„Jordansche Normalform“ – Versionsunterschied
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Die ''' |
Die '''jordansche Normalform''' ist ein Begriff aus dem [[Teilgebiete der Mathematik|mathematischen Teilgebiet]] der [[Lineare Algebra|linearen Algebra]]. Benannt wurde sie nach [[Marie Ennemond Camille Jordan]], der sie 1870 für endliche Körper und 1871 im Zusammenhang mit der Lösung komplexer Differentialgleichungssysteme für [[Komplexe Zahl|komplexe]] Matrizen herleitete, die aber auch schon 1868 [[Karl Weierstraß]] in seiner Behandlung bilinearer Formen im Komplexen bekannt war<ref>Wilhelm von Alten u. a., 4000 Jahre Algebra, Springer 2008, S. 409</ref>. Die jordansche Normalform ist ein einfacher Vertreter der [[Äquivalenzklasse]] der zu einer [[Trigonalisierbare Matrix|trigonalisierbaren Matrix]] [[Ähnlichkeit (Matrix)|ähnlichen Matrizen]]. Die Trigonalisierbarkeit ist gleichbedeutend damit, dass das [[Charakteristisches Polynom|charakteristische Polynom]] der Matrix vollständig in [[Linearfaktor]]en zerfällt. Matrizen über einem [[Algebraischer Abschluss|algebraisch abgeschlossenen]] [[Körper (Algebra)|Körper]] sind immer trigonalisierbar und daher immer ähnlich einer jordanschen Normalform. |
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Für jede [[lineare Abbildung]] eines [[Dimension (Mathematik)|endlichdimensionalen]] Vektorraums, deren charakteristisches Polynom vollständig in Linearfaktoren zerfällt, kann eine [[Vektorraumbasis]] gewählt werden, so dass die [[Abbildungsmatrix]], die die Abbildung bezüglich dieser Basis beschreibt, die jordansche Normalform hat. Dies gilt insbesondere für jede [[nilpotente Matrix]]. |
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Für jede beliebige, auch nicht trigonalisierbare Matrix liefert die ''rationale Normalform'' oder [[Frobenius-Normalform]] einen standardisierten Repräsentanten der Ähnlichkeitsklasse dieser Matrix. |
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== Definition == |
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Die jordansche Normalform zu einer quadratischen <math>n \times n</math>-Matrix <math>A</math> über den komplexen Zahlen <math>\mathbb{C}</math> ist eine Matrix <math>J</math> in der folgenden [[Blockdiagonalmatrix|Blockdiagonalform]]: |
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Die Jordansche Normalform zu einer quadratischen Matrix <math>A</math> ist eine Matrix <math>J</math> in der folgenden Blockdiagonalform |
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:<math> J= \begin{pmatrix} |
:<math> J= \begin{pmatrix} |
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J_1 & & 0 \\ |
J_1 & & 0 \\ |
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& \ddots & \\ |
& \ddots & \\ |
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0 & & J_k \end{pmatrix} |
0 & & J_k \end{pmatrix} |
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= Q^{-1}AQ</math> |
= Q^{-1}AQ .</math> |
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Die Matrix Q ist die Matrix der [[Eigenvektor |
Die Matrix <math>Q</math> ist die Matrix der [[Eigenvektor]]en und [[Hauptvektor]]en, aus denen sie spaltenweise besteht. <math>Q^{-1}</math> bezeichnet dabei die [[inverse Matrix]] von <math>Q</math>. Die Darstellung von <math>A</math> als |
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:<math>A = QJQ^{-1}</math> |
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Die J<sub>i</sub> sind die Jordan-Blöcke. Diese haben folgende Form: |
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wird als '''Jordanzerlegung''' ([[Englische Sprache|engl.]] ''jordan decomposition'') von <math>A</math> bezeichnet. Die Matrizen <math>J_j</math> heißen '''Jordanblöcke''' oder '''Jordankästchen'''; sie sind [[Bidiagonalmatrix|Bidiagonalmatrizen]] der folgenden Form: |
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<math> J_i= \begin{pmatrix} \lambda_i & 1 & & & 0 \\ & \lambda_i & 1 & & \\ && \ddots{} & \ddots{}\\ &&& \lambda_i & 1 \\ 0 & & & & \lambda_i \end{pmatrix}</math> |
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:<math> J_j= \begin{pmatrix} \lambda_j & 1 & & & 0 \\ & \lambda_j & 1 & & \\ && \ddots{} & \ddots{}\\ &&& \lambda_j & 1 \\ 0 & & & & \lambda_j \end{pmatrix} \in \Complex^{s_j \times s_j}.</math> |
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Die λ<sub>i</sub> sind dabei die [[Eigenwert]]e von A. Zu jedem Eigenwert λ<sub>i</sub> gibt es seiner '''geometrischen Vielfachheit''' entsprechend viele Jordan-Blöcke. (Die '''geometrische Vielfachheit''' ist dabei bestimmt durch die Anzahl linear unabhängiger Eigenvektoren zu einem(!) Eigenwert λ.) Die Gesamtdimension aller Jordan-Blöcke eines Eigenwertes entspricht seiner '''algebraischen Vielfachheit''', d.h. seiner Vielfachheit im charakteristischen Polynom. |
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Die <math>\lambda_j</math> sind dabei die [[Eigenwert]]e von <math>A</math>. Zu jedem Eigenwert <math>\lambda_j</math> gibt es seiner ''[[geometrische Vielfachheit|geometrischen Vielfachheit]]'' entsprechend viele Jordanblöcke. Die geometrische Vielfachheit ist dabei die Dimension des Eigenraums zum Eigenwert <math>\lambda_j</math>. Die Gesamtdimension aller Jordanblöcke eines Eigenwertes entspricht seiner ''[[Algebraische Vielfachheit|algebraischen Vielfachheit]]'', d. h. seiner Vielfachheit im charakteristischen Polynom. |
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In einem Jordanblock sind die sogenannten <b>Jordanketten</b> "gespeichert" (siehe [[Hauptvektor]]). Besteht <math>A</math> z.B. nur aus einem Jordanblock mit Eigenwert <math>\lambda</math> und bezeichne <math>e_j</math> den <math>j</math>-ten Einheitsvektor, dann sieht man leicht, dass <math>(A - \lambda)e_1 = 0</math> und <math>(A - \lambda)e_{j+1} = e_j</math> für <math>j=1,\dots,n-1</math> gilt. |
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In einem Jordanblock sind die sogenannten ''Jordanketten'' „gespeichert“ (siehe [[Hauptvektor]]). Bestehe <math>A</math> z. B. nur aus einem Jordanblock mit Eigenwert <math>\lambda</math> und bezeichne <math>v_l</math> einen Hauptvektor <math>l</math>-ter Stufe, das heißt, <math>v_1</math> ist ein Eigenvektor zum Eigenwert <math>\lambda</math> und es gilt <math>(A - \lambda E)v_1 = 0</math> und <math>(A - \lambda E)v_l = v_{l-1}</math> für <math>l=2,\dots,n</math>, dann gelten <math>A v_1 = \lambda v_1</math> und <math>A v_l = v_{l-1} + \lambda v_l</math> für <math>l=2,\dots,n</math>, das heißt, die Abbildungsmatrix bezüglich der Basis <math>(v_1,\dotsc,v_n)</math> ist tatsächlich ein Jordanblock. |
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== Zur Form von Q == |
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Es existiert noch die alternative Darstellung der Jordanblöcke mit 1 in der ''unteren'' [[Nebendiagonale]]n. |
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Seien <math>\vec e_i </math> die Eigenvektoren zu den Jordankästchen <math>J_i</math> (Jedem Jordankästchen entspricht genau ein Eigenvektor) und <math>\vec h_{i,2} \dots{} \vec h_{i,l} \dots{} \vec h_{i,n_j}</math> die Hauptvektoren der jeweils l-ten Stufe, wobei n<sub>j</sub> die Dimension des j-ten Jordankästchens ist. |
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Im Spezialfall einer [[Diagonalisierbare Matrix|diagonalisierbaren Matrix]] ist die jordansche Normalform eine [[Diagonalmatrix]]. |
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Die Matrix Q hat dann die Form: |
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=== Form der Transformationsmatrix === |
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<math> |
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Seien <math>v_{j,1}, \ldots, v_{j,l}, \ldots, v_{j,s_j}</math> [[Hauptvektor]]en der jeweils <math>l</math>-ten Stufe, wobei <math>s_j</math> die Dimension des <math>j</math>-ten Jordanblocks sei, <math>j = 1,\dotsc,k</math>. Dann ist <math>Q</math>, definiert durch |
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Q = \vec e_1 , \vec h_{1,2} , \dots{} ,\vec h_{1,n_1} , \dots{} , \vec e_k , \vec h_{k,2} , \dots{} , \vec h_{k,n_k} |
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</math> |
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:<math> |
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wobei k die Anzahl der Jordankästchen war. |
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Q := (v_{1,1} | \ldots | v_{1,s_1}| \ldots | v_{k,1} | \ldots | v_{k,s_k}) |
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</math>, |
