoleküle ([[Hydrolyse]]) Energie. Da das [[chemisches Gleichgewicht]] soweit auf die Seite der Monomere liegt, dass diese Reaktionen thermodynamisch [[irreversibel]] in Richtung der Polymer-Hydrolyse verlaufen, kann es keine Polymer-Synthese ohne ein zugeschaltenes Energie-lieferndes System geben. Auch durch theoretische Hilfskonstrukte wie Abdampfen von Wasser, Zugabe von Salz (entzieht Wasser) oder Ausfällung der Produkte ändert sich dieses Problem nur unwesentlich. Die Entstehung von Leben ist also sehr wahrscheinlich an die Kopplung an eine verlässliche Energiequelle gebunden, die für die Polymersynthese genutzt werden kann. <center><math>[Monomere]_n + (n-1) H_2O \rightarrow n\, Monomere \, + Waerme</math></center>, aber <center><math>Energie + n\, Monomere \, \rightarrow [Monomere]_n + (n-1) H_2O</math></center> Als Energiequelle wird heute in der Biochemie vor allem ATP genutzt, dessen Bildung allerdings bereits die Anwesenheit von Enzyme voraussetzt. Unter den Bedingungen der Proto-Erde kann man sich andererseits kann auch die Energetisierung der Polymersynthese durch hydrolytische Spaltung von Polyphosphat vorstellen, das auch heute noch von einigen Enzymen anstelle von ATP genutzt wird. Allerdings ist es auch bei Polyphosphaten schwierig vorstellbar, dass diese in den notwendigen Mengen zur Verfüpgung standen, da sie zwar spontan gebildet werden können, wenn phosphathaltige Lösungen eingedamft werden, aber auch relativ schnell wieder spontan hydrolysieren, wenn sie wieder in Lösung kommen. Aus diesen Überlegungen heraus müsste man als Entstehungsort des Lebens eine seichte Meeresbucht fordern, die regelmässig austrocknet und wieder überflutet wird. Dadurch würden aber auch alle Wasser-abhängigen Prozesse immer wieder unterbrochen und die Lebensentstehung zumindest stark verzögert. Schließlich kann man sich aber auch ein ganz anderes System vorstellen, in dem sowohl die Synthese der Bausteine als auch die Energie-abhängige Bildung von Polymeren als kontinuierlicher Prozess in ununterbrochener Kopplung an eine verlässliche Energiequelle stattfindet, nämlich anaerobe Redoxreaktionen mit Metallsulfiden. Diese werden durch vulkanische Tätigkeit auch heute noch in großen Mengen am Grund der Ozeane freigesetzt, wo sie unter anderem Strukturen wie die "Black Smoker" ausbilden, die von diversen Mikroorganismen und höheren Tieren dicht bevölkert werden. |
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=== Eisen-Schwefel-Welt === |
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Das Gleichgewicht der Ploymersynthese wird durch Erhöhung der Konzentration der Bausteine und durch Entwässerung der Produkte erzielen. Voraussetzung dafür ist eine [[Kompartiment]]ierung, das heißt die Abgrenzung von Reaktionsräumen voneinander, die nur noch in begrenztem Stoffaustausch zur Umwelt stehen. In der konventionellen Theorie wurde dies in flachen, kleinen Gewässern (Tümpeln) mit hoher Verdunstungsrate angesiedelt, was als Grundidee noch auf Charles Darwin zurückgeht. Allerdings werden auch heute noch in vulkanischen Gebieten der Tiefsee in den großen Strukturen von "Schwarzen Rauchern" ausgefällte Metallsulfide in Form von kleinen Kavernen beobachtet, die ebenfalls ein attraktives Szenario einer Umwelt darstellen, wo alle Reaktionen von der Monomersynthese über die Aufkonzentrierung und Polymerisation der Monomere mit einem "eingebauten" Energiekonservierungssystem ablaufen können. |
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Eine besonders intensive Form der Mitwirkung von [[Mineral]]en und Gesteinen bei der präbiotischen Synthese organischer Moleküle kann sich auf der Oberfläche von [[Eisen(II)-sulfid|Eisensulfid]]-Mineralen abgespielt haben („Ur-Sandwich“, englisch: ''primordial sandwich''). Die Theorie von Miller-Urey weist nämlich schwerwiegende Begrenzungen auf, besonders in Hinblick auf das Fehlen einer Erklärung für die [[Polymerisation]] der gebildeten monomeren Bausteine der Biomoleküle. |
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Ein alternatives Szenario für die frühe Evolution des Lebens wurde daher seit Anfang der 1980er Jahre von [[Günter Wächtershäuser]] entwickelt, der für seine alternative Theorie schnell die Unterstützung des Philosophen [[Karl Popper]] gewinnen konnte. Danach wäre das Leben auf der Erde an der Oberfläche von Eisen-Schwefel-Mineralen entstanden, also [[Sulfide]]n, die sich heute noch durch geologische Prozesse an Tiefsee-Vulkanen bilden, zur Frühzeit der Erde noch wesentlich häufiger aufgetreten und wohl auch auf vielen [[Exoplanet]]en, Exo-Monden und [[Planemo]]s vorhanden sein müssen. Auch in unserem Sonnensystem wird bei einigen der größeren Monde der [[Gasplanet]]en unter der Eisschicht ein [[Extraterrestrischer Ozean#Eismonde|extraterrestrischer Ozean]] vermutet. |
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Der große Vorteil dieses Konzepts gegenüber allen anderen Theorien ist, dass damit erstmals die Möglichkeit besteht, die Bildung komplexer Bio-Moleküle an eine kontinuierlich verfügbare und verlässliche Energieversorgung zu koppeln. Die Energie kommt durch die [[Reduktion (Chemie)|Reduktion]] von Schwefel in Eisen-Schwefel-Mineralen wie [[Pyrit]] (FeS<sub>2</sub>) mit elementarem [[Wasserstoff]] (H<sub>2</sub>) zustande ([[Reaktionsschema]]: FeS<sub>2</sub> + H<sub>2</sub> ⇌ FeS + H<sub>2</sub>S) und liefert genug Energie, um eine [[präbiotische Ammoniaksynthese]] und auch um [[endergon]]e Synthesereaktionen für monomere Bausteine von Biomolekülen und für deren Polymerisierung anzutreiben. Ähnlich wie [[Eisen]]-Ionen bilden auch andere Schwermetall-Ionen mit [[Schwefelwasserstoff]] unlösliche [[Sulfid]]e (siehe [[Schwefelwasserstoffgruppe]]). |
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Zusätzlich bieten Pyrit und andere Eisen-Schwefel-Minerale positiv geladene Oberflächen, an denen sich die überwiegend negativ geladenen Biomoleküle (organische Säuren, Phosphatester, Thiolate) anlagern (oft durch [[Komplexbildungsreaktion]]en), konzentrieren und miteinander reagieren können. Hierfür erforderliche Stoffe wie Schwefelwasserstoff, [[Kohlenmonoxid]] und Eisen-II-Salze gelangen aus der Lösung zudem direkt an die Oberfläche dieser „'''E'''isen-'''S'''chwefel-'''W'''elt“ ('''ESW'''). Wächtershäuser zieht für seine Theorie die heute noch bestehenden Grundmechanismen des Stoffwechsels heran und leitet aus diesen ein in sich konsistentes Szenario der Synthese komplexer organischer Moleküle und Biomoleküle (organische Säuren, Aminosäuren, Zucker, Nucleinbasen, Lipide) aus einfachen anorganischen Vorläufer-Molekülen ab, die in vulkanischen Gasen zu finden sind (NH<sub>3</sub>, H<sub>2</sub>, CO, CO<sub>2</sub>, CH<sub>4</sub>, H<sub>2</sub>S). |
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Im Gegensatz zur Miller-Urey-Hypothese wird keine Kraft von außen in Form von Blitzen oder UV-Strahlung benötigt; zudem laufen die ersten einfachen chemischen Umsetzungen bei erhöhter Temperatur viel schneller ab, ohne dadurch (wie etwa enzym-katalysierte biochemische Reaktionen) behindert zu werden. Da bei Tiefseevulkanen Temperaturen bis 350 °C erreicht werden, kann man sich die Entstehung des Lebens bei diesen hohen Temperaturen gut vorstellen. Erst später, nach der Entstehung temperatursensitiver [[Katalysator]]en (Vitamine, Proteine), muss sich die weitere Evolution in kühleren Nischen vollzogen haben. |
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[[Datei:Bacterial Anaerobic Corrosion-de.svg|mini|hochkant=1.2|Anaerobe Bakterien, deren archaischer Stoffwechsel Eisen und Schwefel einbezieht, existieren noch heute – Stoffwechselprodukt: [[Eisen(II)-sulfid|Eisensulfid]].]] |
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Das Wächtershäuser-Szenario passt deshalb auch gut zu den beobachteten Verhältnissen in [[Schwarzer Raucher|schwarzen Rauchern]] der Tiefsee, weil in diesen Strukturen durch steile [[Temperaturgradient]]en von innen nach außen eine solche Einnischung leicht möglich erscheint. Auch sind die gegenwärtig lebenden Mikroorganismen, die als die ursprünglichsten angesehen werden, zugleich die [[thermophil]]sten mit einem (bisherigen) Temperaturmaximum für das Wachstum bei +113 °C. Außerdem haben Eisen-Schwefel-Zentren eine wichtige Funktion in vielen aktuellen [[Enzym]]en, z. B. der [[Atmungskette]]. Dies könnte auf die ursprüngliche Beteiligung von Fe-S-Mineralen an der Evolution des Lebens hindeuten, zumal diese auch heute noch Stoffwechselprodukte anaerober Bakterien darstellen. |
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Die These der chemo[[autotroph]]en Entstehung des Lebens in schwarzen Rauchern wird insbesondere von den Forschern William Martin und Michael Russell vertreten.<ref>W. Martin, M. J. Russell: ''On the origins of cells: a hypothesis for the evolutionary transitions from abiotic geochemistry to chemoautotrophic prokaryotes, and from prokaryotes to nucleared cells.'' In: ''Philos. Trans. R. Soc. London.'' Ser 358, 2003, S. 59–85, PMID 12594918, {{PMC|1693102}}.</ref> Im Übrigen ist hier wegen der weitgehenden Unabhängigkeit vom Licht eines Zentralgestirns die Entstehung von Leben auch in größerer Entfernung von diesem (oder ganz ohne), außerhalb der klassischen [[Habitable Zone#Die klassische habitable Zone|habitablen Zone]], denkbar. |
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=== Chemische Evolution in der kontinentalen Kruste === |
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Einen völlig anderen Ansatz zur chemischen Evolution und zur Entstehung des Lebens verfolgen der Geologe Ulrich Schreiber und der Physikochemiker Christian Mayer von der Universität Duisburg-Essen mit einem Modell, das als Reaktionsumgebung die Erdkruste in den Mittelpunkt rückt.<ref>{{Literatur |Autor=Ulrich Schreiber, O. Locker-Grütjen, C. Mayer |Titel=Hypothesis: origin of life in deep reaching tectonic faults |Sammelwerk=OLEB |Band=42 |Nummer=1 |Datum=2012 |ISSN=1932-6203 |Seiten=47-54 |Sprache=en}}</ref> Sie beziehen damit einen Reaktionsraum ein, der bisher nicht betrachtet wurde: wasser- und gasführende Bruchzonen (tektonische Störungszonen) innerhalb der ersten kontinentalen Krustenkomplexe (Kratone). Die kontinentale Kruste ist mächtiger und kühler als die ozeanische und wesentlich heterogener aufgebaut. Spannungen innerhalb der Kruste führen zu bis in den Erdmantel reichende Störungszonen, durch die die Mantelgase aufsteigen. In offenen Störungszonen kommen alle erforderlichen Ausgangsstoffe, die für die organische Chemie des Lebens benötigt werden, im Überfluss vor. Phosphat aus aufgelösten Apatiten, CO, H<sub>2</sub>, CO<sub>2</sub>, N<sub>2</sub>, NH<sub>3</sub>, HCN, Schwefel- und Borverbindungen, alle Alkali- und Erdalkalimetalle, Eisensulfide sowie alle metallischen Katalysatoren. Reaktionen von CO und H<sub>2</sub>, vergleichbar mit der Fischer/Tropsch-Synthese, führen in allen Tiefenstockwerken mit unterschiedlichsten pH-Werten, Druck- und Temperaturbedingungen zu langkettigen Molekülen, welche die Basis für Zellbestandteile bilden. Weiterhin stellt die hydrothermale Chemie Aminosäuren, organische Basen und Zucker zur Verfügung. |
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Neben allen notwendigen Ausgangsstoffen gibt es weitere entscheidende Vorteile für den Bildungsort der kontinentalen Kruste. Er war geschützt vor UV-Strahlung und dem in der Frühphase auftreffenden Partikelstrom des Sonnenwinds. Späte Meteoriteneinschläge betrafen nie die gesamte kontinentale Kruste. Die Gase, die bis heute in Mofetten (Mineralbrunnen, Kaltwassergeysire) an der Erdoberfläche austreten, sind ab einer Tiefe von 800 – 1000 Metern überkritisch (abhängig vom Druck und der Zusammensetzung). Das bedeutet, sie stellen einen Zwischenzustand zwischen einer Flüssigkeit und einem Gas dar. Entscheidend ist, dass zum Beispiel Kohlendioxid in diesem Phasenzustand wie ein organisches Lösungsmittel wirkt, in dem hydrophobe organische Substanzen gelöst werden und miteinander (sowie an der Grenzfläche zum Wasser mit hydrophilen Komponenten) reagieren können. Die Störungsflächen besitzen unzählbare Ecken und Vorsprünge, an denen die überkritischen Gase gefangen werden. Hierdurch entstehen zahllose Mikroautoklaven, in denen Reaktionen stattfinden können, die an der Oberfläche nicht möglich sind, und das bei einer Lebensdauer der Störungszonen von Millionen Jahren. |
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Die interessanteste Zone findet sich in etwa 1000 Meter Tiefe, wo der Phasenübergang vom überkritischen zum unterkritischen Kohlendioxid erwartet werden kann. Hier konzentrieren sich unpolare organische Substanzen auf, da das Kohlendioxid seine Lösemitteleigenschaft verliert. Diese organischen Substanzen konnten in Quarz-Kristallen, die in dieser Umgebung wachsen, nachgewiesen werden.<ref>U. Schreiber, C. Mayer, O. J. Schmitz, P. Rosendahl, A. Bronja, M. Greule, F. Keppler, I. Mulder, T. Sattler, H. F. Schöler: ''Organic compounds in fluid inclusions of Archean quartz-Analogues of prebiotic chemistry on early Earth.'' In: ''[[PLOS ONE]].'' Band 12, Nummer 6, 2017, S. e0177570, [[doi:10.1371/journal.pone.0177570]], PMID 28614348, {{PMC|5470662}}.</ref> Durch Druckschwankungen (Erdgezeiten oder CO<sub>2</sub>-gesteuerte Kaltwassergeysire) kommt es darüber hinaus zu periodischen Phasenübergängen, welche Aufbau und Zerfall von Vesikeln herbeiführen.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Christian Mayer, Ulrich Schreiber, María J. Dávila |Titel=Periodic Vesicle Formation in Tectonic Fault Zones—an Ideal Scenario for Molecular Evolution |Sammelwerk=Origins of Life and Evolution of Biospheres |Band=45 |Nummer=1–2 |Datum=2015-02-27 |ISSN=0169-6149 |Seiten=139–148 |Sprache=en |DOI=10.1007/s11084-015-9411-z}}</ref> Die Vesikel schließen dabei organische Komponenten in hoher Konzentration ein und akkumulieren amphiphile Substanzen (zum Beispiel Vorläufer von Lipiden oder amphiphile Peptide) in ihren Membranen.<ref name=":1">C. Mayer, U. Schreiber, M. J. Dávila: ''Selection of Prebiotic Molecules in Amphiphilic Environments.'' In: ''Life.'' Band 7, Nummer 1, Januar 2017, S. , [[doi:10.3390/life7010003]], PMID 28067845, {{PMC|5370403}}.</ref> Außerdem konnte gezeigt werden, dass unter diesen Bedingungen eine effiziente molekulare Evolution möglich ist.<ref name=":2">C. Mayer, U. Schreiber, M. J. Dávila, O. J. Schmitz, A. Bronja, M. Meyer, J. Klein, S. W. Meckelmann: ''Molecular Evolution in a Peptide-Vesicle System.'' In: ''Life.'' Band 8, Nummer 2, Mai 2018, S. , [[doi:10.3390/life8020016]], PMID 29795023, {{PMC|6027363}}.</ref> |
