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„Thermolumineszenzdatierung“ – Versionsunterschied

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'''Thermolumineszenz''' wird die Eigenschaft eines Stoffes genannt, bei erstmaligem [[Erhitzen]] nach längerer kalter Zeit [[Licht]] abzugeben. Die dafür nötige Energie wurde vorher in angeregten [[metastabiler Zustand|metastabilen Elektronenzuständen]] gespeichert. Der dabei ablaufende Prozess ist ähnlich zu anderen [[Lumineszenz]]en und wird dort genauer beschrieben.
Bei der '''Thermolumineszenzdatierung''' wird die Eigenschaft mancher Festkörper genutzt, beim Erhitzen vorher im [[Kristallgitter]] gespeicherte Energie in Form von [[Licht]] abzugeben. Die Energie wurde in [[Angeregter Zustand|metastabilen Zuständen]] gespeichert, sie stammt vor allem aus Zerfallsprozessen natürlich vorkommender [[Radioaktivität|radioaktiver]] Nuklide oder aus der [[Kosmische Strahlung|kosmischen Strahlung]]. Verwandte Prozesse der stimulierten Lichtemission werden im Artikel [[Lumineszenz]] genauer beschrieben.


Thermolumineszenzdatierung wird u.&nbsp;a. in der Archäologie (Abkürzung ''TL-Datierung'' oder allgemeiner ''Lumineszenzdatierung'') als Methode zur [[Altersbestimmung (Archäologie)|Altersbestimmung]] von [[Keramik]]objekten oder anderweitig gebrannten [[Artefakt (Archäologie)|Artefakten]], z.&nbsp;B. Verhüttungsschlacken verwendet. Ebenso kann die Thermolumineszenz auch zur Datierung von Sedimenten genutzt werden. Dann wird das Ereignis der letzten Belichtung durch Sonnenlicht datiert. Die Thermolumineszenz dient dabei als Ergänzung zur [[Radiokohlenstoffdatierung]] (auch: <sup>14</sup>C-Datierung), insbesondere dann, wenn Datierungen jenseits der begrenzten Reichweite der <sup>14</sup>C-Datierung benötigt werden oder wenn kein organisches Material zur Verfügung steht.
== Entdeckung ==
[[Datei:Thermolumine.png|mini|Thermolumineszenz von Flussspat]]
Der grundlegende Effekt wurde von [[Robert Boyle]] [[1664]] beschrieben. Das [[Drummondsches Licht|Drummondsche Licht]] beruht z.T. auf Thermolumineszenz. Erste moderne Anwendungen in den [[1950er]] Jahren, in der [[Archäologie]] auf Keramik durch [[E. K. Ralph]] & [[M. C. Han]] / Philadelphia [[1966]] und [[M. J. Aitken]] / Oxford [[1968]].


== Grundlage ==
== Grundlage ==
[[Datei:Glowkurve.svg|miniatur|hochkant=1.5|Vergleich thermischer Normalstrahlung mit Glowkurve]]
Beim Erhitzen emittieren Körper zunächst Wärmestrahlung, dann auch sichtbares Licht. In bestimmten Fällen zeigen Festkörper bereits bei tieferen Temperaturen zusätzliche Lichtemissionen. Diese zusätzliche Strahlung tritt nur beim erstmaligen Erhitzen auf. Es handelt sich um die einmalige Freisetzung von Energie, die im jeweiligen Festkörper gespeichert war. Diesen Vorgang nennt man Thermolumineszenz (TL).
In natürlich vorkommenden Mineralien wie [[Quarz]] oder [[Feldspat]] wird Energie in Form von Strahlenschäden, verursacht durch den Zerfall natürlich vorkommender instabiler Nuklide sowie kosmische Strahlung, im Kristallgitter gespeichert. Dabei werden Elektronen in „Elektronenfallen“ zwischen Valenz- und Leitungsband festgesetzt. Quarze oder Feldspäte wiederum sind mineralogische Bestandteile z.&nbsp;B. gebrannter Keramik.

