„Sinai-Halbinsel“ – Versionsunterschied
[ungesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Perrak (Diskussion | Beiträge) |
||
(518 dazwischenliegende Versionen von mehr als 100 Benutzern, die nicht angezeigt werden) | |||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
{{Infobox Halbinsel |
|||
Der Name '''Sinai''' bezeichnet einerseits eine [[Halbinsel]] im [[Mittlerer Osten|Mittleren Osten]], andererseits einen [[Berg]] auf eben dieser Halbinsel. |
|||
|NAME= Sinai-Halbinsel |
|||
|BILD1=Sinaifromspace.jpg |
|||
|BILD1-TEXT= Satellitenbild |
|||
|GEWAESSER=[[Golf von Akaba]] |
|||
|GEWAESSER2=[[Golf von Sues]] |
|||
|BREITENGRAD=29/30//N |
|||
|LAENGENGRAD=33/50//E |
|||
|REGION-ISO=EG |
|||
|KARTE= |
|||
|POSKARTE= Ägypten |
|||
|LAENGE= |
|||
|BREITE= |
|||
|FLAECHE=61000 |
|||
}} |
|||
<!-- |
|||
{{Infobox Hieroglyphen |
|||
|TITEL = Sinai |
|||
|NAME = <hiero>D58-M17-G1-G43-N37:Z2</hiero> |
|||
|NAME2 = <hiero>=D58-M17-N42-N25</hiero> |
|||
|NAME2-TRANSKRIPTION = Biau<br/>''Bj3w'' <ref name=H1135 /> |
|||
|NAME2-ERKLÄRUNG = ''Bergwerkerland'' <ref name=H1135>Die Übersetzung ''Bergwerkerland'' ist nicht gesichert, siehe auch Rainer Hannig: ''Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch : (2800 – 950 v. Chr.)''. S. 1135.</ref> |
|||
|BILD1 = Sinaifromspace.jpg |
|||
|BILD1-BREITE = 290px |
|||
|BILD1-BESCHREIBUNG = Sinai-Halbinsel, Satellitenaufnahme |
|||
}} |
|||
--> |
|||
Die '''Sinai-Halbinsel''' [{{IPA|ˈziː.na.i}}] ({{arS|سيناء‎|d=Sīnāʾ}}) ist eine überwiegend zu [[Ägypten]] gehörende [[Halbinsel]]. |
|||
== Sinai-Halbinsel == |
|||
== Geographie == |
|||
[[Bild:Sinai_NASA.jpg|thumb|300px|Halbinsel Sinai (NASA)]] |
|||
=== Physische Geographie === |
|||
Die Sinai-Halbinsel liegt zwischen dem [[afrika]]nischen [[Kontinent]]en und der [[Arabische Halbinsel|arabischen Halbinsel]]. Die Landmasse ragt bis ins [[Rotes Meer|Rote Meer]] hinein. Sie wird zu [[Asien]] gerechnet. Die Landschaft ist [[wüste]]nhaft und von schroffen, kahlen [[Gebirge]]n geprägt. |
|||
Die Sinai-[[Halbinsel]] liegt auf der [[Afrikanische Platte|Afrikanischen Platte]] zwischen dem [[Afrika|afrikanischen Kontinent]] und der [[Arabische Halbinsel|arabischen Halbinsel]], von der sie [[geologisch]] durch den [[Jordangraben]] getrennt ist. Sie ist geographisch Asien zugeordnet. Die etwa 61.000 km² große Landmasse ragt bis ins [[Rotes Meer|Rote Meer]] hinein und ist etwas kleiner als [[Irland]]. Westlich der Halbinsel liegt der [[Golf von Sues]], östlich der [[Golf von Akaba]]. Die Halbinsel stellt das Bindeglied zwischen [[Asien]] und Afrika dar. Die Landschaft ist [[wüste]]nhaft und besonders im Süden von schroffen, kahlen [[Gebirge]]n geprägt. |
|||
''[[Sinai (Wüste)|at-Tih]]'' ist der Name der nördlichen Sandwüste des Sinais, in alten Schriften auch Wüste Sur genannt. Es ist ein [[Schichtstufe#Schichttafel|Schichttafelland]] zwischen Nordsinai und dem Gebirge, zu dem der [[Sinai (Berg)|Berg Sinai]] und der [[Dschabal Katrina|Katharinenberg]] (''Dschabal Katrina'') – mit 2637 m Höhe die höchste Erhebung der Halbinsel – gehören. Mit 20 mm bis 50 mm Niederschlag pro Jahr handelt es sich dabei um die unwirtlichste Gegend der Halbinsel. Dagegen ermöglichen [[Niederschlag|Niederschläge]] von 150 [[Millimeter|mm]] bis 200 mm im Südsinai Nomaden, ihr Vieh in [[Wadi]]s und an Berghängen zu halten. Der Katharinenberg ist auch die höchste Erhebung des Staates [[Ägypten]]. |
|||
Die Sinai-Halbinsel gehörte bis [[1906]] zum [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reich]], danach zu [[Ägypten]]. Sie wurde mehrmals Ziel [[israel]]ischer [[Invasion]]en und war von [[1956]] bis [[1967]] vollständig unter israelischer Kontrolle. Nach dem [[Friedensvertrag von Camp David]] wurde sie an Ägypten zurückgegeben. |
|||
{| |
|||
== Berg Sinai == |
|||
| [[Datei:Sinai-peninsula-map.jpg|mini|links|Karte der Sinai-Halbinsel]] |
|||
| [[Datei:Sinai Peninsula-ar.png|mini|links|Entlang des Sueskanals gehören noch Teile dreier weiterer Gouvernements zur Sinai-Halbinsel]] |
|||
|} |
|||
=== Besiedlung === |
|||
Der Berg Sinai erhebt sich auf der Sinai-Halbinsel 2292 [[meter|m]] über [[Normalnull|NN]]. Er heißt auf [[Arabische Sprache|Arabisch]] ''Gebel Musa'' ("Moseberg"). In der [[Bibel]] gilt der Sinai als Ort der [[Offenbarung]] Gottes, vor allem der Gabe der [[Zehn Gebote]] (2. Mose 34 u.ö.). In [[Psalm]] 68,9 wird Gott geradezu mit dem Sinai gleichgesetzt ([[hebräisch]]: zä Sinai, der (vom) Sinai). Als Berg der Gottesoffenbarung wird öfters auch der [[Horeb]] genannt, der mit dem Sinai identisch zu sein scheint. |
|||
Die Halbinsel ist in zwei [[Gouvernement]]s unterteilt. Im Norden liegt das Gouvernement [[Schimal Sina]] mit der Hauptstadt [[al-Arisch]] an der Mittelmeerküste, mit etwa 128.000 Einwohnern (2005) die größte Stadt des Sinai. Im Süden ist das Gouvernement [[Dschanub Sina]] mit der Hauptstadt [[At-Tur (Sinai)|at-Tur]]. |
|||
