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„Adscharien“ – Versionsunterschied

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{{Infobox_Region_in_Georgien
{| align="right"
<!-- Georgische Region oder Autonome Republik -->
| [[Bild:Adjaria_flag_small.jpg]]
| Georgischer Name = აჭარის ავტონომიური რესპუბლიკა
|}
| Flagge =Flag_of_Adjara.svg
| Flaggen-Beschreibung = [[Flagge Georgiens#Adscharien|Flagge Adschariens]]
| Wappen = Coat of arms of Adjara.svg
| Wappen-Beschreibung = [[Wappen Adschariens]]
| Lage innerhalb Georgiens (Bild)= Adjara in Georgia (Georgian view).svg
| Detailkarte (Bild) = Adjara map.png
| Detailkarte-Beschreibung = Detailkarte
| Landessprachen = Georgisch
| Hauptstadt = [[Batumi]]
| Größte Städte = Batumi (152.839) [2014]
| Ethnien = nach dem Zensus 2014:<ref>[http://pop-stat.mashke.org/georgia-ethnic-loc2014.htm georgia-ethnic-2014]</ref><br />[[Georgier]] (96,04 %, inkl. ''Adscharen'')<br />[[Armenier]] (1,64 %)<br />[[Russen]] (1,10 %)<br />[[Ukrainer]] (0,24 %)<br />[[Pontosgriechen]] (0,17 %)
| Religionen = nach dem Zensus 2014:<ref>[http://pop-stat.mashke.org/georgia-religion2014b.htm georgia-religion 2014]</ref><br />[[Orthodoxe Kirchen|Orthodoxe]] (54,5 %)<br />[[Muslim]]e (39,8 %)<br />[[Armenische Apostolische Kirche|Armenisch]] (0,3 %)<br />Sonstige (5,6 %)
| Status innerhalb Georgiens = Autonome Republik
| Fläche = 2.900 km²
| Gesamtbevölkerung = 354.900 (2021)<ref>{{Internetquelle |url=https://geostat.ge/media/38040/01---population-by-self-governed-unit.xlsx |titel=Population as of 1 January by regions and self-governed units (Excel--Datei) |werk=Population as of 1 January by regions and self-governed units |hrsg=National Statistics Office of Georgia |datum=2021 |abruf=2022-03-06 |sprache=en |archiv-url=https://web.archive.org/web/20220331215622/https://www.geostat.ge/media/38040/01---population-by-self-governed-unit.xlsx |archiv-datum=2022-03-31 }}</ref>
| Bevölkerungsdichte = 115,9 Ew./km²
| GouverneurBez = Vorsitzender der Regierung
| Gouverneur = [[Tornike Rischwadse]]
| Webseite = [http://www.adjara.gov.ge/Englistnews.aspx?pid=1446 www.adjara.gov.ge]
}}
'''Adscharien''' ({{kaS|აჭარა|Atschara}}), deutsch amtlich '''Autonome Republik Adschara''' ({{lang|ka|აჭარის ავტონომიური რესპუბლიკა|Atscharis Awtonomiuri Respublika}}), ist eine politische Verwaltungsregion [[Georgien]]s, begrenzt von der [[Türkei]] im Süden und dem [[Schwarzes Meer|Schwarzen Meer]] im Westen.


== Bevölkerung ==
'''Adschara''' ist eine ''Autonome Republik'' [[Georgien|Georgiens]] (georgisch ''აჭარის ავტონომიური რეპუბლიკა საქართველო'', ''Ac'aris Avt'onomiuri Resp'ublikh'a Sakartvelo''), begrenzt von der Türkei im Süden und dem [[Schwarzes Meer|Schwarzen Meer]] im Westen. Die Adscharier (Eigenbezeichnung ''Apsua'') sind ethnische Georgier, die sich zum Islam bekennen.
Die Einwohnerzahl beträgt 354.900 (Stand: 2021).


Die Fläche Adschariens umfasst 4,2 % des georgischen Territoriums. Die Bevölkerung setzt sich hauptsächlich aus [[Georgier]]n, [[Türken]], [[Russen]], [[Ukrainer]]n, [[Armenier]]n und [[Griechen]] zusammen.
:'''Hauptstadt:''' [[Batumi]]

:'''Fläche:''' 2.900 Quadratkilometer
Ethnologisch gelten die Adscharen als [[Islam|muslimische]] (sunnitische) Georgier, da die Religionszugehörigkeit von nationalen Behörden statistisch nicht im ethnischen Sinn erfasst wird.
:'''Bevölkerung:''' 376.000 (Volkszählung 2002), mehrheitlich Georgier sowie [[Russen|russische]], [[Ukrainer|ukrainische]], [[Armenier|armenische]] und [[Griechen|griechische]] [[nationale Minderheit|Minderheiten]].

:'''Verwaltung:''' Fünf Regierungsbezirke: Keda, Kobuleti, Schuachewi, Chelwatschauri und Batumi.
Zu Sowjetzeiten waren 150.000<ref>Erhard Stölting: ''Eine Weltmacht zerbricht – Nationalitäten und Religionen in der UdSSR.'' Frankfurt/Main 1990, S. 236.</ref> (etwa 38 %) der damals 393.000<ref>Detlev Wahl: ''Lexikon der Völker Europas und des Kaukasus.'' Rostock 1999, S. 30.</ref> Einwohner der Republik muslimische Adscharen, inzwischen ist der Anteil der Muslime (einschließlich Türken, Lasen, Abchasen usw.) auf 30 % gefallen.<ref>[http://www.worldstatesmen.org/Georgia.html#Adjaria Ben Cahoon]</ref><ref>[http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/europe/country_profiles/3520322.stm#facts BBC: ''Nowadays over 60% of the population are Georgian Orthodox Christians, and about 30% continue to profess Islam'']</ref>
:'''Wirtschaft:''' Wichtigste Industriezweige sind die Ölverarbeitung, Maschinenbau, Lebensmittelproduktion, Leichtindustrie und Bauholz. Die Landwirtschaft stellt Tee, Zitrusfrüchte, Weintrauben und Mais her. Die wichtigsten Häfen sind Batumi und [[Kobuleti]]. Bodenschätze sind [[Gold]], [[Silber]], [[Kupfer]] und andere Metalle.