Beim Erhitzen emittieren Körper mit steigender Temperatur zunächst [[Wärmestrahlung]], die dann auch den sichtbaren Spektralbereich beinhaltet. Wenn keine Thermolumineszenz auftritt, kann die abgestrahlte Leistung als Funktion der Temperatur mit Hilfe des [[Stefan-Boltzmann-Gesetz]]es vorhergesagt werden. Beim weiteren Erhitzen auf Temperaturen um 300–500&nbsp;°C setzt thermische stimulierte Lichtemission (Thermolumineszenz) ein, das heißt, angeregte Elektronen verlassen ihren metastabilen Zustand und fallen auf niedrigere Energieniveaus zurück (man spricht auch von Rekombination). Die Energiedifferenz wird dabei als [[Photon|Lichtquant]] einer charakteristischen Frequenz (zum Beispiel im sichtbaren Spektrum) abgegeben. Da nach relativ kurzer Zeit sämtliche angeregte Elektronen auf ein niedrigeres Energieniveau gefallen sind, tritt dieser Thermolumineszenz (TL) genannte Effekt nur beim ersten Erhitzen auf, sofern der Kristall nicht anschließend erneut bestrahlt wird.

Aus dem Unterschied zweier so ermittelter Kurven kann auf die gespeicherte Energie rückgeschlossen werden. Diese hängt von der Intensität und der Zeitdauer der vorhergehenden angesammelten Energie ab.

Für die Strahlungsmesstechnik verwendet man Kristalle aus [[Lithiumfluorid]], CaSO<sub>4</sub>, CaF<sub>2</sub> , SiO<sub>2</sub><ref> Naturwissenschaften 73, Seite 614 (1986)</ref> oder [[Lithiumborid]], die mit verschiedenen Fremdatomen (Aktivatoren) wie [[Mangan|Mn]], [[Magnesium|Mg]], [[Titan (Element)|Ti]], [[Kupfer|Cu]] oder [[Phosphor|P]] gezielt verunreinigt („dotiert“) sind. Diese Dotierungen dienen der Erzeugung von Fehlstellen, in denen die im Kristall freigesetzten Elektronen eingefangen und gespeichert werden können.<ref>Meyers Grosses Taschen-Lexikon in 24 Bänden: ''Altersbestimmung.'' Band 1: ''A-Ang.'' 1987, S. 270.</ref>


== Archäologische Anwendung ==
== Archäologische Anwendung ==
Erste moderne Anwendungen wurden in den 1950er Jahren beschrieben, in der [[Archäologie]] auf Keramik durch Elizabeth K. Ralph und Mark C. Han<ref>''Dating of Pottery by Thermoluminescence.'' In: ''[[Nature]].'' Band 210, 1966, S. 245–247.</ref> und von [[Martin J. Aitken]]. Bereits 1953 in einem Aufsatz von Daniels, Boyd & Saunders<ref>F. Daniels, C. A. Boyd & D. F. Saunders: ''Thermoluminescence as a Research Tool.'' In: ''[[Science]].'' Band 117, 1953, S. 343–349.</ref> vorgeschlagen, wurden erste Datierungsanwendungen 1957/1958 von Forschern der Universität Bern (Team um [[Friedrich Georg Houtermans]] und [[Norbert Grögler]]) vorgestellt.<ref>F. G. Houtermans & H. Stauffer: ''Thermolumineszenz als Mittel zur Untersuchung der Temperatur- und Strahlungsgeschichte von Mineralien und Gesteinen.'' In: ''Helvetica Physica Acta.'' 30, 1957, S. 274–277.</ref><ref>N. Grögler, F. G. Houtermans & H. Stauffer: ''Radiation damage as a research tool for geology and prehistory.'' In: ''5° Rassegna Internazionale Elettronica E Nucleare, Supplemento Agli Atti Del Congresso Scientifico.'' Band 1, 1958, S. 5–15.</ref> In der darauffolgenden Zeit wurde die Datierungsmethode Anfang der 1960er Jahre federführend von Martin J. Aitken in Oxford weiter entwickelt. Weitere methodische Verbesserungen führten 1985 zur Vorstellung der ''Optically Stimulated Luminescence'' (OSL) Datierung durch David Huntley.<ref>D. J. Huntley, D. I. Godfrey-Smith & M. L. W. Thewalt: ''Optical dating of sediments.'' In: ''[[Nature]].'' Band 313, 1985, S. 105–107.</ref> Datiert wird der Zeitpunkt der letzten Belichtung, was prinzipiell auch mit der TL-Datierung möglich ist, aber erheblich längere Belichtungszeiten erfordert. Das Verfahren der OSL-Datierung ist, obwohl mit der TL-Datierung eng verwandt, daher von dieser abzugrenzen (s. Abschnitt verwandte Verfahren).
Prinzip der [[Thermolumineszenzdatierung]], das heißt der [[Altersbestimmung (Archäologie)|Altersbestimmung]] von Keramikobjekten oder anderweitig gebrannten Artefakten: Geringe Mengen radioaktiver Substanzen in der Keramik bzw. ihren Rohstoffen setzen beim Zerfall Energie frei, wodurch der TL-Effekt aufgeladen wird (innere Quellen); zudem trägt - je nach Lagerung der Funde im Boden - das Sonnenlicht oder das umgebende Sediment zu dieser Aufladung bei (äußere Quellen). Je älter die Probe, desto stärker der TL-Effekt, der dann beim Messen einmalig beobachtbar ist. Beim Brennen der Keramik, d.h. bei der Herstellung, wird die TL-Uhr auf “0” gesetzt. Danach setzt wieder die skizzierte “Aufladung” ein, so dass die TL-Messung an Keramik und gebrannten Artefakten die Stücke datiert.
[[Datei:Radiacion ionizante.png|mini|Diagramm eines Keramikfragments in einer archäologischen [[Ausgrabung]]sstätte, das die verschiedenen Arten ionisierender Strahlung zeigt, die den [[Fund (Archäologie)|Fund]] beeinflussen:<br/> '''1.''' Radioaktivität in der [[Strahlenexposition#Strahlenexposition durch natürliche Quellen|Umwelt]];<br/> '''2.''' Radioaktivität, die von der Keramik selbst emittiert wird, und <br/>'''3.''' [[kosmische Strahlung]].]]
[[Datei:Thermoluminescence dating curves-ru.svg|mini|Thermo&shy;lumines&shy;zenz&shy;diagramme zur thermo&shy;lumines&shy;zierenden Datierung von Artefakten.<br/>'''Oben:''' Thermo&shy;lumines&shy;zenz&shy;diagramm einer modernen Keramik.<br/>'''Unten:''' Thermo&shy;lumines&shy;zenz&shy;diagramm eines antiken Keramik&shy;materials. In beiden Grafiken:<br />'''Kurve a''' Thermo&shy;lumineszenz nach Labor&shy;aktivierung der Probe mit einer gegebenen Dosis ionisierender Strahlung;<br/>'''Kurve b''' Thermo&shy;lumineszenz ohne Aktivierung der Probe durch ionisierende Strahlung;<br />'''Kurve c''' ist das Hinter&shy;grund&shy;signal des Mess&shy;aufbaus.]]