Noch etwa die Hälfte der insgesamt etwa 1,3 Millionen Bewohner der Halbinsel sind [[Beduinen]], die sich auf knapp 20 Stämme verteilen und nur noch teilweise ein nomadisches Leben führen. Sie leben von [[Viehzucht]] (Ziegen, Schafe, Dromedare), an der Ostküste auch vom [[Fischfang]] und zunehmend vom [[Tourismus]] als Führer von Kameltouren durch die Wüste oder in der touristischen Infrastruktur an der Küste. |
|||
Erst im 4. Jh. nach Chr. wird der Gebel Musa mit dem biblischen Berg Sinai gleichgesetzt. |
|||
Das [[Orthodoxe Kirchen|orthodoxe]] [[Katharinenkloster (Sinai)|Katharinenkloster]] liegt im Süden des Sinai in der Nähe der Ortschaft [[Milga]] unterhalb des 2285 Meter hohen [[Sinai (Berg)|Berges Sinai]]. Es stammt aus dem 6. Jahrhundert und ist damit eines der ältesten noch erhaltenen Klöster der [[Christentum|Christenheit]]. |
|||
Im Norden der Halbinsel wird der ''[[Suezkanal#As-Salam-Kanal|As-Salam-Kanal]]'' gebaut. Dabei wird Wasser aus dem [[Nil]] zur Bewässerung großer trockener Gebiete unter dem [[Sueskanal]] hindurch geleitet. Das erste Teilstück wurde 1997 fertiggestellt. An der Südspitze der Halbinsel liegen die Stadt [[Scharm asch-Schaich]] mit vielen Hotels und der unbewohnte [[Ras-Mohammed-Nationalpark]]. |
|||
{{Absatz}} |
|||
{| |
|||
[[en:Sinai]] [[he:סיני]] [[nl:Sinaï]] [[sv:Sinai]] |
|||
| [[Datei:Katharinenkloster Sinai BW 2.jpg|mini|links|[[Katharinenkloster (Sinai)|Katharinenkloster]], gegründet zwischen 548 und 565]] |
|||
| [[Datei:Mount Sinai BW 3.jpg|mini|links|Der südliche Sinai – Aussicht vom [[Sinai (Berg)|Mosesberg]]]] |
|||
|} |
|||
== Geschichte == |
|||
=== Prähistorie === |
|||
Runde [[Urgeschichte|prähistorische]] Steinbauten, sogenannte [[Nawami]]s, finden sich im südlichen und östlichen Sinai. Die in Trockenmauerwerkstechnik errichteten und mit [[Kraggewölbe]]n versehenen Gebäude aus Sandsteinplatten sind Totenmale. Bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. wurde das [[Prädynastik (Ägypten)|prädynastische]] Ägypten vom Sinai aus mit [[Kupfer]] versorgt. In großer Zahl in [[Tall Hujayrat al-Ghuzlan|Hujayrat al-Ghuzlan]] gefundene Gussformen haben Ähnlichkeit mit den Kupferbarren aus [[Maadi]]. |
|||
=== Altägyptische Zeit === |
|||
{{Infobox Hieroglyphen |
|||
|TITEL = Sinai-Halbinsel |
|||
|NAME = <hiero>D58-M17-G1-G43-N37:Z2</hiero> |
|||
|NAME2 = <hiero>D58-M17-N42-N25</hiero> |
|||
|NAME2-TRANSKRIPTION = Biau<br />''Bj3w''<ref name="H1135" /> |
|||
|NAME2-ERKLÄRUNG = ''Bergwerkerland''<ref name="H1135">Die Übersetzung ''Bergwerkerland'' ist nicht gesichert, siehe auch Rainer Hannig: ''Die Sprache der Pharaonen (2800-950 v. Chr.).'' Teil: ''Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch.'' von Zabern, Mainz 1995, ISBN 3-8053-1771-9, S. 1135.</ref> |
|||
}} |
|||
Die Sinai-Halbinsel gehörte seit der [[Frühdynastische Periode (Ägypten)|frühdynastischen Zeit]] zum Einfluss- oder Machtbereich des [[Altes Ägypten|Alten Ägypten]]. Die Halbinsel hatte bedeutende [[Türkis (Mineral)|Türkislagerstätten]]. Die ältesten dokumentierten Abbaugebiete sind die Minen vom [[Wadi Maghara]]. Bereits im dritten Jahrtausend v. Chr. wurden mehrere [[Expedition]]en in diese Region unternommen, um Türkis abzubauen. Über den nördlichen Sinai und den [[Gazastreifen]] erfolgten im [[Antike|Altertum]] immer wieder militärische Operationen nach [[Retjenu]]. Von dort aus gab es auch mehrere Einwanderungswellen asiatischer Stämme und Nomaden. |
|||
=== Biblische Überlieferung === |
|||
Der Sinai war nach der [[Bibel|biblischen Überlieferung]] zu einem Großteil der Schauplatz des [[Pentateuch]] und anderer Stellen des [[Altes Testament|Alten Testaments]], insbesondere der Geschichte vom [[Auszug aus Ägypten]] sowie vom Bund mit dem Gott [[JHWH]], der [[Mose]]sgeschichte, dem Empfang der [[10 Gebote]] und dem Beginn der israelitischen [[Landnahme der Israeliten|Landnahme]]. |
|||
=== Römische und Arabische Zeit === |
|||
Der Sinai war Teil der [[Römische Provinz|römischen Provinz]] [[Arabia Petraea]], die im Jahr 106 durch Kaiser [[Trajan]] eingerichtet wurde. Im Jahr 395 fiel die Provinz an [[Byzantinisches Reich|Ostrom]]. Seitdem die [[Araber]] in den Jahren 640 und 642 die Truppen Ostroms in Ägypten besiegt hatten, ist die Halbinsel Teil der islamischen Welt. |
|||
=== Neuzeit === |
|||
[[Datei:1956 Suez war - conquest of Sinai.jpg|mini|Sueskrise]] |
|||
Von 1517 bis 1906 war der Sinai Teil des [[Osmanisches Reich|Osmanischen Reichs]]. 1906 wurde er dem de facto seit langem unabhängigen Ägypten überschrieben, welches de jure nach wie vor Vasall des Osmanischen Reichs war. Einige Jahrzehnte nach dem Bau des [[Sueskanal]]s (1859–1869) hatte sich das [[Britisches Weltreich|Britische Empire]] militärische Rechte einräumen lassen und erklärte Ägypten mit dem Sinai im Dezember 1914 zum britischen [[Protektorat]]. Im Januar 1915 begann eine osmanische Offensive zum Sueskanal, wodurch die [[Palästinafront|Sinai- und Palästinafront]] eröffnet wurde. Der Norden des Sinai war vor allem im Jahr 1916 durchgehend Schauplatz zahlreicher Gefechte, die mit der britischen Eroberung von Al-Arisch endeten und sich dadurch nach Palästina verlagerten. |