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Die Begrenzungen der Störungsflächen sind sehr heterogen. Neben neu gebildeten Tonmineralen und frischen, bebenbedingten Mikrorissen in allen Mineraltypen treten Tapeten von Eisensulfid-Mineralen und Schwermetallen auf. Somit lassen sich die oben genannten Modelle, zum Beispiel das der Eisen-Schwefel-Welt, problemlos integrieren oder anknüpfen. |
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=== Die Bildung von Makromolekülen === |
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Biomakromoleküle sind [[Protein]]e und [[Nukleinsäure]]n. Die Verlängerung der Molekülketten ([[Polymerisation]]) benötigt Energie und erfolgt unter Wasserabspaltung ([[Kondensationsreaktion]]). Umgekehrt liefert die Spaltung der Makromoleküle ([[Hydrolyse]]) Energie. Da das [[Chemisches Gleichgewicht|chemische Gleichgewicht]] so weit auf der Seite der Monomere liegt, dass diese Reaktionen thermodynamisch [[Irreversible Reaktion|irreversibel]] in Richtung der Polymer-Hydrolyse verlaufen, kann es keine Polymer-Synthese ohne ein zugeschaltetes Energie-lieferndes System geben. Auch durch theoretische Hilfskonstrukte, wie Abdampfen von Wasser, Zugabe von Salz (entzieht Wasser) oder Ausfällung der Produkte, ändert sich dieses Problem nur unwesentlich. Die Entstehung von Leben ist also sehr wahrscheinlich an die Kopplung an eine verlässliche Energiequelle gebunden, die für die Polymersynthese genutzt werden kann. |
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:<math>\mathrm{ [Monomere]_n + (n-1) \, H_2O \rightarrow n \, Monomere \, + W\ddot arme}</math> |
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aber |
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:<math>\mathrm{Energie + n\, Monomere \, \rightarrow [Monomere]_n + (n-1)\, H_2O}</math> |
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Als Energiequelle wird heute in der Biochemie vor allem [[Adenosintriphosphat|ATP]] genutzt, dessen Bildung allerdings bereits die Anwesenheit von Enzymen voraussetzt. Unter den Bedingungen der Proto-Erde kann man sich andererseits auch die Energetisierung der Polymersynthese durch hydrolytische Spaltung von Polyphosphat vorstellen, das auch heute noch von einigen Enzymen anstelle von ATP genutzt wird. Allerdings ist es auch bei Polyphosphaten schwierig vorstellbar, dass diese in den notwendigen Mengen zur Verfügung standen, da sie zwar spontan gebildet werden können, wenn phosphathaltige Lösungen eingedampft werden, aber auch relativ schnell wieder spontan hydrolysieren, wenn sie wieder in Lösung kommen. Aus diesen Überlegungen heraus müsste man als Entstehungsort des Lebens eine seichte Meeresbucht fordern, die regelmäßig austrocknet und wieder überflutet wird. Dadurch würden aber auch alle wasserabhängigen Prozesse immer wieder unterbrochen und die Lebensentstehung zumindest stark verzögert. Schließlich kann man sich aber auch ein ganz anderes System vorstellen, in dem sowohl die Synthese der Bausteine als auch die energieabhängige Bildung von Polymeren als kontinuierlicher Prozess in ununterbrochener Kopplung an eine verlässliche Energiequelle stattfindet, nämlich anaerobe Redoxreaktionen mit Metallsulfiden. Diese werden durch vulkanische Tätigkeit auch heute noch in großen Mengen am Grund der Ozeane freigesetzt, wo sie unter anderem Strukturen wie die [[Schwarzer Raucher|schwarzen Raucher]] ausbilden, die von diversen Mikroorganismen und höheren Tieren dicht bevölkert werden. |
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Das [[Chemisches Gleichgewicht|Gleichgewicht]] der Polymersynthese wird durch Erhöhung der Konzentration der Bausteine (Monomere) und durch Entwässerung der Produkte zugunsten der Bildung der Polymere verschoben. Voraussetzung dafür ist eine Kompartimentierung, das heißt die Abgrenzung von Reaktionsräumen voneinander, die nur noch in begrenztem Stoffaustausch zur Umwelt stehen. In der konventionellen Theorie wurde dies in flachen, kleinen Gewässern (Tümpeln) mit hoher Verdunstungsrate angesiedelt, was als Grundidee noch auf Charles Darwin zurückgeht. Allerdings werden auch heute noch in vulkanischen Gebieten der Tiefsee in den großen Strukturen schwarzer Raucher ausgefällte Metallsulfide in Form kleiner [[Kaverne]]n beobachtet, die ebenfalls ein attraktives Szenario einer Umwelt darstellen, wo alle Reaktionen von der Monomersynthese über die Aufkonzentrierung und Polymerisation der Monomere mit einem „eingebauten“ Energiekonservierungssystem ablaufen können. |
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Weitere Lösungsansätze wurden in Betracht gezogen, haben aber alle schwerwiegende Limitationen und sind nicht gut mit den Bedingungen auf der frühen Erde in Einklang zu bringen. Meist wird dabei für einen oder mehrere Schritte Wasserausschluss gefordert, der im Chemielabor einfach zu erreichen ist, schwerer aber auf der Protoerde. Eines dieser Systeme ist die Polymerisation von [[Carbodiimide]]n (R–N=C=N–R) oder [[Dicyan]] (N≡C–C≡N) in wasserfreiem Medium. Hier wird die Kondensation der Bausteine mit der Reaktion von Carbodiimid gekoppelt, wobei die notwendige Energie entsteht: |
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:<math>\mathrm{[H-X-OH] + [H-X-OH] + Energie \ \leftrightharpoons \ [X-X] + H_2O}</math> |
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Weitere Lösungsansätze wurden in Betracht gezogen, haben aber alle schwerwiegende Limitationen und sind nicht gut mit den Bedingungen auf der frühen Erde in Einklang zu bringen. Meist wird dabei für einen oder mehrere Schritte Wasserausschluss gefordert, der im Chemielabor einfach zu erreichen ist, nicht aber ohne menschliches Zutun auf der Proto-Erde. Eins dieser systeme ist die Polymerisation von [[Carbodiimid]]en (R-N=C=N-R) oder [[Dicyan]] (N≡C-C≡N) in wasserfreiem Medium. Hier wird die Kondensation der Bausteine mit der Reaktion von Carbodiimid gekoppelt, wobei die notwendige Energie entsteht:<br /> |
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<center><math>Energie + [H-X-OH] + [H-X-OH] \,\overrightarrow{\leftarrow}\,[X-X] + H_2O</math></center> |
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(H-X-OH = Monomeres, zum Beispiel Aminosäure oder Ribose) |
(H-X-OH = Monomeres, zum Beispiel Aminosäure oder Ribose) |
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:<math>\mathrm{[R-N = C = N-R] + H_2O \ \rightarrow \ [R-NH-CO-NH-R] + Energie}</math> |
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(wenn R = H entsteht hier [[Harnstoff]]) |
(wenn R = H entsteht hier [[Harnstoff]]) |
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Zwar bildet sich Dicyan unter UV-Einwirkung aus Cyanwasserstoff, in austrocknenden Tümpeln würde allerdings auch das leichtflüchtige Molekül verloren gehen. |
Zwar bildet sich Dicyan unter UV-Einwirkung aus [[Cyanwasserstoff]], in austrocknenden Tümpeln würde allerdings auch das leichtflüchtige Molekül verloren gehen. |
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Wird ein trockenes Gemisch von Aminosäuren einige Stunden auf 130 °C erhitzt, bilden sich proteinähnliche Makromoleküle. Sind Polyphosphate zugegen, genügen 60 °C. Diese Bedingungen können sich ergeben, wenn Wasser mit gelösten Aminosäuren in Kontakt mit heißer, vulkanischer Asche kommt. |
Wird ein trockenes Gemisch von Aminosäuren einige Stunden auf 130 °C erhitzt, bilden sich proteinähnliche Makromoleküle. Sind Polyphosphate zugegen, genügen 60 °C. Diese Bedingungen können sich ergeben, wenn Wasser mit gelösten Aminosäuren in Kontakt mit heißer, vulkanischer Asche kommt. |
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Erhitzt man ein |
Erhitzt man ein Nukleotidgemisch in Gegenwart von Polyphosphaten auf 55 °C, entstehen zwar [[Polynukleotid]]e, allerdings findet die Verknüpfung eher über die 5’- und 2’-C-Atome der [[Ribose]] statt, da sie leichter erfolgt als die in allen Organismen vorhandene 5’-3’-Verknüpfung. Aus beiden Typen von Polynukleotiden bilden sich Doppelhelices (vergleiche Bau der [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]). Allerdings ist die 5’-3’-Doppelhelix stabiler als die 5’-2’-Helix. |
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Fehlt am 2’-C-Atom der Ribose die Hydroxyl-Gruppe liegt die [[Desoxyribose]] vor. Jetzt können sich nur 5’-3’-Verknüpfungen bilden, wie sie für die [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]] typisch sind. |
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Fehlt am 2’-C-Atom der Ribose die [[Hydroxygruppe]], liegt die [[Desoxyribose]] vor. Jetzt können sich nur 5’-3’-Verknüpfungen bilden, wie sie für die DNA typisch sind. |
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===Mitwirkung von Mineralien und Gesteinen=== |
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*In winzigen Hohlräumen der Gesteine sind die organischen Moleküle vor UV-Strahlung geschützt. |
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*Kristalloberflächen können als Matrix für wachsende Makromoleküle dienen. Dabei können die Kristalloberflächen bestimmte Molekülformen bevorzugen. L- und D-Aminosäuren werden auf einem Calcit-Kristall an unterschiedlichen Stellen angelagert. |
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*[[Aharon Katchalssky]] ([[Weizmann-Institut]] [[Israel]]) konnte in wässriger Lösung mit Hilfe des Tonminerals Montmorillonit Proteine mit einer Kettenlänge von mehr als 50 Aminosäuren in nahezu 100 %iger Ausbeute erzeugen. |
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*Metallionen können als Katalysatoren oder als Elektronendonatoren fungieren oder in Biomoleküle eingebaut werden. |
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*Tonmineralien weisen oft eine elektrische Ladung auf und können so entgegengesetzt geladene organische Moleküle anziehen und festhalten. |
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===Bildung präbiotischer Strukturen (Zellvorläufer)=== |
=== Bildung präbiotischer Strukturen (Zellvorläufer) === |
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Zellen erhalten ihre Funktion dadurch aufrecht, dass sie |
Zellen erhalten ihre Funktion dadurch aufrecht, dass sie mehrere Reaktionsräume (Kompartimente) bilden, in denen die Stoffwechselvorgänge voneinander getrennt ablaufen und unerwünschte Reaktionen vermieden werden können; gleichzeitig können so Konzentrationsgradienten aufgebaut werden. Es gibt mehrere Hypothesen, anhand derer hergeleitet wurde, dass sich solche Strukturen bereits vor dem Entstehen von Zellen herausbilden konnten. |
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====Koazervate==== |
==== Koazervate ==== |
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Vor allem [[Alexander Iwanowitsch Oparin]] ( |
Vor allem [[Alexander Iwanowitsch Oparin]] (1894–1980) beschäftigte sich mit der Möglichkeit des Stoffwechsels in [[Koazervate]]n (von [[Latein|lateinisch]] ''coacervatio'': Aufhäufung). Er konnte zeigen, dass abgegrenzte Räume mit einem einfachen Stoffwechsel prinzipiell durch Selbstorganisation entstehen können, vorausgesetzt, dass Katalysatoren mit spezifischen Eigenschaften vorhanden sind. Da die verwendeten Substanzen dem Repertoire der heute lebenden Organismen entstammen, sind Oparins Koazervate nicht als Vorläufer von Zellen zu sehen, sondern als Analogie-Modelle für die Entstehung von Vorläufer-Zellen. |
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Gibt man zu kolloidalen Lösungen von Biomakromolekülen Salz hinzu, bilden sich kleine Tröpfchen mit einem Durchmesser zwischen 1 und 500 µm, die die Polymere in hoher Konzentration enthalten. |
Gibt man zu kolloidalen Lösungen von Biomakromolekülen Salz hinzu, bilden sich kleine Tröpfchen mit einem Durchmesser zwischen 1 und 500 µm, die die Polymere in hoher Konzentration enthalten. |
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Oparin untersuchte Gemische aus Eiweißen ([[Histon]] und [[Albumin]]), Eiweißen und Kohlenhydraten (Histon und [[Gummi arabicum]]) und Eiweißen und Polynukleotiden (Histon oder [[Clupein]] und DNA oder RNA). |
Oparin untersuchte Gemische aus Eiweißen ([[Histon]] und [[Albumin]]), Eiweißen und Kohlenhydraten (Histon und [[Gummi arabicum]]) und Eiweißen und Polynukleotiden (Histon oder [[Clupein]] und DNA oder RNA). |
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Enthalten Tröpfchen aus Histon und Gummi arabicum das |
Enthalten Tröpfchen aus Histon und Gummi arabicum das Enzym [[Phosphorylase]], so können diese Tröpfchen [[Glucose-1-phosphat]] aus der Umgebung aufnehmen, zu [[Stärke]] umwandeln und speichern. Das freigesetzte Phosphat [[Diffusion|diffundiert]] nach außen. Das Tröpfchen wird durch die Zunahme an Stärke größer, bis es in kleinere Tröpfchen zerfällt, die wieder Phosphorylase enthalten können, allerdings weniger als das Ausgangströpfchen. Damit verlangsamt sich auch der Stoffwechsel. Hier wird deutlich, dass zu einem Erhalt der Eigenschaften einer Zelle die Regeneration der Enzymausstattung nach erfolgter Teilung notwendig ist. |
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Wird auch das Stärke abbauende Enzym [[Amylase]] hinzugegeben, ergeben sich Koazervate mit einem zweistufigen Stoffwechsel: |
Wird auch das Stärke abbauende Enzym [[Amylase]] hinzugegeben, ergeben sich Koazervate mit einem zweistufigen Stoffwechsel: |
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# Aufnahme von Glucose-1-phosphat → Aufbau von Stärke. |
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====Mikrosphären==== |
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# Abgabe von Phosphat → Spaltung der Stärke und Abgabe von [[Maltose]]. |
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Im Jahr [[1970]] konnte [[Sydney Fox]] nachweisen, dass sich aus den proteinartigen Produkten, die beim Erwärmen trockener Aminosäuregemische entstehen ([[Chemische_Evolution#Die Bildung von Makromolekülen|siehe oben]]), auch durch [[Aggregation|Selbstaggregation]] wachsende Tröpfchen ergeben können, sogenannte Mikrosphären entstehen. Sie grenzen sich von der Umgebung durch eine [[Semipermeabilität|semipermeable Membran]] ab und nehmen weiteres proteinartiges Material aus der Umgebung auf. Dadurch wachsen sie weiter und zerteilen sich wieder in kleinere Tröpfchen. Des Weiteren fand Fox, dass diese Systeme enzymatische Eigenschaften haben, Glucose abbauen oder sich wie [[Esterase]]n oder [[Peroxidase]]n verhalten, ohne dass von außen Enzyme hinzugefügt worden wären. |