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eine Transformationsmatrix, die mittels <math>Q^{-1}AQ = J</math> die jordansche Normalform <math>J</math> von <math>A</math> herstellt. |
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In Worten: Die Spalten von Q sind die Eigenvektoren mit den dazugehörigen Hauptvektoren in der Reihenfolge der dazugehörigen Jordankästchen. |
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In Worten: Die Spalten von <math>Q</math> sind die Eigenvektoren mit den dazugehörigen Hauptvektoren in der Reihenfolge der dazugehörigen Jordanblöcke. Allerdings ist <math>Q</math> nicht eindeutig bestimmt. |
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== Reelle Jordansche Normalform == |
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== Algorithmus zur Bestimmung einer komplexen jordanschen Normalform == |
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Betrachtet man Matrizen über den reellen Zahlen '''R''', so kann es passieren, dass das [[Charakteristisches Polynom|charakteristische Polynom]] nicht in Linearfaktoren zerfällt (also komplexe Nullstellen besitzt). |
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Für die jordansche Normalform eines [[Endomorphismus]] <math>u \colon V \to V</math> eines <math>n</math>-dimensionalen <math>\mathbb C</math>-Vektorraums <math>V</math> wählt man eine Basis <math>B=(b_{1}, \ldots,b_{n})</math> des [[Vektorraum]]s <math>V</math> und berechnet die jordansche Normalform der Abbildungsmatrix <math>A = M_{B}(u)</math> von <math>u</math> bezüglich der Basis <math>B</math>. |
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Da man in diesem Fall die normale Jordansche Normalform nicht verwenden kann (sie hätte Einträge aus '''C'''), führt man die reelle Jordanform ein. |
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Im Folgenden wird daher <math>V = \mathbb{C}^n</math> gesetzt und die komplexe jordansche Normalform einer quadratischen Matrix <math>A\in\Complex^{n\times n}</math> bestimmt. Die [[Einheitsmatrix]] wird mit <math>E_{n}</math> bezeichnet. |
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Sei <math>\lambda_j = a_j + b_j i </math> Eigenwert dann ist auch |
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=== Bestimmung der Eigenwerte === |
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<math> \bar \lambda_j = a_j - b_j i </math> Eigenwert |
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Mit Hilfe des [[Charakteristisches Polynom|charakteristischen Polynoms]] |
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:<math>\chi_A = \det\left(\lambda E_n - A\right)</math> |
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errechnet man aus seinen Nullstellen die ''paarweise verschiedenen'' Eigenwerte |
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:<math>\lambda_1, \ldots ,\lambda_k\in \Complex\,.</math> |
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Die J<sub>j</sub> Jordan-Blöcke haben jetzt folgende Form: |
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Die Eigenwerte werden hier also nicht ihrer Vielfachheit entsprechend aufgeführt. |
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<math> J_j= \begin{pmatrix} |
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a_j & b_j & 1 & & & & & 0 \\ |
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=== Bestimmung der Größe der Jordanblöcke === |
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-b_j & a_j & 0 & 1& & & & \\ |
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Hierfür müssen zunächst die [[Dimension (Mathematik)|Dimensionen]] der verallgemeinerten [[Eigenraum|Eigenräume]] bestimmt werden. Das heißt, man berechnet für alle <math>1 \leq j \leq k</math> die Zahlen |
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& & a_j & b_j & 1 & & & \\ |
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:<math>a_{j, s} := \dim \operatorname{Kern}(A - \lambda_{j}E_n)^{s}, \quad s \in \mathbb{N}_0\,.</math> |
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& & -b_j & a_j & 0 & 1& & \\ |
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Insbesondere ist stets <math>a_{j, 0} = 0</math> und <math>a_{j, 1}</math> ist gerade die [[geometrische Vielfachheit]] des Eigenwerts <math>\lambda_j</math>. |
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&&& \ddots{} & \ddots{} & \ddots{} & \ddots{} & \\ |
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Die Dimension des [[Kern (Algebra)|Kerns]] kann mit Hilfe des [[Rangsatz|Dimensionssatzes]] aus dem [[Rang (Lineare Algebra)|Rang]] berechnet werden, der beispielsweise mit dem [[Gaußsches Eliminationsverfahren|gaußschen Algorithmus]] bestimmt werden kann. |
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Die Folge der <math>a_{j, s}</math> ist monoton wachsend und wird ab einem bestimmten Wert für <math>s</math> stationär, spätestens bei der algebraischen Vielfachheit des [[Eigenwert]]es im [[Charakteristisches Polynom|charakteristischen Polynom]]. |
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Die Anzahl der Jordanblöcke der Größe <math>s</math> zum Eigenwert <math>\lambda_j</math> lässt sich dann mit Hilfe der Formel |
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:<math>(a_{j, s}-a_{j, s-1})-(a_{j, s+1}-a_{j, s})</math> |
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berechnen. Außerdem gibt <math>a_{j, 1}</math> die Gesamtzahl der zu diesem Eigenwert gehörigen Jordanblöcke an. |
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=== Komplexe jordansche Normalform === |
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Die erhaltenen Jordanblöcke schreibt man in eine Matrix und erhält die komplexe jordansche Normalform einer Matrix. Haben alle Blöcke die Größe 1, liegt der Spezialfall einer [[Diagonalmatrix]] vor, und <math>A</math> ist somit diagonalisierbar. |
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Das [[Minimalpolynom (Lineare Algebra)|Minimalpolynom]] <math>g\in \mathbb C[X]</math> von <math>A</math> erhält man aus <math>g=\prod_{j=1}^{k}(X-\lambda_{j})^{m_{j}}</math>, |
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worin <math>m_{j}</math> die Größe des größten Jordanblocks zum Eigenwert <math>\lambda_{j}</math> bezeichnet. |
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Die jordansche Normalform ist bis auf die Reihenfolge der Jordanblöcke eindeutig bestimmt. Sofern alle Eigenwerte in <math>\mathbb K</math> liegen, sind zwei Matrizen, welche dieselbe jordansche Normalform haben, zueinander ähnlich. |
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=== Beispiel === |
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Man betrachte die Matrix <math>A\in \Complex^{5 \times 5}</math>, die definiert sei als |
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:<math>A:=\left(\begin{array}{r} 25 & -16 & 30 & -44 & -12 \\ 13 & -7 & 18 & -26 & -6 \\ |
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-18 & 12 & -21 & 36 & 12 \\ -9 & 6 & -12 & 21 & 6 \\ 11 & -8 & 15 & -22 & -3 \end{array}\right) .</math> |
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Ihr charakteristisches Polynom lautet <math>\chi_A = (X-3)^{5}</math>. Somit besitzt diese Matrix genau einen Eigenwert, nämlich 3. Mit der Abkürzung <math>B := A - 3 E_5</math> werden nun die <math>a_{s}</math> bestimmt: |
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Es gilt <math>\operatorname{rg}(B)=2</math>. |
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Somit ist <math>a_{1}=\dim(V)-\operatorname{rg}(B)=5-2=3</math>. |
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Weiterhin ist <math>B^2</math> die [[Nullmatrix]], also gilt <math>\operatorname{rg}(B^2)= 0</math> und somit <math>a_2=5-0=5</math> und die Folge <math>a_s</math> wird ab dieser Stelle stationär. |
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Damit folgt: Es gibt <math>a_1 = 3</math> Jordanblöcke, davon |
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:<math>(a_1-a_0)-(a_2-a_1)=3-2=1</math> Jordanblock der Größe 1 und |
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:<math>(a_2-a_1)-(a_3-a_2)=2-0=2</math> Jordanblöcke der Größe 2. |
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Somit ist <math>\begin{pmatrix} 3&1&0&0&0 \\ 0&3&0&0&0 \\ 0&0&3&1&0 \\ 0&0&0&3&0 \\ 0&0&0&0&3 \end{pmatrix}</math> |
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die jordansche Normalform von <math>A</math>. Das Minimalpolynom von <math>A</math> ist <math>(X-3)^2</math>. |
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== Bestimmung einer Basistransformation zur komplexen jordanschen Normalform == |