|||
Am 29. Oktober 1956 marschierten [[Israel|israelische]] Truppen durch den Sinai zum Sueskanal, wodurch die [[Sueskrise]] ihrem Höhepunkt zusteuerte. Truppen aus Großbritannien und Frankreich – diesen beiden Ländern oblag aufgrund eines Pachtvertrages die Kontrolle über den Sueskanal – intervenierten anschließend und versuchten die Kontrolle über den von [[Gamal Abdel Nasser]] am 26. Juli 1956 verstaatlichten Kanal zurückzuerlangen. Auf politischen Druck der USA und der Sowjetunion zogen sich die nichtägyptischen Truppen wieder zurück und mit der [[United Nations Emergency Force]] (UNEF) wurde die erste internationale UN-Friedenstruppe auf dem Sinai stationiert. Im Mai/Juni 1967 zog sich die UNEF auf ägyptischen Wunsch zurück. |
|||
Im [[Sechstagekrieg]] von 1967 wurde die Halbinsel neben den syrischen Golanhöhen und der jordanischen Westbank von Israel besetzt. Damit reagierte Israel auf die Sperrung der [[Straße von Tiran]], Israels einzigem Zugang zum Indischen Ozean, durch die Ägypter. Gamal Abdel Nasser brach daraufhin die Beziehungen zu den USA und auch einigen europäischen Staaten ab, da sie Israel unterstützten, mit der Folge der Zuwendung zur Sowjetunion (Waffenlieferungen). |
|||
Am 20. Februar 1973 verirrte sich eine Zivilmaschine Boeing 727 der Libyan Arab Airlines, Flugnummer [[Libyan-Arab-Airlines-Flug 114|LN 114]], auf dem Flug von Tripolis nach Kairo aufgrund eines Sandsturms über dem Sinai in israelisch kontrollierten Luftraum. Nachdem die Besatzung sich weigerte, den Anweisungen von zwei israelischen Kampfjets Folge zu leisten, wurde das Flugzeug abgeschossen. Beim Versuch einer Notlandung der bereits brennenden Maschine in der Wüste starben 108 der 113 Insassen. |
|||
Ebenfalls im Jahr 1973, im Oktober, fand der [[Jom-Kippur-Krieg]] statt. Er endete am Verhandlungstisch und räumte Ägypten als Ergebnis teilweise die Rückerlangung von Territorien des Sinai ein. |
|||
Von 1973 bis 1979 waren die UN-Truppen im Rahmen der UNEF II Mission auf dem Sinai stationiert. Nach dem [[Camp David I|Camp-David-Abkommen]] 1978 und der Unterzeichnung des [[Israelisch-ägyptischer Friedensvertrag|Israelisch-ägyptischen Friedensvertrages]] 1979 wurde der letzte Teil des Sinai 1982 an [[Ägypten]] zurückgegeben. Nach dem Ende von UNEF II folgte am 3. August 1981 eine internationale Friedenstruppe außerhalb der UN, die ''[[Multinational Force and Observers]]'' (MFO). 1989 wurde auch [[Taba (Ägypten)|Taba]] bei Eilat zurückgegeben, um das bis dahin weiter verhandelt worden war. |
|||
==== Terroranschläge ==== |
|||
[[Datei:EgyptIsraelBorderEilat.JPG|mini|Israelisch-ägyptische Grenze bei Eilat]] |
|||
Am 7. Oktober 2004 explodierten vor dem [[Hilton Taba]] und im Beduinen-Camp ([[Moon Island Village]]) bei Nuwaiba Autobomben, es wurden mindestens 34 Menschen getötet. Als Urheber wird die Terrororganisation [[al-Qaida]] vermutet. |
|||
Im größten Badeort der Halbinsel [[Scharm asch-Schaich]] wurden am 23. Juli 2005 bei mehreren Terroranschlägen mindestens 88 Menschen getötet und über 100 verletzt. |
|||
Am 24. April 2006 fand gegen 19:15 Uhr Ortszeit ein Terroranschlag mit Explosionen an drei eng beieinander liegenden Stellen im Zentrum der Stadt [[Dahab]] statt. Es gab ca. 25 Tote und viele Schwerverletzte. Die Urheber der Anschläge konnten bisher nicht ermittelt werden. |
|||
==== Sinai-Aufstand ==== |
|||
{{Hauptartikel|Sinai-Aufstand}} |
|||
2011 begann, zuerst als Begleitzustand der [[Revolution in Ägypten 2011|ägyptischen Revolution]], ein bewaffneter Konflikt auf der Sinai-Halbinsel. [[Islamismus|Radikalislamische]] Extremisten, überwiegend radikalisierte Beduinen, führten eine Serie von Terroranschlägen gegen die Arabische Gaspipeline und gegen eine Polizeiwache durch. Hierauf reagierte das ägyptische Militär mit der ''Operation Adler''. Am 5. August 2012 attackierte eine militante Gruppierung eine Militärbasis und führte mit gestohlenen Panzerwagen einen Angriff auf einen israelischen Grenzübergang durch. Hierauf folgend kam es zu einer Militäraktion Ägyptens, ''[[Operation Sinai]]'', bei der die Extremisten vertrieben wurden. Insgesamt gab es zwischen 95 und 103 Tote im Laufe des Konflikts. |
|||
==== Bau des Grenzzauns ==== |
|||
In den Jahren 2006 bis 2013 reisten laut offiziellen Angaben mehr als 60.000 Menschen von der Halbinsel aus nach Israel ein, die meisten von ihnen kamen aus [[Eritrea]] oder aus dem [[Sudan]].<ref name="faz1">Stefan Tomik: [http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/warum-israel-das-fluechtlingslager-holot-schliessen-will-15374806.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0 ''Operation „Beschleunigte Entfernung“''] Auf: ''faz.net'' vom 6. Januar 2018, zuletzt abgerufen am 24. November 2020.</ref> |
|||