Heute leben 48 % der Bevölkerung in Städten.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Adscharien war im Mittelalter ein Teil Georgiens. Die [[Seldschuken|seldschukischen]] [[Türken]] besetzten das Gebiet im 11. Jahrhundert, die [[Mongolensturm|Mongolen]] im 13. Jahrhundert. Georgien verlor das Territorium 1635 an das [[Osmanisches Reich|Osmanische Reich]]. In dieser Zeit konvertierten viele seiner Einwohner zum Islam. Als Ergebnis des [[Berliner Kongress]]es wurde Adscharien am 13. Juli 1878 [[Russisches Kaiserreich|Russland]] zugeschlagen und bildete die [[Oblast Batumi]]. Im [[Friedensvertrag von Brest-Litowsk]] vom 3.&nbsp;März 1918 trat [[Sowjetrussland]] das Land an die [[Osmanisches Reich|Türkei]] ab. Nach der Niederlage der [[Mittelmächte]] wurde es von [[Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland|Großbritannien]] besetzt.


[[Datei:The Soviet Union 1971 CPA 3971 stamp (Adjar Autonomous Soviet Socialist Republic (Established on 1921.07.16)).jpg|mini|hochkant|links|50 Jahre ASSR Adscharien (sowjetische Briefmarke 1971)]]
Adschara war seit altersher ein Teil Georgiens. Die seldschukischen [[Türken]] besetzten das Gebiet im 11. Jahrhundert, die [[Mongolen]] im 13. Jahrhundert. Georgien verlor das Territorium im 17. Jahrhundert an das [[Osmanische Reich]]. In dieser Zeit konvertierten viele seiner Einwohner zum Islam. Als Ergebnis des [[Berliner Kongress|Berliner Kongresses]] wurde Adschara am [[13. Juli]] [[1878]] [[Russland]] zugeschlagen. Im [[Friedensvertrag von Brest-Litowsk]] trat die [[Sowjetunion]] das Land an die [[Türkei]] ab. Nach der Niederlage der Mittelmächte wurde es von [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] besetzt.
Nach dem [[Vertrag von Kars]] 1921 wurde Adscharien Sowjetrussland eingegliedert. Es wurde als ''[[Adscharische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik]]'' Teil der [[Georgische Sozialistische Sowjetrepublik|Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik]].


Im Prozess der [[Zerfall der Sowjetunion|Auflösung der Sowjetunion]] äußerte sich die Unabhängigkeitsbewegung Adschariens nicht bürgerlich-demokratisch wie im restlichen Georgien, sondern in einer anti-georgischen Allianz von Separatisten und Kommunisten. Am 22. April 1990 demonstrierten Separatisten mit roten Fahnen auf dem Leninplatz in Batumi für eine staatliche Unabhängigkeit Adschariens. Bei den georgischen Parlamentswahlen im Oktober 1990 erhielten die Kommunisten in Adscharien 56 % der Stimmen.
Nach dem türkisch-sowjetischen Vertrag von Kars [[1921]] wurde Adschara der Sowjetunion eingegliedert. Es wurde als ''Adscharische Autnome Sozialistische Sowjetrepublik'' Teil der ''Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik''. Die Ursachen der Gründung einer Autonomen Republik sind nicht ethnischer Natur, da Georgier und Adscharier der gleichen Volksgruppe entstammen. Es wird vielmehr angenommen, dass die Moskauer Zentralregierung verhindern wollte, dass Georgien eine vollständige Kontrolle über die wichtigen Schwarzmeerhäfen gewinnt. Zudem wurde versucht, die kommunistischen Tendenzen unter den in der Türkei lebenden ethnischen georgischen Muslimen zu verstärken.


=== Ära Abaschidse ===
Anders als in Georgien äußerte sich die Unabhängigkeitsbewegung Adscharas nicht bürgerlich-demokratisch, sondern in einer anti-georgischen Allianz von Separatisten und Kommunisten. Am [[22. April]] [[1990]] demonstrierten Separatisten mit roten Fahnen auf dem Leninplatz in Batumi für eine staatliche Unabhängigkeit Adscharas. Bei den georgischen Parlamentswahlen im Oktober 1990 erhielten die Kommunisten in Adschara 56% der Stimmen.
[[Datei:Aslan Abaschidse.jpg|miniatur|hochkant|Aslan Abaschidse]]
{{Quelle}}
Um eine kommunistisch geführte Abspaltung Adschariens zu verhindern, übernahm Georgiens früherer Vizeminister für Versorgungsbetriebe, [[Aslan Abaschidse]], im April 1991 kommissarisch das Amt des adscharischen Parlamentspräsidenten. Er entließ das alte Parlament und verhinderte den Zusammentritt eines neuen. Abaschidse errichtete ein autokratisches Regime, das von Georgien weitgehend unabhängig war. Adscharien wurde von Abaschidses Familie wie ein feudales Fürstentum regiert. 1998 wurde er mit 93 % der abgegebenen Stimmen zum Präsidenten Adschariens gewählt. Dabei half ihm die stille Unterstützung [[Russland]]s, das Truppen in Adscharien und anderen Sezessionsgebieten Georgiens stationiert hat.


Unter der Herrschaft Abaschidses hatte Adscharien eigene Streitkräfte aufgestellt und zahlte keine Steuern an Georgien. An der Grenze zwischen Georgien und Adscharien wurden durch die lokale Polizei Grenzkontrollen eingeführt und Gebühren erhoben. Kritik am Staatschef wurde nicht geduldet. Politische Gegner Abaschidses wurden getötet, aus Adscharien verwiesen oder auf Grundlage konstruierter Vorwürfe von Straftaten von Gerichten zu Haftstrafen verurteilt. Verschiedenen georgischen Fernsehsendern wurde die Ausstrahlung ihrer Programme in Adscharien verboten.
Um eine kommunistische Abspaltung Adscharas zu verhindern, übernahm Georgiens früherer Vizeminister für Versorgungsbetriebe, [[Aslan Abaschidse]], im April [[1991]] kommissarisch das Amt des adscharischen Parlamentspräsidenten. Er entließ das alte Parlament und verhinderte den Zusammentritt eines neuen. Abaschidse errichtete ein autokratisches lokales Regime, das von Georgien weitgehend unabhängig ist. Adschara wird von Abaschidses Familie wie ein feudales Fürstentum regiert.