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Nun soll eine [[Basiswechsel (Vektorraum)|Basistransformationsmatrix]] <math>P \in {\rm GL}(n; \mathbb{C})</math> bestimmt werden, die |
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:<math>J = P^{-1}AP</math> |
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erfüllt. Sie ist durch diese Gleichung bekanntlich nicht eindeutig bestimmt. Das Standard-Verfahren verwendet die vorherige Kenntnis der komplexen jordanschen Normalform <math>J</math>. |
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=== Ein Standard-Verfahren === |
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Ein gängiges Verfahren, um eine Basistransformation zu erhalten, ist das folgende: Man bestimme (wie auch bei obigem naiven Ansatz) zunächst die Jordannormalform <math>J</math>. Dann hat man insbesondere schon alle Eigenwerte <math>\lambda</math> berechnet sowie die Kerne <math>\operatorname{Kern}(A-\lambda I)^k</math> für alle <math>1\leq k \leq m(\lambda)</math>, worin <math>m(\lambda) \in \mathbb N</math> die Dimension des größten Jordanblocks zum Eigenwert <math>\lambda</math> bezeichnet. Anschließend arbeite man zur Bestimmung einer [[reguläre Matrix|regulären Matrix]] <math>P</math> mit <math>J = P^{-1}AP</math> die Blöcke nacheinander ab. Dabei ist zu beachten, dass man bei Jordanblöcken zum selben Eigenwert stets vom größten Block zum kleinsten Block vorgeht. |
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Zu jedem Block der Größe <math>s</math> und Eigenwert <math>\lambda</math> werden <math>s</math> Spalten der Basistransformationsmatrix <math>v^1, \ldots, v^s</math> nach einem bestimmten Schema bestimmt. Wenn der Block in <math>J</math> die Spalten <math>m, \ldots, m+s-1</math> belegt, so werden die Vektoren <math>v^1, \ldots, v^s</math> in <math>P</math> ebenso (von links nach rechts) in die Spalten <math>m, \ldots, m+s-1</math> eingefügt. Die Vektoren <math>v^1, \ldots, v^s</math> werden nun wie folgt bestimmt: |
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* Man wähle <math>v^s \in \operatorname{Kern}(A-\lambda I)^s \setminus \operatorname{Span}(\operatorname{Kern}(A-\lambda I)^{s-1} \cup M)</math> beliebig, worin <math>M</math> die Menge der zuvor berechneten Spalten (d. h. Basisvektoren) der Stufe <math>s</math> aus zuvor abgearbeiteten Jordanblöcken zum selben Eigenwert <math>\lambda</math> (sofern vorhanden) bezeichnet. Insbesondere an dieser relativ ''freien'' Wahl erkennt man, dass die Basistransformation nicht eindeutig sein kann. Wenn <math>s = 1</math>, ist <math>v^1</math> einfach ein [[Eigenvektor]] zum Eigenwert <math>\lambda</math>. |
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* Nach der Wahl obigen Vektors besteht nun für die weiteren Basisvektoren keine Wahlfreiheit mehr: Man muss sukzessiv <math>v^j := (A-\lambda I)v^{j+1}</math> für alle <math>j = s-1, \ldots, 1</math> setzen. |
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Nachdem man auf obige Weise alle Jordanblöcke abgearbeitet hat, wurden am Ende alle Spalten von <math>P</math> aufgefüllt. Es gilt: Die Matrix <math>P</math> ist regulär und erfüllt <math>P^{-1}AP = J</math>, und ihre Spalten bilden eine Basis, bezüglich deren <math>A</math> die Darstellung <math>J</math> besitzt. |
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Wird die alternative Darstellung der Jordanblöcke gewählt, d. h. mit 1 in der ''unteren'' Nebendiagonalen, muss lediglich die Reihenfolge der Basisvektoren ''pro Jordanblock'' umgekehrt werden. |
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==== Beispiel ==== |
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Als erläuterndes Beispiel betrachte man hierzu die Matrix |
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:<math>A:=\begin{pmatrix} 25 & -16 & 30 & -44 & -12 \\ 13 & -7 & 18 & -26 & -6 \\ |
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-18 & 12 & -21 & 36 & 12 \\ -9 & 6 & -12 & 21 & 6 \\ 11 & -8 & 15 & -22 & -3 \end{pmatrix}</math> |
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wie oben. Es gilt |
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:<math>\operatorname{Kern}(A-3I) = \operatorname{Span}\left ( \left\{ \begin{pmatrix}-2\\1\\2\\0\\0\\\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}2\\0\\0\\1\\0\\\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}2\\2\\0\\0\\1\\\end{pmatrix} \right \} \right )</math> und <math>\operatorname{Kern}(A-3I)^2 = \mathbb{C}^5</math>. |
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Ihre Jordannormalform lautet |
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:<math>J = \begin{pmatrix} 3&1&0&0&0 \\ 0&3&0&0&0 \\ 0&0&3&1&0 \\ 0&0&0&3&0 \\ 0&0&0&0&3 \end{pmatrix}</math>. |
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Man beginne mit dem ersten Jordanblock der Dimension 2. Dazu wähle man |
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:<math>v^2 \in \operatorname{Kern}(A-3I)^2 \setminus \operatorname{Kern}(A-3I)^1</math> |
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beliebig, beispielsweise <math>v^2 := \begin{pmatrix}1\\0\\0\\0\\0\\\end{pmatrix}</math>. Dann ist <math>v^1 := (A-3I)v^2 = \begin{pmatrix}22\\13\\-18\\-9\\11\\\end{pmatrix}</math> zu wählen. Daraus erhält man |
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<math>P := \begin{pmatrix} 22 & 1 & * & * & * \\ 13 & 0 & * & * & * \\ |
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-18 & 0 & * & * & * \\ -9 & 0 & * & * & * \\ 11 & 0 & * & * & * \end{pmatrix}</math>. |
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Nun gehe man zum zweiten Jordanblock der Größe 2 über. Man wähle nun |
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:<math>w^2 \in \operatorname{Kern}(A-3I)^2 \setminus \operatorname{Span}(\operatorname{Kern}(A-3I)^1 \cup \{v^2\})</math> |
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beliebig, beispielsweise <math>w^2 := \begin{pmatrix}0\\1\\0\\0\\0\\\end{pmatrix}</math>. Dann ist <math>w^1 := (A-3I)w^2 = \begin{pmatrix}-16\\-10\\12\\6\\-8\\\end{pmatrix}</math>, und man landet bei |
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<math>P = \begin{pmatrix} 22 & 1 & -16 & 0 & * \\ 13 & 0 & -10 & 1 & * \\ |
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-18 & 0 & 12 & 0 & * \\ -9 & 0 & 6 & 0 & * \\ 11 & 0 & -8 & 0 & * \end{pmatrix}</math>. |
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Schließlich ist der letzte Jordanblock (der Größe 1) an der Reihe. Man wähle hierzu |
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:<math>x^1 \in \operatorname{Kern}(A-3I)^1 \setminus \operatorname{Span}(\{v^1, w^1\})</math> |
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beliebig, beispielsweise <math>x^1 := \begin{pmatrix}2\\0\\0\\1\\0\\\end{pmatrix}</math>. Dann ist |
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<math>P = \begin{pmatrix} 22 & 1 & -16 & 0 & 2 \\ 13 & 0 & -10 & 1 & 0 \\ |
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-18 & 0 & 12 & 0 & 0 \\ -9 & 0 & 6 & 0 & 1 \\ 11 & 0 & -8 & 0 & 0 \end{pmatrix}</math> |
|||
eine reguläre Matrix mit <math>J = P^{-1}AP</math>. |
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== Jordansche Normalform nilpotenter Matrizen == |
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Eine [[nilpotente Matrix]] hat ausschließlich den Eigenwert null, weswegen die [[Hauptdiagonale]] ihrer jordanschen Normalform aus Nullen besteht. Sei <math>N_p</math> der Jordanblock der Größe <math>p</math> zum Eigenwert null. Dann ist jede nilpotente n×n-Matrix ähnlich zu einer eindeutig bestimmten [[Blockdiagonalmatrix]]<ref>{{Literatur |
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| Autor=[[Egbert Brieskorn|E. Brieskorn]] |
|||
| Titel=Lineare Algebra und analytische Geometrie |
|||
| Band=II |
|||
| Seiten=20 |
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| Verlag=Vieweg |
|||
| Jahr=1985 |
|||
| ISBN=3-528-08562-2}}</ref> |
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:<math>J=\begin{pmatrix}N_{p_1}\\&N_{p_2}\\&&\ddots\\&&&N_{p_k} |
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\end{pmatrix}</math> |
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mit |
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:<math>p_1+p_2+\dots+p_k=n</math> und <math>p_1\ge p_2\ge\dots\ge p_k</math> |
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Die [[Partitionsfunktion]] <math>P(n)</math> gibt die Anzahl der [[Äquivalenzklasse]]n für nilpotente n×n-Matrizen an. |
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Mit jeder Potenz von <math>J</math> entfernen sich die Einsen um einen Schritt von der Hauptdiagonalen. In <math>J=J^1</math> ist der Abstand per definitionem eins, in <math>J^2</math> zwei, in <math>J^k</math> ist der Abstand <math>k</math>. Das heißt, <math>J</math> ist nilpotent mit einem Nilpotenzgrad kleiner oder gleich <math>n</math>. |