Im ersten Halbjahr 2012 kamen 9.570 Migranten aus afrikanischen Ländern illegal nach Israel; dann beschloss das [[Kabinett Netanjahu II]] den Bau eines Metallzaunes an der Grenze. Im ersten Halbjahr 2013 kamen nur noch 34 Migranten.<ref>Maayana Miskin: [http://www.israelnationalnews.com/News/News.aspx/169521#.UeXqBUB15DQ ''New Data Shows 99% Drop in Illegal Entry.''] Auf: ''israelnationalnews.com'' vom 2. Juli 2013; zuletzt abgerufen am 24. November 2020.</ref><ref>siehe auch [[:en:Illegal immigration from Africa to Israel]]</ref> |
|||
== Verkehrsverbindungen == |
|||
Eine wichtige Straßenverbindung war in römischer Zeit entlang der Küste von [[Kairo]] über [[Pelusium]], al-Arisch und [[Rafah]] nach Norden die [[Via Maris]]. Eine weitere wichtige Straße verlief von [[Heliopolis]] nach [[Akaba (Jordanien)|Akaba]] und verband Ägypten mit der [[Königsstraße (Jordanien)|Via Nova Traiana]]. Im 16. Jahrhundert wurde sie während der Regierungszeit von [[Süleyman I.]] durch die sogenannte ''Tariq al-Bint'' ersetzt, wodurch der Weg nach [[Mekka]] erleichtert wurde. |
|||
Während des [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieges]] gab es einen militärischen Vorstoß osmanischer Truppen nach Ägypten (siehe auch: [[Asien-Korps]]) mit dem Ziel, den Sueskanal zu unterbrechen. Die Osmanen verlängerten dafür die [[Hedschasbahn]] 1915 bis zum Sinai. Nachdem der osmanische Vorstoß abgewehrt worden war, wurde im Gegenzug im Jahr 1916 der Bau einer britischen Bahnstrecke der [[Sinai-Bahn|Sinai Military Railway]] (SMR) begonnen. Diese Strecke wurde zwischen 1920 und 1948 von der [[Palestine Railways]] betrieben, anschließend von den [[Ägyptische Staatsbahnen|Ägyptischen Staatsbahnen]]. Sie verlief zwischen al-Qantara am Sueskanal und Rafah. Kurz nach dem [[Sechstagekrieg]] 1967 wurde sie von der israelischen Besatzungsmacht aufgegeben und demontiert. |
|||
Von der Hafenstadt [[Nuwaiba]] im Osten verkehrt eine [[Fähre|Fährverbindung]] der ''[[Arab Bridge Maritime Company]]'' ins jordanische Akaba. |
|||
2011 wurde bekannt, dass eine 32 Kilometer lange Brücke von Kap Nasrani, nahe Scharm asch-Schaich, zum saudi-arabischen Ras Hamîd gebaut werden soll.<ref>{{Literatur |Autor=Volkhard Windfuhr |Titel=Rotes Meer: Ägypten genehmigt Mega-Brücke nach Saudi-Arabien |Sammelwerk=Spiegel Online |Datum=2011-07-17 |Online=http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,774679,00.html |Abruf=2017-12-22}}</ref> |
|||
Touristen erreichen die Badeorte am Golf von Akaba über die internationalen Flughäfen von [[Flughafen Scharm asch-Schaich|Scharm asch-Schaich]] oder [[Flughafen Taba|Taba]]. |
|||
Es verkehren täglich Busse der ''East-Delta'' zwischen den Orten Scharm asch-Schaich, at-Tur, St. Katharina, [[Dahab]], [[Nuwaiba]], [[Taba (Ägypten)|Taba]] und [[Kairo]], unweit der Straße zu den in der Oase Ain Khudra liegenden [[Nawami]]s. |
|||
== Wirtschaft == |
|||
Die ökonomische Struktur des Sinai ist vor allem vom Tourismus geprägt, daneben in deutlich geringerem Umfang durch Bergbau. Produzierendes Gewerbe und Landwirtschaft spielen eine untergeordnete Rolle. |
|||
2007/08 wurde eine Erdgas-Pipeline vom Norden bis in die Südspitze gebaut. Es existiert ein Programm der [[Europäische Union|EU]] zur Förderung des Sinai und der Beduinen (SSRDP). |
|||
[[Datei:Coloured canyon sinai.JPG|mini|Canyon im Sinai]] |
|||
[[Datei:Coloured canyon sinai2.JPG|mini|Canyon im Sinai]] |
|||
=== Tourismus === |
|||
An der Südspitze des Sinai gibt es einige touristische Einrichtungen, so der Ort Scharm asch-Schaich mit vielen Hotels und das ehemalige Fischerdorf/Beduinenlager [[Dahab]], wo im Meer [[Korallenriff]]e zu einem beliebten touristischen Ziel für Taucher aus aller Welt geworden sind. Sie gehören zu den Nationalparks Dahab und Wadi Nabq. An der äußersten Südspitze befindet sich, ebenfalls reich an Korallenriffen, der unbewohnte [[Ras-Mohammed-Nationalpark]]. Der Tourismus wurde vor mehr als 20 Jahren von den Beduinen initiiert, die durch ihre Gastfreundschaft Globetrotter aus aller Welt im Sinai willkommen hießen. Sie waren auch die Erbauer der ersten Urlaubcamps, die sich idyllisch in die Küstenlandschaft des Roten Meeres einfügen. In den letzten Jahren haben internationale Veranstalter und andere Global Player den Sinai als Geldquelle für sich entdeckt und bauen immer mehr Hotels in dieser Gegend. Auch Bauruinen befinden sich dort, zumeist als Projekte mit Krediten finanziert und dann wegen Unwirtschaftlichkeit oder Geldknappheit aufgelassen. |
|||
Die Ursachen für den Baustopp der Hotelresorts sind vielfältig und reichen von Fehlinvestitionen über Veruntreuung staatlicher Subventionskredite bis hin zum Rückgang des Tourismus aufgrund der Verunsicherung durch Terroranschläge. |
|||
Bekannte touristische Orte der Beduinen am Golf von Akaba sind außer [[Dahab]], [[Nuwaiba]] mit [[Tarabeen]] und [[Muzeina]]. |
|||
[[Mahash]] mit idyllischen Beduinen-Camps für verträglichen Tourismus (Strandurlaub, Abenteuerreisen, [[Kulturtourismus|Studienreisen]]) und [[Taba (Ägypten)|Taba]], das an der Grenze zu [[Israel]] liegt. |
|||