Das Staatsoberhaupt Aslan Abaschidse stellte jedoch die Zugehörigkeit Adschariens zu Georgien nie infrage, betonte, er sei für ein „vereinigtes, unabhängiges und starkes Georgien“ und nannte Adscharien „eines seiner schönsten Teile“.<ref>Zitat nach {{Webarchiv |url=http://www.internationalreports.net/cis/georgia/2002/adjara/500.html |wayback=20080819152954 |text=Adjara, Georgia. 500 years of family leadership }}</ref>
[[1998]] wurde er mit 93 % der abgegebenen Stimmen zum Präsidenten Adscharas gewählt. Dabei half ihm die stille Unterstützung Russlands, das Truppen in Adschara und anderen sezessionistischen Gebieten Georgiens stationiert hat.


Georgiens Staatspräsident [[Eduard Schewardnadse]] hatte Adscharien während seiner Amtszeit von 1992 bis 2003 mehrfach besucht, um eine Aussöhnung mit Abaschidse zu erreichen. 1995 trat die Partei Abaschidses, die ''[[Union für Demokratische Wiedergeburt]]'' (georgisch ''Demokratiuli Agordsinebis Kawschiri'') Georgiens zusammen mit Schewardnadses ''Georgischer Bürgerunion'' zu den Parlamentswahlen an.
Unter der Herrschaft Abaschidses hat Adschara eigene Streitkräfte aufgestellt und zahlt keine Steuern an Georgien. Autos, die von Georgien nach Adschara einfahren, werden Grenzkontrollen durch die lokale Polizei unterworfen und müssen Gebühren zahlen. Kritik am Staatschef wird nicht geduldet. Politische Gegner Abaschidses wurden getötet, aus Adschara verwiesen oder wegen angeblicher Straftaten vor Gericht gestellt. Verschiedene georgische Fernsehsender dürfen ihre Prgramme in Adschara nicht ausstrahlen.


=== Konflikt mit Saakaschwili ===
Georgiens früherer Staatspräsident [[Eduard Schewardnadse]] hat Adschara während seiner Amtszeit von [[1992]] bis [[2003]] mehrfach besucht, um eine Aussöhnung mit Abaschidse zu erreichen. [[1995]] trat die Partei Abaschidses, die ''Union für die demokratische Wiedergeburt'' (georgisch ''Demokratiuli Agordsinebis Kavshiri'') Georgiens zusammen mit Schewardnadses ''Georgischer Bürgerunion'' zu den Parlamentswahlen an.
[[Datei:Batumi port Barry Kent.jpg|miniatur|Hafen von Batumi]]
Abaschidses ''Union für Demokratische Wiedergeburt'' hatte im 1999 gewählten [[Politisches System Georgiens#Parlament|georgischen Parlament]] 30 von 235 Sitzen. Im Oktober 2003 widersetzte sie sich der [[Rosenrevolution]] und stand in Opposition zum georgischen Staatspräsidenten [[Micheil Saakaschwili]] und seiner Regierung. Sie war besorgt, dass Saakaschwilis Politik die Rechte der adscharischen Regierung beschneiden und Abaschidse schließlich beseitigen könnte.


Die neue georgische Regierung hatte versprochen, die Interessen der Autonomen Republik zu wahren, doch sie bestand darauf, das georgische Recht und die Rechte der Zentralregierung auch in Adscharien durchzusetzen. Abaschidse signalisierte Tiflis im Januar 2004 zunächst Kompromissbereitschaft und führte erstmals seit Jahren Steuern ab. Eine Abspaltung Adschariens vom georgischen Staat schloss er wie in den vergangenen Jahren aus.
== Konflikt mit Saakaschwili ==


Beflügelt vom Erfolg der georgischen Rosenrevolution hatte sich in Adscharien eine breite [[Opposition (Politik)|Opposition]] gegen die Regierung Abaschidse gebildet. Am 27. Dezember 2003 gründete sich das Oppositionsbündnis ''Unser Adscharien'' (georgisch ''Chweni Adschara''). Ihm gehören Vertreter intellektueller Gruppen und Mitglieder georgischer Parteien an. Am 27. Januar 2004 entstand die Oppositionspartei ''Demokratisches Adscharien''. Ihr Vorsitzender ist Eduard Surmanidse, zugleich Mitglied der georgischen Partei ''[[Vereinte Nationale Bewegung]]''. Am 3. Februar 2004 hatte auch das georgische Studentenbündnis ''[[Kmara|Kmara!]] ''(dt. ''Genug!''), das eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der samtenen Revolution spielte, seine Tätigkeit in Adscharien aufgenommen.
Abaschidses ''[[Union für Demokratische Wiedergeburt]]'' hatte im [[1999]] gewählten georgischen Parlament 30 Sitze. Im Oktober 2003 widersetzte sie sich der [[Georgien#Samtene Revolution im November 2003|samtenen Revolution in Georgien]] und steht heute in Opposition zum georgischen Staatspräsidenten [[Michail Saakaschwili]] und seiner Regierung. Sie ist besorgt, daß Saakschwilis Politik die Rechte der adscharischen Regierung beschneiden und Abaschidse schließlich beseitigen könnte.


Die Regierung Abaschidse versuchte, die Opposition mit Gewalt einzudämmen.
Die neue georgische Regierung hat versprochen, die Interessen der Autonomen Republik zu wahren, doch sie besteht darauf, das georgische Recht und die Rechte der Zentralregierung auch in Adschara durchzusetzen. Abaschidse signalisierte Tiflis im Januar 2004 zunächst Kompromißbereitschaft und führte erstmals seit Jahren Steuern ab. Eine Abspaltung Adscharas vom georgischen Staat schloß er wie in den vergangenen Jahren aus.
Oppositionspolitiker und Journalisten wurden verprügelt, Oppositionsbüros verwüstet. Dabei trat eine von Abaschidse aufgestellte paramilitärische Miliz in Erscheinung, die von der Bevölkerung wegen ihrer schwarzen Bekleidung ''Men in Black'' genannt wurde.