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==== Mikrosphären ==== |
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''Siehe auch:'' [[Proteinoid]]e |
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Im Jahr 1970 konnte [[Sydney Fox]] nachweisen, dass sich aus den proteinartigen Produkten ([[Proteinoide]]), die beim Erwärmen trockener Aminosäuregemische entstehen ([[#Die Bildung von Makromolekülen|siehe oben]]), auch durch [[Aggregation (Chemie)|Selbstaggregation]] wachsende Tröpfchen ergeben können, sogenannte [[Mikrosphäre]]n. Sie grenzen sich von der Umgebung durch eine [[Semipermeabilität|semipermeable Membran]] ab und nehmen weiteres proteinartiges Material aus der Umgebung auf. Dadurch wachsen sie weiter und zerteilen sich wieder in kleinere Tröpfchen. Des Weiteren fand Fox, dass diese Systeme enzymatische Eigenschaften haben, Glucose abbauen oder sich wie [[Esterase]]n oder [[Peroxidase]]n verhalten, ohne dass von außen Enzyme hinzugefügt worden wären.<ref>Sidney W. Fox, Joseph F. Foster: ''Introduction to Protein Chemistry.'' Wiley, 1957.</ref> |
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==== Protozellen ==== |
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[[Jack Szostak]] und Mitarbeiter am Massachusetts General Hospital, Boston, konnten 2008 in Modellversuchen zeigen, dass sogenannte „Protozellen“ (das heißt [[Vesikel (Biologie)|Vesikel]] bestehend aus einfachen [[Fettsäuren]], [[Fettalkohole]]n und Fettsäure-[[Glycerinester]]) folgende Eigenschaften (in Kombination) zeigen: Sie sind thermostabil zwischen 0 und 100 °C; sie können DNA- und RNA-Polymere im Innern einschließen; sie erlauben die [[Denaturierung (Biochemie)|Denaturierung]] (Trennung) der Polynukleotidstränge bei erhöhter Temperatur ohne Verlust der Einzelstränge aus der Protozelle; sie können unspezifisch (das heißt ohne Transmembran-Transportsysteme, z. B. Proteine) und sehr schnell geladene Moleküle wie [[Nukleotide]] aufnehmen.<ref name="PMID18768808">Sheref S. Mansy, Jack W. Szostak: ''Thermostability of model protocell membranes.'' In: ''PNAS.'' Band 105, 2008, S. 13351–13355, [[doi:10.1073/pnas.0805086105]].</ref> |
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Solche Vesikel bilden sich ebenfalls spontan unter dem Einfluss periodischer Druckschwankungen in der Erdkruste. Diese Vorgänge konnten in einer Druckzelle unter Einstellung der natürlichen Bedingungen nachvollzogen werden, wobei uni- und multilamellare Membranvesikel gebildet wurden.<ref name=":0" /> In Gegenwart von Aminosäuren führt eine periodische Bildung von Vesikeln zu einer molekularen Evolution von Peptiden, welche die Vesikel stabilisieren und damit ihr längeres Überdauern ermöglichen.<ref name=":1" /><ref name=":2" /> Solche Vesikel könnten bereits einfache Funktionalitäten entwickeln, die bis hin zu primitivem Stoffwechsel führen.<ref name=":2" /> Schließlich können sie durch die Konvektion der fluiden Phase an die Oberfläche gelangen und dort einer nachfolgenden Evolution unter geänderten Randbedingungen unterliegen. |
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Die RNA-Welt-Hypothese wurde erstmals [[1986]] von [[Walter Gilbert]] vorgeschlagen und besagt, dass RNA-Moleküle die Vorläufer der Organismen waren. |
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==== Präzellen – sukzessive Zellenbildung (Zellularisierung) ==== |
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Die Hypothese lässt sich ableiten aus der Fähigkeit der RNA zur Speicherung, Übertragung, und Vervielfältigung genetischer Informationen sowie aus ihrer Fähigkeit, als [[Ribozym]]e Reaktionen zu [[Katalysator|katalysieren]]. In einer Evolutionsumgebung würden diejenigen RNA-Moleküle gehäuft vorkommen, die sich selbst bevorzugt vermehren. |
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Nach [[Otto Kandler]]<ref>{{Literatur |Autor=[[Otto Kandler]] |Titel=The early diversification of life |Hrsg=Stefan Bengtson |Sammelwerk=Early Life on Earth. Nobel Symposium 84 |Verlag=Columbia U.P. |Ort=New York |Datum=1994 |ISBN=978-0231080880 |Seiten=152–160}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=[[Otto Kandler]] |Titel=Cell Wall Biochemistry in Archaea and its Phylogenetic Implications |Sammelwerk=Journal of Biological Physics |Band=20 |Nummer=1–4 |Datum=1995-03 |DOI=10.1007/BF00700433 |Seiten=165–169 |Online=https://link.springer.com/article/10.1007/BF00700433}}</ref><ref name=":3">{{Literatur |Autor=Otto Kandler |Titel=The early diversification of life and the origin of the three domains: A proposal |Hrsg=Jürgen Wiegel, Michael W.W. Adams |Sammelwerk=Thermophiles: The keys to molecular evolution and the origin of life? |Verlag=Taylor and Francis Ltd. |Ort=London |Datum=1998 |ISBN=978-0-203-48420-3 |Seiten=19–31 |Online=https://books.google.de/books?id=FtSzl4iastsC&printsec=frontcover&dq=isbn:0203484207&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwi-2unw_JHYAhXEyqQKHYezBF4Q6AEIJzAA#v=onepage&q&f=false}}</ref> gab es keine „erste Zelle“ (oder erste einzelne Vorläuferzelle) als Vorfahre der drei [[Domäne (Biologie)|Domänen des Lebens]] ([[Carl Woese]] et al. 1990<ref>{{Literatur |Autor=[[Carl R. Woese]], [[Otto Kandler]], Mark L. Wheelis |Titel=Towards a natural system of organisms: Proposal for the domains Archaea, Bacteria and Eucarya |Sammelwerk=Proceedings of the National Academy of Sciences USA |Band=87 |Nummer=12 |Datum=1990 |DOI=10.1073/pnas.87.12.4576 |PMC=54159 |PMID=2112744 |Seiten=4576–4579 |Online=https://www.pnas.org/doi/pdf/10.1073/pnas.87.12.4576}}</ref>), vielmehr war die Zellenbildung (Zellularisierung, cellularization) ein sukzessiver Prozess evolutionärer Verbesserungen. |
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[[Datei:Kandler 1998 Early diversification of life and pre-cell theory.svg|mini|Die frühe Diversifizierung des Lebens zu 3 Domänen mit Kandlers Präzellen-Theorie (Kandler 1998, S. 22)<ref name=":3" />]] |
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Dabei führte die frühe Evolution des Lebens nach seiner chemischen Entstehung (Eisen-Schwefel-Welt nach [[Günter Wächtershäuser]]<ref>{{Literatur |Autor=Günter Wächtershäuser |Titel=Before enzymes and templates: theory of surface metabolism |Sammelwerk=Microbiology Reviews |Band=52 |Nummer=4 |Datum=1988-12 |DOI=10.1128/mr.52.4.452-484.198 |PMC=373159 |PMID=3070320 |Seiten=452–484 |Online=}}</ref>, siehe oben) über einfache Stoffwechsel- und Replikationsvorgänge zur frühen Diversifizierung des Lebens durch die Entwicklung einer multiphänotypischen [[Population (Biologie)|Population]] von Präzellen (pre-cells), d. h. nicht festgelegten, evolvierenden ersten Lebensformen mit unterschiedlichen Eigenschaften und verbreitetem genetischen Austausch ([[horizontaler Gentransfer]]). Aus der Population dieser Präzellen entwickelten sich dann die "founder groups" A, B, C und daraus die Vorläuferzellen (hier proto-cells genannt) der drei Domänen des Lebens. |
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RNA wird aufgrund diverser Eigenschaften für älter gehalten als DNA. Unter anderem wird [[Ribose]] im Gegensatz zu Deoxyribose leicht durch [[Aldolkondensation]] gebildet. Auch startet selbst die heutige [[DNA-Replikation]] mit RNA-Synthese. |
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Erst die Abgrenzung von der Umgebung durch schützende Hüllen (z. B. [[Membran|Membranen]], Wände) ermöglichte eine Entwicklung zu stabileren Formen. Dabei war z. B. die Bildung von festen (rigiden) [[Zellwand|Zellwänden]] durch die Erfindung von [[Peptidoglycane|Peptidoglycan]] bei den Bakterien ([[Bakterien|Domäne Bacteria]]) wohl die Voraussetzung für ihr erfolgreiches Überleben, ihre Ausbreitung und Besiedelung praktisch aller Habitate der Geosphäre und Hydrosphäre (Kandler 1998<ref name=":3" />). |
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Ausgangspunkt der RNA-Evolution sind einfache sich selbst replizierende RNA-Moleküle. Einige davon erhalten die Eigenschaft, die Synthese von Proteinen zu katalysieren, die selbst wieder die Synthese der RNA und ihre eigene Synthese katalysieren (Entwicklung der [[Translation (Biologie)|Translation]]). Einige RNA-Moleküle lagern sich zu doppelsträngigen RNA-Molekülen zusammen, die sich zu DNA-Molekülen und Trägern der Erbinformation weiterentwickeln (Entwicklung der [[Transkription]]). |
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Die drei Domänen entstanden nacheinander aus der Präzellen-Population, zuerst die [[Bakterien|Bacteria]], dann die [[Archaeen|Archaea]] und zuletzt die [[Eukaryoten|Eukarya]]. Die quasi-zufällige Verteilung evolutionär bedeutsamer Eigenschaften auf die drei Domänen und das gleichzeitige Vorhandensein grundlegender Eigenschaften (z. B. [[genetischer Code]], proteinbildende [[Aminosäuren]] etc., „Einheit des Lebens“) in allen drei Domänen sind so erklärbar, ebenso die enge Verwandtschaft zwischen Archaea und Eukarya. |
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Als Grundlage dienen bestimmte RNA-Molküle, die von beliebigen RNA-Vorlagen und damit von sich selbst Kopien erzeugen können. Jennifer A. Doudna und Jack W. Szostak benutzten als Vorlage zur Entwicklung dieses RNA-Typs das selbst-spleißende [[Intron]] des [[Eukaryot|eukaryontischen]] Einzellers ''Tetrahymena thermophila''. Damit besteht die Möglichkeit, dass in den Ribosomen die eigentlich katalytischen Moleküle die rRNA sind und somit RNA die Eiweißsynthese katalysiert. Einschränkungen bestehen allerdings darin, dass bei der selbstreplizierenden RNA als Bausteine nicht Mononukleotide sondern Oligonukleotide und Hilfsstoffe benötigt werden. |
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Eine zusammenfassende grafische Darstellung des Szenarios der frühen Evolution auf der Basis von Kandlers Präzellen-Theorie findet sich in der nebenstehenden Abbildung<ref name=":3" /> (die Nummern zeigen dabei die einzelnen Entwicklungsschritte bzw. die evolutionären Verbesserungen an und werden unter „weitere Einzelheiten“ genauer erklärt). |
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[[2001]] wurde entdeckt, dass die wichtigen katalytischen Zentren der Ribosomen von RNA und nicht, wie vorher angenommen, von [[Protein]]en gestellt werden. |
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Dies zeigt, dass eine katalytische Funktion der RNA, wie sie in der RNA-Welt-Hypothese vorgeschlagen wurde, heute von Lebewesen genutzt wird. |
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Da Ribosomen als sehr ursprüngliche Zellbausteine gelten, gilt diese Entdeckung als wichtiger Beitrag zur Untermauerung der RNA-Welt-Hypothese. |
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Man ist nun sicher, dass RNA-Moleküle – zumindest prinzipiell – in der Lage sind, Aminosäuren zu Proteinen zu verketten. |
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=== Die RNA-Welt === |
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In diesem Zusammenhang ist auch die ''PNA'' ([[Peptid-Nukleinsäure]]) als mögliches Vorläufermolekül der RNA von Interesse. |
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{{Hauptartikel|RNA-Welt-Hypothese}} |
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Die RNA-Welt-Hypothese geht auf die Ergebnisse aus dem Miller-Urey-Experiment zurück. Sie wurde erstmals 1967 von [[Carl Woese]] formuliert.<ref>Carl R. Woese: ''The Genetic Code: The Molecular Basis for Genetic Expression.'' Harper & Row, 1967, ISBN 0-06-047176-X.</ref> Sie besagt, dass früheres Leben allein auf Ribonukleinsäuren (RNA) basierte sowohl zur Informationsspeicherung als auch zur Katalyse chemischer Reaktionen. Diese Funktionen werden heute durch das [[Chemische Stabilität|chemisch stabilere]] Informationsspeichermedium DNA bzw. funktionell flexiblere Proteine realisiert. Nach der RNA-Welt-Hypothese seien die ersten zellulären Lebensformen [[Ribozyt]]en gewesen. Als ein Hinweis auf die Existenz der RNA-Welt werden Ribosomen und die katalytisch aktive [[ribosomale RNA]] angesehen, die evolutionäre Überbleibsel (''chemische'' bzw. ''molekulare Fossilien'') dieser Zeit darstellen könnten.<ref name="Yarus">{{Literatur |Autor=M. Yarus |Titel=Primordial genetics: phenotype of the ribocyte |Sammelwerk=[[Annu. Rev. Genet.]] |Band=36 |Datum=2002 |Seiten=125–151 |Sprache=en |DOI=10.1146/annurev.genet.36.031902.105056 |PMID=12429689}}</ref> |
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''Siehe auch:'' [[Hyperzyklus]], [[Manfred Eigen]] |
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=== Anreicherung === |
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==Alternativ betrachtete Möglichkeiten die für die Entstehung des Lebens von Bedeutung sein können== |
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Das Reaktionsgleichgewicht zwischen Monomeren und Dimeren (von RNA oder anderen organischen Molekülen) liegt bei den auch damals geringen Konzentrationen im freien Ozean auf der Seite der Monomere. Eine Autokatalyse und damit die Entstehung von Leben ist dort unmöglich. Ein Mechanismus zur Anreicherung ist notwendig. Vorgeschlagen wurde eine Kombination von thermischer Konvektion und Thermophorese in porösen Mineralen heißer Quellen<ref>Eugene V. Koonin: ''An RNA-making reactor for the origin of life.'' In: ''[[PNAS]].'' Band 104, 2007, S. 9105–9106, [[doi:10.1073/pnas.0702699104]].</ref> sowie zyklische Taubildung und Verdunstung.<ref>Alan Ianeselli et al.: ''Water cycles in a Hadean CO2 atmosphere drive the evolution of long DNA.'' Nature Physics 18, 2022, [[doi:10.1038/s41567-022-01516-z]] (freier Volltext).</ref> |
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== Alternativ betrachtete Möglichkeiten == |
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===[[Biomolekül]]e aus dem Weltall=== |
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=== Biomoleküle aus dem Weltall === |
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Die Erde ist seit Anbeginn ihrer Existenz dem Bombardement von [[Komet]]en und [[Meteorit]]en ausgesetzt, insbesondere in der als "Heavy Bombardment" bezeichneten ersten Phase nach der Erdentstehung. In etlichen Meteoriten wurden einfache organische Moleküle nachgewiesen, unter anderem [[Aminosäure]]n. Beachtet man die Homo[[chiralität]] irdischer [[Biomolekül]]e (L-Aminosäuren und D-Zucker), so wäre eventuell ein mögliche Erklärung, dass die Aminosäuren aus dem [[Weltall]] stammen, da diese ebenfalls überwiegend vom L-Typ sind (Rubenstein et al. 1983, Nature 306, 118). Diese Verteilung ist allerdings auch durch anorganische Feststoff-Katalysatoren auf der Erde erklärbar. Durch Versuche in denen Weltraumbedingungen simuliert wurden, konnte inzwischen nachgewiesen werden, dass grundlegende organische Biomoleküle, insbesondere Aminosäuren, auch unter solchen Bedingungen entstehen können (Bernstein, M.P., et al. 2002. ''Racemic amino acids from the ultraviolet photolysis of interstellar ice analogues.'' Nature 416, 401). |