[[Datei:Quartz UV NET NTL Curve.svg|mini|Typische Quarz-TL-Kurve, gemessen im Rahmen einer TL-Datierung]]


Der Aufbau des latenten Lumineszenzsignals erfolgt durch Energiezufuhr aus dem Zerfall natürlich vorkommender radioaktiver Nuklide (<sup>238</sup>U, <sup>232</sup>Th, <sup>40</sup>K, <sup>87</sup>Rb) sowie durch kosmische Strahlung.
== Innere Probleme der Thermolumineszenz als Methode der archäologischen Altersbestimmung ==
Das Messverfahren ist relativ kompliziert. Man benötigt:
* Messungen der [[Radioaktivität]] des Fundorts und der Scherbe
* eine Kenntnis des (regional / lokal unterschiedlichen) Spektrums der betreffenden radioaktiven Isotope und deren Zerfallszeit
* Sicherheit und Kenntnis über die sachgerechte Bergung / Entnahme / Lagerung der Proben.
Der ganze Prozess inklusive der Probenentnahme erfolgt vernünftigerweise durch die TL-Experten selbst.
Die Genauigkeit der Methode ist begrenzt. Sie liegt bei ca. ± 10 % des geschätzten Alters der Probe.


Beim Brennvorgang zur Herstellung des Artefaktes wurde die TL-Uhr auf „0“ zurückgesetzt. Anschließend setzt die skizzierte „Aufladung“ erneut ein. Je älter die Probe ist, desto stärker ist das bei einer erneuten Erhitzung beobachtbare Lumineszenzsignal. Durch die Messung wird die TL-Uhr jedoch erneut zurückgesetzt.
== Reichweite ==
Die Reichweite hängt auch von den gemessenen Objekten ab. Sie beträgt sicher mehr als 50.000 Jahre, unter bestimmten Voraussetzungen wurden auch 500.000 Jahre erreicht.