[[Datei:Bridge over Choloki Adzharia.jpg|miniatur|links|An der Brücke über den Tscholoki verweigerte Adscharien Saakaschwili 2004 die Einreise.]]
Beflügelt vom Erfolg der georgischen samtenen Revolution hat sich in Adschara eine breite [[Opposition (Politik)|Opposition]] gegen die Regierung Abaschidse gebildet. Am [[27. Dezember]] [[2003]] gründete sich das Oppositionsbündnis ''Unser Adschara'' (georgisch ''Chveni Adjara''). Ihm gehören Vertreter intellektueller Gruppen und Mitglieder georgischer Parteien an. Am [[27. Januar]] [[2004]] entstand die Oppositionspartei ''Demokratisches Adschara''. Ihr Vorsitzender ist Eduard Surmanidse, zugleich Mitglied der georgischen Partei ''[[Nationale Bewegung - Demokraten]]''. Am [[3. Februar]] [[2004]] hat auch das georgische Studentenbündnis ''Genug'' (georgisch ''Kmara''), das eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der samtenen Revolution spielte, seine Tätigkeit in Adschara aufgenommen.
Im März 2004 spitzte sich der Konflikt zwischen Adscharien und der georgischen Regierung erneut zu. Präsident Saakaschwili verlangte die unmittelbare Kontrolle über den Hafen von Batumi sowie die Zollbehörden. Am 14. März verweigerte Adscharien dem Präsidenten die Einreise. Georgien verhängte im Gegenzug eine Teilblockade über Adscharien. Bis auf Russland stellte sich die internationale Gemeinschaft hinter Saakaschwili. Am 18. März 2004 räumte Regierungschef Abaschidse der Zentralregierung die Kontrolle über den Hafen, den Zoll, die Grenzen, die Kommunikation und die Staatsfinanzen Adschariens ein. Er verpflichtete sich, die paramilitärischen Milizen in Adscharien zu entwaffnen, freie und demokratische Wahlen sowie die Meinungsfreiheit zu garantieren.


Trotz des Einlenkens Abaschidses kam es immer wieder zu Spannungen zwischen Batumi und [[Tiflis]]. Entgegen ihren Zusicherungen verstärkte die adscharische Führung ihre paramilitärischen Verbände. Während der georgischen Parlamentswahlen am 28. März 2004 wurden nach den Angaben der georgischen Zentralregierung in Adscharien Wahllokale überfallen, Stimmen gestohlen und Wahlhelfer mit Gewalt bedroht.
Die Regierung Abaschidse versucht, die Opposition mit [[Gewalt]] einzudämmen. Oppositionspolitiker und Journalisten wurden verpügelt, Oppositionsbüros verwüstet. Dabei tritt eine von Abaschidse aufgestellte paramilitärische Miliz in Erscheinung, die von der Bevölkerung wegen ihrer schwarzen Bekleidung ''Men in Black'' genannt wird.
Am 24. April 2004 verhängte sie zum dritten Mal innerhalb von fünf Monaten den Ausnahmezustand über das Land.


=== Machtwechsel ===
Im März [[2004]] spitzte sich der Konflikt zwischen Adschara und der georgischen Regierung erneut zu. Präsident Saakaschwili verlangte die unmittelbare Kontrolle über den Hafen von Batumi sowie die Zollbehörden. Am [[14. März]] verweigerte Adschara dem Präsidenten die Einreise. Georgien verhängte im Gegenzug eine Teilblockade über Adschara. Bis auf Russland beispielsweise stellten sich viele Staaten hinter Saakaschwili. Am [[18. März]] [[2004]] räumte Regierungschef Abaschidse der Zentralregierung die Kontrolle über den Hafen, den Zoll, die Grenzen, die Kommunikation und die Staatsfinanzen Adscharas ein. Er verpflichtete sich, die paramilitärischen Milizen in Adschara zu entwaffen, freie und demokratische Wahlen sowie die Meinungsfreiheit zu garantieren.
[[Datei:Council of Ministers of Adjara.jpg|miniatur|2004 zog eine neue Regierung in das Ministerratsgebäude in Batumi]]
Am 4. Mai 2004 kam es in Batumi zu Demonstrationen von Studenten und Oppositionellen gegen die adscharische Regierung. Sie wurden von der adscharischen Regierung mit Gewalt aufgelöst. Das georgische Parlament forderte einstimmig den Rücktritt von Adschariens Regierungschef Abaschidse. Präsident Saakaschwili hob den Ausnahmezustand auf und appellierte an die bewaffneten Verbände, Befehlen der autonomen Regierung keine Folge zu leisten.


Am 5. Mai 2004 wuchs die Zahl der Demonstranten von einigen Tausend auf 15.000 an. Große Teile der Polizei und des adscharischen Innenministeriums verweigerten Abaschidse die Gefolgschaft. Nach Gesprächen des georgischen Präsidenten mit [[Präsident Russlands|Russlands Präsident]] [[Wladimir Wladimirowitsch Putin|Wladimir Putin]] entzog auch Russland Abaschidse die Unterstützung. Der Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, [[Igor Sergejewitsch Iwanow|Igor Iwanow]], flog nach Georgien und überzeugte Adschariens Regierungschef, aufzugeben. Am Morgen des 6. Mai trat Abaschidse von seinem Amt zurück und flog gemeinsam mit seinem Sicherheitsminister und seiner Familie nach [[Moskau]] ins Exil.
Trotz des Einlenkens Abaschidses kam es immer wieder zu Spannungen zwischen Batumi und [[Tiflis]]. Entgegen ihren Zusicherungen verstärkte die adscharische Führung ihre paramilitärischen Verbände. Während der georgischen Parlamentswahlen am [[28. März]] [[2004]] wurden nach den vermutlich diffamierenden Angaben der georgischen Zentralregierung in Adschara Wahllokale überfallen, Stimmen gestohlen und Wahlhelfer mit Gewalt bedroht. Gegen Protestkundgebungen der Opposition ging Adscharas Regierung immer härter vor. Am [[24. April]] [[2004]] verhängte sie zum dritten Mal innerhalb von fünf Monaten den Ausnahmezustand über das Land. Das [[Politik Georgiens#Parlament|georgische Parlament]] forderte am [[4. Mai]] einstimmig den Rücktritt Abaschidses. Präsident Saakaschwili hob eigenmächtig den Ausnahmezustand auf und appellierte an die bewaffneten Verbände, Befehlen der autonomen Regierung keine Folge zu leisten.

Angesichts der militärischen Drohungen der georgischen Zentralregierung wandte sich der adscharische Präsident mit der Bitte um Vermittlung an die USA und Rußland. Saakaschwilis Konfronationskurs gegen die autonome Republik wird gemäßigt vom Ministerpräsidenten und dem Parlamentsvorsitzenden, jedoch bezweifeln viele Beobachter einen Erfolg ihrer Bemühungen und befürchten einen Bürgerkrieg in Georgien.
Adscharien wurde vorübergehend von einer 20-köpfigen Kommission der Zentralregierung in Tiflis verwaltet. Georgiens Strafverfolgungsbehörden begannen, die früheren Machthaber zur Verantwortung zu ziehen. Im Juni 2004 wurden drei frühere Regierungsmitglieder und der frühere Parlamentssprecher Adschariens wegen Veruntreuung von Steuergeldern festgenommen.