|||
Sei <math>D</math> die [[Diagonalmatrix]], deren Hauptdiagonale dieselbe ist wie die der jordanschen Normalform <math>J</math> einer trigonalisierbaren Matrix, und <math>N</math> sei die Matrix, die aus <math>J</math> entsteht, indem die Hauptdiagonale mit Nullen belegt wird. Dann liegt die Summenzerlegung |
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:<math>J = D + N</math> mit <math>DN = ND</math> |
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vor. Somit lässt sich jede trigonalisierbare Matrix in eine diagonalisierbare und eine nilpotente Matrix additiv zerlegen. Siehe auch [[Schursche Normalform]] und [[Jordan-Chevalley-Zerlegung]] eines Endomorphismus. |
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== Reelle jordansche Normalform == |
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Betrachtet man reelle Matrizen, so zerfällt deren charakteristisches Polynom im Allgemeinen nicht mehr vollständig in Linearfaktoren, sondern nur noch in irreduzible Faktoren, die in diesem Fall stets lineare oder quadratische Faktoren sind. Es stellt sich nun die Frage nach einer Normalform, wenn man ausschließlich reelle Basistransformationen zulässt. |
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Zu einem quadratischen irreduziblen Faktor <math>(\lambda-a_j)^2 + b_j^2</math> mit <math>b_j > 0</math> definiert man als Jordanblock |
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:<math> J_j= \begin{pmatrix} |
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a_j & b_j & 1 & 0 & & & & 0 \\ |
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-b_j & a_j & 0 & 1 & & & & \\ |
|||
& & a_j & b_j & 1 & 0 & & \\ |
|||
& & -b_j & a_j & 0 & 1 & & \\ |
|||
&&& \ddots{} & \ddots{} & \ddots{} & 1 & 0 \\ |
|||
&&&& \ddots{} & \ddots{} & 0 & 1 \\ |
&&&& \ddots{} & \ddots{} & 0 & 1 \\ |
||
&&&&& \ddots{} & a_j & b_j \\ |
&&&&& \ddots{} & a_j & b_j \\ |
||
0 &&&&& & -b_j & a_j \\ |
0 &&&&& & -b_j & a_j \\ |
||
\end{pmatrix}</math> |
\end{pmatrix}. </math> |
||
Wir nennen die Anzahl der Zeilen (bzw. Spalten) die Größe dieses Blocks. Dann bezeichnet man |
|||
für die Matrix J gilt immer noch: |
|||
<math> |
:<math> |
||
J= \begin{pmatrix} |
J= \begin{pmatrix} |
||
J_1 & & 0 \\ |
J_1 & & 0 \\ |
||
Zeile 66: | Zeile 195: | ||
0 & & J_k |
0 & & J_k |
||
\end{pmatrix} |
\end{pmatrix} |
||
= |
= P^{-1}AP |
||
</math> |
</math> |
||
als reelle jordansche Normalform. Um sie und eine geeignete reelle Matrix <math>P \in \mathbb{R}^{n \times n}</math> zu bestimmen, kann man folgendermaßen vorgehen: |
|||
Allerdings für ein anderes Q |
|||
* Bestimme das charakteristische Polynom und faktorisiere es in irreduzible Faktoren. Es ergibt sich |
|||
::<math>\chi(\lambda) = \prod_{j=1}^k\left(\lambda-\lambda_j\right)^{\mu_j} \cdot \prod_{j=1}^l\left(\left(\lambda-a_j\right)^2 + b_j^2\right)^{\nu_j}</math>, |
|||
:wobei <math>\lambda_1, \ldots, \lambda_k \in \mathbb{R}</math> paarweise verschiedene Eigenwerte mit Vielfachheit <math>\mu_j \in \mathbb{N}</math> bezeichnen. Weiter seien darin <math>a_1, \ldots, a_l \in \mathbb{R}</math>, <math>b_1, \ldots, b_l > 0</math>, <math>\nu_1, \ldots, \nu_l \in \mathbb{N}</math> und <math>(a_1, b_1), \ldots, (a_l, b_l)</math> [[paarweise verschieden]]. |
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* Für jedes <math>j \in \{1, \ldots, k\}</math> bestimme man |
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== Systeme linearer Differentialgleichungen == |
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:<math>K_{j,m} := \operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}(A-\lambda_j E)^m</math> für <math>m=1, 2, \ldots, m_j</math>, |
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:worin <math>m_j \leq \mu_j</math> die kleinste natürliche Zahl <math>m</math> ist mit <math>\dim_{\mathbb{R}}K_{j,m} = \dim_{\mathbb{R}}K_{j,m + 1}</math>. Analog bestimme man für jedes <math>j \in \{1, \ldots, l\}</math> |
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:<math>K^{j,m} := \operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}\left(\left(A-a_j E\right)^2 + b_j^2 E\right)^m</math> für <math>m=1, 2, \ldots, n_j</math>, |
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:worin <math>n_j \leq \nu_j</math> die kleinste natürliche Zahl <math>m</math> ist mit <math>\dim_{\mathbb{R}}K^{j,m} = \dim_{\mathbb{R}}K^{j,m + 1}</math>. |
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:Zudem setzen wir <math>K_{j,0} := K^{j,0} := \{0\}</math>. |
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* Nun stelle man die jordansche Normalform auf. Es gilt hierbei |
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Die JNF ist eng verknüpft mit linearen Differentialgleichungen ''y'(x)=Ay(x)'' in einer Dimension ''n'', d.h. ''A'' ist eine ''n×n''-Matrix mit konstanten reellen oder komplexen Komponenten. Diese hat die formale Lösung durch [[Potenzreihe]]nansatz |
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** <math>\ \dim_{\mathbb{R}}K_{j,m} - \dim_{\mathbb{R}}K_{j,m-1}</math> ist die Anzahl der Jordanblöcke zum Eigenwert <math>\lambda_j</math>, deren Größe größer oder gleich <math>m</math> ist. |
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:<math>y(x)=\sum_{k=0}^\infty\frac{A^kx^k}{k!}y_0=y_0+x\cdot Ay_0+\frac{x^2}{2}\cdot A^2y_0+\dots</math> |
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** <math>\frac{1}{2}(\dim_{\mathbb{R}}K^{j,m} - \dim_{\mathbb{R}}K^{j,m-1})</math> ist die Anzahl der Jordanblöcke zum Faktor <math>(\lambda-a_j)^2 + b_j^2</math>, deren Größe größer oder gleich <math>2m</math> ist. |
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mit Anfangswert y(0)=y<sub>0</sub>. |
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:Außerdem ist <math>\mu_j</math> die Summe der Jordanblockgrößen zum Eigenwert <math>\lambda_j</math> und <math>2\nu_j</math> die Summe der Jordanblockgrößen zum Faktor <math>(\lambda - a_j)^2 + b_j^2</math>. Aus diesen Angaben kann man eindeutig die jordansche Normalform <math>J</math> bestimmen. |
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* Danach bestimme man die Basistransformationsmatrix <math>P</math>, das heißt, man sucht eine reelle invertierbare Matrix <math>P \in \mathbb{R}^{n \times n}</math>, so dass <math>J = P^{-1}AP</math>. |
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Gilt nun für irgendeinen Exponenten ''m'' die Gleichung <math>A^my_0=0</math>, so bricht die Potenzreihe ab, das System hat eine polynomiale Lösung vom Grad kleiner ''m''. Man kann jetzt die Kerne der Matrixpotenzen bestimmen, für diese gilt <math>\ker A\subset \ker A^2\subset\dots\subset\ker A^n</math>. Bestimmt man nun eine zu dieser Schachtelfolge von Unterräumen angepasste Basis von <math>\ker A^n</math>, so erhält man die Jordan-Blöcke zum Eigenwert ''λ=0''. Ist zum Beispiel ''A<sup>m+1</sup>v=0'', aber ''A<sup>m</sup>v'' von Null verschieden, so sind <math>v,Av,\dots,A^m v</math> linear unabhängig und der Schachtelfolge angepasst. |
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Ein Verfahren, um eine Basistransformation zu erhalten, ist das folgende: |
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Für den allgemeinen Fall macht man den Ansatz <math>y(x)=\exp(\lambda x)u(x)</math>, es ergibt sich für ''u'' die Differentialgleichung <math>u' = (A - \lambda I)u</math>. Damit der maximale Kern <math>\ker (A - \lambda I)^n</math> nichttrivial ist, muss λ Eigenwert, d.h. Nullstelle des charakteristischen Polynoms det''(A-λI)'', von ''A'' sein. Die Kerne unterschiedlicher Eigenwerte sind transversal zueinander, so dass eine gemeinsame, den jeweiligen Kernen angepasste Basis des gesamten ''n''-dimansionalen Raumes gefunden werden kann. Für jedes Basiselement ergibt sich eine Lösung <math>y(x)=exp(\lambda x) u(x)</math> mit polynomialem ''u'', und jede Lösung kann aus diesen zusammengesetzt werden (Superpositionsprinzip). Nach geeignetem Sortieren der angepassten Basis und Transformation von ''A'' in diese Basis ergibt sich die '''Jordan-Normalform'''. |
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* Man arbeite die Blöcke nacheinander ab. Dabei ist zu beachten, dass man bei Jordanblöcken zum selben irreduziblen Faktor stets vom größten Block zum kleinsten Block vorgeht. Zu jedem Block der Größe <math>t</math> werden <math>t</math> Spalten der Basistransformationsmatrix <math>v^1, \ldots, v^t</math> nach einem bestimmten Schema bestimmt. Wenn der Block in <math>J</math> die Spalten <math>m, \ldots, m+t-1</math> belegt, so werden die Vektoren <math>v^1, \ldots, v^t</math> in <math>P</math> ebenso (von links nach rechts) in die Spalten <math>m, \ldots, m+t-1</math> eingefügt. Die Vektoren <math>v^1, \ldots, v^t</math> werden nun wie folgt bestimmt: |