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Relativ kleine [[Impakt]]oren geben ihre kinetische Energie überwiegend in der Atmosphäre ab und schlagen mit wenigen km/s ein, was Biomoleküle überstehen können.<ref>Nicolle E.B. Zellner, Vanessa P. McCaffrey, Jayden H.E. Butler: ''Cometary Glycolaldehyde as a Source of pre-RNA Molecules.'' Astrobiology, 2020, [[doi:10.1089/ast.2020.2216]].</ref> |
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In etlichen Meteoriten wurden einfache organische Moleküle nachgewiesen, unter anderem [[Aminosäure]]n und Vorläufer von Zuckermolekülen, und Mechanismen für ihre Entstehung unter Weltraumbedingungen wurden vorgeschlagen und simuliert.<ref>M.P. Bernstein u. a.: ''Racemic amino acids from the ultraviolet photolysis of interstellar ice analogues.'' Nature 416, 2002.</ref><ref>G. Munoz Caro u. a.: ''Amino acids from ultraviolet irradiation of interstellar ice analogues''. Nature 416, 2002.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Yoshihiro Furukawa, Yoshito Chikaraishi, Naohiko Ohkouchi, Nanako O. Ogawa, Daniel P. Glavin |Titel=Extraterrestrial ribose and other sugars in primitive meteorites |Sammelwerk=Proceedings of the National Academy of Sciences |Datum=2019-11-13 |ISSN=0027-8424 |Online=https://www.pnas.org/content/early/2019/11/12/1907169116 |Abruf=2019-11-21 |DOI=10.1073/pnas.1907169116 |PMID=31740594}}</ref> So konnte die Schweizer Astrophysikerin [[Kathrin Altwegg]] im Rahmen des [[Rosetta (Sonde)|Rosetta]]-Teilprojektes ROSINA auf dem Kometen [[Tschurjumow-Gerassimenko]] Aminosäuren nachweisen.<ref>''[https://www.esa.int/ger/ESA_in_your_country/Germany/Rosettas_Komet_enthaelt_die_Bausteine_des_Lebens Rosettas Komet enthält die Bausteine des Lebens]'' In: ''ESA Deutschland.'' 31. Mai 2016, abgerufen am 28. Juni 2018</ref> Die Zufuhr aus dem All kann jedoch nur nennenswert zur Konzentration solcher Moleküle beigetragen haben, wenn deren Lebensdauer in der Biosphäre ungewöhnlich groß ist. Das ist nicht der Fall. Gerade Minerale in Meteoriten sind [[Katalysator|katalytisch]] aktiv und fördern damit nicht nur den Auf-, sondern auch den Abbau komplexer Moleküle auf der Zeitskala von Stunden.<ref>R. Saladino u. a.: ''Catalytic effects of Murchison Material: Prebiotic Synthesis and Degradation of RNA Precursors.'' In: ''Orig Life Evol Biosph.'' Band 41, 2011, S. 437–451, PMID 21484535.</ref> |
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Beachtet man die [[Homochiralität]] irdischer [[Biomolekül]]e (L-Aminosäuren und D-Zucker), so wäre eventuell eine mögliche Erklärung, dass die Aminosäuren aus dem Weltall stammen, da bei einigen dieser meteoritischen Aminosäuren ein Überschuss des L-Typ um bis zu mehr als 9 % nachgewiesen wurde.<ref name="Enantiomeric" /> Diese Verteilung ist allerdings auch durch anorganische Feststoff-Katalysatoren auf der Erde erklärbar.<ref name="kojo">S. Kojo, H. Uchino, M. Yoshimura, K. Tanaka: ''Racemic D,L-asparagine causes enantiomeric excess of other coexisting racemic D,L-amino acids during recrystallization: a hypothesis accounting for the origin of L-amino acids in the biosphere.'' In: ''[[Chemical Communications]].'' 2004, S. 2146–2147, [[doi:10.1039/b409941a]].</ref> |
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===[[Black Smoker]]=== |
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An diesen hydrothermalen Quellen findet sich eine möglicherweise günstige Umgebung für die chemo[[autotroph]]e Entstehung des Lebens. Diese These wird insbesondere von den Forschern William Martin und Michael Russell vertreten (M. Martin, M.J.Russell, (2003). On the origins of cells : a hypothesis for the evolutionary transitions from abiotic geochemistry to chemoautotrophic prokaryotes, and from prokaryotes to nucleared cells. Philos. Trans. R. Soc. London Ser. B 358, 59–85). |
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=== Biomoleküle aus Impaktereignissen === |
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==Weitere Sichtweisen== |
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Für größere Impaktoren wird diskutiert, dass in der [[Detonationswelle|Schockwelle]] aus den Hauptbestandteilen der frühen Atmosphäre, CO<sub>2</sub> und N<sub>2</sub>, Biomoleküle entstanden sind.<ref>Yuto Takeuchi et al.: ''Impact-induced amino acid formation on Hadean Earth and Noachian Mars.'' Scientific Reports, 2020, [[doi:10.1038/s41598-020-66112-8]].</ref> |
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=== Lebensformen aus dem Weltall === |
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===Panspermie=== |
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Die [[Panspermie]]-Hypothese |
Die noch spekulativere [[Panspermie]]-Hypothese besagt, dass durch „Animpfen“ der Erde mit niederen, bakterienähnlichen Lebensformen aus dem Weltall die ersten Lebewesen auf die Erde kamen. Dies verschiebt aber die Entstehung von Leben nur an einen anderen Ort und ist keine Erklärung für die Entstehung des Lebens an sich. |
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=== „Ante-Organismen“ === |
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Die Hypothese, daß niedrigere Lebensformen aus dem Weltall auf die Erde gelangt sind, verschiebt das Problem der Entstehung von Leben aber nur auf einen anderen Ort und ist keine Erklärung für die Entstehung des Lebens. |
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[[Komplexitätsforschung|Komplexitätsforscher]] warfen 2023 die These auf, dass sich [[Verhalten (Biologie)|verhaltensähnliche]] Wechselwirkungen bereits vor [[Stoffwechsel|Metabolismen]] entwickelt haben könnten. Demnach hätten anorganische Systeme bereits lebensähnlich interagiert, was allmählich zu Organismen geführt habe.<!-- gerne präziser --><ref>{{Literatur |Autor=Matthew Egbert, Martin M. Hanczyc, Inman Harvey, Nathaniel Virgo, Emily C. Parke, Tom Froese, Hiroki Sayama, Alexandra S. Penn, Stuart Bartlett |Titel=Behaviour and the Origin of Organisms |Sammelwerk=Origins of Life and Evolution of Biospheres |Datum=2023-05-11 |ISSN=0169-6149 |DOI=10.1007/s11084-023-09635-0 |Online=https://link.springer.com/10.1007/s11084-023-09635-0 |Abruf=2023-05-14}}</ref> |
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== Forscher auf dem Gebiet der Chemischen Evolution == |
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===Religiöse Sichtweisen=== |
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* [[Alexander Iwanowitsch Oparin|Alexander Oparin]]: Koazervate ([[#Koazervate|siehe unten]]) |
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* [[Harold Clayton Urey|Harold C. Urey]] und [[Stanley Miller|Stanley L. Miller]] 1953: Entstehung einfacher Biomoleküle in einer simulierten [[Uratmosphäre]] ([[#Das Miller-Urey-Experiment|siehe unten]]) |
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* [[Sidney W. Fox]]: [[Mikrosphäre]]n aus Protenoiden ([[#Mikrosphären|siehe unten]]) |
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* [[Thomas R. Cech]] (Universität von Colorado) und [[Sidney Altman]] (Yale-Universität New Haven Connecticut) 1981: [[Autokatalyse|autokatalytisches]] [[Ribonukleinsäure|RNA]]-[[Splicing]]: „[[Ribozym]]e“ vereinigen [[Katalyse]] und Information in einem Molekül. Sie vermögen sich aus einer längeren RNA-Kette selbst herauszuschneiden und die verbleibenden Enden wieder zusammenzufügen. |
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* [[Walter Gilbert]] (Harvard-Universität Cambridge) entwickelt 1986 die Idee der RNA-Welt ([[#Die RNA-Welt|siehe unten]]) |
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* [[Hans Kuhn (Physikochemiker)|Hans Kuhn]] (Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (Karl-Friedrich-Bonhoeffer-Institut) in Göttingen) entwickelte ein Modell zur Entstehung eines ersten, replizierenden Oligomers an einem ganz speziellen Ort auf der präbiotischen Erde unter der Bedingung eines ganz besonderen zyklischen Wechsels von Temperatur und vielen anderen speziellen, zufällig an diesem Ort herrschenden Gegebenheiten. |
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* [[Günter von Kiedrowski]] ([[Ruhr-Universität Bochum]]) veröffentlichte 1986 das erste selbstreplizierende System auf der Grundlage eines Hexanukleotids (DNA), wichtige Beiträge zum Verständnis der Wachstumsfunktionen selbstreplizierender Systeme. |
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* [[Manfred Eigen]] ([[Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie]] Göttingen): Evolution von RNA-Protein-Ensembles ([[Hyperzyklus]]). |
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* [[Julius Rebek|Julius Rebek jr.]] ([[Massachusetts Institute of Technology|MIT]] Cambridge) stellt ein künstliches Molekül her (Aminoadenosintriazidester), das sich in Chloroformlösung selbst repliziert. Allerdings sind die Kopien identisch mit der Vorlage, so dass eine Evolution für diese Moleküle nicht möglich ist. |
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* [[John Corliss|John B. Corliss]] ([[Goddard Space Flight Center]] der NASA): [[Hydrothermal]]e Schlote der Meere liefern Energie und Chemikalien, die eine von Meteoriten-Einschlägen weitgehend ungestörte chemische Evolution ermöglichen. Heute noch sind sie Lebensraum für die in vielen Merkmalen sehr urtümlichen Archaebakterien ([[Archaea]]). |
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* [[Günter Wächtershäuser]] (München): Die ersten sich selbst replizierenden Strukturen mit Stoffwechsel seien auf der Oberfläche von [[Pyrit]] entstanden. Das Eisen[[sulfid]] des Pyrits habe hierzu die notwendige Energie geliefert. Mit den wachsenden und wieder zerfallenden Pyritkristallen hätten diese Systeme wachsen und sich vermehren können und die verschiedenen Populationen seien unterschiedlichen Umweltbedingungen ([[Selektion (Evolution)|Selektionsbedingungen]]) ausgesetzt gewesen. |
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* [[Cairns-Smith|A. G. Cairns-Smith]] (Universität Glasgow) und [[David Mauerzall|David C. Mauerzall]] (Rockefeller-Universität New York) sehen in [[Tonmineral]]ien ein System, das zunächst selbst einer chemischen Evolution unterworfen ist, wodurch viele verschiedene, sich selbst replizierende Kristalle entstehen. Diese Kristalle ziehen auf Grund ihrer elektrischen Ladung organische Moleküle an und katalysieren die [[Synthese (Chemie)|Synthese]] komplexer Biomoleküle, wobei der Informationsgehalt der Kristallstrukturen zunächst als [[Matrize (Genetik)|Matrize]] dient. Diese organischen Gebilde werden immer komplexer, bis sie sich ohne Hilfe der Tonmineralien vermehren können. |
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* [[Wolfgang Weigand]], [[Mark Dörr]] et al. ([[Friedrich-Schiller-Universität Jena]]) zeigen 2003, dass Eisensulfid die Synthese von Ammoniak aus molekularem Stickstoff katalysieren kann. |
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* [[Nick Lane]] (Department of Genetics, Evolution and Environment/University College, London) hat in einem Laborreaktor unter den Bedingungen der alkalinen hydrothermalen Schlote an Eisensulfidmembranen einfache organische Verbindungen (Formiat, Formaldehyd, Ribose, Desoxyribose) erzeugt. |
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== Kritik == |
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Die Ansicht vieler [[Religion]]en, das Leben habe notwendigerweise einen übernatürlichen Ursprung, wird von [[Naturwissenschaftler]]n nicht diskutiert, da derartige Annahmen keine [[falsifizierbar]]en Schlüsse zulassen und sich deshalb keine naturwissenschaftlichen Erkennisse daraus gewinnen lassen. Bereits der Begriff ''Natur''wissenschaft lässt erkennen, dass keine ''über''natürlichen Theorien betrachtet werden. |
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Die Hypothesen zur chemischen Evolution und insbesondere deren optimistische Interpretationen hinsichtlich der Klärung der Entstehung des Lebens werden zum Teil kritisch gesehen. So kommt zum Beispiel der Experte für Polymerchemie Prof. Hans R. Kricheldorf nach Analyse der gängigen Hypothesen zur chemischen Evolution zu folgendem Schluss: „Die zahlreichen Kenntnislücken, Negativergebnisse und Gegenargumente, [...], machen es beim augenblicklichen Kenntnisstand schwer, aus distanzierter, wissenschaftlicher Sicht die ehemalige Existenz einer zu Leben führenden chemischen Evolution zu akzeptieren. Trotz zahlreicher Fortschritte, insbesondere im Rahmen der RNA-Welt-Hypothese, reichen die bislang vorliegenden Ergebnisse bei Weitem nicht aus, eine chemische Evolution bis hin zu lebenden Organismen ausreichend zu begründen.“<ref>{{Literatur |Autor=Hans R. Kricheldorf |Titel=Leben durch chemische Evolution? |Datum=2019 |ISBN=978-3-662-57978-7 |DOI=10.1007/978-3-662-57978-7}}</ref> |
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== Siehe auch == |
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* [[Herkunft des irdischen Wassers]] |
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Bei aller Unsicherheit über die konkrete Entstehung von Leben auf der Erde scheint sicher zu sein, dass sich nur eine Form von Leben, nämlich die auf Nukleinsäuren ([[RNA]] und [[Desoxyribonukleinsäure|DNA]]) beruhende, durchgesetzt hat (falls es je mehrere verschiedene gegeben haben sollte). Das wesentliche Indiz für diese Theorie besteht in der Gleichheit der Bausteine der zwei wesentlichsten lebenstypischen [[Makromolekül]]e ([[Nukleinsäuren]] und [[Proteine]]), die fünf [[Nukleotide]] und die 20 [[Aminosäuren]] in allen bekannten Lebensformen, insbesondere aber auch der universell gültige [[genetische Code]]. |
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* [[Kohlenstoffchauvinismus]] |
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* [[Paläontologie]] |
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* [[Quasispezies]] |
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* [[Rare-Earth-Hypothese]] |
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* Alternative Erklärungen unter [[Evolutionstheorie]] |