=== Bergbau === |
|||
Die ''Sinai Coal Company'' in Maghara baut seit 1996 unter Tage Kohle ab, entdeckt wurde das Vorkommen bereits in den 1970er Jahren. [[Quarz]] wird abgebaut und noch unerschlossene Lagerstätten von [[Mangan]] und [[Uran]] sind bekannt. |
|||
== Sonstiges == |
|||
=== Jahrhundertdeal === |
|||
Der Nordsinai wird immer wieder als Ausweichfläche eines zukünftigen [[Palästinenser]]staates gehandelt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am 16. Dezember 2017 über vorbereitende Maßnahmen des amtierenden ägyptischen Präsidenten [[Abd al-Fattah as-Sisi]].<ref>Rainer Hermann: [http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/israel-und-palaestina-was-koennte-die-loesung-des-konflikts-sein-15342741.html ''Steht der Auszug der Palästinenser bevor?''] Auf: ''faz.net'', aktualisiert am 16. Dezember 2017; zuletzt abgerufen am 24. November 2020.</ref><ref>Linah Alsaafin: [https://www.aljazeera.com/news/2018/09/palestinian-talks-egypt-seeks-regain-regional-power-180924111152499.html ''Palestinian talks: Egypt seeks to regain regional power.''] Auf: ''aljazeera.com'' vom 25. September 2018; zuletzt abgerufen am 24. November 2020.</ref> |
|||
=== Flora und Fauna === |
|||
[[Datei:Kamele in kleiner Oase Sinai.JPG|mini|Kamele in kleiner Oase Sinai]] |
|||
Die Beduinen halten viele Dromedare und Ziegen, aber auch Pferde, Maultiere und Esel werden als Haustiere genutzt. Bei Wüstentouren stößt man gelegentlich auf Mäuse, Kaninchen, Hyänen, Schakale, Wüstenfüchse, Aasgeier sowie Gazellen und Wüstenspringmäuse. Oft sieht man Eidechsen und Geckos. Einst lebten im Sinai auch Giraffen, Leoparden, Löwen und Strauße. Schlangen (Kobras und Sandvipern) sowie Skorpione leben zurückgezogen und unter Steinen. |
|||
Ein besonderes Dorado für Meerestiere ist das [[Rotes Meer|Rote Meer]]. Die dortige Artenvielfalt an Meeresbewohnern umfasst unter anderem Delphine, Haie, Clownfische, Napoleonfische, Barrakudas, Thunfische, Rochen, Muränen und Papageienfische. |
|||
Die Pflanzenwelt auf dem Sinai und am Roten Meer prägen auffällig [[Akazien]], Dattelpalmen sowie Wacholder und [[Tamarisken]]. Angeblich wurden mehr als tausend verschiedene Pflanzen nachgewiesen. |
|||
Am Roten Meer findet man [[Mangrove (Baum)|Mangrovenwälder]]. Die nördlichsten weltweit befinden sich im Nabq Naturschutzgebiet, das etwas nördlich von Scharm asch-Schaich liegt.<ref>{{Internetquelle |url=http://de.wikivoyage.org/wiki/Nabq-Naturschutzgebiet |titel=Nabq-Naturschutzgebiet – Reiseführer auf Wikivoyage |zugriff=2017-12-22}}</ref> |
|||
=== Klima === |
|||
Herbst und Frühjahr sind die besten Reisezeiten, in denen die Temperaturen am moderatesten sind. Die Winter können sehr kalt werden, zumindest nachts. Andererseits warten die Sommer im Landesinneren mit 30 °C (in Einzelfällen bis zu 50 °C) auf. Etwas milder ist es am Roten Meer. Die Wassertemperatur dort sinkt nur selten unter 20 °C. |
|||
== Literatur == |
|||
* Walter D. Ward: ''Mirage of the Saracen. Christians and Nomads in the Sinai Peninsula in Late Antiquity.'' University of California Press, Oakland (Cal) 2015, ISBN 978-0-520-28377-0. |
|||
* [[Theodor Wiegand]] (Hrsg.): ''Sinai.'' In: ''Wissenschaftliche Veröffentlichungen des Deutsch-Türkischen Denkmalschutz-Kommandos.'' Heft 1, Berlin 1920. |
|||
* Alberto Siliotti: ''Sinai. Geschichte – Kunst – Touristik.'' Müller, Erlangen 1995, ISBN 3-86070-503-2. |
|||
* [[Beno Rothenberg]]: ''Sinai – Pharaonen, Bergleute, Pilger und Soldaten.'' Kümmerly & Frey, Bern 1979, {{Falsche ISBN|3-259-08381-3}}. (Geschichte des Sinai bis heute. Rothenberg hat selbst im Sinai Ausgrabungen durchgeführt) |
|||
* Michel Rauch: ''Sinai und Rotes Meer'' (= ''DuMont-Reise-Taschenbücher.'' Band 2141). 1. Auflage, DuMont, Köln 1997, ISBN 3-7701-4036-2. |
|||
== Weblinks == |
|||
{{Commons|Sinai Peninsula|Sinai-Halbinsel}} |
|||
{{Wikivoyage|Sinai}} |
|||
* [http://www.clio.fr/BIBLIOTHEQUE/le_sinai_medieval_entre_christianisme_et_islam.asp Le Sinaï médiéval, entre christianisme et islam] par Jean-Michel Mouton, professeur d'histoire et civilisation musulmanes médiévales à l'université Lumière Lyon 2. |
|||
* [http://www.mfo.org/ Multinational Force and Observers] |
|||
== Einzelnachweise == |
|||
<references /> |
|||
{{Normdaten|TYP=g|GND=4104369-8|VIAF=236836524}} |
|||
[[Kategorie:Sinai-Halbinsel| ]] |
|||
[[Kategorie:Geographie (Ägypten)]] |
|||
[[Kategorie:Halbinsel (Asien)]] |
|||
[[Kategorie:Halbinsel (Indischer Ozean)]] |
|||
[[Kategorie:Region im Nahen Osten]] |
|||
[[Kategorie:Geschichte (Altägypten)]] |
|||
[[Kategorie:Forschungsprojekt des Deutschen Archäologischen Instituts]] |
Aktuelle Version vom 19. Oktober 2024, 19:11 Uhr
Sinai-Halbinsel | ||
![]() Satellitenbild | ||
Geographische Lage | ||
| ||
Koordinaten | 29° 30′ N, 33° 50′ O | |
Gewässer 1 | Golf von Akaba | |
Gewässer 2 | Golf von Sues | |
Fläche | 61.000 km² |
Die Sinai-Halbinsel [arabisch سيناء, DMG Sīnāʾ) ist eine überwiegend zu Ägypten gehörende Halbinsel.