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==''Siehe auch:''== |
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** Zu einem Jordanblock der Größe <math>m</math> zum Eigenwert <math>\lambda_j</math> wähle man <math>v^m \in K_{j,m} \setminus \operatorname{Span}_{\mathbb{R}}(K_{j,m-1} \cup M)</math> beliebig, worin <math>M</math> die Menge der zuvor berechneten Spalten (das heißt Basisvektoren) der Stufe <math>m</math> aus zuvor abgearbeiteten Jordanblöcken zum selben Eigenwert <math>\lambda_j</math> (sofern vorhanden) bezeichnet. Anschließend setze man sukzessiv <math>v^{t-1} := (A-\lambda_j E)v^t</math> für alle <math>t = m, \ldots, 2</math>. |
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[[Diagonalmatrix]] |
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** Zu einem Jordanblock der Größe <math>2m</math> zum irreduziblen Faktor <math>(\lambda-a_j)^2+b_j^2</math> wähle man einen Vektor <math>v^{2m} \in K^{j,m} \setminus \operatorname{Span}_{\mathbb{R}}(K^{j,m-1}\cup M)</math>, wobei <math>M</math> aus den bereits berechneten Hauptvektoren der Stufen <math>2m, 2m-1</math> zum selben irreduziblen Faktor <math>(\lambda-a_j)^2 + b_j^2</math> besteht. |
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::Dann setze man für <math>t = 2m, \ldots, 2</math> sukzessiv <math>v^{t-1} := \begin{cases} \frac{1}{b_j}(A-a_jE)v^t, & \text{falls } t \text{ gerade,} \\ (A-a_jE)v^t + b_jv^{t+1}, & \text{falls } t \text{ ungerade.} \end{cases}</math> |
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::Schließlich setzt man <math>P</math> wie gehabt aus den Vektoren <math>v^1, \ldots, v^{2m}</math> zusammen. |
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* Nachdem man auf obige Weise alle Jordanblöcke abgearbeitet hat, werden am Ende alle Spalten von <math>P</math> aufgefüllt. Es gilt: Die Matrix <math>P</math> ist regulär und erfüllt <math>P^{-1}AP = J</math>, und ihre Spalten bilden eine Basis, bezüglich deren <math>A</math> die Darstellung <math>J</math> besitzt. |
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=== Beispiel === |
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[[Kategorie:Lineare Algebra]] |
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Man betrachte die Matrix <math>B\in M_5(\mathbb R)</math>, die wie folgt definiert ist |
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[[en:Jordan normal form]] |
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[[fr:Réduction de Jordan]] |
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:<math>B:=\begin{pmatrix} 6 & -2 & 6 & 1 & 1 \\ 1 & -1 & 2 & 1 & -2 \\ |
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[[he:צורת ז'ורדן]] |
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-2 & 0 & -1 & 0 & -1 \\ -1 & 0 & -2 & 2 & -1 \\ -4 & 4 & -6 & -2 & 3 \end{pmatrix} .</math> |
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[[ja:ジョルダン標準形]] |
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[[pl:Postać Jordana]] |
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Ihr charakteristisches Polynom lautet <math>\chi(\lambda)=((\lambda-2)^2+1)^{2} (\lambda-1)</math>, wobei <math>(\lambda-2)^2+1</math> irreduzibel über <math>\mathbb{R}</math> ist. Nun berechnen wir die jordansche Normalform: |
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[[ru:Жорданова матрица]] |
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:<math>\operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}(B-1E) = \operatorname{Span}_{\mathbb{R}}\left ( \left \{\begin{pmatrix}1\\-1\\-1\\-1\\0\\\end{pmatrix}\right \} \right )</math>. |
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Dieser Kern hat die Dimension 1. Also gibt es nur einen Jordanblock der Größe mindestens 1. Andererseits muss die Summe der Jordanblockgrößen 1 sein (die Potenz von <math>\lambda-1</math>), so dass es genau einen Jordanblock zum Eigenwert 1 gibt, und er hat die Größe 1. Weiter hat |
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:<math>\operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}\left(\left(B-2E\right)^2 + 1^2E\right) = \operatorname{Span}_{\mathbb{R}}\left ( \left \{\begin{pmatrix}2\\0\\-1\\-1\\-1\\\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}0\\1\\0\\1\\-1\\\end{pmatrix}\right \} \right )</math> |
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die Dimension 2, so dass es demzufolge nur <math>\tfrac{1}{2} \cdot 2 = 1</math> Jordanblock der Größe mindestens 2 gibt. Da die Summe der Jordanblockgrößen 4 sein muss (das Doppelte der Potenz von <math>(\lambda-2)^2 + 1</math>), ergibt sich, dass dieser eine Jordanblock die Größe 4 besitzt. Außerdem errechnen wir |
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:<math>\operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}\left(\left(B-2E\right)^2 + 1^2E\right)^2 = \operatorname{Span}_{\mathbb{R}}\left ( \left \{\begin{pmatrix}1\\0\\0\\0\\-1\\\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}0\\1\\0\\0\\-1\\\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}0\\0\\1\\0\\-1\\\end{pmatrix}, \begin{pmatrix}0\\0\\0\\1\\0\\\end{pmatrix}\right \} \right )</math>. |
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Somit ist <math>J := \begin{pmatrix} 1 & & & & \\ & 2 & 1 & 1 & 0\\ & -1 & 2 &0 & 1 \\ |
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& & & 2 & 1 \\ & & & -1 & 2 \end{pmatrix}</math> die reelle jordansche Normalform von <math>B</math>. |
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Zum Vergleich lautet die komplexe jordansche Normalform |
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<math>J_{\mathbb{C}}:=\begin{pmatrix} 1 & & & & \\ & 2+i & 1 & & \\ & & 2+i & & \\ |
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& & & 2-i & 1 \\ & & & & 2-i \end{pmatrix}</math>. |
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Zum Berechnen einer Basistransformationsmatrix beginne man mit dem ersten ''reellen Eigenwert'' und dann mit dem (ersten) Jordanblock der Dimension 1. Man wähle |
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:<math>u^1 \in \operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}(B-1E)^1 \setminus \operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}(B-1E)^0</math> |
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beliebig, also beispielsweise <math>u^1 := \begin{pmatrix}1\\-1\\-1\\-1\\0\\\end{pmatrix}</math>. Daraus erhält man |
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<math>P := \begin{pmatrix} 1 & * & * & * & * \\ -1 & * & * & * & * \\ |
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-1 & * & * & * & * \\ -1 & * & * & * & * \\ 0 & * & * & * & * \end{pmatrix}</math>. |
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Nun gehe man zum ersten ''irreduziblen Faktor'' (komplexen Eigenwert) und dann zum Jordanblock der Größe 4 über. Dazu wähle man |
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:<math>v^4 \in \operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}((B-2E)^2 + 1^2E)^2 \setminus \operatorname{Kern}_{\mathbb{R}}((B-2E)^2 + 1^2E)^1</math> |
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beliebig, beispielsweise <math>v^4 := \begin{pmatrix}0\\0\\0\\1\\0\\\end{pmatrix}</math>. Dann ist <math>v^3 := \frac{1}{1}(B-2E)v^4 = \begin{pmatrix}1\\1\\0\\0\\-2\\\end{pmatrix}</math>, <math>v^2 := (B-2E)v^3 + bv^4 = \begin{pmatrix}0\\2\\0\\2\\-2\\\end{pmatrix}</math> und <math>v^1 := \frac{1}{1}(B-2E)v^2 = \begin{pmatrix}-4\\0\\2\\2\\2\\\end{pmatrix}</math> zu wählen. Daraus erhält man: |
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<math>P := \begin{pmatrix} 1 & -4 & 0 & 1 & 0 \\ -1 & 0 & 2 & 1 & 0 \\ |
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-1 & 2 & 0 & 0 & 0 \\ -1 & 2 & 2 & 0 & 1 \\ 0 & 2 & -2 & -2 & 0 \end{pmatrix}</math>. <math>P</math> ist eine reguläre Matrix mit <math>J = P^{-1}BP</math>. |
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== Jordansche Normalform in allgemeinen Körpern == |
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Die jordansche Normalform kann noch weiter verallgemeinert werden auf allgemeine [[Körper (Algebra)|Körper]]. In diesem Zusammenhang wird sie häufig auch als Weierstraß-Normalform (bzw. [[Frobenius-Normalform]]) bezeichnet. Dies erlaubt eine eindeutige Matrixdarstellung von Endomorphismen von endlichdimensionalen Vektorräumen, bei der sich alle ähnlichen Endomorphismen durch eine eindeutige Matrix darstellen lassen. So können ähnliche lineare Abbildungen identifiziert werden. Das [[Frobenius-Normalform#Lemma von Frobenius|Lemma von Frobenius]] charakterisiert zueinander ähnliche Matrizen durch die Elementarteiler ihrer charakteristischen Matrizen und liefert die Frobenius-Normalform als Normalform des Vektorraums unter der Operation eines Polynomrings. |