Folgendes muss in die Auswertung einfließen:
== Bedeutung für die [[Archäologie]] ==
* Messungen der Dosisleistung in der Umgebung des Fundortes vorkommender radioaktiver Nuklide
Als Ergänzung zur [[Radiokarbonmethode]] ''(auch: C14-Datierung)'' wichtig und überall dort, wo Datierungen jenseits der begrenzten Reichweite von C14 benötigt werden, oder wo kein organisches Material zur Verfügung steht.
* Kenntnis des (regional/lokal unterschiedlichen) Spektrums der betreffenden radioaktiven Isotope und deren Zerfallszeit


Die Reichweite der Methode beträgt mehr als 50.000 Jahre, abhängig vom verwendeten Dosimeter und der [[Dosisleistung]]. Unter guten Voraussetzungen wurden auch 500.000 Jahre erreicht. Ihre Genauigkeit ist jedoch begrenzt und liegt bei etwa 10 % des Alters der Probe. Daher kann sie bei Keramik der [[Antike]] oft nur allgemein die Echtheit bestätigen, während die genauere Datierung durch stilistische Analysen etwa der [[Vasenmalerei]] erfolgen muss.
== Andere Anwendungen der Thermolumineszenz ==
* TL-Messungen können auch in der Photosyntheseforschung wichtige Informationen liefern. Auch hier entstehen, nach Anregung mit Licht, metatstabile Radikalpaare, die durch Wärmezufuhr rekombinieren. Peaktemperatur und Ausmaß des emittierten Lichtes lassen Rückschlüsse auf den Zustand des Photosyntheseapparates zu.
* Eine weitere Anwendung findet die Thermolumineszenz in der (Personal-)Dosimetrie. Dabei wird die lumineszierende, thermisch stimulierte Rekombination von durch ionisierende Strahlung erzeugten, bei Raumtemperatur stabilen Defekten in sehr empfindlichen Materialien, wie z.B. Lithiumfluorid, als Maß für die aufgenommene Dosis bestimmt.


Bisher ist es Fälschern nicht gelungen, diese Methode der Altersbestimmung auszuhebeln, weil es offensichtlich unmöglich ist, frisch gebrannte Keramik durch künstliche Bestrahlung so „aufzuladen“, dass der zeitliche Verlauf der TL-Strahlung während des Erhitzens imitiert wird.
== Vorteile der Thermolumineszenz als Methode der [[Dosimetrie]] ==
* Asynchrone Auswertung: Die absorbierte Strahlenenergie bleibt über lange Zeiträume nahezu verlustfrei (<5%) im Dosimeterkristall gespeichert und kann so auch noch nach Jahren exakt ermittelt werden.
* Die Dosimeterkristalle sind vergleichsweise einfach und kostengünstig herzustellen und können mehrfach verwendet werden.
* Die typischerweise verwendeten Materialien (zB LiF) sind hitze- und säureresistent und wasserunlöslich, was die Strahlenerfassung auch unter ungünstigen Umweltbedingungen ermöglicht (z.B. Weltraumdosimetrie)


== Verwandte Verfahren ==
== Verwandte Verfahren ==
[[Datei:Abri du Maras sample OSL dating 3.jpg|mini|Entnahmestelle einer Probe zur OSL-Fundschichtdatierung]]
Nach dem gleichen Wirkungsprinzip wie die Thermoluminiszenz arbeiten weitere Verfahren, die sich vor allem durch die Frequenz der von außen zugeführten, stimulierenden Strahlung unterscheiden:
Nach dem gleichen Wirkungsprinzip wie die Thermolumineszenzdatierung arbeiten weitere Verfahren, bei denen die Abregung aus den metastabilen Zuständen nicht durch Erhitzung des Materials erfolgte, sondern durch Energiezufuhr in Form von Photonen. Diese [[Photolumineszenz|Photo-]] oder [[Radiolumineszenz]]methoden lassen sich nach der Frequenz der von außen zugeführten, stimulierenden Strahlung unterscheiden:
* '''Optisch Induzierte Luminiszenz''' ('''OSL'''; en: ''Optically Induced Luminescence'') mit Hilfe von Licht aus dem sichtbaren Bereich des Spektrums. Anwendbar bei Quarz und Feldspat, d.h. bei ehemals dem Sonnenlicht oder einer Erhitzung ausgesetzten Gesteinen (Sandstein, Granit) und insbesondere quarzhaltigen Sedimenten.
* '''Optisch stimulierte Lumineszenz''' (''OSL;'' en: ''optically stimulated luminescence'') mit Hilfe von Licht aus dem sichtbaren Bereich des Spektrums. Anwendbar bei Quarz und Feldspat, d.&nbsp;h. bei ehemals dem Sonnenlicht oder einer Erhitzung ausgesetzten Gesteinen (Sandstein, Granit) und insbesondere quarzhaltigen Sedimenten. Die hier betrachtete Energie wird schon durch Tageslicht freigesetzt, weswegen über die Menge an gespeicherter Energie bewertet werden kann, wie lange der letzte Kontakt zu Sonnenlicht und somit beispielsweise der [[Sedimentation]]sprozess zurückliegt. Geeignet zur Datierung von Proben, die bis zu 200.000 Jahre alt sind.<ref>Michael Balter: ''New light on ancient samples.'' In: ''Science.'' Band 332, 2011, S. 658, {{DOI|10.1126/science.332.6030.658-b}}</ref>
* '''Infrarot Stimulierte Luminiszenz''' ('''IRSL'''; en: ''Infrared Stimulated Luminescence'') mit Hilfe von Infrarotlicht.
* '''Radioluminiszenz''' ('''RL'''; en: ''Radioluminescence'') mit Hilfe von ionisierender Strahlung.
* ''[[Infrarot stimulierte Lumineszenz]]'' (''IRSL;'' en: ''infrared stimulated luminescence'') mit Hilfe von Infrarotlicht.
* ''[[Radiolumineszenz]]'' (''RL;'' en: ''Radioluminescence'') mit Hilfe von ionisierender Strahlung.
* ''[[Grün Stimulierte Lumineszenz]]'' (''GLSL;'' en: ''green-light stimulated luminescence'') mit Hilfe von grünem Licht.