] (Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Physische Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Sinai-Halbinsel liegt auf der Afrikanischen Platte zwischen dem afrikanischen Kontinent und der arabischen Halbinsel, von der sie geologisch durch den Jordangraben getrennt ist. Sie ist geographisch Asien zugeordnet. Die etwa 61.000 km² große Landmasse ragt bis ins Rote Meer hinein und ist etwas kleiner als Irland. Westlich der Halbinsel liegt der Golf von Sues, östlich der Golf von Akaba. Die Halbinsel stellt das Bindeglied zwischen Asien und Afrika dar. Die Landschaft ist wüstenhaft und besonders im Süden von schroffen, kahlen Gebirgen geprägt.
at-Tih ist der Name der nördlichen Sandwüste des Sinais, in alten Schriften auch Wüste Sur genannt. Es ist ein Schichttafelland zwischen Nordsinai und dem Gebirge, zu dem der Berg Sinai und der Katharinenberg (Dschabal Katrina) – mit 2637 m Höhe die höchste Erhebung der Halbinsel – gehören. Mit 20 mm bis 50 mm Niederschlag pro Jahr handelt es sich dabei um die unwirtlichste Gegend der Halbinsel. Dagegen ermöglichen Niederschläge von 150 mm bis 200 mm im Südsinai Nomaden, ihr Vieh in Wadis und an Berghängen zu halten. Der Katharinenberg ist auch die höchste Erhebung des Staates Ägypten.
![]() |
![]() |
Besiedlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Halbinsel ist in zwei Gouvernements unterteilt. Im Norden liegt das Gouvernement Schimal Sina mit der Hauptstadt al-Arisch an der Mittelmeerküste, mit etwa 128.000 Einwohnern (2005) die größte Stadt des Sinai. Im Süden ist das Gouvernement Dschanub Sina mit der Hauptstadt at-Tur.
Noch etwa die Hälfte der insgesamt etwa 1,3 Millionen Bewohner der Halbinsel sind Beduinen, die sich auf knapp 20 Stämme verteilen und nur noch teilweise ein nomadisches Leben führen. Sie leben von Viehzucht (Ziegen, Schafe, Dromedare), an der Ostküste auch vom Fischfang und zunehmend vom Tourismus als Führer von Kameltouren durch die Wüste oder in der touristischen Infrastruktur an der Küste.
Das orthodoxe Katharinenkloster liegt im Süden des Sinai in der Nähe der Ortschaft Milga unterhalb des 2285 Meter hohen Berges Sinai. Es stammt aus dem 6. Jahrhundert und ist damit eines der ältesten noch erhaltenen Klöster der Christenheit.
Im Norden der Halbinsel wird der As-Salam-Kanal gebaut. Dabei wird Wasser aus dem Nil zur Bewässerung großer trockener Gebiete unter dem Sueskanal hindurch geleitet. Das erste Teilstück wurde 1997 fertiggestellt. An der Südspitze der Halbinsel liegen die Stadt Scharm asch-Schaich mit vielen Hotels und der unbewohnte Ras-Mohammed-Nationalpark.
![]() |
![]() |
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Prähistorie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Runde prähistorische Steinbauten, sogenannte Nawamis, finden sich im südlichen und östlichen Sinai. Die in Trockenmauerwerkstechnik errichteten und mit Kraggewölben versehenen Gebäude aus Sandsteinplatten sind Totenmale. Bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. wurde das prädynastische Ägypten vom Sinai aus mit Kupfer versorgt. In großer Zahl in Hujayrat al-Ghuzlan gefundene Gussformen haben Ähnlichkeit mit den Kupferbarren aus Maadi.
Altägyptische Zeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sinai-Halbinsel in Hieroglyphen | |||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
| |||||||
Biau Bj3w[1] Bergwerkerland[1] |
Die Sinai-Halbinsel gehörte seit der frühdynastischen Zeit zum Einfluss- oder Machtbereich des Alten Ägypten. Die Halbinsel hatte bedeutende Türkislagerstätten. Die ältesten dokumentierten Abbaugebiete sind die Minen vom Wadi Maghara. Bereits im dritten Jahrtausend v. Chr. wurden mehrere Expeditionen in diese Region unternommen, um Türkis abzubauen. Über den nördlichen Sinai und den Gazastreifen erfolgten im Altertum immer wieder militärische Operationen nach Retjenu. Von dort aus gab es auch mehrere Einwanderungswellen asiatischer Stämme und Nomaden.
Biblische Überlieferung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Sinai war nach der biblischen Überlieferung zu einem Großteil der Schauplatz des Pentateuch und anderer Stellen des Alten Testaments, insbesondere der Geschichte vom Auszug aus Ägypten sowie vom Bund mit dem Gott JHWH, der Mosesgeschichte, dem Empfang der 10 Gebote und dem Beginn der israelitischen Landnahme.
Römische und Arabische Zeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Sinai war Teil der römischen Provinz Arabia Petraea, die im Jahr 106 durch Kaiser Trajan eingerichtet wurde. Im Jahr 395 fiel die Provinz an Ostrom. Seitdem die Araber in den Jahren 640 und 642 die Truppen Ostroms in Ägypten besiegt hatten, ist die Halbinsel Teil der islamischen Welt.
Neuzeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Von 1517 bis 1906 war der Sinai Teil des Osmanischen Reichs. 1906 wurde er dem de facto seit langem unabhängigen Ägypten überschrieben, welches de jure nach wie vor Vasall des Osmanischen Reichs war. Einige Jahrzehnte nach dem Bau des Sueskanals (1859–1869) hatte sich das Britische Empire militärische Rechte einräumen lassen und erklärte Ägypten mit dem Sinai im Dezember 1914 zum britischen Protektorat. Im Januar 1915 begann eine osmanische Offensive zum Sueskanal, wodurch die Sinai- und Palästinafront eröffnet wurde. Der Norden des Sinai war vor allem im Jahr 1916 durchgehend Schauplatz zahlreicher Gefechte, die mit der britischen Eroberung von Al-Arisch endeten und sich dadurch nach Palästina verlagerten.
Am 29. Oktober 1956 marschierten israelische Truppen durch den Sinai zum Sueskanal, wodurch die Sueskrise ihrem Höhepunkt zusteuerte. Truppen aus Großbritannien und Frankreich – diesen beiden Ländern oblag aufgrund eines Pachtvertrages die Kontrolle über den Sueskanal – intervenierten anschließend und versuchten die Kontrolle über den von Gamal Abdel Nasser am 26. Juli 1956 verstaatlichten Kanal zurückzuerlangen. Auf politischen Druck der USA und der Sowjetunion zogen sich die nichtägyptischen Truppen wieder zurück und mit der United Nations Emergency Force (UNEF) wurde die erste internationale UN-Friedenstruppe auf dem Sinai stationiert. Im Mai/Juni 1967 zog sich die UNEF auf ägyptischen Wunsch zurück.
Im Sechstagekrieg von 1967 wurde die Halbinsel neben den syrischen Golanhöhen und der jordanischen Westbank von Israel besetzt. Damit reagierte Israel auf die Sperrung der Straße von Tiran, Israels einzigem Zugang zum Indischen Ozean, durch die Ägypter. Gamal Abdel Nasser brach daraufhin die Beziehungen zu den USA und auch einigen europäischen Staaten ab, da sie Israel unterstützten, mit der Folge der Zuwendung zur Sowjetunion (Waffenlieferungen).