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Durch die Darstellung in der Weierstraß-Normalform ist der Aufbau des Minimalpolynoms sofort erkennbar und das charakteristische Polynom leicht zu berechnen. |
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== Matrixfunktion == |
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{{Hauptartikel|Matrixfunktion}} |
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Ein Weg, um aus einer skalaren Funktion <math>f\colon \mathbb{C}\to \mathbb{C}</math> eine [[Matrixfunktion]] <math>f\colon \mathbb{C}^{n\times n}\to \mathbb{C}^{n\times n}</math> zu bilden, ist über die jordansche Normalform der Matrix. Es gilt |
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:<math>f(A)=Qf(J)Q^{-1}.</math> |
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=== Anwendung bei linearen Differentialgleichungssystemen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten === |
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Gegeben sei ein [[Lineare gewöhnliche Differentialgleichung|lineares Differentialgleichungssystem]] (von <math>n</math> Gleichungen) erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten |
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:<math>y' = A\cdot y + g(x)</math> |
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durch eine Matrix <math>A \in \mathbb{C}^{n \times n}</math> und eine stetige Funktion <math>g\colon\mathbb{R} \rightarrow \mathbb{C}^n</math>. Es ist bekannt, dass die eindeutige Lösung des Anfangswertproblems |
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:<math>y(x_0) = y_0 \in \mathbb{C}^n</math> |
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gegeben ist durch |
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:<math>y(x) = e^{(x-x_0)A}\cdot y_0 + \int_{x_0}^x e^{(x-t)A}g(t){\rm d}t\ </math>, |
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worin |
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:<math>\exp(B) := e^B := \sum_{k=0}^\infty \frac{1}{k!}B^k</math> für <math>B \in \mathbb{C}^{n \times n}</math> |
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die [[Matrixexponential]]funktion bezeichnet. Man beachte: |
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* Die Matrixexponentialfunktion von einem komplexen Jordanblock kann explizit ausgerechnet werden: |
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::<math>\exp\left(t \cdot \begin{pmatrix}\lambda&1&0&\cdots&0\\0&\lambda&1&\ddots&0\\\vdots&\ddots&\ddots&\ddots&\vdots\\0&\cdots&0&\lambda&1\\0&\cdots&\cdots&0&\lambda\end{pmatrix}\right) = e^{t\lambda}\cdot\begin{pmatrix}1&\frac{t^1}{1!}&\frac{t^2}{2!}&\cdots&\frac{t^{n-1}}{(n-1)!}\\0&1&\frac{t^1}{1!}&\cdots&\frac{t^{n-2}}{(n-2)!}\\\vdots&\ddots&\ddots&\ddots&\vdots\\0&\cdots&0&1&\frac{t^1}{1!}\\0&\cdots&\cdots&0&1\end{pmatrix}</math>. |
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* Die Matrixexponentialfunktion von einer komplexen Jordannormalform <math>J = {\rm diag}(J_1, \ldots, J_m)</math> kann explizit berechnet werden mittels: |
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::<math>\exp(t\cdot {\rm diag}(J_1, \ldots, J_m)) = {\rm diag}(\exp(tJ_1), \ldots, \exp(tJ_m))</math>. |
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* Die Matrixexponentialfunktion einer Matrix <math>A</math>, deren komplexe Jordannormalform <math>J</math> zusammen mit einer Basistransformationsmatrix <math>P \in \mathbb{C}^{n \times n}</math> bekannt ist, das heißt <math>A = PJP^{-1}</math>, kann explizit berechnet werden mittels: |
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::<math>\exp(tA)=\exp(t\cdot PJP^{-1}) = P\cdot \exp(tJ) \cdot P^{-1}</math>. |
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Mit anderen Worten: Kennt man eine Darstellung <math>A=PJP^{-1}</math> mit der komplexen jordanschen Normalform <math>J</math>, so kann man <math>\exp(tA)</math> für jedes <math>t \in \mathbb{R}</math> explizit ausrechnen, so dass zum Bestimmen von |
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:<math>y(x) = e^{(x-x_0)A}\cdot y_0 + \int_{x_0}^x e^{(x-t)A}g(t){\rm d}t\ </math> |
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nur noch das Integrationsproblem zu lösen ist, welches im homogenen Fall <math>g = 0</math> völlig entfällt. |
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== Siehe auch == |
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* [[Diagonalmatrix|Diagonalisierung]] ist ein Spezialfall der jordanschen Normalform. |
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* Die jordansche Normalform ist ein Spezialfall der [[Frobenius-Normalform|Weierstraß-Normalform]]. |
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* Die Existenz der jordanschen Normalform liefert die Existenz der (additiven) [[Jordan-Chevalley-Zerlegung]] eines Endomorphismus. |
|||
* Da für die Existenz einer jordanschen Normalform die Existenz von Nullstellen des charakteristischen Polynoms ausschlaggebend ist, kann die reelle Normalform wie hier beschrieben allgemeiner für affine Selbstabbildungen des ''zwei''dimensionalen affinen Raumes über einem [[Euklidischer Körper|euklidischen]] und eines affinen Raumes mit beliebiger, endlicher Dimension über einem [[Reell abgeschlossener Körper|reell abgeschlossenen Körper]] bestimmt werden. |
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== Weblinks == |
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{{Wikiversity|Kurs:Lineare_Algebra_(Osnabrück_2017-2018)/Teil_I/Vorlesung_28|Vorlesung zu jordanscher Normalform}} |
|||
* Daniel Winkler: [http://www.danielwinkler.de/la/jnfkochrezept.pdf ''Kochen mit Jordan.'' (PDF-Datei; 264 kB)] |
|||
* [https://encyclopediaofmath.org/wiki/Jordan_matrix ''Jordan matrix.''] In: [[Encyclopaedia of Mathematics]]. (englisch) |
|||
* {{PlanetMath|id=JordanCanonicalFormTheorem |title=Jordan canonical form theorem}} |
|||
* [http://www.numbertheory.org/courses/MP274/realjord.pdf ''The Real Jordan Form.''] In: Number Theory Web. (englisch; PDF-Datei; 110 kB) |
|||
* Das Gelbe Rechenbuch / Zusätze: [http://www.das-gelbe-rechenbuch.de/download/Jordan.pdf ''Jordanform von Matrizen'' (PDF-Datei; 81 kB)] |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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== Literatur == |
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* {{Literatur | Autor=Herbert Amann | Titel=Gewöhnliche Differentialgleichungen | Auflage=2 | Verlag=De Gruyter | Ort=Berlin | Jahr=1995 | ISBN=3-11-014582-0}} |
|||
* {{Literatur | Autor=[[Gilbert Strang]] | Titel=Lineare Algebra | Auflage=1 | Verlag=Springer-Verlag | Ort=Berlin | Jahr=2003 | ISBN=3-540-43949-8 |Seiten= }} (Literatur zu Eigenwerten und Eigenvektoren sowie Matrizen-Rechnung). |
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[[Kategorie:Lineare Algebra]] |
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[[Kategorie:Normalform]] |
Aktuelle Version vom 1. Mai 2025, 00:25 Uhr
Die jordansche Normalform ist ein Begriff aus dem mathematischen Teilgebiet der linearen Algebra. Benannt wurde sie nach Marie Ennemond Camille Jordan, der sie 1870 für endliche Körper und 1871 im Zusammenhang mit der Lösung komplexer Differentialgleichungssysteme für komplexe Matrizen herleitete, die aber auch schon 1868 Karl Weierstraß in seiner Behandlung bilinearer Formen im Komplexen bekannt war[1]. Die jordansche Normalform ist ein einfacher Vertreter der Äquivalenzklasse der zu einer trigonalisierbaren Matrix ähnlichen Matrizen. Die Trigonalisierbarkeit ist gleichbedeutend damit, dass das charakteristische Polynom der Matrix vollständig in Linearfaktoren zerfällt. Matrizen über einem algebraisch abgeschlossenen Körper sind immer trigonalisierbar und daher immer ähnlich einer jordanschen Normalform.
Für jede lineare Abbildung eines endlichdimensionalen Vektorraums, deren charakteristisches Polynom vollständig in Linearfaktoren zerfällt, kann eine Vektorraumbasis gewählt werden, so dass die Abbildungsmatrix, die die Abbildung bezüglich dieser Basis beschreibt, die jordansche Normalform hat. Dies gilt insbesondere für jede nilpotente Matrix.
Für jede beliebige, auch nicht trigonalisierbare Matrix liefert die rationale Normalform oder Frobenius-Normalform einen standardisierten Repräsentanten der Ähnlichkeitsklasse dieser Matrix.