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== Literatur == |
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Man nimmt auch an, dass das Entstehen neuen Lebens auf unserer Erde jetzt nicht mehr möglich ist, da alle [[Ökosystem]]e bereits von Leben besetzt sind und die Entstehung neuen Lebens unter dem Konkurrenzdruck anderer [[Lebewesen]] unmöglich ist. |
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* Iris Fry: ''The Emergence of Life on Earth: A Historical and Scientific Overview.'' Rutgers University Press, 2000, ISBN 0-8135-2740-6. |
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* [[Leslie Orgel|Leslie E. Orgel]]: ''Prebiotic Chemistry and the Origin of the RNA World.'' In: ''Critical Reviews in Biochemistry and Molecular Biology.'' Band 39, 2004, S. 99–123, [[doi:10.1080/10409230490460765]] [http://www.d.umn.edu/~pschoff/documents/OrgelRNAWorld.pdf (online)] |
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* Horst Rauchfuss: ''Chemische Evolution und der Ursprung des Lebens.'' Springer-Verlag, 2006, ISBN 3-540-27666-1. [http://books.google.com/books?id=Pi4lBAAAQBAJ&pg=PA129 (online)] |
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* [[Robert Shapiro (Chemiker)|Robert Shapiro]]: ''Ein einfacher Ursprung des Lebens.'' In: ''Spektrum der Wissenschaft.'' November 2007, {{ISSN|0170-2971}}, S. 64–72. |
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* Sven P. Thoms: ''Ursprung des Lebens.'' Fischer Taschenbuch Verlag, 2005, ISBN 3-596-16128-2. |
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* Uwe Meierhenrich: ''Amino Acids and the Asymmetry of Life.'' Springer, 2008, ISBN 978-3-540-76885-2. |
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* [[Günter Wächtershäuser]]: ''Die Entstehung des Lebens in einer vulkanischen Eisen-Schwefel-Welt – Von chemischer Notwendigkeit zum genetischen Zufall.'' In: Oliver Betz, Heinz-Rüdiger Köhler (Hrsg.): ''Die Evolution des Lebendigen.'' Attempto, 2008, ISBN 978-3-89308-399-2. |
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* Muriel Gargaud u. a.: ''Young Sun, Early Earth and the Origins of Life: Lessons for Astrobiology.'' Springer, 2012, ISBN 978-3-642-22551-2, ({{Google Buch|BuchID=hRREAAAAQBAJ}}). |
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* William F. Martin u. a.: ''Energy at life’s origin.'' In: ''Science.'' Band 344, 2014, S. 1092–1093, [[doi:10.1126/science.1251653]]. |
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* Jef Akst: [http://www.the-scientist.com/?articles.view/articleNo/39252/title/RNA-World-2-0/ ''RNA World 2.0.''] In: ''The Scientist.'' 1. März 2014. |
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* Nick Lane: ''Der Funke des Lebens.'' Konrad Theiss Verlag: Darmstadt 2017. (Inhaltsverzeichnis unter https://d-nb.info/1118389840/04).<ref>Populärwissenschaftliches Buch, aber Grundkenntnisse in Chemie und Genetik sind vorteilhaft</ref> |
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== Weblinks == |
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''Siehe dazu auch:'' [[Astrobiologie]], [[Xenobiologie]], [[Bonner-Rubenstein-Hypothese]] |
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* [[Gábor Paál]] im Gespräch mit Martina Preiner: ''Der Ursprung des Lebens – Stand heute'' (2024), [https://www.swr.de/swrkultur/wissen/der-ursprung-des-lebens-stand-heute-das-wissen-2024-09-15-102.html Der Ursprung des Lebens – Stand heute,] SWR Kultur 15.9.2024. |
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* [https://web.archive.org/web/20170112000823/http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/radioakademie/evolution/-/id=4611434/property=download/nid=4520228/1o6hyeo/swr2-wissen-20090516.pdf ''Wie das Leben auf die Erde kam'' – SWR2 Radio Akademie: Evolution: Fluss des Lebens], SWR2, Manuskript der Sendung vom 16. Mai 2009. |
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* {{Alpha Centauri|54}} |
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* [https://www.researchgate.net/publication/332903227_Evolution_im_Fadenkreuz_des_Kreationismus_Darwins_religiose_Gegner_und_ihre_Argumentation Die chemische Evolution: Hat es sie gegeben und wenn ja, wie sah sie aus?] Überblicksartikel mit allen gängigen Argumenten „pro“ und „contra“. [[PDF]]-Datei, ca. 640 kB. |
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* [http://www.martin-neukamm.de/leben.html Schritte zum Leben: Moderne Erkenntnisse über die Entstehung des Lebens.] |
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* Michael Marshall: [http://www.bbc.com/earth/story/20161026-the-secret-of-how-life-on-earth-began The secret of how life on earth be​gan], auf: BBC – Earth, vom 31. Oktober 2016 |
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* Martin Neukamm: [https://www.ag-evolutionsbiologie.de/html/2024/chemische-evolution-chiralitaet.html Chemische Evolution: Wie die Natur die Vorliebe für linkshändige Aminosäuren und rechtshändige Zucker entdeckte.] Neue Erkenntnisse zur Lösung des Chiralitäts-Problems. Auf: AG EvoBio |
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* Michelle Starr: [https://www.sciencealert.com/gobsmacking-study-finds-life-on-earth-emerged-4-2-billion-years-ago Gobsmacking Study Finds Life on Earth Emerged 4.2 Billion Years Ago]. Auf: science<sup>alert</sup> vom 12. Juli 2024. |
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== Einzelnachweise == |
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==Literatur== |
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<references responsive /> |
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{{Normdaten|TYP=s|GND=4147631-1}} |
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*Iris Fry, 'The Emergence of Life on Earth: A Historical and Scientific Overview.', Rutgers University Press, 2000, ISBN 0813527406 |
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==Siehe auch== |
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[[Portal:Biologie]], [[Paläontologie]], [[Exobiologie]], [[Kohlenstoffchauvinismus]] |
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==Weblinks== |
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* http://www.chiralitaet.de/mh(olb.html Außerirdischer Ursprung der Homochiralität |
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* http://www.merian.fr.bw.schule.de/Beck/skripten/13/bs13-50.htm Chemische Evolution |
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[[Kategorie:Chemie]] |
[[Kategorie:Chemie]] |
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[[Kategorie:Evolution]] |
[[Kategorie:Evolution]] |
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[[Kategorie:Historische Geologie]] |
[[Kategorie:Historische Geologie]] |
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[[Kategorie: |
[[Kategorie:Astrobiologie]] |
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[[en:Chemical evolution]] |
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[[fi:Kemiallinen evoluutio]] |
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[[ru:Химическая эволюция]] |
Aktuelle Version vom 19. April 2025, 14:27 Uhr
Als chemische Evolution oder Abiogenese bezeichnet man die Entstehung von Lebewesen aus anorganischen und organischen Stoffen.[1][2] Sie begann im Hadaikum (bis vor etwa 4 Milliarden Jahren), dem ersten Abschnitt des Präkambriums. Im Eoarchaikum, dem zweiten Abschnitt des Präkambriums, begann die Evolution zellulärer Organismen. Es entstanden Prokaryoten. Seither bildet sich Leben aus Leben (Biogenese). Die unbekannte Mischung anorganischer Substanzen, welche die Entstehung von Leben ermöglichte, wird häufig als Ursuppe (englisch primordial soup), Urschleim oder auch Urschlamm bezeichnet, wobei diese Vorstellung jedoch umstritten ist.
Kennzeichen der chemischen Evolution ist die spontane Strukturbildung durch Autokatalyse, einschließlich der Entstehung der Homochiralität. Voraussetzung sind Fließgleichgewichte fernab des thermodynamischen Gleichgewichts. Als wahrscheinlicher Antrieb gelten thermische und chemische Gradienten heißer Quellen im Meeresboden. Die darwinschen Mechanismen der biologischen Evolutionstheorie (Variation, Selektion und Reproduktion) liegen den meisten Hypothesen hingegen nicht zugrunde.[3]
Zum Ablauf der chemischen Evolution existieren diverse Hypothesen. Sie werden hauptsächlich durch Experimente gestützt, die auf geologischen Erkenntnissen über die damalige chemische Zusammensetzung der Erdatmosphäre, der Hydrosphäre und der Lithosphäre sowie klimatische Bedingungen beruhen. So konnte zwar bereits die chemische Entstehung komplexer Moleküle beobachtet werden, die für biologische Abläufe notwendig sind, jedoch noch keine Bildung eines lebenden Systems. Die Experimente reichen momentan nicht zur Formulierung einer geschlossenen Theorie aus, die erklären kann, wie das Leben entstand.[4]
Sicher scheint zu sein, dass sich nur eine Form von Leben, nämlich die auf Nukleinsäuren (RNA und DNA) beruhende, durchgesetzt hat (falls weitere existiert haben sollten bzw. überhaupt möglich sind). Wesentliche Indizien für diese Theorie sind die Gleichheit der Bausteine der zwei wesentlichsten lebenstypischen Makromoleküle in allen bekannten Lebensformen (die fünf Nukleotide als Bausteine der Nukleinsäuren und die 21 Aminosäuren als Bausteine der Proteine) und der universell gültige genetische Code.
Vorüberlegungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hypothesen zur chemischen Evolution müssen verschiedene Aspekte erklären:
- Die abiogene Entstehung der Biomoleküle, das heißt ihre Entwicklung aus nichtlebenden beziehungsweise nichtorganischen Vorläufern (Kosmochemie).
- Die Entstehung sich selbst replizierender und variierender chemischer Informations-Systeme, das heißt die Entstehung von Zellen (vermutlich in Koevolution mit Viren).
- Die Entstehung der gegenseitigen Abhängigkeit von Funktion (Enzyme) und Information (RNA, DNA).
- Die Umweltbedingungen der Erde vor 4,5 bis 3,5 Milliarden Jahren (oder möglicherweise auf vergleichbaren anderen Himmelskörpern in unserem oder anderen Planetensystemen – wie Monde, Exoplaneten, Exo-Monde oder gar Planemos, jetzt oder früher).
Ältere Vorstellungen zur Spontanzeugung waren 1860 durch Experimente von Louis Pasteur nun auch für die Mikrobiologie widerlegt.[5] Die neuen Wissenschaften der Zellbiologie, Virologie und der Biochemie (Molekularbiologie) konnten zwar die Evolutionstheorie erhärten, erhellten aber auch die enorme Komplexität der Lebensvorgänge, sodass eine Beantwortung der Frage nach dem Beginn hoffnungslos schien und zunächst weitgehend ausgeblendet wurde.[6]
Noch steht ein einheitliches Modell zur chemischen Evolution aus, möglicherweise weil grundlegende Prinzipien noch nicht entdeckt wurden.
Biomoleküle
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Die präbiotische Entstehung der komplexen organischen Moleküle kann in drei Schritte unterteilt werden:
- Entstehung einfacher organischer Moleküle (Alkohole, Säuren, Heterozyklen wie Purine und Pyrimidine) aus anorganischen Stoffen.
- Entstehung der Grundbausteine (Einfachzucker, Aminosäuren, Pyrrole, Fettsäuren, Nukleotide) komplexer organischer Moleküle aus einfachen organischen Molekülen.
- Entstehung der komplexen organischen Moleküle aus den Grundbausteinen.
Die Elementaranalyse dieser Moleküle führt zu der Frage, welche anorganischen Verbindungen zu ihrer Entstehung notwendig waren.
C | H | O | N | S | P | |
---|---|---|---|---|---|---|
Kohlenhydrate | X | X | X | |||
Lipide | X | X | X | X | X | |
Proteine | X | X | X | X | X | |
Nukleotide | X | X | X | X | X | |
Porphyrine | X | X | X | X |
reduziert | oxidiert | |
---|---|---|
Kohlenstoff (C) | Methan (CH4) | Kohlenstoffdioxid (CO2), Kohlenstoffmonoxid (CO) |
Wasserstoff (H) | Wasserstoff (H2) | Wasser (H2O) |
Sauerstoff (O) | Wasser (H2O) | Sauerstoff (O2) |
Stickstoff (N) | Ammoniak (NH3) | Nitrate (NO3−) |
Schwefel (S) | Schwefelwasserstoff (H2S) | Sulfate (SO42−) |
Phosphor (P) | Phosphin (PH3) | Phosphate (PO43−) |
Alle Hypothesen gehen davon aus, dass neben Wasser und Phosphat zunächst nur die reduzierten Formen der heute üblichen chemischen Verbindungen in ausreichender Menge zur Verfügung standen, da die Uratmosphäre kaum molekularen Sauerstoff enthielt.
Als Energiequelle werden UV-Strahlen und Blitze angenommen.[7] Nach einigen sehr beachtenswerten neueren Theorien käme die nötige Energie für die Entstehung von Bio-Molekülen alternativ dazu auch aus anaeroben Redoxprozessen zwischen reduzierten vulkanischen Gasen und sulfidischen Mineralien wie Pyrit (FeS2).
Rolle der Erdatmosphäre
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erdatmosphäre war zur Zeit der Abiogenese kühl, siehe das sogenannte Paradoxon der schwachen jungen Sonne. Sie hatte reduzierenden Charakter, war also weitgehend frei von molekularem Sauerstoff und ohne Ozonschicht. In der Atmosphäre sammelte sich bei heißen Temperaturen Wasserdampf. Dieser kondensierte und Wasser sammelte sich an der Oberfläche der Erde.
Die Rolle des Wassers für die Evolution des Lebens
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Leben, wie wir es kennen (bzw. definieren), benötigt Wasser als universelles Lösungsmittel. Es hat Eigenschaften, die nach akzeptiertem naturwissenschaftlichem Verständnis die Entstehung von Leben ermöglichen (siehe auch anthropisches Prinzip). Möglicherweise kann Leben unabhängig von Wasser entstehen und existieren, viele Wissenschaftler nehmen aber an, dass die Anwesenheit von flüssigem Wasser (in einem bestimmten Gebiet oder auf einem bestimmten Planeten, wie dem Mars) unsere Art Leben nicht nur ermöglicht, sondern sein Entstehen sogar sehr wahrscheinlich macht.
Für die Entstehung des Lebens sind folgende Eigenschaften des Wassers relevant:
- Wasser ist in einem Temperaturbereich flüssig, in dem organische Moleküle stabil sind.
- Wasser ist als polares Medium für chemische Reaktionen besonders geeignet, da es eine homogene Durchmischung ermöglicht, Protonen für Katalysen zur Verfügung stellen kann und eine hohe Wärmekapazität hat und somit überschüssige Reaktionswärme aufnimmt.
- Die Anomalie des Wassers verhindert, dass Gewässer vom Grund aus vereisen, und sorgt für einen Bereich gleichmäßiger Temperatur.
- Wasser, in dem Stoffe gelöst sind, wie Meerwasser, bildet beim Ausfrieren Bereiche unterschiedlicher Stoffkonzentrationen, die von Eismembranen umgeben sind. Nach der umstrittenen Meereis-Hypothese des Physikers Hauke Trinks seien so nicht nur Biomoleküle, sondern auch das Leben entstanden.