Bei den Wahlen zum regionalen Parlament, dem ''Obersten Rat Adschariens'', am 20. Juni 2004 errang die Partei ''Saakaschwili – Siegreiches Adscharien'' 72,1 % der Wählerstimmen (28 Sitze). Von den übrigen acht Parteien übersprangen nur die ''Berdsenischwili'' (Republikaner) die Sieben-Prozent-Hürde. Sie erzielten 13,5 % der Stimmen (zwei Sitze). Am 20. Juli 2004 wählte Adschariens Parlament den bisherigen Direktor der staatlichen Eisenbahn Georgiens, [[Lewan Warschalomidse]], zum Premierminister der Autonomen Republik. Er geriet zehn Monate nach seiner Amtseinführung unter Verdacht, Schlüsselpositionen seiner Regierung mit Familienangehörigen besetzt zu haben.

Die Autonomie Adschariens wurde am 1. Juli 2004 gesetzlich eingeschränkt. Der adscharische Premierminister wird danach auf Vorschlag des georgischen Präsidenten gewählt. Der Präsident darf das Regionalparlament jederzeit auflösen. Die Beschlüsse des adscharischen Parlaments können vom Parlament in Tiflis suspendiert oder vom adscharischen Premier durch ein Veto gestoppt werden. Der Status einer Autonomen Republik bedeutet seitdem die Gewährung besonderer föderaler Rechte in Georgien, aber – signifikantes Merkmal unabhängiger Staaten – keiner eigenen Außenpolitik.

Im März 2005 unterzeichneten Adscharien und die [[Ukraine|ukrainische]] [[Oblast Odessa]] ein Kooperationsabkommen zur Zusammenarbeit auf den Gebieten Wirtschaft und Handel, Technik und Wissenschaft sowie humanitären Angelegenheiten.

Als Teil des innergeorgischen Ausgleichs verlegte im Juli 2007 der georgische Verfassungsgerichtshof seinen Sitz von Tiflis nach Batumi.<ref> {{Webarchiv|text=constcourt.ge |url=http://www.constcourt.ge/index.php?lang_id=ENG&sec_id=13 |wayback=20110721030206 }}</ref>

== Politik ==
Als gesetzgebendes Organ Adschariens fungiert der [[Oberster Rat der Autonomen Republik Adscharien|Oberste Rat]]. Der Vorsitzende der Exekutive der autonomen Republik wird von der georgischen Zentralregierung nominiert, dessen Nominierung muss vom Obersten Rat bestätigt werden.

{| class="wikitable"
|+Liste der Vorsitzenden der Regierung von Adscharien
!Name
!Beginn der Amtszeit
!Ende der Amtszeit
!Partei
|-
|[[Aslan Abaschidse]]
|1991
|2004
|[[Union für Demokratische Wiedergeburt]]
|-
|[[Lewan Warschalomidse]]
|2004
|2012
|[[Vereinte Nationale Bewegung]]
|-
|[[Artschil Chabadse]]
|2012
|2016
|[[Georgischer Traum]]
|-
|[[Surab Pataradse]]
|2016
|2018
|
|-
|[[Tornike Rischwadse]]
|2018
|
|Georgischer Traum
|}
<ref>{{Literatur |Titel=Regions and territories: Ajaria |Datum=2011-11-22 |Online=http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/country_profiles/3520322.stm |Abruf=2022-10-15}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://en.trend.az/scaucasus/georgia/2082011.html |titel=Archil Khabadze approved as Prime Minister of Adjara |datum=2012-10-30 |sprache=en |abruf=2022-10-15}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://agenda.ge/en/news/2016/1737 |titel=Georgia’s ex-Ambassador to Kazakhstan is new head of Adjara Gov’t |abruf=2022-10-15}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://civil.ge/archives/247075 |titel=Civil Georgia {{!}} Adjara Supreme Council Approves Region’s New Government |werk=Civil Georgia |datum=2018-07-21 |sprache=en-US |abruf=2022-10-15}}</ref>

== Verwaltung ==
Adscharien wird in sechs [[Munizipalität]]en verwaltet, die nach ihren Verwaltungssitzen Batumi, [[Chelwatschauri]], [[Chulo]], [[Keda]], [[Kobuleti]] und [[Schuachewi]] benannt sind.

== Wirtschaft ==
Wichtigste Industriezweige sind die [[Erdöl|Ölverarbeitung]], [[Maschinenbau (Branche)|Maschinenbau]], [[Lebensmittelindustrie|Lebensmittelproduktion]], [[Leichtindustrie]] und [[Holzwirtschaft|Bauholzherstellung]]. Die wichtigsten Erzeugnisse der [[Landwirtschaft]] sind Tee, Zitrusfrüchte, Weintrauben und Mais. Die wichtigsten Häfen sind Batumi und [[Kobuleti]]. Bodenschätze sind [[Gold]], [[Silber]], [[Kupfer]] und andere Metalle.

== Literatur ==
* Mariam Lortkipanidse: ''Georgien und seine Autonomien. Kurzer Abriß der Geschichte Abchasiens, Atscharas und Südossetiens.'' In: ''Georgica''. Bd. 15, 1992, {{ISSN|0232-4490}}, S. 34–37.
* Hugo Greenhalgh, Robert L. Jarman: ''Adjara and the Ottoman Empire. 1830–1878.'' Archival Publications, London 2003, ISBN 1-903008-32-8.
* Hugo Greenhalgh, Robert L. Jarman: ''Adjara and the Russian Empire. 1878–1917.'' Archival Publications, London 2003, ISBN 1-903008-32-8.
* Hugo Greenhalgh, Robert L. Jarman: ''Adjara and the British Empire. 1918–1921.'' Archival Publications, London 2003, ISBN 1-903008-32-8.