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die jordansche Normalform zu einer quadratischen -Matrix über den komplexen Zahlen ist eine Matrix in der folgenden Blockdiagonalform:
Die Matrix ist die Matrix der Eigenvektoren und Hauptvektoren, aus denen sie spaltenweise besteht. bezeichnet dabei die inverse Matrix von . Die Darstellung von als
wird als Jordanzerlegung (engl. jordan decomposition) von bezeichnet. Die Matrizen heißen Jordanblöcke oder Jordankästchen; sie sind Bidiagonalmatrizen der folgenden Form:
Die sind dabei die Eigenwerte von . Zu jedem Eigenwert gibt es seiner geometrischen Vielfachheit entsprechend viele Jordanblöcke. Die geometrische Vielfachheit ist dabei die Dimension des Eigenraums zum Eigenwert . Die Gesamtdimension aller Jordanblöcke eines Eigenwertes entspricht seiner algebraischen Vielfachheit, d. h. seiner Vielfachheit im charakteristischen Polynom.
In einem Jordanblock sind die sogenannten Jordanketten „gespeichert“ (siehe Hauptvektor). Bestehe z. B. nur aus einem Jordanblock mit Eigenwert und bezeichne einen Hauptvektor -ter Stufe, das heißt, ist ein Eigenvektor zum Eigenwert und es gilt und für , dann gelten und für , das heißt, die Abbildungsmatrix bezüglich der Basis ist tatsächlich ein Jordanblock.
Es existiert noch die alternative Darstellung der Jordanblöcke mit 1 in der unteren Nebendiagonalen.
Im Spezialfall einer diagonalisierbaren Matrix ist die jordansche Normalform eine Diagonalmatrix.
Form der Transformationsmatrix
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seien Hauptvektoren der jeweils -ten Stufe, wobei die Dimension des -ten Jordanblocks sei, . Dann ist , definiert durch
- ,
eine Transformationsmatrix, die mittels die jordansche Normalform von herstellt.
In Worten: Die Spalten von sind die Eigenvektoren mit den dazugehörigen Hauptvektoren in der Reihenfolge der dazugehörigen Jordanblöcke. Allerdings ist nicht eindeutig bestimmt.
Algorithmus zur Bestimmung einer komplexen jordanschen Normalform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die jordansche Normalform eines Endomorphismus eines -dimensionalen -Vektorraums wählt man eine Basis des Vektorraums und berechnet die jordansche Normalform der Abbildungsmatrix von bezüglich der Basis .
Im Folgenden wird daher gesetzt und die komplexe jordansche Normalform einer quadratischen Matrix bestimmt. Die Einheitsmatrix wird mit bezeichnet.
Bestimmung der Eigenwerte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit Hilfe des charakteristischen Polynoms
errechnet man aus seinen Nullstellen die paarweise verschiedenen Eigenwerte
Die Eigenwerte werden hier also nicht ihrer Vielfachheit entsprechend aufgeführt.
Bestimmung der Größe der Jordanblöcke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hierfür müssen zunächst die Dimensionen der verallgemeinerten Eigenräume bestimmt werden. Das heißt, man berechnet für alle die Zahlen
Insbesondere ist stets und ist gerade die geometrische Vielfachheit des Eigenwerts . Die Dimension des Kerns kann mit Hilfe des Dimensionssatzes aus dem Rang berechnet werden, der beispielsweise mit dem gaußschen Algorithmus bestimmt werden kann.
Die Folge der ist monoton wachsend und wird ab einem bestimmten Wert für stationär, spätestens bei der algebraischen Vielfachheit des Eigenwertes im charakteristischen Polynom. Die Anzahl der Jordanblöcke der Größe zum Eigenwert lässt sich dann mit Hilfe der Formel
berechnen. Außerdem gibt die Gesamtzahl der zu diesem Eigenwert gehörigen Jordanblöcke an.
Komplexe jordansche Normalform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die erhaltenen Jordanblöcke schreibt man in eine Matrix und erhält die komplexe jordansche Normalform einer Matrix. Haben alle Blöcke die Größe 1, liegt der Spezialfall einer Diagonalmatrix vor, und ist somit diagonalisierbar.
Das Minimalpolynom von erhält man aus , worin die Größe des größten Jordanblocks zum Eigenwert bezeichnet.
Die jordansche Normalform ist bis auf die Reihenfolge der Jordanblöcke eindeutig bestimmt. Sofern alle Eigenwerte in liegen, sind zwei Matrizen, welche dieselbe jordansche Normalform haben, zueinander ähnlich.
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Man betrachte die Matrix , die definiert sei als
Ihr charakteristisches Polynom lautet . Somit besitzt diese Matrix genau einen Eigenwert, nämlich 3. Mit der Abkürzung werden nun die bestimmt:
Es gilt . Somit ist .
Weiterhin ist die Nullmatrix, also gilt und somit und die Folge wird ab dieser Stelle stationär.
Damit folgt: Es gibt Jordanblöcke, davon
- Jordanblock der Größe 1 und
- Jordanblöcke der Größe 2.
Somit ist die jordansche Normalform von . Das Minimalpolynom von ist .
Bestimmung einer Basistransformation zur komplexen jordanschen Normalform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nun soll eine Basistransformationsmatrix bestimmt werden, die
erfüllt. Sie ist durch diese Gleichung bekanntlich nicht eindeutig bestimmt. Das Standard-Verfahren verwendet die vorherige Kenntnis der komplexen jordanschen Normalform .
Ein Standard-Verfahren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein gängiges Verfahren, um eine Basistransformation zu erhalten, ist das folgende: Man bestimme (wie auch bei obigem naiven Ansatz) zunächst die Jordannormalform . Dann hat man insbesondere schon alle Eigenwerte berechnet sowie die Kerne für alle , worin die Dimension des größten Jordanblocks zum Eigenwert bezeichnet. Anschließend arbeite man zur Bestimmung einer regulären Matrix mit die Blöcke nacheinander ab. Dabei ist zu beachten, dass man bei Jordanblöcken zum selben Eigenwert stets vom größten Block zum kleinsten Block vorgeht.
Zu jedem Block der Größe und Eigenwert werden Spalten der Basistransformationsmatrix nach einem bestimmten Schema bestimmt. Wenn der Block in die Spalten belegt, so werden die Vektoren in ebenso (von links nach rechts) in die Spalten eingefügt. Die Vektoren werden nun wie folgt bestimmt:
- Man wähle beliebig, worin die Menge der zuvor berechneten Spalten (d. h. Basisvektoren) der Stufe aus zuvor abgearbeiteten Jordanblöcken zum selben Eigenwert (sofern vorhanden) bezeichnet. Insbesondere an dieser relativ freien Wahl erkennt man, dass die Basistransformation nicht eindeutig sein kann. Wenn , ist einfach ein Eigenvektor zum Eigenwert .
- Nach der Wahl obigen Vektors besteht nun für die weiteren Basisvektoren keine Wahlfreiheit mehr: Man muss sukzessiv für alle setzen.
Nachdem man auf obige Weise alle Jordanblöcke abgearbeitet hat, wurden am Ende alle Spalten von aufgefüllt. Es gilt: Die Matrix ist regulär und erfüllt , und ihre Spalten bilden eine Basis, bezüglich deren die Darstellung besitzt.
Wird die alternative Darstellung der Jordanblöcke gewählt, d. h. mit 1 in der unteren Nebendiagonalen, muss lediglich die Reihenfolge der Basisvektoren pro Jordanblock umgekehrt werden.
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als erläuterndes Beispiel betrachte man hierzu die Matrix
wie oben. Es gilt
- und .
Ihre Jordannormalform lautet
- .
Man beginne mit dem ersten Jordanblock der Dimension 2. Dazu wähle man
beliebig, beispielsweise . Dann ist zu wählen. Daraus erhält man . Nun gehe man zum zweiten Jordanblock der Größe 2 über. Man wähle nun
beliebig, beispielsweise . Dann ist , und man landet bei . Schließlich ist der letzte Jordanblock (der Größe 1) an der Reihe. Man wähle hierzu
beliebig, beispielsweise . Dann ist eine reguläre Matrix mit .
Jordansche Normalform nilpotenter Matrizen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine nilpotente Matrix hat ausschließlich den Eigenwert null, weswegen die Hauptdiagonale ihrer jordanschen Normalform aus Nullen besteht. Sei der Jordanblock der Größe zum Eigenwert null. Dann ist jede nilpotente n×n-Matrix ähnlich zu einer eindeutig bestimmten Blockdiagonalmatrix[2]
mit
- und
Die Partitionsfunktion gibt die Anzahl der Äquivalenzklassen für nilpotente n×n-Matrizen an.
Mit jeder Potenz von entfernen sich die Einsen um einen Schritt von der Hauptdiagonalen. In ist der Abstand per definitionem eins, in zwei, in ist der Abstand . Das heißt, ist nilpotent mit einem Nilpotenzgrad kleiner oder gleich .
Sei die Diagonalmatrix, deren Hauptdiagonale dieselbe ist wie die der jordanschen Normalform einer trigonalisierbaren Matrix, und sei die Matrix, die aus entsteht, indem die Hauptdiagonale mit Nullen belegt wird. Dann liegt die Summenzerlegung
- mit
vor. Somit lässt sich jede trigonalisierbare Matrix in eine diagonalisierbare und eine nilpotente Matrix additiv zerlegen. Siehe auch Schursche Normalform und Jordan-Chevalley-Zerlegung eines Endomorphismus.