Hypothesen und Experimente zur chemischen Evolution
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Erste Theorien zum Urschleim
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachdem die vormodernen Überlegungen der Spontanzeugung widerlegt waren, vertraten dennoch Biologen wie Jean-Baptiste de Lamarck die Überzeugung, dass es zumindest eine Urzeugung gegeben haben müsse. Auch Lorenz Oken vertrat 1805 die Theorie, dass alles Leben aus Ansammlungen kleiner Bläschen bestünde (dies war der Vorläufer der Zelltheorie) und mit Urschleim gefüllt sei, welcher sich aus anorganischer Materie zusammensetzte. Diese deutschen Fachbegriffe wurden durch Oken geprägt.[8]
Oparin-Haldane-Hypothese
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den 1920er Jahren veröffentlichten der britische Wissenschaftler J. B. S. Haldane und der sowjetische Biochemiker Aleksandr Oparin unabhängig voneinander eine der bekanntesten Hypothesen zur Entstehung des Lebens auf der Erde. Die Theorie besagt, dass die Bedingungen der Erde schon damals bestimmte chemische Reaktionen begünstigten. Beide Forscher waren der Ansicht, dass organische Moleküle aus abiogenen Materialien unter Einwirkung einer äußeren Energiequelle (z. B. die sehr intensive ultraviolette Strahlung) gebildet werden können und dass die Uratmosphäre, die unter anderem Ammoniak, Wasserdampf und einen geringen Anteil freien Sauerstoff enthielt, dabei reduzierend gewirkt haben könnte. Beide vermuteten auch, dass die ersten Lebensformen im warmen Urozean auftraten und nicht autotroph, sondern heterotroph waren.[9]
Oparin glaubte, dass sich das Leben aus Koazervaten – spontan gebildeten, kugelförmigen Aggregaten aus Lipidmolekülen – entwickelte, die durch elektrostatische Kräfte zusammengehalten wurden und die Vorläufer der Zellen gewesen sein könnten. Oparins Arbeit mit Koazervaten bestätigte, dass Enzyme, welche fundamental für biochemische Reaktionen des Stoffwechsels sind, eingeschlossen in einer Membranhülle effizienter arbeiteten als freischwimmend in wässrigen Lösungen. Haldane, der mit Oparins Koazervaten nicht vertraut war, glaubte, dass sich zuerst einfache organische Moleküle bildeten, die durch Einwirkung von ultraviolettem Licht zunehmend komplexer wurden, bis sich letztendlich Zellen herausbildeten. Haldanes und Oparins Ideen bildeten die Grundlage für einen Großteil der Forschung, die sich in den nächsten Jahrzehnten mit der Abiogenese beschäftigte.[9]
Das Miller-Urey-Experiment
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1953 wurde vom Chemiker Stanley Miller und von Harold C. Urey durch das Ursuppen-Experiment diese Hypothese überprüft. In dem Versuch zeigten sie, dass in einer – den angenommenen präbiotischen Bedingungen ähnlichen – Umgebung, mittels Zufuhr von Energie (Blitzen), aus anorganischen Verbindungen (Wasser, Ammoniak und Wasserstoff) sowie Methan komplexere organische Verbindungen wie Aminosäuren und niedere Carbon- und Fettsäuren entstehen können. In späteren, meist komplizierter aufgebauten Ursuppenversuchen konnten sowohl alle wesentlichen Bausteine der Lebewesen [Aminosäuren, Lipide, Purine (Nucleotidbasen) und Zucker], als auch die komplizierten organischen Verbindungen Porphyrine und Isoprene erzeugt werden.
Obwohl damit die grundsätzliche Möglichkeit der natürlichen Bildung organischer Moleküle gezeigt war, wird die Bedeutung dieses Resultats für den tatsächlichen Ablauf der Entstehung irdischen Lebens heute vielfach kritisch gesehen. In dem Ursuppen-Experiment wurde damals davon ausgegangen, dass die irdische Atmosphäre chemisch reduzierenden Charakter hatte, was dem damaligen Wissensstand entsprach. Heute wird dagegen oftmals von einer nur schwach reduzierenden oder gar neutralen Atmosphäre zu dieser Zeit ausgegangen, allerdings ist die Frage noch nicht abschließend geklärt und es werden auch lokale chemische Inhomogenitäten der atmosphärischen Verhältnisse diskutiert, etwa in der Umgebung von Vulkanen. Zwar konnte durch spätere Experimente gezeigt werden, dass auch unter solchen veränderten atmosphärischen Bedingungen organische Moleküle entstehen; sogar solche, die beim ursprünglichen Experiment nicht entstanden sind, wobei aber die Ausbeute stark vermindert ist. Deswegen wird oft argumentiert, dass andere Möglichkeiten der Herkunft organischer Moleküle zumindest eine zusätzliche Rolle gespielt haben müssen. Angeführt werden hierbei meist die Entstehung organischer Moleküle im Weltall und deren Transfer zur Erde durch Meteoriten oder auch die Entstehung in der Umgebung sogenannter Schwarzer Raucher.
Als ein weiteres Argument gegen den Ursprung der biologischen organischen Moleküle gemäß dem Ursuppenversuch wird oftmals angeführt, dass in diesem Versuch ein Racemat, das heißt ein Gemisch aus L-Aminosäuren und D-Aminosäuren, entstand. Viele in lebenden Organismen vorkommende Aminosäuren sind jedoch L-konfiguriert (siehe Biologische Chiralität). Es müsste also einen natürlichen Prozess geben, der chirale Moleküle bestimmter Händigkeit bevorzugt selektiert. Von Astrobiologen wird darauf hingewiesen, dass dies einfacher im Weltall zu erklären sei, da photochemische Prozesse mit zirkular polarisierter Strahlung, wie sie beispielsweise durch Pulsare erzeugt wird, in der Lage sind, nur chirale Moleküle bestimmter Händigkeit zu zerstören. Tatsächlich wurden in Meteoriten chirale organische Moleküle gefunden, bei denen die Häufigkeit der L-Form um bis zu 9 % überwog.[10] Allerdings wurde 2001 gezeigt, dass auch selbstreplizierende Peptidsysteme in der Lage sind, effektiv homochirale Produkte aus einem ursprünglichen Racemat zu verstärken, was nach Ansicht dieser Forscher die Auffassung der irdischen Entstehung der Händigkeit biologischer Moleküle unterstützt.[11]
Grundsätzliche Zweifel an den Bedingungen des Ursuppenexperiments äußert Günter Wächtershäuser. Auch andere Studien kommen zu dem Schluss, dass die urzeitlichen Bedingungen der frühen Erde nicht denen der im Experiment simulierten entsprachen.[12]
Weitere Reaktionen und Reaktionsnetzwerke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aus den beim Miller-Urey-Experiment auftretenden Zwischenprodukten Formaldehyd (CH2O) und Cyanwasserstoff (HCN) lassen sich unter den simulierten Bedingungen der Erde vor 4,5 Milliarden Jahren weitere Biomoleküle herstellen. So gelang Juan Oro 1961 die Synthese von Adenin:
Edukte | Produkte | ||
2 CH2O | HCN | H2O | Serin |
5 CH2O | Ribose | ||
5 HCN | Adenin |
Er demonstrierte auch die Bildung von Adenin und Guanin durch Wärmepolymerisation von Ammoniumcyanid in wässriger Lösung.[13] Aus Ribose, Adenin und Triphosphat entsteht das Adenosintriphosphat (ATP), welches in den Organismen als universeller Energieträger und als Baustein (als Monophosphat) der Ribonukleinsäuren (RNA) genutzt wird.
Eine Software, AllChemy,[14] für synthetische chemische Reaktionsnetzwerke zur Erforschung der Abiogenese kann, teils experimentell validierte, Entstehungsrouten für biochemisch relevante Stoffe vorhersagen.[15][16]
Zudem gibt es auch Forschungsmodelle mit chemischen „kontinuierlichen Reaktionsnetzwerken“, in welchen simple Stoffe unter modellierten Bedingungen in Wasser unter Strahlung etwa zu wichtigen Ausgangsstoffen für RNA reagieren.[17][18]
Mitwirkung von Mineralen und Gesteinen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- In winzigen Hohlräumen der Gesteine sind die organischen Moleküle vor UV-Strahlung geschützt.
- Kristalloberflächen können als Matrix für wachsende Makromoleküle dienen. Dabei können die Kristalloberflächen bestimmte Molekülformen bevorzugen. L- und D-Aminosäuren werden auf einem Calcit-Kristall an unterschiedlichen Stellen angelagert.
- Aharon Katzir (Weizmann-Institut Israel) konnte in wässriger Lösung mit Hilfe des Tonminerals Montmorillonit Proteine mit einer Kettenlänge von mehr als 50 Aminosäuren in nahezu 100-prozentiger Ausbeute erzeugen.
- Metallionen können als Katalysatoren oder als Elektronendonatoren fungieren oder in Biomoleküle eingebaut werden.
- Tonminerale weisen oft eine elektrische Ladung auf und können so geladene organische Moleküle anziehen und festhalten.
Eisen-Schwefel-Welt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine besonders intensive Form der Mitwirkung von Mineralen und Gesteinen bei der präbiotischen Synthese organischer Moleküle kann sich auf der Oberfläche von Eisensulfid-Mineralen abgespielt haben („Ur-Sandwich“, englisch: primordial sandwich). Die Theorie von Miller-Urey weist nämlich schwerwiegende Begrenzungen auf, besonders in Hinblick auf das Fehlen einer Erklärung für die Polymerisation der gebildeten monomeren Bausteine der Biomoleküle.
Ein alternatives Szenario für die frühe Evolution des Lebens wurde daher seit Anfang der 1980er Jahre von Günter Wächtershäuser entwickelt, der für seine alternative Theorie schnell die Unterstützung des Philosophen Karl Popper gewinnen konnte. Danach wäre das Leben auf der Erde an der Oberfläche von Eisen-Schwefel-Mineralen entstanden, also Sulfiden, die sich heute noch durch geologische Prozesse an Tiefsee-Vulkanen bilden, zur Frühzeit der Erde noch wesentlich häufiger aufgetreten und wohl auch auf vielen Exoplaneten, Exo-Monden und Planemos vorhanden sein müssen. Auch in unserem Sonnensystem wird bei einigen der größeren Monde der Gasplaneten unter der Eisschicht ein extraterrestrischer Ozean vermutet.
Der große Vorteil dieses Konzepts gegenüber allen anderen Theorien ist, dass damit erstmals die Möglichkeit besteht, die Bildung komplexer Bio-Moleküle an eine kontinuierlich verfügbare und verlässliche Energieversorgung zu koppeln. Die Energie kommt durch die Reduktion von Schwefel in Eisen-Schwefel-Mineralen wie Pyrit (FeS2) mit elementarem Wasserstoff (H2) zustande (Reaktionsschema: FeS2 + H2 ⇌ FeS + H2S) und liefert genug Energie, um eine präbiotische Ammoniaksynthese und auch um endergone Synthesereaktionen für monomere Bausteine von Biomolekülen und für deren Polymerisierung anzutreiben. Ähnlich wie Eisen-Ionen bilden auch andere Schwermetall-Ionen mit Schwefelwasserstoff unlösliche Sulfide (siehe Schwefelwasserstoffgruppe).
Zusätzlich bieten Pyrit und andere Eisen-Schwefel-Minerale positiv geladene Oberflächen, an denen sich die überwiegend negativ geladenen Biomoleküle (organische Säuren, Phosphatester, Thiolate) anlagern (oft durch Komplexbildungsreaktionen), konzentrieren und miteinander reagieren können. Hierfür erforderliche Stoffe wie Schwefelwasserstoff, Kohlenmonoxid und Eisen-II-Salze gelangen aus der Lösung zudem direkt an die Oberfläche dieser „Eisen-Schwefel-Welt“ (ESW). Wächtershäuser zieht für seine Theorie die heute noch bestehenden Grundmechanismen des Stoffwechsels heran und leitet aus diesen ein in sich konsistentes Szenario der Synthese komplexer organischer Moleküle und Biomoleküle (organische Säuren, Aminosäuren, Zucker, Nucleinbasen, Lipide) aus einfachen anorganischen Vorläufer-Molekülen ab, die in vulkanischen Gasen zu finden sind (NH3, H2, CO, CO2, CH4, H2S).
Im Gegensatz zur Miller-Urey-Hypothese wird keine Kraft von außen in Form von Blitzen oder UV-Strahlung benötigt; zudem laufen die ersten einfachen chemischen Umsetzungen bei erhöhter Temperatur viel schneller ab, ohne dadurch (wie etwa enzym-katalysierte biochemische Reaktionen) behindert zu werden. Da bei Tiefseevulkanen Temperaturen bis 350 °C erreicht werden, kann man sich die Entstehung des Lebens bei diesen hohen Temperaturen gut vorstellen. Erst später, nach der Entstehung temperatursensitiver Katalysatoren (Vitamine, Proteine), muss sich die weitere Evolution in kühleren Nischen vollzogen haben.

Das Wächtershäuser-Szenario passt deshalb auch gut zu den beobachteten Verhältnissen in schwarzen Rauchern der Tiefsee, weil in diesen Strukturen durch steile Temperaturgradienten von innen nach außen eine solche Einnischung leicht möglich erscheint. Auch sind die gegenwärtig lebenden Mikroorganismen, die als die ursprünglichsten angesehen werden, zugleich die thermophilsten mit einem (bisherigen) Temperaturmaximum für das Wachstum bei +113 °C. Außerdem haben Eisen-Schwefel-Zentren eine wichtige Funktion in vielen aktuellen Enzymen, z. B. der Atmungskette. Dies könnte auf die ursprüngliche Beteiligung von Fe-S-Mineralen an der Evolution des Lebens hindeuten, zumal diese auch heute noch Stoffwechselprodukte anaerober Bakterien darstellen.
Die These der chemoautotrophen Entstehung des Lebens in schwarzen Rauchern wird insbesondere von den Forschern William Martin und Michael Russell vertreten.[19] Im Übrigen ist hier wegen der weitgehenden Unabhängigkeit vom Licht eines Zentralgestirns die Entstehung von Leben auch in größerer Entfernung von diesem (oder ganz ohne), außerhalb der klassischen habitablen Zone, denkbar.
Chemische Evolution in der kontinentalen Kruste
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einen völlig anderen Ansatz zur chemischen Evolution und zur Entstehung des Lebens verfolgen der Geologe Ulrich Schreiber und der Physikochemiker Christian Mayer von der Universität Duisburg-Essen mit einem Modell, das als Reaktionsumgebung die Erdkruste in den Mittelpunkt rückt.[20] Sie beziehen damit einen Reaktionsraum ein, der bisher nicht betrachtet wurde: wasser- und gasführende Bruchzonen (tektonische Störungszonen) innerhalb der ersten kontinentalen Krustenkomplexe (Kratone). Die kontinentale Kruste ist mächtiger und kühler als die ozeanische und wesentlich heterogener aufgebaut. Spannungen innerhalb der Kruste führen zu bis in den Erdmantel reichende Störungszonen, durch die die Mantelgase aufsteigen. In offenen Störungszonen kommen alle erforderlichen Ausgangsstoffe, die für die organische Chemie des Lebens benötigt werden, im Überfluss vor. Phosphat aus aufgelösten Apatiten, CO, H2, CO2, N2, NH3, HCN, Schwefel- und Borverbindungen, alle Alkali- und Erdalkalimetalle, Eisensulfide sowie alle metallischen Katalysatoren. Reaktionen von CO und H2, vergleichbar mit der Fischer/Tropsch-Synthese, führen in allen Tiefenstockwerken mit unterschiedlichsten pH-Werten, Druck- und Temperaturbedingungen zu langkettigen Molekülen, welche die Basis für Zellbestandteile bilden. Weiterhin stellt die hydrothermale Chemie Aminosäuren, organische Basen und Zucker zur Verfügung.