== Literatur ==
== Literatur ==
* M. J. Aitken: ''Science-based dating in archaeology.'' London, New York 1990, pp. 141-175.
* [[Martin J. Aitken]]: ''Science-based dating in archaeology'' (= ''Longman archaeology series.''). Longman, London u. a. 1990, ISBN 0-582-49309-9, S. 141–175.
* [[Martin J. Aitken]]: ''Thermoluminescence dating.'' Academic Press, London 1985, ISBN 0-12-046380-6.
* B. Hrouda: ''Methoden der Archäologie: Eine Einführung in ihre naturwissenschaftlichen Techniken.'' München 1978, pp. 151-161.
* Reuven Chen & Stephen W. McKeever: ''Theory of thermoluminescence and related phenomena.'' World Scientific, Singapore u. a. 1997, ISBN 981-02-2295-5.
* Reuven Chen & Vasilis Pagonis: ''Thermally and Optically Stimulated Luminescence: A Simulation Approach.'' John Wiley & Sons, West Sussex (U.K) 2011, ISBN 978-0-470-74927-2.
* Stuart Fleming: ''Thermoluminescence techniques in archaeology.'' Clarendon Press, Oxford 1979, ISBN 0-19-859929-3.
* Claudio Furetta: ''Handbook of Thermoluminescence.'' World Scientific, New Jersey 2010, ISBN 981-238-240-2.
* [[Barthel Hrouda]] (Hrsg.): ''Methoden der Archäologie. Eine Einführung in ihre naturwissenschaftlichen Techniken.'' Beck, München 1978, ISBN 3-406-06699-2, S. 151–161 (Beck’sche Elementarbücher).
* K. Mahesh, P. S. Weng & C. Furetta: ''Thermoluminescence in solids and its application.'' Nuclear Technology Publishing, 1989, ISBN 1-870965-00-0.
* Stephen W. S. McKeever: ''Thermoluminescence of solids.'' Cambridge University Press, Cambridge 1988, ISBN 0-521-36811-1.
* Stephen Stokes: ''Luminescence dating applications in geomorphological research.'' In: ''Geomorphology.'' Band 29, 1999, {{ISSN|0169-555X}}, S. 153–171.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.chemieunterricht.de/dc2/kristalle/dc2kv43d.htm Versuch: Thermolumineszenz]
* [http://www.chemieunterricht.de/dc2/kristalle/dc2kv43d.htm Versuch: Thermolumineszenz] auf ''chemieunterricht.de''
* [http://www.geomorph.uni-bayreuth.de/de/ressourcen/Lumineszenz/Preusser_etal_08_EG.pdf Luminescence dating: basics, methods and applications], abgerufen am 4. Februar 2017. (englisch; PDF-Datei)
* [http://www.ati.ac.at/~vanaweb/welcome.html Thermolumineszenz - Universitäre Forschung und Anwendung]
* [http://www.aber.ac.uk/temp-ancient-tl/issue14_3/lang_atl_14%283%29_7-11.pdf „Procedures used for optically and infrared stimulated luminescence dating of sediments in Heidelberg“], in: Ancient TL 14, 7–11 (1996) von der Forschungsstelle Archäometrie am [[Max-Planck-Institut für Kernphysik]], abgerufen am 3. Juli 2011. (englisch; PDF-Datei; 177&nbsp;kB)
* [http://www.aber.ac.uk/en/media/departmental/dges/pdf/english_heritage_luminescence_dating.pdf Luminescence Dating: guidelines on using luminescence dating in archaeology], Duller, G.A.T. (2008). Leitfaden zur Lumineszenzdatierung in der Archäologie des Lumineszenzlabors des Institute of Geography and Earth Sciences der Aberystwyth University. Abgerufen am 24. März 2012. (englisch; PDF-Datei; 1,3&nbsp;MB)