Reelle jordansche Normalform
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Betrachtet man reelle Matrizen, so zerfällt deren charakteristisches Polynom im Allgemeinen nicht mehr vollständig in Linearfaktoren, sondern nur noch in irreduzible Faktoren, die in diesem Fall stets lineare oder quadratische Faktoren sind. Es stellt sich nun die Frage nach einer Normalform, wenn man ausschließlich reelle Basistransformationen zulässt.
Zu einem quadratischen irreduziblen Faktor mit definiert man als Jordanblock
Wir nennen die Anzahl der Zeilen (bzw. Spalten) die Größe dieses Blocks. Dann bezeichnet man
als reelle jordansche Normalform. Um sie und eine geeignete reelle Matrix zu bestimmen, kann man folgendermaßen vorgehen:
- Bestimme das charakteristische Polynom und faktorisiere es in irreduzible Faktoren. Es ergibt sich
- ,
- wobei paarweise verschiedene Eigenwerte mit Vielfachheit bezeichnen. Weiter seien darin , , und paarweise verschieden.
- Für jedes bestimme man
- für ,
- worin die kleinste natürliche Zahl ist mit . Analog bestimme man für jedes
- für ,
- worin die kleinste natürliche Zahl ist mit .
- Zudem setzen wir .
- Nun stelle man die jordansche Normalform auf. Es gilt hierbei
- ist die Anzahl der Jordanblöcke zum Eigenwert , deren Größe größer oder gleich ist.
- ist die Anzahl der Jordanblöcke zum Faktor , deren Größe größer oder gleich ist.
- Außerdem ist die Summe der Jordanblockgrößen zum Eigenwert und die Summe der Jordanblockgrößen zum Faktor . Aus diesen Angaben kann man eindeutig die jordansche Normalform bestimmen.
- Danach bestimme man die Basistransformationsmatrix , das heißt, man sucht eine reelle invertierbare Matrix , so dass .
Ein Verfahren, um eine Basistransformation zu erhalten, ist das folgende:
- Man arbeite die Blöcke nacheinander ab. Dabei ist zu beachten, dass man bei Jordanblöcken zum selben irreduziblen Faktor stets vom größten Block zum kleinsten Block vorgeht. Zu jedem Block der Größe werden Spalten der Basistransformationsmatrix nach einem bestimmten Schema bestimmt. Wenn der Block in die Spalten belegt, so werden die Vektoren in ebenso (von links nach rechts) in die Spalten eingefügt. Die Vektoren werden nun wie folgt bestimmt:
- Zu einem Jordanblock der Größe zum Eigenwert wähle man beliebig, worin die Menge der zuvor berechneten Spalten (das heißt Basisvektoren) der Stufe aus zuvor abgearbeiteten Jordanblöcken zum selben Eigenwert (sofern vorhanden) bezeichnet. Anschließend setze man sukzessiv für alle .
- Zu einem Jordanblock der Größe zum irreduziblen Faktor wähle man einen Vektor , wobei aus den bereits berechneten Hauptvektoren der Stufen zum selben irreduziblen Faktor besteht.
- Dann setze man für sukzessiv
- Schließlich setzt man wie gehabt aus den Vektoren zusammen.
- Nachdem man auf obige Weise alle Jordanblöcke abgearbeitet hat, werden am Ende alle Spalten von aufgefüllt. Es gilt: Die Matrix ist regulär und erfüllt , und ihre Spalten bilden eine Basis, bezüglich deren die Darstellung besitzt.
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Man betrachte die Matrix , die wie folgt definiert ist
Ihr charakteristisches Polynom lautet , wobei irreduzibel über ist. Nun berechnen wir die jordansche Normalform:
- .
Dieser Kern hat die Dimension 1. Also gibt es nur einen Jordanblock der Größe mindestens 1. Andererseits muss die Summe der Jordanblockgrößen 1 sein (die Potenz von ), so dass es genau einen Jordanblock zum Eigenwert 1 gibt, und er hat die Größe 1. Weiter hat
die Dimension 2, so dass es demzufolge nur Jordanblock der Größe mindestens 2 gibt. Da die Summe der Jordanblockgrößen 4 sein muss (das Doppelte der Potenz von ), ergibt sich, dass dieser eine Jordanblock die Größe 4 besitzt. Außerdem errechnen wir
- .
Somit ist die reelle jordansche Normalform von .
Zum Vergleich lautet die komplexe jordansche Normalform .
Zum Berechnen einer Basistransformationsmatrix beginne man mit dem ersten reellen Eigenwert und dann mit dem (ersten) Jordanblock der Dimension 1. Man wähle
beliebig, also beispielsweise . Daraus erhält man .
Nun gehe man zum ersten irreduziblen Faktor (komplexen Eigenwert) und dann zum Jordanblock der Größe 4 über. Dazu wähle man
beliebig, beispielsweise . Dann ist , und zu wählen. Daraus erhält man: . ist eine reguläre Matrix mit .
Jordansche Normalform in allgemeinen Körpern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die jordansche Normalform kann noch weiter verallgemeinert werden auf allgemeine Körper. In diesem Zusammenhang wird sie häufig auch als Weierstraß-Normalform (bzw. Frobenius-Normalform) bezeichnet. Dies erlaubt eine eindeutige Matrixdarstellung von Endomorphismen von endlichdimensionalen Vektorräumen, bei der sich alle ähnlichen Endomorphismen durch eine eindeutige Matrix darstellen lassen. So können ähnliche lineare Abbildungen identifiziert werden. Das Lemma von Frobenius charakterisiert zueinander ähnliche Matrizen durch die Elementarteiler ihrer charakteristischen Matrizen und liefert die Frobenius-Normalform als Normalform des Vektorraums unter der Operation eines Polynomrings.
Durch die Darstellung in der Weierstraß-Normalform ist der Aufbau des Minimalpolynoms sofort erkennbar und das charakteristische Polynom leicht zu berechnen.
Matrixfunktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein Weg, um aus einer skalaren Funktion eine Matrixfunktion zu bilden, ist über die jordansche Normalform der Matrix. Es gilt
Anwendung bei linearen Differentialgleichungssystemen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gegeben sei ein lineares Differentialgleichungssystem (von Gleichungen) erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten
durch eine Matrix und eine stetige Funktion . Es ist bekannt, dass die eindeutige Lösung des Anfangswertproblems
gegeben ist durch
- ,
worin
- für
die Matrixexponentialfunktion bezeichnet. Man beachte:
- Die Matrixexponentialfunktion von einem komplexen Jordanblock kann explizit ausgerechnet werden:
- .
- Die Matrixexponentialfunktion von einer komplexen Jordannormalform kann explizit berechnet werden mittels:
- .
- Die Matrixexponentialfunktion einer Matrix , deren komplexe Jordannormalform zusammen mit einer Basistransformationsmatrix bekannt ist, das heißt , kann explizit berechnet werden mittels:
- .
Mit anderen Worten: Kennt man eine Darstellung mit der komplexen jordanschen Normalform , so kann man für jedes explizit ausrechnen, so dass zum Bestimmen von
nur noch das Integrationsproblem zu lösen ist, welches im homogenen Fall völlig entfällt.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Diagonalisierung ist ein Spezialfall der jordanschen Normalform.
- Die jordansche Normalform ist ein Spezialfall der Weierstraß-Normalform.
- Die Existenz der jordanschen Normalform liefert die Existenz der (additiven) Jordan-Chevalley-Zerlegung eines Endomorphismus.
- Da für die Existenz einer jordanschen Normalform die Existenz von Nullstellen des charakteristischen Polynoms ausschlaggebend ist, kann die reelle Normalform wie hier beschrieben allgemeiner für affine Selbstabbildungen des zweidimensionalen affinen Raumes über einem euklidischen und eines affinen Raumes mit beliebiger, endlicher Dimension über einem reell abgeschlossenen Körper bestimmt werden.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Daniel Winkler: Kochen mit Jordan. (PDF-Datei; 264 kB)
- Jordan matrix. In: Encyclopaedia of Mathematics. (englisch)
- Jordan canonical form theorem. In: PlanetMath. (englisch)
- The Real Jordan Form. In: Number Theory Web. (englisch; PDF-Datei; 110 kB)
- Das Gelbe Rechenbuch / Zusätze: Jordanform von Matrizen (PDF-Datei; 81 kB)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Wilhelm von Alten u. a., 4000 Jahre Algebra, Springer 2008, S. 409
- ↑ E. Brieskorn: Lineare Algebra und analytische Geometrie. Band II. Vieweg, 1985, ISBN 3-528-08562-2, S. 20.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Herbert Amann: Gewöhnliche Differentialgleichungen. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin 1995, ISBN 3-11-014582-0.
- Gilbert Strang: Lineare Algebra. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-540-43949-8. (Literatur zu Eigenwerten und Eigenvektoren sowie Matrizen-Rechnung).