Neben allen notwendigen Ausgangsstoffen gibt es weitere entscheidende Vorteile für den Bildungsort der kontinentalen Kruste. Er war geschützt vor UV-Strahlung und dem in der Frühphase auftreffenden Partikelstrom des Sonnenwinds. Späte Meteoriteneinschläge betrafen nie die gesamte kontinentale Kruste. Die Gase, die bis heute in Mofetten (Mineralbrunnen, Kaltwassergeysire) an der Erdoberfläche austreten, sind ab einer Tiefe von 800 – 1000 Metern überkritisch (abhängig vom Druck und der Zusammensetzung). Das bedeutet, sie stellen einen Zwischenzustand zwischen einer Flüssigkeit und einem Gas dar. Entscheidend ist, dass zum Beispiel Kohlendioxid in diesem Phasenzustand wie ein organisches Lösungsmittel wirkt, in dem hydrophobe organische Substanzen gelöst werden und miteinander (sowie an der Grenzfläche zum Wasser mit hydrophilen Komponenten) reagieren können. Die Störungsflächen besitzen unzählbare Ecken und Vorsprünge, an denen die überkritischen Gase gefangen werden. Hierdurch entstehen zahllose Mikroautoklaven, in denen Reaktionen stattfinden können, die an der Oberfläche nicht möglich sind, und das bei einer Lebensdauer der Störungszonen von Millionen Jahren.
Die interessanteste Zone findet sich in etwa 1000 Meter Tiefe, wo der Phasenübergang vom überkritischen zum unterkritischen Kohlendioxid erwartet werden kann. Hier konzentrieren sich unpolare organische Substanzen auf, da das Kohlendioxid seine Lösemitteleigenschaft verliert. Diese organischen Substanzen konnten in Quarz-Kristallen, die in dieser Umgebung wachsen, nachgewiesen werden.[21] Durch Druckschwankungen (Erdgezeiten oder CO2-gesteuerte Kaltwassergeysire) kommt es darüber hinaus zu periodischen Phasenübergängen, welche Aufbau und Zerfall von Vesikeln herbeiführen.[22] Die Vesikel schließen dabei organische Komponenten in hoher Konzentration ein und akkumulieren amphiphile Substanzen (zum Beispiel Vorläufer von Lipiden oder amphiphile Peptide) in ihren Membranen.[23] Außerdem konnte gezeigt werden, dass unter diesen Bedingungen eine effiziente molekulare Evolution möglich ist.[24]
Die Begrenzungen der Störungsflächen sind sehr heterogen. Neben neu gebildeten Tonmineralen und frischen, bebenbedingten Mikrorissen in allen Mineraltypen treten Tapeten von Eisensulfid-Mineralen und Schwermetallen auf. Somit lassen sich die oben genannten Modelle, zum Beispiel das der Eisen-Schwefel-Welt, problemlos integrieren oder anknüpfen.
Die Bildung von Makromolekülen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Biomakromoleküle sind Proteine und Nukleinsäuren. Die Verlängerung der Molekülketten (Polymerisation) benötigt Energie und erfolgt unter Wasserabspaltung (Kondensationsreaktion). Umgekehrt liefert die Spaltung der Makromoleküle (Hydrolyse) Energie. Da das chemische Gleichgewicht so weit auf der Seite der Monomere liegt, dass diese Reaktionen thermodynamisch irreversibel in Richtung der Polymer-Hydrolyse verlaufen, kann es keine Polymer-Synthese ohne ein zugeschaltetes Energie-lieferndes System geben. Auch durch theoretische Hilfskonstrukte, wie Abdampfen von Wasser, Zugabe von Salz (entzieht Wasser) oder Ausfällung der Produkte, ändert sich dieses Problem nur unwesentlich. Die Entstehung von Leben ist also sehr wahrscheinlich an die Kopplung an eine verlässliche Energiequelle gebunden, die für die Polymersynthese genutzt werden kann.
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Als Energiequelle wird heute in der Biochemie vor allem ATP genutzt, dessen Bildung allerdings bereits die Anwesenheit von Enzymen voraussetzt. Unter den Bedingungen der Proto-Erde kann man sich andererseits auch die Energetisierung der Polymersynthese durch hydrolytische Spaltung von Polyphosphat vorstellen, das auch heute noch von einigen Enzymen anstelle von ATP genutzt wird. Allerdings ist es auch bei Polyphosphaten schwierig vorstellbar, dass diese in den notwendigen Mengen zur Verfügung standen, da sie zwar spontan gebildet werden können, wenn phosphathaltige Lösungen eingedampft werden, aber auch relativ schnell wieder spontan hydrolysieren, wenn sie wieder in Lösung kommen. Aus diesen Überlegungen heraus müsste man als Entstehungsort des Lebens eine seichte Meeresbucht fordern, die regelmäßig austrocknet und wieder überflutet wird. Dadurch würden aber auch alle wasserabhängigen Prozesse immer wieder unterbrochen und die Lebensentstehung zumindest stark verzögert. Schließlich kann man sich aber auch ein ganz anderes System vorstellen, in dem sowohl die Synthese der Bausteine als auch die energieabhängige Bildung von Polymeren als kontinuierlicher Prozess in ununterbrochener Kopplung an eine verlässliche Energiequelle stattfindet, nämlich anaerobe Redoxreaktionen mit Metallsulfiden. Diese werden durch vulkanische Tätigkeit auch heute noch in großen Mengen am Grund der Ozeane freigesetzt, wo sie unter anderem Strukturen wie die schwarzen Raucher ausbilden, die von diversen Mikroorganismen und höheren Tieren dicht bevölkert werden.
Das Gleichgewicht der Polymersynthese wird durch Erhöhung der Konzentration der Bausteine (Monomere) und durch Entwässerung der Produkte zugunsten der Bildung der Polymere verschoben. Voraussetzung dafür ist eine Kompartimentierung, das heißt die Abgrenzung von Reaktionsräumen voneinander, die nur noch in begrenztem Stoffaustausch zur Umwelt stehen. In der konventionellen Theorie wurde dies in flachen, kleinen Gewässern (Tümpeln) mit hoher Verdunstungsrate angesiedelt, was als Grundidee noch auf Charles Darwin zurückgeht. Allerdings werden auch heute noch in vulkanischen Gebieten der Tiefsee in den großen Strukturen schwarzer Raucher ausgefällte Metallsulfide in Form kleiner Kavernen beobachtet, die ebenfalls ein attraktives Szenario einer Umwelt darstellen, wo alle Reaktionen von der Monomersynthese über die Aufkonzentrierung und Polymerisation der Monomere mit einem „eingebauten“ Energiekonservierungssystem ablaufen können.
Weitere Lösungsansätze wurden in Betracht gezogen, haben aber alle schwerwiegende Limitationen und sind nicht gut mit den Bedingungen auf der frühen Erde in Einklang zu bringen. Meist wird dabei für einen oder mehrere Schritte Wasserausschluss gefordert, der im Chemielabor einfach zu erreichen ist, schwerer aber auf der Protoerde. Eines dieser Systeme ist die Polymerisation von Carbodiimiden (R–N=C=N–R) oder Dicyan (N≡C–C≡N) in wasserfreiem Medium. Hier wird die Kondensation der Bausteine mit der Reaktion von Carbodiimid gekoppelt, wobei die notwendige Energie entsteht:
(H-X-OH = Monomeres, zum Beispiel Aminosäure oder Ribose)
(wenn R = H entsteht hier Harnstoff)
Zwar bildet sich Dicyan unter UV-Einwirkung aus Cyanwasserstoff, in austrocknenden Tümpeln würde allerdings auch das leichtflüchtige Molekül verloren gehen.
Wird ein trockenes Gemisch von Aminosäuren einige Stunden auf 130 °C erhitzt, bilden sich proteinähnliche Makromoleküle. Sind Polyphosphate zugegen, genügen 60 °C. Diese Bedingungen können sich ergeben, wenn Wasser mit gelösten Aminosäuren in Kontakt mit heißer, vulkanischer Asche kommt.
Erhitzt man ein Nukleotidgemisch in Gegenwart von Polyphosphaten auf 55 °C, entstehen zwar Polynukleotide, allerdings findet die Verknüpfung eher über die 5’- und 2’-C-Atome der Ribose statt, da sie leichter erfolgt als die in allen Organismen vorhandene 5’-3’-Verknüpfung. Aus beiden Typen von Polynukleotiden bilden sich Doppelhelices (vergleiche Bau der DNA). Allerdings ist die 5’-3’-Doppelhelix stabiler als die 5’-2’-Helix.
Fehlt am 2’-C-Atom der Ribose die Hydroxygruppe, liegt die Desoxyribose vor. Jetzt können sich nur 5’-3’-Verknüpfungen bilden, wie sie für die DNA typisch sind.
Bildung präbiotischer Strukturen (Zellvorläufer)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zellen erhalten ihre Funktion dadurch aufrecht, dass sie mehrere Reaktionsräume (Kompartimente) bilden, in denen die Stoffwechselvorgänge voneinander getrennt ablaufen und unerwünschte Reaktionen vermieden werden können; gleichzeitig können so Konzentrationsgradienten aufgebaut werden. Es gibt mehrere Hypothesen, anhand derer hergeleitet wurde, dass sich solche Strukturen bereits vor dem Entstehen von Zellen herausbilden konnten.
Koazervate
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vor allem Alexander Iwanowitsch Oparin (1894–1980) beschäftigte sich mit der Möglichkeit des Stoffwechsels in Koazervaten (von lateinisch coacervatio: Aufhäufung). Er konnte zeigen, dass abgegrenzte Räume mit einem einfachen Stoffwechsel prinzipiell durch Selbstorganisation entstehen können, vorausgesetzt, dass Katalysatoren mit spezifischen Eigenschaften vorhanden sind. Da die verwendeten Substanzen dem Repertoire der heute lebenden Organismen entstammen, sind Oparins Koazervate nicht als Vorläufer von Zellen zu sehen, sondern als Analogie-Modelle für die Entstehung von Vorläufer-Zellen.
Gibt man zu kolloidalen Lösungen von Biomakromolekülen Salz hinzu, bilden sich kleine Tröpfchen mit einem Durchmesser zwischen 1 und 500 µm, die die Polymere in hoher Konzentration enthalten.
Oparin untersuchte Gemische aus Eiweißen (Histon und Albumin), Eiweißen und Kohlenhydraten (Histon und Gummi arabicum) und Eiweißen und Polynukleotiden (Histon oder Clupein und DNA oder RNA).
Enthalten Tröpfchen aus Histon und Gummi arabicum das Enzym Phosphorylase, so können diese Tröpfchen Glucose-1-phosphat aus der Umgebung aufnehmen, zu Stärke umwandeln und speichern. Das freigesetzte Phosphat diffundiert nach außen. Das Tröpfchen wird durch die Zunahme an Stärke größer, bis es in kleinere Tröpfchen zerfällt, die wieder Phosphorylase enthalten können, allerdings weniger als das Ausgangströpfchen. Damit verlangsamt sich auch der Stoffwechsel. Hier wird deutlich, dass zu einem Erhalt der Eigenschaften einer Zelle die Regeneration der Enzymausstattung nach erfolgter Teilung notwendig ist.
Wird auch das Stärke abbauende Enzym Amylase hinzugegeben, ergeben sich Koazervate mit einem zweistufigen Stoffwechsel:
- Aufnahme von Glucose-1-phosphat → Aufbau von Stärke.
- Abgabe von Phosphat → Spaltung der Stärke und Abgabe von Maltose.
Mikrosphären
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1970 konnte Sydney Fox nachweisen, dass sich aus den proteinartigen Produkten (Proteinoide), die beim Erwärmen trockener Aminosäuregemische entstehen (siehe oben), auch durch Selbstaggregation wachsende Tröpfchen ergeben können, sogenannte Mikrosphären. Sie grenzen sich von der Umgebung durch eine semipermeable Membran ab und nehmen weiteres proteinartiges Material aus der Umgebung auf. Dadurch wachsen sie weiter und zerteilen sich wieder in kleinere Tröpfchen. Des Weiteren fand Fox, dass diese Systeme enzymatische Eigenschaften haben, Glucose abbauen oder sich wie Esterasen oder Peroxidasen verhalten, ohne dass von außen Enzyme hinzugefügt worden wären.[25]
Protozellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jack Szostak und Mitarbeiter am Massachusetts General Hospital, Boston, konnten 2008 in Modellversuchen zeigen, dass sogenannte „Protozellen“ (das heißt Vesikel bestehend aus einfachen Fettsäuren, Fettalkoholen und Fettsäure-Glycerinester) folgende Eigenschaften (in Kombination) zeigen: Sie sind thermostabil zwischen 0 und 100 °C; sie können DNA- und RNA-Polymere im Innern einschließen; sie erlauben die Denaturierung (Trennung) der Polynukleotidstränge bei erhöhter Temperatur ohne Verlust der Einzelstränge aus der Protozelle; sie können unspezifisch (das heißt ohne Transmembran-Transportsysteme, z. B. Proteine) und sehr schnell geladene Moleküle wie Nukleotide aufnehmen.[26]
Solche Vesikel bilden sich ebenfalls spontan unter dem Einfluss periodischer Druckschwankungen in der Erdkruste. Diese Vorgänge konnten in einer Druckzelle unter Einstellung der natürlichen Bedingungen nachvollzogen werden, wobei uni- und multilamellare Membranvesikel gebildet wurden.[22] In Gegenwart von Aminosäuren führt eine periodische Bildung von Vesikeln zu einer molekularen Evolution von Peptiden, welche die Vesikel stabilisieren und damit ihr längeres Überdauern ermöglichen.[23][24] Solche Vesikel könnten bereits einfache Funktionalitäten entwickeln, die bis hin zu primitivem Stoffwechsel führen.[24] Schließlich können sie durch die Konvektion der fluiden Phase an die Oberfläche gelangen und dort einer nachfolgenden Evolution unter geänderten Randbedingungen unterliegen.
Präzellen – sukzessive Zellenbildung (Zellularisierung)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach Otto Kandler[27][28][29] gab es keine „erste Zelle“ (oder erste einzelne Vorläuferzelle) als Vorfahre der drei Domänen des Lebens (Carl Woese et al. 1990[30]), vielmehr war die Zellenbildung (Zellularisierung, cellularization) ein sukzessiver Prozess evolutionärer Verbesserungen.

Dabei führte die frühe Evolution des Lebens nach seiner chemischen Entstehung (Eisen-Schwefel-Welt nach Günter Wächtershäuser[31], siehe oben) über einfache Stoffwechsel- und Replikationsvorgänge zur frühen Diversifizierung des Lebens durch die Entwicklung einer multiphänotypischen Population von Präzellen (pre-cells), d. h. nicht festgelegten, evolvierenden ersten Lebensformen mit unterschiedlichen Eigenschaften und verbreitetem genetischen Austausch (horizontaler Gentransfer). Aus der Population dieser Präzellen entwickelten sich dann die "founder groups" A, B, C und daraus die Vorläuferzellen (hier proto-cells genannt) der drei Domänen des Lebens.
Erst die Abgrenzung von der Umgebung durch schützende Hüllen (z. B. Membranen, Wände) ermöglichte eine Entwicklung zu stabileren Formen. Dabei war z. B. die Bildung von festen (rigiden) Zellwänden durch die Erfindung von Peptidoglycan bei den Bakterien (Domäne Bacteria) wohl die Voraussetzung für ihr erfolgreiches Überleben, ihre Ausbreitung und Besiedelung praktisch aller Habitate der Geosphäre und Hydrosphäre (Kandler 1998[29]).