== Fußnoten ==
[[Kategorie:Archäologische Forschungsmethode]]
<references />
[[Kategorie:Kalender]]


[[Kategorie:Radiometrische Datierung]]
[[fr:Thermoluminescence]]
[[Kategorie:Angewandte Geophysik]]
[[en:Thermoluminescence dating]]
[[it:Termoluminescenza]]

Aktuelle Version vom 29. August 2024, 18:33 Uhr

Bei der Thermolumineszenzdatierung wird die Eigenschaft mancher Festkörper genutzt, beim Erhitzen vorher im Kristallgitter gespeicherte Energie in Form von Licht abzugeben. Die Energie wurde in metastabilen Zuständen gespeichert, sie stammt vor allem aus Zerfallsprozessen natürlich vorkommender radioaktiver Nuklide oder aus der kosmischen Strahlung. Verwandte Prozesse der stimulierten Lichtemission werden im Artikel Lumineszenz genauer beschrieben.

Thermolumineszenzdatierung wird u. a. in der Archäologie (Abkürzung TL-Datierung oder allgemeiner Lumineszenzdatierung) als Methode zur Altersbestimmung von Keramikobjekten oder anderweitig gebrannten Artefakten, z. B. Verhüttungsschlacken verwendet. Ebenso kann die Thermolumineszenz auch zur Datierung von Sedimenten genutzt werden. Dann wird das Ereignis der letzten Belichtung durch Sonnenlicht datiert. Die Thermolumineszenz dient dabei als Ergänzung zur Radiokohlenstoffdatierung (auch: 14C-Datierung), insbesondere dann, wenn Datierungen jenseits der begrenzten Reichweite der 14C-Datierung benötigt werden oder wenn kein organisches Material zur Verfügung steht.

Thermolumineszenz von Flussspat
Vergleich thermischer Normalstrahlung mit Glowkurve

In natürlich vorkommenden Mineralien wie Quarz oder Feldspat wird Energie in Form von Strahlenschäden, verursacht durch den Zerfall natürlich vorkommender instabiler Nuklide sowie kosmische Strahlung, im Kristallgitter gespeichert. Dabei werden Elektronen in „Elektronenfallen“ zwischen Valenz- und Leitungsband festgesetzt. Quarze oder Feldspäte wiederum sind mineralogische Bestandteile z. B. gebrannter Keramik.

Beim Erhitzen emittieren Körper mit steigender Temperatur zunächst Wärmestrahlung, die dann auch den sichtbaren Spektralbereich beinhaltet. Wenn keine Thermolumineszenz auftritt, kann die abgestrahlte Leistung als Funktion der Temperatur mit Hilfe des Stefan-Boltzmann-Gesetzes vorhergesagt werden. Beim weiteren Erhitzen auf Temperaturen um 300–500 °C setzt thermische stimulierte Lichtemission (Thermolumineszenz) ein, das heißt, angeregte Elektronen verlassen ihren metastabilen Zustand und fallen auf niedrigere Energieniveaus zurück (man spricht auch von Rekombination). Die Energiedifferenz wird dabei als Lichtquant einer charakteristischen Frequenz (zum Beispiel im sichtbaren Spektrum) abgegeben. Da nach relativ kurzer Zeit sämtliche angeregte Elektronen auf ein niedrigeres Energieniveau gefallen sind, tritt dieser Thermolumineszenz (TL) genannte Effekt nur beim ersten Erhitzen auf, sofern der Kristall nicht anschließend erneut bestrahlt wird.

Aus dem Unterschied zweier so ermittelter Kurven kann auf die gespeicherte Energie rückgeschlossen werden. Diese hängt von der Intensität und der Zeitdauer der vorhergehenden angesammelten Energie ab.