== Siehe auch ==
* [[Verwaltungsgliederung von Georgien]]
* [[Geschichte Georgiens]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Adjara|Abscharien}}
{{Wikivoyage}}
{{Wiktionary}}
* [http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/europe/country_profiles/3520322.stm BBC-Länderprofil Adscharien] (englisch)
* [http://www.adjara.gov.ge/ Regierung der Autonomen Republik Adscharien] (englisch, georgisch)
* {{Webarchiv | url=http://www.tourismadjara.com/index.php | wayback=20070305071942 | text=Tourismusamt der Autonomen Republik Adscharien}} (englisch)
* {{Webarchiv | url=http://www.accessdemocracy.org/library/1718_ge_ajara_061204.pdf | wayback=20040712034057 | text=Wahlen in Adscharien: Beobachterbericht der ''Internationalen Gesellschaft für faire Wahlen''}} (englisch; PDF; 76&nbsp;kB)
* [http://eng.kavkaz-uzel.eu/adgaria Englischsprachige] und [https://www.kavkaz-uzel.eu/adjaria russischsprachige] Kurznachrichten von [[Kawkasski Usel]] aus Adscharien
* [http://www.geostat.ge/?lang=eng Informationen des Statistischen Amts Georgiens]

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Navigationsleiste Region in Georgien}}


{{coordinate|NS=41/40|EW=42/15|region=GE-AJ|type=adm1st|dim=100000}}
* [http://www.travel-images.com/ajaria.html Adschara: Bilder]
{{Normdaten|TYP=g|GND=4128609-1|VIAF=245033646}}
* [http://www.taboo.ru/adjara/eng/facts.shtml Autonome Republik Adschara: Offizielle Website (en, ru, ge)]
* [http://www.ecoi.net/doc/de/GE/content/7/3545-3548#s612 Menschenrechtslage in Adschara: Internationale Dokumente (de, en)]


[[Kategorie:Region in Georgien]]
[[da:Adsjarien]]
[[Kategorie:Adscharien| ]]
[[et:Ad%C5%BEaaria]]
[[Kategorie:Region im Kaukasus]]
[[en:Ajaria]]
[[Kategorie:Autonome Verwaltungseinheit]]
[[nl:Adzjarië]]

Aktuelle Version vom 4. Januar 2025, 17:36 Uhr

აჭარის ავტონომიური რესპუბლიკა
Adscharien

Autonome Republik innerhalb Georgiens

Wappen Adschariens

Flagge Adschariens

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Lage innerhalb Georgiens
Detailkarte
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Landessprachen Georgisch
Ethnien nach dem Zensus 2014:[1]
Georgier (96,04 %, inkl. Adscharen)
Armenier (1,64 %)
Russen (1,10 %)
Ukrainer (0,24 %)
Pontosgriechen (0,17 %)
Religionen nach dem Zensus 2014:[2]
Orthodoxe (54,5 %)
Muslime (39,8 %)
Armenisch (0,3 %)
Sonstige (5,6 %)
Hauptstadt Batumi
Größte Städte Batumi (152.839) [2014]
Status innerhalb Georgiens Autonome Republik
Fläche 2.900 km²
Gesamtbevölkerung 354.900 (2021)[3]
Bevölkerungsdichte 115,9 Ew./km²
Vorsitzender der Regierung Tornike Rischwadse
Webseite www.adjara.gov.ge

Adscharien (georgisch აჭარა Atschara), deutsch amtlich Autonome Republik Adschara (აჭარის ავტონომიური რესპუბლიკა Atscharis Awtonomiuri Respublika), ist eine politische Verwaltungsregion Georgiens, begrenzt von der Türkei im Süden und dem Schwarzen Meer im Westen.

Die Einwohnerzahl beträgt 354.900 (Stand: 2021).

Die Fläche Adschariens umfasst 4,2 % des georgischen Territoriums. Die Bevölkerung setzt sich hauptsächlich aus Georgiern, Türken, Russen, Ukrainern, Armeniern und Griechen zusammen.

Ethnologisch gelten die Adscharen als muslimische (sunnitische) Georgier, da die Religionszugehörigkeit von nationalen Behörden statistisch nicht im ethnischen Sinn erfasst wird.

Zu Sowjetzeiten waren 150.000[4] (etwa 38 %) der damals 393.000[5] Einwohner der Republik muslimische Adscharen, inzwischen ist der Anteil der Muslime (einschließlich Türken, Lasen, Abchasen usw.) auf 30 % gefallen.[6][7]

Heute leben 48 % der Bevölkerung in Städten.

Adscharien war im Mittelalter ein Teil Georgiens. Die seldschukischen Türken besetzten das Gebiet im 11. Jahrhundert, die Mongolen im 13. Jahrhundert. Georgien verlor das Territorium 1635 an das Osmanische Reich. In dieser Zeit konvertierten viele seiner Einwohner zum Islam. Als Ergebnis des Berliner Kongresses wurde Adscharien am 13. Juli 1878 Russland zugeschlagen und bildete die Oblast Batumi. Im Friedensvertrag von Brest-Litowsk vom 3. März 1918 trat Sowjetrussland das Land an die Türkei ab. Nach der Niederlage der Mittelmächte wurde es von Großbritannien besetzt.

50 Jahre ASSR Adscharien (sowjetische Briefmarke 1971)

Nach dem Vertrag von Kars 1921 wurde Adscharien Sowjetrussland eingegliedert. Es wurde als Adscharische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik Teil der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik.

Im Prozess der Auflösung der Sowjetunion äußerte sich die Unabhängigkeitsbewegung Adschariens nicht bürgerlich-demokratisch wie im restlichen Georgien, sondern in einer anti-georgischen Allianz von Separatisten und Kommunisten. Am 22. April 1990 demonstrierten Separatisten mit roten Fahnen auf dem Leninplatz in Batumi für eine staatliche Unabhängigkeit Adschariens. Bei den georgischen Parlamentswahlen im Oktober 1990 erhielten die Kommunisten in Adscharien 56 % der Stimmen.

Ära Abaschidse

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Aslan Abaschidse

Um eine kommunistisch geführte Abspaltung Adschariens zu verhindern, übernahm Georgiens früherer Vizeminister für Versorgungsbetriebe, Aslan Abaschidse, im April 1991 kommissarisch das Amt des adscharischen Parlamentspräsidenten. Er entließ das alte Parlament und verhinderte den Zusammentritt eines neuen. Abaschidse errichtete ein autokratisches Regime, das von Georgien weitgehend unabhängig war. Adscharien wurde von Abaschidses Familie wie ein feudales Fürstentum regiert. 1998 wurde er mit 93 % der abgegebenen Stimmen zum Präsidenten Adschariens gewählt. Dabei half ihm die stille Unterstützung Russlands, das Truppen in Adscharien und anderen Sezessionsgebieten Georgiens stationiert hat.