Am 20. Februar 1973 verirrte sich eine Zivilmaschine Boeing 727 der Libyan Arab Airlines, Flugnummer LN 114, auf dem Flug von Tripolis nach Kairo aufgrund eines Sandsturms über dem Sinai in israelisch kontrollierten Luftraum. Nachdem die Besatzung sich weigerte, den Anweisungen von zwei israelischen Kampfjets Folge zu leisten, wurde das Flugzeug abgeschossen. Beim Versuch einer Notlandung der bereits brennenden Maschine in der Wüste starben 108 der 113 Insassen.
Ebenfalls im Jahr 1973, im Oktober, fand der Jom-Kippur-Krieg statt. Er endete am Verhandlungstisch und räumte Ägypten als Ergebnis teilweise die Rückerlangung von Territorien des Sinai ein.
Von 1973 bis 1979 waren die UN-Truppen im Rahmen der UNEF II Mission auf dem Sinai stationiert. Nach dem Camp-David-Abkommen 1978 und der Unterzeichnung des Israelisch-ägyptischen Friedensvertrages 1979 wurde der letzte Teil des Sinai 1982 an Ägypten zurückgegeben. Nach dem Ende von UNEF II folgte am 3. August 1981 eine internationale Friedenstruppe außerhalb der UN, die Multinational Force and Observers (MFO). 1989 wurde auch Taba bei Eilat zurückgegeben, um das bis dahin weiter verhandelt worden war.
Terroranschläge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 7. Oktober 2004 explodierten vor dem Hilton Taba und im Beduinen-Camp (Moon Island Village) bei Nuwaiba Autobomben, es wurden mindestens 34 Menschen getötet. Als Urheber wird die Terrororganisation al-Qaida vermutet.
Im größten Badeort der Halbinsel Scharm asch-Schaich wurden am 23. Juli 2005 bei mehreren Terroranschlägen mindestens 88 Menschen getötet und über 100 verletzt.
Am 24. April 2006 fand gegen 19:15 Uhr Ortszeit ein Terroranschlag mit Explosionen an drei eng beieinander liegenden Stellen im Zentrum der Stadt Dahab statt. Es gab ca. 25 Tote und viele Schwerverletzte. Die Urheber der Anschläge konnten bisher nicht ermittelt werden.
Sinai-Aufstand
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2011 begann, zuerst als Begleitzustand der ägyptischen Revolution, ein bewaffneter Konflikt auf der Sinai-Halbinsel. Radikalislamische Extremisten, überwiegend radikalisierte Beduinen, führten eine Serie von Terroranschlägen gegen die Arabische Gaspipeline und gegen eine Polizeiwache durch. Hierauf reagierte das ägyptische Militär mit der Operation Adler. Am 5. August 2012 attackierte eine militante Gruppierung eine Militärbasis und führte mit gestohlenen Panzerwagen einen Angriff auf einen israelischen Grenzübergang durch. Hierauf folgend kam es zu einer Militäraktion Ägyptens, Operation Sinai, bei der die Extremisten vertrieben wurden. Insgesamt gab es zwischen 95 und 103 Tote im Laufe des Konflikts.
Bau des Grenzzauns
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den Jahren 2006 bis 2013 reisten laut offiziellen Angaben mehr als 60.000 Menschen von der Halbinsel aus nach Israel ein, die meisten von ihnen kamen aus Eritrea oder aus dem Sudan.[2] Im ersten Halbjahr 2012 kamen 9.570 Migranten aus afrikanischen Ländern illegal nach Israel; dann beschloss das Kabinett Netanjahu II den Bau eines Metallzaunes an der Grenze. Im ersten Halbjahr 2013 kamen nur noch 34 Migranten.[3][4]
Verkehrsverbindungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine wichtige Straßenverbindung war in römischer Zeit entlang der Küste von Kairo über Pelusium, al-Arisch und Rafah nach Norden die Via Maris. Eine weitere wichtige Straße verlief von Heliopolis nach Akaba und verband Ägypten mit der Via Nova Traiana. Im 16. Jahrhundert wurde sie während der Regierungszeit von Süleyman I. durch die sogenannte Tariq al-Bint ersetzt, wodurch der Weg nach Mekka erleichtert wurde.
Während des Ersten Weltkrieges gab es einen militärischen Vorstoß osmanischer Truppen nach Ägypten (siehe auch: Asien-Korps) mit dem Ziel, den Sueskanal zu unterbrechen. Die Osmanen verlängerten dafür die Hedschasbahn 1915 bis zum Sinai. Nachdem der osmanische Vorstoß abgewehrt worden war, wurde im Gegenzug im Jahr 1916 der Bau einer britischen Bahnstrecke der Sinai Military Railway (SMR) begonnen. Diese Strecke wurde zwischen 1920 und 1948 von der Palestine Railways betrieben, anschließend von den Ägyptischen Staatsbahnen. Sie verlief zwischen al-Qantara am Sueskanal und Rafah. Kurz nach dem Sechstagekrieg 1967 wurde sie von der israelischen Besatzungsmacht aufgegeben und demontiert.
Von der Hafenstadt Nuwaiba im Osten verkehrt eine Fährverbindung der Arab Bridge Maritime Company ins jordanische Akaba.
2011 wurde bekannt, dass eine 32 Kilometer lange Brücke von Kap Nasrani, nahe Scharm asch-Schaich, zum saudi-arabischen Ras Hamîd gebaut werden soll.[5]
Touristen erreichen die Badeorte am Golf von Akaba über die internationalen Flughäfen von Scharm asch-Schaich oder Taba.
Es verkehren täglich Busse der East-Delta zwischen den Orten Scharm asch-Schaich, at-Tur, St. Katharina, Dahab, Nuwaiba, Taba und Kairo, unweit der Straße zu den in der Oase Ain Khudra liegenden Nawamis.
Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ökonomische Struktur des Sinai ist vor allem vom Tourismus geprägt, daneben in deutlich geringerem Umfang durch Bergbau. Produzierendes Gewerbe und Landwirtschaft spielen eine untergeordnete Rolle.
2007/08 wurde eine Erdgas-Pipeline vom Norden bis in die Südspitze gebaut. Es existiert ein Programm der EU zur Förderung des Sinai und der Beduinen (SSRDP).
Tourismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]An der Südspitze des Sinai gibt es einige touristische Einrichtungen, so der Ort Scharm asch-Schaich mit vielen Hotels und das ehemalige Fischerdorf/Beduinenlager Dahab, wo im Meer Korallenriffe zu einem beliebten touristischen Ziel für Taucher aus aller Welt geworden sind. Sie gehören zu den Nationalparks Dahab und Wadi Nabq. An der äußersten Südspitze befindet sich, ebenfalls reich an Korallenriffen, der unbewohnte Ras-Mohammed-Nationalpark. Der Tourismus wurde vor mehr als 20 Jahren von den Beduinen initiiert, die durch ihre Gastfreundschaft Globetrotter aus aller Welt im Sinai willkommen hießen. Sie waren auch die Erbauer der ersten Urlaubcamps, die sich idyllisch in die Küstenlandschaft des Roten Meeres einfügen. In den letzten Jahren haben internationale Veranstalter und andere Global Player den Sinai als Geldquelle für sich entdeckt und bauen immer mehr Hotels in dieser Gegend. Auch Bauruinen befinden sich dort, zumeist als Projekte mit Krediten finanziert und dann wegen Unwirtschaftlichkeit oder Geldknappheit aufgelassen.
Die Ursachen für den Baustopp der Hotelresorts sind vielfältig und reichen von Fehlinvestitionen über Veruntreuung staatlicher Subventionskredite bis hin zum Rückgang des Tourismus aufgrund der Verunsicherung durch Terroranschläge.
Bekannte touristische Orte der Beduinen am Golf von Akaba sind außer Dahab, Nuwaiba mit Tarabeen und Muzeina. Mahash mit idyllischen Beduinen-Camps für verträglichen Tourismus (Strandurlaub, Abenteuerreisen, Studienreisen) und Taba, das an der Grenze zu Israel liegt.
Bergbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Sinai Coal Company in Maghara baut seit 1996 unter Tage Kohle ab, entdeckt wurde das Vorkommen bereits in den 1970er Jahren. Quarz wird abgebaut und noch unerschlossene Lagerstätten von Mangan und Uran sind bekannt.
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jahrhundertdeal
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Nordsinai wird immer wieder als Ausweichfläche eines zukünftigen Palästinenserstaates gehandelt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete am 16. Dezember 2017 über vorbereitende Maßnahmen des amtierenden ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah as-Sisi.[6][7]
Flora und Fauna
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Beduinen halten viele Dromedare und Ziegen, aber auch Pferde, Maultiere und Esel werden als Haustiere genutzt. Bei Wüstentouren stößt man gelegentlich auf Mäuse, Kaninchen, Hyänen, Schakale, Wüstenfüchse, Aasgeier sowie Gazellen und Wüstenspringmäuse. Oft sieht man Eidechsen und Geckos. Einst lebten im Sinai auch Giraffen, Leoparden, Löwen und Strauße. Schlangen (Kobras und Sandvipern) sowie Skorpione leben zurückgezogen und unter Steinen.
Ein besonderes Dorado für Meerestiere ist das Rote Meer. Die dortige Artenvielfalt an Meeresbewohnern umfasst unter anderem Delphine, Haie, Clownfische, Napoleonfische, Barrakudas, Thunfische, Rochen, Muränen und Papageienfische.
Die Pflanzenwelt auf dem Sinai und am Roten Meer prägen auffällig Akazien, Dattelpalmen sowie Wacholder und Tamarisken. Angeblich wurden mehr als tausend verschiedene Pflanzen nachgewiesen.
Am Roten Meer findet man Mangrovenwälder. Die nördlichsten weltweit befinden sich im Nabq Naturschutzgebiet, das etwas nördlich von Scharm asch-Schaich liegt.[8]
Klima
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Herbst und Frühjahr sind die besten Reisezeiten, in denen die Temperaturen am moderatesten sind. Die Winter können sehr kalt werden, zumindest nachts. Andererseits warten die Sommer im Landesinneren mit 30 °C (in Einzelfällen bis zu 50 °C) auf. Etwas milder ist es am Roten Meer. Die Wassertemperatur dort sinkt nur selten unter 20 °C.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Walter D. Ward: Mirage of the Saracen. Christians and Nomads in the Sinai Peninsula in Late Antiquity. University of California Press, Oakland (Cal) 2015, ISBN 978-0-520-28377-0.
- Theodor Wiegand (Hrsg.): Sinai. In: Wissenschaftliche Veröffentlichungen des Deutsch-Türkischen Denkmalschutz-Kommandos. Heft 1, Berlin 1920.
- Alberto Siliotti: Sinai. Geschichte – Kunst – Touristik. Müller, Erlangen 1995, ISBN 3-86070-503-2.
- Beno Rothenberg: Sinai – Pharaonen, Bergleute, Pilger und Soldaten. Kümmerly & Frey, Bern 1979, ISBN 3-259-08381-3. (Geschichte des Sinai bis heute. Rothenberg hat selbst im Sinai Ausgrabungen durchgeführt)
- Michel Rauch: Sinai und Rotes Meer (= DuMont-Reise-Taschenbücher. Band 2141). 1. Auflage, DuMont, Köln 1997, ISBN 3-7701-4036-2.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Le Sinaï médiéval, entre christianisme et islam par Jean-Michel Mouton, professeur d'histoire et civilisation musulmanes médiévales à l'université Lumière Lyon 2.
- Multinational Force and Observers
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Die Übersetzung Bergwerkerland ist nicht gesichert, siehe auch Rainer Hannig: Die Sprache der Pharaonen (2800-950 v. Chr.). Teil: Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch. von Zabern, Mainz 1995, ISBN 3-8053-1771-9, S. 1135.
- ↑ Stefan Tomik: Operation „Beschleunigte Entfernung“ Auf: faz.net vom 6. Januar 2018, zuletzt abgerufen am 24. November 2020.
- ↑ Maayana Miskin: New Data Shows 99% Drop in Illegal Entry. Auf: israelnationalnews.com vom 2. Juli 2013; zuletzt abgerufen am 24. November 2020.
- ↑ siehe auch en:Illegal immigration from Africa to Israel
- ↑ Volkhard Windfuhr: Rotes Meer: Ägypten genehmigt Mega-Brücke nach Saudi-Arabien. In: Spiegel Online. 17. Juli 2011 (spiegel.de [abgerufen am 22. Dezember 2017]).
- ↑ Rainer Hermann: Steht der Auszug der Palästinenser bevor? Auf: faz.net, aktualisiert am 16. Dezember 2017; zuletzt abgerufen am 24. November 2020.
- ↑ Linah Alsaafin: Palestinian talks: Egypt seeks to regain regional power. Auf: aljazeera.com vom 25. September 2018; zuletzt abgerufen am 24. November 2020.
- ↑ Nabq-Naturschutzgebiet – Reiseführer auf Wikivoyage. Abgerufen am 22. Dezember 2017.