Für die Strahlungsmesstechnik verwendet man Kristalle aus Lithiumfluorid, CaSO4, CaF2 , SiO2[1] oder Lithiumborid, die mit verschiedenen Fremdatomen (Aktivatoren) wie Mn, Mg, Ti, Cu oder P gezielt verunreinigt („dotiert“) sind. Diese Dotierungen dienen der Erzeugung von Fehlstellen, in denen die im Kristall freigesetzten Elektronen eingefangen und gespeichert werden können.[2]

Archäologische Anwendung

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Erste moderne Anwendungen wurden in den 1950er Jahren beschrieben, in der Archäologie auf Keramik durch Elizabeth K. Ralph und Mark C. Han[3] und von Martin J. Aitken. Bereits 1953 in einem Aufsatz von Daniels, Boyd & Saunders[4] vorgeschlagen, wurden erste Datierungsanwendungen 1957/1958 von Forschern der Universität Bern (Team um Friedrich Georg Houtermans und Norbert Grögler) vorgestellt.[5][6] In der darauffolgenden Zeit wurde die Datierungsmethode Anfang der 1960er Jahre federführend von Martin J. Aitken in Oxford weiter entwickelt. Weitere methodische Verbesserungen führten 1985 zur Vorstellung der Optically Stimulated Luminescence (OSL) Datierung durch David Huntley.[7] Datiert wird der Zeitpunkt der letzten Belichtung, was prinzipiell auch mit der TL-Datierung möglich ist, aber erheblich längere Belichtungszeiten erfordert. Das Verfahren der OSL-Datierung ist, obwohl mit der TL-Datierung eng verwandt, daher von dieser abzugrenzen (s. Abschnitt verwandte Verfahren).

Diagramm eines Keramikfragments in einer archäologischen Ausgrabungsstätte, das die verschiedenen Arten ionisierender Strahlung zeigt, die den Fund beeinflussen:
1. Radioaktivität in der Umwelt;
2. Radioaktivität, die von der Keramik selbst emittiert wird, und
3. kosmische Strahlung.
Thermo­lumines­zenz­diagramme zur thermo­lumines­zierenden Datierung von Artefakten.
Oben: Thermo­lumines­zenz­diagramm einer modernen Keramik.
Unten: Thermo­lumines­zenz­diagramm eines antiken Keramik­materials. In beiden Grafiken:
Kurve a Thermo­lumineszenz nach Labor­aktivierung der Probe mit einer gegebenen Dosis ionisierender Strahlung;
Kurve b Thermo­lumineszenz ohne Aktivierung der Probe durch ionisierende Strahlung;
Kurve c ist das Hinter­grund­signal des Mess­aufbaus.
Typische Quarz-TL-Kurve, gemessen im Rahmen einer TL-Datierung

Der Aufbau des latenten Lumineszenzsignals erfolgt durch Energiezufuhr aus dem Zerfall natürlich vorkommender radioaktiver Nuklide (238U, 232Th, 40K, 87Rb) sowie durch kosmische Strahlung.

Beim Brennvorgang zur Herstellung des Artefaktes wurde die TL-Uhr auf „0“ zurückgesetzt. Anschließend setzt die skizzierte „Aufladung“ erneut ein. Je älter die Probe ist, desto stärker ist das bei einer erneuten Erhitzung beobachtbare Lumineszenzsignal. Durch die Messung wird die TL-Uhr jedoch erneut zurückgesetzt.

Folgendes muss in die Auswertung einfließen:

  • Messungen der Dosisleistung in der Umgebung des Fundortes vorkommender radioaktiver Nuklide
  • Kenntnis des (regional/lokal unterschiedlichen) Spektrums der betreffenden radioaktiven Isotope und deren Zerfallszeit

Die Reichweite der Methode beträgt mehr als 50.000 Jahre, abhängig vom verwendeten Dosimeter und der Dosisleistung. Unter guten Voraussetzungen wurden auch 500.000 Jahre erreicht. Ihre Genauigkeit ist jedoch begrenzt und liegt bei etwa 10 % des Alters der Probe. Daher kann sie bei Keramik der Antike oft nur allgemein die Echtheit bestätigen, während die genauere Datierung durch stilistische Analysen etwa der Vasenmalerei erfolgen muss.

Bisher ist es Fälschern nicht gelungen, diese Methode der Altersbestimmung auszuhebeln, weil es offensichtlich unmöglich ist, frisch gebrannte Keramik durch künstliche Bestrahlung so „aufzuladen“, dass der zeitliche Verlauf der TL-Strahlung während des Erhitzens imitiert wird.