Unter der Herrschaft Abaschidses hatte Adscharien eigene Streitkräfte aufgestellt und zahlte keine Steuern an Georgien. An der Grenze zwischen Georgien und Adscharien wurden durch die lokale Polizei Grenzkontrollen eingeführt und Gebühren erhoben. Kritik am Staatschef wurde nicht geduldet. Politische Gegner Abaschidses wurden getötet, aus Adscharien verwiesen oder auf Grundlage konstruierter Vorwürfe von Straftaten von Gerichten zu Haftstrafen verurteilt. Verschiedenen georgischen Fernsehsendern wurde die Ausstrahlung ihrer Programme in Adscharien verboten.

Das Staatsoberhaupt Aslan Abaschidse stellte jedoch die Zugehörigkeit Adschariens zu Georgien nie infrage, betonte, er sei für ein „vereinigtes, unabhängiges und starkes Georgien“ und nannte Adscharien „eines seiner schönsten Teile“.[8]

Georgiens Staatspräsident Eduard Schewardnadse hatte Adscharien während seiner Amtszeit von 1992 bis 2003 mehrfach besucht, um eine Aussöhnung mit Abaschidse zu erreichen. 1995 trat die Partei Abaschidses, die Union für Demokratische Wiedergeburt (georgisch Demokratiuli Agordsinebis Kawschiri) Georgiens zusammen mit Schewardnadses Georgischer Bürgerunion zu den Parlamentswahlen an.

Konflikt mit Saakaschwili

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Hafen von Batumi

Abaschidses Union für Demokratische Wiedergeburt hatte im 1999 gewählten georgischen Parlament 30 von 235 Sitzen. Im Oktober 2003 widersetzte sie sich der Rosenrevolution und stand in Opposition zum georgischen Staatspräsidenten Micheil Saakaschwili und seiner Regierung. Sie war besorgt, dass Saakaschwilis Politik die Rechte der adscharischen Regierung beschneiden und Abaschidse schließlich beseitigen könnte.

Die neue georgische Regierung hatte versprochen, die Interessen der Autonomen Republik zu wahren, doch sie bestand darauf, das georgische Recht und die Rechte der Zentralregierung auch in Adscharien durchzusetzen. Abaschidse signalisierte Tiflis im Januar 2004 zunächst Kompromissbereitschaft und führte erstmals seit Jahren Steuern ab. Eine Abspaltung Adschariens vom georgischen Staat schloss er wie in den vergangenen Jahren aus.

Beflügelt vom Erfolg der georgischen Rosenrevolution hatte sich in Adscharien eine breite Opposition gegen die Regierung Abaschidse gebildet. Am 27. Dezember 2003 gründete sich das Oppositionsbündnis Unser Adscharien (georgisch Chweni Adschara). Ihm gehören Vertreter intellektueller Gruppen und Mitglieder georgischer Parteien an. Am 27. Januar 2004 entstand die Oppositionspartei Demokratisches Adscharien. Ihr Vorsitzender ist Eduard Surmanidse, zugleich Mitglied der georgischen Partei Vereinte Nationale Bewegung. Am 3. Februar 2004 hatte auch das georgische Studentenbündnis Kmara! (dt. Genug!), das eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der samtenen Revolution spielte, seine Tätigkeit in Adscharien aufgenommen.

Die Regierung Abaschidse versuchte, die Opposition mit Gewalt einzudämmen. Oppositionspolitiker und Journalisten wurden verprügelt, Oppositionsbüros verwüstet. Dabei trat eine von Abaschidse aufgestellte paramilitärische Miliz in Erscheinung, die von der Bevölkerung wegen ihrer schwarzen Bekleidung Men in Black genannt wurde.

An der Brücke über den Tscholoki verweigerte Adscharien Saakaschwili 2004 die Einreise.

Im März 2004 spitzte sich der Konflikt zwischen Adscharien und der georgischen Regierung erneut zu. Präsident Saakaschwili verlangte die unmittelbare Kontrolle über den Hafen von Batumi sowie die Zollbehörden. Am 14. März verweigerte Adscharien dem Präsidenten die Einreise. Georgien verhängte im Gegenzug eine Teilblockade über Adscharien. Bis auf Russland stellte sich die internationale Gemeinschaft hinter Saakaschwili. Am 18. März 2004 räumte Regierungschef Abaschidse der Zentralregierung die Kontrolle über den Hafen, den Zoll, die Grenzen, die Kommunikation und die Staatsfinanzen Adschariens ein. Er verpflichtete sich, die paramilitärischen Milizen in Adscharien zu entwaffnen, freie und demokratische Wahlen sowie die Meinungsfreiheit zu garantieren.

Trotz des Einlenkens Abaschidses kam es immer wieder zu Spannungen zwischen Batumi und Tiflis. Entgegen ihren Zusicherungen verstärkte die adscharische Führung ihre paramilitärischen Verbände. Während der georgischen Parlamentswahlen am 28. März 2004 wurden nach den Angaben der georgischen Zentralregierung in Adscharien Wahllokale überfallen, Stimmen gestohlen und Wahlhelfer mit Gewalt bedroht. Am 24. April 2004 verhängte sie zum dritten Mal innerhalb von fünf Monaten den Ausnahmezustand über das Land.

2004 zog eine neue Regierung in das Ministerratsgebäude in Batumi

Am 4. Mai 2004 kam es in Batumi zu Demonstrationen von Studenten und Oppositionellen gegen die adscharische Regierung. Sie wurden von der adscharischen Regierung mit Gewalt aufgelöst. Das georgische Parlament forderte einstimmig den Rücktritt von Adschariens Regierungschef Abaschidse. Präsident Saakaschwili hob den Ausnahmezustand auf und appellierte an die bewaffneten Verbände, Befehlen der autonomen Regierung keine Folge zu leisten.

Am 5. Mai 2004 wuchs die Zahl der Demonstranten von einigen Tausend auf 15.000 an. Große Teile der Polizei und des adscharischen Innenministeriums verweigerten Abaschidse die Gefolgschaft. Nach Gesprächen des georgischen Präsidenten mit Russlands Präsident Wladimir Putin entzog auch Russland Abaschidse die Unterstützung. Der Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Igor Iwanow, flog nach Georgien und überzeugte Adschariens Regierungschef, aufzugeben. Am Morgen des 6. Mai trat Abaschidse von seinem Amt zurück und flog gemeinsam mit seinem Sicherheitsminister und seiner Familie nach Moskau ins Exil.