Die drei Domänen entstanden nacheinander aus der Präzellen-Population, zuerst die Bacteria, dann die Archaea und zuletzt die Eukarya. Die quasi-zufällige Verteilung evolutionär bedeutsamer Eigenschaften auf die drei Domänen und das gleichzeitige Vorhandensein grundlegender Eigenschaften (z. B. genetischer Code, proteinbildende Aminosäuren etc., „Einheit des Lebens“) in allen drei Domänen sind so erklärbar, ebenso die enge Verwandtschaft zwischen Archaea und Eukarya.
Eine zusammenfassende grafische Darstellung des Szenarios der frühen Evolution auf der Basis von Kandlers Präzellen-Theorie findet sich in der nebenstehenden Abbildung[29] (die Nummern zeigen dabei die einzelnen Entwicklungsschritte bzw. die evolutionären Verbesserungen an und werden unter „weitere Einzelheiten“ genauer erklärt).
Die RNA-Welt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die RNA-Welt-Hypothese geht auf die Ergebnisse aus dem Miller-Urey-Experiment zurück. Sie wurde erstmals 1967 von Carl Woese formuliert.[32] Sie besagt, dass früheres Leben allein auf Ribonukleinsäuren (RNA) basierte sowohl zur Informationsspeicherung als auch zur Katalyse chemischer Reaktionen. Diese Funktionen werden heute durch das chemisch stabilere Informationsspeichermedium DNA bzw. funktionell flexiblere Proteine realisiert. Nach der RNA-Welt-Hypothese seien die ersten zellulären Lebensformen Ribozyten gewesen. Als ein Hinweis auf die Existenz der RNA-Welt werden Ribosomen und die katalytisch aktive ribosomale RNA angesehen, die evolutionäre Überbleibsel (chemische bzw. molekulare Fossilien) dieser Zeit darstellen könnten.[33]
Anreicherung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Reaktionsgleichgewicht zwischen Monomeren und Dimeren (von RNA oder anderen organischen Molekülen) liegt bei den auch damals geringen Konzentrationen im freien Ozean auf der Seite der Monomere. Eine Autokatalyse und damit die Entstehung von Leben ist dort unmöglich. Ein Mechanismus zur Anreicherung ist notwendig. Vorgeschlagen wurde eine Kombination von thermischer Konvektion und Thermophorese in porösen Mineralen heißer Quellen[34] sowie zyklische Taubildung und Verdunstung.[35]
Alternativ betrachtete Möglichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Biomoleküle aus dem Weltall
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Relativ kleine Impaktoren geben ihre kinetische Energie überwiegend in der Atmosphäre ab und schlagen mit wenigen km/s ein, was Biomoleküle überstehen können.[36] In etlichen Meteoriten wurden einfache organische Moleküle nachgewiesen, unter anderem Aminosäuren und Vorläufer von Zuckermolekülen, und Mechanismen für ihre Entstehung unter Weltraumbedingungen wurden vorgeschlagen und simuliert.[37][38][39] So konnte die Schweizer Astrophysikerin Kathrin Altwegg im Rahmen des Rosetta-Teilprojektes ROSINA auf dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko Aminosäuren nachweisen.[40] Die Zufuhr aus dem All kann jedoch nur nennenswert zur Konzentration solcher Moleküle beigetragen haben, wenn deren Lebensdauer in der Biosphäre ungewöhnlich groß ist. Das ist nicht der Fall. Gerade Minerale in Meteoriten sind katalytisch aktiv und fördern damit nicht nur den Auf-, sondern auch den Abbau komplexer Moleküle auf der Zeitskala von Stunden.[41]
Beachtet man die Homochiralität irdischer Biomoleküle (L-Aminosäuren und D-Zucker), so wäre eventuell eine mögliche Erklärung, dass die Aminosäuren aus dem Weltall stammen, da bei einigen dieser meteoritischen Aminosäuren ein Überschuss des L-Typ um bis zu mehr als 9 % nachgewiesen wurde.[10] Diese Verteilung ist allerdings auch durch anorganische Feststoff-Katalysatoren auf der Erde erklärbar.[42]
Biomoleküle aus Impaktereignissen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für größere Impaktoren wird diskutiert, dass in der Schockwelle aus den Hauptbestandteilen der frühen Atmosphäre, CO2 und N2, Biomoleküle entstanden sind.[43]
Lebensformen aus dem Weltall
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die noch spekulativere Panspermie-Hypothese besagt, dass durch „Animpfen“ der Erde mit niederen, bakterienähnlichen Lebensformen aus dem Weltall die ersten Lebewesen auf die Erde kamen. Dies verschiebt aber die Entstehung von Leben nur an einen anderen Ort und ist keine Erklärung für die Entstehung des Lebens an sich.
„Ante-Organismen“
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Komplexitätsforscher warfen 2023 die These auf, dass sich verhaltensähnliche Wechselwirkungen bereits vor Metabolismen entwickelt haben könnten. Demnach hätten anorganische Systeme bereits lebensähnlich interagiert, was allmählich zu Organismen geführt habe.[44]
Forscher auf dem Gebiet der Chemischen Evolution
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Alexander Oparin: Koazervate (siehe unten)
- Harold C. Urey und Stanley L. Miller 1953: Entstehung einfacher Biomoleküle in einer simulierten Uratmosphäre (siehe unten)
- Sidney W. Fox: Mikrosphären aus Protenoiden (siehe unten)
- Thomas R. Cech (Universität von Colorado) und Sidney Altman (Yale-Universität New Haven Connecticut) 1981: autokatalytisches RNA-Splicing: „Ribozyme“ vereinigen Katalyse und Information in einem Molekül. Sie vermögen sich aus einer längeren RNA-Kette selbst herauszuschneiden und die verbleibenden Enden wieder zusammenzufügen.
- Walter Gilbert (Harvard-Universität Cambridge) entwickelt 1986 die Idee der RNA-Welt (siehe unten)
- Hans Kuhn (Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (Karl-Friedrich-Bonhoeffer-Institut) in Göttingen) entwickelte ein Modell zur Entstehung eines ersten, replizierenden Oligomers an einem ganz speziellen Ort auf der präbiotischen Erde unter der Bedingung eines ganz besonderen zyklischen Wechsels von Temperatur und vielen anderen speziellen, zufällig an diesem Ort herrschenden Gegebenheiten.
- Günter von Kiedrowski (Ruhr-Universität Bochum) veröffentlichte 1986 das erste selbstreplizierende System auf der Grundlage eines Hexanukleotids (DNA), wichtige Beiträge zum Verständnis der Wachstumsfunktionen selbstreplizierender Systeme.
- Manfred Eigen (Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie Göttingen): Evolution von RNA-Protein-Ensembles (Hyperzyklus).
- Julius Rebek jr. (MIT Cambridge) stellt ein künstliches Molekül her (Aminoadenosintriazidester), das sich in Chloroformlösung selbst repliziert. Allerdings sind die Kopien identisch mit der Vorlage, so dass eine Evolution für diese Moleküle nicht möglich ist.
- John B. Corliss (Goddard Space Flight Center der NASA): Hydrothermale Schlote der Meere liefern Energie und Chemikalien, die eine von Meteoriten-Einschlägen weitgehend ungestörte chemische Evolution ermöglichen. Heute noch sind sie Lebensraum für die in vielen Merkmalen sehr urtümlichen Archaebakterien (Archaea).
- Günter Wächtershäuser (München): Die ersten sich selbst replizierenden Strukturen mit Stoffwechsel seien auf der Oberfläche von Pyrit entstanden. Das Eisensulfid des Pyrits habe hierzu die notwendige Energie geliefert. Mit den wachsenden und wieder zerfallenden Pyritkristallen hätten diese Systeme wachsen und sich vermehren können und die verschiedenen Populationen seien unterschiedlichen Umweltbedingungen (Selektionsbedingungen) ausgesetzt gewesen.
- A. G. Cairns-Smith (Universität Glasgow) und David C. Mauerzall (Rockefeller-Universität New York) sehen in Tonmineralien ein System, das zunächst selbst einer chemischen Evolution unterworfen ist, wodurch viele verschiedene, sich selbst replizierende Kristalle entstehen. Diese Kristalle ziehen auf Grund ihrer elektrischen Ladung organische Moleküle an und katalysieren die Synthese komplexer Biomoleküle, wobei der Informationsgehalt der Kristallstrukturen zunächst als Matrize dient. Diese organischen Gebilde werden immer komplexer, bis sie sich ohne Hilfe der Tonmineralien vermehren können.
- Wolfgang Weigand, Mark Dörr et al. (Friedrich-Schiller-Universität Jena) zeigen 2003, dass Eisensulfid die Synthese von Ammoniak aus molekularem Stickstoff katalysieren kann.
- Nick Lane (Department of Genetics, Evolution and Environment/University College, London) hat in einem Laborreaktor unter den Bedingungen der alkalinen hydrothermalen Schlote an Eisensulfidmembranen einfache organische Verbindungen (Formiat, Formaldehyd, Ribose, Desoxyribose) erzeugt.
Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Hypothesen zur chemischen Evolution und insbesondere deren optimistische Interpretationen hinsichtlich der Klärung der Entstehung des Lebens werden zum Teil kritisch gesehen. So kommt zum Beispiel der Experte für Polymerchemie Prof. Hans R. Kricheldorf nach Analyse der gängigen Hypothesen zur chemischen Evolution zu folgendem Schluss: „Die zahlreichen Kenntnislücken, Negativergebnisse und Gegenargumente, [...], machen es beim augenblicklichen Kenntnisstand schwer, aus distanzierter, wissenschaftlicher Sicht die ehemalige Existenz einer zu Leben führenden chemischen Evolution zu akzeptieren. Trotz zahlreicher Fortschritte, insbesondere im Rahmen der RNA-Welt-Hypothese, reichen die bislang vorliegenden Ergebnisse bei Weitem nicht aus, eine chemische Evolution bis hin zu lebenden Organismen ausreichend zu begründen.“[45]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Herkunft des irdischen Wassers
- Kohlenstoffchauvinismus
- Paläontologie
- Quasispezies
- Rare-Earth-Hypothese
- Alternative Erklärungen unter Evolutionstheorie
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Iris Fry: The Emergence of Life on Earth: A Historical and Scientific Overview. Rutgers University Press, 2000, ISBN 0-8135-2740-6.
- Leslie E. Orgel: Prebiotic Chemistry and the Origin of the RNA World. In: Critical Reviews in Biochemistry and Molecular Biology. Band 39, 2004, S. 99–123, doi:10.1080/10409230490460765 (online)
- Horst Rauchfuss: Chemische Evolution und der Ursprung des Lebens. Springer-Verlag, 2006, ISBN 3-540-27666-1. (online)
- Robert Shapiro: Ein einfacher Ursprung des Lebens. In: Spektrum der Wissenschaft. November 2007, ISSN 0170-2971, S. 64–72.
- Sven P. Thoms: Ursprung des Lebens. Fischer Taschenbuch Verlag, 2005, ISBN 3-596-16128-2.
- Uwe Meierhenrich: Amino Acids and the Asymmetry of Life. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-76885-2.
- Günter Wächtershäuser: Die Entstehung des Lebens in einer vulkanischen Eisen-Schwefel-Welt – Von chemischer Notwendigkeit zum genetischen Zufall. In: Oliver Betz, Heinz-Rüdiger Köhler (Hrsg.): Die Evolution des Lebendigen. Attempto, 2008, ISBN 978-3-89308-399-2.
- Muriel Gargaud u. a.: Young Sun, Early Earth and the Origins of Life: Lessons for Astrobiology. Springer, 2012, ISBN 978-3-642-22551-2, (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- William F. Martin u. a.: Energy at life’s origin. In: Science. Band 344, 2014, S. 1092–1093, doi:10.1126/science.1251653.
- Jef Akst: RNA World 2.0. In: The Scientist. 1. März 2014.
- Nick Lane: Der Funke des Lebens. Konrad Theiss Verlag: Darmstadt 2017. (Inhaltsverzeichnis unter https://d-nb.info/1118389840/04).[46]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gábor Paál im Gespräch mit Martina Preiner: Der Ursprung des Lebens – Stand heute (2024), Der Ursprung des Lebens – Stand heute, SWR Kultur 15.9.2024.
- Wie das Leben auf die Erde kam – SWR2 Radio Akademie: Evolution: Fluss des Lebens, SWR2, Manuskript der Sendung vom 16. Mai 2009.
- Wie dünn war die Ursuppe? aus der Fernseh-Sendereihe alpha-Centauri (ca. 15 Minuten). Erstmals ausgestrahlt am 8. Okt. 2000.
- Die chemische Evolution: Hat es sie gegeben und wenn ja, wie sah sie aus? Überblicksartikel mit allen gängigen Argumenten „pro“ und „contra“. PDF-Datei, ca. 640 kB.
- Schritte zum Leben: Moderne Erkenntnisse über die Entstehung des Lebens.
- Michael Marshall: The secret of how life on earth began, auf: BBC – Earth, vom 31. Oktober 2016
- Martin Neukamm: Chemische Evolution: Wie die Natur die Vorliebe für linkshändige Aminosäuren und rechtshändige Zucker entdeckte. Neue Erkenntnisse zur Lösung des Chiralitäts-Problems. Auf: AG EvoBio
- Michelle Starr: Gobsmacking Study Finds Life on Earth Emerged 4.2 Billion Years Ago. Auf: sciencealert vom 12. Juli 2024.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Martina Preiner: Schöne, alte RNA Welt. In: Spektrum.de. 2016, S. 1 (spektrum.de).
- ↑ Abiogenese. In: Lexikon der Biochemie. Abgerufen am 26. November 2017.
- ↑ Georg Toepfer: Generelle Evolutionstheorie. In: Philipp Sarasin, Marianne Sommer (Hrsg.): Evolution: Ein interdisziplinäres Handbuch. Metzler Verlag 2010. ISBN 978-3-476-02274-5, S. 127
- ↑ Springer-Verlag GmbH: Leben durch chemische Evolution? Eine kritische Bestandsaufnahme von Experimenten und Hypothesen. 1. Auflage 2019. Berlin, Heidelberg 2019, ISBN 978-3-662-57978-7.
- ↑ D. Huizuga: Zur Abiogenesis-Frage. In: E.F.W. Pflüger (Hrsg.): Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere. Band 7, Cohen, Bonn 1873, S. 549–574, (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Iris Frey im Interview mit Chris Impey (Hrsg.): Talking about Life: Conversations on Astrobiology. Cambridge 2010, ISBN 978-0-521-51492-7, S. 13–21, (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Horst Rauchfuß: Chemische Evolution und der Ursprung des Lebens. Springer, 2006, ISBN 3-540-27666-1, (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Uta Henschel: Porträt Lorenz Oken: Ein Forscher wird entdeckt. In: Geo-Magazin, April 2001, S. 158–176
- ↑ a b Kara Rogers: Abiogenesis. In: Encyclopædia Britannica. Abgerufen am 26. November 2017.
- ↑ a b J. R. Cronin, S. Pizzarello: Enantiomeric excesses in meteoritic amino acids. In: Science. Band 275, 1997, S. 951–955, PMID 9020072, doi:10.1126/science.275.5302.951.
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- ↑ Abiogenese (Wissenschaft Online).
- ↑ AllChemy. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 26. Oktober 2020; abgerufen am 6. Dezember 2020 (englisch).
- ↑ Michelle Starr: A New Chemical 'Tree of The Origins of Life' Reveals Our Possible Molecular Evolution In: ScienceAlert, 3. Oktober 2020
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- ↑ Populärwissenschaftliches Buch, aber Grundkenntnisse in Chemie und Genetik sind vorteilhaft