Verwandte Verfahren

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Entnahmestelle einer Probe zur OSL-Fundschichtdatierung

Nach dem gleichen Wirkungsprinzip wie die Thermolumineszenzdatierung arbeiten weitere Verfahren, bei denen die Abregung aus den metastabilen Zuständen nicht durch Erhitzung des Materials erfolgte, sondern durch Energiezufuhr in Form von Photonen. Diese Photo- oder Radiolumineszenzmethoden lassen sich nach der Frequenz der von außen zugeführten, stimulierenden Strahlung unterscheiden:

  • Optisch stimulierte Lumineszenz (OSL; en: optically stimulated luminescence) mit Hilfe von Licht aus dem sichtbaren Bereich des Spektrums. Anwendbar bei Quarz und Feldspat, d. h. bei ehemals dem Sonnenlicht oder einer Erhitzung ausgesetzten Gesteinen (Sandstein, Granit) und insbesondere quarzhaltigen Sedimenten. Die hier betrachtete Energie wird schon durch Tageslicht freigesetzt, weswegen über die Menge an gespeicherter Energie bewertet werden kann, wie lange der letzte Kontakt zu Sonnenlicht und somit beispielsweise der Sedimentationsprozess zurückliegt. Geeignet zur Datierung von Proben, die bis zu 200.000 Jahre alt sind.[8]
  • Infrarot stimulierte Lumineszenz (IRSL; en: infrared stimulated luminescence) mit Hilfe von Infrarotlicht.
  • Radiolumineszenz (RL; en: Radioluminescence) mit Hilfe von ionisierender Strahlung.
  • Grün Stimulierte Lumineszenz (GLSL; en: green-light stimulated luminescence) mit Hilfe von grünem Licht.
  • Martin J. Aitken: Science-based dating in archaeology (= Longman archaeology series.). Longman, London u. a. 1990, ISBN 0-582-49309-9, S. 141–175.
  • Martin J. Aitken: Thermoluminescence dating. Academic Press, London 1985, ISBN 0-12-046380-6.
  • Reuven Chen & Stephen W. McKeever: Theory of thermoluminescence and related phenomena. World Scientific, Singapore u. a. 1997, ISBN 981-02-2295-5.
  • Reuven Chen & Vasilis Pagonis: Thermally and Optically Stimulated Luminescence: A Simulation Approach. John Wiley & Sons, West Sussex (U.K) 2011, ISBN 978-0-470-74927-2.
  • Stuart Fleming: Thermoluminescence techniques in archaeology. Clarendon Press, Oxford 1979, ISBN 0-19-859929-3.
  • Claudio Furetta: Handbook of Thermoluminescence. World Scientific, New Jersey 2010, ISBN 981-238-240-2.
  • Barthel Hrouda (Hrsg.): Methoden der Archäologie. Eine Einführung in ihre naturwissenschaftlichen Techniken. Beck, München 1978, ISBN 3-406-06699-2, S. 151–161 (Beck’sche Elementarbücher).
  • K. Mahesh, P. S. Weng & C. Furetta: Thermoluminescence in solids and its application. Nuclear Technology Publishing, 1989, ISBN 1-870965-00-0.
  • Stephen W. S. McKeever: Thermoluminescence of solids. Cambridge University Press, Cambridge 1988, ISBN 0-521-36811-1.
  • Stephen Stokes: Luminescence dating applications in geomorphological research. In: Geomorphology. Band 29, 1999, ISSN 0169-555X, S. 153–171.
  1. Naturwissenschaften 73, Seite 614 (1986)
  2. Meyers Grosses Taschen-Lexikon in 24 Bänden: Altersbestimmung. Band 1: A-Ang. 1987, S. 270.
  3. Dating of Pottery by Thermoluminescence. In: Nature. Band 210, 1966, S. 245–247.
  4. F. Daniels, C. A. Boyd & D. F. Saunders: Thermoluminescence as a Research Tool. In: Science. Band 117, 1953, S. 343–349.
  5. F. G. Houtermans & H. Stauffer: Thermolumineszenz als Mittel zur Untersuchung der Temperatur- und Strahlungsgeschichte von Mineralien und Gesteinen. In: Helvetica Physica Acta. 30, 1957, S. 274–277.
  6. N. Grögler, F. G. Houtermans & H. Stauffer: Radiation damage as a research tool for geology and prehistory. In: 5° Rassegna Internazionale Elettronica E Nucleare, Supplemento Agli Atti Del Congresso Scientifico. Band 1, 1958, S. 5–15.
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