Adscharien wurde vorübergehend von einer 20-köpfigen Kommission der Zentralregierung in Tiflis verwaltet. Georgiens Strafverfolgungsbehörden begannen, die früheren Machthaber zur Verantwortung zu ziehen. Im Juni 2004 wurden drei frühere Regierungsmitglieder und der frühere Parlamentssprecher Adschariens wegen Veruntreuung von Steuergeldern festgenommen.

Bei den Wahlen zum regionalen Parlament, dem Obersten Rat Adschariens, am 20. Juni 2004 errang die Partei Saakaschwili – Siegreiches Adscharien 72,1 % der Wählerstimmen (28 Sitze). Von den übrigen acht Parteien übersprangen nur die Berdsenischwili (Republikaner) die Sieben-Prozent-Hürde. Sie erzielten 13,5 % der Stimmen (zwei Sitze). Am 20. Juli 2004 wählte Adschariens Parlament den bisherigen Direktor der staatlichen Eisenbahn Georgiens, Lewan Warschalomidse, zum Premierminister der Autonomen Republik. Er geriet zehn Monate nach seiner Amtseinführung unter Verdacht, Schlüsselpositionen seiner Regierung mit Familienangehörigen besetzt zu haben.

Die Autonomie Adschariens wurde am 1. Juli 2004 gesetzlich eingeschränkt. Der adscharische Premierminister wird danach auf Vorschlag des georgischen Präsidenten gewählt. Der Präsident darf das Regionalparlament jederzeit auflösen. Die Beschlüsse des adscharischen Parlaments können vom Parlament in Tiflis suspendiert oder vom adscharischen Premier durch ein Veto gestoppt werden. Der Status einer Autonomen Republik bedeutet seitdem die Gewährung besonderer föderaler Rechte in Georgien, aber – signifikantes Merkmal unabhängiger Staaten – keiner eigenen Außenpolitik.

Im März 2005 unterzeichneten Adscharien und die ukrainische Oblast Odessa ein Kooperationsabkommen zur Zusammenarbeit auf den Gebieten Wirtschaft und Handel, Technik und Wissenschaft sowie humanitären Angelegenheiten.

Als Teil des innergeorgischen Ausgleichs verlegte im Juli 2007 der georgische Verfassungsgerichtshof seinen Sitz von Tiflis nach Batumi.[9]

Als gesetzgebendes Organ Adschariens fungiert der Oberste Rat. Der Vorsitzende der Exekutive der autonomen Republik wird von der georgischen Zentralregierung nominiert, dessen Nominierung muss vom Obersten Rat bestätigt werden.

Liste der Vorsitzenden der Regierung von Adscharien
Name Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit Partei
Aslan Abaschidse 1991 2004 Union für Demokratische Wiedergeburt
Lewan Warschalomidse 2004 2012 Vereinte Nationale Bewegung
Artschil Chabadse 2012 2016 Georgischer Traum
Surab Pataradse 2016 2018
Tornike Rischwadse 2018 Georgischer Traum

[10][11][12][13]

Adscharien wird in sechs Munizipalitäten verwaltet, die nach ihren Verwaltungssitzen Batumi, Chelwatschauri, Chulo, Keda, Kobuleti und Schuachewi benannt sind.

Wichtigste Industriezweige sind die Ölverarbeitung, Maschinenbau, Lebensmittelproduktion, Leichtindustrie und Bauholzherstellung. Die wichtigsten Erzeugnisse der Landwirtschaft sind Tee, Zitrusfrüchte, Weintrauben und Mais. Die wichtigsten Häfen sind Batumi und Kobuleti. Bodenschätze sind Gold, Silber, Kupfer und andere Metalle.

  • Mariam Lortkipanidse: Georgien und seine Autonomien. Kurzer Abriß der Geschichte Abchasiens, Atscharas und Südossetiens. In: Georgica. Bd. 15, 1992, ISSN 0232-4490, S. 34–37.
  • Hugo Greenhalgh, Robert L. Jarman: Adjara and the Ottoman Empire. 1830–1878. Archival Publications, London 2003, ISBN 1-903008-32-8.
  • Hugo Greenhalgh, Robert L. Jarman: Adjara and the Russian Empire. 1878–1917. Archival Publications, London 2003, ISBN 1-903008-32-8.
  • Hugo Greenhalgh, Robert L. Jarman: Adjara and the British Empire. 1918–1921. Archival Publications, London 2003, ISBN 1-903008-32-8.
Commons: Abscharien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikivoyage: Adscharien – Reiseführer
Wiktionary: Adscharien – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. georgia-ethnic-2014
  2. georgia-religion 2014
  3. Population as of 1 January by regions and self-governed units (Excel--Datei). In: Population as of 1 January by regions and self-governed units. National Statistics Office of Georgia, 2021, archiviert vom Original am 31. März 2022; abgerufen am 6. März 2022 (englisch).
  4. Erhard Stölting: Eine Weltmacht zerbricht – Nationalitäten und Religionen in der UdSSR. Frankfurt/Main 1990, S. 236.
  5. Detlev Wahl: Lexikon der Völker Europas und des Kaukasus. Rostock 1999, S. 30.
  6. Ben Cahoon
  7. BBC: Nowadays over 60% of the population are Georgian Orthodox Christians, and about 30% continue to profess Islam
  8. Zitat nach Adjara, Georgia. 500 years of family leadership (Memento vom 19. August 2008 im Internet Archive)
  9. constcourt.ge (Memento vom 21. Juli 2011 im Internet Archive)
  10. Regions and territories: Ajaria. 22. November 2011 (bbc.co.uk [abgerufen am 15. Oktober 2022]).
  11. Archil Khabadze approved as Prime Minister of Adjara. 30. Oktober 2012, abgerufen am 15. Oktober 2022 (englisch).
  12. Georgia’s ex-Ambassador to Kazakhstan is new head of Adjara Gov’t. Abgerufen am 15. Oktober 2022.
  13. Civil Georgia | Adjara Supreme Council Approves Region’s New Government. In: Civil Georgia. 21. Juli 2018, abgerufen am 15. Oktober 2022 (amerikanisches Englisch).

Koordinaten: 41° 40′ N, 42° 15′ O